Box-Blog

Archive for Dezember 2010

Foto: Azad Azizov vs. Kakhaber Avetsisan

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Written by betker

31. Dezember 2010 at 23:59

Ein Blick in die Glaskugel

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Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass, seit sie ihren TV-Vertrag mit dem ZDF verloren hat, das einstige „German Powerhouse“ Universum Box-Promotion in den letzten Zügen liegt. Dafür hat Universum, so scheint mir, lange Jahre hart und verbissen gearbeitet. Die Erosion des Veranstalters ist nicht zu übersehen. Viele bekannte Namen sind verschwunden. Von der Frauenabteilung sind nur noch zwei Boxerinnen übrig geblieben. Boxer werden ins Ausland geschickt.
Offensichtlich ist es Klaus-Peter Kohl, dem Besitzer und Gründer von Universum, nicht gelungen, einen potenten TV-Partner für sein Produkt zu interessieren. Es sind Gerüchte zu hören, dass Boxer dazu genötigt werden, auf die Hälfte ihrer vertraglich garantierten Börse verzichten, nur um überhaupt noch boxen zu können. Weitere Gerüchte besagen, dass Sauerland Event sich nicht retten kann vor Anfragen von Universum-Boxern, die den Stall wechseln wollen. Angeblich sind alle bereit, für einen Vertrag radikale finanzielle Einbussen in Kauf zu nehmen. Das hört sich nicht gut an.
Wie lang es Klaus-Peter Kohl noch versuchen wird, seinen Boxstall zu alter Größe zurück zu führen, ist ungewiss. Wenn man den Gerüchten Glauben schenken will, hat Kohl genug Geld, noch eine ganze Weile durchzuhalten. Ein Problem, mit dem er sich konfrontiert sieht, ist natürlich, dass der Ruf seiner Veranstaltungen nicht der beste ist. Denn wären seine Veranstaltungen gut gewesen, hätte auch die Einschaltquote gestimmt. Hätte die Einschaltquote gestimmt, wäre das Zweite Deutsche Fernsehen nicht ausgestiegen.
Also schauen wir in die Glaskugel, die die Zukunft uns zeigt. Was sehen wir, sagen wir in einem dreiviertel Jahr?
Klaus-Peter Kohl hat seinen Laden dicht gemacht. SES, der Boxstall von Ulf Steinforth hat keinen Anschlussvertrag mit SAT 1 bekommen und veranstaltet nur noch im Verbund mit Arena Boxpromotion und Felix Sturm. Sauerland Event ist der größte Veranstalter von Europa. Sie haben nur Denis Boytsov, Sebastian Zbik und Jack Culcay, von Universum übernommen. Dafür hat Nikolai Valuev aus gesundheitlichen Gründen seinen Rücktritt erklärt. Andere Boxer wurden schlicht aussortiert.
Die Brüder Wladimir und Vitali Klitschko vermarkten sich weiter alleine. Und sie vermarkten weiterhin einzig und alleine sich selber. Sie sind immer noch auf RTL zu sehen und das Vorprogramm ist weiterhin zum großen Teil zum Wegsehen.
Das Frauenboxen hat, soweit es das Fernsehen in Deutschland betrifft, aufgehört zu existieren. Manchmal sieht man noch im Publikum Regina Halmich, und manchmal zeigt die ARD ein paar Minuten von den Kämpfen der Norwegerin Cecilia Braekhus.
Felix Sturm setzt seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit SAT1 fort. Einen Teil des Vorprogramms bestückt er selber. Der andere Teil kommt von Arena Boxpromotion. Arena wird zum zweitgrößten Veranstalter in Deutschland. Odlanier Solis bekommt seinen Kampf gegen Wladimir Klitschko und … Yuriorkis Gamboa und Selcuk Aydin sind immer noch Weltmeister im Federgewicht bzw. im Weltergewicht. Ihre Kämpfe sind aber immer noch nur selten im deutschen Fernsehen zu sehen. Bei den wenigen SAT1-Veranstaltungen sind Benjamin Simon und wechselnde andere die Hauptkämpfer von Arena.
© Uwe Betker

Foto: Michael Schubov vs. Rafael Bejaran

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Written by betker

30. Dezember 2010 at 23:59

Viel Schatten

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Odlanier Solis ist der nächste Pflichtherausforderer von Vitali Klitschko. Solis und sein Veranstalter Ahmet Öner fordern schon lange den WBC-Weltmeister im Schwergewicht heraus. Nach seinem Sieg gegen Ray Austin, in dem so genannten „Final Eliminator“ (17.12.2010), muss Klitschko, auch wenn er sich lange geziert hat, nun doch gegen ihn antreten. Mich, aber auch viele andere, ließ Solis’ Leistung allerdings etwas ratlos zurück. Um es deutlich zu sagen, er enttäuschte mich.
Der Kubaner wirkte, wie eigentlich immer, mit seinen 117,8 kg, bei einer Größe von 187 cm nicht austrainiert. Im Kampf zeigte er wenig, was ihn als einen ernsthaften Anwärter auf den Schwergewichtsthron empfehlen könnte. Über weite Strecken sah er geradezu lethargisch aus. Erstaunlich oft ließ er sich durch den nicht sehr guten Jab von Austin stören und auf Distanz halten. Obwohl er den Amerikaner in der fünften Runde durch eine Vielzahl von Kopfhaken zu Boden geschickt hatte, schaffte er es dann aber nicht, den Angeschlagenen auszuknocken. Es schien ihn dann schließlich auch noch die Kondition zu verlassen.
Nach dem Kampf erklärte Solis: „Ich wusste, dass er mir nicht gefährlich werden konnte. Ich hätte den Kampf jederzeit beenden können, aber ich wollte ihn dafür bestrafen, dass er mich bei der Pressekonferenz beleidigt hatte. Er hatte gesagt, wenn er mit mir fertig wäre, könnte ich zurück nach Kuba gehen. Jetzt habe ich ihn und sein großes Maul nach Hause nach Cleveland geschickt. Da gibt es nichts außer Kühe. Ich wollte ihn bestrafen, demütigen und wie einen Idioten aussehen lassen. Scheinbar hätte er mich dafür gar nicht gebraucht.“
Diese Erklärung wirkt auf mich nicht sehr glaubhaft. Zu oft war er damit beschäftigt mit seiner Doppeldeckung die Führhand seines 40-jährigen Gegenübers abzuwehren. Dominanz sieht für mich doch etwas anders aus.
Dessen ungeachtet schwärmte Ahmet Öner „Vitali kann sich schon mal warm anziehen. Solis wird ihn vor eine für ihn unlösbare Aufgabe stellen. Er ist eine Kampfmaschine und weiß genau, was er im Ring zu tun hat. Ich freue mich schon heute auf den Kampf zwischen Solis und Klitschko.“
Odlanier Solis (17 Kämpfe, 17 Siege, 12 durch KO) nennt sich „La Sombra“ – der Schatten. Davon zeigte er in seinem letzten Kampf m. E. auch mehr als Licht. Viele würden sich wünschen, dass die Übermacht der ukrainischen Weltmeister endlich gebrochen wird. Es ist jedoch sehr die Frage, ob es Solis sein wird, der dies leisten kann.
© Uwe Betker

Foto: Jessica Balogun

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Written by betker

29. Dezember 2010 at 23:59

Übertragungen von Boxkämpfen im Internet

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Auf der Suche nach neuen Vermarktungsstrategien versucht Universum Box-Promotion neue Wege zu gehen. Dabei setzt Klaus-Peter Kohl jetzt auch auf das Internet. Erst unlängst übertrug Bild.de einen 8 Runden Kampf von Jack Culcay (19.11.2010). Zunächst einmal ist dies ein sehr innovativer Schritt der Verbreitung von Boxkämpfen, den man als Box-Aficionado nur begrüßen kann. Ob das nun aber wirklich die Zukunft des Boxsports oder des hamburger Veranstalters sein kann, daran kommen dann allerdings doch schon Zweifel auf.
Bild.de-Sportchef Tobias Holtkamp zeigte sich in einem Interview sehr angetan von der Zuschauerreaktion auf die Übertragung des Kampfes zwischen Jack Culcay und Alexey Ribchev aus Bulgarien. 300.000 User sahen den Kampf am späten Freitagabend online. Was sich der übertragende Anbieter zu Gute hält, ist die Tatsache, dass die User sich hier explizit für das Angebot entschieden haben und nicht, wie das beim Fernsehen wohl nicht unüblich ist, beim Duchzappen zufällig hängen geblieben sind. Bild.de will weiterhin Sportveranstaltungen übertragen und führt schon Gespräche über die Übertragung des nächsten WM-Kampfes von Syuzanna Kentikyan alias Susi Kentikian.
Vergleicht man aber die 300.000 Zuschauer mit den Einschaltquoten beim Fernsehen, dann relativiert sich das gezeichnete positive Bild doch recht bald. Zurzeit sehe ich jedenfalls nicht, wie durch Internet Veranstalter und Universum Box-Promotion dabei im Besonderen so viel Geld eingenommen werden könnte, dass dadurch Veranstaltungen zu refinanzieren wären. Ich hoffe aufrichtig, dass ich eines Besseren belehrt werde.
© Uwe Betker

Foto: Murat Öner vs. Andy Thiele

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Written by betker

28. Dezember 2010 at 23:59

Die Glaubwürdigkeit von Wladimir Klitschko

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Noch vor kurzem machte sich die ganze Boxwelt Sorgen um Wladimir Klitschko (58 Kämpfe, 55 Siege, 49 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO). Der in Semipalatinsk, im heutigen Kasachstan, geborene Boxer hatte sich nämlich kurz vor seinem Kampf gegen Dereck Chisora bei „einer Links-Rechts-Kombination beim Pratzentraining mit Coach Emanuel Steward“ einen Muskelfaserriss zugezogen. „Die Schmerzen waren extrem“, berichtete der zweifache Weltmeister im Schwergewicht. Natürlich zeigte er sich enttäuscht: „Ich konnte mich danach kaum bewegen. Es tut mir schrecklich leid für die vielen Fans, die in die SAP-Arena nach Mannheim kommen wollten. Aber so kann ich nicht antreten.“
Dabei hatte er sich doch so auf den Kampf gefreut, wo schon sein Kampf gegen David Tua (55 Kämpfe, 51 Siege, 43 durch KO, 3 Niederlagen und 2 Unentschieden) gescheitert war, weil Tua mehr als die angebotenen 400.000 Dollar an Börse haben wollte. Denn der Ukrainer sah es als seine Aufgabe an, Dereck Chisora (14 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO) mit Geld und der Chance Weltmeister zu werden in den Ring zu locken, um ihn dort öffentlich dafür zu strafen, dass dieser ein „Frauenschläger“ ist.
Der Ukrainer zeigte sich verärgert: „Ich war in der Form meines Lebens, habe mich selten so stark gefühlt. Doch nun bin ich total enttäuscht, kann nicht antreten.“ Aber die Verletzung war zu schwerwiegend und zu schmerzhaft. „Ein 3,5 Zentimeter langer Muskelfaserriss des großen schrägen Bauchmuskels stoppt den 1,98 Meter-Hünen.“ Eine Kernspintomographie zeigte sogar eine „Einblutung im Bauchmuskel“. Gleichwohl glaubte der Engländer Chisora der medizinischen Verlautbarung nicht und nannte ihn einen „Kneifer“.
Tatsächlich scheint Herr Klitschko dann auch durch eine wundersame Blitzheilung schnell genesen zu sein. Wie berichtet wird, wurde er bereits 10 Tage nach seiner WM-Absage gesund und munter in Palm Beach/ Florida gesehen, wie er Golf spielte. Natürlich sind Blitz- und Spontanheilungen möglich, auch bei ukrainischen Boxern. Gleichzeitig frage ich mich aber schon, ob ein so gebildeter Mann wie Klitschko, ein promovierter Akademiker, nicht eigentlich wissen müsste, welchem Verdacht er sich da aussetzt. Schließlich ist eine so schnelle Genesung für jeden, der schon mal einen Muskelfaserriss hatte, nur schwer vorstellbar. Die Glaubwürdigkeit von Wladimir Klitschko hat durch sein Golfspiel, jedenfalls für mich, ganz erheblich gelitten.
© Uwe Betker

Foto: Erkan Teper vs. Alexander Kahl (mit Ali Saidi)

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Written by betker

28. Dezember 2010 at 23:59

Trainer und Boxerin des Jahres

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Zum Ende eines jeden Jahres sind alle Sportjournalisten, die im Verband Deutscher Sportjournalisten organisiert sind, aufgerufen, den „Sportler der Jahres“ zu wählen. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Snookerspieler, ein Behindertensportler oder ein Voltigierer nur eine theoretische Chance haben, die Auszeichnung in Empfang zu nehmen.
Der BoxSport, die einzige deutsche Box-Zeitschrift, geht einen anderen Weg. Sie befragt ihre Leser. Dieses Jahr gewann hier in der Kategorie bester Trainer: Ulli Wegner. Oder besser gesagt, er vereinigte die meisten abgegebenen Stimmen auf sich. Aber es gab auch eine „Expertenjury“, die Fritz Sdunek kürte. Daher wurde der Titel geteilt. An dieser Stelle kann man sich natürlich schon fragen, warum denn erst die Leser gefragt werden, wenn die Zeitschrift dann deren Votum doch nicht traut?
Eine interessante andere Titelvergabe erfolgte in der Kategorie „Boxerin des Jahres“. Den ersten Platz erreichte Cecilia Braekhus, ihr folgten Susianna Kentikian und Jessica Balogun. Die gebürtige Kolumbianerin, die für Sauerland Event boxt, „bekam 976 Stimmen und sechs Jury-Punkte“, was immer das auch heißen mag. Um es deutlich zu sagen: 976 Leser (!) waren der Meinung, dass die Norwegerin, die mittlerweile bevorzugt in Dänemark boxt, die Boxerin des Jahres sein soll. Mich persönlich erstaunt diese Wahl allerdings doch ein wenig.
Frau Braekhus (16, Kämpfe, 16 Siege, 4 durch KO) boxte im Jahr 2010 insgesamt dreimal, zweimal in Dänemark und einmal in Deutschland. Wenn ich mich recht entsinne, wurden zwei der drei Kämpfe abschnittsweise als Beimischung von der ARD gezeigt. Sie bestritt ihren ersten Kampf des Jahres 2010 (15.05.2010) gegen Victoria Cisneros (15, Kämpfe, 5 Siege. 1 KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden), also gegen eine Gegnerin mit negativem Kampfrekord. Danach boxte sie (30.10.2010) gegen die ungeschlagene Mikaele Lauren (6 Kämpfe, 6 Siege, 1 durch KO). Aber mit nur sechs Kämpfen ist eine solche Gegnerin eher als Anfängerin in Sachen Profiboxen anzusehen. Über die Unwürdigkeit von Eva Halasi (8 Kämpfe, 6 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlage, 2 durch KO), die Braekhus dann auch standesgemäß in der dritten Rune KO schlug (20.11.2010), habe ich schon mehrfach hier geschrieben. Was also qualifiziert die selbsternannte „First Lady“ nun zur „Boxerin des Jahres“? Ich zumindest kann es nicht sehen.
Die Wahl der Vorjahressiegerin Susianna Kentikian (28 Kämpfe, 27 Siege, 16 durch KO, 1 keine Wertung) auf den zweiten Platz ist, so finde ich, nur noch absurd. Syuzanna Kentikyan, so heißt die in Yerevan, Armenien geboren Dame wirklich, hat 2010 überhaupt nur zweimal geboxt. Das erste Mal wurde sie von Nadia Raoui aus Herne (24.04.2010) vermöbelt. Zwei in meinen Augen unfähige deutsche Punktrichter (Werner Kasimir und Franz-Michael Maaß – die Namen muss man sich merken) sahen aber Frau Kentikian aus Gründen, die, wie ich glaube, viele wissen möchten, als Siegerin.
Die Titelverteidigerin zeigte nach dem Kampf, wie ich finde, eine eklatante Unfähigkeit zur Selbstkritik und zur realistischen Wahrnehmung der eigenen Leistung und der Realität. Ihre Äußerungen verrieten eine maßlose Selbstüberschätzung sowie richtig schlechten Stil. Zu einem Rückkampf kam es nicht, obwohl der Veranstalter Klaus-Peter Kohl nach dem Kampf angekündigt hatte, über einen Rückkampf nachzudenken wolle. Es ist nicht bekannt, ob er heute, mehr als 8 Monate später, immer noch darüber nachdenkt.
Stattdessen kämpfte die selbsternannte „Killer Queen“ gegen eine vermeintlich schwächere Gegnerin, Arely Mucino (17.07.2010). Auch hier sah Frau Kentikian alles andere als gut aus. Sie kam überhaupt nicht in den Kampf. Als sie sich dann eine Cutverletzung im Haaransatz zuzog, der bei einem Männerboxkampf wohl nie zu einem Abbruch geführt hätte, wurde der Kampf zu einem No Contest erklärt. Hierdurch waren ihre WM-Gürtel wieder einmal gerettet. Auch nach diesem Kampf legte sie ein ähnliches Verhalten wie schon nach ihrer Begegnung mit Raoui an den Tag.
Fassen wir das Boxjahr von Frau Kentikian zusammen: Zwei Kämpfe, ein skandalöses Fehlurteil, ein glücklicher Kampfabbruch und Äußerungen der Boxerin, die ihr nicht gerade schmeicheln. Was hat Frau Kentikian auf Platz zwei zu suchen?
Erfreulich ist, dass Jessica Balogun Platz drei erreichte. Balogun (19 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage) hat bereits einige Gürtel eingesammelt, wenn auch von kleineren Verbänden. Sie ist wohl eine der stärksten Weltergewichtlerinnen der Welt und damit eine direkte Konkurrenz für Cecilia Braekhus. Besonders erfreulich wird ihre Platzierung noch dadurch, dass hinter ihr kein großer Veranstalter steht. Dementsprechend waren ihre Kämpfe aber auch noch nicht im Fernsehen zu sehen, jedenfalls nicht im überregionalen. Ich würde auf jeden Fall die Boxerin von Mario Guedes auf eine höhere Position setzen.
© Uwe Betker