Archive for Oktober 2011
Über die Vergesslichkeit von Sauerland Event und ARD
Vermutlich kennt das jeder. Jeder hat schon einmal etwas vergessen. Ich spreche nicht von der Butter oder den Zwiebeln. Nein, ich spreche davon, dass wohl jeder schon einmal etwas vergessen hat, von dem er sich vorher nicht vorstellen konnte, dass er es je vergessen könnte. So habe ich einmal meinen Hochzeitstag vergessen. Das hatte zur Folge, dass mich nun meine Frau kurz vor unseren Hochzeitstag unauffällig daran erinnert. Seitdem vergesse ich ihn auch nicht mehr.
Wenn man sich nun das Profiboxen in Deutschland ansieht oder, um genauer zu sein, das Profiboxen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, so kann man da auch schon mal das Gefühl bekommen, dass die Hauptprotagonisten hier etwas ganz Zentrales vergessen haben. Dieses Etwas müsste aber eigentlich ihr Denken und Handeln bestimmen. Da es ja aber nun mal jeden passieren kann, dass er etwas vergisst, sollte man die ARD und Sauerland Event einfach daran erinnern, um ihnen dabei zu helfen, es nicht wieder zu vergessen.
Die ARD gibt Sauerland Event einen, wie ich finde ziemlich hohen Betrag und bekommt dafür dann Profiboxkämpfe geliefert. Alle Beteiligten scheinen allerdings vergessen zu haben, woher das Geld eigentlich kommt, von dem die Veranstalter und damit auch die Boxer, Trainer, Matchmaker und Geschäftsführer bezahlt werden. Aus demselben Topf kommt auch das Geld für die Gehälter der Redakteure der ARD. Zahler sind alle Haushalte der Bundesrepublik Deutschland, die gezwungen sind, Rundfunkgebühren zu zahlen, egal ob sie nun Boxen mögen oder nicht und ob sie Boxen anschalten oder nicht. Sauerland Event und ARD haben demnach gegenüber den Gebührenzahlern eine Verantwortung und genau dieses scheinen beide vergessen zu haben. Wie kann man denn ernsthaft rechtfertigen, dass ein Mann wie der Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO, Muamer Hukic, der sich jetzt Marco Huck (35 Kämpfe, 34 Siege, 25 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) nennt, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gezeigt wird? Seine Pflichtverteidigung gegen Denis Lebedev gewann er nur, weil zwei Punktrichter ihm den Sieg zuschanzten. Dieses skandalöse Fehlurteil hatte dann keinen Rückkampf zur Folge. Vielmehr wurden in der Folgezeit Herrn Huck aus Ugao, Serbien handverlesene Gegner, manche meinen auch Opfer, vorgesetzt, wodurch er auf extrem leichte Art viel Geld verdiente. Es handelte sich um Geld, das jeder einzelne Gebührenzahler aufbringen muss.
Es ist an der Zeit, dass Sauerland Event und ARD sich ihrer Verantwortung gegenüber denjenigen, die sie schließlich finanzieren bewusst wird. Beide sollten sich allmählich verpflichten, den Zuschauern gute und ausgeglichene Boxkämpfe zu zeigen, bei denen zuletzt dann auch der zum Gewinner erklärt wird, der den Kampf gewonnen hat und nicht derjenige, der für den heimischen Veranstalter antritt.
© Uwe Betker
Eine Huldigung an eine große Show und einen noch größeren Boxer
Die Veranstaltung von Sauerland Event in Ludwigsburg konnte einem schon die Sprache verschlagen. Es muss nun aber einfach aus mir heraus. Ich muss meiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen, dass ich Zeuge bei einem der ganz großen Momente des deutschen Boxens werden durfte, wenn nicht sogar des Boxens schlechthin.
Wir sahen, wie unser Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO, Marco Huck (35 Kämpfe, 34 Siege, 25 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) eindrucksvoll einen technisch versierten und brandgefährlichen Rogelio Omar Rossi (21 Kämpfe, 17 Siege, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) so schwer KO schlug, dass er nach dem Kampf ins Krankenhaus musste. Zwischen diesem Boxtitan aus Argentinien, von dem noch Generationen von Boxhistorikern schwärmen werden, aufgrund seiner technischen Finesse, seiner schier übermenschlichen Physis und seiner schon legendären Furcht einflößenden Schlagkraft und unserem Boxgott lagen aber gleichwohl Welten. Huck zeigte, was für ein grandioser Boxer er doch ist. Endlich hatte man einen Gegner gefunden, der fast ebenbürtig war. Unser aller Muamer Hukic, der sich jetzt Marco Huck nennt, war dann letztlich aber doch noch stärker als sein Herausforderer. – Er sah einfach nur unwiderstehlich aus. Mit diesem phantastischen Sieg untermauerte er eindrucksvoll, dass er jederzeit gegen jeden Klitschko antreten und diesen zu Kleinholz machen kann.
Ein kleiner Wehrmutstropfen fanden sich allerdings schon in dieser Schale voll mit göttlichem Ambrosia, der dieser Kampf war. Aus einem unerfindlichen Grund wurden unserem Mann aus Ugao, Serbien zwei Punkte wegen Nachschlagens abgezogen. Daran sieht man aber nur, dass die Punkt- und Ringrichter in Deutschland die Heimboxer immer entsetzlich benachteiligen. Hukic hat es nicht nötig nach dem Gong noch einmal kräftig nachzuschlagen, oder im Kampf zuzutreten oder den Hinterkopf als Trefferfläche zu nehmen. Unser Käpt’n Huck ist viel zu fair und zu sehr Sportmann, um nur an so etwas denken zu können. Er ist für so etwas viel zu feinsinnig.
Huck bescherte uns in diesem Jahr einen phantastischen Kampf nach dem anderen. In seiner Pflichtverteidigung gegen Denis Lebedev am 18.12.2010 deklassierte er seinen Gegner nach Strich und Faden. Keine Sekunde, nein keine Millisekunde konnte man Lebedev zusprechen. Wohl noch nie zuvor, wurde ein Herausforderer so eindeutig nach Punkten besiegt.
Danach suchte Sauerland Event überall die stärksten Boxer der Welt. Es wird sogar gemunkelt, es seien eigens Castings durchgeführt worden. Man fand dann die Boxgiganten Ran Nakash (04.02.2011) und Hernan Garay (16.07.2011). Es bedürfte schon eines Homer um die epischen Kämpfe und natürlich die historischen Siege unseres Helden würdig zu besingen.
Meine Worte reichen jedenfalls nicht aus, um meiner Bewunderung für Muamer Hukic, seinen Veranstalter Sauerland Event und den übertragenden Sender ARD Ausdruck zu verleihen. Gab es jemals einen besseren Boxer als Hukic? Gab es jemals eine Boxveranstaltung die besser war als die letzte von Sauerland? Gab es jemals einen Fernsehsender, der so konsequent auf boxerische und sportliche Qualität gesetzt hat wie die ARD?
© Uwe Betker
Einen Klitschko fordern und einen Rosi boxen
Der Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO, Muamer Hukic alias Marco Huck (34 Kämpfe, 33 Siege, 24 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), fordert immer wieder gerne öffentlich den einen oder anderen der Schwergewichtsweltmeister mit dem Nachnamen Klitschko heraus. Das zeugt von einem großen Selbstbewusstsein. Erstaunlich ist jedoch, dass jemand, der von seinen Fähigkeiten so überzeugt ist, solche Gegner akzeptiert wie die, die ihm von seinem Veranstalter Sauerland Event vorgesetzt werden.
Am 22.11.2011 soll der in Ugao, Serbien geborene Huck gegen den Argentinier Rogelio Omar Rossi (20 Kämpfe, 17 Siege, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) boxen. Der ist zwar immerhin die Nummer 1 der argentinischen Rangliste, aber nur die Nummer 20 der unabhängigen Weltrangliste. Rossis letzter Gegner, den er besiegte, war die Nummer 259 in der Welt. Davor besiegte er die Nummer 22.
Nun könnte man meinen, dass jemand, der die Klitschkos ernsthaft herausfordern möchte, auch mal irgendwann gegen einen halbwegs starken und relativ gut gerankten Schwergewichtler boxt, um seiner Herausforderung Nachdruck zu verleihen. Huck macht das allerdings nicht. Nach seinem Punktsieg am 18.12.2010 gegen Denis Lebedev, den er ja vor allem den Punktrichtern Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo zu verdanken hat, kämpfte er nur noch gegen handverlesene Gegner. Am 04.02.2011 boxte und besiegte Ran Nakash und am 16.07.2011 Hernan Garay, die auf Position 25 und 31 in der unabhängigen Weltrangliste standen. Huck und Sauerland Event konnten oder wollten keinen Rückkampf mit Lebedev, dem man m. E. übel mitgespielt hatte.
Immerhin ist Rossi, wenn man der unabhängigen Rangliste halbwegs trauen mag, der beste Gegner nach seiner Pflichtverteidigung gegen Lebedev. Und er ist eben „nur“ die Nummer 22 in der Welt.
Man kann sich schon fragen, wie Huck überhaupt auf die Idee kommt, gegen einen Klitschko eine Chance haben zu können. Sein Management jedenfalls scheint ihm noch nicht einmal einen Sieg in einem Rückkampf gegen Lebedev zuzutrauen. Wie kann es ein Boxer mit einem so großen Ego aushalten, nur gegen so schwache Gegner anzutreten? Vielleicht will er aber nur gegen die Klitschkos antreten, um das Geld zu kassieren, wissend, dass er nicht gewinnen kann? Es könnte natürlich auch sein, dass er sich nur interessant machen will. Oder …
© Uwe Betker
Geiz ist nicht geil
Auch wenn die Werbung es uns einzubläuen versucht, Geiz ist nicht geil. Dies sieht man z.B. beim Profiboxen. Es ist kein Geheimnis, dass Eurosport versucht, so wenig Geld wie irgend möglich für Boxen auszugeben. Nun aber hat der international operierende Spartensender offenbar ein ganz neues Konzept. Es wird nämlich wohl gar nichts mehr gezahlt. Wie soll man es sich denn sonst erklären, dass der Beirut geborene Syrier und in Deutschland boxende Schwergewichtler Mahmoud Omeirat Charr (19 Kämpfe, 19 Siege, 10 durch KO), der sich auch Manuel Charr oder Diamond Boy nennt, am 18.11.2011 in Cuxhaven umsonst boxt.
Bisher kannte man diese Form von Ausbeutung, so nenne ich es jedenfalls, nur vom Frauenboxen. Der hamburger Promoter Erol Ceylan zahlt der Nummer 34 der unabhängigen Weltrangliste keine Börse. Dafür bekommt er einen Titelkampf. Er darf um den vakanten WBC International Silver Titel boxen, was wohl eher ein Blech als ein Silbertitel ist. Obwohl der Kampf bereits in ein paar Tagen stattfindet, gibt es auch noch keinen offiziellen Gegner. Das verheißt nichts Gutes.
Offensichtlich will Eurosport auf Kosten der Qualität Geld sparen. Es ist nun schon seit geraumer Zeit zu beobachten, dass TV-Sender immer weniger Geld für das Produkt Boxen ausgeben wollen. Das hat wohl zum einen mit der wirtschaftlichen Gesamtlage zu tun. Vor allem aber dürfte es daran liegen, dass zu viele der großen Veranstalter den Fernsehanstalten zu häufig zu schlechte Shows untergejubelt haben und dafür auch noch zu viel Geld kassiert haben. Das geht allerdings auch mit einer mangelnden Kontrolle und fehlender Sachkompetent der Fernsehmacher ein. Dennoch kann doch wohl nicht sein, dass die TV-Stationen nun Programm machen, ohne die Athleten zu entlohnen. Wenn Geiz so geil ist und die Verantwortlichen von Eurosport es in Ordnung finden, dass man für erbrachte Leistung nicht bezahlt wird, wieso arbeiten sie dann nicht selbst ein paar Monate für umsonst?
© Uwe Betker