Archive for Juni 2013
Zwei Kämpfe in Sprockhövel
Die Sporthalle Hasslinghausen war am Samstag Austragungsort für eine lange und gute Kampfsportveranstaltung. Von Mittag bis Mitternacht gab es Kämpfe in K1 und MMA der Amateure und der Profis zu sehen. Am Abend gab es dann auch zwei Profiboxkämpfe.
Im ersten boxten Niko Lohmann, der sich auch Karl Stahl nennt, und Philip Lambertz, der sein Profidebüt gab, gegeneinander. Die erste Runde begann sehr verhalten. Lambertz agierte vorsichtig von der Ringmitte aus. Er punktete manchmal mit seiner Führhand, und er kam auch zweimal mit einem rechten Kopfhaken durch. Lohmann war zu passiv. Am Ende der Runde gab es einen kurzen aber heftigen Schlagabtausch.
In den folgenden drei Runden steigerte sich langsam das Tempo. Lohmann erhöhte kontinuierlich den Druck. Er suchte den Schlagabtausch. Lambertz beste Waffe blieb die Führhand. Mit zunehmender Dauer des Kampfes wurde Lohmann dann immer besser. Am Ende stand ein einstimmiger Punktsieg für ihn. Die Punktrichter werteten, nach meinem Geschmack doch etwas zu hoch: 40:37, 39:38 und 40:37. Weshalb Lohmanns (3 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) Fans ihn aber mit „Stalingrad“- Rufen anfeuerten, entzieht sich meiner Kenntnis.
Im zweiten Boxkampf des Abends trafen Robert Tlatlik und Patrick Schmitz im Weltergewicht aufeinander. Schmitz begann die erste Runde furios. Er deckte Tlatlik mit einem Schlaghagel ein, ohne ihn dabei aber zu treffen. Danach übernahm Tlatlik, die Nummer 1 im Junior Weltergewicht in Deutschland, das Kommando. Immer wieder kam er mit dem rechten Cross durch und bearbeitete den Körper seines Gegners. Am Ende der Runde ging Schmitz mit offensichtlich wackelnden Knien in seine Ecke.
Der zweite Durchgang begann wie der erste. Schmitz suchte sein Heil zunächst in einem Schlaghagel. Aber schon nach wenigen Sekunden versuchte er nur noch irgendwie die Runde zu überstehen. Immer musste er Kopfhaken und Körpertreffer nehmen, die ihn sichtlich erschütterten und zermürbten. Nach 2 Minuten und 13 Sekunden hatte sein Trainer ein Einsehen und warf das Handtuch, um ihn vor noch mehr Treffern zu schützen. Tlatlik (13 Kämpfe, 13 Siege, 9 durch KO) ist weiterhin ungeschlagen, und Schmitz (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage, 1 durch KO) musste seine erste Niederlage hinnehmen.
© Uwe Betker
Ein großer Abschied für Ina Menzer
Am 30.03.2004 konnte wohl kein Zuschauer im Saaltheater Geulen in Aachen ahnen, dass eine der vielen Frauen, die dort boxten, neun Jahre später immer noch in den Ring steigen würde. Für mich jedenfalls war sie nur eine von den Vielen, die Universum Box-Promotion damals als neue Regina Halmich zu verkaufen versuchte. Die Boxerin, von der hier die Rede ist, heißt Ina Menzer. Sie gewann ihr Profidebüt gegen eine gewisse Zsanett Erod, deren einziger Profikampf das war. Ich habe keine Erinnerung mehr an den Kampf. Ihrem Kampfrekord gemäß gewann Menzer seinerzeit durch TKO in Runde 3.
Universum Box-Promotion gibt es inzwischen nicht mehr. Regina Halmich boxt nicht mehr. Und Ina Menzer wurde keine neue Halmich. In der Bedeutungslosigkeit versank sie aber nicht. Sie wurde etwas Eigenständiges, nämlich Ina Menzer (31 Kämpfe, 30 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage). Sie war Weltmeisterin im Federgewicht nach Version WIBF (Women’s International Boxing Federation), WBC (World Boxing Council) und WBO (World Boxing Organization). Sie gewann ihren ersten Titel am 22.10.2005 gegen Silke Weickenmeier, und sie verlor alle ihre Titel am 03.07.2010 an Jeannine Garside.
Nun will Menzer in ihrer Heimatstadt Mönchengladbach zum letzten Mal in den Ring steigen. Dass es sich hierbei sogar um einen Titelkampf handeln soll, ist dabei schon fast nebensächlich. – Es geht um den Interims WM Titel der WBF (World Boxing Federation) und um den WIBA (Womens International Boxing Association) Titel. Was diesen Kampf aber wirklich zu einem besonderen Abschiedskampf macht, das ist die Gegnerin, Goda Dailydaite (8 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO).
Dailydaite gilt als die kommende Boxerin im Federgewicht. Die amtierende Weltmeisterin der WIBF Elina Tissen (18 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) scheint vor Dailydaite dagegen wohl Angst zu haben. Wie könnte man es denn sonst erklären, dass die Frau, die sich selber Maschine nennt und die als Worldchampionesse vermarktet, die Pflichtverteidigung ihres Titels nicht macht?
Da ist Ina Menzer aus ganz anderem Holz geschnitzt! Zum Abschluss ihrer Karriere boxt sie noch mal eine der stärksten Boxerinnen der Welt und schenkt ihren Zuschauern damit einen großartigen Kampf.
Es ist schwer zu sagen, wer den Kampf gewinnen wird. Ich persönlich sehe leichte Vorteile bei Menzer – aufgrund ihrer Erfahrung und weil Dailydaite manchmal nicht stabil steht. Gleichzeitig dürften Kraft und Ausdauer aber für Dailydaite sprechen. Deshalb halte ich auch ihren Sieg für möglich.
© Uwe Betker
Das berliner Sommertheater
Die Sommerpause im Boxen hat noch nicht angefangen, aber das Sommertheater ist schon im vollen Gange. In der größten deutschen Boulevardzeitung wird der Streit, den Ex-Weltmeister Arthur Abraham (40 Kämpfe, 36 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) mit seinem Veranstalter Sauerland Event um die Kampfbörse für den nächsten Abraham-Kampf führt, öffentlich ausgetragen.
Die Ausgangssituation ist die: Abraham verlor seinen letzten Kampf am 23.03.2013 gegen Robert Stieglitz (47 Kämpfe, 44 Siege, 25 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) durch TKO und verlor damit auch seinen WBO Titel im Super Mittelgewicht. Wann er wieder einen WM Kampf bekommt, ist unklar. Noch unklarer ist, ob er überhaupt noch einmal Weltmeister werden kann. Da aber Abraham zurzeit mit dem Weltmeister der WBO im Cruisergewicht, Marco Huck (39 Kämpfe, 36 Siege, 25 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden), der einzige Boxer des berliner Veranstalters ist, der gute Einschaltquoten bringt, will man Abraham wieder aufbauen.
Abraham soll nun am 24. August in Schwerin gegen Willbeforce Shihepo (26 Kämpfe, 20 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO) boxen. Shihepo schmückt sich mit dem angsteinflößenden Kampfnamen Black Mamba. Er ist aktuell immerhin die Nummer 1 in Namibia. Er hat eine furchteinflößende KO-Quote von 57.69%. – Abraham hat 70%. – Er ist auf Position 67 der unabhängigen Weltrangliste zu finden, also nur ein paar Ränge hinter Jürgen Doberstein (16 Kämpfe, 14 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden), der auf Position 64 steht, und Khoren Gevor (41 Kämpfe, 32 Siege, 17 durch KO, 9 Niederlagen, 2 durch KO), der sich auf Position 55 befindet.
Sportlich ist diese Kampfansetzung, so wie ich das sehe, eine Nullnummer. Sie macht eigentlich nur Sinn, wenn man die Herausnahme von Abraham in seinem letzten Kampf durch Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Walter Wagner als das interpretiert, als was sie Augen- und Ohrenzeugen auch tatsächlich sahen, nämlich als Aufgabe.
Leider wird nicht veröffentlicht, wie viel Sauerland Event von dem Geld, das sie von den Rundfunkgebühren der ARD bekommen, Abraham für diesen Kampf bereit sind zu geben. Abraham ist es jedenfalls zu wenig. Er droht: „Wenn Sauerland Event sich nicht mit meinem Anwalt einigt, boxe ich nicht. Nicht am 24. August und auch später nicht mehr. Ich brauche nicht mehr zu boxen, kann sofort aufhören. Mit einem Sportler muss man fair umgehen.“
Abraham droht also damit, seine Handschuhe an den Nagel zu hängen. Was das aber wirklich zu bedeuten hat, lassen wir einfach mal dahingestellt sein.
Wie in einem richtigen Sommertheater jedenfalls geht die mediale Auseinandersetzung zwischen den beiden Parteien noch weiter. Da wird auf der einen Seite behauptet, Abraham sei bis zum 1. Juli im Urlaub. Abraham aber sagt: „Ich mache keinen Urlaub, trainiere im Gym und im Fitnessstudio.“ – Sommertheater.
© Uwe Betker