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Über „Richtig bumm!“
„Der Spiegel“ brachte dieses Jahr in Nr. 46 einen Artikel, „Richtig bumm!“, der einerseits ein Vorbericht zur WM von Manuel Charr war und andererseits eine pessimistische Situationsbeschreibung des Profiboxens in Deutschland gab. Es wurde festgestellt: Die ganz großen Zeiten des Profiboxens mit Henry Maske und Axel Schulz sind vorbei.
Die Autoren Malte Müller-Michaelis und Gerhard Pfeil schreiben: „Es werden Kämpfe vorher abgesprochen, Ringrichter manipuliert. Und immer wieder kommt es zu Fights, die jegliches Niveau vermissen lassen.“ Als Leser erwartet man nun, dass hier Beispiele und Beweise für diese Behauptungen vorgelegt werden. Die aber kommen nicht. Das ist schon sehr erstaunlich, denn einer der beiden Autoren, Müller-Michaelis, ist seit Jahren tief in der Boxszene verwurzelt. Jahrelang war er für den Boxveranstalter Ahmet Öner tätig und ist heute Supervisor des Weltverbandes WBC. Er wäre also durchaus interessant von ihm als Insider Namen und Fakten zu erfahren. Die liefert er aber leider nicht, sondern formuliert lediglich pauschal Vorwürfe, die die Vorurteile gegenüber dem Profiboxen bestätigen.
Um die These vom Niedergang des Boxens zu untermauern, versteigen sich die beiden Autoren zu der Behauptung: „Die Promoter witterten das schnelle Geld. Statt Talente ordentlich auszubilden, schickten sie unfertige Athleten ins Feuer. Durchschnittsboxer wie Sven Ottke oder Markus Beyer wurden zu Weltmeistern hochgejazzt.“ Nun weiß ich zwar nicht, was „hochjazzen“ sein soll, aber ich kenne Sven Ottke und Markus Beyer. Und ich finde dass, wer die als Durchschnittsboxer ansieht, der hat sehr-sehr hohe Ansprüche – so hohe Ansprüche, dass er auch sagen müsste, dass die deutschen Fußballnationalmannschaften, die in den WM Turnieren 1954, 1974, 1990 und 2014 antraten, Durchschnittsmannschaften waren. Zur Erinnerung: Sven Ottke war von 1998 bis 2004 Weltmeister im Super Mittelgewicht des Verbandes IBF und von 2003 bis 2004 auch noch für den Verband WBA. Er trat auch ungeschlagen als Weltmeister ab. Markus Beyer war 2000 Weltmeister im Mittelgewicht nach Version WBC, dann, von 2003 bis 2006, Weltmeister im Super Mittelgewicht nach Version WBC. Durchschnittsboxer? Hochgejazzt?
Im weiteren Verlauf des Textes reiten die Autoren immer mehr auf dem Niedergang des Boxens rum. Sie machen Vincent Feigenbutz und Leon Bauer als Talente aus und erwähnen auch immer wieder Manuel Charr. Da liest man z.B. etwas über die Sonnenbrille des Managers Rainer Gottwald und, dass er Kontakt hat zum Sohn von Gaddafi – was immer das auch über das Boxen in Deutschland aussagen soll. Und immer wieder liest man etwas über Manuel Charr. Nun meine ich bei der WM von Charr in Oberhausen allerdings auch gehört zu haben, dass Malte Müller-Michaelis, einer der Autoren, dort als Technischer Leiter fungiert hat.
© Uwe Betker
Ist aufgeschoben wirklich nicht aufgehoben?
Die letzten Veranstaltungen von Ahmet Öner standen unter keinem guten Stern. Im März 2014 verlor Schwergewichtler Odlanier Solis Fonte (22 Kämpfe, 20 Siege, 13 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) überraschend nach Punkten gegen Tony Thompson. Solis galt einmal als eine der größten Schwergewichtshoffnungen – wie auch nicht, immerhin war er mehrfacher Amateurweltmeister und Olympiasieger. Aber er blieb weit hinter den in ihm gesteckten Erwartungen zurück. In seinem Kampf gegen Thompson, am 22.03.1014 in Tekirdag, Türkei, sah er untrainiert und unmotiviert aus.
Solis, der immer noch die Nummer 9 der unabhängigen Weltrangliste ist, sollte nun nach der Niederlage diese Scharte durch eine Rückkampf wieder auswetzen. Hier aber beginnt die Geschichte seltsam zu werden. Dieser Rückkampf nämlich, der schon mehrfach angekündigt wurde, wurde genauso oft auch wieder verschoben.
Zunächst war der Rückkampf für den 18. Oktober in Düsseldorf angesetzt gewesen, musste dann aber wegen einer Knöchelverletzung des Kubaners auf den 22. November, wiederum in Düsseldorf, verschoben werden. Bevor allerdings die Meldung von der Verletzung Deutschland erreichte, war im Internet schon das Gerücht verbreitet worden, Solis sei in Florida verhaftet worden. Der Promoter Öner kommentierte dieses Gerücht nicht.
Dann wurde der Kampf für den 24. Januar in Düsseldorf angekündigt. Kaum rückte der Termin näher, wurde er auch schon wieder verschoben. Öner führt als Grund dafür an, „die Halle“ sei „zum neuen Termin nicht frei“ gewesen. Hier wird die Situation jetzt etwas undurchsichtig. Eigentlich sollte man doch meinen, ein Veranstalter kündigt dann eine Show erst an, wenn er die Halle bereits gebucht oder zumindest geblockt hat. Die Erklärung von Öner klingt also etwas lahm.
Jetzt soll Solis vs. Thompson II also am 27. Februar in Budapest stattfinden. Öner ist begeistert von Tarik Rabadah und Feras Al-Hayek, seinen zwei neuen Partner, die ihn als lokale Promoter unterstützen. Gleichwohl könnte die Verlegung einer Boxveranstaltung in ein anderes Land nicht unproblematisch sein. Wenn ein Veranstalter nicht einen festen TV Partner hat, muss er, wenn er nicht in alleinige Vorkasse gehen kann und will, vor einer Show bei Werbepartnern und Sponsoren Geld sammeln. Die holt man normalerweise ins Boot, indem man ihnen gegebenenfalls TV Präsenz und eine Show an einem bestimmten Ort verspricht. Da fragt sich, wie nun wohl Werbepartnern und Sponsoren darauf reagieren, dass die Veranstaltung an einem ganz anderen Ort als versprochen stattfinden soll?
Bekanntlich heißt es ja: „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“. Bei gleich drei Verschiebungen hintereinander kann man da aber schon seine Zweifel bekommen. Gleichzeitig muss Ahmet Öner seinen Solis aber boxen lassen, denn Solis ist seine Hoffnung, sich unter den großen Veranstaltern zu etablieren zu können – und das beinhaltet schließlich auch eine Hoffnung aufs ganz große Geld.
© Uwe Betker
Das kölner Imperium wackelt
Felix Sturm hatte es geschafft, nach seinem Weggang von Universum Box-Promotion ein Imperium aufzubauen. In seinem Reich gab es nur ihn und alles drehte sich um ihn. Er baute sich sein eigenes Gym auf dem Bonner Wall in Köln. Er schaffte es irgendwie, dass der Verband WBA (World Boxing Association) ihn zum „Super Champion“ machte, obwohl er die Voraussetzungen hierfür, nach den Regularien des Verbandes, gar nicht erfüllte. – Die Ausführungen von Ahmet Öner, wie Sturm zu diesem Titel gekommen ist, sind hier unerheblich. – Der Titel „Super Champion“ ermöglichte es ihm dann, einen Multimillionenvertrag mit SAT1 abzuschließen. Dem TV-Sender war es offensichtlich egal, dass Sturm kein richtiger Weltmeister war. Man tat einfach so als ob.
Praktisch war auch, dass er als „Super Champion“ der Verpflichtung zur Pflichtverteidigung seines Titels enthoben war. Er musste damit zwar nicht regelmäßig die Nummer Eins der Rangliste boxen, dafür setzte es ihn aber auch einer gewissen Kritik aus. Als Sturm nämlich noch bei Universum geboxt hatte, beschwerte er sich öffentlich, dass man ihm keine besseren Gegner vorsetzte. Er forderte sogar die besten Boxer als Gegner. Dabei kursierte allerdings schon damals das Gerücht, er wolle auf keinen Fall gegen seinen Stallkollegen Gennady Golovkin antreten. Nun da Felix Sturm einen übertragenden Fernsehsender und sogar seine eigene Promotion-Firma gegründet, die Felix Sturm Box-Promotion, gegründet hatte, war er doch sein eigener Herr. Er konnte sich seine Gegner nun selber suchen. Boxte er nun aber gegen die besten Boxer der Welt? – Nein! Er boxte zweitklassige Boxer und tat so, als träte er gegen Weltklasseboxer an.
Erst vor kurzem schränkte Sturm seinen Anspruch ein wenig ein, indem er zugab. „ Wir machen Kämpfe, die sportlich sowie auch wirtschaftlich Sinn machen. Das wollen manche Leute nicht verstehen. Ich scheue keine Gegner. Unser Business ist das Preisboxen. Am Ende des Tages geht es um das liebe Geld. Wir verstellen uns nicht, sind keine Schlipsträger, sind kölsche Jungs und ziehen unser Ding durch, mehr gibt es dazu nicht zu sagen.“ (Boxen Heute 2/2013, S. 19) Nie war er offener hinsichtlich seines sehr laut artikulierten Willens die Besten boxen zu wollen. Was mich nur an dieser Äußerung wundert ist, warum der am 31. Januar 1979 in Leverkusen geborene Adnan Ćatić sich als „kölsche Jung“ bezeichnet.
Sturm braucht einen Titel. Das Problem ist nur, dass er wohl nicht noch einmal einen Titel wie den des „Super Champion“ verliehen bekommen wird. Also muss er darum kämpfen. Das wird aber nicht so einfach. Denn der beste Mittelgewichtler, Sergio Gabriel Martinez (54 Kämpfe, 50 Siege, 28 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden), der Weltmeister der WBC, World Boxing Council, steht in absehbarer Zeit als Gegner nicht zur Verfügung. Er boxt am 27.04.2013 gegen Martin Murray (26 Kämpfe, 25 Siege, 11 durch KO, 1 Unentschieden).
Daniel Geale (30 Kämpfe, 29 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage), der Weltmeister der IBF, International Boxing Federation, gewann erst am 30.01.2013 das inneraustralische Duell gegen Anthony Mundine (49 Kämpfe, 44 Siege, 26 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO). Wieso sollte Geale Sturm einen Rückkampf in Deutschland geben, wenn er hier nur in einer relativ kleinen Halle antreten würde, wo er in seiner Heimat das Entertainment Centre in Sydney voll bekommt?
Der WBO, World Boxing Organization, Champion Peter Quillin (28 Kämpfe, 28 Siege, 20 durch KO) boxt am 27.04.2013 in Barclays Center, Brooklyn, New York, gegen Fernando Guerrero (26 Kämpfe, 25 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO).
Der Titelträger der WBA, World Boxing Association, Gennady Golovkin (26 Kämpfe, 26 Siege, 23 durch KO) hatte erst vor kurzem, am 30.03.2013, einen Kampf. Er schlug Nobuhiro Ishida (35 Kämpfe, 24 Siege, 9 durch KO, 9 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) in der dritten Runde KO. Ein Kampf von Sturm gegen Golovkin wäre längst überfällig. Angeblich zieht Sturm mittlerweile sogar einen Kampf gegen ihn in Erwägung, wie es heißt, noch in diesem Jahr. – Also weit und breit ist kein Titel für Felix Sturm in Sicht, jedenfalls keiner, den man einfach so bekommt.
Sturms Idee, die ehemalige Weltmeisterin im Fliegengewicht Sjusanna Lewonowna Kentikjan oder auch Syuzanna Kentikyan oder auch Susi Kentikian (33 Kämpfe, 30 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen), mit reinzunehmen,- war wohl auch nicht so besonders gut. Kentikian gewann zwar ihren letzten Kampf, am 01.02.2013 gegen Sanae Jah, der besten Fliegengewichtlerin in Belgien, aber vorher, am 01.12.2012, hat sie gegen Carina Moreno (28 Kämpfe, 23 Siege, 6 durch KO, 5 Niederlagen) verloren und ist dadurch nicht WBA Champion geworden. Nicht nur, dass Kentikian nicht wieder Weltmeisterin wurde, sie zeigte sich dann nach dem Kampf auch wieder als schlechte Verliererin. Sie, die selbst so oft von den sehr subjektiven Wahrnehmungen von Punktrichtern und Ringärzten profitiert hatte, beschwerte sich. Was aber noch schlimmer war: Die Einschaltquote war nicht gut.
Auch die vollmundige Ankündigung von Mohammed Lassoued, Maurice Weber (19 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden), „Ich will Sturms erster Weltmeister werden!“ ist eher eine Projektion in die fernere Zukunft. Weber ist zurzeit nur die Nummer 3 in Deutschland und die Nummer 138 in der Welt.
Felix Sturm steht unter Druck. Er braucht einen Titel, um seinem TV Sender etwas bieten können. Aber woher nehmen? Wackelt etwa sein kölner Imperium?
© Uwe Betker/www.box-blog.de
Seltsames vom Kampf des Odlanier Solis
Der Schwergewichtler Odlanier Solis Fonte (20 Kämpfe, 19 Siege, 12 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) soll irgendwann einen der Klitschkos boxen. So will es jedenfalls sein Manager Ahmet Öner. Daher muss Solis aktiv bleiben, boxen und gewinnen. So kam es auch, dass „La Sombra“ Solis am 22. März in Berlin boxte. Er gewann erwartungsgemäß gegen den besten norwegischen Schwergewichtler, Leif Larsen (18 Kämpfe, 17 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage) und gewann genauso erwartungsgemäß den Intercontinental Titel der IBF, International Boxing Federation. Nicht zu erwarten war, dass Solis sich so schwer dabei tun und dafür tatsächlich 12 Runden brauchen würde. Aber an diesem Kampf stimmte noch etwas nicht, abgesehen davon, dass er mich wirklich langweilte.
Nun ist man ja von Ahmet Öner bei Veranstaltungen schon einiges gewohnt. Z.B. ging er am 30.05.2008 zum Tisch des Zeitnehmers und betätigte die Glocke, um die Runde zu verkürzen. So verhinderte er, dass sein Schützling Konstantin Airich von Danny Williams KO geschlagen wurde. Beim letzten Kampf von Solis war Jean-Pierre Van Imschoot der Ringrichter. – Hier fängt das Problem schon an, denn Van Imschoot ist Belgier.
Die Veranstaltung in Berlin stand unter der Aufsicht der GBA, German Boxing Association. Der Königlichen Belgischen Boxverbandes hat aber am 31.01.2013 beschlossen: „Een Belgische scheidsrechter mag in België werken voor alle internationale bonden. Een Belgische scheidsrechter, in opdracht van gelijk welke internationale bond, mag niet werken op een meeting van de GBA.“ Oder auf Deutsch: „Ein belgischer Kampfrichter darf in Belgien für sämtliche internationalen Verbände amtieren. Ein belgischer Kampfrichter darf nicht auf einer GBA-Veranstaltung amtieren, egal für welchen internationalen Verband.“ – D.h. praktisch war der Ringrichter Jean-Pierre Van Imschoot als Privatmann im Ring. Nun hatte er in dem langweiligen Kampf auch nicht viel zu tun und er hat, sofern ich mich recht entsinne, auch keine Fehler gemacht. Schön wäre es aber schon, wenn lizensierte Ringrichter die Kämpfe leiten.
Offensichtlich haben in Berlin einige der Verantwortlichen ihren Job nicht getan. Die Veranstalter Ahmet Öner und Ludus Pugilatus, die IBF und der belgische Boxverband haben einfach nicht darauf geachtet und sich an die Regeln gehalten. Nun kann man argumentieren: Es ist doch nichts passiert. Richtig. Aber ich persönlich bin ein großer Freund davon, sich beim Boxen an Regeln zu halten. Hält man sich nämlich nicht grundsätzlich an Regeln, so könnte es auch passieren, dass ein Veranstalter einfach hingeht und Runden verkürzt, um seinen Boxer vor einem KO zu schützen oder dass es als Gastboxer nicht möglich ist zu gewinnen. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.
© Uwe Betker