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Die Diskussion über den Fall Fritz Sdunek – der Fall eines Säulenheiligen
Fritz Sdunek war bis vor einigen Wochen der Säulenheilige des Boxens. Wie ein Heiliger auf einer Säule stand er über dem Sumpf und dem Dreck des Profiboxens in Deutschland. Er war sakrosankt. Es gab buchstäblich Keinen der ein böses Wort über ihn fallen ließ. Er war das Beispiel dafür, dass man Profiboxen betreiben kann, ohne Menschen zu verletzen und ohne sich die Hände schmutzig zu machen. Er war die Inkarnation der Menschlichkeit im Profiboxen.
Nun hat sich aber das Bild vom „Heiligen“ Fritz verändert. Die sechs Minuten 22 Sekunden lange Dokumentation „Zeitreise: Der Boxer Dirk Schäfer“, die in verschieden Dritten Programmen der ARD lief und in der Mediathek der ARD immer noch zu sehen ist, hat dies verursacht. Worum geht es in der kurzen Dokumentation?
Dirk Schäfer, der sich heute als Straßenmusiker in Schwerin durchschlägt, war einer der talentiertesten Boxer der DDR. Der für Traktor Schwerin boxende Schäfer war zweimal DDR-Meister im Bantamgewicht. Große internationale Titel holte er nicht weil, weil die Staatssicherheit seine Boxkarriere zerstörte. Hierbei war auch der Inoffizielle Mitarbeiter Sicherheit (IMS) „Frank“ beteiligt. Er schrieb in einem Bericht über den junge Boxer Schäfer, dass er „idiotisch und überspitzt denken“ würde. In mindestens 15 weiteren Fällen, in den Stasi-Akten über Traktor Schwerin, hatte der IMS „Frank“ Informationen geliefert. Er war wohl bewusst eingesetzt worden, auch um Privates zu erfahren. „Frank“ berichtete über Westkontakte und Elternhäuser.
Jener schon angesprochener IMS, der die Berichte verfasst hatte, mit dem Decknamen „Frank“ hatte die Registriernummer: II 278/70. Dieselbe Nummer befindet sich in der Klarnamenkartei. Der Klarname lautet: Fritz Sdunek. Die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Mecklenburg-Vorpommern Anne Drescher sagt in der Doku: „Die eigentliche IM-Akte zu ,Frank‘ existiert nicht mehr, aber die Berichte lassen sich relativ eindeutig zuordnen. Wir können davon ausgehen, dass Fritz Sdunek der IMS war und als solcher Berichte geliefert hat.“
Diese sehr sachlichen Worte, in einer recht unterkühlten Dokumentation erhitzen nun die Gemüter in der Boxszene. Denn die Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen in Mecklenburg-Vorpommern sagt, dass Fritz Sdunek höchstwahrscheinlich ein IMS war, sein Schützlinge ausspioniert hat und an der Zerstörung von Karrieren beteiligt war. – Das passt nicht zu dem Bild, was bis jetzt alle von Fritz Sdunek hatten.
Die Reaktionen auf die „Enthüllungen“ waren heftig. Die Einen sprachen davon, dass uralte Geschichten aufgewärmt würden. Andere schlossen hier an und forderten, dass man die Vergangenheit ruhen lassen solle. Wiederum andere relativierten und gaben zu bedenken, dass damals eine andere Zeit war. Wiederum Andere meinten, dass Andenken an einem Verstorbenen mit Dreck beworfen würde und das man prinzipiell solche Vorwürfe nur erheben dürfe, wenn den Beschuldigte noch lebt und sich verteidigen kann.
Kleine Anmerkung: Dirk Schäfer, das Opfer der Stasi, wurde, soweit ich das überblicken konnten, bei den Reaktionen auf die Dokumentation kein einziges Mal nur erwähnt. Damit ist er zynisch betrachte, zum zweiten Mal Opfer der Stasi geworden.
Keiner derjenigen, die sich so geäußert haben, würde vermutlich Enthüllung von Historiken und Journalisten über gesellschaftlicher Verfehlungen und Straftaten betreffend ablehnen, nur weil der „Täter“ verstorben ist oder weil es in der Vergangenheit geschehen ist. In diesem speziellen Fall aber, ist die Empörung über die Enthüllung groß. Denn es geht um Fritz Sdunek, dem Säulenheiligen Fritz Sdunek. Jenem Mann, über den Keiner etwas Kritisches sagen konnte. Und genau deswegen kochen die Emotionen auch so hoch.
Man könnte argumentieren, dass man schon sehr naiv seien musst um glauben zu können, dass jemand im Sport der DDR nach oben kommen konnte, ohne ein gerüttelt Maß an Kontakten bzw. einer Mitgliedschaft bei dem „VEB Horch und Guck“. Genau das ist der Punkt. Vermutlich jeder, und damit schließe ich mich explizit ein, der mit Boxen hierzulande zu tun hat, wollte dies glauben. Dadurch wurde Fritz Sdunek erst zu unseren Säulenheiligen. Und nun mussten wir mit ansehen, wie unser Fritz von seiner Säule gestürzt wurde.
Was wird bleiben, wenn die Diskussion um Fritz Sdunek abgeflaut und die Dokumentation aus der Mediathek der ARD verschwunden ist? Dirk Schäfer wird weiterhin mit Straßenmusik sein Lebensunterhalt bestreiten. Das Leben vieler Anderer hatten die staatlichen Organe der DDR deformiert. Unser Blick auf Fritz Sdunek wird sich vermutlich ändern. Wir werden nicht mehr den Heiligen Fritz sehen, sonder den Menschen Fritz Sdunek. Einen Menschen, fast so wie wir alle, mit Stärken und Schwächen, der versuchte alles gut zu machen und dabei auch Dinge schlecht gemacht hat. Eigentlich gefällt mir der neue Fritz Sdunek auch.
© Uwe Betker
„Blaue Flecke für soziale Zwecke 2“
Zwei Jahre Zeit ließen sich Uwe Hück und Luan Krasniqi für ihre Neuauflage von „Blaue Flecke für soziale Zwecke“ in Ludwigsburg. Was dann aber der Konzern-Betriebsratsvorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche AG und der ehemalige Europameister im Schwergewicht auf die Beine stellten, war schon bemerkenswert. Es begann mit einer lauten und beeindruckenden Pyro- und Lichtshow, bei der die Boxer und Boxerinnen vorgestellt wurden. Dann sang Nathalie Dorra, die mit ihrer Band auftrat, was bei den Zuschauern sehr gut ankam. Sie sang später noch häufiger. Dann machten Hück und Krasniqi noch Werbung für ihre Stiftungen für benachteiligte Kinder.
Der erste Kampf des Abends fand im Muay Thai statt. Die beiden Kontrahenten kamen, wie alle Boxer, über die Bühne zum Ring. Da gab es für sie ein Spalier von Cheerleadern mit goldenen Puscheln. Es trafen Alex Schmitt und Leo Bönning für einen WM Kampf im Mittelgewicht, nach Version ISKA, aufeinander. Schmitt gewann klar nach Punkten. Der Kampf war wohl gut – aber ich kann nun mal Sportarten, bei denen man tritt, und sei es nur gegen einen Ball, nicht wirklich etwas abgewinnen.
Dann kam aber auch richtiges Boxen. Als erstes gab es zwei Frauenboxkämpfe. Alesia Graf (32 Kämpfe, 27 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen) und Marianna Gulyas (34 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 12 durch KO) stiegen als erste für einen Sechsrunder im Bantamgewicht in den Ring. Graf hatte seit 16 Monaten nicht mehr geboxt. Dennoch gestaltete sich der Kampf einseitig. Schon nach der ersten Aktion war klar, dass er nicht über die angesetzte Distanz gehen würde. Eine Links-Rechts-Kombination traf gleich den Kopf von Gulyas und ließ ihn nach hinten schnellen. Nahezu jeder Schlag von Graf fand sein Ziel. In der zweiten Runde erhöhte Graf dann noch mal den Druck. Eine Kombination zum Körper – und Gulyas ging zu Boden, wo sie dann ausgezählt wurde. Siegerin durch KO in Runde 2 nach 1:04: Alesia Graf.
Es folgte ein WM Kampf im Minimumgewicht. Özlem Sahin (20 Kämpfe, 19 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) traf auf auf Gretchen Abaniel (24 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO). Die ungeschlagene Sahin boxte zum ersten Mal um eine WM in ihrer Heimatstadt Ludwigsburg. Sahin startete gewohnt langsam. Sie besetzte die Ringmitte und arbeitet mit der Führhand. Manchmal schlug sie einen rechten Haken, wirkte insgesamt aber verkrampft. Abaniel arbeitete mehr. Sie schlug viel, auch viele Innenhände, und kam denn auch gelegentlich durch. Am Ende der ersten Runde platzierte sie einen schönen rechten Kopfhaken. Auch die zweite Runde ging an Abaniel. Dann kam Sahin zwar besser, aber sie fand nie richtig in den Kampf. In der siebten Runde kam Abaniel mit einer Rechten zum Kopf durch, die Sahin in die Seile schlug. Sahin überstand die kritische Situation aber gut. In der neunten Runde wurde sie dann angezählt, als sie plötzlich auf dem Boden saß. Ob dies allerdings wirklich als Niederschlag zu werten war, ist m. E. Geschmackssache. Für mich war es eine ausgeglichene Ringschlacht und mit Abstand der beste Boxkampf des Abends. Am Ende werteten die Punktrichter 96:94, 94:96 und 99:91. Punktsiegerin durch eine Mehrheitsentscheidung: Gretchen Abaniel.
Eine kurze Anmerkung zu der Entscheidung der Punktrichter: Die Wertungen der beiden Punktrichter, die 96:94 gewertet hatten, gaben den Kampfverlauf schon ziemlich genau wieder: Meine Wertung war 95:95. Der BDB-Punktrichter Jürgen Langos wertete den Kampf jedoch anders als alle anderen. Das lässt mich dann unwillkürlich fragen, welchen Kampf er denn wohl gewertet hat oder wieso er in seiner Wertung so von den anderen abwich. Nach meiner Einschätzung hat diese Wertung von Jürgen Langos vom Bund Deutscher Berufsboxer durchaus Chancen auf den Titel der schlechtesten Punktrichterentscheidung des Jahres.
Anshließend traten im Cruisergewicht Firat Arslan (46 Kämpfe, 36 Siege, 22 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) und Paata Aduashvili (29 Kämpfe, 17 Siege, 10 durch KO, 10 Niederlagen, 5 durch KO, 2 Unentschieden) gegeneinander an. Dabei ging es um die Eurasia Pacific Meisterschaft der WBC, was immer das nun auch wieder sein mag. Da Aduashvili kurzfristig einsprang, war der Kampf kurz und einseitig. Arslan war seinem Gegner in allen Bereichen überlegen. Wie immer verschanzte er sich hinter seiner Doppeldeckung, um auf seine Chance zu warten. Sein Gegner versuchte dagegen mit hektisch vorgetragenen Angriffen, die aus Schwingern bestanden, zum Erfolg zu kommen, ein von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Am Ende der Runde konterte Arslan dann noch mal mit einem schönen Kopfhaken, der Aduashvili beeindruckte. In der folgenden Runde kam dann auch das überfällige Ende. Drei Rechte schickten Aduashvili zum ersten Mal zu Boden. Es folgten dann noch zwei weitere Niederschläge, jeweils durch Kopfhaken. Nach dem dritten Niederschlag zählte der Ringrichter ihn aus. Sieger durch KO in Runde 2 nach 2:33: Firat Arslan.
Mit diesem Sieg hat sich der 45-jährige Arslan die Chance bewahrt, noch einmal um eine Weltmeisterschaft boxen zu können. Sein Wunschgegner dürfte wohl Grigory Drozd (41 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) sein, der amtierende Weltmeister der WBC, dem er am 28.10.2006 sein einzige Niederlage zugefügte.
Dann gab es die zwei Charity Kämpfe, die jeweils auf acht mal zwei Minuten angesetzt waren. Die Schwergewichtsbegegnung zwischen Uwe Hück und Francois Botha war durchaus unterhaltsam. Sie ging über 8 Runden zu 2 Minuten. Botha schlug präzise linke und rechte Graden und schöne punktgenaue Haken, sowohl zum Körper als auch zum Kopf, ganz so wie es sich für eine Partnerarbeit im Training gehört. Botha gab Hück genug Raum, damit er mit großartigen Schwingern die Oberarme bearbeiten konnte. Der Kampf wogte hin und her. Botha, ganz der böse Junge, foulte, indem er Hück auf den Hinterkopf schlug – oder war es doch eher so was wie ein Streicheln. Hück war jedenfalls sichtlich benommen und musste seinen Kopf schütteln. Es gab keinen Punktabzug. Dafür rächte sich der Porsche Mann, indem er Botha mit einer langen Schlagkombination die Oberarme massierte. Alle Beteiligten, auch die Zuschauer, hatten ihren Spaß. Am Ende stand ein Unentschieden. Die Punktrichter werteten 75:73, 73:75 und 76:76. Weil beide Kontrahenten mit diesem, für sie so ungerechten Urteil nicht leben konnten, wurde direkt ein Rückkampf in Südafrika verabredet. Botha sammelt nämlich auch Geld für benachteiligte Kinder in seinem Land.
Sichtlich Spaß hatte auch Luan Krasniqi, der gegen Danny Williams (73 Kämpfe, 48 Siege, 36 durch KO, 25 Niederlagen, 12 durch KO) boxte. Sah die Begegnung zwischen Hück und Botha mehr nach einer Partnerübung im Training oder einer Choreographie aus, so lagen die Dinge mit Krasniqi und Williams anders. Ich fühlte mich schon erinnert an einen richtigen Kampf. Es entstand tatsächlich der Eindruck, dass hier richtig geboxt wurde. Es war aber vor allem offensichtlich, dass Krasniqi Williams, der seinen angekündigt letzten Kampf bestritt, in allen Belangen überlegen war. Krasniqi machte richtig Druck. Immer wieder kam er mit harten Treffern durch. In der vierten Runde kam dann das befürchtete Ende. Eine Rechte zum Kopf ließ Williams einknicken und langsam zu Boden gehen. Während Williams langsam in sich zusammen sackte, gab Krasniqi ihm unnötigerweise noch zwei Rechte zum Kopf mit. Williams wurde ausgezählt. Es dauerte lange bis er, nur mit Hilfe seiner Betreuer, wieder auf die Beine kam. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch Charity Boxen nennen möchte. Ganz sicher bin ich mir jedoch, dass ich Danny Williams nie wieder boxen sehen möchte. Sieger durch KO in Runde 4 nach 1:10 Minuten: Luan Krasniqi.
Zwischen den Kämpfen traten noch der Kabarettist Christoph Sonntag, die Tanzgruppe Jonny M., die auch die Nummerngirls stellte, Nu Addition und Peter Freudenthaler von Fools Garden auf. Eine Verlosung gab es auch, mit einer Harley Davidson als Hauptgewinn. Leider hat aber nicht der gutaussehende Journalist gewonnen.
Auf der Veranstaltung „Blaue Flecke für soziale Zwecke 2“ gab es einen Muay Thai, zwei Frauenboxkämpfe, einen Männerboxkampf, einen Charity Boxkampf und einen etwas anderen Charity Boxkampf zu sehen. Insgesamt ein Kessel Buntes, der beim Publikum ankam. Man darf gespannt sein, ob Uwe Hück und Luan Krasniqi wieder zwei Jahre brauchen werden für eine Wiederauflage.
(C) Uwe Betker
EBU ehrt Walter Knieps
Die EBU, European Boxing Union, ehrte am 09. März im Rahmen des Europameisterschaftskampfes im Bantamgewicht zwischen Stephane Jamoye und Ashley Sexton in Herstal, in der Provinz Lüttich, Walter Knieps von Paffen Sport. Der Präsident der EBU, Bob Logist überreichte ihm im Beisein des Präsidenten des belgischen Boxverbandes Willy Bosch einen Miniatur Europameisterschaftsgürtel. Der Gürtel gleicht bis ins kleineste Detaille dem Original. – Die Macher der EM Gürtel verwenden übrigens das gleiche Leder, das auch Ferrari verarbeitet. – Logist würdigte mit dieser Auszeichnung die Förderung und Unterstützung des europäischen Boxens durch den Boxsportausrüster Paffen Sport.
© Uwe Betker
Großes Boxen in Herstal
Boxen in Belgien ist immer etwas Besonderes. Es ist vor allem immer, jedenfalls nach meiner Erfahrung, gutes Boxen. Die Hall Omnisports „La Prealle“ in Herstal, in der Provinz Lüttich, war am Samstag Ausgrabungsort eines großen Boxabends. Als Vorprogramm gab es acht Amateurkämpfe.
Im ersten Profikampf traten die beiden Debütanten Jérémy Beccu und Jozef Torac im Super Bantamgewicht aufeinander. Beccu, der als Amateur in der französischen Nationalstaffel geboxt hatte und der Hauptsparringspartner von Stéphane Jamoye gewesen war, machte kurzen Prozess. Er machte von der ersten Sekunde an Druck. Er verteilte seine Schläge schön auf Kopf und Körper. Ein Leberhaken zwang Torac in der neutralen Ecke zu Boden. Zwar stand er bald wieder und der Kampf wurde noch einmal fortgesetzt, aber den dann folgenden Schlägen gegenüber war er hilf- und wehrlos. Der Ringrichter ging dazwischen und brach den Kampf ab. TKO 1.
Im zweiten Kampf traten die beiden bis dahin ungeschlagenen Cruisergewichtler Alexandru Jur (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) und Fabrice Clément (3 Kämpfe, 2 Siege, 1 Unentschieden) gegeneinander an. Das Gefecht, das sich die Beiden lieferten, war hart und gewiss nichts für Boxästheten. Jus punktete mit seiner linken Führhand, die er schön steif und gerade schlug. Clément versuchte sein Glück in überfallartigen Angriffen. Der Kampf wogte hin und her und war geprägt von harten Schlagabtäuschen. Am Ende gewann Jur den Vierrunder zu Recht einstimmig nach Punkten.
Hiernach betraten Michael Recloux (35 Kämpfe, 21 Siege, 8 durch KO, 12 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) und Jessy Moreaux (41 Kämpfe, 7 Siege, 4 durch KO, 31 Niederlagen, 5 durch KO, 3 Unentschieden). Der Kampf fand im Halbschwergewicht statt. Um es vorweg zu sagen: Der Kampf war großartig. Hier standen sich zwei Männer gegenüber, die sich nichts schenkten, dabei aber stets sehr fair boxten. In der dritten Runde ging Moreaux nach einem rechten Körperhaken, der viel zu tief war und dort traf, wo er nicht treffen durfte, zu Boden. Der Ringrichter zählte ihn, die Situation verkennend, an. Seinen Irrtum erkennend, gab er ihm aber anschließend genug Zeit, sich zu erholen.
Recloux und Moreaux boten dem Publikum über acht Runden eine große Ringschlacht. Obwohl Moreaux der schwächere Boxer war, gab er nicht auf. Es bestand zu keiner Sekunde die Gefahr, dass er aus dem Kampf aussteigen würde. Immer wieder suchte er seine Chance. Immer wieder stellte er sich dem Kampf, dem Kampf zweier tapferer Krieger. Diesen Kampf würde ich persönlich jederzeit gegen ein Dutzend sogenannter Weltmeisterschaften eintauschen, die ich im letzten Jahr gesehen habe. Und dabei war dieser Kampf nicht einmal der beste des Abends. Am Ende gewann Recloux einstimmig nach Punkten.
Der nachfolgende Kampf stellte den vorangegangen noch in den Schatten. Steve Jamoye (13 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO) und Luis Solis (17 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO, 2 Niederalgen, 1 durch KO, 4 Unentschieden) boxten um den vakanten WBC Youth Silver Titel im Junior Weltergewicht. 10 Runden lang schlugen die beiden aus allen Position aufeinander ein. Dabei gingen sie ein extrem hohes Tempo. So ein Boxen wird dem deutschen Fernsehzuschauer vorenthalten, weil die TV-Sender Angst davor haben den Zuschauern schnelles Boxen in den unteren Gewichtsklassen zu zeigen.
Obwohl es immer wieder so aussah, als ob bald ein KO kommen würde, ging der Kampf über die volle Distanz. Jamoye war zwar der Bessere, aber auch er wackelte ein oder zwei Mal. Am Ende gewann er verdient nach Punkten.
In der gleichen Gewichtsklasse traten Sabrina Giuliani (11 Kämpfe, 11 Siege) und Dalia Vasarhely (5 Kämpfe, 3 Siege, 2 Niederlagen) gegeneinander an. Giuliani verteidigte erfolgreich ihren Europameistertitel der EBU in einem etwas einseitigen Gefecht. Sie musste hierfür über die volle Distanz von 10 Runden gehen.
Hauptkampf und Höhepunkt der gelungenen Veranstaltung war die Europameisterschaft im Bantamgewicht. Der Titelverteidiger Stephane Jamoye (28 Kämpfe, 25 Siege, 15 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) bekam es mit Ashley Sexton (18 Kämpfe, 14 Siege, 5 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) zu tun. Stephane Jamoye boxt spektakulär. Er hat schnelle Hände, sehr gute Reflexe und ist schnell auf den Beinen. In den ersten zwei Runde punktete er vor allem mit seiner linken Führhand, die er sehr variabel einsetzte. Aus Gefahrenmomenten tanzte er elegant heraus. In der dritten Runde häuften sich die Schlagabtäusche. Wiederum eine Runde später erlitt er einen Cut, wohl durch einen Kopfstoß unter dem linken Auge, der ihn aber nicht behinderte und auch nicht davon abhielt, Sexton zu jagen.
In den folgenden Runden ging Jamoye mehr zum Körper, was Saxton nicht angenehm war. In der sechsten Runde wurde Saxton ein Punkt für Halten abgezogen. Am Ende der folgenden Runde ging er nach einem Leberhaken runter. Er kam jedoch wieder hoch und rettete sich in die Pause. Bereits in der ersten Aktion nach der Pause musste Saxton wieder zu Boden und wieder schaffte er es, rechtzeitig hoch zu kommen. Dem dann folgenden Schlaghagel hatte er aber nichts mehr entgegenzusetzen. Der Ringrichter ging dazwischen, um ihn vor weiteren Schlägen zu schützen. Stephane Jamoye zeigte eine sehr beeindruckende Leistung. Er wird wohl seinen nächsten Kampf in Las Vegas bestreiten. Er ist bei Oscar de la Hoya unter Vertrag und soll wohl schon bald um einen WM-Titel boxen.
© Uwe Betker
Ein wahrer Champion braucht keinen Weltmeistergürtel (3)
Pimentel konnte, nachdem seine Sperre endlich aufgehoben worden war, nach Los Angeles zurückkehren, um dort am 06.12.1965 auf einen weiteren harten Brocken zu treffen, Joe Medel aus Mexiko. Pimentel konnte zwar sein Gegenüber früh niederschlagen, ging dann aber selber zweimal in der neunten Runde zu Boden. Die harte Schlussrunde konnte Medel nur mit viel Geschick und Glück durchstehen. „Der Medel-Kampf machte mich erst richtig bekannt. Meine Leute akzeptierten mich von nun an wirklich, obwohl ich durch eine Mehrheitsentscheidung verlor. Obwohl er kein ausgesprochener Puncher war, war er der einzige Gegner in meiner Boxkarriere, der mir wirklich in einem Kampf Schmerzen zufügte. Er war der einzige Boxer, dessen Schläge ich wirklich spürte. Alle Medien gaben mir den Sieg, nur die Punktrichter nicht.“ Diese Entscheidung der Punktrichter ist für ihn bis heute die schmerzhafteste Erinnerung an seine Zeit als Boxer, zumal Medel ihm keinen Rückkampf gab. Das Boxmagazin „The Ring“ kürte den Kampf zum viertbesten des Jahres.
Im folgenden Jahr, 1966, stieg er sechsmal in den Ring und gewann immer durch KO. Unter seinen Opfern waren Boxer, die zur Spitzenklasse zählten: Kackie Burke aus Kanada und der Japaner Katsuo Saito. Beide schlug er KO.
Am 11. Juni 1967 verlor Pimentel wieder einen Kampf. Sein Bezwinger in San Antonio war Yoshio Nakano aus Japan. „Yoshio Nakano – ein schwierig zu boxender Kämpfer. Bis heute weiß oder verstehe ich nicht, wie er mich geschlagen hat. Ich erinnere mich ganz deutlich, wie der Ringrichter, ein sehr ehrenwerter Offizieller, in unsere Ecke kam und meinem Manager sagte, dass er mich klar nach Punkten vorne hat. Und was war? Er war einer derjenigen, die den Kampf Nakano gaben.“
Der nächste Gegner war Mimoun Ben Ali aus Spanien, auf den er am 26.07.1967 traf. Ali war zu diesem Zeitpunkt zum dritten Mal Europameister. Er war von 1958 bis 1962 im Fliegengewicht und von 1963 bis 1967 im Bantamgewicht unter den besten zehn der Welt. In seinen bisherigen 62 Kämpfen war er niemals KO gegangen. Pimentel bezeichnet ihn gerne als seinen zähesten Gegner. Der Kampf wurde verbissen und hart geführt. Pimentel lag nach der achten Runde nach Punkten hinten. In der neunten zählte dann aber die Boxlegende Archie Moore, der als Ringrichter fungierte, Ali aus. Diese Begegnung wurde 1999 zum größten Kampf von San Antonio gewählt.
Mitte 1968 verlor der Boxstern Pimentel Zusehens an Leuchtkraft. Am 14.06.1968 traf er in Los Angeles auf Chucho Castillo, den amtierenden mexikanischen Meister im Bantamgewicht, der zwei Jahre später gegen Ruben Olivares Weltmeister werden sollte. Pimentel unterlag klar nach Punkten. „Chucho kämpfte diese Nacht den Kampf seines Lebens. Er führte einen sehr-sehr cleveren Kampf. Er flog wie eine Fliege und stach wie eine Biene – wie Cassius Clay zu sagen pflegte. Ich persönlich hatte viele Probleme gegen technische Boxer und besonders in dieser Nacht. Chucho Castillo kämpfte gegen mich, wie er es später gegen Ruben Olivares tat. Er war sehr anmutig und clever. Ich ziehe meinen Hut vor ihm.“ Pimentel verschweigt, dass er sich während des Kampfes seine Schlaghand mehrfach brach.
Nach der Niederlage gegen Castillo erwog Pimentel, sein Handwerk dranzugeben, zumal auch Castillo ihm keine Revanche geben wollte. Aber noch immer lockte das große Ziel: die Weltmeisterschaft. Pimentel boxte weiter. Am 10.03.1969 folgte wieder eine Niederlage. Kazuyoshi Kanazawa, der vierte der Weltrangliste „boxte mir die Ohren ab“. In diesem Kampf, der in der Korakuen Hall in Tokio stattfand, musste Pimentel viel einstecken. In der dritten Runde erlitt er eine Cutverletzung an der rechten Augenbraue, in der fünften kam ein weiterer Cut an der anderen Braue hinzu. In der neunten Runde stoppte der Ringrichter den Kampf wegen der stark blutenden Platzwunden.
Nach diesen Niederlagen fing sich Pimentel wieder, und es folgten 15 Siege mit 13 KOs in Folge. Unter seinen Opfern war auch der starke Kanadier Billy McGrandle, den er am 17.12.1969 in der siebten Runde KO schlug („er konnte meine Körpertreffer nicht nehmen“). Dieser Sieg brachte ihm den Titel des nordamerikanischen Meisters ein. „Der Sieg war eine große Befriedigung für mich. Obwohl es nicht der Weltmeistertitel war, hatte ich nun den schönsten Gürtel für meinen Trophäenschrank.“
Den Titel verteidigte er zweimal erfolgreich. Kuniaki Shimad schlug er am 01.07.1970 und Ushiwakamaru Harada am 14.09.1970 KO. Trotz dieser beeindruckenden Siege war Pimentel schon lange nicht mehr der Boxer, der er einst gewesen war. Es war offensichtlich, dass er sich dem Ende seiner Karriere näherte. Nun erst, am Ende seiner Laufbahn als Preisboxer und nach sieben Jahren des Wartens, bekam er schließlich doch noch die Chance, um die Weltmeisterschaft zu boxen.
Sein Gegner am 14.12.1971 in Los Angeles war der große Ruben Olivares. „Ich wollte, als ich gegen Ruben Olivares antrat, nicht meine Karriere mit einer Niederlage beenden, wie die meisten Boxer es tun. Aber als ich gegen Ruben Olivares kämpfte, wusste ich, dass meine Karriere zu Ende ist. Ich spürte die Schläge, denen ich früher so einfach ausweichen konnte. Nun spürte ich sie, und ich konnte ihnen nicht ausweichen.“
Olivares und Pimentel, die hier aufeinander trafen, hatten eine erschreckende KO-Bilanz. Zusammen verbuchten sie 134 KOs. Olivares war jünger, größer und hatte einen Reichweitenvorteil. Pimentel hatte dafür ein Mehr an Erfahrung und das Herz eines wahren Kriegers: Es war eine der großen Ringschlachten der Boxgeschichte.
„Als ich gegen Ruben kämpfte, war ich schon 32 Jahre alt und auf dem absteigenden Ast. Aber ich gab ihm trotzdem eine Hölle an Kampf.“ Die amerikanische „Boxing Illustrated“ schrieb, im Vergleich zu diesem Krieg sei der erste Kampf Ali gegen Frazier ein Langeweiler-Kampf gewesen.
Bereits in der ersten Runde hatten beide Kontrahenten ihren Kampfrhythmus gefunden. Olivares kam immer wieder mit seinen gefürchteten linken Haken durch und konnte Rechts-Links-Rechts-Kombinationen zum Körper und zum Kopf anbringen. Pimentel ließ den Kopf seines Gegenübers immer wieder mit seinem harten Jab zurückschnappen und landete krachende Rechte an den Kopf. Beide gingen ein mörderisches Tempo.
Die zweite Runde folgte diesem Muster, und es war nur eine Frage der Zeit, wann der erste zu Boden gehen würde. Am Ende des dritten Durchgangs zog sich Olivares nach einem Zusammenstoß mit den Köpfen eine große und stark blutende Platzwunde über dem linken Auge zu. Heute würde eine solche Verletzung automatisch zum Abbruch führen. Aber hier führte sie nur dazu, dass sich das Tempo des Kampfes noch verschärfte. Die fünfte Runde war ein einziger Schlagabtausch. Pimentel kam wieder mit einer harten Links-Rechts-Links-Kombination durch, die Olivares beeindruckte. Es folgten ein Jab – ein rechter Haken zum Kinn. Der Weltmeister war schwer angeschlagen. Plötzlich kam dann aber Olivares mit einem rechten Cross durch, und Pimentel ging zu Boden. Er kam wieder hoch und schenkte Olivares in den folgenden Runden nichts. Aber Olivares war auf der Siegerstraße. Systematisch bearbeitete er Körper und Kopf seines Gegners. Lediglich die achte Runde konnte Pimentel noch für sich entscheiden. Als Pimentel am Ende der zehnten Runde in seine Ecke ging, war sein Gesicht verschwollen und sein Körper übersät mit blauen Flecken. „Ich sagte meinem Manager: Harry, ich fühle meine Beine nicht mehr. Er sagte zu mir: Geh raus in die nächste Runde, und wenn du ihn nicht KO haust, stoppe ich den Kampf – was er dann auch tat.“ Pimentel hatte seinen einzigen Titelkampf verloren. Noch im Ring erklärte er seinen Rücktritt vom Boxen.
„Ich bin mir sehr sicher, dass ich Ruben Olivares und Eder Jofre hätte KO schlagen können. Ich wünschte mir, ich hätte früher gegen Ruben kämpfen können. Ich wünschte mir, ich hätte Eder boxen können. Ich hätte ein Champion werden können.“ Selbst Parnassus, der dieses Aufeinandertreffen veranstaltet hatte, sagte nach dem Kampf zur Presse, dass, hätte der Kampf nur zwei Jahre früher stattgefunden, Pimentel wohl durch KO gewonnen hätte. Dieser Kampf war so schwer und kostete auch seinen Sieger soviel Substanz, dass Olivares bereits in seinem nächsten Kampf den Titel wieder verlor.
Nach dem Ende seiner Karriere als Preiskämpfer veranstaltete Pimentel zusammen mit seinem ehemaligen Manager Kabakoff Boxkämpfe in Mexiko. Heute betreibt er eine Firma für Garten- und Landschaftsbau in Northridge/Kalifornien. Dem Boxen ist er immer noch verbunden – als Trainer im Northridge Athletic Club.
Pimentel ist mit seiner Jugendliebe Maria Elena verheiratet („Ich war in meinem ganzen Leben noch nie ein Playboy“). Er hat zwei Söhne, Jesus Jr. und Melville (benannt nach seinem Manager), sowie zwei Töchter Deborah und Esenia.
Obwohl es Jesus Pimentel nicht vergönnt war, einen Weltmeistergürtel zu erringen, so ist er aber doch ein wahrer Champion. In seinem Haus hat er einen Gürtel, der mehr aussagt als einer der protzigen Weltmeistergürtel, die heute so freigiebig verteilt werden. Auf diesem Gürtel steht „The Greatest Knockout Punching Bantamweight In Boxing History“. Er wurde ihm von Nat Fleischer, dem Gründer und Herausgeber des Ring Magazin, der wichtigsten Boxzeitschrift der Welt, überreicht.
© Uwe Betker
Ein wahrer Champion braucht keinen Weltmeistergürtel (2)
Seine KO-Erfolge ließen den Bantamgewichtler Pimentel zu einem Zuschauermagneten werden. Zunächst musste er jedoch am 16.08.1963 gegen einen anderen Liebling der Fans antreten, den Ranglistenboxer Jose „Portillo“ Lopez. Lopez hatte zuvor von 38 Kämpfen nur einen verloren, und er war wie Pimentel ein KO-König. 8.500 Zuschauer kamen ins Olympic Auditorium in Los Angeles, um das Aufeinandertreffen der beiden zu verfolgen. „Ich hatte alle gegen mich: Der Promoter [George Parnassus, der später eine entscheidende Rolle in Pimentels Karriere spielen sollte] war gegen mich, weil Lopez einer seiner Fighter war. Die Punktrichter waren gegen mich. Was aber am allerschlimmsten war, die Boxfans waren auch gegen mich. Ich musste als erster in den Ring steigen, und sie buhten mich aus. Aber Gott sei Dank endete der Kampf damit, dass meine Hand nach acht großartigen Runden hochgehalten wurde.“ Diese Begegnung hielt, was das Publikum von ihm versprechen konnte. Es war ein offener Schlagabtausch, der klären sollte, wer der Härtere war. In der achten Runde schlug Pimentel im Infight Lopez KO. Dabei waren seine Fäuste nur fünf Zentimeter vom Kopf seines Gegners entfernt, als er die entscheidenden Schläge abfeuerte. Damit wurde Pimentel zum Star und zum Liebling der Boxfans links und rechts der mexikanischen Grenze.
Als er am 05.10.1963 das nächste Mal in den Ring stieg, traf er auf seinen alten Bekannten Trino Savala. Diesmal überließ er die Entscheidung nicht den Punktrichtern. Er gewann durch KO in Runde 2.
Am Ende des Jahres, am 18. Dezember, füllte er erneut eine Riesenhalle, die Los Angeles Sports Arena, bis auf den letzten Platz. Dort schlug er den Spitzenboxer Ray Asis von den Philippinen. Pimentel war zu diesem Zeitpunkt die Nummer sechs und Asis die Nummer zehn der Weltrangliste. „Vor dem Kampf, in der Umkleidekabine, sagte ich zu Kabakoff und zu meinem Bruder Joe [Jose Luis], dass ich Asis KO geschlagen habe. Kabakoff schaute meinen Bruder an und meinte, dass ich zu viele Schläge abbekommen hätte. Einen Tag später druckten die Zeitungen das Photo, auf dem Ringrichter John Thomas meine Hand zum Sieg hebt und Ray Asis auf dem Boden liegt.“ Pimentel war auf dem Höhepunkt seines Könnens, er schien unschlagbar, und ein Kampf um die Weltmeisterschaft im Bantamgewicht erschien nur folgerichtig.
Der Promoter Tony Padilla aus San Antonio/Texas, wollte einen Kampf zwischen Pimentel und dem amtierenden brasilianischen Weltmeister Eder Jofre Mitte 1964 veranstalten. Er war aber nur ein Strohmann für den einflussreichen und mächtigen Promoter George Parnassus. Pimentel bereitete sich in seinem Trainingslager vor. Der Vorverkauf für den Kampf in San Antonio zwischen einem südamerikanischen Weltmeister und einem mexikanischen Herausforderer, die beide niemals zuvor in Texas aufgetreten waren, lief sehr schlecht. Kurz vor dem Kampf hatte Jofre noch fast 5 kg Übergewicht. Es sah alles danach aus, als ob Jofre nicht mehr rechtzeitig das Limit würde bringen können. Parnassus, „der Don King der 60er“, teilte Pimentel deshalb mit, dass er aufgrund des schlechten Vorverkaufs seine und Jofres Börse halbieren müsste, damit der Kampf überhaupt stattfinden könnte. Pimentel reiste daraufhin einen Tag vor der offiziellen Absage des Kampftermins ab. Diese Abreise gab Parnassus die Möglichkeit, Pimentel für den geplatzten Kampf verantwortlich zu machen. Er behauptete, Pimentel habe seinen Gegner beim Training gesehen und Angst bekommen. Er ließ seine Beziehungen zum Präsidenten der WBC spielen, der Pimentel für ein Jahr sperrte.
Pimentel sagt dazu: „Tatsache ist: Jesus Pimentel hätte der neue Champion werden können. George Parnasssus ist dafür verantwortlich, dass ich nicht Weltmeister wurde. Er und der Präsident der WBC hielten mich bis zu meinem letzten Kampf von einem Titelkampf fern. Parnassus kontrollierte alle Manager und alle Boxer aus Mexiko, aber nicht meinen Manager Harry Kabakoff.“
Wenn Pimentel Parnasssus als „den Don King der 60er“ Jahre beschreibt, ist dies eine Untertreibung. Denn was den Einfluss angeht, so ist Don King im Vergleich zu George Parnasssus ein Kleinringveranstalter. Parnasssus war der Initiator für die Gründung des WBC (World Boxing Council). Er brachte die Seuche der Gründungen immer neuer Boxverbände in die Welt, unter der der Sport noch heute leidet. Der WBC gilt heute als ein seriöser Verband. Jedoch waren die Anfänge alles andere als das. Thomas Hauser, einer der renommiertesten Boxkenner der Welt, brachte es auf den Punkt, als er schrieb, dass der WBC in jener Zeit „nicht mehr als ein korrupter Scherz“ war.
Die Sperre jedenfalls verhinderte, dass Pimentel in der Folgezeit bei großen Veranstaltungen boxen konnte. Das wiederum kostete ihn seinen Platz als Nummer eins der Weltrangliste. Pimentel blieb jedoch fleißig und umging die Sperre, indem er in Mexiko weiterboxte. Er boxte jeden, der ihm vorgesetzt wurde, und viele seiner Gegner waren Boxer der Weltspitze. Dennoch kam er seinem Titelkampf nicht näher. Man ließ ihn mehr als sieben Jahre warten! In diesen sieben Jahren war er ununterbrochen unter den ersten zehn im Bantamgewicht.
Am 30. August 1964 in Culican endete Pimentels KO-Serie. Sein Gegner Mauro Miranda schaffte es, den Schlussgong stehend zu erreichen. Pimentel gewann nach Punkten. Weitere Spitzenboxer, die er in der Folgezeit besiegte, waren Rudolfo Cruz („Der Rudolfo-Cruz-Kampf war ein sehr harter Kampf. Ich habe noch nicht einmal Geld dafür bekommen, wegen meiner Sperre“), Fernando Soto und Alex Benitez.
In der Zwischenzeit war der Japaner Masahiko „Fighting“ Harada Weltmeister geworden. Doch auch er trat nicht gegen Pimentel an und das, obwohl Pimentel einen Vertrag mit Harada hatte, der ihn zu einem Kampf verpflichtete. Schon Anfang 1964 sollten beide gegeneinander antreten. Der Kampf fand jedoch nicht statt, weil Pimentel sich vorher verletzt hatte. Der Veranstalter des geplanten Kampfes Pimentel-Harada war – Parnassus. Parnassus wollte den Weltmeisterschaftskampf mit Jofre vorziehen und den Kampf mit Harada dann nachholen. Aber beide Kämpfe fanden nie statt.
© Uwe Betker