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Gastbeitrag: Von Pflichtaufgaben und leichten Sparringsrunden

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Pflichtaufgaben und leichte Sparringsrunden – auf diese kurzen Nenner lässt sich der Kampfnachmittag am 20.02.2021 im Wuppertaler Red Panther Kampfpalast zusammenfassen. Doch der Reihe nach.

Gleich im ersten Kampf, eine Mittelgewichtsbegegnung, wurde Markc Lambertz seiner Favoritenrolle gerecht. Bereits in der dritten von acht Runden gegen Mirko Sikora beendete er das Gefecht standesgemäß – aber auch zu früh. Mit einer krachenden Rechten an die Schläfe schickte er seinen 23-jährigen Kontrahenten ins vorzeitige Wochenende. Dabei war von der ersten Runde an deutlich zu sehen, dass der Kölner Mirko Sikora chancenlos nach Wuppertal gereist war. Bereits von der ersten Sekunde an dominierte Lambertz seinen Gegenüber nach belieben. Er war beweglicher, rouchierte und veränderte stetig seine Position im Ring. Sikora, hüftsteif und mit einem hochgereckten Kinn, das für Lambertz wie ein Fadenkreuz wirken durfte, kam zu keiner zwingenden Aktion und unterforderte Marc Lambertz auf ganzer Linie. So entwickelte sich eher eine Trainingseinheit statt eines ernstzunehmenden Boxkampfes, in der Lampertz jede Anweisung seines Trainers Rüdiger May umsetzte. Bis vielleicht eine nicht: sich nämlich Zeit zu lassen.

So kam es, wie es kommen musste. Nach der Ringpause zur dritten Runde erhöhte Lambertz den Druck auf seinen Gegner. Nach rund zwei Minuten erodierte Sikora. Er konnte schlicht dem Druck nicht standhalten. Schlag um Schlag prasselten in einer Kombination von Geraden und Haken Stöße auf ihn ein, wobei einer den Körper sehr schmerzhaft traf. Der gebürtige Wipperfürther wurde vom GBA Ringrichter Arno Pockrandt angezählt. Sofort nach Freigabe des Kampfes setzte dann eine Schlaghand an die Stirn Sikoras dem Kampf ein vorzeitiges K.o.-Ende. Sikora wollte sich wohl so früh nicht aus dem Kampf verabschieden, doch die Gesundheit des Sportlers hat Vorrang.

Wie auch im zweiten Kampf des Tages, den auf sechs Runden angesetzten Vergleich zwischen Martin Houben und Ismail Altintas im Halbschwergewicht. Auch hier ungleiche Kräfteverhältnisse, auch hier zwei faire Sportler, die boxen wollten, und auch hier entschied die Gesundheit des Sportlers über das Adrenalin des Kämpfers. In der Ringpause zur fünften Runde wurde der Kampf in Abstimmung von Arzt, Ringrichter und Betreuer beendet. Zu schwer waren die Treffer und der Verdacht auf eine gebrochene Nase ließen keine Alternative zu und bescherten Houben mit seinem neunten Sieg im zehnten Kampf. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Altintas seinem Kontrahenten einen mutigen, wenn auch chancenlosen Kampf geliefert, in dem er schwere Kopftreffer hinnehmen musste, die letztlich zum Abbruch des Kampfes führten.

Verwunderlich war dies nicht. Der 27-jährige Houben boxte überlegt und überlegen. Für ihn schien dieser Kampf eher in die Sparte Sparring unter Wettkampfbedingungen zu laufen, denn er packte einige Technik-Einheiten in dem Kampf. Ausgehend von seiner größeren Reichweite konzentrierte er sich in der ersten Runde auf die Beinarbeit. Er bewegte sich viel und hielt seinen rund zehn Zentimeter kleineren Gegenüber auf Distanz. Seine Angriffe bereitete Houben vorwiegend mit einer Führhand-Geraden vor, die er mit einem Haken zum gegnerischen Körper abschloß. Zu häufig landete diese jedoch auf der Deckung und entfaltete deshalb weniger Wirkung, als seine harten Geraden an den Kopf des 32-jährigen Kölners Altintas.

Dieses Gesamtbild setzte sich auch in den weiteren Runden fort. Houben boxte ungefährdet und Altintas stemmte sich zeitweise mit seinem hinteren Fuss in dem Ringboden wie ein Sprinter in einem Startblock, um die harten Stöße Houbens zu entschärfen.

Nur einmal – in Runde zwei – wurde dieses überlegene Gesamtbild durch eine sehenswerte Aktion Altintas, der mit einer von außen kommenden Schlaghand als Haken, super eingedreht, Houben am Kopf trifft. Allerdings wurde die Aktion wegen angeblicher Innenhand vom Ringrichter zurückgepfiffen. Schade.

Die beiden weiteren Kämpfe des Nachmittags waren kaum der Rede wert. Besonders der dritte Vergleich zwischen Orhan Guelsen (mit 16 Jahren jüngster Profi), der haushoch überlegen war, und Idress Schenwary war keine Werbung für den Profiboxsport. Dieses Aufeinandertreffen sollte eher als Grundlage für eine Diskussion um die Kampffähigkeit und die sportliche Kompetenz einiger Sportler dienen, bevor sie ins Quadrat treten dürfen. Wobei gilt: Jeder, der in den Ring steigt, verdient Respekt. Doch nicht jeder hat dort auch etwas zu suchen.

Mit größeren Erwartungen startete der Wuppertaler Lokalmatador Marco Martini ein Comeback. Nach dreijähriger Abstinenz endete dieses jedoch bereits in der zweiten Runde. Mit einem Leberhaken schickte er seinen Gerner Dogan Kurnaz auf die Bretter.

Noch ein Zusatz: Es fühlt sich falsch an, wenn mehr Rettungssanitäter im Raum sind als Sportler und Betreuer. © Manfred Fammler

„Blaue Flecke für soziale Zwecke 2“

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Zwei Jahre Zeit ließen sich Uwe Hück und Luan Krasniqi für ihre Neuauflage von „Blaue Flecke für soziale Zwecke“ in Ludwigsburg. Was dann aber der Konzern-Betriebsratsvorsitzende und stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche AG und der ehemalige Europameister im Schwergewicht auf die Beine stellten, war schon bemerkenswert. Es begann mit einer lauten und beeindruckenden Pyro- und Lichtshow, bei der die Boxer und Boxerinnen vorgestellt wurden. Dann sang Nathalie Dorra, die mit ihrer Band auftrat, was bei den Zuschauern sehr gut ankam. Sie sang später noch häufiger. Dann machten Hück und Krasniqi noch Werbung für ihre Stiftungen für benachteiligte Kinder.
Der erste Kampf des Abends fand im Muay Thai statt. Die beiden Kontrahenten kamen, wie alle Boxer, über die Bühne zum Ring. Da gab es für sie ein Spalier von Cheerleadern mit goldenen Puscheln. Es trafen Alex Schmitt und Leo Bönning für einen WM Kampf im Mittelgewicht, nach Version ISKA, aufeinander. Schmitt gewann klar nach Punkten. Der Kampf war wohl gut – aber ich kann nun mal Sportarten, bei denen man tritt, und sei es nur gegen einen Ball, nicht wirklich etwas abgewinnen.
Dann kam aber auch richtiges Boxen. Als erstes gab es zwei Frauenboxkämpfe. Alesia Graf (32 Kämpfe, 27 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen) und Marianna Gulyas (34 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 12 durch KO) stiegen als erste für einen Sechsrunder im Bantamgewicht in den Ring. Graf hatte seit 16 Monaten nicht mehr geboxt. Dennoch gestaltete sich der Kampf einseitig. Schon nach der ersten Aktion war klar, dass er nicht über die angesetzte Distanz gehen würde. Eine Links-Rechts-Kombination traf gleich den Kopf von Gulyas und ließ ihn nach hinten schnellen. Nahezu jeder Schlag von Graf fand sein Ziel. In der zweiten Runde erhöhte Graf dann noch mal den Druck. Eine Kombination zum Körper – und Gulyas ging zu Boden, wo sie dann ausgezählt wurde. Siegerin durch KO in Runde 2 nach 1:04: Alesia Graf.
Es folgte ein WM Kampf im Minimumgewicht. Özlem Sahin (20 Kämpfe, 19 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) traf auf auf Gretchen Abaniel (24 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO). Die ungeschlagene Sahin boxte zum ersten Mal um eine WM in ihrer Heimatstadt Ludwigsburg. Sahin startete gewohnt langsam. Sie besetzte die Ringmitte und arbeitet mit der Führhand. Manchmal schlug sie einen rechten Haken, wirkte insgesamt aber verkrampft. Abaniel arbeitete mehr. Sie schlug viel, auch viele Innenhände, und kam denn auch gelegentlich durch. Am Ende der ersten Runde platzierte sie einen schönen rechten Kopfhaken. Auch die zweite Runde ging an Abaniel. Dann kam Sahin zwar besser, aber sie fand nie richtig in den Kampf. In der siebten Runde kam Abaniel mit einer Rechten zum Kopf durch, die Sahin in die Seile schlug. Sahin überstand die kritische Situation aber gut. In der neunten Runde wurde sie dann angezählt, als sie plötzlich auf dem Boden saß. Ob dies allerdings wirklich als Niederschlag zu werten war, ist m. E. Geschmackssache. Für mich war es eine ausgeglichene Ringschlacht und mit Abstand der beste Boxkampf des Abends. Am Ende werteten die Punktrichter 96:94, 94:96 und 99:91. Punktsiegerin durch eine Mehrheitsentscheidung: Gretchen Abaniel.

Eine kurze Anmerkung zu der Entscheidung der Punktrichter: Die Wertungen der beiden Punktrichter, die 96:94 gewertet hatten, gaben den Kampfverlauf schon ziemlich genau wieder: Meine Wertung war 95:95. Der BDB-Punktrichter Jürgen Langos wertete den Kampf jedoch anders als alle anderen. Das lässt mich dann unwillkürlich fragen, welchen Kampf er denn wohl gewertet hat oder wieso er in seiner Wertung so von den anderen abwich. Nach meiner Einschätzung hat diese Wertung von Jürgen Langos vom Bund Deutscher Berufsboxer durchaus Chancen auf den Titel der schlechtesten Punktrichterentscheidung des Jahres.

Anshließend traten im Cruisergewicht Firat Arslan (46 Kämpfe, 36 Siege, 22 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) und Paata Aduashvili (29 Kämpfe, 17 Siege, 10 durch KO, 10 Niederlagen, 5 durch KO, 2 Unentschieden) gegeneinander an. Dabei ging es um die Eurasia Pacific Meisterschaft der WBC, was immer das nun auch wieder sein mag. Da Aduashvili kurzfristig einsprang, war der Kampf kurz und einseitig. Arslan war seinem Gegner in allen Bereichen überlegen. Wie immer verschanzte er sich hinter seiner Doppeldeckung, um auf seine Chance zu warten. Sein Gegner versuchte dagegen mit hektisch vorgetragenen Angriffen, die aus Schwingern bestanden, zum Erfolg zu kommen, ein von Anfang an zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Am Ende der Runde konterte Arslan dann noch mal mit einem schönen Kopfhaken, der Aduashvili beeindruckte. In der folgenden Runde kam dann auch das überfällige Ende. Drei Rechte schickten Aduashvili zum ersten Mal zu Boden. Es folgten dann noch zwei weitere Niederschläge, jeweils durch Kopfhaken. Nach dem dritten Niederschlag zählte der Ringrichter ihn aus. Sieger durch KO in Runde 2 nach 2:33: Firat Arslan.
Mit diesem Sieg hat sich der 45-jährige Arslan die Chance bewahrt, noch einmal um eine Weltmeisterschaft boxen zu können. Sein Wunschgegner dürfte wohl Grigory Drozd (41 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) sein, der amtierende Weltmeister der WBC, dem er am 28.10.2006 sein einzige Niederlage zugefügte.
Dann gab es die zwei Charity Kämpfe, die jeweils auf acht mal zwei Minuten angesetzt waren. Die Schwergewichtsbegegnung zwischen Uwe Hück und Francois Botha war durchaus unterhaltsam. Sie ging über 8 Runden zu 2 Minuten. Botha schlug präzise linke und rechte Graden und schöne punktgenaue Haken, sowohl zum Körper als auch zum Kopf, ganz so wie es sich für eine Partnerarbeit im Training gehört. Botha gab Hück genug Raum, damit er mit großartigen Schwingern die Oberarme bearbeiten konnte. Der Kampf wogte hin und her. Botha, ganz der böse Junge, foulte, indem er Hück auf den Hinterkopf schlug – oder war es doch eher so was wie ein Streicheln. Hück war jedenfalls sichtlich benommen und musste seinen Kopf schütteln. Es gab keinen Punktabzug. Dafür rächte sich der Porsche Mann, indem er Botha mit einer langen Schlagkombination die Oberarme massierte. Alle Beteiligten, auch die Zuschauer, hatten ihren Spaß. Am Ende stand ein Unentschieden. Die Punktrichter werteten 75:73, 73:75 und 76:76. Weil beide Kontrahenten mit diesem, für sie so ungerechten Urteil nicht leben konnten, wurde direkt ein Rückkampf in Südafrika verabredet. Botha sammelt nämlich auch Geld für benachteiligte Kinder in seinem Land.
Sichtlich Spaß hatte auch Luan Krasniqi, der gegen Danny Williams (73 Kämpfe, 48 Siege, 36 durch KO, 25 Niederlagen, 12 durch KO) boxte. Sah die Begegnung zwischen Hück und Botha mehr nach einer Partnerübung im Training oder einer Choreographie aus, so lagen die Dinge mit Krasniqi und Williams anders. Ich fühlte mich schon erinnert an einen richtigen Kampf. Es entstand tatsächlich der Eindruck, dass hier richtig geboxt wurde. Es war aber vor allem offensichtlich, dass Krasniqi Williams, der seinen angekündigt letzten Kampf bestritt, in allen Belangen überlegen war. Krasniqi machte richtig Druck. Immer wieder kam er mit harten Treffern durch. In der vierten Runde kam dann das befürchtete Ende. Eine Rechte zum Kopf ließ Williams einknicken und langsam zu Boden gehen. Während Williams langsam in sich zusammen sackte, gab Krasniqi ihm unnötigerweise noch zwei Rechte zum Kopf mit. Williams wurde ausgezählt. Es dauerte lange bis er, nur mit Hilfe seiner Betreuer, wieder auf die Beine kam. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das noch Charity Boxen nennen möchte. Ganz sicher bin ich mir jedoch, dass ich Danny Williams nie wieder boxen sehen möchte. Sieger durch KO in Runde 4 nach 1:10 Minuten: Luan Krasniqi.
Zwischen den Kämpfen traten noch der Kabarettist Christoph Sonntag, die Tanzgruppe Jonny M., die auch die Nummerngirls stellte, Nu Addition und Peter Freudenthaler von Fools Garden auf. Eine Verlosung gab es auch, mit einer Harley Davidson als Hauptgewinn. Leider hat aber nicht der gutaussehende Journalist gewonnen.
Auf der Veranstaltung „Blaue Flecke für soziale Zwecke 2“ gab es einen Muay Thai, zwei Frauenboxkämpfe, einen Männerboxkampf, einen Charity Boxkampf und einen etwas anderen Charity Boxkampf zu sehen. Insgesamt ein Kessel Buntes, der beim Publikum ankam. Man darf gespannt sein, ob Uwe Hück und Luan Krasniqi wieder zwei Jahre brauchen werden für eine Wiederauflage.
(C) Uwe Betker

Written by betker

12. November 2015 at 23:59