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Über die Behandlung eines hochmalignen Karzinoms mit einem Placebo
Doping im Sport stellt so etwas wie ein sich rasend schnell ausbreitendes Krebsgeschwür dar. Behandelt wird dieses Krebsgeschwür aber mit unbrauchbaren Medikamenten. Es geht hier nicht einfach darum, ein paar Sekunden oder Millesekunden schneller, ein paar Zentimeter weiter oder höher zu kommen und auch nicht um die illegale Beschaffung eines Vorteils gegenüber der Konkurrenz. Es geht hier um Betrug, denn es handelt sich um nicht weniger als um Betrug an den Zuschauern, den Medien und den Sponsoren.
Vermutlich ist Doping im Boxen die übelste Form des Dopings. Hier ist der Doper nicht nur ein Betrüger. Ein Boxer, der dopt, verübt, zumindest nach meinem Rechtsempfinden, vorsätzlich Körperverletzung. Er nimmt nämlich billigend in Kauf, seinem Gegenüber einen körperlichen Schaden zuzufügen. Ein dopender Boxer will seinen Gegner KO schlagen. Er will ihn körperlich schädigen. Er nimmt in Kauf, dass sein Opfer in späteren Jahren Folgeschäden seiner Schläge entwickelt. Einem solchen Boxer ist vermutlich sogar egal, wenn sein Gegner an den Folgeschäden sterben sollte.
http://www.ardmediathek.de/tv/Sport-inside/Doping-im-Boxen-Ring-frei/WDR-Fernsehen/Video?bcastId=1493328&documentId=51022504
Und doch ist kaum jemand bereit, etwas gegen diese Missstände zu tun. Sieht man sich das dann an, was tatsächlich getan wird, so fühlt man sich erinnert an den Einsatz eines Medikaments ohne Wirkung bei einer Krebstherapie: Doping wird nicht öffentlich gemacht, es werden Sperren verhängt, die nicht länger dauern als eine normale Pause zwischen den Kämpfen, die errungenen Siege werden nicht aberkannt. Auch die Dokumentation „Doping im Boxen – Ring frei“, die unlängst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen lief, zieht ein ernüchterndes Fazit: „Die Glaubwürdigkeit der Dopingbekämpfung und der Protagonisten im Profiboxen, sie ist weiter hoch problematisch. In einer Sportart, in der vorsätzliche Körperverletzung die Regel ist, wurde offensichtlich viel zu lange nicht richtig hingeschaut.“
Auch wenn die angesprochene Dokumentation nicht sehr viele neue Informationen enthält, so ist sie doch definitiv sehenswert und präsentiert Details, über die man sich Gedanken machen sollte. Was mir persönlich bemerkenswert erschien, ist, dass sich Robert Rolle (18 Kämpfe, 17 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) als einziger traut, vor der Kamera zu erklären, dass Doping im Profiboxen eine große Rolle spielt.
Zu beachten sind auch zwei Äußerungen von Thomas Pütz, dem Präsidenten des Bundes Deutscher Berufsboxer. Die eine besagt, wenn ich es richtig verstanden habe, dass der BDB das kleinste Glied in der Kette des Profiboxens sei und die BDB-Mitglieder praktisch die Dopingkontrollen finanzierten. In der anderen Äußerung sagt er, wenn ich es denn richtig mitbekommen habe, dass es nicht die Aufgabe des BDB sein könne, überführte Doper der BILD-Zeitung zu melden. – Wie gesagt, wenn ich alles richtig verstanden habe.
Beiden Äußerungen von Pütz kann man nur zustimmen. Gleichwohl gibt es für diese Probleme, glaube ich, Lösungen. Man könnte beispielsweise hingehen und bei einer Jahreshauptversammlung einfach ein paar Änderungen im BDB Regelwerk beschließen.
Man müsste auch nicht überführte Doper ausgerechnet bei der BILD-Zeitung denunzieren, sondern könnte ja alle Doper der Europäischen Box Union und gegebenenfalls den involvierten Weltverbänden melden. Gleichzeitig könnte man auf der Internetseite des BDB wochenaktuell die Liste der gesperrten Boxer veröffentlichen und den einzelnen Sperren noch den Grund, wieso der Boxer/die Boxerin gesperrt ist, hinzufügen. Das wäre ein Höchstmass an Transparenz, ohne denunziatorisch zu sein.
Auch die Finanzierung von mehr Dopingkontrollen, könnte man über das Regelwerk erledigen, indem man z.B. festschreibt, dass pro Börse von 50.000 Euro zwei Dopingkontrollen zu bezahlen sind. Auf diese Weise würden dann gut verdienende Boxer auch Dopingkontrollen von anderen Kämpfen mit finanzieren.
Und wenn man schon mal dabei ist, so könnten auch gleich die Sperren für Doping verlängert werden. Ich wäre hier für eine einjährige oder auch eineinhalbjährige Sperre beim ersten Vergehen und zwei oder drei Jahre für den Wiederholungsfall. Auch finde ich, dass das Ergebnis eines Boxkampfes, bei dem ein überführter Doper gesiegt hat, automatisch in ein No Contest verwandelt werden könnte.
Man könnte außerdem Vertragsstrafen ins Regelwerk hineinschreiben. Ein überführter Doper könnte verpflichtet werden, die Hälfte seiner Gage als Strafe in einen Spezialfond des BDBs einzuzahlen. Aus diesem Fond könnten dann wiederum Dopingtests finanziert werden.
Mit mehr Dopingtests, mit härteren Strafen und mit mehr Transparent wäre meiner Meinung nach ein Chance gegeben, gegen das wuchernde Krebsgeschwür Doping ernsthaft etwas zu tun, das mehr wäre als nur die Verabreichung eines Placebos.
© Uwe Betker
Was man so von und über Felix Sturm hört oder auch nicht hört
In letzter Zeit ist es um Felix Sturm irgendwie seltsam ruhig geworden. Wir erinnern uns: Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) wurde nach seinem letzten Kampf gegen Fjodor Tschudinow (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) am 20. Februar in Oberhausen positiv auf die anabole Substanz Hydroxy-Stanozolol getestet. Er war also wohl in diesem WM-Rückkampf gedopt. Über das, was die Punktrichter Jean-Louis Legland und Giuseppe Quartarone in diesen Kampf sahen und werteten, wollen wir hier den bleiernen Mantel des Fremdschämens legen.
Nach Öffentlichwerden des Ergebnisses der Analyse von Sturms Urinprobe A sprach Sturm mit Express. Dort erzählte er damals: „Ich bin geschockt“. Weiter meinte er: „Ich werde kämpfen wie ein Löwe. Ich werde Anwälte einschalten und die B-Probe öffnen lassen.“
Danach hörte man von Sturm nichts mehr. Sicher ist, dass er die B-Probe bis heute nicht hat öffnen lassen. Es gibt vermutlich eine Bezeichnung für jemanden, der der Öffentlichkeit etwas verspricht oder sagt, dass er etwas machen wird, und es dann nicht einhält. Aber mir fällt diese Bezeichnung einfach nicht ein. Dabei glaube ich ja immer noch daran, dass der Leverkusener Adnan Ćatić morgen oder übermorgen der Öffentlichkeit seine Unschuld beweisen und den Verdacht, ein Doper und Betrüger zu sein, aus der Welt schaffen wird.
Vor ein paar Tagen sprach Sturms Manager Roland Bebak nun auch mit Express. Er sagte:„Felix gibt seinen WM-Gürtel der WBA zurück“, und weiter, „denn er kann in diesem Jahr nicht mehr kämpfen, er wird sich in Deutschland einer Ellbogen-OP unterziehen müssen.“ – Dies sind nun wirklich Neuigkeiten. Natürlich muss man erst mal abwarten, ob Sturm dieser Ankündigung auch Taten folgen lässt. Der geneigte Boxfan hat schließlich mit Ankündigungen von Sturm so seine Erfahrungen gemacht. Siehe oben.
Leider hat Manager Bebak nichts dazu gesagt, wann und ob Sturm nun die Dopingvorwürfe entkräften wird. Leider schweigen aber nicht nur Sturm und Bebak hierzu. Auch der betroffene Weltverband WBA (World Boxing Association) ist zu keiner Stellungnahme bereit. Mehrfach schickte ich dem Verband drei simple Fragen:
Ist Felix Sturm noch der Super Champion der WBA?
Ist Felix Sturm noch der Sieger seines Kampfes gegen Fjodor Tschudinow?
Will die WBA Sturm für sein Doping bestrafen?
Diese Fragen hat die WBA bis heute nicht beantwortet. Wenn Ćatić und Bebak sich nicht äußern wollen, so kann man das, vor allem nach den vollmundigen Ankündigungen, zwar missbilligen, aber man kann es auch verstehen. Wohl gemerkt, während ich dies hier schreibe, bin ich wie 99,5 Prozent aller Boxinteressieren davon überzeugt, dass Sturm unschuldig ist, nicht gedopt hat und damit auch nicht betrogen hat.
Ein wenig Dynamik kommt durch die Staatsanwaltschaft Köln, die ja wegen des Dopingverdachts, den ja aber keiner glaubt, gegen Sturm ermittelt, oder wie die Staatsanwaltschaft selbst es nennt: „Ermittlungsverfahren gegen Adnan Catic wegen einer Straftat nach dem Gesetz gegen Doping im Sport“. In der Sache teilt sie mit, dass die B-Probe am 12.10.2016 um 10 Uhr in Köln geöffnet wird.
Vermutlich wird dies nun der von allen Sturm-Fans so ersehnte Befreiungsschlag. Ich kann mir natürlich sehr gut vorstellen, dass Sturm die Staatsanwaltschaft gebeten hat, die B-Probe öffnen zu lassen, weil er so seine Unschuld beweisen kann. Man kann sich ja schließlich nicht gut vorstellen, dass Sturm die ganze Sache womöglich aussitzen wollte. Auch kann man sich nicht vorstellen, dass er gehofft haben könnte, sein Sender Sat.1 würde seine Kämpfe trotz der Dopingvorwürfe weiter übertragen.
Fies wird die ganze Geschichte, wenn man sich die WBA ansieht, die offensichtlich das Problem auch aussitzen will. Nichts deutet darauf hin, dass der Verband etwas gegen Doping tun will. Doper werden weiterhin nicht bestraft. Die Kämpfe von Dopern werden nicht annulliert oder neu gewertet. Ein Verband, der sich so verhält, ist dann auch wohl nicht Opfer von „Dopingsündern“, sondern selber Täter. Er handelt dann nämlich als Teil des Dopingsystems. Dies trifft genauso auch für die nationalen Verbände zu.
Um es noch einmal deutlich zu sagen, auch wenn es die Offiziellen der nationalen und internationalen Verbände nicht akzeptieren wollen: Doping ist Betrug. Doping ist eine Straftat. Es ist die Pflicht eines jeden Boxverbandes, sich zu überlegen, wie mit diesen kriminellen Machenschaften umzugehen ist.
© Uwe Betker
Eva Rolle und die NADA
Die Geschichte ist schon ziemlich alt. Geklärt aber ist bis heute eigentlich noch immer so gut wie nichts. Der Fall wurde hinlänglich in der Presse behandelt. Jürgen Doberstein boxte am 27.02.2015 gegen Cagri Ermis um die IBF Mediterranean und East/West Europe Titel im Super Mittelgewicht. Veranstalterin war Eva Rolle aus Berlin, die gebeten worden war, diesem Kampf in ihrer Show eine Plattform zu geben. Ermis gewann den Kampf nach Punkten. Die Punktrichterwertung (113:115, 113:115 und 112:115) war wohl korrekt.
Nach der Niederlage stellten nun Doberstein und sein Team Nachforschungen an. Heraus kam dabei, dass die Dopingkontrolle nach dem Kampf nicht durch die NADA durchgeführt worden war. Diese Tatsache allein wäre noch nicht weiter erwähnenswert, denn kein Veranstalter der GBA ist gezwungen, mit der NADA zusammenzuarbeiten. Doberstein aber hat ein Dokument/Zettel vorgelegt, das er offenbar als Beleg für sein Ergebnis in der Dopingkontrolle erhalten hat, und dieses Dokument bzw. Zettel sieht tatsächlich so aus, als ob es von der NADA käme – tut es aber nicht. Es steht nämlich auf dem Dokument NADA drauf. Das Problem ist nur, dass es nicht von der NADA stammt. Die NADA bestätigte auch, dass sie keine Dopingkontrolle bei besagter Veranstaltung von Frau Rolle durchgeführt hat.
Prompt stand der Verdacht des Betruges, der Urkundenfälschung und anderer Straftaten im Raum. Die Bild-Zeitung titelte schmissig. „Pippi und 1000 Euro weg!“ Eva Rolle verkündete, wenn ich mich rechts entsinne, sie wolle eine Pressekonferenz abhalten, um alle Sachverhalte zu klären. Diese Pressekonferenz fand aber leider nie statt. Stattdessen veröffentlichte sie am 30.03.2015 ein Video von 8:30 Minuten Länge. Das Video ist auch irgendwie ganz unterhaltsam: da bellt immer wieder ein Hund, den man aber nicht sieht. Zum Sachverhalt selbst äußerte sich Frau Rolle dann nur sehr kurz, wenn ich denn richtig mitgeschrieben habe, mit folgenden Worten:
„Wenn man die NADA beauftragt, ist natürlich nur einzig allein die Dopingkontrolle 1.000 Euro, die man dann zu bezahlen hat. Die NADA wir allerdings bei uns erst dann eingesetzt, wenn es Titelkämpfe ab Internationale-, Interconti- bis hoch zu den Weltmeisterschaften geht. […] Die NADA ist auch gar nicht ein vorgeschriebenes Organ der Weltverbände. Was ganz wichtig ist. Also bei den Europatitelkämpfen beauftragen wir ganz normal Labore. D.h. ein Medizinstudent war vor Ort, der in den vorgeschriebenen Urinbehältern die Dopingprobe durchführte, es an die Apotheke weiter gab, die die es dann ins Labor 28, in Berlin, zur Dopingüberprüfung untersucht hat. Beide Ergebnisse sind negativ. Dass ein Zettel, kein Protokoll, aus dem Internet, als Vorlage von der NADA verwendet wurde, hatte ein Stück damit zu tun, um die Richtlinien einzuhalten. Es wurde sich weder sich als NADA vorgestellt, noch wurde als NADA unterschrieben. Das habe ich schon mit der NADA geklärt.“
Soweit die Ausführungen von Frau Eva Rolle. Leider ist Frau Rolle nicht ganz genau. Sie behauptet da, alles schon mit der NADA geklärt zu haben. Mir liegt jedoch ein Schreiben der NADA vor, in dem sich das ganz anders anhört:
„Bestätigen können wir, dass es sich nicht um eine Kontrolle der NADA handelte, das NADA-Logo aber missbräuchlich auf den Kontrollunterlagen verwendet wurde. Das ist aus Sicht der NADA natürlich nicht in Ordnung. Wir haben entsprechende rechtliche Schritte eingeleitet. Zum einen haben wir mit unserer Anzeige die strafrechtlichen Ermittlungen ermöglicht. Daneben haben wir auch die Möglichkeit, auf zivilrechtlicher Ebene vorzugehen (Unterlassungsklage und Schadensersatzanspruch). Dafür warten wir aber die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen ab. Wie groß der Schaden ist, lässt sich im Moment aber nicht von uns bemessen.“ – Fassen wir kurz zusammen: Frau Rolle sagt, sie habe den Vorfall geklärt. Die NADA schreibt, es sei Strafanzeige erstattet worden, um sich zivilrechtliche Schritte vorzubehalten.
Besonders bemerkenswert ist Rolles Argumentation hinsichtlich des vermeintlichen NADA Protokolls bzw. des ominösen Zettels. Zur Wiederholung: „Dass ein Zettel, kein Protokoll, aus dem Internet, als Vorlage von der NADA verwendet wurde, hatte ein Stück damit zu tun, um die Richtlinien einzuhalten. Es wurde sich weder sich als NADA vorgestellt, noch wurde als NADA unterschrieben.“ Hier kann man nur fassungslos sein. Wenn ein Labor mit einer Dopingprobe beauftragt wird, gibt es auch ein schriftliches Ergebnis. Wieso wird das dann aber nicht vorgelegt? Was soll denn diese Mühe, irgendetwas aus dem Internet herunter zu laden?
Nach meiner Meinung ist da noch gar nichts geklärt. Ich habe allerdings auch nur wenig Hoffnung, dass wir noch mehr Informationen bekommen werden.
(C) Uwe Betker
Über die Adidas/ Double D Boxhandschuhe bei Sauerland Event
Vor dem Rückkampf zwischen Marco Huck (40 Kämpfe, 37 Siege, 26 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Firat Arslan (42 Kämpfe, 33 Siege, 21 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) um den Weltmeistertitel der WBO im Cruisergewicht gab es einen Skandal. Huck sollte, laut Medienberichten, ursprünglich mit zwei verschiedenen Handschuhen in den Ring steigen. Ein Handschuh hatte eine normale Schaumstofffüllung. Der andere, jener für die Schlaghand, war mit Rosshaar gefüllt, was definitiv die Schlagwirkung weniger absorbiert. Das heißt aber nun nichts anderes, als dass der Schlag sehr viel härter wird.
Wären diese Handschuhe nun benutzt worden, hätte sich daraus eine klare Benachteiligung von Arslan ergeben, was zumindest eine Wettbewerbsverzerrung gewesen wäre. Es lag dann auch der Verdacht von Straftaten wie Betrug und vorsätzlicher Körperverletzung in der Luft. Der Veranstalter Sauerland Event hat bis heute den Sachverhalt nicht aufgeklärt, bzw. sich hierzu nicht öffentlich geäußert. Auch Adidas tat dies nicht.
Adidas kann man dabei in gewisser Weise noch verstehen. Die Boxhandschuhe von Adidas werden nicht von Adidas im fränkischen Herzogenaurach hergestellt. Die Boxhandschuhe werden von der französische Firma Double D in Lizenz herstellt und vertrieben.
Ich wandte mich dennoch an Adidas mit folgender Email, die ich dreimal, im Abstand von je einer Woche verschickte:
Sehr geehrte Damen und Herren!
Laut Medienberichten gab es im Vorfeld des WM Kampfes zwischen Marco Huck und Firat Arslan gravierende Probleme mit den Adidas Boxhandschuhen. Bei dem Paar Handschuhe, mit dem Marco Huck boxen sollte, bestand wohl die Dämmung des einen aus Schaumstoff und die des anderen aus Rosshaar. Wie sie selber wissen, dämmt Rosshaar sehr viel weniger die Schlagwirkung und wird daher eigentlich von nahezu keinem Hersteller von Boxhandschuhen mehr verwendet.
Nun stellen sich mehrere Fragen: Produziert Adidas noch Handschuhe mir Rosshaarfüllung? Wie ist es möglich, dass Handschuhe aus zwei verschiedenen Produktionslinien zusammen in eine gemeinsame Verpackung kommen? Wie viele ungleiche Paare von Handschuhen sind produziert und verkauft worden? Ist eine Rückrufaktion geplant oder soll eine Verbraucherwarnung veröffentlicht werden, die darauf hinweist, dass diese Handschuhe ein größeres Verletzungsrisiko darstellen und sportliche Wertkämpfe massiv beeinflussen? Oder ist Adidas das Opfer von Manipulationen Dritter? Es wäre sehr freundlich, wenn Sie mir die Fragen beantworten könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Betker
Freier Sportjournalist
Als Antwort bekam ich folgende Standardantwort:
Liebe/r Uwe Betker,
Danke, dass du adidas kontaktiert hast. Dein Feedback ist wichtig für uns. (…)
Wir werden dir so schnell wie möglich eine hilfreiche Antwort senden.
Vielen Dank für deine Anfrage
adidas
Drei Anfragen, dreimal dieselbe Standardantwort und genug Zeit über diese Antwort nachzudenken. Zuerst mal: Wieso glauben die Menschen, die diese Antwort programmiert haben, eigentlich, alle duzen zu können? Will Herbert Hainer, der Vorstandsvorsitzende der adidas AG, etwa auch bei einem Geschäftsessen vom Kellner geduzt werden? Dann kann ich mir vorstellen, dass Herr Hainer deshalb alle duzen lässt.
Wie dem auch sei, bevor ich dieselbe Frage wieder an Adidas schickte, suchte ich erneut im Internet, u. z. nach anderen Kontaktadressen. Ich fand dann die Emailadressen der PR-Abteilung und schickte vier Personen die schon bekannte Mail.
Einer von diesen Vieren antwortete mir auch schnell. An dieser Stelle würde ich gerne den Emailwechsel einfach wiedergeben. Aber leider wurde meine Frage, ob ich die Ausführungen zitieren dürfe, verneint. Vielmehr wurde ich darauf hingewiesen, dass die Ausführungen „allgemeine adidas-Statements“ sind und keine direkten Zitate. Schade!
Der Herr aus der PR-Abteilung also teilte mir mit, natürlich entsprächen alle Füllungen der Adidas Boxhandschuhe dem aktuellen Stand der Technik und dementsprechend bestünde auch keine Veranlassung, eine Verbraucherwarnung auszusprechen. Auch wurden im Kampf Huck gegen Arslan baugleiche Handschuhe verwendet.
Bezüglich des nunmehr berühmt berüchtigten Paares für die Veranstaltung von der Sauerland Event GmbH führte er sinngemäß aus:
Der Veranstalter Sauerland Event verwaltet die Boxhandschuhe selber und gibt sie dann sowohl den eigenen Boxern als auch deren Gegnern. Bei dem Paar unterschiedlicher Boxhandschuhe handele es sich nicht um das Paar von Marco Huck. Vielmehr war dies ein Paar, das von einem „technischen Mitarbeiter“ von Sauerland Arslan „freundlicherweise im Vorfeld des Kampfes“ zur Verfügung gestellt worden ist, „um sich an die Handschuhe zu gewöhnen.“ Bedauerlicherweise habe jener besagte technische Mitarbeiter von Sauerland, welcher mittlerweile sein Missgeschick bedauert, zwei Handschuhe der gleichen Farbe, aber mit unterschiedlicher Füllung, mit Rosshaarfüllung und mit „Sandwich Foam“, kombiniert.
In einer weiteren Mail führte der Herr der PR-Abteilung von Adidas weiter aus, dass Adidas vier verschiedene Modelle von Boxhandschuhen für Profis hat. Natürlich sind diese in Zusammenarbeit mit namhaften Profiboxern entwickelt wurden. Sie unterscheiden sich in Passform, Dämpfung und Gelenkunterstützung. Und sie unterscheiden sich auch durch ihre Füllungen. Zwei der vier Modelle sind „mit einem so genannten Sandwich Foam (drei Schaumstofflagen aufeinander)“ gefüllt, eines mit einem „Injection Foam“ und eines eben auch mit Rosshaar.
Auf meine Frage, welches Modell denn eine Rosshaarfüllung habe, kam keine Antwort. Hier brach der Emailverkehr ab.
Natürlich schreibt die PR-Abteilung nicht, dass Adidas gar keine Handschuhe selber herstellt, sondern sie von einem französischer Hersteller von Judozubehör, Double D, in Lizenz in Pakistan produzieren lässt. Selbstverständlich hatte auch keiner erwartet, dass der pakistanische Lieferant Handschuhe verschiedener Produktionslinien zusammen packt. Auch hätte mich noch interessiert, welche namhaften Profiboxer Double D bei der Entwicklung ihrer Handschuhe unterstützen.
Immerhin ist nun raus, dass das Zusammenbringen der verschieden Boxhandschuhe ein „technischer Mitarbeiter“ von Sauerland Event besorgte. Warum nun dieser zwei Handschuhe zusammenbrachte, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit getrennt waren, ist bis heute nicht geklärt. Selbst Neuntklässler, die zum ersten Mal ein Praktikum machen, machen nicht solch einen Unsinn. Schließlich muss man doch wohl davon ausgehen, dass es sich hier um neue Handschuhe handelte. Würde das denn nicht heißen, ein „technischer Mitarbeiter“ von Sauerland, was immer das auch heißen mag, nahm zwei Paar Boxhandschuhe, holte sie aus ihrer Verpackung heraus, vertauschte sie und schob sie wieder in die Verpackung. Nehmen wir an, es war so, dann wissen wir ja noch nicht, warum jemand so etwas macht. Eventuell war es aber auch ganz anders. Das können wir aber nicht beurteilen, da die Sauerland Event GmbH in Berlin bis heute noch keine diesbezügliche Pressemeldung veröffentlicht hat.
Ganz seltsam kommt mir auch vor, dass jener unbekannte „technische Mitarbeiter“ dieses neu zusammengestellte Paar genommen und es Firat Arslan „freundlicherweise“ vor dem Kampf zukommen gelassen haben soll, damit der sich an die Handschuhe gewöhnen könne. Hier bin ich doch etwas ratlos. Sprechen wir hier eigentlich noch von Profiboxen beim größten Boxstall in Europa. Und da wird dann einem ehemaligen Weltmeister im Cruisergwicht ein Paar Boxhandschuhe zur Verfügung gestellt, damit er sich daran gewöhnt? Was gibt das denn? Und das soll tatsächlich die Erklärung sein, die Sauerland Event seinem Ausrüster Adidas gegeben hat?
Wieso will Adidas mir nicht sagen, welcher Handschuh eine Rosshaarfüllung hat? Ich würde gerne dieses Modell mit den anderen vergleichen. Einfach nur um zu sehen, ob es ein Modell gibt, was genauso aussieht.
© Uwe Betker
Gedanken über die Adidas/ Double D Boxhandschuhe
Wenn ich die Übertragung der ARD von dem Rückkampf zwischen Marco Huck (40 Kämpfe, 37 Siege, 26 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Firat Arslan (42 Kämpfe, 33 Siege, 21 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) um den Weltmeistertitel der WBO im Cruisergewicht Revue passieren lasse, vermisse ich etwas. Ich kann mich nämlich nicht daran erinnern, dass im Vorbericht, während der Übertragung, in einer Pressemitteilung von Sauerland Event oder auch danach darüber berichtet worden wäre, dass Huck, laut Medienberichten, ursprünglich mit zwei verschiedenen Handschuhen in den Ring steigen sollte. Dies ist umso erstaunlicher als doch eigentlich alle Beteiligten ein Interesse an der Klärung des Sachverhaltes haben müssten.
Die Boxhandschuhe von Adidas werden nicht von Adidas im fränkischen Herzogenaurach hergestellt. Die französische Firma Double D lässt die Handschuhe herstellen und vertreibt sie. Die Firma gehört David Douillet, der Olympiasieger der Judokas 1996 und 2000 sowie Weltmeister 1993, 1995 und 1997 wurde. Er hat gute politische Kontakte. So war er zwischen 2011 und 2012 Sportminister.
Die Adidas Boxhandschuhe, Double D, hatten nicht das erste Mal gravierende Qualitätsprobleme. Schon im letzten Jahr fielen vor einem WM Kampf von Sauerland Event Handschuhe auf, die nicht das erforderliche Gewicht hatten. Wer mit Handschuhen in den Ring steigt, die mit Rosshaar gefüllt sind, hat einen klaren Vorteil gegenüber einem, der Handschuhe mit normaler Schaumstofffüllung trägt. Sein Schlag ist nämlich sehr viel härter. Sollte Double D/Adidas viele von diesen Handschuhen verkauft haben und sollten diese dann in Wettkämpfen verwendet worden sein, müssten dann die Ergebnisse dieser Kämpfe nicht annulliert werden? Jeder KO oder TKO, der mit Handschuhen von Double D erreicht wurde, kann angezweifelt werden. Boxt nicht der DBV, Deutsche Boxsport Verband, generell mit den französisch/pakistanischen Handschuhen?
Wenn nun Adidas/ Double D wirklich Handschuhe produziert und verkauft hat, die so ein eklatantes Qualitätsproblem haben, müssten die dann nicht durch eine Rückrufaktion eingezogen werden? Oder sollte Adidas alias Double D vielleicht besser eine Verbraucherwarnung veröffentlichen, die darauf hinweist, dass diese Handschuhe ein größeres Verletzungsrisiko darstellen und sportliche Wertkämpfe massiv beeinflussen könnten?
Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass Adidas Opfer von Manipulationen Dritter wurde. Müssten wir dann aber nicht davon ausgehen, dass eine oder mehrere Personen der Sauerland Event GmbH oder aus deren Umkreis versucht hätten, den Ausgang des Rückkampfes zwischen Marco Huck und Firat Arslan zu beeinflussen? Würde das dann aber nicht bedeuten, wir wären da wohl in kriminellen Gefilden angelangt. Betrug und vorsätzliche Körperverletzung, wenn auch nur versuchte, sind für mich jedenfalls keine Kavaliersdelikte, sondern Straftaten.
Es besteht also noch erheblicher Klärungsbedarf.
© Uwe Betker
Eine Prognose: Marco Huck vs. Firat Arslan – der Rückkampf
Der Rückkampf zwischen Marco Huck (39 Kämpfe, 36 Siege, 25 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Firat Arslan (41 Kämpfe, 33 Siege, 21 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden), der am 25.01.2014 in der Hanns-Martin-Schleyer Halle in Stuttgart stattfinden soll, kommt spät, aber immerhin kommt er. Mit der ersten Begegnung der beiden, die am 03.11.2011 stattgefundenen hat, konnten schließlich nur der amtierende WBO Weltmeister im Cruisergewicht und sein Veranstalter Sauerland Event zufrieden sein. Obwohl die drei Punktrichter Paul Thomas (115:113), Mickey Vann (115:113) und Giustino Di Giovanni (117:111) Huck einstimmig als Punktsieger gesehen hatten, wurde er vom Publikum ausgepfiffen. Die meisten Zuschauer im Garry Weber Stadion in Halle und an den Fernsehgeräten sahen offenbar Arslan als Sieger.
In der Übertragung fiel sogar das böse B-Wort – Betrug. Einmal öffentlich ausgesprochen, entwickelte es dann seine eigene Dynamik. Der übertragende TV Sender ARD verwahrte sich noch während der Übertragung gegen den Vorwurf, die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland sei an einem Betrug beteiligt. Auch der Veranstalter Sauerland Event wies den Vorwurf weit von sich, drohte mit rechtlichen Schritten und forderte eine öffentliche Entschuldigung.
Vor dem Rückkampf sieht die Situation nun anders aus als noch vor 14 Monaten. Um sicher zu gehen, dass der Titel der World Boxing Organisation auch wirklich bei Sauerland Event bleibt, bekam Firat Arslan schon gleich einen Vertrag. Natürlich bekam er den Vertrag nicht aus altruistischen Gründen oder weil Sauerland ein schlechtes Gewissen hätte wegen des Ausgangs des ersten Kampfes. Die GmbH aus Berlin braucht schlicht und einfach die WBO Titelkämpfe. Zum einen geht es darum, den Vertrag gegenüber der ARD zu erfüllen, und zum anderen will sie sich die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung offenhalten.
Auf diesem Hintergrund und weil Huck im ersten Kampf auch so eine schlechte Leistung gezeigt hat, gehen viele davon aus, dass Firat Arslan den Rückkampf gewinnen wird, es sei denn die Punktrichter fällen wieder eine Entscheidung, für die außer dem Weltmeister und seinem Veranstalter keiner Verständnis hat. Diesem allgemeinen Trend, Arslan als Favoriten zu sehen, kann ich mich nun allerdings nicht anschließen. Vielmehr möchte ich die Prognose wagen, dass Muamer Hukic alias Käpt’n Huck alias Marco Huck den Kampf eindrucksvoll gewinnen wird.
Hiermit gehe ich ein relativ großes Risiko ein, denn bei öffentlichen Prognosen kann man sich sehr gut blamieren. Das letzte Mal nämlich, als ich eine Prognose abgeben bzw. eine Wette angenommen habe, lag ich schwer daneben. Ich verlor eine Dose Coca Cola. Die Dose steht immer noch auf meinem Schreibtisch und ich hoffe, dass das Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen ist, bevor ich die Gelegenheit habe, sie dem Gewinner auszuhändigen. Bei Boxwetten bin ich ein schlechter Verlierer.
Warum aber glaube ich nun, dass der Mann aus Ugao, Serbien gewinnen wird?
Huck wird nicht noch einmal Arslan unterschätzen. Arslan ist ein Phänomen. Was der 43-jährige Arslan aus seinem Körper herausholt, ist wirklich sensationell. Er wird mit Sicherheit wieder topfit sein. Aber Huck ist gewarnt. Er hat ihn ein Mal unterschätzt, und diesen Fehler wird er nicht noch mal machen. Bereits im Dezember hat Huck, der im Ruf steht, sein Training nicht immer so ganz ernst zu nehmen, Fotos von sich veröffentlicht, auf denen er sehr austrainiert aussieht. Wenn nun aber beide Boxer austrainiert gegeneinander antreten, ist Huck, mit seinen 29 Jahren der deutlich jüngere Boxer, im Vorteil.
Hinzu kommt, dass sich Huck in seinem letzten Kampf am 08.06.2013 deutlich verbessert gezeigt hat. Gegen Ola Afolabi, dem er am 05.12.2009 umstritten seinen WM Titel abgenommen hatte und gegen den er am 05.05.2012 nur ein sehr schmeichelhaftes Unentschieden erreichen konnte, zeigte er zuletzt die beste Leistung seiner Karriere. Wieso sollte er hinter diese Leistung zurückfallen?
Ich tippe auf Marco Huck.
© Uwe Betker
Marco Huck vs. Firat Arslan – der Rückkampf
Dass am 25.01.2014 in der Hanns-Martin-Schleyer Halle in Stuttgart Marco Huck (39 Kämpfe, 36 Siege, 25 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Firat Arslan (41 Kämpfe, 33 Siege, 21 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) aufeinandertreffen, ist fast schon eine Sensation. Am 03.11.2011 standen sich die beiden schon einmal gegenüber: Dabei sah der Weltmeister der WBO im Cruisergewicht, Huck, alles andere als weltmeisterlich aus. Viele sahen den Herausforderer Arslan als Sieger. In der Übertragung fiel sogar das B-Wort – Betrug. Natürlich verwahrten sich der Veranstalter Sauerland Event und der übertragende TV Sender ARD gegen einen solchen Vorwurf.
Sicher, so ungewöhnlich ist das nicht, dass bei einer Veranstaltung von Sauerland Event der Boxer von Sauerland zum Sieger erklärt wird, aber die Zuschauer den Gegner als Sieger sehen. Aber hier war das B-Wort ausgesprochen worden und die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland sah sich gezwungen, darauf zu reagiere. Zumindest implizit musste sich nun das öffentlich rechtliche Fernsehen damit auseinandersetzen, dass es in der Wahrnehmung der Zuschauer Fehlentscheidungen gibt, die immer zugunsten des Heimboxers ausfallen.
Wenn nun Huck seinen Titel der World Boxing Organization gegen Arslan erneut verteidigt, so hat er sich dafür nahezu 14 Monate Zeit gelassen. Obwohl Sauerland mittlerweile auch Arslan unter Vertrag hat, hatte man es mit dem Rückkampf also nicht eilig. Zeit ist schließlich ein wichtiger Faktor für den Ausgang des Kampfes. Arslan ist immerhin schon 43 Jahre alt und Huck erst 29.
Bemerkenswert ist aber, dass überhaupt ein Rückkampf angesetzt wurde, wenn auch, nach meiner Meinung, zehn Monate zu spät. Sauerland Event scheint doch Rückkämpfe von umstrittenen Kämpfen eher zu meiden, wie der Teufel das Weihwasser. Dafür kann man natürlich auch Verständnis aufbringen, denn Sauerland Event ist eine GmbH und will Gewinne machen. Und dicke Gewinne macht die GmbH aus Berlin nur mit einem Weltmeister. Gleichzeitig muss man den größten Veranstalter in Deutschland aber auch an seiner Verantwortung messen, denn der Großteil des Umsatzes besteht aus dem Geld der Gebührenzahler. Daher finde ich es schon berechtigt, an die Veranstaltungen von Sauerland Event auch einen moralischen Maßstab anzulegen.
An dieser Stelle möchte ich an eine andere Ära von Sauerland Event erinnern. Als Henry Maske am 27.05.1997 umstritten gegen Graciano Rocchigiani gewann, gab es direkt im nächsten Kampf den Rückkampf.
© Uwe Betker
Über ignorante und regelunkundige Boxfans
Es ist schon interessant zu sehen, wie der Veranstalter Sauerland Event mit der immer lauter werdenden Kritik an Urteilen, die auf seinen Veranstaltungen zustande kamen, umgeht. Einige Urteile, die ich persönlich für krasse Fehlurteile halte, wurden einfach ausgesessen, so z.B. das beim Kampf von Marco Huck gegen Denis Lebedev am 18.12.2010. Seit aber das böse B-Wort, nämlich Betrug, ausgesprochen wurde und Waldemar Hartmann sich zu nachtschlafender Zeit genötigt sah, sich gegen die Unterstellung zu verwahren, die ARD könnte an Betrügereien beteiligt sein, ist die Häufung von Fehlurteilen jetzt zu einem Thema in den Medien geworden.
In einem Interview in der Zeitung „Die Welt“ holte der Juniorchef des Profistalls Sauerland Event, Kalle Sauerland, zum Gegenschlag aus. Auf Fehlurteile und mögliches Protegieren durch Weltverbände angesprochen, sagte er:
„Eher das Gegenteil ist der Fall. Jedes Urteil in Deutschland wird mittlerweile kritisch beäugt und ausführlichst diskutiert. Ich mag das Wort Fehlurteil nicht, denn oft werden solche Aussagen unter der Ignoranz oder Unkenntnis des Regelwerks getroffen. Wenn ein Boxer vier Runden klar gewinnt und den Gegner vorführt, ist er in der Gunst des Publikums oft der Sieger. Dass er die anderen acht Runden knapp verliert und damit auch den Kampf, sehen viele nicht mehr.“
Das ist schon eine interessante Taktik, nämlich die, unzufriedenen Kunden einfach mal Ignoranz vorzuwerfen bzw. mangelnde Regelkundigkeit. Abgesehen davon, dass diese Erklärung schon einen sehr originellen Umgang mit Kunden impliziert – denn die Boxfans, die in die Hallen kommen und die Fernsehzuschauer sind ja Kunden, von denen Sauerland Event schließlich gar nicht so schlecht lebt -, so beinhaltet diese Äußerung noch weitere interessante Unterstellungen. Denkt man nämlich mal über das Beispiel von Herrn Kalle Sauerland etwas genauer nach und folgt seiner Argumentation, dann könnte man nämlich auf die Idee kommen, er wollte sagen, das Publikum bekäme eher nur die groben Aktionen mit und hätte keinen Sinn für technische Finesse. Wie konnte es dann aber passieren, dass Henry Maske und Sven Ottke zu Stars wurden? Maske, der doch kaum spektakuläre Erfolge erzielen konnte, wurde sogar von einigen Pressevertretern geradezu zu einer „Lichtgestalt“ verklärt. Oder nehmen wir Sven Ottke als Beispiel, der berühmt dafür war, dass er Runden durch wenige Aktionen für sich endschied – und dafür wurde er gefeiert -, dann muss das deutsche Boxpublikum in den letzten 9 Jahren ja enorm an Sachverstand verloren haben.
Kalle Sauerland wurde dann auch noch auf den von Fernsehkommentatoren gerne herangezogenen Begriff des „Heimvorteils“ angesprochen. Dazu erklärte er:
„In welchem Sport gibt es keinen Heimvorteil? Wenn man die Fans auf seiner Seite hat, gibt das immer zusätzliche Kraft und Motivation. Warum zählen in Ballsportarten Auswärtstore doppelt?“ Ja, tun sie das? Ich glaube an dieser Stelle muss ich mich wohl outen: Ich habe einfach keine Ahnung! Jetzt ist es raus, und ich fühle mich sehr viel besser! Ich habe zwar die Regelwerke von BDB, GBA, EBU, IBF, WBC, WBA und WBO gelesen, zum Teil habe ich sie in einer Schublade in meinem Schreibtisch, oder ich weiß, wo ich sie im Internet finden kann. Aber was heißt das schon! Und das Regelwerk der Ballsportarten, bzw. die allgemeine Regel des Heimvorteils, kenne ich natürlich schon gar nicht, jedenfalls bei weitem nicht so gut wie Herr Kalle Sauerland, Fan der Tottenham Hotspurs. Sonst hätte ich doch nicht jahrzehntelang übersehen können, dass bei Fußball, Handball, Basketball und allen anderen Ballsportarten die Auswärtstore doppelt zählen?
Ok, ich bekenne es offen: Ich bin ignorant und habe keinen blassen Schimmer vom Regelwerk.
© Uwe Betker