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Fight & Dance 4
Das Generation in Moers war zum vierten Mal Austragungsort der Fight & Dance. Die Discotheque in einem alten Industriegebäude hat sich damit als Austragungsort für Profiboxen etabliert. Das Ruhrgebiet mausert sich wieder mehr und mehr zu einem Zentrum des Boxens.
Insgesamt gab es acht Profiboxkämpfe zu sehen. Den Anfang machten im Schwergewicht Robert Filipovic (5 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) und Ulas Acikgoez (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO). Filipovic deckte seinen Gegner mit einem Schlaghagel ein. Es gab ein Break durch Ringrichter Kornelius Bernds. Dann prügelte Filipovic weiter auf seinen Gegner ein, bis schließlich ein Handtuch geflogen kam. Sieger durch TKO in Runde 1 nach 25 Sekunden: Robert Filipovic.
Hiernach maßen Samy Raid Musa (12 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und Wiliam Hosched, ein Debütant, im Halbschwergewicht ihre Kräfte. Musa begann verhalten. Er zeigte einen guten Jab und trieb Hosched vor sich her. In der letzten Minute machte er mehr Druck und verteilte seine Schläge. Die zweite Runde war munterer. Musa machte mehr Druck. Er stellte sein Gegenüber in einer neutralen Ecke und deckte ihn ein. Dabei verletzte sich Hosched die rechte Schulter. Zwar versuchte er noch irgendwie wegzukommen aber Musa setzte nach und schlug den praktisch Kampfunfähigen nieder. Erst jetzt brach die Ecke von Hosched den Kampf ab. Sieger durch TKO in Runde 2 nach 1 Minute 10 Sekunde: Samy Raid Musa.
Im Super Weltergewicht boxten dann Javad Sadeghi (7 Kämpfe, 7 Siege, 6 durch KO) und Ziya Goekalp (14 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 13 Niederlagen, 10 durch KO) gegeneinander. Sadeghi machte den Kampf. Er kreiste um Goekalp und deckte ihn ein. Besonders gut gefiel mir seine Beinarbeit. – Sadeghi ist im Ring wirklich schnell unterwegs. In der zweiten Runde ging es so weiter, nur mit dem Unterschied, dass Goekalp noch mehr nehmen musste. Seine Tapferkeit flößte schon Respekt ein. Mit dem Gong zur 3 Runde warf seine Ecke dann aber das Handtuch. Sieger durch TKO in Runde 3: Javad Sadeghi.
Nach einer 15-minütigen Pause ging es im Leichtgewicht mit Nico Venetis (10 Kämpfe, 10 Siege, 9 durch KO) und Khalid Shenwary (6 Kämpfe, 6 Niederlagen, 6 durch KO) weiter. Die beiden Boxer schenkten sich nichts. Von der ersten Sekunde an führten sie einen extrem harten Kampf. Es gab viele harte und dynamische Schlagabtäusche. Dabei hatte Venetis meist eine harte und präzise Hand mehr im Ziel. Am Ende der Runde sah es fast danach aus, als könnte Venetis vorzeitig gewinnen, aber Shenwary schaffte den Gong. Zu Anfang der zweiten Runde versuchte Shenwary Venetis zu überrollen. Er deckte ihn mit harten Schlägen ein. Doch Venetis schlug mit und wieder brachte er die besseren Hände ins Ziel. Nach mehreren von solchen Aktionen fällte Venetis Shenwary in dessen Ecke mit einem sehr präzisen linken Aufwärtshaken aufs Kinn. Shenwary wurde angezählte. Er stellte sich noch mal zum Kampf und Ringrichter Kornelius Bernds gab den Kampf auch wieder frei. Venetis setzte nach und die Ecke von Shenwary warf das Handtuch. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 49 Sekunden: Nico Venetis.
Dogan Kurnaz (11 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 8 Niederlagen, 7 durch KO) und Sanel Muslic, ein Debütant, boxten anschließend im Mittelgewicht gegeneinander. Muslic nutzte clever seinen Reichweitenvorteil. Es gab nur wenige Aktionen und es sah auch nicht so aus, als könnten seine Schläge Kurnaz beeindrucken. Am Ende der Runde fing er dann auch noch an mit Clownerien, die ich nicht goutieren konnte. Auch in der zweiten Runde ging es so weiter. Muslic dominierte den Kampf und gab weiter den Clown. Zur dritten Runde trat er aber aufgrund einer Schulterverletzung nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde: Dogan Kurnaz.
Ein Verwandter von ihm, Hasan Kurnaz (5 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO), bestritt den zweiten Schwergewichtskampf des Abend. Er boxte gegen Asad Adrovic (3 Kämpfe, 1 Sieg, 2 Niederlagen, 2 durch KO). Kurnaz schob sich an ihn heran. Adrovic aber gehörte die erste Hälfte der Runde. In der zweiten Runde punkte Adrovic dann schön, meinte aber auch, eine Komikereinlage geben zu müssen, in der er, nach einem Schlag zum Kopf, der nicht richtig getroffen hatte, Schlagwirkung simulierte. Da er aber an den Ringseilen stand zählte ihn Ringrichter Roman Morawiec konsequenterweise an. In der dritten Runde schienen beide Konditionsprobleme zu bekommen. Adrovic blieb immer häufiger stehen und kassierte immer mehr Körpertreffer. Zur vierten Runde trat er nicht mehr. Sieger durch TKO: Hasan Kurnaz.
Nach einer weiteren Pause boxten, ebenfalls im Schergewicht, Ali Kiydin, der sein Debüt gab, und Ismael Altintas (33 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO, 26 Niederlagen, 12 durch KO). Das war eine mutige Ansetzung, denn Altintas ist ein sehr zäher und sehr erfahrener Mann, der schon vielen das Leben schwer gemacht hat. Altintas boxte wie immer. Er verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung und fungierte als lebendiger Sandsack, um dann überraschend zurückzuschlagen. Kiydin machte seine Sache gut. Er verteilte gut und kam immer wieder zum Körper durch. Die meisten Schläge zum Kopf prallten aber an der Deckung ab. Am Ende der Runde kam er mit einem sehr schönen Aufwärtshaken durch die Mitte durch die Deckung durch. Altintas ging zu Boden und wurde von Ringrichter Thomas Hackenberg angezählt. Altintas stellte sich wieder zum Kampf, aber der Gong unterband ihn. Leider konnte er zur nächsten Runde nicht mehr antreten. Er hatte sich sichtbar die Nase gebrochen. Schade, ich hätte gerne mehr gesehen. Sieger durch TKO in Runde 2: Ali Kiydin.
Den Hauptkampf bestritten Robert Tlatlik (20 Kämpfe, 20 Siege, 14 durch KO) und Dominik Tietz (13 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 7 Niederlagen, 5 durch KO) im Weltergewicht. Tlatlik dominierte die Begegnung. Er trieb Tietz vor sich her und verteilte seine Schläge gut. Besonders seine Körperhaken gefielen, wenn auch nicht Tietz. In der zweiten Runde erhöhte Tlatlik den Druck. Am Ende holte er Tietz mit einem Leberhaken von den Beinen. Die letzten Sekunden bis zum Gong überlebte Tietz Dank eines wilden Angriffs. In der zweiten Runde schlug Tlatlik mehr zum Kopf und kam damit häufig durch. Von den Beinen holte er Tietz jedoch mit einem Schlag auf den Solarplexus. Tlatlik trieb Tietz nun vor sich her und schickte ihn kurze Zeit später mit einem Kopftreffer erneut auf die Bretter. Der souveräne GBA Ringrichter Roman Morawiec zählte Tietz, während dieser wieder auf die Beine kam, an. Dann winkte er den Kampf ab. Tietz war nicht mehr kampffähig. Sieger Durch TKO in Runde 2, nach 2:33: Robert Tlatlik.
Wann findet das nächste Fight & Dance statt?
© Uwe Betker
Ein Freitagabend in Duisburg
Von außen sieht das Tentorium wie ein, oder sogar meherere, Zirkuszelte aus. Von innen sieht es wie eine Discothek aus- und ist auch eine. Dies nun war der Ort, an dem die Veranstalterin Flora Selimi am Freitag den 09.09.2016 ihre erste Boxshow stattfinden ließ. Es gab Amateurkämpfe – die sollen auch gut gewesen sein – und neun Profikämpfe zu sehen.
Es begann mit einem Frauenboxkampf. Die 16-jährige Johanna Kölln (3 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO) boxte gegen die Debütantin Dennise Doormann. Der Kampf war kurz und einseitig. Kölln kam nicht in den Ring, um Gefangene zu machen. Ihre Gegnerin hatte ihren Angriffen einfach nichts entgegen zu setzen. Mehr als ein paar Sekunden an Zeit konnte sie auch durch wiederholtes Abdrehen nicht gewinnen. Schon bald sank sie, nach einer harten Kombination zum Kopf, an den Seilen zu Boden. Sieger durch KO in Runde 1, nach 1:14 Minute: Johanna Kölln.
Die Leichtgewichtlerin Kölln ist die jüngste deutsche Profiboxerin aller Zeiten. Sie kommt nicht, wie viele andere Boxerinnen vom Kick- oder Thaiboxen, sondern vom Ballett. Wir dürfen gespannt sein, wie sie sich, wenn sie denn dranbleiben sollte, entwickeln wird. Mich jedenfalls, hat sie für sich eingenommen.
Auch der folgende Kampf war nur unwesentlich länger. In ihm trafen im Weltergewicht Aliskhan Yunusov, der sein Debüt gab, und Cemal Gülsen (12 Kämpfe, 1 Sieg, 11 Niederlagen, 10 durch KO) aufeinander. Gülsen verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung und versuchte, mit Schwingern Treffer zu landen. Yunusov boxte für die Gallerie. Er wechselte seine Auslage, ließ seine Hände lässig tief hängen und schlug aus allen Positionen. Zur zweiten Runde trat Gülsen verletzungsbedingt nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 2: Aliskhan Yunusov.
Ebenfalls im Weltergewicht boxten Surkho Bugaev (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Ziya Goekalp (9 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 8 Niederlagen, 5 durch KO). Beide Boxer zeigte ein technisch gutes und sauberes Boxen. Es gab viele intensive Schlagabtäusche, aus denen Bugaev häufig als Sieger hervorging. Er boxte durch die Mitte und kam nicht selten durch die Deckung seine Gegners durch. Goekalp versuchte es über die Außenbahn. Zur dritten Runde trat Goekalp leider nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 3: Surkho Bugaev.
Bugaev war ein guter Amateur und hat diverse Titel geholt. Bereits am 24. wird er in Heerlen gegen den ungeschlagenen Djiby Diagne (2 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO) antreten. Das wird mit Sicherheit ein toller Kampf – und ein richtungweisender für beide Boxer. – Für mich sieht das schwer nach einem Ausflug ins Nachbarland aus.
Im Halbschwergewicht trafen Erdogan Kadrija (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) und Sascha Balaschew aufeinander. Bereits der erste richtige Jab erschütterte den Gegner von Kadrija. Die folgende Kombination ließ ihn einknicken und mit einem Handschuh den Boden berühren. Nach dem Anzählen deckte Kadrija ihn mit mehreren Kombinationen ein und ließ ihn schwer KO gehen. Sieger durch TKO in Runde 1, nach 27 Sekunden: Erdogan Kadrija.
Mohammed Bekdash (9 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO) und Mihaita Cosma (6 Kämpfe, 6 Niederlagen, 6 durch KO) boxten im Halbschwergewicht gegeneinander. Bekdash nutzte klug seinen Reichweitenvorteil. Sein Gegner kam einfach nicht an ihn heran und wenn, dann kamen die Beiden sich mit den Köpfen gefährlich nahe. Dies regte Bekdash offensichtlich auf und er suchte den schnellen KO. Cosma zeigte schon bald eine Obererarmverletzung an und gab auf. Sieger durch TKO in Runde 1, nach 2:55 Minuten: Mohammed Bekdash.
Ilhami Aydemir (12 Kämpfe, 11 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage) und Jovica Jovanovic (10 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO) maßen im Weltergewicht ihre Kräfte. Beide zeigten in der ersten Runde schönes, technisches Boxen. Beide verteilten ihre Schläge gut. In der zweiten Runde erhöhte Aydemir den Druck und Jovanovic war dann irgendwann diesem Druck nicht mehr gewachsen. Er wurde an den Seilen gestellt und nahm Schlag um Schlag, bis ihn der Ringrichter schließlich aus dem Kampf nahm. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 1:50 Minuten: Ilhami Aydemir.
Danach gab es noch einen Kampf im Halbschwergewicht. Elvis Hetemi (5 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO) vom Wiking Boxteam trat gegen Leo Tochoula (25 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO, 16 Niederlagen, 11 durch KO) an. Hetemi begann explosiv. Schon nach kuzer Zeit fällte eine schöne linke Grade zum Kopf Tochoula und er ging zu Boden. Er versuchte wieder aufzustehen, bekam aber einen Wadenkrampf und wurde ausgezählt. Noch eine halbe Stunde später musste er von seinen Betreuern gestützt werden. Sieger durch KO in Runde 1, nach 1:40 Minuten: Elvis Hetemi. Hetemi soll noch in diesen Jahr um die Deutsche Meisterschaft boxen.
Den Hauptkampf bestritten im Weltergewicht Sherif Morina (2 Kämpfe, 2 Siege) und Mohammad Farazi (3 Kämpfe, 3 Niederlagen, 3 durch KO). Vor dem Kampf drehte Morina eine Ehrenrunde um den Ring, um seine Fans richtig in Stimmung zu bringen. Die trieben ihren Mann dann auch über die ganzen vier angesetzten Runden nach vorne. Beide Boxer suchten und fanden den Schlabtausch. Morina schlug durch die Mitte und kam sogar nicht selten durch die Doppeldeckung von Farazi durch. Der wiederum kam über die Außenbahn. In der dritten Runde passiert das, was sich bereits von Anfang an abgezeichnet hatte. Morina saß auf seinem Hosenboden im Ring. Ein Schwinger hatte ihn außer Balance erwischt und zu Boden geschickt. Er wurde angezählt. Farazi witterte seine Chance. Er schubste seinen Gegner in die Seile, hielt ihn mit der Linken fest und zog mit der Rechten durch. – So weit, so unfair. Der souveräne GBA-Ringrichter Kornlius Bernds hatte aber vorher laut und vernehmlich ein „Break“ gerufen. Er ahndete das grobe Foul mit einem Punktabzug. Der Kampf wurde dadurch aber nicht ruhiger. Bis zur letzten Sekunde standen die beiden Konrahenten sich gegenüber und deckten sich mit Schlägen ein. Am Ende der vier Runden stand ein knapper, aber verdienter Punktsieg (38:37) für Sherif Morina.
Ich kann die Veranstalterin Flora Selimi nur ermutigen weiterzumachen. Ihre erste Veranstaltung war ein vielversprechender Anfang. Das Tentorium war gut gefüllt und die Zuschauer hatten ihren Spaß.
© Uwe Betker
Christina Hammer, Manfred Küchler und das Boxen in Deutschland
Eigentlich sollte der Kampf zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ein Höhepunkt in der Karriere von Hammer werden. Es wurde auch ein Höhepunkt, aber anders als geplant. Geplant war, dass Hammer, die bereits WBO und WBF Weltmeisterin im Mittelgewicht ist, im Hauptkampf, den sie in der Anhalt Arena in Dessau bestritt, nun auch Weltmeisterin im Junior Mittelgewicht der beiden Verbände werden sollte. Der World Boxing Organization Titel war dabei vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten.
Mathis als Gegnerin schien eine gute Wahl. Sie kommt aus dem Junior Weltergewicht, wo sie Europameisterin und WBA Weltmeisterin war. Dann stieg sie auf ins Weltergewicht wo sie WBF, WIBF und WIBA Weltmeisterin wurde. In dieser Gewichtsklasse schlug sie auch die große Holly Holm (02.12.2011). Im Rückkampf (15.05.2012) unterlag sie. Diese Niederlage qualifizierte sie dann allerdings dazu, vier Monate später, gegen Cecilia Braekhus (22.09.2012) antreten zu dürfen. Auch in diesem Kampf unterlag sie. Mehr als ein halbes Jahr später (06.06.2013) boxte sie gegen Yajaira Hernandez und wurde wieder Weltmeisterin, diesmal im Junior Mittelgewicht nach Version WBO. Hernandez hatte bis dahin viermal um einen WM Title gekämpft und viermal verloren, auch gegen Christina Hammer (07.09.2012).
Anne Sophie Mathis als Gegnerin für Christina Hammer zu holen, war eine kluge Entscheidung von SES Boxing. Sie ist bereits 37 Jahre alt und hat, so könnte man meinen, ihre beste Zeit als Boxerin schon hinter sich. Zwei ihrer drei letzten Kämpfe hat sie verloren, und ihren letzten gewann sie gegen eine relativ schwache Gegnerin. Die über einjährige Pause sollte ihr eigentlich auch nicht gut getan haben. Aber der Kampf entwickelte sich anders als erwartet und geplant.
Mathis begann aggressiv. Sie agierte von der Ringmitte aus. Hammer kreiste um sie herum und arbeitete mit ihrer Führhand. Sie versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Einmal klemmte sie die Führhand der Titelverteidigerin ein und ließ sich mit der Rechten gegen den Kopf schlagen, bis der Ringrichter Manfred Küchler „Break“ rief. Schon hier reagierte Küchler falsch und an der Realität im Ring vorbei, denn anstatt Hammer für ihr Einklemmen der Faust zu verwarnen, maßregelte er die Französin für Halten und gleichzeitiges Schlagen. Im Nachhinein, wo jeder klüger ist, kann man feststellen, dass sich der KO von Hammer schon hier andeutete. Der Rest der Runde ging klar an Hammer, was dann zum Gewinn dieser Runde gereicht haben müsste.
In der zweiten Runde erhöhte Mathis den Druck und versuchte Hammer den Infight oder den Kampf in der Halbdistanz aufzuzwingen. Hammer ihrerseits versuchte dies durch Klammern und Halten zu unterbinden. Obwohl Hammer die bessere Boxerin ist, ging die Runde wohl an Mathis. Die folgende Runde ging dann vermutlich wieder an Hammer. Aber auch hier hielt sie die Linke von Mathis fest und ließ sich so lange von ihr mit der Rechten schlagen, bis Küchler mit einem „Stopp!“ die Aktion unterbrach. Der nachfolgende Durchgang wurde noch härter geführt. Hammer schaffte es nicht, sich mit ihrer Führhand ihre Gegnerin vom Hals zu halten. Trotz Klammerns und Haltens wurde sie immer wieder in einen Schlagabtausch gezwungen. Gleichwohl dürfte diese sehr enge Runde an sie gegangen sein.
Die mittlerweile berühmte fünfte Runde begann mit einem Angriff von Mathis, der Hammer nach hinten in die Seile zurückweichen ließ. Hammer konnte ihre Gegnerin zwar wegdrücken, aber Mathis griff weiter an. Und wieder klemmte Hammer die Führhand von Mathis ein und wie schon zweimal zuvor schlug Mathis, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der Ringrichter „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die schließlich zu Boden sank. Ein guter und unparteiischer Ringrichter wäre nun hingegangen, hätte Hammer ausgezählt und dafür gesorgt, dass die Betreuer sich schnell um die KO- Gegangene kümmern könnten. – Nicht aber BDB Ringrichter Manfred Küchler. Vielmehr folgte die große Manfred Küchler Show.
Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Dann gab er Hammer Zeichen, sie solle wieder aufstehen. Sodann versuchte er, ihr aufzuhelfen. Hammer schaffte es aber nicht hochzukommen, es gelang ihr gerade mal, eine sitzende Position einzunehmen. Nun rief Küchler „Time“, um die Uhr anzuhalten. Dann ging er etwas im Ring spazieren, um wieder zu Christina Hammer zu gehen und sie noch mal aufzufordern aufzustehen. Als sie es versuchte, ging sie wieder zu Boden. Nun zeigte Küchler an, Hammer sei durch einen Schlag auf den Hinterkopf gefällt worden. Es kamen dann auch Betreuer von Hammer in den Ring, um ihrem schwer angeschlagenen und noch wankenden Schützling beizustehen. Als Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, sich darüber beschwerte, seine Boxerin sei durch einen Ellenbogenschlag niedergestreckt worden, schien Küchler diese Auffassung auch gleich zu übernehmen. Jedenfalls zeigte er einem Punktrichter einen Ellenbogenschlag an. Küchler disqualifizierte Mathis.
Um es noch deutlicher zu sagen: Anne Sophie Mathis hat Christina Hammer absolut regelkonform KO geschlagen. Selbst wenn ein Schlag von fünf nicht die Schläfe, sondern den Hinterkopf getroffen haben sollte, ist dies noch kein Grund, sie zu disqualifizieren. Schließlich war es Hammer, die gefoult hatte, indem sie die Faust ihrer Gegnerin einklemmte. Nun könnte man argumentieren, der arme Manfred Küchler sei etwas überfordert gewesen, hätte einfach ein wenig den Überblick verloren und daher so konfus reagiert. Seltsam an Küchlers Agieren war nur, dass er das Naheliegende, nämlich Hammer auszuzählen, nicht machte. Es sah vielmehr so aus, als wollte er alles nur Erdenkliche tun, um Hammer nicht verlieren zu lassen. Zwar könnte man versuchen, das Handeln von Küchler zu rechtfertigen durch Stress, Überforderung, Unterzuckerung oder irgendetwas anderes. Tatsache ist jedoch, dass Küchler ein Wiederholungstäter ist.
Bereits am 14.10.2011 versuchte er, einem Heimboxer eine Niederalge zu ersparen. Damals boxten im Schwergewicht Alexander Petkovic und Cisse Salif gegeneinander. Es ging in dem Kampf um den vakanten WBA International Titel. Petkovic wirkte unmotiviert und untrainiert. Das wäre nun aber noch kein Problem gewesen, denn Salif ist am Ende seiner Karriere wohl nicht in den Ring gestiegen, um zu gewinnen. In den ersten drei Runden machte er dann auch wenig. In der vierten Runde jedoch kam er mit einer rechten Grade zum Kopf durch und Petkovic ging schwer zu Boden. Küchler zählte ihn an. Wenig später ging Petkovic wieder runter und wurde wieder von Küchler angezählt. Salif nahm nun Tempo raus, schlug ein paar halbherzige Jabs und vermied es, die Rechte einzusetzen. So schaffte es Petkovic eineinhalb Minuten zu überstehen.
In der folgenden Runde konnte man dann eine Manfred Küchler Show bewundern. Den ersten Körperhaken nahm Küchler zum Anlass für einen Punktabzug wegen Tiefschlags. Diesen Tiefschlag hat aber nur er gesehen, wenn er ihn denn sah. Aber wie heißt es: The show must go on. Ein kurzer linker Haken zum Kopf fällte wenige Sekunden später Petkovic erneut. Küchler fing nicht an zu zählen. Er ließ sich Zeit. Er gab Petkovic viel Zeit, um dann Salif erneut wegen Tiefschlagens einen Punkt abzuziehen. – Muss man noch erwähnen, dass es keinen Tiefschlag gab? Aber es wurde noch absurder. Wieder wenige Sekunden später zwangen ein linker und ein rechter Haken zum Kinn Petkovic erneut zu Boden. Küchler zählte wieder nicht, sondern gab dem angeschlagenen Boxer Zeit sich zu erholen. Und dann ermahnte er auch noch Salif – wofür auch immer! Er drohte ihm sogar mit Disqualifikation. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Der Ringrichter Manfred Küchler ermahnt einen Boxer und sagt ihm, er werde ihn disqualifizieren, wenn er seinen Gegner noch mal durch einen oder mehrere Schläge zum Kopf niederschlägt!
Anfang der sechsten Runde ging Petkovic dann auch tatsächlich wieder zu Boden, nachdem er eine Links-Rechts-Kombination zum Kopf nehmen musste. Küchler zählte ihn – man muss schon sagen, überraschenderweise – sogar an. Wenige Sekunden später musste Petkovic nach einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken aufs Knie runter. Er stand auf und ging in seine Ecke, um sich zu beschweren, was normalerweise als Aufgabe zu werten gewesen wäre. Aber es stand ja Manfred Küchler im Ring und der disqualifizierte Salif für wiederholtes – imaginäres – Tiefschlagen.
Nachdem Manfred Küchler also schon im Oktober 2011 eine der skandalösesten Ringrichterleistungen aller Zeiten gezeigt hatte, tat er sich also am 26. Juli 2014 erneut hervor. Küchler hat dem Ansehen des Boxens in Deutschland massiven Schaden zugefügt. Vermutlich hat er das nicht gewollt. Er wollte sicher nicht als der wohl schlechteste deutsche Ringrichter dastehen – und die Konkurrenz in Deutschland ist da schon hart. Er wollte wohl nur dem Veranstalter zu Diensten sein und dem Heimboxer/der Heimboxerin zum Sieg verhelfen. Er wollte vermutlich das Boxen in Deutschland beschützen – vermutlich. Mit Sicherheit aber will er weiter zu Veranstaltungen eingeladen werden, ein Wochenende in einem guten Hotel, in einer schönen Stadt verbringen und dabei noch Geld verdienen. Aber gerade das zerstört eben die Glaubwürdigkeit des Profiboxens. Ringrichter wie Manfred Küchler schaden dem deutschen Boxsport.
An dieser Stelle müssen sich nun auch Veranstalter und TV Sender die Frage gefallen lassen, weshalb sie Ring- und Punktrichter akzeptieren bzw. einladen, die in dieser Form Boxer oder Boxerinnen um ihren Sieg gebracht haben. Ehrlicherweise sollte man das Kind nun auch beim Namen nennen: Es ist davon auszugehen, dass es Punkt- und Ringrichter gibt, die korrupt sind und die betrügen. Mir sagte mal ein Punktrichter im Vertrauen: „Ich will auf Veranstaltungen eingeladen werden. Deswegen punkte ich so.“ Es gibt Veranstalter, die die Chuzpe haben zu behaupten, sie könnten nichts für die Punkt- und Ringrichter, weil die ja vom Verband kommen. Ich kann hierin nur den Versuch erkennen, die Öffentlichkeit anzulügen. Natürlich kann ein Veranstalter Punkt- und Ringrichter ablehnen. Aber warum tauchen dann denn immer wieder dieselben Offiziellen, die für ihre Heimurteile bekannt sind, an den Ringen auf. Jeder Veranstalter, der einen Ring- oder Punktrichter wie Manfred Küchler akzeptiert – und Küchler steht für mehrere Andere – setzt sich dem Verdacht aus, dass er im Notfall lieber eine „Küchler Show“ haben will, als seinen Boxer oder seine Boxerin vielleicht verlieren zu sehen.
Zurück zu Christina Hammer. Auch nach dem Kampf zeigte sie kein sehr souveränes Verhalten. Offensichtlich fühlte sie sich als Siegerin. Auch als sich die Empörung der Boxfans weltweit immer lauter Luft machte, blieb sie bei ihrer Sichtweise. Sie schrieb auf ihrer Facebookseite:
Liebe Fans und liebe Boxsportfreunde,
Nachdem ich mir die Situation im Kampf vom Samstag nochmals auf Video ansehen konnte und mich etwas erholt habe, möchte ich gerne folgendes Statement abgeben.
Ich habe mich hart auf diesen Kampf vorbereitet und habe mich sehr darauf gefreut. Anne Sophie Mathis ist eine sehr erfahrene Boxerin und sie war am Samstag ebenfalls sehr fit. Jedoch erwischte ich den besseren Start und konnte in den ersten vier Runden meine Gegnerin beherrschen. Ich traf oft und deutlich, so dass ich in den ersten vier Runden auf allen drei Punktzetteln mit 40:36 vorne lag.
In der fünften Runde kam es zur Disqualifikation der Gegnerin und das nicht ganz ohne Grund. Mit ihrer rechten Hand hatte sie mir mehrmals zwischen Ohr und Hinterkopf getroffen, wobei der letzte Schlag direkt auf den Hinterkopf war. Ich möchte hier betonen, das ist Profiboxen, kein MMA.
Ich bin Boxerin, aus voller Überzeugung und mit echtem Herzblut. Ich trainiere hart, unerbittlich und ich gehe in den Ring um alles zu geben und dies habe ich auch hier getan.
Ich bin kein Promotor, kein Manager, kein Ringrichter und kein Offizieller. Ich habe das Urteil bei meinem Kampf nicht getroffen. Ich kann verstehen, dass manche Fans aufgebracht sind und unzufrieden mit dem Ausgang des Kampfes sind. Jedoch freue ich mich gleichfalls, wenn man hier fair bleibt und nicht mir das Urteil vorwirft. Denn damit habe ich nichts zu tun und trage auch nicht die Verantwortung. Hätte der Ringrichter dies nicht gesehen, dann wäre ich die Leidtragende gewesen, er hätte die Hand meiner Gegnerin zum Sieg gehoben. Fehlurteile passieren leider in jeder Sportart, aber die Disqualifikation von Mathis war definitiv kein eindeutiges Fehlurteil.
Ich habe den Kampf gegen Mathis natürlich nicht so gewonnen, wie ich ihn gewinnen wollte, aber ich habe den Kampf mit Sicherheit nicht verloren. Disqualifikation kommt im Profiboxen nicht oft vor, aber auch dies gehört zu den möglichen Urteilen in unserem Sport und nach meinen bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfen, bin ich ein Teil eines derartigen Kampfes geworden. Das Urteil habe ich jedoch nicht zu verantworten!
Bereits im Ring habe ich meiner Gegnerin einen Rückkampf von meiner Seite aus versprochen und hoffe sehr, dass es dazu kommt. Ich möchte nochmals gegen Anne Sophie boxen und der Boxwelt zeigen, dass ich sie eindeutig besiegen kann. Für die Planung und die Ansetzung neuer Kämpfe ist mein Promotor von SES Ulf Steinforth zuständig und ihm vertraue ich hier zu 100%. Ich verstecke mich vor keiner Gegnerin und kenne keine Angst im Ring – vor nichts und niemanden.
Was kann ein Sportler mehr machen, als sich zu stellen?! Ich bin bereit, jederzeit wieder gegen Mathis zu boxen, egal wo und egal wann und egal in welcher Gewichtsklasse.
Vielen Dank für Euer Verständnis und eure Unterstützung.
Eure Christina Hammer“
Hammer ist bis jetzt von der Öffentlichkeit gut behandelt worden. Die BILD Zeitung war bis jetzt ein loyaler Fan von ihr. Sie ließ sich so schöne Überschriften einfallen wie: „K.o.- Braut: So sexy ist Christina Hammer“ oder „Schöne Christina schlägt in Dessau zu – Hammer-Diät für 3. WM-Gürtel“. Auch veröffentlichte sie Zitate von ihr wie „Ich würde gerne gegen die Klitschkos boxen!“ Da ist es schon verständlich, dass Hammer es nicht gewohnt ist, mit Kritik umzugehen. Ihr offener Brief ist, nach meinen Geschmack, ein wenig zu trotzig geraten. Ein klitzekleines bisschen Selbstkritik hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Sie erwähnt nicht mit einem Wort ihr Einklemmen der Führhand, das ja überhaupt nur zu den Treffern geführt hat, die sie KO gingen ließ. Stattdessen verweist sie auf ihre „bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfe“.
Christian Hammer ist es offensichtlich nicht gewöhnt, mit Kritik umzugehen. Das ist natürlich auch wirklich nicht einfach. Ob sie sich aber einen Gefallen damit getan hat, alle kritischen oder negativen Äußerungen auf ihrer Facebook Seite zu löschen, das sei noch dahingestellt sein. Mittlerweile ist ihre Seite nicht mehr verfügbar. Auch ihr offizieller Internetauftritt ist das Gegenteil von selbstkritisch. Dort heißt es: „Nach einer ansehnlichen ersten Runde wurde der Kampf in den nächsten Runden vom Klammern, Halten und unsauberen Aktionen geprägt. In der fünften Runde musste Christina Hammer schwer angeschlagen zu Boden, nachdem sie von Mathis gehalten und in dieser Aktion hart auf den Hinterkopf geschlagen wurde. Der Ringrichter beendete den Kampf durch Disqualifikation auch wegen Nachschlagens von Anne Sophie Mathis. Christina Hammer wurde somit die neue WBO-/WBF-Weltmeisterin im Jr. Mittelgewicht.“ – Derjenige, der das geschrieben hat, sollte sich eventuell doch mal ein Video von dem Kampf ansehen. Abgesehen davon erwähnt Hammer auf ihrer Homepage auch nicht, dass sowohl BDB als auch der WBO den Kampf zu einem no contest erklärt haben. Also ist Hammer mitnichten „Weltmeisterin in drei Gewichtsklassen“.
Ich fürchte, Hammer hat immer noch nicht verstanden, dass eine Boxerin von ihren Fans lebt. Wenn aber die Mehrheit der Fans sie einen Kampf nicht gewinnen sieht und sie dennoch weiter offensiv auf ihrem Sieg beharrt, dann hat sie ein Problem. Denn Fans können sich auch abwenden, und Sympathie kann in Antipathie umschlagen. So etwas haben wir ja schon bei Syuzanna, genannt Susianna oder Susi Kentikian (36 Kämpfe, 33 Siege, 17 durch KO, 2 Niederlagen) erlebt. Einst war die selbsternannte „Killer Queen“ ein Liebling der Medien. Anrührende Geschichten wurden über sie geschrieben. Sie machte sogar Werbung für „Milchschnitte“. Heute ist das alles vorbei. Kaum jemand interessiert sich heute noch für die WBA Weltmeisterin im Fliegengewicht. Und das liegt vor allem an den Kämpfen, die in ihren Kampfrekord als gewonnene oder als no contest eingegangen sind, die aber nach Meinung der Fans von ihr klar verloren wurden.
© Uwe Betker