Box-Blog

Posts Tagged ‘Cruisergewichtler

Ein Schwanengesang auf Arthur Abraham

leave a comment »

Arthur Abraham (49 Kämpfe, 44 Siege, 29 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) verlor am 09.04.2016 in der MGM Garden Arena in Las Vegas gegen Gilberto Ramirez (34 Kämpfe, 34 Siege, 24 durch KO) nach Punkten. Durch diese Niederlage verlor er seinen Weltmeistertitel im Super Mittelgewicht nach Version WBO. So weit, so normal. Bemerkenswert an die Niederlage ist, wie sie zustande kam. Die Punktwertungen der Punktrichter (Adalaide Byrd 120:108, Glenn Trowbridge 120:108 und Glenn Feldman 120:108) geben den Kampfverlauf nämlich sehr genau wieder: Abraham konnte keine einzige Runde gewinnen. Vor dem Kampf hatte er noch angekündigt, dass die Zuschauer den besten Abraham aller Zeiten zu sehen bekommen würden. Aber das Gegenteil war der Fall.
Aufgrund der desaströsen Leistung, die er 36-jährigen Abraham hier zeigte, wurde in den einschlägigen Medien unverholen darüber spekuliert, ob dieser Kampf nicht das Ende seiner langen und sehr erfolgreichen Karriere als Profiboxer sei. Ich möchte mich hier nicht an diesen Spekulationen beteiligen. Vielmehr möchte ich mich daran erinnern, was für ein großer Fighter Abraham einst war.
Ich kann mich noch genau erinnern, wie ich Abraham zum ersten Mal traf. Ich besuchte das Sauerland Gym in Köln, beim Müngersdorfer Stadion, um dort ein Interview mit Markus Beyer zu führen, der sich auf einen Titelkampf vorbereitete. Wie immer, wenn möglich, schaute ich mir die ganze Trainigseinheit ein. An der Tür des Gyms hing eine Liste, der Plan für das Sparring. Als letzter auf der Liste stand Arthur Abraham, der damals noch Artur geschrieben wurde. Er sollte 8 Runden Sparring machen. Ich hatte bis dahin weder Abraham gesehen und noch von ihm gehört. Er stand ganz am Anfang seiner Karriere.
Der junge Mittelgewichtler Abraham absolvierte die ersten vier Runden mit dem Sparringspartner von Markus Beyer, einem Super Mittelgewichtler. Danach traf er auf einen Sparringspartner von Kai Kurzawa, einem Halbschwergewichtler. Das Sparring war gut und man sah, dass Abraham kein Schlechter war. Man sah auch, dass er sich im Sparring nicht geschont hatte. Er pumpte und war fertig. Als Abraham sich durch die Seile zwängte, ertönte die knarzige Stimme von Ulli Wegner „Artur, du bist noch nicht fertig. Du musst noch vier Runden machen.“ Abraham: „Aber Trainer, ich habe die acht Runden doch gemacht. Auf dem Plan stehen acht Runden.“ Wegner ließ das nicht gelten: „Artur, du kannst nicht richtig lesen. Auf dem Plan stehen zwölf Runden.“
Abraham kletterte zurück in den Ring und bekam es nun mit einem Cruisergewichtler zu tun. Abraham war am Ende seiner Kraft, er atmete schwer, aber immer wenn sein Sparringspartner auch nur eine kleine Pause machte, um Atem zu holen oder sich zu orientieren, explodierte Abraham. Er war offensichtlich wütend und versuchte das Sparring durch einen Niederschlag vorzeitig zu beenden. Das schaffte er nicht. Aber er schaffte es, mich für sich einzunehmen. Ich fuhr nach Hause mit der Aufnahme eines Interviews und der Gewissheit, einen zukünftigen Weltmeister gesehen zu haben.
Arthur Abraham boxt am 16.07.2016 in Berlin gegen Tim Robin Lihaug (16 Kämpfe, 15 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Lihaug ist die Nummer 74 in der Weltrangliste
(C) Uwe Betker

Boxen in Velbert – die Alternative zur Fußballeuropameisterschaft

leave a comment »

Selber Schuld, wer die Fußball-EM in der Flimmerkiste guckte und nicht am 18.06.2016 zum Boxen in Velbert gegangen ist. Er hat nämlich eine gute und unterhaltsame Show verpasst, anstatt sich ein 0:0 anzutun. In Velbert gab es zunächst ein Boxturnier von unter 10-Jährigen mit 3 Kämpfen, dann folgten 5 K1 -Kämpfe, von denen einer eine Europameisterschaft war, und schließlich kamen noch 2 IKBO-Boxkämpfe. Alle Kämpfe, auch die mit den Füßen, wurden auf hohem Niveau geführt, und sie lieferten eine gute Einstimmung für die nachfolgenden 9 Profiboxkämpfen. Hier war dann die ganze Bandbreite des Boxens zu sehen: gute und schlechte Kämpfe, Männer- und Frauenboxen. Der eine Hauptkämpfer, ein Mann, boxte um einen Weltmeistertitel der Männer im Schwergewicht und der andere Hauptkämpfer, eine Frau, kämpfte um einen WM Titel im Minimumgewicht. Breiter kann ein sportliches Spektrum nicht sein.
Den Anfang aber machten Sotirios Georgikeas (15 Kämpfe, 14 Siege, 1 durch KO, 1 Niederlage) und Adil Rusidi (31 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO, 24 Niederlagen, 22 durch KO), in der ersten von drei Cruisergewichtsbegegnungen. Georgikeas, der boxende Rechtsanwalt, hatte nur wenig Mühe mit seinem Gegner. Nachdem er verhalten begann, schickte er Rusidi nach einer Rechten zum Körper runter. Dieser wurde von Ringrichter Kornelius Bernds angezählt. Kurze Zeit später ging Rusidi erneut zu Boden, diesmal nach einen Schlag auf eine Niere, den er nehmen musste, weil er sich abgedreht hatte. Es folgte ein regulärer Niederschlag durch einen Körperhaken. Dafür wurde Rusidi wieder angezählt. Am Ende der Runde fanden sich beide Boxer, nach einem Stolperer, am Boden wieder. Dann kam der Gong. Zur zweiten Runde trat Rusidi nicht mehr an. Er hatte sich die linke Schulter verletzt. Sieger durch TKO in Runde 2: Sotirios Georgikeas.
Es folgte der erste von zwei Frauenboxkämpfen, der gleich sehr viel besser war als der vorangegangene Kampf. In ihm gaben Maike Klünert und Andreja Bester jeweils ihr Profidebüt. Um es gleich vorweg zu sagen: Selten war ein Profidebüt von einer Frau so gut und spannend. Natürlich agierte Klünert, die boxende Lehrerin, am Anfang etwas hektisch und überhastet, aber sie zeigte auch schon gute Anlagen. Für einen guten Kampf braucht man allerdings zwei. Und Bester war ganz sicher nicht zum Verlieren gekommen. Sie hielt mit. Klünert stellte ihre Gegnerin mehrfach in den Seilen, wo sie sie mit Schlägen eindeckte. Aber Bester hielt stand und punktete selber mit der Führhand. In der zweiten Runde wurde Klünert ruhiger und schlug mehr Einz-Zwei-Kombinationen. – Für meinen Geschmack schlug sie im ganzen Kampf zu wenige Führhände. – In der dritten Runde wurde Bester stärker. Obwohl Klünert die bessere Boxerin war, musste sie Treffer nehmen. Besonders erwähnenswert ist ein harter Aufwärtshaken, in den sie reingelaufen war. In der vierten Runde ging sie mehr zum Körper. Zum Ende der Runde wurde Bester sogar angezählt, als sie aus der Balance einen Kopftreffer nehmen musste. Am Ende stand ein eindeutiger Punktsieg für die Debütantin: Maike Klünert.
Der folgende Kampf im Cruisergewichtler, in dem Rashid Raad (9 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 3 Niederlagen) und Todor Ilic (25 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 21 Niederlagen, 20 durch KO) aufeinander trafen, war kurz. Raad stellte Ilic in einer Ecke. Dieser ging nach ein paar Körpertreffern zu Boden. Die Situation wiederholte sich dann kurze Zeit später in Raads Ecke, nur mit dem Unterschied, dass Ilic nun ausgezählt wurde. Sieger durch KO in Runde 1, nach 1 Minute 52: Rashid Raad.
Ebenfalls im Cruisergewicht maßen sodann Sherif Morina und Ziya Gökalp (7 Kämpfe, 7 Niederlagen, 5 durch KO) ihre Kräfte in einen Vierrunder. Morina, der sein Profidebüt gab, ging vier Runder nach vorne und machte Druck. Immer und immer wieder stellte er seinen Gegner und deckte ihn ein. Aber Gökalp konterte nicht ungefährlich. Er schlug unkonventionell. Viele Schläge pendelte er aus. Morina suchte den KO, fand ihn aber nicht. Sieger nach Punkten: Sherif Morina.
Es folgte der Kampf zwischen David Saric (8 Kämpfe, 8 Siege, 8 durch KO) und Ismael Altintas (26 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO, 19 Niederlagen, 7 durch KO) im Halbschwergewicht. Saric arbeitete systematisch und konsequent. Altintas machte das, was er am besten kann, nämlich den Kampf des anderen zu zerstören. Altintas ist wirklich ein Phänomen. Er steigt in den Ring, verschanzt sich hinter seiner Doppeldeckung, schiebt sich an seinen Gegner heran und versucht mit Haken zu punkten. Ich gebe zu, ich mag seinen Stil. Saric ließ sich von Altintas nicht beirren. Er hielt den Druck hoch und er verteilte seine Schläge gut. Alles sah danach aus, dass es enden würde wie so häufig, nämlich dass Altintas wieder über die Zeit kommt. Aber diesmal kam es anders. Altintas nahm von Minute zu Minute mehr und er hielt dem Druck von Saric nicht mehr stand. Zur vierten Runde trat er nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 4: David Saric.
Marco Martini (9 Kämpfe, 8 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage) und Izzet Kurnaz (5 Kämpfe, 5 Niederlagen, 5 durch KO) trafen im Super Weltergewicht für einen Sechsrunder aufeinander. Martini, der Rechtsausleger, hatte von Anfang an die Kontrolle im Ring. Er machte Druck, den er kontinuierlich erhöhte, trieb Kurnaz vor sich her und versuchte vor allem, durch seinen linken Haken zum Erfolg zu kommen. Kurnaz versuchte nur irgendwie über die Runden zu kommen. Mit zunehmender Kampfdauer bekam er dabei aber immer größere Konditionsprobleme und musste immer mehr Treffer nehmen. Zur fünften Runde trat er dann nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 5: Marco Martini.
Den ersten Hauptkampf des Abends bestritten zwei Frauen. Beim Aufeinandertreffen von Özlem Sahin (23 Kämpfe, 21 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Agnes Draxler (22 Kämpfe, 9 Siege, 1 durch KO, 13 Niederlagen, 8 durch KO) ging es um die Weltmeisterschaft der Universal Boxing Organization und um den Intercontinental Titel der World Boxing Federation im Minimumgewicht, der Gewichtsklasse bis 46,266 kg. Sahin begann verhalten, wodurch sie Draxler erst mal die Möglichkeit gab, sich zu entfalten. Es gab viele Schlagabtäusche. Offensichtlich hatte Sahins Trainer, Frank Lubitz, seinen Schützling darauf eingestellt, Kopfhaken zu schlagen. Es war ebenfalls offensichtlich, dass keine der beiden Frauen vorhatte, über die Distanz zu gehen. In der zweiten Runde schlug ein harter rechter Kopfhaken bei Draxler ein. Sie ging zu Boden und Ringrichter Thomas Hackenberg zählte sie an. Sie kam noch mal hoch und stellte sich wieder zum Kampf. Sahin aber stellte Draxler direkt wieder zum Abtausch, kam mit einer Linken zum Kopf, gefolgt von einer Rechten zur Schläfe, einer Linken zum Kinn und zwei rechten Haken zur Schläfe durch. Sieger durch KO in Runde 2, nach 1:46 Minuten: Özlem Sahin.
Den Abschluss des Abends bildete die Weltmeisterschaft der World Boxing Union im Schwergewicht. Dabei ging es auch noch um den WBF International Titel. Es trafen Werner Kreiskott (44 Kämpfe, 23 Siege, 17 durch KO, 19 Niederlagen, 8 durch KO, 2 Unentschieden) und Drazan Janjanin (18 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO) aufeinander. Es war ein typischer Kreiskott-Kampf, spannend, dramatisch und zu jeder Zeit so offen, dass immer alles passieren konnte. Kreiskott, „der Panzer“, begann verhalten und verschlief die erste Runde. Nachdem er in der zweiten Runde seinen zweiten Schlag auf den Hinterkopf hatte nehmen müssen, wurde er dann aktiver. Von nun an wogte der Kampf hin und her und es war nicht absehbar, wer am Ende noch stehen würde. In der dritten Runde nahm Kreiskott eine Rechte zum Kopf, die ihn sichtlich beeindruckte. Hiernach wurde die Runde hektisch mit harten Schlagabtäuschen und einem Punktabzug für Janjanin für Innenhandschlagen durch Ringrichter Mustafa Erenay. Hektisch und hart umkämpft ging es auch weiter. In der vierten Runde kam Kreiskott mit zwei schönen harten linken Aufwärtshaken durch. Die nachfolgende Runde gab er dann jedoch wieder ab. Am Ende der sechsten Runde verletzte sich Janjanin die linke Schulter, nachdem er einen Leberhaken nehmen musste. Zwar kämpfte er noch bis zum Ende der Runde weiter, aber zur nächsten trat er nicht mehr an. Sieger durch TKO 7: Werner Kreiskott.
Wie schon oben geschrieben: Wer die EM im Fußball in der Flimmerkiste guckte, statt zum Boxen in Velbert zu gehen, ist selber Schuld.
© Uwe Betker

Written by betker

19. Juni 2016 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen, Frauenboxen

Tagged with , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Die ultimativ subjektive Liste 2015

leave a comment »

Boxer des Jahres 2015
Tyson Fury (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO), der neue Weltmeister der WBO und Super Champion der WBA, hat alles richtig gemacht. Er kam nach Deutschland, um zu gewinnen und nicht, wie viele vor ihm, nur um sich eine Börse abzuholen. Er hatte einen Plan und den zog er erfolgreich durch. Im Vorfeld des Kampfes machte er alles, um in das Gehirn von Wladimir Klitschko zu kriechen. Er nutzte jede Gelegenheit, ihm immer wieder zu zeigen: „Ich bin nicht berechenbar!“ Er und sein Team kümmerten sich um jedes Detail und gingen keiner Konfrontation aus dem Weg. Jedes Detail war wichtig: die Passform der Handschuhe, die Härte des Ringbodenbelags … Dass er auf alles achtete, das war wiederum etwas, womit er den Titelverteidiger auch gründlich nerven konnte. Vor allem hatte Fury einen simplen Kampfplan: Klitschko lang boxen, schnelle Beine und schnelle Hände. Sobald er Klitschko seinen Kampf aufzwingen konnte, sah der alt und planlos aus, was er wohl auch war. Es war kein schöner Kampf, aber Fury war erfolgreich, und der Erfolg gibt ihm schließlich Recht.

Boxer des Jahres 2015 (ehrenhalber)
Alexander Mengis boxte am 23. Mai 2013 in Berlin um die Internationale Deutsche Meisterschaft der GBA im Weltergewicht. Sein Gegner hieß Stefan Worth. Es war der fünfte Kampf des Stuttgarters. Erst einen Kampf vorher, am 18.11.2012, hatte er diesen Titel gewonnen. Gegen Worth ging er in der achten Runde schwer KO und fiel ins Koma. Es hat dann wohl eine Notoperation gegeben. Heute lebt Mengis irgendwo als Pflegefall. Alexander Mengis steht für den brennenden Wunsch aller Boxer und Boxerinnen, mit dem, was sie tun, Geld und Ruhm zu erringen. Er steht aber auch dafür, dass das Profiboxen, das wir alle so lieben, sehr gefährlich ist. Eine Tatsache, die immer und immer wieder von allen Beteiligten und Zuschauern vergessen wird. Um das Bewusstsein dafür wach zu halten, möchte ich Alexander Mengis zum Boxer des Jahres 2015 ernennen – ehrenhalber.

Boxerin des Jahres
Nicole Wesner (11 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO) wurde am 06.09.2015 in der Markthalle in Wismar Weltmeisterin der WBF, WIBF und der GBU im Leichtgewicht. Sie besiegte Irma Balijagic Adler klar nach Punkten. Damit ist sie in Deutschland die Beste im Leichtgewicht und in der Welt unter den Top Ten.

KO des Jahres
Am 14.08.2015 verlor Marco Huck (42 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden), in Newark, New Jersey, gegen den nicht sehr hoch eingeschätzten Krzysztof Głowacki (25 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO) durch KO in Runde 11 nach 2.39 Minuten. Głowacki brachte einen linken Haken an die Schläfe und dann eine Rechte mitten auf die Stirn – und Huck ging zum ersten Mal in dieser Runde zu Boden. Er kam zwar wieder hoch, war aber doch sichtlich angeschlagen. Głowacki setzte nach. Mit einem rechten und einem linken Körperhaken, gefolgt von einem linken Kopfhaken sowie einem Volltreffer mit links auf die Schläfe knockte er Huck schließlich aus. Aber Huck musste, bevor er zuletzt zu Boden sackte, noch einen rechten Wischer und drei linke Kopfhaken nehmen. Ringrichter David Fields brach den Kampf dann ab, um Huck, der zwar schon KO war aber durch die Seile vor dem Fall zu Boden noch gehindert wurde, vor weiteren Schlägen zu schützen – klassischer KO. Huck hat durch den KO jetzt ja wohl einen TV-Vertrag bei RTL bekommen.

Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Gerade mal 17 Jahre ist Leon Bauer (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO), der Löwe aus der Pfalz. Der Super Mittelgewichtler hat zwar bis jetzt nur gegen sogenannte Aufbaugegner geboxt, aber die waren klug ausgesucht und nicht die schlechtesten. Wir dürfen gespannt sein, was er in den nächsten Jahren noch so zeigen wird.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die von Kai Gutmann trainierte Leichtgewichtlerin Beke Bas (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) ist die Entdeckung des Jahres im Frauenboxen. Die 21-Jährige hat Talent, einen gewissen Punch und eine gute Technik. Vor allem hat sie aber ein Kämpferherz: Eine Boxerin, die man im Auge behalten muss.

Überschätzter Boxer des Jahres
Habe keine schlüssige Antwort.

Überschätze Boxerin des Jahres
Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen), die ehemalige Miss Schleswig Holstein, versuchte sich im Profiboxen. Zum Teil spektakuläre KOs überdeckten ihre technischen Mängel. Die wurden ihr dann aber am 31. Oktober 2015 in Hamburg, im Universum Gym, von Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) aufgezeigt. Die Leichtgewichtlerin ist damit für zu leicht befunden worden.

Ringrichter des Jahres
Rosario Triolo vom BDB. Der älteste deutsche Boxverband in Deutschland ist nicht nur die Heimat von Ringrichtern wie Manfred Küchler, die es wohl nicht ertragen können, wenn ein Heimboxer verliert; daher tun sie alles, wohl wirklich alles, um das zu verhindern. Der Bund Deutscher Berufsboxer ist ein eingetragener Verein, dessen Führung in stalingradhafter Treue zu Männern wie Küchler steht. Aber es gibt hier auch einen Ringrichter wie Rosario Triolo, einen jungen Mann, der offensichtlich das Ziel verfolgt, Boxkämpfe einfach nur zu leiten bzw. deren Ergebnis durch eine Punktwertung widerzuspiegeln.

Absteiger des Jahres (männlich)
Der ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) verlor seinen IBF-Titel am 31.05.2014 gegen Sam Solimann. Danach erreichte er gegen Robert Stieglitz, am 08.11.2014, noch ein Unentschieden. Seine letzte Begegnung, einen WM-Kampf der WBA, verlor er am 05.06.2015 in Frankfurt/Main gegen Fedor Chudinov auch. Ausbeute: Ein Unentschieden und zwei Niederlagen. Eigentlich wollte er am 05. Dezember in einem Rückkampf gegen Chudinov antreten. Sein TV-Sender SAT.1 wollte ihm dafür angeblich nur einen Sendeplatz wie Culcay, also nach den zwei Spielfilmen anbieten. Das dürfte wohl seiner Einschaltquote geschuldet sein. Nun boxt er am 20.02.1016 in Oberhausen.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Es gibt da eine in Deutschland boxende Frau, die sich Weltmeisterin nennt. In ihrem letzten WM-Kampf traf sie auf eine Gegnerin, die von ihren letzten sechs Kämpfen fünf verloren und im sechsten ein Unentschieden erreicht hatte. Das wurde ernsthaft als WM sanktioniert. Den Namen nenne ich hier nicht, weil ich versprochen habe, ihn nie wieder zu schreiben.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Die Karriere von Samy Raid Musa (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO) dürfte nach seinem letzten Kampf Schwung bekommen haben. Er besiegte am 28.11.2015, auf der Undercard von Klitschko vs. Fury, den ungeschlagenen Jay Spencer (11 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage).

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) hat mit ihrem Sieg über Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen) gezeigt, dass mit ihr im Leichtgewicht zu rechnen ist.

Aussteiger des Jahres
Der 2015 sportlich nicht ganz so erfolgreiche ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) entzog für seinen letzten Kampf dem dienstältesten und renommiertesten Boxsportjournalisten Deutschlands, Hartmut Scherzer seine Akkreditierung. Der hatte sich in einem Vorbericht nämlich kritisch über ihn geäußert. Die Presseabteilung von Sturm-Box-Promotion hatte es über Monate vor dem Kampf nicht geschafft, die Legitimität der zu boxenden WM zu kommunizieren. Natürlich ist es schwer, mit Kritik umzugehen. Aber eine Person des öffentlichen Lebens, die von der Öffentlichkeit lebt – und das tut Felix Sturm ja schließlich -, sollte mit Kritik doch souveräner umgehen können. Veranstalter, die hingehen und unliebsamen Journalisten die Akkreditierung verweigern oder entziehen oder sie mit Hausverboten belegen, respektieren einfach nicht die Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein Grundrecht und eine der Säulen einer demokratischen Gesellschaft – und die gilt es zu verteidigen.

Veranstalter des Jahres
Der Hamburger Holger Petersen hat 2015 dreimal in der Boxsporthalle Braamkamp in Hamburg veranstaltet. Petersen, ein Unternehmer aus Hamburg, von dem man wenig weiß, hat einfach angefangen, gute und solide Boxveranstaltungen zu organisieren. Man kann nur hoffen, dass er weitermacht und noch besser wird.

Veranstaltung des Jahres
„Kingsvillage Beatdown“ im Foyer des Abtei Gymnasiums in Pulheim (12.12.2015) war für mich die beste Veranstaltung des Jahres. Wenn man sich diese Veranstaltung von Bihes Barakat anschaut und mit denen vergleicht, die von Veranstaltern mit TV-Verträgen organisiert werden, kann man sich nur fragen: Wieso gibt es auf einer „Kleinringveranstaltung“ besseres Boxen zu sehen als bei den Großen?

Boxevent des Jahres
Keines jedenfalls, das ich gesehen hätte. Das kann allerdings auch damit zu tun haben, dass ich bei dem einen Veranstalter Hausverbot habe, von einem anderen schriftlich bekommen habe, niemals eine Akkreditierung zu bekommen und von einem dritten immer nur sehr höfliche Ablehnungen kriege, auch wenn dort sonst jeder Pressevertreter rein kommt.

Fehlentscheidung des Jahres
Der Punktsieg von Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gegen Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden). Die Punktrichter Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin sahen offenbar einen anderen Kampf als die Zuschauer in der Halle und an den Fernsehgeräten. Alle drei gaben Feigenbutz den Sieg. Selbst wenn man als Punktrichter so etwas wie einen Heimvorteil geben will und sich vielleicht auch dem Veranstalter verpflichtet fühlt, weil der einen ja bezahlt, darf dabei m. E. doch höchstens ein geschenktes Unentschieden rauskommen. Ich hoffe aufrichtig, dass Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin in den nächsten zehn Jahren nicht mehr in Deutschland punkten.

Trainer des Jahres
Die Qualität eines Trainers kann nicht an seinen TV-Auftritten, sondern nur an seiner Arbeit gemessen werden. Wer durch die Republik fährt und sich Trainings ansieht, der wird schnell feststellen, dass es hierzulande viele gute Trainer gibt, Trainer, deren Hauptaugenmerk auf der Ausbildung ihrer Boxer liegt. Hier eine kurze Liste guter Trainer: Manni Faber, Stefan Freudenreich, Sini Ivanisevic, Steven Küchler, Kai Gutmann, Frank Lubitz, Rüdiger May, Youssef Ramadan und Michael Siegel. Das sind jetzt nur die, die mir gerade spontan eingefallen sind. Ich habe einige vergessen. Entschuldigung!

Entgleisung des Jahres
Im letzten Jahr war Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hier noch „Rookie des Jahres (männlich)“. Inzwischen wurde er Interim Champion der WBA im Super Mittelgewicht. In seinem letzten Kampf, am 17.10.2015, gegen einen soliden aber nicht sehr starken Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden) gewann er zwar nach Punkten, sein eigenes Publikum aber sah in seiner Heimatstadt den Italiener als Sieger und tat dies auch kund. Feigenbutz sah das aber ganz anders. Er sah sich selbst als klaren Sieger und dann sprach er davon, seinem Gegner die Fresse polieren zu wollen – wirklich kein guter Stil.

Boxkampf des Jahres (männlich)
Der Kampf zwischen Yusuf Kangül (10 Kämpfe, 7 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Tiran Metz (18 Kämpfe, 12 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 4 Unentschieden) im Super Mittelgewicht ist ein Klassiker. Zwölf Runden lang schenkten sich die beiden, die offensichtlich eine gepflegte, dafür aber tiefe gegenseitige Abneigung verbindet, nichts. Wenn ein Fighter und ein Techniker aufeinandertreffen, ist das immer wieder ein Erlebnis. Am Ende der knappen Europameisterschaft der WBU sollte eigentlich ein klarer Punktsieger stehen, aber einige Zuschauer verhinderten, dass ein Urteil gefällt werden konnte. Bis heute steht das offizielle Urteil des Kampfes vom 19.12.2015 aus.

Boxkampf des Jahres (weiblich)
Am 07.11.2015 verlor Özlem Sahin (20 Kämpfe, 19 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) gegen Gretchen Abaniel (24 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO) ihre WM-Titel im Minimumgewicht. Sahin fand zu keinem Zeitpunkt vor heimischem Publikum in den Kampf, daher fightete sie. Es war ein sehr enger Kampf, den man auch knapp für Sahin oder als Unentschieden hätte werten können. In der Tat hatte ein Punktrichter Abaniel mit zwei Runden vorne und ein anderer Sahin. Aber der BDB-Punktrichter Jürgen Langos wertet 91:99 für Abaniel. Keine Ahnung, weshalb er das machte. Auf jeden Fall war es ein großartiger Kampf.

Comeback des Jahres (männlich)
Ahmet Öner ist wieder – oder besser – immer noch da. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, veranstaltete er 2015 neun Shows, davon 2 in der Türkei und eine in den USA. Zurzeit hat er keinen Boxer unter Vertrag, der (oder die) die Phantasie der breiten Boxöffentlichkeit anregen könnte. Aber er lässt seine Boxer arbeiten und hofft, dass sich einer von ihnen durchsetzt.

Comeback des Jahres (weiblich)
Alesia Graf (32 Kämpfe, 27 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen), die ehemalige Weltmeisterin im Super Fliegengewicht und Super Bantamgewicht, kassierte 2014 zwei Niederlagen in Folge, jeweils in WM Kämpfen, nachdem sie 2013 gar nicht geboxt hatte. Im letzten November stieg sie gegen die Ungarin Marianna Gulyas (34 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 12 durch KO) nun wieder in den Ring und gewann durch KO in Runde 2.

Bester Show Act des Jahres
Tyson Fury mit seinem Sieges-Liebes-Lied.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Leichtgewichtler Zapir Rasulov (30 Kämpfe, 30 Siege, 28 durch KO) boxte bisher in Deutschland, in der Schweiz (1 Mal), in Panama (4 Mal) und in den USA (2 Mal). Der Charlottenburger ist die Nummer 11 der WBA-Rangliste. Er hat eine KO Quote von 90%. Muss man noch mehr sagen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Lucia Morelli (25 Kämpfe, 19 Siege, 9 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO) boxt im Super Leichtgewicht. Alle ihre fünf Niederlagen kassierte sie im Ausland bei WM-Kämpfen, also im Wohnzimmer ihrer Gegnerinnen. Sie unterlag Cecilia Braekhus, Myriam Lamare, Delfine Persoon (zweimal) und Klara Svensson. Morelli verdient es, einmal vor heimischem Publikum einen WM Kampf bestreiten zu können.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Agron Dzilla (24 Kämpfe, 23 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der in der Schweiz lebende Cruisergewichtler aus Mazedonien, stahl am 21.03.015 auf der Sauerland Veranstaltung in Rostock allen, Jürgen Brähmer, Vincent Feigenbutz, Timo Schwarzkopf, Denis Boytsov, Stefan Härtel und Orhan Davis, die Show. Sein Kampf gegen Bernard Adie dürfte der beste Kampf des Abends gewesen sein. Dzilla gewann klar nach Punkten und damit den Titel der Global Boxing Union, aber einen Vertrag gewann er nicht.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (männlich)
Jack Robert Culcay-Keth (22 Kämpfe, 21 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), genannt Jack Culcay, alias Golden Jack, ist Interims Champion der WBA im Super Weltergewicht. Er wird gerne als eine der deutschen Boxhoffnungen für eine Weltmeisterschaft vermarktet. Schön wäre es, wenn er und sein Management, Sauerland Event, sich dazu entschließen könnten, auch unter Beweis zu stellen, dass er der beste deutsche Super Weltergewichtler ist. Dafür müsste er aber schon gegen Besar Nimani (21 Kämpfe, 20 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) antreten. Den Kampf will wohl jeder sehen.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (weiblich)
Bis jetzt kam es nicht zum Rückkampf zwischen Christina Hammer (19 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (32 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO). Wir erinnern uns: Der BDB Ringrichter Manfred Küchler, der immer noch gerne von seinem Verband eingesetzt wird, sorgte mit seinem ganzen Können dafür, dass die Mittelgewichtlerin Hammer den Kampf nicht durch KO verlor. Wenn nun Hammer, was wir auch schon etwas verstehen könnten, nun nicht mehr gegen Mathis antreten will, so könnte sie aber doch wenigstens gegen die Super Mittelgewichtlerin Nikki Adler (14 Kämpfe, 14 Siege, 8 durch KO) antreten.
© Uwe Betker

Written by betker

31. Dezember 2015 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen, Frauenboxen, Uncategorized

Tagged with , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Ein unterhaltsames Pressetraining von Manuel Charr

leave a comment »

Das Sportstudio Baaden in Köln war am Dienstagabend Schauplatz eines Pressetrainings des Schwergewichtlers Manuel Charr (26 Kämpfe, 25 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Der 29-jährige Charr will am 12.04.2014 im Telekom Dome in Bonn gegen Kevin Johnson (35 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 5 Niederlagen, 1 Unentschieden) antreten, um seinen Anspruch auf einen WM-Kampf zu untermauern. Am 08.09.2012 boxte er bereits um den WM Gürtel der WBC. Damals unterlag er Vitali Klitschko. Er verlor aufgrund einer Cutverletzung. Nun schickt er sich an erneut, einen Weltmeister herauszufordern. Dabei hat er seit kurzem den Rapper Prince Kay One als Veranstalter an seiner Seite.
Das Pressetraining als solches war ungewöhnlich, einmal weil Security an der Türe des Gyms stand und kontrollierte, wer hineinging, und dann auch wegen der Uhrzeit. Das Training war nämlich auf 20:30 Uhr angesetzt. Was aber noch ungewöhnlicher war als die Uhrzeit, war die Länge. Die Pressevertreter und einige Fans sahen ein komplettes Training.
Die fünf Sparringspartner und Charr wärmten sich erst gemeinsam durch Laufen, gymnastische Übungen und Schattenboxen auf. Dann zog sich Charr Kopf- und Mundschutz an und es begann das Sparring. Jeder Sparringspartner stand zwei Runden mit Charr im Ring, d.h. Charr absolvierte zehn Runden Sparring. Um es ganz direkt zu sagen: Er sah gut und topp fit aus. Lediglich seine Führhand kam nicht lang genug. Es schien fast so, als wäre Ellenbogen oder Schulter verletzt.
Von den Sparringspartnern fielen mir zwei besonders auf: Da war einmal Boris Estenfelder (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO), der wirklich gut aussah. Der ungeschlagene Schwergewichtler hätte eigentlich nach zweieinhalb Jahren Pause im Mai sein Comeback machen sollen, aber die Veranstaltung wurde abgesagt. Estenfelder wirkte stabil und zeigte Drang nach vorne zu gehen. Er war der eine von den beiden Boxer, die Charr am meisten abverlangten.
Der zweite war der Cruisergewichtler Sokrates. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich der bekannte Amateurboxer Ehsan Maudodi, der im Vorprogramm des Johnson-Kampfes sein Profidebüt geben soll. Der schlanke und leichte Sokrates zeigte schnelle Beine und boxte schön im Rückwärtsgang.
Nach den zehn Runden Sparring demonstrierte Charr noch ein Runde lang virtuos den Umgang mit dem Reflexball. Der Reflexball hängt mit einem elastischen Seil an einem Stirnband. Er wird weg geboxt und schnellt wieder zurück, usw. Zum Abschluss zeigte er noch Schattenboxen, wobei er gleichzeitig noch mit einem Tennisball dribbelte und philosophisch dozierte. Schließlich wurde er von seinem Trainer Clive Salz gestreched.
Insgesamt war das Pressetraining unterhaltsam und interessant.
© Uwe Betker

Großes Boxen in Herstal

leave a comment »

Boxen in Belgien ist immer etwas Besonderes. Es ist vor allem immer, jedenfalls nach meiner Erfahrung, gutes Boxen. Die Hall Omnisports „La Prealle“ in Herstal, in der Provinz Lüttich, war am Samstag Ausgrabungsort eines großen Boxabends. Als Vorprogramm gab es acht Amateurkämpfe.
Im ersten Profikampf traten die beiden Debütanten Jérémy Beccu und Jozef Torac im Super Bantamgewicht aufeinander. Beccu, der als Amateur in der französischen Nationalstaffel geboxt hatte und der Hauptsparringspartner von Stéphane Jamoye gewesen war, machte kurzen Prozess. Er machte von der ersten Sekunde an Druck. Er verteilte seine Schläge schön auf Kopf und Körper. Ein Leberhaken zwang Torac in der neutralen Ecke zu Boden. Zwar stand er bald wieder und der Kampf wurde noch einmal fortgesetzt, aber den dann folgenden Schlägen gegenüber war er hilf- und wehrlos. Der Ringrichter ging dazwischen und brach den Kampf ab. TKO 1.
Im zweiten Kampf traten die beiden bis dahin ungeschlagenen Cruisergewichtler Alexandru Jur (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) und Fabrice Clément (3 Kämpfe, 2 Siege, 1 Unentschieden) gegeneinander an. Das Gefecht, das sich die Beiden lieferten, war hart und gewiss nichts für Boxästheten. Jus punktete mit seiner linken Führhand, die er schön steif und gerade schlug. Clément versuchte sein Glück in überfallartigen Angriffen. Der Kampf wogte hin und her und war geprägt von harten Schlagabtäuschen. Am Ende gewann Jur den Vierrunder zu Recht einstimmig nach Punkten.
Hiernach betraten Michael Recloux (35 Kämpfe, 21 Siege, 8 durch KO, 12 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) und Jessy Moreaux (41 Kämpfe, 7 Siege, 4 durch KO, 31 Niederlagen, 5 durch KO, 3 Unentschieden). Der Kampf fand im Halbschwergewicht statt. Um es vorweg zu sagen: Der Kampf war großartig. Hier standen sich zwei Männer gegenüber, die sich nichts schenkten, dabei aber stets sehr fair boxten. In der dritten Runde ging Moreaux nach einem rechten Körperhaken, der viel zu tief war und dort traf, wo er nicht treffen durfte, zu Boden. Der Ringrichter zählte ihn, die Situation verkennend, an. Seinen Irrtum erkennend, gab er ihm aber anschließend genug Zeit, sich zu erholen.
Recloux und Moreaux boten dem Publikum über acht Runden eine große Ringschlacht. Obwohl Moreaux der schwächere Boxer war, gab er nicht auf. Es bestand zu keiner Sekunde die Gefahr, dass er aus dem Kampf aussteigen würde. Immer wieder suchte er seine Chance. Immer wieder stellte er sich dem Kampf, dem Kampf zweier tapferer Krieger. Diesen Kampf würde ich persönlich jederzeit gegen ein Dutzend sogenannter Weltmeisterschaften eintauschen, die ich im letzten Jahr gesehen habe. Und dabei war dieser Kampf nicht einmal der beste des Abends. Am Ende gewann Recloux einstimmig nach Punkten.
Der nachfolgende Kampf stellte den vorangegangen noch in den Schatten. Steve Jamoye (13 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO) und Luis Solis (17 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO, 2 Niederalgen, 1 durch KO, 4 Unentschieden) boxten um den vakanten WBC Youth Silver Titel im Junior Weltergewicht. 10 Runden lang schlugen die beiden aus allen Position aufeinander ein. Dabei gingen sie ein extrem hohes Tempo. So ein Boxen wird dem deutschen Fernsehzuschauer vorenthalten, weil die TV-Sender Angst davor haben den Zuschauern schnelles Boxen in den unteren Gewichtsklassen zu zeigen.
Obwohl es immer wieder so aussah, als ob bald ein KO kommen würde, ging der Kampf über die volle Distanz. Jamoye war zwar der Bessere, aber auch er wackelte ein oder zwei Mal. Am Ende gewann er verdient nach Punkten.
In der gleichen Gewichtsklasse traten Sabrina Giuliani (11 Kämpfe, 11 Siege) und Dalia Vasarhely (5 Kämpfe, 3 Siege, 2 Niederlagen) gegeneinander an. Giuliani verteidigte erfolgreich ihren Europameistertitel der EBU in einem etwas einseitigen Gefecht. Sie musste hierfür über die volle Distanz von 10 Runden gehen.
Hauptkampf und Höhepunkt der gelungenen Veranstaltung war die Europameisterschaft im Bantamgewicht. Der Titelverteidiger Stephane Jamoye (28 Kämpfe, 25 Siege, 15 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) bekam es mit Ashley Sexton (18 Kämpfe, 14 Siege, 5 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) zu tun. Stephane Jamoye boxt spektakulär. Er hat schnelle Hände, sehr gute Reflexe und ist schnell auf den Beinen. In den ersten zwei Runde punktete er vor allem mit seiner linken Führhand, die er sehr variabel einsetzte. Aus Gefahrenmomenten tanzte er elegant heraus. In der dritten Runde häuften sich die Schlagabtäusche. Wiederum eine Runde später erlitt er einen Cut, wohl durch einen Kopfstoß unter dem linken Auge, der ihn aber nicht behinderte und auch nicht davon abhielt, Sexton zu jagen.
In den folgenden Runden ging Jamoye mehr zum Körper, was Saxton nicht angenehm war. In der sechsten Runde wurde Saxton ein Punkt für Halten abgezogen. Am Ende der folgenden Runde ging er nach einem Leberhaken runter. Er kam jedoch wieder hoch und rettete sich in die Pause. Bereits in der ersten Aktion nach der Pause musste Saxton wieder zu Boden und wieder schaffte er es, rechtzeitig hoch zu kommen. Dem dann folgenden Schlaghagel hatte er aber nichts mehr entgegenzusetzen. Der Ringrichter ging dazwischen, um ihn vor weiteren Schlägen zu schützen. Stephane Jamoye zeigte eine sehr beeindruckende Leistung. Er wird wohl seinen nächsten Kampf in Las Vegas bestreiten. Er ist bei Oscar de la Hoya unter Vertrag und soll wohl schon bald um einen WM-Titel boxen.
© Uwe Betker