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Vincent Feigenbutz hat Geschichte geschrieben
Bis in den Spätsommer 2015 hinein lief fast alles wie geplant. Vincent Feigenbutz wurde als „der junge Wilde“ aufgebaut und die Medien liebten ihn dafür. Mit seiner „Hoppla, jetzt komm´ ich“-Haltung forderte er einfach die etablierten Weltmeister in Deutschland, Arthur Abraham und Felix Sturm, heraus. Er wollte sich einen Happen von der schönen Box-Welt schnappen und er war wohl auch davon überzeugt, tatsächlich so gut und so stark sein, wie seine Claqueure ihm weiß machen wollten. Kritik über eine zu löchrige Deckung und zu wenig Technik verhallte ungehört. Der Erfolg gab ja dem Super Mittelgewichtler und seinem Team Recht. Sauerland gab ihm einen Vertrag. Seine Kämpfe wurden im Fernsehen gezeigt. Er wurde zweimal Interims Inter-Continental Champion der WBO im Super Mittelgewicht. Dann wurde er auch noch Interims Weltmeister der WBA und gleichzeitig regulärer Weltmeister der GBU.
Dann kam die erste Verteidigung dieser Titel der World Boxing Association und der Global Boxing Union gegen Giovanni De Carolis am 17.10.2015 in Karlsruhe. Zwar wurde Feigenbutz von den Punktrichtern Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin zum Sieger nach Punkten erklärt, aber sein heimisches Publikum und andere neutralere Beobachter sahen den italienischen Herausforderer vorne. Die Situation im Ring nach dem Kampf überforderte Feigenbutz. Er sagte Dinge, die man besser nicht öffentlich sagt. Und das brachte ihm dann noch mehr Kritik ein. Immerhin stimmte er einem unmittelbaren Rückkampf zu.
Dann kam der Rückkampf. Vier Tage vor den Kampf entschloss sich die World Boxing Association, diesen Kampf zu einer regulären WM hochzustufen. Das wurde möglich, weil zum Einen der WBA Superchampion Andre Ward ins Halbschwergewicht hoch ging und weil zum Anderen die WBA es eben konnte. Flux machte sie den regulären Weltmeister Fedor Chudinov zum Super Champion und dann den Kampf von Feigenbutz … – Die WBA machte es eben, weil sie es kann.
Feigenbutz hätte der jüngste deutsche Weltmeister im Profiboxen in Deutschland werden können. Ein Thema, das auch weidlich aufgenommen wurde. Er hatte also die „historische Chance“, mit einem Sieg über De Carolis alle seine Kritiker auf einmal zum Schweigen zu bringen. Ein gelungener Rückkampf hätte die Scharte ausgewetzt und ihm außerdem noch den ersehnten WM-Titel beschert. Aber es kam anders als geplant. Der Kampf, der am 09.01.2016 in Offenburg stattfand, geriet für Feigenbutz zum Desaster. Er bekam regelrecht Prügel und verlor durch TKO in Runde 11. Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden) wurde neuer Weltmeister der WBA und Vincent Feigenbutz (23 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) stand mit leeren Händen und einem lädierten Ruf da.
Mit Sicherheit ist es weder für ihn noch für die Seinen ein Trost, aber Vincent Feigenbutz hat Geschichte geschrieben. Er ist der jüngste deutsche Weltmeister im Profiboxen aller Zeiten. Denn die WBA hatte ihn, den damals amtierenden Interimsweltmeister bei ihrer Titelschieberei zum regulären Weltmeister gemacht. Vincent Feigenbutz war Weltmeister vom 06.01.2016 bis zum 09.01.2016 Weltmeister – na gut, nur für drei Tage. Vincent Feigenbutz ist der jüngste deutsche Weltmeister aller Zeiten im Profiboxen. Aber er ist auch der Weltmeister, der diesen Titel am kürzesten hatte. Eventuell ist er sogar derjenige, der jemals für so kurze Zeit Weltmeister war.
(C) Uwe Betker
Trainer und entlassene Trainer
Aus der Welt des professionellen Fußballs erreichen uns immer gleich mehrere Meldungen im Jahr wie: „Der Fußballverein Y hat Trainer X entlassen. Z neuer Y-Trainer. Nach nur zwei Siegen in zehn Pflichtspielen ziehen die Verantwortlichen die Reißleine und feuern X. ….“ So oder so ähnlich lesen sich diese Meldungen.
Bei den Amateurboxern, die nun aber nicht mehr Amateure sein wollen, sondern nur Boxer oder olympische Boxer, liest sich so eine Meldung anders. „DBV und Cheftrainer Dr. Bastian gehen getrennte Wege. Der Deutsche Boxsport-Verband e. V. und sein Cheftrainer Dr. Michael Bastian gehen zukünftig getrennte Wege – Der zugrunde liegende Vertrag ist mit Wirkung zum Jahresende 2014 beendet worden. Der Verband dankt Herrn Dr. Bastian für dessen geleistete Arbeit und wird mit seinen Partnern die personelle Ausrichtung auf die Olympischen Spiele in Rio abstimmen und zu gegebener Zeit bekannt geben.“
Aus der Pressemeldung des Deutschen Boxsport-Verbands e.V. geht nicht hervor, warum Dr. Michael Bastian nicht mehr Cheftrainer ist. Aber „getrennte Wege gehen“ hört sich doch nach einem Rauswurf an. Wieso wurde dann Dr. Bastian rausgeworfen? Noch witziger finde ich, dass überhaupt nicht gesagt wird, wer sein Nachfolger wird. Soll das denn heißen, der DBV hat keinen Cheftrainer mehr. Stellen wir uns für einen Augenblick vor, Bayern München entlässt Josep Guardiola in der Saison und verkündet dann, dass der Nachfolger „zu gegebener Zeit bekannt“ gegeben wird. Unvorstellbar! Beim Verband der Amateurboxer ist das Realität.
Das Verhältnis des eingetragenen Vereins, der schließlich den Anspruch erhebt, die Amateurboxer zu vertreten, scheint mir da ganz schön von Willkür geprägt zu sein. Der DBV bestand immer darauf, dass Amateurboxen und Profiboxen nicht vereinbar sind. Es werden auch immer noch Amateurtrainer gesperrt, die auch bei einem Profiboxer in der Ecke stehen. Gleichzeitig beteiligt sich der DBV aber an einer eigenen Profiliga. Dieses Profiboxen, das die AIBA selbst betreibt und das dann APB (Amateur Pro Boxing), heißt, ist dann wohl in Ordnung. Die Profis des Association Internationale de Boxe dürfen dann auch in den Leistungszentren des DBV unter der Leitung der dortigen Amateurtrainer trainieren. Da drängt sich mir auch noch die Frage auf, was wohl die AIBA Profis dem DBV dafür zahlen, dass sie deren Trainingseinrichtung benutzen dürfen. Und wie hoch sind eigentlich die Trainerhonorare?
Wir erinnern uns: Michael Müller, der Sportdirektor des DBV erklärte erst unlängst, sein Verband habe mit dem der World Series of Boxing, also der Profiliga der AIBA nichts zu tun. Dementsprechend müssten dann doch die WSB Profis zahlen, wenn sie Trainingsstätten und Trainer der Amateure in Anspruch nehmen. Sollte es aber so sein, dass die Profis den Amateuren nichts zahlen, muss man dann nicht aber daraus schließen, dass der DBV wohl doch etwas mit der WSB zu tun hat. Dann kann aber DBV Müller doch wohl nicht ganz so recht haben mit seiner Äußerung.
Ganz seltsam kommt mir dann noch das Gerücht vor, DBV Müller selbst hätte die Position von Dr. Bastian eingenommen. Das kann ich nun eigentlich kaum glauben. Denn wir erinnern uns: Michael Müller war bis 2008 DRV Müller. Er war Sportdirektor Michael Müller des Deutschen Ruderverbands. Er wurde 2008 entlassen – Entschuldigung: Er und der Verband kamen überein getrennte Wege zu gehen. Unter seiner Leitung hatte die deutsche Rudermannschaft bei den Olympischen Spielen in Peking erstmals seit 52 Jahren kein Olympiagold gewonnen. Das Flaggschiff der Ruder, der Deutschland-Achter, schied sogar schon im Vorlauf aus. Kritiker machen tatsächlich DRV Müller für dieses Desaster verantwortlich.
Aber noch mal zurück zu den Trainern: Seit geraumer Zeit setzt der Amateurboxverband auf Profitrainer. Mittlerweile haben schon vier Trainer hier ihr Auskommen gefunden: Valentin Silaghi, Zoltan Lunka, Michael Timm und neuerdings auch Torsten Schmitz. Ich will es noch einmal deutlicher sagen: Es geht hier nicht um die Kompetenz der Trainer, denn die ist unbestritten. Aber … – Soweit ich informiert bin, müssen Bundestrainer Diplom-Trainer sein. Soweit ich auch gehört habe, sind Timm und Schmitz das aber nicht. Worauf ich hinaus möchte ist, dass es auch beim DBV doch Regeln geben sollte, die für alle gelten. Wenn ein Amateurtrainer in der Ecke eines Profiboxers steht, dann wird er beim DBV normalerweise ganz schnell gesperrt. – Es sei denn, es handelt sich um einen AIBA Profi oder um einen Trainer, der vom DBV angestellt wird. So ähnlich verhält es sich auch mit den Lizenzen, die ein Trainer braucht. Also ich meine, so etwas kann man schon Willkür nennen.
© Uwe Betker
Von Profiboxern, boxenden Rappern und prügelnden Zuschauern
Ein neuer Veranstalter, FFM Box Promotion, sorgte mit seinem innovativen Konzept, Profiboxen, Promiboxen und Showacts zu verbinden, genannt „Boxentertainment“, für großes Medieninteresse, schon bevor der erste Gong ertönte. Die BILD Zeitung, RTL, SAT 1 und andere berichteten, was die Konkurrenz zu beunruhigen schien. Ein Mitbewerber hatte offenbar sogar das Gerücht gestreut, Promoter Nikolas Weinhart hätte die Angewohnheit, die Boxer bei seinen Veranstaltungen nicht zu bezahlen. Der Konkurrent hat dabei aber im Eifer des Gefechtes gegen einen neuen vermeintlichen Feind, übersehen, dass Weinhart noch gar keine Show veranstaltet hat.
Obwohl das Medienecho groß war, wobei das Promiboxen und die Showacts den größten Teil der Aufmerksamkeit auf sich zogen, lief die Vorbereitung der ersten Show jedoch unrund. Zuerst war sie für den 03.05.2014 in der International Sport Arena in Kaarst, bei Düsseldorf angesetzt. Dann sollte die Veranstaltung in einem größeren und edleren Rahmen stattfinden. Das Zoo Palais in Frankfurt/Main sollte am 26.07.2014 Austragungsort sein. Dabei spielte wohl auch eine Rolle, dass man meinte, ein Frankfurter Boxstall sollte seine erste Veranstaltung auch in Frankfurt machen. Dann gab es irgendwelche nicht näher benannten Schwierigkeiten und FFM zog kurzerhand zurück in die ISA in Kaarst. Die International Sport Arena ist nun allerdings keine richtige Halle, sondern ein Hotel mit angeschlossenen Indoorfußballplätzen und kleiner Tribüne.
Den erneuten Umzug wollte Boris Estenfelder (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) dann auch nicht mitmachen. Der ungeschlagene Schwergewichtler sollte den Hauptkampf bestreiten. Er sollte eigentlich nach einer über zweieinhalbjährigen Pause seiner Karriere noch einmal Schwung geben und gegen die Ringlegende Danny Williams (68 Kämpfe, 46 Siege, 35 durch KO, 22 Niederlagen, 11 durch KO) antreten. Der „Brixton Bomber“ Danny Williams schickte immerhin am 30.07. 2004 Mike Tyson durch einen KO in der 4. Runde praktisch in Rente. Später boxte er gegen Vitali Klitschko, Audley Harrison, Matt Skelton, Albert Sosnowski, Dereck Chisora, Manuel Charr, Alfred Cole, Christian Hammer, Denis Bakhtov, Oleg Maskaev und andere.
Eigentlich sollte der Abschiedskampf von Williams ein Tribut an den großen Schwergewichtler werden, aber der Kampf fiel leider aus. Die Veranstaltung war, laut Durchsage am Ring bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die Halle, die sehr schwülwarm war, ist nun relativ klein und fasst wohl nur ein paar hundert Zuschauer. Die Veranstaltung, welche 8 Profikämpfe und 2 Promiboxkämpfe umfassen sollte, wurde zum Teil im Internet von einer Verkaufsplattform übertragen. Das hatte zur Folge, wie auch bei TV Übertragungen, dass sich der Ablauf in der Halle nach den Plänen und Bedürfnissen des Senders zu richten hatte.
Bevor es richtig los ging, kam der Rapper Sinan G in den Ring und erklärte dem Publikum, dass die für ihn geplanten Gegner gekniffen hätten. Millionen Mike, der eigentlich gegen Francois Botha hätte boxen sollen, saß auch am Ring. Er konnte nicht boxen, weil irgendjemand ihm in den Fuß geschossen hatte. Bevor es dann losgehen konnte, die Boxer für den ersten Kampf standen schon im Ring, mussten sich dann aber alle in der Halle erst noch mal in Geduld üben. Ringrichter, Punktrichter, Supervisor, Zeitnehmer und Ringarzt waren nicht auf ihren Plätzen. Ca. 15 Minuten standen die Boxer im Ring herum und warteten auf die Offiziellen.
Den ersten Kampf des Abend bestritten Granit Shala (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und ein gewisser Mohammad Hassan Ibrahim im Super Weltergewicht. Was Herr Ibrahim – übrigens ein Boxer Suleyman Dags – zeigte, war eine Karikatur des Boxens. Kleine Anmerkung: Am morgen hatte ich noch dem Sparring von Hobbyboxerinnen zugesehen. Und ich kann nur sagen, alle diese Hobbyboxerinnen hätten diesen Herrn Ibrahim vermöbelt oder ausgeboxt. Granit Shala schlug zum Körper und der Möchtegernboxer drehte sich unter Schmerzen ab. Das wiederholte sich noch einmal und der Mann, der nicht Boxen kann, ging zu Boden. Shala war zu Recht empört über dieses unwürdige Schauspiel seines Gegners. Immerhin stellte sich der Mann, der hoffentlich nie wieder in ein Ring steigt, noch einmal zum Kampf – oder was er dafür gehalten haben mochte. Wenige Sekunden später gab er den sterbenden Schwan und ließ sich auszählen. KO 1 nach 1:27 Minuten.
Granit Shala erklärte dann, dass der eigentlich geplante Promiboxkampf, den er gegen den türkischen Schauspieler Dogan Akkaya ausfechten sollte, nach dem Hauptkampf stattfinden würde, weil er keine zwei Kämpfe hintereinander machen wollte, zumal er vor dem Kampf lange hatte warten müssen. Diese Ankündigung kam etwas seltsam rüber, da Akkaya schon mit Handschuhen und im Kampfdress im Ring stand.
Im zweiten Kampf traf dann Samy Raid Musa (6 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO) im Halbschwergewicht auf einen gewissen Herrn Erhan Kalli, der sein Profidebüt gab. Kalli, auch ein Boxer von Suleyman Dag, war ein wenig besser als sein Kollege. Musa bestimmte den Kampf mit seiner guten Führhand. Dem Jab hatte Kalli nichts entgegenzusetzen. Gleichwohl war er relativ mutig und versuchte immerhin das objektiv Unmögliche. Er bemühte sich sogar, selber Treffer zu setzen. Bald musste er aber nach einer Links-Rechts-Kombination zu Boden. Dag warf das Handtuch – TKO 1 nach 2:40 Minuten. – Für mich ist es ja immer wieder eins der ungeklärten Mysterien des deutschen Boxens, woher Suleyman Dag nur immer wieder die Männer holt, die sich in den Ring stellen, um sich für wenige Minuten verprügeln zu lassen.
Der folgende Kampf entschädigte dann aber für die beiden vorangegangenen. Im Halbschwergewicht trafen Badien Hasso (4 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO) und Artur Waiz (2 Kämpfe, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) aufeinander. Der Kampf dieser beiden war hart umkämpft. Hasso versuchte mit Kraft und mit Schwingern zum Erfolg zu kommen. Er setzte Waiz ununterbrochen und mit zunehmender Kampfdauer auch immer stärker unter Druck. Waiz hielt seine Deckung geschlossen und beschränkte sich auf Konter, hoffend, dass Hasso zum Ende hin die Luft ausgehen möge. In der dritten und vierten Runde konnte Hasso dann auch tatsächlich das Tempo nicht halten, dafür verlegte er sich aufs Boxen. Hierdurch traf er dann auch häufiger als in den Runden davor. Bemerkenswert ist die kämpferische Leistung von Waiz, der zu keinem Zeitpunkt aufsteckte. Am Ende der vier Runden stand ein eindeutiger Punktsieg für Hasso (40:36). Hasso widmete diesen Sieg seinem verstorbenen ersten Trainer. Eigentlich wollte ich den Namen, den ich nicht verstanden hatte, noch erfragen, aber aufgrund der folgenden Ereignisse, die noch zu schildern sind, habe ich das ganz aus den Augen verloren.
Im nächsten Kampf trafen im Cruisergewicht Marcel Gottschalk (21 Kämpfe, 12 Siege, 9 durch KO, 7 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) und Sead Karhovic, der sein Profidebüt gab, aufeinander. Der Kampf begann spektakulär. Karhovic deckte Gottschalk mit einem Schlaghagel ein und kam damit durch. Gottschalk schien überrascht und auch beeindruckt. Gottschalk versuchte im Gegenzug dann seinerseits Karhovic unter Druck zu setzen, was ihm aber nur bedingt gelang. Immer wenn Karhovic durchkam, schien er dann doch beeindruckt zu sein. In der zweiten Runde kam Karhovic noch aggressiver als in der ersten. Er ging immer wieder mit dem Kopf zuerst in den Mann. Der an diesem Abend großartig agierende Ringrichter Thomas Hackenberg bestrafte dies mit einem Punktabzug. Kurz darauf clinchten Karhovic und Gottschalk und Karhovic versuchte, Gottschalk mit dem Kopf zu stoßen. Hackenberger ging sofort wieder dazwischen und Karhovic verlor die Kontrolle über sich. Er brüllte „nein, nein“ und war außer Rand und Band, worauf Hakenberger ihn disqualifizierte (1:40 Minuten). Daraufhin versuchte er, noch im Ring Gottschalk anzugreifen. Später entschuldigte er sich aber bei Ringrichter und Gegner.
Vor dem 5. Kampf sang der Sänger Nitro die offizielle FFM Box Promotion Hymne. Dann kam der einzige Frauenboxkampf des Abends. Die amtierende Miss Schleswig Holstein Alicia Melina Kummer gab im Weltergewicht ihr Profidebüt. Sie boxte gegen Helena Tosnerova (4 Kämpfe 4 Niederlagen, 4 durch KO). Der Kampf war auch schon zu Ende, bevor er richtig angefangen hatte. Kaum bekam Tosnerova einen Schlag ab, ging sie sofort zu Boden. Nach 32 Sekunden war alles zu Ende. Tosnerova hat im übrigen noch in keinem ihrer vier Kämpfe den Schlussgong zur ersten Runde erreicht.
Hiernach traten die beiden Rapper Toony und OJ Kingping gegeneinander an. Der Promiboxkampf über drei mal zwei Minuten wurde Unentschieden gewertet, wobei ich persönlich ja OJ Kingping den Sieg zugesprochen hätte. Die beiden Rapper schenkten sich nichts und keilten zur Freude ihrer Fans heftig aufeinander ein. Ihr Kampf war definitiv unterhaltsam und kurzweilig. Und ihre Fans hatten großen Spaß daran.
Die Gruppe Spanish Musil Mafia trat noch auf, bevor schließlich einer der Tiefpunkte des deutschen Boxens erreicht wurde. Birkan Akyol (bis zu diesem Kampf: 3 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO) und Sascha Brinkmann (bis zu diesem Kampf: 1 Kampf, 1 Niederlage) traten gegeneinander im Schwergewicht an. Die ersten Sekunden gehörten Brinkmann. Er kam durch und Akyol schien beeindruckt. Er fing sich aber schnell wieder und deckte Brinkmann mit harten Schlägen ein. Nach ungefähr der Hälfte der Runde, roch es nach einem KO Sieg für Akyol. Er trieb Brinkmann vor sich her und stellte ihn an den Seilen, wo er ihn mehrfach hart am Kopf traf. Brinkmann war sichtlich angeschlagen. Er schaffte es jedoch, Akyol von sich zu schieben und ihm einen Schlagabtausch aufzuzwingen. Beide schlugen praktisch ohne Deckung aufeinander ein, wobei das Glück auf Seiten von Brinkmann war. Er traf mehrfach. Akyol torkelte. Er war schwer angeschlagen. Brinkmann setzte nach und schubste ihn zu Boden. Ringrichter Hackenberger machte das einzig Richtige und Regelkonforme, indem er das zu Bodengehen nicht als Niederschlag wertete. Hierauf erregte sich die Ecke von Brinkmann, beschimpfte den Ringrichter und warf das Handtuch (2:13 Minuten).
Dann geriet die Situation komplett außer Kontrolle. Ein Mitglied der Ecke von Brinkmann, sein Co-Trainer (?), führte einen Disput mit den Freunden und Unterstützern von Birkan Akyol. Diese fühlten sich provoziert. Ungefähr 20 bis 30 stürmten daraufhin los und versuchten, ihn und Brinkmann zumindest zu verprügeln. Es flogen Stühle. Die Fans von Birkan Akyol schubsten, prügelten und traten alles, was zwischen sich ihnen und den beiden von ihnen gesuchten Personen befand, aus dem Weg, auch Frauen und Kinder. Dabei wurde eine ganze Reihe von Zuschauern verletzt. Eine Frau, die mehrere Platzwunden im Gesicht und am Kopf erlitten hatte, wurde dann noch von einem der Unterstützer Birkan Akyols über mehrere Stuhlreihen hinweg in die Kulisse der Internetfirma geschmissen. Später hatten die Anhänger von Birkan Akyol Brinkmann gestellt und schlugen mit Stühlen auf ihn ein. So wie ich es gesehen habe, grenzt es schon an ein Wunder, dass Brinkmann das überlebte.
Der Tumult, der wieder und wieder aufflackerte, ebbte dann endlich mit der Zeit ab. Die GBA, der sanktionierende Verband, brach die Veranstaltung ab. Irgendwann kam auch die Polizei und nahm ihre Ermittlungen auf. Weshalb die sich jedoch nicht die während der Tumulte gemachten Fotos und Filmaufnahmen zum Zwecke der Identifizierung der Täter anschaute, weiß ich nun nicht.
Nach ungefähr einer Stunde hatte sich dann die Halle bis auf ganz wenige Zuschauer, zumeist die Fans von Jürgen Doberstein, geleert. Es kam dann auch das Gerücht auf, die Veranstaltung würde weitergehen. Zumindest sollte der Kampf im Super Mittelgewicht zwischen Jürgen Doberstein (18 Kämpfe, 16 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Matingu Kindele (8 Kämpfe, 5 Siege, 1 durch KO, 3 Niederlagen) noch ausgetragen werden. Beide kamen tatsächlich auch und kletterten in den Ring. Dann begann das Warten. Alle noch in der Halle Verbliebenen warteten ganze 45 Minuten lang, Doberstein und Kindele die ganze Zeit im Ring. Dann erklärte der Ringrichter Heinrich Mühmert, jetzt und hier handele es sich um eine geschlossene Gesellschaft und auch die Türen seien abgeschlossen, so dass keiner mehr hereinkommt. Dann begann der Kampf zwischen Doberstein und Kindele.
Alle acht Runden verliefen nach dem gleichen Muster. Kindele besetzte die Ringmitte und versuchte an Doberstein heranzukommen. Dieser kreiste auf sehr schnellen Beinen um seinen Gegner herum. In der ersten Runde punktete Doberstein mit seiner explosiven Führhand. Seine Rechte traf nur selten. Ab der zweiten Runde hatte sich Kindele weitestgehend darauf eingestellt und Doberstein traf seltener. In dieser Runde kam er auch mit einem rechten Wischer zum Kopf durch, der Doberstein einknicken ließ. In der Folgezeit versuchte Kindele seinen Gegner zu stellen. Im dritten Durchgang ging Kindele nach einer Links-Rechts-Kombination zu Boden und wurde angezählt. In den folgenden zwei Runden gab es wenige Treffer. In der fünften Runde kam Kindele dann zweimal mit Rechten zum Kopf durch. Doberstein, ein Fechter mit der Faust, konnte durch Ausweichen den Schlägen die Wirkung nehmen. In den verbleibenden drei Runden verschoben sich immer wieder die Vorteile. Am Ende der acht Runden stand ein Punktsieg (77:75) für Doberstein. Eventuell gibt es im Herbst eine Neuauflage dieses wirklich guten, unterhaltsamen und engen Kampfes. Ein Vorgespräch hat schon stattgefunden.
Die erste Veranstaltung von FFM Box Promotion endete in einem Desaster. Ich persönlich hoffe dennoch, dass der Veranstalter weitermacht. Das Konzept vom „Boxentertainment“ ist gut. Die Fans der boxenden Rapper kamen auf ihre Kosten. Die Showacts kamen an. Es wurde zum Teil gutes Boxen gezeigt. Das ist doch schließlich etwas, auf dem man aufbauen kann.
© Uwe Betker