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Leitet die vom BDB vorgenommene Urteilsänderung beim Profidebüt von Araik Marutj einen Wandel im Profiboxen ein?

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Profiboxen ist archaisch und brutal. Dabei stehen sich zwei Personen gegenüber, die mit ihren Fäusten aufeinander einschlagen. Die Regeln sind weitestgehend selbsterklärend. Wer KO geschlagen wird, hat verloren. Wer aufgibt, hat verloren. Wer nicht weiter machen kann, hat verloren. Wer weniger Runden für sich entscheiden kann, hat verloren. Mehr oder weniger so war es schon von alters her. Jedenfalls war es so bis zum 04. März 2017. An diesem Tag nämlich geschah etwas entweder Einzigartiges oder etwas, das das Boxen verändern wird.
Was also passierte am 04. März 2017? An diesem besagten Tag, einem Samstag, bestritt Araik Marutjan in Wangen im Allgäu sein Profidebüt. Marutjan, der Bronzemedaillengewinner der Amateurweltmeisterschaften und Silbermedaillengewinner der Europameisterschaften der Amateure 2013 im Weltergewicht, hatte von Team Sauerland einen Profivertrag bekommen. Angedacht war wohl auch, den in Armenien geborenen Marutjan unter dem Künstlernamen Rayko Löwe boxen zu lassen. Davon habe ich aber seither nichts mehr weiter gehört.
Bei seinem Profidebüt bekam Marutjan es mit Serhii Ksendzov zu tun. Der in der Ukraine geborene und in Köln lebende Ksendzov bestritt bis zu der besagten Begegnung drei Kämpfe. Den ersten konnte er gewinnen, die folgenden zwei aber verlor er. Im Januar 2016 stand er zum letzten Mal im Ring.
Soweit zu lesen war, dominierte Sauerlands neuer Mittelgewichtler Marutjan den Kampf. Es schien alles danach auszusehen, als würde er seinen Gegner in der vierten Runde KO schlagen. M.a.W. sah es so aus, als würde der Kampf genauso ausgehen, wie das Management von Marutjan es wünschte. Dann jedoch passierte das Unerwartete: Marutjan erlitt einen Achillessehnen-Abriss.
Nun sollte man annehmen, dass dies genau die Folgen haben sollte, die so etwas schon seit ungefähr 3.000 Jahren beim Boxen nun mal hat. Das bedeutet aber nichts anderes als, dass derjenige, der nicht weiterboxen kann und aufgibt, eben zum Verlierer erklärt wird und derjenige, der weiterkämpfen kann und will, zum Sieger. Wir sprechen natürlich nur von Fällen, in denen Verletzungen nicht durch Fouls und sonstige Dinge zu Stande gekommen sind. Es wäre demnach also zu erwarten gewesen, dass man Ksendzov zum Sieger und Marutjan zum Verlierer erklärt hätte.
Ich möchte nun allerdings vorab bemerken, dass ich leider kein Jurist bin und auch an keiner Schulung für Regelkunde eines deutschen Boxverbandes teilgenommen habe. Alle Aussagen hier im Text sind somit lediglich Meinungsäußerungen eines Laien, der schon die eine oder andere Boxveranstaltung besucht hat und versucht, die Angelegenheit mit etwas gesundem Menschenverstand zu betrachten.
Zurück zum Kampf von Araik Marutjan. Berichten zufolge, die im Internet publiziert wurden, lautete das Urteil, das im Ring verkündet wurde, No Contest. Das zieht dann natürlich die Frage nach sich, warum, also aufgrund welcher Regeln, das Kampfgericht des Bundes Deutscher Berufsboxer so entscheiden konnte. Laut boxrec waren Bernd Hupfer der Ringrichter, Irene Kostenko und Jürgen Langos die Punktrichter und Alexander Walter Delegierter.
Offensichtlich aber hat aber der älteste Berufsboxerverband Deutschlands das No Contest nachträglich noch mal geändert. Später hieß es nämlich in einer Pressemeldung von Team Sauerland: „Sauerlands Mittelgewichtler Araik Marutjan siegt nach seinem verletzungsbedingten Abbruch durch technischen Punktsieg gegen den Ukrainer Serhii Ksendzov.“ Für den einfachen Boxzuschauer wird das ja nun noch unverständlicher als der No Contest. Wie kann denn jemand, der den Kampf doch offenbar aufgegeben hat, zum Punktsieger erklärt werden?

(C) Wycisk/go4boxing.com

Exkurs: Stellen wir uns für einen Moment vor, der Kampf wäre anders verlaufen. Der Debütant von Team Sauerland, Araik Marutjan, hätte nicht in den Kampf gefunden und Serhii Ksendzov ihn dermaßen vorgeführt, eventuell auch mit Niederschlägen, dass die Punkrichter nicht umhin gekonnt hätten, Ksendzov die ersten drei Runden zu geben. Dann, in der vierten Runde, hätte Marutjan den Kampf gedreht, so dass es nur noch als eine Frage der Zeit erschienen wäre, wann er seinen Gegner KO schlägt. Dann das abrupte Ende, Ksendzov reißt die Achillessehne und er muss aufgeben. Und nun versuchen wir uns vorzustellen, das Kampfgericht des BDB hätte erst den Kampf als No Contest gewertet und später Serhii Ksendzov zum Punktsieger erklärt. – Also ich komme einfach nicht weiter.
Die Urteilsänderung wurde in besagter Meldung durch die Satzung des BDB, Artikel 21, Absatz 4, gerechtfertigt, in der von unfallbedingter oder durch höhere Gewalt verursachter Verletzung die Rede ist. Da Marutjan bis zum Zeitpunkt des Abbruchs auf „allen Punktzetteln deutlich vorne lag“ wurde das Urteil in einen „technischen Punktsieg“ umgewandelt. Um die Urteilsänderung zu erklären, wurde in der besagten Pressemeldung der Originalwortlaut aus den „sportliche Regeln“ des BDB zitiert:
„Falls ein Boxer sich unfallbedingt oder durch höhere Gewalt verletzt, so
dass der Kampf nicht fortgesetzt werden kann, muss bis Ende der 3. Runde das
Urteil“ ohne Entscheidung“ lauten. Die Runde ist mit dem Gongschlag beendet.
Die daran anschließende Pause zählt schon zur nächsten Runde. Die
angefangene Runde ist zu bewerten. Hat keine Aktion stattgefunden ist die
Runde mit 10:10 zu bewerten. Bei Damenkämpfen muss bis Ende der 3. Runde das Urteil „ohne Entscheidung“ lauten.
Ringrichter, Punktrichter und der Delegierte müssen sich vor Bekanntgabe des
Urteils beraten. Nach Beginn der 4. Runde hat eine Punktwertung zu erfolgen.
Das Urteil lautet dann „technischer Punktsieg“ oder „technisches
Unentschieden“.“
Soweit der Wortlaut der sportlichen Regeln des BDB, Artikel 21, Absatz 4. Nun steht aber vor (!) dem zitierten 4. Absatz, nämlich in Absatz 2 folgendes:
„Der KO-Sieg wird erklärt bei einer Kampfunfähigkeit des Gegners durch Niederschlag von 10 Sekunden Dauer und im Falle des § 23 Abs. 7 der „Sportlichen Regeln“ sowie, wenn die Schwere des Niederschlages einen Abbruch des Kampfes ohne Auszählen rechtfertigt.

Der technische KO-Sieg wird erklärt bei:

# Abbruch des Kampfes durch den Ringrichter wegen zu großer Überlegenheit eines Boxers
# Aufgabe durch den Chefsekundanten eines Boxers durch das Werfen von Schwamm oder Handtuch.
# durch Aufgabe des Boxers selbst
Zum Sieger durch Aufgabe wird der Boxer erklärt, dessen Gegner den Kampf selbst aufgibt.
Zum Sieger durch Abbruch wegen Verletzung wird der Boxer erklärt, dessen Gegner wegen Verletzung vom Ringrichter aus dem Ring genommen wird. Dies gilt nicht bei Verletzungen eines Boxers durch unkorrekte Kampfhandlungen des Gegners.“

(C) Wycisk/go4boxing.com

Wie gesagt, leider bin ich kein Jurist und leider habe ich auch an keinen Schulungen des Bundes Deutscher Berufsboxer über Regelkunde teilgenommen. Daher kann ich hier nur versuchen, mit gesundem Menschenverstand und mit Erfahrungswerten an die Sache heranzugehen. Danach aber hat der Boxer, der sich verletzt und nicht weiter boxen kann, automatisch verloren, es sei denn die Verletzung entstand durch ein Foul. Punkt. Nach meinem Verständnis der Regeln des BDB hat Araik Marutjan durch TKO verloren.
Soweit ich das verstehe, bezieht sich die Regelung für unfallbedingte Verletzungen und die Verletzung durch höhere Gewalt in Artikel 21, Absatz 4 der Satzung des BDB auf Fälle, die sich etwa dadurch ergeben, dass der Ring zusammenbricht, die Beleuchtung oder Fallschirmspringer herunterkommen oder was Ähnliches.
Hinzu kommt, dass Gesetze und Verordnungen doch gewöhnlich hierarchisch geordnet sind – wenn ich da richtig informiert bin. D.h. das Wichtigste steht vorne. So liest sich Artikel 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland so:
„(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“
Mir sagt das, dies ist das Wichtigste und steht dementsprechend über und vor anderen Regeln, weil es allen anderen Regeln übergeordnet ist. Auf das Regelwerk des BDB bezogen, heißt das, dass Artikel 21, Absatz 2 nicht nur geographisch vor Artikel 21, Absatz 4 steht, sondern auch aufgrund seiner Bedeutung.
Der Trainer von Araik Marutjan, Jürgen Brähmer, schrieb: „Es ist wohl das Schlimmste, was einem jungen Sportler bei seinem Profidebüt passieren kann. Eine so schwere Verletzung wie ein Achillessehnenriss, ausgerechnet im ersten Kampf, den man bis dato klar dominiert hat.“ – Das ist absolut richtig. Ich bin mir sicher, dass jeder Boxfan in Deutschland Araik Marutjan eine baldige Genesung und viele sportlichen Erfolge wünscht.
Nichtsdestotrotz steht der BDB in der Pflicht zu erklären, wieso Marutjan trotz seiner wohl verletzungsbedingten Aufgabe zum Sieger des Kampfes erklärt wurde. Das ist wichtig für jeden Boxer, der bei einer Veranstaltung, die vom Bund Deutscher Berufsboxer sanktioniert wird, auftritt. Im Augenblick sieht alles danach aus, als hätte der BDB einen Präzedenzfall geschaffen, so dass in Zukunft verletzungsbedingt abgebrochene Kämpfe anders gewertet werden könnten als bislang üblich. Wieso sollte denn Alexander Walter, der Delegierte des BDB, sonst ein Urteil ändern.
© Uwe Betker

Written by betker

26. März 2017 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen, Fotos

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DBV Müller und der WSB

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Es gibt Sätze, die mich irgendwie verfolgen. Ich lese sie und stutze. Dann lese ich weiter, springe wieder zurück zu den gerade gelesenen Sätzen… Und dann komme ich ins Denken, jedenfalls versuche ich es. So ist es mir erst unlängst gegangen. Irgendwo las ich ein Interview, in dem auch Michael Müller, der Sportdirektor des Deutschen Boxverbandes (DBV), zu Wort kam.
Müller, den ich, damit er nicht mit anderen Müllern verwechselt wird, DBV Müller nenne, äußerte sich zu dem Problem WSB, AIBA und Ulrich Bittner. Zur Erinnerung: Bittner, der Lizenznehmer der AIBA für die WSB, hat Streit mit der International Boxing Association. Er will sie sogar verklagen. Die wiederum will mit ihm nichts mehr zu tun haben. Ob nun eine deutsche Mannschaft an der World Series of Boxing teilnehmen kann, ist noch unklar. Soweit – so bekannt.
DBV Müller also sagt in dem Interview jene Sätze, die mich ins Grübeln gebracht haben, nämlich: „Einer möglichen juristischen Auseinandersetzung mit Herrn Bittner sieht die AIBA offensichtlich gelassen entgegen. Damit hat der DBV aber nichts zu tun, weil wir da nie etwas unterschrieben haben.“ Den ersten Satz verstehe ich ja noch. Natürlich sieht die AIBA juristischen Auseinandersetzungen gelassen entgegen. Die AIBA hat schließlich, wie nahezu alle Sportverbände, ihren Sitz in der Schweiz, um genau zu sein, in Lausanne, im Maison du Sport International. Damit befinden sie sich, nach meiner Meinung, sozusagen in einem rechtsfreien Raum. Soweit ich weiß, hat noch nie ein Sportverband einen Prozess in der Schweiz verloren. Dabei wurde anderen Verbänden bereits Bestechung und Betrug nachgewiesen. Aber das schweizerische Rechtssystem schützt die super reichen Verbände.
Nun komme ich aber über das folgende „Damit hat der DBV nichts zu tun“ nicht hinweg. Es hallt irgendwie immer weiter nach. Ich verstehe hier, dass Müller zum Ausdruck bringen will, dass der deutsche Amateurverband mit dem WSB Turnier nichts zu tun hat. Meiner Meinung nach hat er aber natürlich doch etwas mit dem WSB zu tun. Waren es denn nicht zum Teil deutsche Boxer, die vom Verband ausgesucht worden waren und die dann dort als deutsche Mannschaft angetreten sind? – Aber folgen wir doch einfach der Argumentation von Müller und überprüfen, ob der DBV etwas mit dem Turnier zu tun hat. Waren eigentlich Vertreter des DBV, z.B. Michael Müller und Jürgen Kyas, der Präsidenten des DBV, bei einer oder mehreren Veranstaltungen der WSB dabei? Die Antwort auf diese Frage klärt alles.
So wie ich es verstehe, gibt es nun drei Möglichkeiten – ich erinnere noch mal daran, dass wir der Argumentation von DBV Müller folgen.
1. Möglichkeit: Keiner vom DBV war jemals da. Damit ist schon bewiesen, der DBV hat wirklich nichts mit dem Turnier zu tun.
2. Möglichkeit: Es waren zwar schon Offizielle vom DBV, aber als Privatpersonen, dort und haben wie alle Privatpersonen auch eine Eintrittskarte gekauft und die Reise dorthin, mit allem, was dazu gehört, aus der eigenen Tasche bezahlt. Dann ist auch alles gut.
3. Möglichkeit: Es waren Offizielle vom DBV akkreditiert und die Reise hat der Verband bezahlt. Dann haben diese Personen ja wohl Gelder des DBV zweckentfremdet, wenn denn der DBV mit dem WSB nichts zu tun hat. Nennt man das dann nicht Unterschlagung oder Betrug?
Nun ist also nur noch die Frage zu klären, ob z.B. Michael Müller und Jürgen Kyas bei einer WSB Veranstaltung dabei war und wer dafür bezahlt hat.
© Uwe Betker

DBV Müller – ein Mann des Wortes

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Der sportliche Leiter des Deutsche Boxverbandes (DBV), Michael Müller – ich nenne ihn der Einfachheit halber und um ihn nicht mit anderen zu verwechseln im Folgenden DBV Müller – ist ein Mann des Wortes. Man könnte auch sagen, er ist ein Mann des kräftigen Wortes. Als man von ihm wissen wollte, warum drei Trainer, die beim DBV unter Vertrag sind und vom DBV entlohnt werden den Teilnehmerinnen der U17/U19 Nationalmannschaft bei der WM in Antalya in Rechnung gestellt wurden, antwortete DBV Müller: „Wenn wir eine WM ausstatten, dann gibt es keine Kompromisse.“
Ein Mehr an Information gibt er dazu nicht. Nun hört man, dass sich hinter vorgehaltener Hand über DBV Müller beschwert wird. Er soll nämlich über die Köpfe der Trainer hinweg bestimmen, welche Boxer und welche Boxerinnen an internationalen Turnieren teilnehmen sollen und welche nicht. Sollte das zutreffen, so ist es umso problematischer zu bewerten als es auch Stimmen gibt, die DBV Müller die Sachkompetenz absprechen oder sie zumindest in Frage stellen. Als er zum DBV kam, sagte DBV-Sprecher Alexander Mazur über ihn: „Michael Müller ist vielleicht kein ausgewiesener Box-Experte, doch das ist nicht schlimm. Wir brauchen jemanden, der von Finanzen, Marketing und Sponsoren Ahnung hat“.
Soweit man hört, ist die finanzielle Lage des DBV nach wie vor ziemlich katastrophal. Hier hat also DBV Müller seine Fähigkeiten noch nicht zur vollen Entfaltung gebracht. Über DBV Müller und wohl auch über seine Fähigkeiten schrieb der Focus Anfang 2010: „Müller war von 1997 bis Ende 2008 Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes (DRV), ehe er nach den Olympischen Spielen 2008 seinen Hut nehmen musste. Bei Olympia in Peking waren die deutschen Ruderer erstmals seit 52 Jahren ohne Goldmedaille geblieben.“ Ich würde das so übersetzen: Wegen sportlicher Erfolglosigkeit entlassen.
Nun hat DBV Müller einen anderen Verband gefunden, bei dem er sportlicher Leiter sein darf. In dieser Funktion ist er dafür verantwortlich, dass Sportlerinnen Geld für Trainer abgenommen bekommen, die schon aus anderen Mitteln bezahlt werden. DBV Müller wusste natürlich, dass dieses leidige Thema (Der DBV, das Geld und die Frauen) nicht mit einem seiner markigen Machtwort zu erledigen sein würde. So wusste er beispielsweise, dass er beim DBV Kongress in Worms hätte Rede und Antwort stehen müssen über den Verbleib des Geldes. Was also machte DBV Müller, dieser Mann des Wortes, in dieser Situation? Er erschien einfach nicht! – Der sportliche Leiter des DBV erscheint nicht zum wichtigsten Termin des Jahres! – Er ließ sich entschuldigen.
© Uwe Betker

Der Fisch stinkt vom Kopf her

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Was ist eigentlich so schwer daran, eine vernünftige Abrechnung vorzulegen und ein paar Antworten zu geben? Der Deutsche Boxverband (DBV) jedenfalls schafft es irgendwie nicht. Es gelingt ihm einfach nicht plausibel zu machen, wofür die Teilnehmerinnen der U17/U19 Nationalmannschaft bei der WM in Antalya 2.967,00 Euro bezahlen mussten.
Zuerst hieß es, der DBV hätte ein Problem mit der Finanzierung, weil sie, die Verbandsführung, nicht wissen konnte, was ansonsten aber jedem anderen Boxinteressierten durchaus schon bekannt war, nämlich dass Frauenboxen olympisch wird. Der DBV erklärte damals leichthin: „Nach Informationen des Deutschen Boxverbandes liegt das Problem der Finanzierung des olympischen Frauenboxens an der späten Bekanntgabe der Olympiateilnahme 2012 in London. Bei der Aufstellung des Haushalts und der Einteilung der Gelder waren WM und London 2012 als Kostenfaktoren noch nicht eingeplant. Erst mit der Bestätigung des Olympischen Komitees entstand international eine entsprechende Basis.“
Was dann folgte war ein unwürdiges Schauspiel. Der DBV konnte oder wollte den Teilnehmerinnen keine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten zukommen lassen. Was sich jedoch zeigte, war, dass ein Teil der Zahlen wohl so nicht stimmen konnte (Übernachtungskosten) und ein anderer Teil schien schlicht auf Bereicherung hinauszulaufen. Wie ist es denn sonst zu erklären, dass die Frage immer noch nicht beantwortet ist, warum die Teilnehmerinnen ca. 1.567 Euro Euro für Betreuer und Trainer aufbringen mussten. Die Trainer werden doch wohl immer noch vom DBV bezahlt. Muss ich das so verstehen, dass die Trainer doppelt kassiert haben oder dass der Verband sich auf Kosten seiner Athletinnen refinanziert hat. Die Begründung, die der Sportlichen Leiters Michael Müller hierfür liefert, grenzt für mich an einer Unverschämtheit: „Wenn wir eine WM ausstatten, dann gibt es keine Kompromisse.“ Ist das nun das Alternativlos von Herrn Michael Müller?
Ein paar Worte möchte ich doch noch verlieren über den Sportlichen Leiter des DBV Michael Müller. Ich habe mich an dieser Stelle ja schon einmal gefragt, was Herrn Müller eigentlich zu diesem Amt qualifiziert. War er ein guter und erfolgreicher Boxer? War er ein renommierter Trainer? Oder war er seit Jahren schon anderweitig dem Boxsport verbunden? – Vermutlich nichts von all dem. Focus Online schrieb über Müller: „Müller war seit 1997 als Sportdirektor für die leistungssportliche Ausrichtung und Führung des Trainerteams [bei den Ruderern] verantwortlich. Unter seiner Leitung hatte die deutsche Mannschaft in Peking [bei den Olympischen Spielen] erstmals seit 52 Jahren kein Olympiagold gewonnen.“ Womit wohl meine Frage beantwortet ist.
Der DBV hat inzwischen, soweit ich weiß, den Landesverbänden und damit den Teilnehmerinnen 1.192 Euro zurück erstattet. Die Boxerinnen haben aber 2.967,00 Euro bezahlt. Für mich heißt das erstmal nur, dass es umso dringender notwendig ist, eine detaillierte Aufstellung der Ausgaben mit entsprechenden Belegen vorzulegen.
Es wird kolportiert, dass der Präsident des DBVs Jürgen Kyas damit prahlt, durch seine guten Verhandlungen hätte das Trainingslager in Antalya nicht bezahlt werden müssen. Meinen Informationen zufolge war aber das Trainingslager von vorneherein für alle Nationen kostenlos. Oder muss ich diese Äußerungen so verstehen, dass jetzt alle Amateurboxverbände der Welt Herrn Kyas zu tiefem Dank verpflichtet sein müssen, weil er den türkischen Ausrichter erst hierzu bewegt hat. Dann wäre ja Herr Kyas einer der großen unbesungenen und zu Unrecht nicht gewürdigten und gehuldigten Helden.
Offensichtlich ist der DBV aber mit sich im Reinen und findet deshalb auch nichts dabei nun 1.350 Euro für die WM-Teilnahme der U17 der Männer zu verlangen. Nein – stimmt nicht so ganz. Der DBV schickte den Landesverbänden „einen Bogen, auf dem sich die einzelnen Vertreter mit der Zahlung von 1.350 Euro pro Teilnehmer einverstanden erklären sollen. Werden weniger als 50% der möglichen Stimmen abgegeben, gibt es keine deutsche Beteiligung an dem Turnier.“ Also, in meinem persönlichen Sprachgebrauch klingt das nach Erpressung.
Apropos Sprachgebrauch: Wenn die Spitze des DBVs auf Forderungen des Präsidenten des hamburger Amateurboxverbandes, Jimmy Jamal Abboud, nach Offenlegung der Kosten für die WM in Antalya und auf andere offene Fragen mit der Androhung von Schadensersatzforderungen in Höhe von 500.000 Euro reagiert, dann verstehe ich das als einen Versuch der Einschüchterung.
Da kommt mir irgendwie der Spruch in den Sinn: „der Fisch stinkt vom Kopf her“.
© Uwe Betker

Written by betker

24. Juni 2011 at 23:59

Der DBV, das Geld und die Frauen (1)

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Der Deutsche Boxverband (DBV) hat nun eine öffentliche Erklärung abgegeben, und dann hat sich auch noch der Sportdirektor und Generalsekretär Michael Müller zum Finanzgebaren des DBVs um die WM Teilnahme in Antalya geäußert. Eigentlich sollte dies wohl ein Befreiungsschlag werden. Aber für mich geriet das Ganze eher zu einem Offenbarungseid.
Tatsache ist, dass der DBV die angeblichen Kosten für die Sportlerinnen der U17 / U19 Nationalmannschaft von 2.967,00 Euro auf die Landesverbände abwälzte. Damit verlangte der DBV von seinen Landesverbänden etwas, wozu er selber nicht in der Lage war, nämlich die Boxerinnen zur WM zu schicken. Ich halte diese Vorgehensweise für grotesk.
Es sieht doch eher so aus, als sei der DBV entweder nicht willens oder nicht fähig gewesen, genug Geld zurückzulegen, um die Nationalmannschaft zur WM zu schicken. Wohlgemerkt, wir sprechen von der Nationalmannschaft und nicht von einzelnen Boxerinnen, die für ihre Bundesländer starten. Herr Müller vom DBV sagt: „Da die Gelder für den vierjährigen Olympischen Zyklus noch ohne Frauenboxen vergeben wurden, können die Damen erst ab 2013 staatlich finanziert werden.“ Aber das ist doch wohl mehr die Beschreibung eines Vorgangs als eine Erklärung. Ich halte es nach wie vor für eine Schande, dass von den 45 bei den Weltmeisterschaften vertretenen Nationen der DBV der einzige Verband war, der seine Boxerinnen nicht aus eigenen Mitteln zur WM schickte.
Es ist doch eine Schande, dass der DBV entweder unfähig und/oder unwillig war vorauszusehen, dass es Weltmeisterschaften der Frauen geben wird und dass Frauenboxen olympisch werden könnte und daraus auch Konsequenzen zu ziehen, nämlich Geld anzusparen.
Sportdirektor und Generalsekretär Michael Müller ist doch ein Profi im Sportgeschäft. Er war, soweit ich informiert bin, noch vor ein paar Jahren beim Deutschen Ruderverband tätig. Hat etwa auch der Deutsche Ruderverband während der Amtszeit des Herrn Müller das Geld für den Start des Deutschlandachter bei Weltmeisterschaften und olympischen Spielen auch schon auf die Landesverbände umgelegt?
Es gehört schon Einiges dazu, erst die Termine zu verschlafen oder zu ignorieren und dann die Folgekosten auch noch auf Andere abzuwälzen. Die finanziellen Polster der Landesverbände gehen nicht selten gegen Null. Das ist kein Geheimnis. Mir kann Herr Müller nicht glaubhaft machen, dass er nicht wusste, dass viele Landesverbände die ihnen aufgebürdeten Kosten nicht tragen konnten und sie daher weiterreichen mussten. Dementsprechend gehe ich auch davon aus, dass dem Vorstand des DBV durchaus klar war, dass die Kosten für die WM Teilnahme zum Teil von den Boxerinnen selber getragen werden mussten. Mir fehlen im Augenblick die Worte, um zu beschreiben, wie ich ein Verhalten wie das des DBV finde.
© Uwe Betker