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Posts Tagged ‘Dopingsperre

Die Krise ist da

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Die Krise ist da. Lange wurde das Herannahen der Krise im deutschen Profiboxen von den Beteiligten übersehen, ignoriert und verleugnet. Aber nun ist die Krise da, und jetzt kann sie nicht mehr übersehen werden. Spätestens seit Marco Hucks letzter Niederlage hat sich der allgemeine Blick aufs Profiboxen geändert. Man hört und liest kritische Töne allüberall. Selbst Funktionäre von deutschen Verbänden fangen an, in der Öffentlichkeit ein realistisches Bild zu zeichnen. Unlängst kritisierte sogar ein Funktionär einen Kampf, der auf einer Veranstaltung des eigenen Verbandes stattgefunden hatte. BILD fand die griffige Überschrift: „Nur noch ein Weltmeister – Darum steht das deutsche Boxen vor dem K.o.“.
Wirklich sieht die Situation auch nicht gut aus. Fangen wir mit dem Schwergewicht an. Christian Lewandowski (11 Kämpfe, 9 Siege, 9 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) und Erkan Teper (18 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO, 2 Niederlagen) verloren ihre letzten zwei Kämpfe. Dennis Lewandowski (12 Kämpfe, 11 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) verlor Mitte letzten Jahres gegen Tom Schwarz. Adrian Grant (15 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) ging in seinem letzten Kampf KO. Da haben wir gleich vier deutsche oder in Deutschland boxende Schwergewichtler, die fette Rückschläge einstecken mussten.
Gerüchten zufolge will sich Z! Promotion, deren Zugpferde Erkan Teper und Christian Lewandowski sind, aus dem Geschäft zurückziehen, bzw. ihr Engagement deutlich runter fahren. Wie gesagt, es ist nur ein Gerücht.
Das letzte Mal, als ich hier ein Gerücht, das mir zu Ohren gekommen ist, widergegeben habe, erfuhr ich viel Häme. Damals kursierte das Gerücht, der TV Sender Sat.1 wolle „nur noch drei bis vier Boxveranstaltungen, und zwar Weltmeisterschaften“ im Jahr übertragen. Es folgte eine Pressemeldung, die verkündete, Sat.1 und Sauerland hätten ihren Vertrag verlängert – und dann viel Häme. Wenn ich dann aber nachzähle, stelle ich fest, dass Sat.1 in diesem Jahr erst eine Veranstaltung übertragen hat.
Zudem ist die Zukunft einiger Hauptkämpfer ungewiss. Wladimir Klitschko (69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO), der ehemalige König des Schwergewichts, steht mit seinen 41 Jahren und seinen letzten beiden Niederlagen gegen Tyson Fury und Anthony Joshua im Herbst seiner Karriere. Der ehemalige Cruisergewichtsweltmeister Marco Huck (45 Kämpfe, 40 Siege, 27 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ist zwar erst 32 Jahre alt, wirkte aber in seinem letzten Kampf sehr viel älter.
Jürgen Brähmer (51 Kämpfe, 48 Siege, 35 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) verlor in seinem letzten Kampf seinen WM Titel im Halbschwergewicht.
Arthur Abraham (51 Kämpfe, 46 Siege, 30 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO) ist schon sein eineinhalb Jahren seinen WM Titel im Supermittelgewicht los.
Robert Stieglitz (57 Kämpfe, 50 Siege, 29 durch KO; 5 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) hat seinen Rücktritt erklärt und Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Niederlagen, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) ist seit mehr als einen Jahr inaktiv. Damit dürfte er eine mögliche Dopingsperre schon abgegolten haben.
Mit der obigen Liste erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Was ich zu verdeutlichen versuche, ist, dass es dem Profiboxen in Deutschland an TV-tauglichen Hauptkämpfern mangelt. Damit soll nicht gesagt werden, dass es keine Kandidaten hierfür gäbe. Sie sind nur noch nicht so weit, dass ein großer TV-Sender damit eine entsprechende Einschalquote erzielen könnte.
Durch die Niederlagen von Klitschko und Huck ist es fraglich geworden, ob und wann RTL überhaupt wieder Boxen zeigen wird. Der MDR hält weiter zu SES-Boxing, zumal die Quoten gut sind. Der ehemalige Boxsender Sat.1 zeigt nur noch sehr selten Boxen. Die Veranstaltungen von Sauerland sind nun zumeist im Internet oder in Spartensendern zu sehen.
Das Grundproblem von Profiboxen und großen TV Sendern ist, dass die Letzteren diesen Sport nur dann zeigen können und wollen, wenn die Einschaltquote stimmt. Das bedeutet aber nun nichts anderes, als dass Boxen Hauptkämpfer braucht, die auch eine entsprechende Zuschauerzahl an die TV-Geräte locken, nämlich auch solche, die Boxen sonst nicht gucken. Einige Veranstalter haben hier auf die falschen Boxer und auch auf die falschen Berater gesetzt. Und natürlich haben TV-Sender zum Teil auch das falsche Produkt von den Veranstaltern gekauft.
Auch die angekündigte Zusammenarbeit zwischen einem der deutschen Profiverbände, BDB, mit dem Amateurverband DBV dürfte dieses Problem nicht lösen. Allein durch eine Zusammenarbeit der beiden Verbände werden ihre Produkte, nämlich Profi- und Amateurboxen, noch keineswegs attraktiver.
Die Krise ist da, und es ist gut, dass man sie jetzt nicht mehr verleugnet. In Deutschland gibt es genug talentierte Boxer, die das Zeug dazu hätten, genug Zuschauer für TV-Sender zu mobilisieren. Aber die brauchen noch Zeit. Außerdem ist auch vorstellbar, dass schon bald jemand ein neues Konzept für die Vermarktung von Profiboxen ausarbeitet.
© Uwe Betker

Ungemach für den BDB

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Dem Bund Deutscher Berufsboxer e.V. droht Ungemach. Mir scheint gerade dieses etwas antiquiert wirkende Wort „Ungemach“ zutreffend zu sein, denn es bedeutet, laut Wikipedia: „Notlage, Unglück, Leid, Krise, Unannehmlichkeit, Kummer, Unglück, Missstand, Verlust“. Der Begriff Ungemach umfasst ein breites Spektrum an Negativem.
Wenn nun also mein Artikel heißt: „Ungemach für den BDB“, dann kann das heißen, dass der älteste der deutschen Profiboxverbände in einer Notlage ist, Unglück hat, leidet, in einer Krise ist, Unannehmlichkeiten hat, unter Kummer leidet, unglücklich ist, dort ein Missstand herrscht oder er etwas verliert. Dies scheint mir die Lage doch ziemlich exakt zu umschreiben.
Vor kurzem ging durch die Presse, das Landgericht Kiel hätte die Dopingsperre gegen den australischen Profiboxer Sam Soliman für unwirksam erklärt. Wir erinnern uns: Am 01.02.2013 traten in Düsseldorf Felix Sturm und Sam Soliman in einem IBF-WM-Ausscheidungskampf gegeneinander an. Der Australier gewann einstimmig nach Punkten (116:111, 114:113 und 114:113). Wenig später teilte die Nationale Doping Agentur NADA dem BDB mit, Soliman sei positiv getestet worden. Wenn ich mich recht entsinne, informierte der Präsident des BDB Thomas Pütz, nach eigenen Bekunden, daraufhin erst die Presse, dann die IBF und schließlich Soliman.
Der BDB änderte den Punktsieg von Soliman in ein No-Contest und verhängte eine neunmonatige Sperre. Ich kann mich natürlich irren, aber soweit ich informiert bin, werden überführte Doper, die mit einer BDB Lizenz boxen, nur für sechs Monate gesperrt und die Ergebnisse der Kämpfe werden nicht geändert.
Die Sperre kümmerte Soliman auch nicht weiter. Sie gilt schließlich nur für Deutschland und er wurde ja auch nicht von dem einen der zwei bis drei deutschen Verbände lizensiert. Im Dezember 2014 boxte er in Australien und dann am 31.05.2015 in Krefeld erneut gegen Sturm. In diesem IBF WM-Kampf hat er Sturm ziemlich vermöbelt. Die Punktrichter werteten 118:110, 118:110 und 117:111.
Das Dopng betreffend, gab Soliman an, nicht vorsätzlich gedopt zu haben. Er hätte lediglich den australischen Energy-Drink „Black Bomb“ getrunken. Tatsächlich wurde auch festgestellt, dass die nachgewiesene verbotene Substanz hierin enthalten ist. Eigentlich, sollte man meinen, ist es doch egal, ob jemand nun vorsätzlich oder fahrlässig dopt. Doping bleibt Doping. Aber Soliman schaltete einen Rechtsanwalt ein, Prof. Dr. Rainer Cherkeh, und klagte gegen die Vorstandsentscheidung des BDB – und er bekam nun auch Recht. Vermutlich wird der BDB aber noch weitere Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegen.
Solimans Rechtsanwalt kündigte nach dem Urteil an, Schadenersatzansprüche gegenüber dem BDB geltend machen zu wollen. Da der BDB nur ein eingetragener Verein ist, ohne großes Vereinsvermögen, dürfte dies den vermutlichen Konkurs des BDB zur Folge haben. Um Regressansprüche geltend machen zu können, muss aber das Urteil erst einmal rechtskräftig werden.
Man kann natürlich nun darüber spekulieren, was Sam Soliman denn überhaupt an Schaden entstanden ist. Aber das Urteil (Aktenzeichen 9O283/13) des Landesgerichts Kiel ist nun mal da und damit droht für den BDB Ungemach.
© Uwe Betker

Die Nebelkerze von Z!-Promotion

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Als Nebelkerze bezeichnet man zum einen eine Rauchgranate und zum anderen eine rhetorische Taktik der Ablenkung oder Verschleierung. So belehrt uns Wikipedia. Natürlich geht Hagen Döring, der sportlichem Direktor von Z!-Promotion, nicht hin, zieht den Stift einer Rauchgranate und wirft sie in die Gegend. – Das hoffe ich jedenfalls. Nein, vielmehr versucht er, für seinen Arbeitgeber und für Erkan Teper das Beste herauszuholen. Und dafür hat er eine große Nebelkerze gezündet: Z!-Promotion droht, den BDB und die EBU zu verklagen, wenn beide Tepers Dopingsperre nicht aufheben. Das, finde ich, kann man schon als Nebelkerze ansehen.
Döring argumentiert, bei den Auswertungen der durch die NADA zertifizierten Agentur handele es sich nicht um Mess-, sondern um Schätzwerte. Weiter führt er an, die Ergebnisse lägen auch noch in einem Bereich, in dem ohnehin „nur Abschätzungen getroffen werden können, welche keine (insbesondere juristische) Verwertbarkeit haben“. Daraus wiederum zieht Döring die Schlussfolgerung: „Teper war nicht gedopt“, da doch „keine aussagekräftige Analyse“ vorläge. Wohlgemerkt spricht er hier von dem Kampf, den sein Schützling gegen David Price am 17. Juli 2015 in Ludwigsburg absolvierte.
Bei realen Nebelkerzen muss man schon warten, bis sich der Rauch verzogen hat. Bei rhetorischen Nebelkerzen hilft ein Blick auf die Fakten.
1. Erkan Teper ist ein überführter Dopingsünder
Der Ahlener Profiboxer Erkan Teper (14 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO) war am 13.06.2014 in München, in seinem Europameisterschaftskampf im Schwergewicht gegen den Franzosen Newfel Ouatah, gedopt. Nachdem er sich zunächst zu den Vorwürfen gegenüber dem BDB nicht äußern wollte, gestand er später und zeigte sich reuig. Er bekam eine Sperre von sechs Monaten.
2. Erkan Teper hat durch sein erwiesenes Doping Newfel Ouatah finanziell geschädigt
Wer dopt, betrügt. Teper hat gedopt und dadurch wurde Newfel Ouatah um den Sieg und damit um den Europameistertitel gebracht. Mit dem Sieg und dem Titel hätte er andere Kämpfe und andere Börsen bekommen.
3. Erkan Tepers Umgang mit Dopingvorwürfen ist – nun ja – überraschungsarm
Teper reagiert auf auffällige A-Proben von ihm immer gleich. Er äußert sich erst einmal nicht. So auch, nachdem wieder mal eine seiner A-Proben in einer Europameisterschaft auffiel. Diesmal war es die Dopingprobe, die ihm nach seinem Kampf vom 17.07.2015 gegen David Price, wieder einer Europameisterschaft, abgenommen worden war. Und wieder äußerte er sich nicht gegenüber dem Bund Deutscher Berufsboxer.
4. Erkan Teper war (wohl) im Besitz Dopingmittel
Im April 2015 sollen bei Durchsuchungen von Tepers Auto und seinem Hotelzimmer in der Sportschule Vitalis im Bayerischen Wald verschiedene verbotene Substanzen (Clenbuterol, Testosteron, Wachstumshormone und Metandienon) gefunden worden sein.
5. Gegen Erkan Teper wird ermittelt
Gegen Teper ermittelt die Staatsanwaltschaft München I in zwei Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des unerlaubten Besitzes von Arzneimitteln in nicht geringer Menge zu Dopingzwecken im Sport.
Ich gehe davon aus, der Rauch der Nebelkerze von Hagen Döring hat sich jetzt etwas verzogen. Natürlich gilt auch für Teper die Unschuldsvermutung, oder Präsumtion der Unschuld. Bei den oben aufgezählten Fakten fällt es dem unbeteiligten Zuschauer aber schon sehr-sehr-sehr schwer, an Tepers Unschuld zu glauben. Wieso aber fährt Hagen Döring so ein großes Geschütz auf: die Androhung von Klagen und Schadensersatzforderungen von 1.000.000 und 500.000 Euro? Warum gehen Erkan Teper, Hagen Döring, Alexander Zastrow und Boris Zastrow denn nicht einfach hin und fordern die Öffnung der B-Probe? Wenn Döring und die Brüder Zastrow doch davon so überzeugt sind, dass ihr Hoffnungsträger Teper unschuldig ist, warum wollen sie es dann nicht beweisen?
© Uwe Betker

Der BDB und die lästigen Regeln

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Der BDB hat Geschichte geschrieben. Erst hat er den prestigeträchtigsten deutschen Titel, nämlich den des Deutschen Meisters im Schwergewicht, einfach verschenkt. Der Bund Deutscher Berufsboxer ist hingegangen und hat Michael Wallisch (11 Kämpfe, 11 Siege, 8 durch KO) einfach den Titel zugeschanzt. Zwar widerspricht eine solche Art der Vergabe eines Deutschen Meister Titels dem Regelwerk. Der BDB-Präsident Thomas Pütz setzte sich aber dennoch einfach per Vorstandsbeschluss darüber hinweg.
Das alleine ist schon ein historischer Tiefpunkt. Aber es kommt noch sehr viel schlimmer. In der ersten regulären Titelverteidigung des quasi Super Champions Wallisch sanktionierte der eingetragene Verein mit dem Sitz in Berlin einen gewissen Alexander Kahl (29 Kämpfe, 18 Siege, 16 durch KO, 10 Niederlagen, 9 durch KO, 1 Unentschieden) als Herausforderer. Zunächst mal stand Kahl in der unabhängigen deutschen Rangliste nur auf Position 17. Und dann hat er sich für die deutsche Meisterschaft doch tatsächlich dadurch qualifiziert, dass er in seinen letzten beiden Kämpfen bereits in der ersten Runde KO gegangen ist. Muss man noch erwähnen, dass er erwartungsgemäß auch gegen Wallisch nach 47 Sekunden KO ging?
Soweit, so skandalös. Aber es geht noch schlimmer. Denn in der ersten von seinen KO Niederlagen in der ersten Runde, in seinem Kampf gegen Christian Hammer am 30.02.2012, war Kahl gedopt. Der BDB hat ihn dafür aber wohl nicht gesperrt. Am 15.09.2012, also sechs Monate später, boxte Kahl jedenfalls in Basel, Schweiz gegen Arnold Gjergjaj. Dort hatte er, meinen Informationen gemäß, eine gültige BDB Lizenz. Erst als er dort erneut durch die Dopingkontrolle fiel, hat ihn der BDB offenbar bis zum 08. Mai 2013 gesperrt.
Um es noch einmal zusammenzufassen – und auch um es sich noch einmal auf der Zunge zergehen zu lassen: Der BDB akzeptiert einen Boxer als Herausforderer für die Deutsche Meisterschaft, der frisch aus der Dopingsperre kommt und zweimal hintereinander in der ersten Runde KO ging!
Wer nun meint, es könne jetzt nicht noch schlimmer und skandalöser werden, der hat sich geirrt: Tatsächlich ist Alexander Kahl noch gesperrt! Er ist nämlich bis einschließlich 20.10.2013 von der EBU, European Boxing Union, gesperrt. Als Mitglied der EBU darf der BDB aber keinen von der EBU gesperrten Boxer boxen lassen. Offensichtlich fühlt sich beim BDB aber keiner an überhaupt irgendwelche Regeln mehr gebunden.

Zum Schluss noch ein persönliches Wort: Herr Pütz, was würden Sie davon halten, wenn Sie mich nicht nur zum Deutschen Meister im Super Mittelgewicht machten, sondern auch zum Delegierten? Ich bin willens darauf zu achten, dass Boxer, die gedopt sind, gesperrt werden und dass die Sperre auch eingehalten wird. Ich bin auch willens noch einmal das Regelwerk von BDB und EBU zu lesen. Aber möchten sie überhaupt, dass jemand auf die Einhaltung der Regeln aufpasst?
© Uwe Betker