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The new kid on the block

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Selten hat wohl die erste Veranstaltung eines neuen Veranstalters von Profiboxkämpfen ein solches Medienecho gefunden. Die BILD Zeitung berichte. RTL berichtete. SAT 1 berichtete – und noch viele andere mehr. Und das, obwohl FFM Box Promotion noch keine einzige Show auf die Beine gestellt hat. Aber offensichtlich hat der neue Veranstalter ein Konzept, das ankommt – zumindest aber regt es die Phantasie der Medien an. Am 26.07.2014 wird sich nun im Zoo Palais, Frankfurt zeigen, ob das Konzept aufgeht.
Nur zum Teil ist es das Profiboxen, das der Veranstaltung so viel Aufmerksamkeit beschert. FFM Box Promotion wirbt damit, Weltklasse-Boxen zeigen zu wollen. Die Kampffolge allerdings verspricht nicht Weltklasse, sondern eher solides Boxen.
Im Hauptkampf treffen Danny Williams (68 Kämpfe, 46 Siege, 35 durch KO, 22 Niederlagen, 11 durch KO) und Boris Estenfelder (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) in einem 10 Runder aufeinander. Der „Brixton Bomber“ Danny Williams schrieb Boxgeschichte, als er am 30.07. 2004 Mike Tyson in der 4. Runde KO schlug und damit dessen letzten Comebackversuch beendete. Hiernach stieg er gegen Vitali Klitschko, Audley Harrison, Matt Skelton, Albert Sosnowski, Dereck Chisora, Manuel Charr, Alfred Cole, Christian Hammer, Denis Bakhtov, Oleg Maskaev und noch einige andere in den Ring. Seine Kämpfe gewann er nur selten. Gleichwohl ist Williams einer der großen Schwergewichtler.
Sein Gegner, der ungeschlagene Boris Estenfelder, will nach einer über zweieinhalbjährigen Pause seiner Karriere noch einmal Schwung geben. Der Kampf verspricht Spannung. Man kann ihn als eine Art Tribut an Danny Williams sehen, als würdigen Abschiedskampf. So jedenfalls möchte der Veranstalter Nikolas Weinhart ihn verstanden wissen. Man kann den Kampf aber auch als Aufbaukampf für Estenfelder verstehen.
Ebenfalls im Schergewicht treffen Agit Kabayel (10 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO) und der „Highlander“ Marcel Zeller (35 Kämpfe, 24 Siege, 23 durch KO, 11 Niederlagen, 10 durch KO) aufeinander. Kabayel ist vermutlich so etwas wie die Schwergewichtshoffnung von FFM. Blerim Hajdari (Schwergewicht), Badien Hasso (Halbschwergewicht) und andere kämpfen auch noch. Alles in allem lässt die Kampffolge eine gute und solide Veranstaltung erwarten. Immerhin steigt auch Jürgen Doberstein (17 Kämpfe, 15 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden), der viel versprechende deutsche Supermittelgewichtler, in den Ring.
Aber diese Profiboxkämpfe sind es nicht allein, die die Medien elektrisieren. Was solche Medien wie Bild und RTL tatsächlich interessiert, ist wohl eher das Promiboxen. Da treten nämlich die zwei Rapper Toony und Bero Bass gegeneinander an. Natalia Osada boxt gegen Giorgina Fleur. Akay, Alberto, Sinan G, Maurice Glover, Andi Schmidt sollen auch boxen. Diese Namen mögen nicht allen Boxfans etwas sagen, aber das sind die Namen derjenigen Prominenten, für die sich ein Teil, vermutlich sogar ein erheblich größerer Teil als die reinen Boxfans, interessieren. Da macht es dann auch Sinn, dass nun Miss Schleswig Holstein, Alicia Melina, die, nebenbei bemerkt auch noch singt, nun Profiboxerin wird. Auch Betrüger Peter Mike Wappler alias Milliarden-Mike steigt als Profi in den Ring. Er soll gegen Frans Botha (63 Kämpfe, 48 Siege, 29 durch KO, 11 Niederlagen, 9 durch KO, 3 Unentschieden) boxen. Beide Kämpfe dürften in der Grauzone zwischen Profiboxen und Promiboxen anzusiedeln sein.
Ergänzt wird das Boxprogramm von Gästen wie Alexander Dimitrenko und die Familie Geissen. Showacts gibt es von Spanish Music Mafia, die DSDS Girlgroup Melody, Vanessa und Yassemine, Bahar, Iveta, Kalle Schwensen, Ralf Richter und Nitro.
Als Purist des Boxens kann man sich natürlich abzuwenden und den Kopf zu schütteln. Ich persönlich aber bin gespannt auf die Veranstaltung von FFM. Dieses Konzept ist in seiner Form nämlich neu und es verspricht zum einen, neue Zuschauer für das Boxen zu gewinnen, und zum anderen, neue Märkte zu erschließen. Wenn das Konzept „des Neuen“ aufgeht, kann das Profiboxen davon nur profitieren.
Solch ein „Boxentertainment“ scheint auch die Konkurrenz zu beunruhigen. Ein Mitbewerber hat offenbar das Gerücht gestreut, Promoter Nikolas Weinhart hätte die Angewohnheit, die Boxer bei seinen Veranstaltungen nicht zu bezahlen. Dieser Angstbeißer hat aber übersehen, dass Weinhart noch gar keine Show veranstaltet hat. Dies soll sich ja nun am 26.07.2014 ändern.
© Uwe Betker

Eine wirklich gute Veranstaltung

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Die ca. 5.000 Zuschauer fassende Fraport Arena in Frankfurt war nicht gut gefüllt. Die Oberränge waren geschlossen, eine Seite war gesperrt und der Rest war auch nicht voll. Angeblich haben 3.000 den Weg in die Halle gefunden. In diesem Fall ist das bedauerlich! Sauerland Event hatte nämlich eine wirklich gute Veranstaltung auf die Beine gestellt.
Dabei fing es eher enttäuschend an. Der ungeschlagene deutsche Cruisergewichtler David Graf bekam es im ersten Kampf des Abends mit Paul Morris aus Großbritannien zu tun. Graf, von dem es vorher hieß „Graf mag es gerne schnell!“, konnte den zwar auf sechs Runden angesetzten Kampf einstimmig nach Punkten für sich entscheiden, aber er überzeugte nicht. Morris (12 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) zwang Graf (6 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO), zum ersten Mal in seiner Profikarriere über die volle Distanz zu gehen. Es schien fast so, als wäre Graf überrascht gewesen, dass sein Gegner nicht umfiel. Für die boxerische Entwicklung von Graf war diese Erfahrung bestimmt wichtig. Für die Zuschauer war der Kampf aber eher langweilig.
Obwohl der zweite Kampf des Abends einen auch nicht vom Stuhl gerissen hat, war er aber doch sehr viel interessanter. Angekündigt wurde, dass der Sieger des Kampfes gegen den Sieger von Hernandez gegen Cunningham antreten dürfe. Das war natürlich ein Scherz. Der Pole Lukasz Rusiewicz (22 Kämpfe, 10 Siege, 3 durch KO, 12 Niederlagen 1 durch KO) wäre ein geradezu grotesk unwürdiger Herausforderer. Und selbst wenn er denn gewonnen hätte, wäre er damit niemals auf eine Weltranglistenposition gerutscht, die die Sanktionierung durch den Verband IBF gerechtfertigt hätte. Es ging also lediglich darum, dass Troy Ross (27 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) aus Kanada noch einmal gewinnt.
Ross, der am 05.06.2010 durch TKO gegen Cunningham einen WM Kampf verloren hatte, entledigte sich seiner Aufgabe pflichtgemäß. Nach dem Kampf erklärte er mir, dass es nur darum gegangen sei zu gewinnen und keine Verletzung zu bekommen. Er hatte Rusiewicz zweimal hart getroffen und gemerkt, dass dieser nicht schnell umfällt. Daraufhin hat sein Trainer ihn immer ermahnt mit Kopf und mit so wenig Risiko wie möglich zu boxen. Für den Zuschauer war es interessant sich vorzustellen, wie der mit 182 cm doch recht kleine Ross sich wohl gegen Hernandez oder Cunningham schlagen würde. Ross gewann also den Achtrunder einstimmig nach Punkten.
Der dritte Kampf war die Europameisterschaft im Halbschwergewicht. Es boxten Vyacheslav Uzelkov (27 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen) aus der Ukraine gegen Eduard Gutknecht (23 Kämpfe, 22 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage) aus Deutschland. Es handelte sich hier um eine richtige Europameisterschaft, sanktioniert von der Europäischen Box Union, und nicht um eine dieser Pseudo-Europameisterschaften, bei der jeder boxen darf. Das merkte man der Qualität des Kampfes auch an. Gutknecht zeigte in seiner Pflichtverteidigung eine große Leistung, die nicht alle ihm zugetraut hätten. Gutknecht hielt nicht nur dem enormen Druck von Uzelkov stand und punktete mit schönen Kontern. Im Laufe des Kampfes bestimmte er sogar mehr und mehr das Geschehen im Ring. Je länger der Kampf dauerte, umso einseitiger wurde er. In den letzten Runden schien es fast so, als ob Gutknecht, der wirklich kein Puncher ist, sogar noch den KO suchen würde. Gutknecht gewann beeindruckend einstimmig nach Punkten.
Die nächste Begegnung war die IBF-Weltmeisterschaft im Cruisergewicht zwischen dem Herausforderer und vormaligen Weltmeister Steve Cunningham (27 Kämpfe, 24 Siege, 12 durch KO, 3 Niederlagen) und dem Titelverteidiger Yoan Pablo Hernandez (26 Kämpfe, 25 Siege, 13 Siege, 1 Niederlage, 1 durch KO). Den Kampf verdankt die Boxwelt der IBF, die einen Rückkampf angeordnet hatte, nachdem Cunningham am 01.10.2011 unter zumindest etwas dubiosen Umständen seinen Titel an Hernandez verloren hatte. Der Hauptakteur des ersten Kampfes, Prof. Dr. Dr. Walter Wagner, Facharzt für Allgemeine Chirurgie in Bayreuth, war bei diesem Kampf auf Druck von Cunningham, nicht als Ringarzt bestellt. Mit diesem Kampf haben wir eine großartige Ringschlacht gesehen. In den ersten Runden versuchte Cunningham offensichtlich, der Linken, also der Schlaghand von Hernandez aus dem Weg zu gehen. In der vierten Runde kam Hernandez dann aber mit einem harten kurzen linken Kopfhaken durch, und der US-Amerikaner ging schwer zu Boden. Kaum stand er wieder, musste er erneut runter. In den verbleibenden 35 Sekunden war er nur noch damit beschäftigt, den Gong zu erreichen. Es gibt vermutlich kaum einen Cruisergewichtler der Welt, der dies gegen den Kubaner in einer solchen Verfassung geschafft hätte. Wie schon des Öfteren in seiner Karriere, kam Cunningham nach diesem Niederschlag stärker wieder zurück in den Kampf. Die folgenden Runden waren bis zur letzten Sekunde spannend. Am Ende gewann Yoan Pablo Hernandez verdient und einstimmig nach Punkten. Der offensichtlich beste Cruisergewichtler der Welt besiegte den wohl zweitbesten der Welt.
Die folgende Europameisterschaft, ebenfalls im Cruisergewicht, hatte Ähnlichkeit mit einer öffentlichen Schlachtung. Der aus Serbien stammende Lokalmatador Enad Licina (24 Kämpfe, 21 Siege, 11 durch KO, 3 Niederlagen) hatte gegen den Russen Alexander Alekseev (24 Kämpfe, 22 Siege, 20 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) nicht die geringste Chance. Licina, hinter seiner Doppeldeckung agierend, war einfach zu statisch, um Alekseev in Gefahr zu bringen. Vielmehr kassierte er Treffer um Treffer. Die Verkündung des einstimmigen Punktsieges war reine Formsache. Licina muss sich jetzt fragen, welche boxerischen Ziele er noch erreichen kann, nachdem er eine Niederlage in einem WM-Kampf, am 12.02.2011 gegen Cunningham, und nun in einem EM-Kampf einstecken musste.
Den letzten Kampf des Abend bestritten Michael Simms (40 Kämpfe, 22 Siege, 14 durch KO, 16 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) aus den USA und Mateusz Masternak (24 Kämpfe, 24 Siege, 18 durch KO) aus Polen. Der als KO-Sensation angekündigte Masternak hatte mit dem Überlebenskünstler Simms, ganz klar seine Schwierigkeiten. Er sah gegen den Routinier regelrecht durchschnittlich aus. Dass der Kampf in der vierten Runde abgebrochen wurde, hat er nicht seiner Schlaghärte zu verdanken, sondern lediglich einer engen Regelauslegung durch den Ringrichter Gerhard Sigl. Masternak hatte Simms an den Seilen gestellt und mit einem Schlaghagel eingedeckt, der aber nur die Deckung traf. Der Ringrichter brach den Kampf ab, weil Simms auf die Schläge nicht mit einer eigenen Aktion geantwortet hatte. Ich persönlich hätte dem Kampf noch gerne etwas länger zugesehen.
Sauerland Event hat eine wirklich gute Veranstaltung auf die Beine gestellt. Es gab interessante und spannende Paarungen und sogar einen richtig phantastischen Kampf zu sehen. Was will man mehr? ! – Nun, vielleicht noch einen schönen KO in einem der Hauptkämpfe. Aber als Veranstalter kann man hoffentlich eben doch nicht alles planen.
© Uwe Betker