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Vier Profikämpfe in Düsseldorf
Im Freudenreich Professional Boxing Gym in Düsseldorf fand am Freitag, dem 13.
Oktober 2013 wieder eine Boxshow statt. Die Gym-Veranstaltungen haben inzwischen schon Tradition. Auch diesmal wurde für einen guten Zweck geboxt; es war wieder eine Benefiz Box-Gala zu Gunsten des Deutschen Kinderhospizvereins. Die Veranstaltung war ausverkauft. Es gab nicht mal eine Abendkasse, weil alle Eintrittskarten bereits nach drei Stunden Vorverkauf restlos weg waren.
Es gab vier gute Profikämpfe zu sehen. Den ersten bestritten die Mittelgewichtler Jay Spencer (3 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO) und Miroslaw Lerch. Der Lokalmatador Spencer machte hier seinen dritten Profikampf und damit seinen sechsten Boxkampf überhaupt. Sein Gegner Miroslaw Lerch gab sein Profidebüt. Spencer boxte die ersten 10 Sekunden verhalten, um aber dann aber sein Gegenüber zu attackierten. Er schlug meist eine gute linke Grade, gefolgt von mehreren Haken zum Kopf. Lerch war zwar von Anfang an in der Defensive, konnte jedoch ein ums andere Mal kontern. Die zweite Runde folgte dem Muster der ersten, allerdings mit dem Unterschied, dass Spender noch mehr Druck machte. Ein linker Kopfhaken fällte Lerch, der flach auf dem Rücken liegend ausgezählt wurde. Die Uhr blieb bei 57 Sekunden in der Runde zwei stehen. Spencer, der ja eigentlich noch ein Anfänger in Sachen Boxen ist, zeigte eine beeindruckende Leistung.
Im zweiten Kampf des Abends trafen im Halbschwergewicht Niko Lohmann (5 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Salvatore Vancardo (9 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 3 Niederlagen, 2 Unentschieden) aufeinander. Beide sind bereits vor einem Jahr an gleicher Stelle gegeneinander angetreten. Damals war der Kampf sehr eng und wurde dann auch Unentschieden gewertet. Lohmann, der den Kampfnamen Karl Stahl führt, ist in vielen Kampfsportarten zu Hause. In seinem ersten Kampf als Profiboxer erreichte er gegen Vancardo nur ein Unentschieden. Beide hatten vor den Kampf angekündigt, dieses Ergebnis wollten sie revidieren.
Die erste Runde war noch recht ausgeglichen. Stahl war der physische stärkere, Vancardo der technisch bessere Boxer. Stahl versuchte mit Kraft, Vancardo mit Körpertreffern zum Ziel zu kommen. Ab Mitte der zweiten Runde konnte man dann aber sehen, wie sich der Altersunterschied mehr und mehr bemerkbar machte. Stahl, auch immerhin schon 31 Jahre, stellte seinen 8 Jahre älteren Gegner immer wieder an den Seilen, wo er ihn mit Schlägen eindeckte. Es kam einem fast so vor, als würde man dem Alterungsprozess von Vancardo im Zeitraffer zusehen. Zwar konnte er in der folgenden Runden manchmal noch mit Einzelschlägen durchkommen, aber es war nur seiner Tapferkeit und seiner Routine geschuldet, dass er überhaupt den Schlussgong erreichte. Am Ende der vier Runden stand ein 39:38 Punktsieg für Lohmann, der für den Unterlegenen schon sehr schmeichelhaft war.
Der dritte Kampf des Abends, der im Cruisergewicht ausgetragen wurde, war mit Spannung erwartet worden. Alex Mogylewski (22 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO, 8 Niederlagen, 6 durch KO) gab nach 22 Monaten Ringabstinenz sein Comeback. Sein Gegner war Jakub Wojcik (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage). Er hatte zwar bis dahin nur einen Profikampf bestritten, konnte aber mit einer insgesamt guten Bilanz als Amateur aufwarten. Mogylewski fand in der ersten Runde nicht in den Kampf. Wojcik boxte explosiver, traf häufiger und besser. Mogylewski wirkte seltsam gehemmt und kam mit der Rechtsauslage von Wojcik nicht zurecht. Er stürmte auf seinen Gegner zu, ohne die Aktion mit der Führhand vorzubereiten. Auch seine Rechte kam nur mit Verzögerung. Im Laufe des Kampfes wurde Mogylewski dann aber schon besser. Obwohl Wojcik auch in der zweiten Runde noch die präziseren Treffer landen konnte, wurde sein Gegenüber nun immer stärker. Im dritten Durchgang überrollte Mogylewski ihn buchstäblich, und er wurde auch getroffen. Zu Beginn der Runde musste er eine Rechte zum Kopf nehmen. Um Zeit zu gewinnen und einem KO zu entgehen, spuckte er seinen Mundschutz aus. Bis zum Rundenende machte er dies noch zweimal, wofür er auch jeweils mit einem Punktabzug bestraft wurde. Am Anfang der vierten Runde musste er wieder eine Rechte zum Kopf nehmen, die ihn sichtlich erschütterte. Wieder spuckte er seinen Mundschutz aus, um nicht KO zu gehen. Nur, dieses Mal hatte der gute GBA Ringrichter Roman Morawiec genug davon und disqualifizierte ihn. Der vorzeitige Sieg von Mogylewski kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er noch Ringrost hat. Für ihn und seinen Trainer Stefan Freudenreich ist noch viel zu tun.
Den Hauptkampf des Abends bestritten Robert Tlatlik (14 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO) und Maurycy Gojko (64 Kämpfe, 21 Siege, 7 durch KO, 40 Niederlagen, 8 durch KO, 3 Unentschieden) im Leichtgewicht. Beide zeigten Boxen auf hohem technischem Niveau. Tlatlik, der jüngere und schnellere Boxer, zeigte schnelle Hände. Er verteilte gut auf Körper und Kopf. Gojko konterte und immer wenn Tlatlik Druck raus nahm kam er. Ab der vierten Runde zollte Gojko dem hohen Tempo Tribut. Tlatlik öffnete immer häufiger durch linke Körpertreffer die Deckung von Gojko und kam mit rechten Kopfhaken und Uppercuts durch. Bis zum Ende der sechsten und letzten Runde suchte Tlatlik den KO, aber er schaffte es nicht. Der sehr erfahrenene Gojko knickte zwar im letzten Durchgang nach einem Leberhaken ein, aber er berührte nicht mit einem Knie den Boden, weshalb er zu Recht nicht angezählt wurde. Der Punktrichter wertete 60:53 für Tlatlik.
© Uwe Betker
Ein schneller, ein brüllend komischer und ein guter Kampf
Am 26.04.2013 fand wieder eine Show im Freudenreich Professional Boxing Gym in Düsseldorf statt. Zum zweiten Mal war diese Veranstaltung eine Benefiz Box-Gala für die Deutschen Kinderhospizverein e. V. Es gab drei Profiboxkämpfe zu sehen.
In dem ersten trafen Jay Spencer (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Gerino Grell (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) im Junior Mittelgewicht kurz aufeinander. Spencer deckte von der ersten Sekunde an seinen Gegner mit einem nicht enden wollenden Schlaghagel ein. Grell versuchte nur, irgendwie den Schlägen zu entkommen oder sie zu blocken. Nach ca. 2 Minuten unterbrach der Ringrichter den Kampf und ermahnte Grell, sich nicht abzudrehen. Diese Pause nutzte Spencers Trainer Stefan Freudenreich dazu, seinen Schützling zu kontrolliertem Boxen zu ermahnen. Kaum ging der Kampf weiter, wobei Spencer nun systematischer boxte, fiel Grell auch schon nach einem Schlag auf den Solarplexus. Nach nur 2 Minuten und 10 Sekunden war der Kampf auch schon zu Ende.
Der zweite Profikampf des Abends war nur ganze 30 Sekunden länger, dafür war er aber geradezu brüllend komisch. Salvatore Vancardo (8 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 2 Niederlagen, 2 Unentschieden) traf im Halbschwergewicht auf den Debütanten Sadettin Önel. Önel suchte am Anfang sein Glück in möglichst weit ausholenden Schlägen. Offensichtlich glaubte er, die Handschuhinnenseite diene als Schlagfläche. Der gute Ringrichter Roman Morawiec unterbrach den Kampf dann bald, um Önel eines Besseren zu belehren. Kurze Zeit später ging Önel dann zu Boden, wo er sich hinter seiner Doppeldeckung verschanzte. Ein Luftzug hatte ihn offenbar gefällt.
Hiernach besann Önel sich auf seine boxerischen Fähigkeiten. Mutig griff er an, indem er langsam, aber rhythmisch und dabei immer wieder elegant die Knie leicht beugend, beide Fäuste gleichzeitig nach vorne stieß, wieder zurückzog, erneut nach vorne stieß u. s. w.. Ich fühlte mich noch am ehesten erinnert an Rudern im Stehen – nur ohne Boot, dafür aber mit Boxhandschuhen an den Händen.
Im Gegensatz zum Publikum, dem zum Teil die Tränen vor Lachen herunterliefen, fand der Ringrichter das Trockenrudern nicht lustig und brach die Darbietung ab, aufgrund des technischen Unvermögens des Boxers. Auch der Boxer Salvatore Vancardo, der sich sechs Wochen lang auf einen Boxkampf vorbereitet hatte, und Veranstalter Stefan Freudenreich, der einen Boxer engagiert hatte, waren nicht amüsiert.
Kleiner Zwischenkommentar: Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, wenn ein Boxer versucht, Ruderbewegungen in den Boxsport zu integrieren. Schließlich hat der DBV, Deutschen Boxverbandes, Michael Müller zu seinem Sportdirektor gemacht. Müller, den ich DBV Müller nenne, um ihn nicht mit anderen zu verwechseln, war vorher Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes (DRV). DBV-Müller konnte seine sportlichen Erfolge bei den Boxern sogar noch steigern. Unter der Führung von DBV Müller, der damals noch DRV Müller war, holten die deutschen Ruderer bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 erstmals seit 52 Jahren keine Goldmedaille. – Das dürfte wohl auch der Grund dafür sein, warum aus DRV Müller DBV Müller wurde. – Bei den Olympischen Spielen in London 2012 holten die Boxer unter seiner Führung gar keine Medaille.
Der Hauptkampf des Abends war auf acht Runden angesetzt. Der Junior Weltergewichtler Robert Tlatlik (12 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO) traf auf Sylwester Walczak (10 Kämpfe, 4 Siege, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden). Bereits mit dem ersten Schlag, einem linken Cross, kam Tlatlik durch. In der ersten Runde traf er dann immer wieder trifft mit dem linken und dem rechten Cross. Die Trefferquote ist umso erstaunlicher, weil Walczak größer ist als Tlatlik. Obwohl er einen erheblichen Reichweitenvorteil hatte, konnte er seinen Jab nicht etablieren. Es sah schon fast wieder so aus, als ob auch dieser Kampf kurz werden würde.
Aber bereits in der zweiten Runde nahm Walczak weniger. Der Kampf wurde dann über acht Runden auf hohem technischem Niveau geführt. Tlatlik brachte seinen Gegner zwar mehrfach nahe an einen KO, aber der konnte sich dann doch immer wieder retten. Zugute kam Walczak, dass er seinen Körper gut decken konnte und damit eine der Hauptwaffen von Tlatlik ausschaltete.
Am Ende der acht Runden stand ein einstimmiger Punktsieg für Tlatlik. Die Punktrichter werteten 80:73, 79:72 und 80:72.
© Uwe Betker