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Die ultimativ subjektive Liste 2016

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Boxer des Jahres
Tyson Fury (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO) boxte 2016 nicht. Er hatte mit psychischen Problemen, Drogen, Alkohol und einem positiven Dopingtest zu tun. Der Weltmeister der WBO und Super Champion der WBA verlor kampflos seine Titel. Aber immer war er in den Medien präsent. Wir dürfen gespannt sein, ob er den Weg zurück in den Ring findet.
Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Die Liste der Boxer, die einen zu hohen Preis für ihr Tun bezahlen, wird immer länger. Erst war es Alexander Mengis, der nach seinem Kampf am 23. Mai 2013 in Berlin ins Koma fiel. Nun kam am 18. November 2016 Eduard Gutknecht hinzu. Boxfans, Manager, Veranstalter und Journalisten vergessen gerne, dass Boxen gefährlich ist. Alexander Mengis und Eduard Gutknecht sind die Boxer des Jahres 2016 ehrenhalber.
Boxerin des Jahres
2016 sah ich in Deutschland keine Boxerin, die diesen Titel verdient hätte.
KO des Jahres
Marek Jedrzejewski (11 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO) boxte am 05.11.2016 in Plettenberg um den Titel des GBU Europameisters im Super Federgewicht. Dabei traf er auf Manuel Buchheit (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Jedrzejewski boxte überlegt und kontrolliert bis in die letzte Runde. Dann stellte Jedrzejewski Buchheit an den Seilen und deckte ihn mit Links-rechts-Kombinationen zum Kopf ein. Buchheit stürzte KO durch die Seile auf den Tisch der Offiziellen.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.
Feiglinge des Jahres
Zwei Schläger bedrohten im Rahmen der Veranstaltung am 04. Dezember in Hamburg den renommierten Boxsportjournalisten Per Ake Persson. Ein Boxer oder eine Boxerin fühlte sich wohl von Persson nicht nett genug behandelt. Der Boxer oder die Boxerin hat erst einmal ein intellektuelles Problem, weil er oder sie meint, Journalisten hätten Hofberichterstatter zu sein. Zum anderen scheint er oder sie auch feige zu sein, weil er oder sie nicht das Gespräch gesucht hat.
Rookie des Jahres
Ein 32-jähriger Boxer soll ein Rookie sein? Ja. Der Schwergewichtler Patrick Korte hat bis jetzt nur 8 Profikämpfe bestritten. Er ist ein Spätberufener. Aber als Typ ist er interessant und als Boxer viel versprechend. Den Rest wird die Zukunft zeigen.
Überschätzter Boxer des Jahres
Erkan Teper (17 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) hat am 15.10.2016 in Christian Hammer seinen Meister gefunden. Der Schwergewichtler war und ist die Hoffung von Z!-Promotion. Inwieweit Teper die in ihn gesetzten Hoffnungen aber erfüllen kann, wird sich zeigen.
Überschätzte Boxerin des Jahres
Es gibt sie, aber ich will sie hier nicht mit einer Nennung ehren.
Ringrichter des Jahres
Drei Ringrichter sind mir sehr positiv aufgefallen: Goran Filipovic vom BDB, Thomas Hackenberg von der GBA und Alexander Plumanns von dem FVA.
Absteiger des Jahres (männlich)
Alexander Zastrow und Boris Zastrow, die Besitzer von Z!-Promotion wollten von Deutschland aus das Schwergewichtsboxen erobern. Sie holten sich Hagen Döring als Mastermind, Oktay Urkal als Trainer und drei Schwergewichtler, Erkan Teper, Christian Lewandowski und Franz Rill. Die Dopingskandale um Erkan Teper wurden ausgesessen. Dann kam aber noch der 15.10.2016 und alle drei Schwergewichtler verloren. Lewandowski und Urkal verloren wohl sogar ihren Vertrag. Unbeschädigt blieb nur ein Nicht-Schwergewichtler, nämlich der Weltergewichtler Timo Schwarzkopf (17 Kämpfe, 16 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage).
Absteiger des Jahres (weiblich)
Maria Lindberg (19 Kämpfe, 15 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 2 Unentschieden) ist die Nummer sechs im Super Weltergewicht. Dennoch boxte sie in ihrem letzten Kampf am 04. Dezember in Hamburg gegen eine Debütantin, Selma Music aus Kroatien.
Aufsteiger des Jahres
Felix Sturm (48 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) ist aufgestiegen in den Sportolymp, u. z. in den, in dem schon die Großen Lance Armstrong, Ben Johnson und Jan Ullrich sind. Wie vermutlich bei all den oben Genannten enthielten auch die Körperausscheidungen von Sturm Substanzen, die dort nicht hinein gehören.
Aussteiger des Jahres
Der BDB ist zum zweiten Mal von der EBU in ihrer Mitgliedschaft herabgestuft worden. Grund war wohl jeweils der Umgang des BDBs mit Doping. Man könnte die Informationspolitik des BDB gegenüber der EBU als Ausstieg aus der EBU verstehen.
Veranstalter des Jahres
Der Veranstalter des Jahres ist eine Frau, um es noch präziser zu sagen, eine sehr junge Frau. Die erst 14 Jahre alte Ranee Schröder, stellte am 18.12.2016 in Bielefeld einen Box-Frühschoppen auf die Beine. Und es war eine richtig gute Veranstaltung. Ranee Schröder ist wohl der/die jüngste Boxpromoter/in der Welt sein. Hoffen wir, dass sie weiter macht.
Veranstaltung des Jahres
Christoph Jan Jaszczuk (First Punch Boxpromotion) stellte am 05.11.2016 in Plettenberg eine großartige Veranstaltung auf die Beine. Es gab einfach nur richtig gutes Boxen zu sehen. Im Hauptkampf des Abends wurde Marek Jedrzejewski (11 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO) GBU Europameister im Super Federgewicht.
Boxevent des Jahres
Gab es überhaupt ein gutes großes Boxevent 2016?
Fehlentscheidung des Jahres
Felix Sturm (48 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) gewann am 20.09.2016 seinen Rückkampf gegen Fedor Chudinov (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage). Das wenigstens sahen die Punktrichter Jean-Louis Legland (115:113), Giuseppe Quartarone (115:113) und Ignacio Robles (114:114). Die meisten Boxfans allerdings, sofern sie nicht gerade Felix Sturm Fans waren, sahen das wohl anders.
Trainer des Jahres
Kai Gutmann aus Lemgo hat mit zwei Boxerinnen das Frauenboxen in Deutschland aufgemischt und bereichert: Beke Bas (7 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO) und Leonie Giebel (11 Kämpfe, 10 Siege, 1 durch KO, 1 Unentschieden).
Entgleisung des Jahres
Doping fängt an, das Profiboxen in Deutschland zu zerstören. Erkan Teper, Felix Sturm und Alexander Povetkin sind 2016 im Zusammenhang mit Doping in Erscheinung getreten. Aber das interessiert offenbar keinen, am wenigsten die Verbände, deren Strafen für Doping nach wie vor geradezu lächerlich sind.
Boxkampf des Jahres (männlich)
Der Kampf zwischen Milos Janjanin und Atilla Kayabasi um den WBU International Titel im Super Leichtgewicht am 21.05.2016 in Dorsten, im Rahmen der zweiten Assassin Fighting Championship. Beide gingen von der ersten Sekunde an ein unglaublich hohes Tempo. Ein Schlagabtausch folgte auf den nächsten. In der sechsten Runde zog sich Kayabasi einen stark blutenden Cut über dem rechten Auge zu. Danach verwandelte sich der klasse Kampf in eine geradezu epische Ringschlacht, die Atilla Kayabasi schließlich nach Punkten für sich entscheiden konnte.
Boxkampf des Jahres (weiblich)
Es fand kein wirklich großer in Deutschland statt, oder ich habe weder von ihm gehört noch habe ich ihn gesehen.
Comeback des Jahres (männlich)
Markus Bott ist wieder da. Der ehemalige Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO trainiert seit kurzem Vincent Feigenbutz.
Comeback des Jahres (weiblich)
Habe ich übersehen.
Bester Show Act des Jahres
Troy Afflick, ein unglaublich guter Soulsänger, sang mehrfach beim Box-Frühschoppen von Ranee Schröder in Bielefeld. – Eine super Stimme.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Cruisergewichtler Noel Gevor (22 Kämpfe, 22 Siege, 10 durch KO) ist vermutlich der Boxer von Sauerland Event mit dem größten Potential. Er ist WBO International Champion und die Nummer 22 der unabhängigen Weltrangliste.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Die Super Federgewichtlerin Leonie Giebel (11 Kämpfe, 10 Siege, 1 durch KO, 1 Unentschieden) dürfte reif für eine WM sein. Sie hat zwar keinen richtigen Punch, dafür hat sie aber eine gute boxerische Grundausbildung. Mit ihren 24 Jahren hat sie noch viele Jahre vor sich.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Der Schwede Adrian Grant (14 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO) ist zurzeit der vielversprechendste unter den in Deutschland boxenden Schwergewichtlern. Und er ist erst 25 Jahre alt. D.h. für einen Schwergewichtler ist er noch richtig jung. In der unabhängigen Weltrangliste wird er bereits auf Position 27 geführt.
Boxerin, die zu Unrecht übersehen wird
Die erst 22 Jahre alte Leichtgewichtlerin Beke Bas (7 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO) ist eine Kriegerin und so boxt sie auch.
Boxkampf, den wir 2017 nicht sehen wollen (männlich)
Laut Internet-Gerüchteküche ist ein Aufeinandertreffen von Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) und Arthur Abraham (50 Kämpfe, 45 Siege, 30 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO) geplant. Vor fünf Jahren wäre das ein Weltklassefight gewesen, jetzt, fürchte ich, ginge es nur noch ums Kasse-Machen. Außerdem stellt sich noch eine moralische Frage: Soll man Boxer, die doch wohl des Dopings überführt sind, auch noch mit einer vermutlichen Millionenbörse belohnen?
Boxkampf, den wir 2017 nicht sehen wollen (weiblich)
Es soll da eine Boxerin in Deutschland geben, eine Weltmeisterin, die angeblich in ihren letzten sechs Titelkämpfen, in den letzten drei Jahren, keine Frau mit einem positiven Kampfrekord geboxt hat.
Boxkampf, den wir 2017 sehen wollen (männlich)
Wladimir Klitschko (68 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 4 Niederlagen, 3 durch KO) vs. Anthony Joshua (18 Kämpfe, 18 Siege,18 durch KO) – Eventuell werden wir den Kampf auch zu sehen bekommen, den wir wollen. Der Gewinner dürfte dann der neue oder der alte Herrscher über das Schwergewicht sein.
Boxkampf, den wir 2017 sehen wollen (weiblich)

Bis jetzt kam es immer noch nicht zum Rückkampf zwischen Christina Hammer (21 Kämpfe, 20 Siege, 9 durch KO) und Anne Sophie Mathis (33 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 4 Niederlagen, 12 durch KO). Wir erinnern uns noch mit Entsetzen an Ringrichter Manfred Küchler und daran, dass Hammer den Kampf nicht durch KO verlor. Nun wird es langsam Zeit, denn Mathis ist bereits 39 Jahre alt und sie hat ihren letzten Kampf gegen Cecilia Braekhus durch TKO in Runde 2 verloren.
© Uwe Betker

Written by betker

31. Dezember 2016 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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Äußerungen von von BDB Präsident Thomas Pütz

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Thomas Pütz ist der Präsident des BDB, Bund Deutscher Berufsboxer, also eines von wohl mindestens drei eingetragenen Vereinen in Deutschland, die Profiboxkämpfe sanktionieren. In seiner Funktion als Präsident des BDB äußerte sich Herr Pütz in einem Interview ausführlich über die Entwicklungen und Perspektiven von Sauerland Event. Nun veranstaltet Sauerland aber gar nicht beim BDB, sondern bei FVA, Faustkämpfer Verband Austria. Wenn sich nun also Herr Pütz – wie schon gesagt, in seiner Funktion als Präsident des BDB – über Sauerland auslässt, so ist das doch wohl so, als würde sich Wolfgang Niersbach vom Deutschen Fußball Bund, DFB, über die Entwicklungen und Perspektiven vom AC Mailand ergehen. Das wäre ja doch wohl ziemlich ungewöhnlich. Deshalb sind es mir einige von Pütz‘ Äußerungen eine nähere Betrachtung wert.
Pütz merkt zu Recht an, dass Sauerland viel von seiner Glaubwürdigkeit durch fragwürdige Punktrichterentscheidungen eingebüßt hat. Er führt weiter aus: „Ich bin überzeugt davon, dass es Sauerland in der jetzigen Form im kommenden Jahr nicht mehr geben wird, was ich deshalb bedaure, weil der Kurs, den sie jetzt fahren, indem sie mehr auf deutschen Nachwuchs setzen, gut ist.“ So weit so gut – das sind doch Ansichten, die wohl alle teilen.
Die Ausführungen von Pütz bekommen dann allerdings noch mal eine überraschende Wende, wenn er über das „schwach aufgestellte“ Management von Sauerland referiert: „Auf einer Convention habe ich ihn [Kalle Sauerland] noch nie gesehen. Dort ist immer nur Hagen Doering, Sauerlands Technischer Leiter, den ich für den am meisten unterschätzten Mann im deutschen Boxen halte. Er ist der einzige, der bei Sauerland vom Boxen Ahnung hat.“ Die Expertise von Doering ist unbestritten, aber wie kann Pütz so was sagen? Ist Döring denn nicht für die vielen unsäglichen Paarungen verantwortlich? Ist er nicht auch verantwortlich dafür, dass immer die gleichen willfährig devoten Punktrichter am Ring saßen? War er nicht verantwortlich für die Auswahl der Boxer? Und ist er nicht schließlich der Hauptverantwortliche für den Niedergang von Sauerland Event?
Wieso also lobt BDB-Präsident Pütz ausgerechnet den Mann, der für die Zustände verantwortlich ist, die er vorher im Interview kritisiert hat? Eventuell liegt es ja daran, dass er in Hagen Döring, bzw. in Z! Promotion der Brüder Zastrow, den kommenden Promoter sieht. Z! Promotion hat schon mehrfach mit dem BDB veranstaltet. Und Hagen Döring soll bei diesen Veranstaltungen maßgeblich beteiligt gewesen sein – und das zu einer Zeit, zu der er noch offiziell bei Sauerland Event gearbeitet hat. Was sagt mir das nun aber über Thomas Pütz?
© Uwe Betker

Eine Frage des Stils: Das Ballyhoo um den Wladimir Klitschko – Kubrat Pulev Kampf

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Wikipedia definiert ein Ballyhoo als „eine marktschreierische Werbung, die vor allem das Ziel verfolgt, den Preis für ein Produkt auf dem Markt hoch zu treiben“ und wird als „theatralische Prahlerei in den Medien, insbesondere vor Boxkämpfen“, eingesetzt. Aktuell, finde ich, läuft ein ziemlich aufdringliches Ballyhoo, um die Werbung für den Kampf zwischen Wladimir Klitschko (65 Kämpfe, 62 Sieg, 52 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO)und Kubrat Pulev (20 Kämpfe, 20 Siege, 11 durch KO) anzukurbeln. Dabei sollte man doch meinen, dass die Tatsache eigentlich reichen müsste, dass der beste Schwergewichtler der Zeit seine drei Weltmeistertitel, IBF (International Boxing Federation), WBO (World Boxing Organization) und Super Champion WBA (World Boxing Association), verteidigt.
Das Ballyhoo um die Show am 06.09.2014 in einer Arena in Hamburg Altona wirkt auf mich eher unangenehm, weil hier ein ernstes Thema, wie ich finde, unseriös instrumentalisiert wird. Den Anlass für den verbalen Schlagabtausch bietet die Tatsache, dass Klitschko und Pulev unter zwei verschiedene Dopingregeln fallen. Da der Titelverteidiger mit einer BDB Lizenz boxt, muss er nur die Dopingkontrolle nach dem Kampf über sich ergehen lassen. Der Herausforderer boxt aber mit einer FVA Lizenz, was bedeutet, dass er jederzeit mit Trainingskontrollen rechnen muss. Hier nun ist der Aufhänger für das unerquickliche Ballyhoo: Pulev fordert, dass auch Klitschko sich dem strengeren Reglement der Weltdopingagentur (Wada) aussetzen soll. Natürlich weiß er, genau wie sein Management, dass die Ablehnung eines solchen Anliegens immer etwas seltsam aussieht und auch den Hauch eines Anfangsverdachts zurücklässt.
Pulev argumentiert: „Dopingkontrollen nach einem Kampf? Das hat vor 30 Jahren vielleicht was gebracht. Wer dopen will, hat heute doch ganz andere Möglichkeiten. Und das mit dem Verband und dem Geld glaube ich sowieso nicht. Die laufen einfach dem Thema davon. Unser Team zahlt, glaube ich, 80.000 Euro im Jahr für die Kontrollen. Wenn Klitschko allein 30.000 kosten würde und der BDB nicht zahlt, würde ich das an seiner Stelle aus eigener Tasche tun. Für ihn sind 30.000 wie für mich 500. Warum setzt er sich einem möglichen Verdacht aus? Weil etwas dran ist?“
Der Bund Deutscher Berufsboxer sieht in seinen Regularien aus Kostengründen nur eine Dopingkontrolle nach dem Kampf vor. Wie Pulev aber zu recht anmerkt, dürften diese Kosten bei dem Mulitmillionenunternehmen Klitschkos keine auch nur marginale Rolle spielen. Hinzu kommt, dass der Name Klitschko, um genau zu sein der Name Vitali Klitschko, für immer mit Doping verbunden ist. Vitali Klitschko wurde seinerzeit die Einnahme des Steroids Nandrolon nachgewiesen, weshalb er auch nicht an den Olympischen Spiele 1996 von Atlanta teilnehmen durfte.
Wenn Klitschko-Manager Bernd Bönte dem entgegenhält, dass der BDB schon Dopingsünder überführt hat, ist dies nur ein schwaches Argument. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie BDB Präsident Thomas Pütz sich im Dopingfall Sam Soliman recht originell verhalten hat. Damals sprach er zunächst mit der BILD Zeitung, dann informierte er erst die Doping-Behörde NADA und den Weltverband IBF. Die übliche Vorgehensweise sieht jedoch anders aus und eine Vorabinformation der BILD ist auch nicht vorgesehen. Die Frage, die sich hier stellt, ist, ob Pütz hier als BDB Präsident oder als Personenschützer handelte?
Pütz springt nun auch für Klitschko in die Breche. Die Argumente, die anführt, warum ein Klitschko nicht nach Wada Kriterien auf Doping kontrolliert werden soll, sind dabei mehr als fadenscheinig. „Das Problem ist die Umsetzung der Trainingskontrollen. Wladimir würde sich jederzeit testen lassen, ist als Weltbürger aber überall zu Hause und nicht in der Lage, seinen Standort schon Monate voraus anzugeben. Das ist nicht praktikabel.“ Denn wer dreimal nicht angetroffen wird (missed tests), muss mit einer Sperre rechnen. „Das Risiko kann Wladimir aufgrund seiner ständigen Ortswechsel nicht eingehen“, sagte BDB Präsident Pütz.
Das Pütz hingeht und so argumentiert ist wirklich bemerkenswert. Ein „Weltenbürger“ Klitschko, der überall zu Hause ist, ist demnach nicht zu testen, im Gegensatz zu den vielen anderen Topathleten auf der Erde, die überall auf der Erde trainierten und ihre Wettkämpfe bestreiten. Auch hier kann man fragen, äußerte sich Pütz hier als Präsident des eingetragenen Vereins beim Amtsgericht Kiel oder als Bodyguard von Wladimir Klitschko?
Man kann aber schon den Eindruck gewinnen, dass der Veranstalter von Pulev, Sauerland Event, versucht, vorab die sehr wahrscheinliche Niederlage seines Schützlings zu entschuldigen, oder Klitschko und sein Management zumindest ein wenig zu ärgern. Wenn Bönte hier argumentiert, „Pulews Management hätte den Kampf ja auch ersteigern können“, dann führt er Sauerland Event öffentlich vor. Sauerland hatte nämlich für den Kampf 3,9 Millionen Euro, die Vermarktungsfirma des Ukrainers aber 5,35 Millionen Euro. Man könnte auch davon ausgehen, dass Sauerland mehr geboten hätte, wenn sie von einem Sieg ihres bulgarischen Schwergewichtlers überzeugt gewesen wären.
Bei dem verbalen Schlagabtausch zwischen Klitschko/Bönte und Pulev/Sauerland Event scheint es nicht wirklich um das Thema Doping zu gehen. Hier geht es offensichtlich nur darum, kräftig Werbung für sich zu machen oder mediale Aufmerksamkeit zu bekommen. Das würde dann auch die verbale Entgleisung erklären, die sich Herr Bönte leistete. Im Eifer des Gefechts sagte er nämlich über den Faustkämpfer Verband Austria. „Dieser Heimatverband ist eine Lachpille, macht außer Sauerland-Kämpfen nur Dorfveranstaltungen.“
Man kann nur mutmaßen, was den Multimillionär Bernd Bönte dazu treibt, einen seriösen Verband wie den FVA so abzukanzeln. Über den BDB könnte man auch sagen: „Dieser Heimatverband ist eine Lachpille, macht außer ganz wenigen Klitschko- und Sturm-Kämpfen nur Dorfveranstaltungen.“ Ich persönlich finde diese Äußerung ziemlich übel, zumal ich erst unlängst in Österreich eine wirklich gute „Dorfveranstaltung“ gesehen habe. Auf wie vielen „Dorfveranstaltungen“ der FVA war denn Herr Bönte, dass er sich ein solches Urteil anmaßen könnte? Aber vermutlich sind ihm argumentativ die Pferde durchgegangen, als er seinen Geschäftspartner Volodymyr Volodymyrovych Klychko vor lästigen Dopingkontrollen schützen wollte. Irgendwie erinnert mich diese Äußerung an eine sensible Aussage voller Empathie eines Herrn Hilmar Kopper, der, allerdings in einem ganz anderen Zusammenhang, über Erdnüsse plauderte.
© Uwe Betker

Vom Umgang mit Sperren

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Der im Super Mittelgewicht boxende Baker Barakat (52 Kämpfe, 36 Siege, 24 durch KO, 12 Niederlagen, 5 durch KO, 4 Unentschieden) ist ein fleißiger Boxer. Er boxte 2011 23-mal. Manchmal lag nur eine Woche zwischen den Kämpfen und im August waren es sogar nur 3 Tage. Schade, einige dieser Veranstaltungen hätte ich gerne besucht.
Seinen vorletzten Kampf bestritt er am 10.12.2011 gegen Khoren Gevor, den er dann nach Punkten gewann. Wir erinnern uns: Gevor war, wohl zu Recht, mit dem Punkturteil unzufrieden, verlor die Kontrolle über sich und schlug nach dem Ringrichter Hans Joachim Karge. Hiernach brach die Hölle los. Es kam zu Ausschreitungen. Der Ringsprecher Dirk Spiekermann hetzte verbal und Sicherheitskräfte real gegen Gevor. Hiernach wurde Baker Barakat, soweit ich informiert bin, von der GBA (German Boxing Association) gesperrt.
Eine Sperre kann aber wohl einen fleißigen Boxer nicht daran hindern zu boxen. So stieg er denn am 25.02.2012 wieder in den Ring. Nun könnte man vermuten, dass ein gesperrter deutscher Boxer, auch wenn er in Syrien geboren wurde, nur auf irgendeiner Kleinveranstaltung im nichteuropäischen Ausland noch einen Kampf bekommt. Weit gefehlt. Er boxte gegen Marcos Nader (15 Kämpfe, 15 Siege, 2 durch KO) in der Porsche-Arena in Stuttgart, im Vorprogramm zu der sogenannten Schwergewichtsweltmeisterschaft zwischen Alexander Povetkin und Marco Huck. Also der größte deutsche Veranstalter – und damit einer der größten Veranstalter der Welt -, Sauerland Event, verpflichtet einen gesperrten Boxer.
Hagen Döring, der Sportdirektor und Matchmaker von Sauerland Event interessierte es offensichtlich nicht, dass Barakat gesperrt war. Den Faustkämpfer Verband Austria (FVA)interessierte es ebenfalls nicht, dass Barakat gesperrt war. Auch die ARD, die wohl den Kampf gezeigt hatte – jedenfalls findet man ihn im Internet – interessierte nicht, dass Barakat gesperrt war.
Formalrechtlich hat schon alles irgendwie seine Richtigkeit. Barakat hatte sich wohl eine ausländische Lizenz besorgt, wie man mir erzählt hat eine niederländische, und damit durfte er dann wieder boxen.
Das Problem scheint mir hier zu sein, dass einige nationale Verbände einander nicht anerkennen. Hinzu kommt, dass jeder europäische Boxer sich eine außereuropäische Lizenz besorgen kann, um Sperren oder in Europa vorgeschriebene Gesundheitstests zu umgehen. Das ist schlicht den riesigen Lücken in den Regelwerken der einzelnen Verbände geschuldet. Das Schlimmste ist aber, dass diejenigen, die wirklich etwas gegen diesen Missstand tun könnten, nichts machen. Weder Veranstalter und noch Fernsehanstalten übernehmen hier Verantwortung. Es ist ihnen offensichtlich schlicht gleichgültig, ob ein Boxer irgendwo gesperrt ist oder nicht, solange er nur irgendeine Lizenz vorweisen kann, um den spärlichen Regeln Genüge zu tun.
In meinen Augen bestand doch für Sauerland Event und die ARD keine zwingende sportliche Notwenigkeit, Baker Barakat für Marcos Nader zu verpflichten. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass sie von der Sperre nichts wussten. Warum als wurde ausgerechnet Barakat verpflichtet?
© Uwe Betker

Der neue Repräsentant des deutschen Berufsboxens – GBA

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Schon seit langer Zeit wirft man dem Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) vor, nicht Repräsentant des deutschen Boxens zu sein, sondern Vollstreckungsorgan von Klaus-Peter Kohl und Universum Box-Promotion. Sauerland Event zog schon vor Jahren die Konsequenz und wechselte zum Faustkämpferverband Austria (FVA). Arena Boxpromotion veranstaltet mit lettischer Lizenz. Die letzten, die nach dem Dahinsiechen von Universum dem BDB die Treue halten, sind die Klitschkos, Sturm Felix Sturm und SES Boxing, der magdeburger Boxstall von Ulf Steinforth. Aber sind ein paar Kämpfe der Klischkos und Sturms sowie ein paar Veranstaltungen in Magdeburg das deutsche Boxen?
Ich bin der Meinung, nein. Das Boxen in Deutschland findet in der Regel außerhalb des BDBs statt und das schon seit geraumer Zeit. Die German Boxing Association ist wohl mittlerweile der wahre Repräsentant des deutschen Boxens. Allein die nackten Zahlen sprechen schon für die GBA. Wenn ich recht informiert bin, hat 2010 die GBA fast 70 Veranstaltungen sanktioniert. Das ist 5-mal soviel wie der BDB. Die GBA hat mittlerweile wohl auch bereits doppelt so viele Boxer lizenziert wie ihre Konkurrenz.
Man könnte fast meinen, dass der BDB sehr lange und sehr hart dafür gearbeitet hat, die kleineren Veranstalter und auch die direkte Konkurrenz von Universum Box-Promotion aus dem Verband zu vertreiben – mit den nun sichtbaren Folgen.
Wenn ich es richtig übersehe, wird die GBA von allen Weltverbänden anerkannt. Nur die Europäische Box Union (EBU) erkennt die GBA noch nicht an. Aber auch das dürfte sich, wenn die Erosion des BDB weiter fortschreitet, bald ändern. Ich vermute sogar, dass der BDB nur eine Überlebenschance hat, wenn er mit der GBA zusammenarbeitet. Oder anders formuliert: Mittlerweile repräsentiert eher die GBA das deutsche Berufsboxen und nicht mehr der BDB.
© Uwe Betker