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Vier Profiboxkämpfe in der Yayla Arena in Krefeld
Klaus Waschkewitz stellte in Krefeld eine große Kampfsportveranstaltung auf die Beine. Die Yayla Arena in Krefeld war Austragungsort von 16 Kämpfen, einem MMA, fünf K1, sechs IKBO Boxkämpfen und vier Profikämpfen. Insgesamt gab es fünf Titelkämpfe.
Leider habe ich aufgrund eines Missverständnisses die ersten beiden Profiboxkämpfe, die früh am Abend stattgefunden hatten, verpasst. Im Super Leichtgewicht besiegte Nawid Hakimsadeh (12 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage) Dominik Tietz (21 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 15 Niederlagen, 10 durch KO) in einem Vierrunder. Tietz musste verletzungsbedingt in Runde 2 aufgeben.
Im Weltergewicht wurde der bis dahin ungeschlagene Piergiulio Ruhe (7 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) Ende der vierten Runde aus dem Kampf genommen. Damit wurde Hamisi Maya (12 Kämpfe. 9 Siege, 8 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) der neue Intercontinentalmeister der GBC.
In dem ersten Kampf, den ich dann sah, traf der Düsseldorfer Schwergewichtler Dominic Vial (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO) auf Sebastian Tuscherer (33 Kämpfe, 15 Siege, 6 durch KO, 18 Niederlagen, 8 durch KO). Sie maßen im Schwergewicht in einem Sechsrunder ihre Kräfte. Vial beherrschte die Ringmitte. Er arbeitete schön mit der Führhand. Tuscherer versuchte den Reichweitennachteil durch Schwinger zum Kopf und durch Körperhaken auszugleichen. In der zweiten Runde wollte er Vial einfach überrollen. Der aber boxte technisch schön weiter und stellte Tuscherer in der eigenen Ecke, wo er ihn nicht mehr raus ließ. Tuscherer ließ sich von dem GBA Ringrichter Ahmed Bencheikh, der praktisch nichts zu tun hatte, anzählen und stellte sich dann wieder zum Kampf. Vial aber wollte dem nun ein Ende setzen. Er deckte sein Gegenüber mit einer langen Kombination ein, der Tuscherer nichts entgegen zu setzen hatte. Seine Ecke warf ein Handtuch. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 1:01 Minuten: Dominic Vial.
Den Hauptkampf des Abend bei den Profiboxern bestritten im Halbschwergewicht Alpay Yaman (10 Kämpfe, 9 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage) und Alexander Rigas (10 Kämpfe, 10 Siege, 5 durch KO). Es ging um den vakanten Continentaltitel der IBO. Vor dem Kampf hatten beide den gleichen Kampfrekord. Nach einer Minute war das Abwarten beendet und es begann der klassische Kampf Fighter gegen Boxer. Rigas versuchte lang und grade zum Kopf anzuboxen und zwischendurch Körperhaken einzustreuen. Yaman suchte durch Kopf- und Körperhaken zum KO zu kommen. Am Ende der Runde kam er auch mit einer Rechten zum Kopf durch, die Rigas erschütterte. In der zweiten Runde wurde der Kampf verbissen und hart geführt. Rigas kam immer wieder mit Körperhaken durch, Yaman traf seltener, dafür aber härter. In der dritten Runde hielt sich Rigas seinen Gegner mit der Führhand vom Hals. Er ließ ihn auch ein ums andere Mal ins Leere laufen. Dabei zu Gute kam ihm , dass Yaman praktisch während des gesamten Kampfes nie anboxte. Nur Mitte der vierten Runde boxte er eine Zeitlang an und erarbeitet sich dadurch dann auch seine Momente. Aber während der ersten wie der dritten Minute bestimmte Rigas das Kampfgeschehen durch seine Führhand. Auch in der fünften Runde wurde ausschließlich durch Rigas Führhandarbeit der Ton angegeben. Am Ende des sechsten Durchgangs kam er mit einer harten Rechten zum Körper durch, die Yaman nicht mochte. Nach einer Minute in der siebten Runde musste Rigas zu Boden: Ein Tiefschlag hatte ihn gefällt. Danach schien sich der Kampf neu zu erfinden. Beide Boxer suchten den Schlagabtausch, der hin und her ging. Rigas wollte sich offensichtlich für das Foul rächen, was Yaman in die Karten spielte.
In der achten Runde gewann Rigas wieder die Oberhand und dominierte das Kampfgeschehen durch seine Führhand. Allerdings wurden seine Beine langsamer, wodurch Yaman mehr Szenen bekam. In der neunten Runde hatte Rigas wieder mehr Kraft. In der zehnten und letzten Runde versuchte Yaman die drohende Niederlage in diesem großartigen Kampf noch abzuwenden, aber Rigas ließ ihn auch jetzt ins Leere laufen.
Die Punktrichter werteten: 95:95, 93:97 und 93:97. Punktsieger: Alexander Rigas
Alexander Rigas zeigte eine große boxerische Leistung. Er ist jemand, den man im Auge behalten sollte. Einen Rückkampf mit Alpay Yaman, der hinter seinen Möglichkeiten zurück geblieben ist, wäre ein schöner Kampf für 2020.
(C) Uwe Betker
Ein lauer Sommerabend in Euskirchen
Benny Blinder ging ein Risiko ein. Er organisierte eine Oper Air Boxveranstaltung. Und dieser Mut wurde belohnt. Das Wetter war schon mal ideal. Und der Austragungsort, das schöne Erftstadion, war gut gewählt. Der überdachte Ring war vor der Tribüne aufgebaut. Links und rechts waren VIP Tische und dahinter noch zusätzliche Stuhlreihen und Stehtische aufgestellt. Es kamen schätzungsweise 2.000 bis 2.500 Zuschauer. Zu sehen gab es insgesamt 11 Kämpfe, davon fünf Profiboxkämpfe.
Den Anfang machten bei den Profis Hayk Harutyunyan (7 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO, 2 Niederlagen) und Nazar Thiaka (3 Kämpfe, 1 Sieg, 2 Niederlagen) mit einem Vierrunder im Mittelgewicht. Harutyunyan besetzte die Ringmitte und begann die Jagd. Er schob sich hinter seiner Doppeldeckung an Thiaka heran und deckte ihn, wenn er die Möglichkeit sah, mit Kombinationen ein. Dabei waren seine Körperhaken besonders schön. Thiaka lief an den Seilen entlang und hielt manchmal dagegen. Harutyunyan suchte den KO und Thiaka versuchte zu punkten. Es sah so aus, als würde sich die Angelegenheit eindeutig und einseitig entwickeln. Aber weit gefehlt. Ab der zweiten Runde brachte Thiaka mehr Hände ins Ziel, während die Powerpunches von Harutyunyan ihr Ziel nicht fanden. In der dritten Runde erhöhte Thiaka das Tempo und Harutyunyan machte noch weniger. In der vierten Runde versuchte nun Harutyunyan den Kampf zu drehen. Er machte aber zu wenig und verließ sich darauf, mit seinen Haken zum Kopf den Kampf vorzeitig entscheiden zu können. Aber die trafen ihr Ziel nicht. Einstimmiger Punktsieger (37:39, 37:39 und 37:39): Nazar Thiaka – eine Überraschung.
Im Schwergewicht trafen Andy Höschler (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Samuel Zade (8 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen. 6 durch KO). Die beiden Kontrahenten tasteten sich zunächst gegenseitig ab. Es war aber schon nach wenigen Sekunden klar, dass Höschler der bessere Techniker war. Er boxte abgeklärt und systematisch. Zade versuchte, aus dem Gefahrenbereich raus zu kommen und mit Schwingern zu beeindrucken. Am Ende der Runde ging Zade nach einer Schlagkombination zu Boden und der umsichtig agierende GBA Ringrichter Mike Wissenbach zählte bis acht. Nur wenige Sekunden später war die Runde zu Ende und damit auch der Kampf. Zur nächsten Runde trat Zade nämlich nicht mehr an. Er hatte sich die rechte Hand verletzt. Sieger durch TKO in Runde 2: Andy Höschler.
Simon Krebs und Michael Klempert (26 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 15 durch KO, 3 Unentschieden) bestritten im Halbschwergewicht einen Vierrunder. Krebs, der Debütant, machte seine Sache zunächst gut. Er boxte ruhig und locker an. Wenn er mit seiner Schlaghand durchkam, überhastete er nichts, sondern boxte ruhig weiter. In der ersten Runde gab es insgesamt nur wenige Aktionen. In der zweiten Runde erhöhten beide Boxer das Tempo, wodurch es zu mehr Schlagabtäuschen kam. Die meisten von ihnen konnte Krebs für sich entscheiden. Hinzu kamen Junikäfer, Verwandte der Maikäfer, die vom Licht angelockt, die Boxer ein wenig irritierten. In der dritten Runde machte Klempert mehr Druck und stellte Krebs immer wieder. Der bekam denn auch mehr und mehr Schwierigkeiten. Der Ringrichter Timo Hoffmann hatte praktisch nichts zu tun gehabt. Die vierte Runde dann dominierte Klempert. Am Ende stand eine einstimmiges und gerechtes Unentschieden (38:38, 38:38 und 38:38).
Es folgte ein Achtrunder im Schwergewicht, in dem sich Hussein David Mohammed (12 Kämpfe, 12 Siege 11 durch KO) und Hasan Kurnaz (11 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO, 6 Niederlagen, 6 durch KO) ihre Kräfte und ihr Können miteinander maßen. Die Junikäfer hatten inzwischen, unter Zurücklassung von knapp einem Dutzend zertretener Artgenossen, fast alle den Rückzug angetreten. Mohammed boxte überlegen, machte aber wenig. Er nutzte seinen Reichweitenvorteil und spielte mit seinem Gegner. Zur zweiten Runde wollte Kurnaz, aufgrund einer Verletzung, nicht mehr antreten. Sieger durch TKO in Runde 2: Hussein David Mohammed.
Den Hauptkampf des Abend bestritt der Veranstalter Benjamin Blindert (11 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO). Er traf auf Vito Vendetta (21 Kämpfe, 13 Siege, 8 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Es ging um den vakanten Intercontinental Titel im Halbschwergewicht der GBC. Blindert beherrschte die Ringmitte und trug Vendetta den Kampf an. Dabei zeigte er eine sehr schöne schnelle lange Führhand, mit der er punktete. Vendetta machte sich klein, wich aus und versuchte es mit Überfällen. Nach einer verhaltenen ersten Runde nahm der Kampf im zweiten Durchgang etwas an Fahrt auf. Blindert kam mehrfach mit seiner Rechten durch und Vendetta versuchte, mehr zum Körper zu gehen. In der dritten Runde gelangen Vendetta zwei Aktionen, bei denen er Blindert jeweils mit einem Schlaghagel überraschen konnte. Die nächste Runde dominierte wieder Blindert. Zweimal kam er schön mit dem rechten Cross durch. Zu Anfang der fünften Runde machte Blindert Vendetta stark, indem er in der Halbdistanz blieb. Auch den Rest der Runde konnte er nicht dominieren. In der folgenden Runde wurde der Kampf härter und Ringrichter Arno Pockrandt bekam mehr zu tun. Beide Boxer waren nicht mehr so frisch wie anfangs. Die Abtauche wurden verbissener. Am Ende der siebten Runde nahm Blindert eine Rechte zum Kinn und es sah so aus, als hätte es in seinem Kopf geblitzt. In der achten Runde wurde es noch mal härter. Vendetta hatte seine Momente, wenn er es schaffte, die Distanz zu verkürzen und mit Haken und Schwingern zu punkten. Blindert hatte seine Aktionen, wenn er mit der Führhand seinen Gegner stellte und mit seiner Schlaghand zum Kopf oder Körper nachzog. Mitte der neunten Runde fand sich Vendetta, nach einer Rechten zum Kopf, dann am Boden wieder. Vendetta kam stürmisch zurück in den Kampf, wurde aber immer wieder abgekontert. Auch in der zehnten und letzten Runde suchte Vendetta den KO, fand ihn aber nicht, weil Blindert zu gut boxte. De Punkrichter werteten: 99:90, 98:91 und 97:91. Einstimmiger Punktsieger: Benjamin Blindert.
Benny Blindert hat den Zuschauern in Euskirchen an einem lauen Sommerabend eine schöne Abendunterhaltung geboten. Man kann nur hoffen, dass es bald wieder einen solchen Abend geben wird.
© Uwe Betker
Derya Saki boxt um die Weltmeisterschaft
Am 03.05.2014 ist es soweit. Die Krefelderin Derya Saki (6 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch KO) boxt um die Weltmeisterschaft im Leichtgewicht. Dabei geht es um den vakanten Titel des GBC, Global Boxing Council. Ihre Gegnerin in der Müggelspreehalle, Hangelsberg in Brandenburg, ist Flora Paul Machela (6 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO).
Die 24-jährige Saki ist in ihrer Gewichtsklasse die Nummer 65 in der Welt. Die aus Daressalam, Tansania, kommende Machela ist ein Jahr älter und boxt normalerweise drei Gewichtsklassen tiefer, im Super Bantamgewicht. Das dürfte ein Vorteil für Saki sein. Machela ist zwar in der Weltrangliste höher platziert als Saki, sie ist auf Position 36, aber nach meiner Einschätzung ist Saki die stärkere und bessere Boxerin. Der Kampf dürfte dennoch für sie der erste richtige Härtetest werden.
Wenn die Nummer 65 der unabhängigen Weltrangliste gegen die Nummer 36 boxt und es dabei um einen vakanten WM Titel geht, dann ist schon klar, welche Wertigkeit dieser Titel hat. Natürlich ist der GBC-Titel nicht der renommierteste Titel, den es im Frauenboxen gibt. Aber er ist ein Titel, und damit bietet er die Möglichkeit, sich zu profilieren und über die Distanz von 10-mal 2 Minuten zu gehen. Gleichzeitig ist ein solcher Titel ein Sprungbrett in die Weltspitze und dort will Derya Saki hin.
© Uwe Betker
Elina Tissen, Maiki Hundt und ein Rauswurf
Elina Tissen (15 Kämpfe, 13 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) gewann am 23.07.2011 den Titel des Global Boxing Council (GBC) im Super Bantamgewicht im Cultura – Sparkassentheater in Rietberg gegen Fatuma Zarika (29 Kämpfe, 23 Siege, 14 durch KO, 5 Niederlagen, 1 Unentschieden). Für Aufregung sorgte vorher der Rauswurf von einigen zahlenden Zuschauern. Das Management von Elina Tissen ließ Goda Dailydait (5 Kämpfe, 5 Siege, 2 durch KO) samt Trainer und mitgereisten Boxfans aus der Halle werfen. Ich hatte Gelegenheit mit Thorsten Brück über die Vorkommnisse zu sprechen.
Betker:
Herr Brück, Sie sind also jemand, den man aus Boxveranstaltungen rausschmeißt.
Brück:
Ja, das kann man so sagen. Aber ernsthaft: Wenn ich betrunken gewesen wäre oder wenn ich rumgepöbelt hätte, dann hätte ich es ja noch verstanden, dass man mich rausschmeißt. Aber jeder der mich kennt, weiß, dass ich so etwas nicht mache und dass ich ein sportlich fairer Mensch bin.
Betker:
Was ist eigentlich in Rietberg genau passiert?
Brück:
Was genau passiert ist? Das kann ich noch nicht einmal sagen. Auf einmal standen drei Hünen hinter mir, so zwei mal zwei Meter. Die haben dann gesagt: „Ansage vom Management, ihr verlasst sofort hier die Veranstaltung!“
Betker:
Ihr heißt, Sie und Goda Dailydait?
Brück:
Genau – und dann noch unser zweiter Sekundant, der war auch dabei an dem Abend.Und alle, die mit uns zusammen gekommen waren, duften dann mit uns auch wieder die Veranstaltung verlassen.
Betker:
Haben Sie Ihr Eintrittsgeld zurückbekommen?
Brück:
Ja, das haben wir zurück bekommen.
Betker:
Na, immerhin.
Brück:
Das wäre ja auch noch eine zusätzliche Dreistigkeit gewesen, wenn man uns einfach so rausschmeißt, ohne uns unser Geld zurück zu zahlen. Es lag ja auch kein Grund für den Rausschmiss vor – keine, dass man hätte sagen können: Selber schuld!
Betker:
Es gab also keine Erklärung, warum das Management beschlossen hatte, sie vom Veranstaltungsort entfernen zu lassen?
Brück:
Nein – ohne Erklärung. Ich habe den Mann von der Security noch gefragt, aus welchem Grund das hier alles passiert. Aber er sagte nur: „Wir brauchen hier nicht diskutieren. Wir haben hier die Order und – – – Bitteschön. Wir haben hier das Hausrecht.“
Betker:
Aha.
Brück:
Was soll man dann noch versuchen mit solchen Menschen zu reden? Das bringt dann auch nichts.
Betker:
Ja, aber es hätte doch sein können, dass die Herren von der Security sagen, dass Goda …
Brück:
von der Tissen noch lernen könnte.
Betker:
Haben Sie überhaupt etwas von der Veranstaltung gesehen?
Brück:
[gedehnt] Doch. Also ich muss ja sagen: Ich war noch nie so erschüttert, wie an diesen Abend. Auch mein Trainerkollege, der mir das Boxen beigebracht hat als ich mit fünf mit dem Boxen anfing, sagte das. Ich bin mittlerweile 45 – Sie können sich also leicht ausrechnen, wie lange wir schon zusammen arbeiten. Er saß neben mir, den Mund ganz weit offen und konnte es nicht fassen. Er sagte zu mir: „Ganz ehrlich, ich bin jetzt ganz fix und fertig. Ich weiß gar nicht mehr, was ich sagen soll. Wenn ich das jetzt nicht hier mit eigenen Augen gesehen hätte, ich hätte das nie geglaubt. Wenn mir das jemand erzählt hätte, ich hätte das niemals geglaubt. Das gibt es gar nicht. Das gibt es gar nicht! So ein schlechtes Boxen. Wo gibt es denn zwei mal zwei Minuten Kämpfe?“ So etwas habe ich auch noch nie, nie gesehen. Ich kenne so etwas nicht. Ich bin jetzt 40 Jahre dabei, aber ich kann mich nicht erinnern, dass es je einen Kampf gab über zwei mal zwei Minuten. Und dann auch noch auf einer Veranstaltung, wo es um eine Weltmeisterschaft geht. Das ist schon – – – krass.
Betker:
Die zwei mal zwei Minuten Kämpfe tauchen auf Boxrec nicht auf.
Brück:
Das glaube ich. Wie sollten sie denn auch jemanden verständlich machen, was das überhaupt soll. Ich kann mir auch nicht erklären, wofür das gut war. Also ich war recht enttäuscht. Dann war Pause, und wir gingen runter, um etwas trinken. Dabei hat wohl Maiki [Hundt, der Manager und Trainer von Elina Tissen] die Goda gesichtet. Dann kam innerhalb von eineinhalb Minuten auch schon der Rausschmiss.
Betker:
Aber warum schmeißt er die Goda Dailydait raus? Goda ist auf Boxrec auf Position 7 und Elina Tissen ist auf 2 im Federgewicht. Dementsprechend wäre es eine logische Geschichte, dass sich die Beiden irgendwann im Ring treffen.
Brück:
Ja, vielleicht irgendwann einmal. Aber ich denke, dass sie das so lange hinauszögern wollen wie nur irgend möglich. Die wollen den Kampf der Beiden nicht. Das vermute ich jedenfalls. Wenn man zurückverfolgt, was die alles an Kommentaren abgelassen haben, als Goda den Interconti[nental] Titel [02.04.2011 gegen Doris Köhler] geholt hat, da war Maiki [Hundt] ja auch da. Dann kamen hinterher die Beschimpfung: „Die hat ja nur mit einem Arm boxen können. Die hat sich ja verletzt. Bla bla bla.“ Dann habe ich gekontert und gesagt, dass wir gerne dazu bereit sind, gegen Tissen zu boxen. Da hat er gleich geantwortet; „Ja, die Goda ist sportlich ja noch gar nicht gereift genug, um in einer Veranstaltung gegen die Tissen antreten zu können.“
So gab sich im Internet ein Wort das andere. Goda hat dann sehr schön reagiert und geschrieben: „Jetzt müssten wir doch wunderbar in das Beuteschema von dem Team Tissen passen, weil die sucht sich doch eh nur Kranke und Schwache aus“. Da war er wohl ein wenig gekränkt und hat uns aus Rache aus seiner Veranstaltung entfernen lassen.
Betker:
Ja, aber …
Brück:
Das ist nur eine Spielerei. Was soll das denn? Die haben doch damals viel mehr gegen die [Ina] Menzer verbal geschossen, als was wir gemacht haben. Wir wollen doch nur einen sportlichen Vergleich, mehr doch nicht.
Betker:
OK.
Brück:
Die tönen doch immer so herum, wie gut sie ist. Sie hat doch bis jetzt praktisch fast nur Schwache geboxt. Das weiß doch jeder. Jedesmal, wenn sie dann eine Starke bekommen hat, haben alle immer gesagt: „Oh Mann, dass ging aber nicht mit rechten Dingen zu.“ Ich war damals in Rietberg gewesen [09.10.2010] als Stacey Reile aus Miami gekommen ist. Das Ding hat Tissen ganz klar verloren. Da geht es nicht um Sympathie oder Antipathie. Sport ist Sport und beim Sport soll die Bessere gewinnen. Ein fairer Kampf gegen Goda Dailydait wäre eine richtige Herausforderung für Frau Tissen. Dann kann sie ja mal unter Beweis stellen, ob sie so gut ist wie Maiki immer behauptet.
© Uwe Betker
Ein historischer Tiefpunkt für das Frauenboxen
Ich gebe zu, ich habe ernsthaft geglaubt, das Niveau wäre nicht mehr weiter zu senken. Zu meiner Entschuldigung kann ich nur anführen, dass meine Phantasie wohl einfach nicht ausreichte, mir so etwas auch nur ansatzweise vorzustellen. Ich war ja so naiv! Ich war ja so blauäugig! Aber wer rechnet schon mit so etwas? Wer kommt schon darauf, dass einige Protagonisten des Frauenboxens – so wie es sich mir darstellt – ihren eigenen Sport zerstören wollen, und das mit einer solchen Inbrunst und einer schon fast bewundernswerten Konsequenz? Was mich zu dieser öffentlichen Selbstkritik treibt, ist die Bekanntgabe der nächsten Gegnerin von Elina Tissen. Wir erinnern uns: Frau Tissen wurde gerade erst von der WIBF zur Boxerin des Jahres gekürt, obwohl sie keinen einzigen WIBF-Kampf bestritten hat.
Eigentlich hört sich die Pressemeldung erst mal ganz harmlos an: „Elins Gegnerin für den nächsten Titelkampf am 26. März steht nun fest. Es ist die aus Derbyshire stammende Juliette Winter, die bereits mit Weltmeisterinnen wie Magdalena Dahlen, Nadia Raoui und der WIBF Weltmeisterin Esther Schouten im Ring gestanden hat und somit über eine Menge Erfahrung verfügt. 2006 gewann sie gegen die hochgewettete Shanee Martin den vakanten British Masters Female Title.
Nach zähen Verhandlungen mit Boxställen aus aller Welt wurde Promoterin Miriam Bohn sich vertragseinig mit dem in Birmingham ansässigen Manager Errol Johnson, der Juliette Winter langjährig betreut. „Ich freue mich, dass meine Gegnerin nun fest steht und ich mich somit nun auf diese einstellen kann“, so unsere Worldchampionesse Elin.“
Also die „Worldchampionesse Elin“, von der in boxrec kein Geburtsort vermerkt ist, boxt gegen eine Frau Juliette Winter, die „über eine Menge Erfahrung verfügt.“ Nun, das ist absolut richtig. Wenn man das eine Unentschieden in ihrem Kampfrekord den Niederlagen zuschlägt, so hat sie exakt doppelt so viele Niederlagen wie Siege. Somit hat sie wirklich „eine Menge Erfahrung“ – nämlich im Verlieren. Es lohnt sich, ihren Kampfrekord (12 Kämpfe, 4 Siege, 7 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) einmal genauer anzusehen. Er beinhaltet nämlich, dass sie gegen keine der oben aufgeführten Gegnerinnen gewinnen konnte. Sie gewann auch kein einziges Mal vorzeitig. Ihren letzten Kampf (23.04.2010) verlor sie gegen eine Gegnerin (Alicja Dabrowska), die vorher nur einen einzigen Kampf bestritten hatte. Davor war Frau Winter 17 Monate inaktiv. Offensichtlich qualifizieren anderthalb Jahre Inaktivität plus eine Niederlage gegen eine Anfängerin Frau Winter dazu, um drei Federgewichts-Titel (Global Boxing Council, Global Boxing Union und der Interims Titel der Women’s International Boxing Federation) zu boxen. Wie können GBC, GBU und WIBF es überhaupt nur in Erwägung ziehen, einen solchen Kampf ernsthaft als Titelkampf zu sanktionieren?
Frau Winter ist auf Platz 32 der unabhängigen Weltrangliste. Sie hat im Laufe ihre Karriere von boxrec sage und schreibe drei Punkte für ihre Kämpfe bekommen. Damit hat sie immerhin 11 Boxerinnen hinter sich gelassen, die 2 oder nur einen Punkt haben. Und dahinter kommt schon das große Feld der Boxerinnen, die überhaupt keinen Punkt haben.
Es bedurfte also wirklich „zäher Verhandlungen mit Boxställen aus aller Welt“ von der „Promoterin Miriam Bohn“, um so eine solche Gegnerin zu finden! Also, ich bin der Meinung, wenn man schon unbedingt eine Gegnerin in dieser Güteklasse haben will, dann hätte man doch auch einfach die nächste Kassiererin an der Supermarktkasse fragen können. In meinen Augen bestünde das Problem dann eventuell darin, dass die Kassiererin eben nicht eine so spezifische „Erfahrung“ gesammelt hätte und dementsprechend womöglich gefährlicher werden könnte für „Elin The Mashine“ Tissen. Aber das ist nur meine ganz persönliche Meinung.
© Uwe Betker
Ein atomisierter Sport
Selbst als hart gesottener Boxfan ist es wohl unmöglich alle Weltmeister zu kennen. Im Allgemeinen werden zur Zeit vier Weltverbände anerkannt. Die so genannte Buchstabensuppe, so wird diese Situation im englischen Sprachraum genannt, besteht zurzeit aus WBA (World Boxing Association), WBC (World Boxing Council), WBO (World Boxing Organisation) und IBF (International Boxing Federation). Hinzu kommen IBO (International Boxing Organization), WBF (World Boxing Federation), GBC (Global Boxing Council) und andere. Jeder Titel ist also aufgeteilt in vier Viertel, wenn man die kleineren Verbände außer acht lässt.
Mittlerweile gibt es 17 verschiedene Gewichtsklassen:
1. Strohgewicht/Minimumgewicht/Mini-Fliegengewicht
2. Junior Fliegengewicht
3. Fliegengewicht
4. Super Fliegengewicht/Jr. Bantamgewicht
5. Bantamgewicht
6. Super Bantamgewicht/Jr. Federgewicht
7. Federgewicht
8. Super Federgewicht/Jr. Leichtgewicht
9. Leichtgewicht
10. Super Leichtgewicht/Jr. Weltergewicht
11. Weltergewicht
12. Super Weltergewicht/Jr. Mittelgewicht
13. Mittelgewicht
14. Super Mittelgewicht
15. Halb Schwergewicht
16. Cruisergewicht
17. Schwergewicht
Wenn alle 4 Verbände jeweils einen anderen Weltmeister in ihren 17 Gewichtsklassen haben, sind das insgesamt 68 Weltmeister. Hinzu kommen Interims Weltmeister, Super-Champions und was den Drei-Buchstaben-Organisationen sonst noch einfällt, um Sanktionierungs-Gebühren für WM-Kämpfe zu erheben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand alle aktuellen Titelträger aufzählen kann. Hier liegt m. E. ein Grund für den weltweiten Niedergang des Boxens.
Aller Orten verliert das Boxen immer mehr an Bedeutung. In den USA ist Baseball, Football und Basketball populärer. In Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Frankreich ist Fußball die Sportart Nummer eins. Verschiedene andere Sportarten wie Wrestling, Käfigkämpfe, und Mischkampfsportarten wie UFC und K1 werden als Konkurrenz immer stärker.
Es ist wohl davon auszugehen, dass, wenn die so genannten Weltverbände nicht zur Vernunft kommen, Boxen immer weiter an Zuschauern verlieren wird. Die Drei-Buchstaben-Organisationen sind Vereinigungen von Menschen, hauptsächlich Männern, mit dem Ziel, durch Boxen Geld zu verdienen. Jeder, der will, kann einen Weltverband gründen und seine WM-Titel anbieten. Die Geschichte dieser Vereinigungen ist geprägt von Korruption, Manipulation, Regelverletzungen und Skandalen. Hier geht es Geld und nicht um Sport.
Üblicherweise gibt es im Weltsport in den unterschiedlichen Sportarten jeweils nur einen Weltmeister. Das Boxen leistet sich aber gleich vier pro Gewichtsklasse, Tendenz steigend. Das bedeutet doch, dass ein durchschnittlicher Weltmeister ist in der Regel nur ein Viertel-Weltmeister ist. Selbst ein so bekannter Titelträger wie Wladimir Klitschko ist mit seinen zwei WM-Gürteln der IBF und der WBO also nur ein halber Weltmeister. Weshalb Herr Klitschko auch noch den Titel eines IBO-Weltmeisters mit sich herum trägt, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Der IBO-Titel hat nämlich so gut wie keine Bedeutung. Genau das ist der Punkt. Die Titel haben, so denke ich, keine wirkliche Bedeutung mehr. Die Promoter brauchen sie lediglich, um ihre Veranstaltungen einfacher vermarkten zu können. Die Bezeichnung WM-Kampf sagt heute nur bedingt etwas aus über die Qualität. Wie man an dem Super-Six-Turnier unschwer erkennen kann, braucht man nicht unbedingt einen Weltmeistertitel zu haben, um ein weltweites Interesse hervorzurufen, denn offensichtlich gibt es immer noch einen Markt für sehr gute Boxkämpfe. Zu ihnen kommt es aber nur selten, weil viele der wirklich guten Boxer Weltmeister sind und nicht gegeneinander antreten.
Es wäre dem Profiboxen zu wünschen, dass sich die Verbände auf einen Modus einigen könnten, der dazu führt, dass es pro Gewichtsklasse nur noch einen Weltmeister gibt. So kämen dann die Kämpfe zu Stande, die die Menschen auch sehen wollen. Nur so kann das Boxen langfristig auch wieder an Attraktivität gewinnen.
© Uwe Betker