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Die Fernsehwelt ist bunt: Tyron Zeuge in „Beginner gegen Gewinner“

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Es gibt Fernsehformate, die sind einfach nur seltsam. Da habe ich z.B. auf PRO7 eine Art Showformat entdeckt, das den Titel „Beginner gegen Gewinner“ trägt. „Joko Winterscheidt lässt hier Hobbysportler gegen Champions in ihren Paradedisziplinen antreten. Um das Leistungsgefälle etwas abzumildern, dürfen die Hobbysportler den Profis vor dem Duell ein schwächendes Handicap verpassen.“ Der TV-Sender bewirbt die Sendung im Internet wie folgt: „Was ist spannender als der Wettkampf David gegen Goliath?

Am 04. August wurde die zweite Episode der zweiten Staffel ausgestrahlt. Offensichtlich handelte es sich um eine Aufzeichnung, denn der dort auftretende Tyron Zeuge wurde noch als amtierender und ungeschlagener Weltmeister der WBA im Super Mittelgewicht angekündigt. Zeuge hat seinen Titel aber am 14. Juli in Offenburg gegen Michael Rocky Fielding (28 Kämpfe, 27 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) durch TKO in Runde 5 verloren.

Es begann mit einem Einspieler, elegisch dramatische Musik und eine markante Stimme aus dem Off, die, wenn ich denn richtig gehört habe, sowas sagt wie: „Boxen – Mann gegen Mann – linker Jab – rechte Grade – Aufwärtshaken – Seitwärtshaken – Verteidigung – Angriff – Knock Out. Die wichtigste Regel: Triff deinen Gegner, bevor er dich trifft. Wer im Ring überleben will, braucht Ausdauer wie ein Marathonläufer, Schlagschnelligkeit, Kraft wie ein Bodybuilder und einen unerschütterlichen Siegeswillen.“

Anschließend wurden die beiden Teilnehmer vorgestellt. Zuerst war das „Boxwunderkind“ Zeuge an der Reihe. Glaubt man einer Einblendung, so hatte Zeuge bis dahin alle seine 22 Profikämpfe gewonnen. Seinen ersten Kampf gegen Giovanni De Carolis, am 16.07.2016, haben die Punktrichter allerdings als Unentschieden gewertet. Danach wurde Vadim, seines Zeichens Chemiekant und Barkeeper, vorgestellt. Man erfährt über ihn, dass er mit sieben Jahren von Kasachstan nach Altötting gezogen ist, wo er, neunjährig, mit dem Boxen anfing, was er zwischenzeiltlich wieder aufgegeben hat. Wie lange Vadim nun geboxt hat, habe ich nicht mitbekommen. Etwas seltsam erschien mir, dass man Vadim Nachnamen nicht erfuhr. Vadim hieß immer nur Vadim und so boxte dann also Vadim gegen Tyron Zeuge. Lediglich bei der Michael Buffer Kopie, die der Moderator der Sendung Joachim „Joko“ Winterscheid darstellte, brüllte dieser wahrscheinlich einmal den Nachnamen von Vadim. Aber zu verstehen war er nicht. Der Kommentator des Kampfes, Elmar Paulke, sagte mal Vadim Silev (?), aber ich kann mich auch verhört haben. – Ich persönlich finde, es zeugt von schlechtem Stil, jemanden nicht richtig vorzustellen. Aber vermutlich habe ich dazu gar nichts anzumerken, weil ich nicht zur Werberelevanten Zielgruppe von Helmut Thoma gehöre.

https://www.prosieben.de/tv/beginner-gegen-gewinner/videos/22-boxen-clip

Vadim durfte nun für Zeuge ein Handicap aussuchen. Zur Auswahl standen: ein „Monohandschuh“, also ein Boxhandschuh, in den beide Hände zusammen gesteckt sind, Gummibänder zwischen Hand- und Fußgelenken und Rollschuhe. Vadim entschied sich für die Rollschuhe, die Zeuge dann anzog.

In einem der Bavaria Studios in München war ein Ring mit drei Seilen aufgebaut. Am Ring saßen Fernsehkoch Tim Mälzer und TV-Moderator Johannes B. Kerner. Die diskutierten dann gemeinsam mit Winterscheidt über die Vor- und Nachteile der einzelnen Handicaps. Mälzer sagte dabei scherzhaft über Zeuge: „ich glaub, der kann gar nicht so doll zuhauen.“ Winterscheidt konterte darauf mit: „Ich bin mir auch ziemlich sicher: Er boxt sonst zwölf Runden. Das sind jetzt nur drei. Wenn er noch Luft hat nachher, er haut dir  noch gerne eine rein.“

Der Kampf war auf drei mal zwei Minuten angesetzt. Beide boxten ohne Kopfschutz. Es gab einen Ringrichter, zwei Punktrichter und einen Kommentator. Zeuge hatte schon seine liebe Müh und Not, auf den Rollschuhen in den Ring reinzurollen. Der weitere Kampfverlauf ist schnell erzählt. Zeuge rutschte beim Schlagen immer weg. Vadim machte Tempo. Keiner wollte dem anderen ernstlich wehtun. Irgendwann waren die sechs Minuten Kampf dann vorbei.

Die Ringrichter erklärten Vadim mit 9:3 zum Punktsieger.

Vermutlich hat den meisten Zuschauern die Spielshow gefallen. Wenn die Einschaltquoten stimmen, wird die Produktionsfirma Florida TV und der TV-Sender ProSieben die Welt noch mit weiteren Folgen beglücken. Tyron Zeuge (24 Kämpfe, 22 Siege, 12 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO, 1 Unentschieden) wird gute und wohlüberlegte Gründe gehabt haben, in dieser Show aufzutreten.

Mich allerdings spricht die Show nicht an. Einiges an der Show halte ich für eher problematisch. Vor allem aber wird hier, wie ich finde, ein ziemlich schräges Bild vom Boxen gezeichnet. Schon die Behauptung, ein Boxer habe Kraft wie ein Bodybuilder, ist etwas abstrus. Da wird auch selbstverständlich unterstellt, ein Boxer würde nach einem Kampf einem TV-Koch gerne noch eine rein hauen.

Auch, dass aus einem Unentschieden einfach mal ein Sieg gemacht wurde. Durch den Aufbau eines Rings mit drei Seilen, an Stelle der üblichen vier oder mehr, hat man zudem das Unfallrisiko von Zeuge unnötig erhöht. Und schließlich stellt sich nach der WM-Niederlage von Zeuge auch die Frage: Wann wurde die Show eigentlich aufgenommen? Fiel sie etwa in die Vorbereitungszeit zu Zeuges letztem Kampf?

© Uwe Betker

 

Regina Halmich schlägt Tyron Zeuge

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In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift des Verbandes Deutscher Sportjournalisten „sportjournalist“ widmet sich ein Artikel von Ulf Zimmermann dem Boxsport bzw. dem Profiboxen in Deutschland. Er unternimmt eine Bestandsaufnahme der Medien- bzw. TV-Präsens von Boxen in Deutschland.
Der Titel „Boxen am Boden“ nimmt das Ergebnis der Untersuchung vorweg. Mit der Niederlage von Wladimir Klitschko am 29. April 2017 gegen Anthony Joshua und seinem anschließenden Rücktritt am 03. August ging eine Ära zu Ende. Nicht nur Klitschko hat sich vom Boxen verabschiedet, sondern auch sein TV-Partner RTL. Zumindest macht RTL nun eine Pause, nachdem der auserkorene Klitschkonachfolger Marco Huck zwei Niederlagen in drei Kämpfen kassiert hat.
Zu Recht wird bemerkt, dass die Klitschko-Ära bei RTL den schleichenden Niedergang des Boxens verschleiert hat. Das ZDF stieg schon 2010 bei Universum Box-Promotion aus und verabschiedete sich damit vom Boxen. Die ARD folgte 2014 und beendete die Zusammenarbeit mit Sauerland. Das Interesse an den damaligen Protagonisten Arthur Abraham und Felix Sturm waren rapide gesunken. Hinzu kamen Widerstände innerhalb der ARD gegen das Boxen.
Sieht man mal vom Internet ab, bleiben nur Sat. 1 und MDR zurück. Der MDR überträgt die Veranstaltungen des SES-Boxstalls aus Magdeburg. In diesen Fällen sind wohl beide Seiten mit der Zusammenarbeit zufrieden. Sat. 1 zeigt manchmal noch Boxer aus dem Team Sauerland, das im Augenblick allerdings nur einen Weltmeister, nämlich Tyron Zeuge, hat.
Schaut man sich dann noch die Einschaltquoten an, dann sieht man, wie sehr das Boxen in Deutschland in die Knie gegangen ist.
Zur Hochzeit des Boxens erreichten Axel Schulz vs. Frans Botha (RTL, 9.12.1995) 18,03 Millionen Zuschauer, was einen Marktanteil von 68 % entspricht, Henry Maske vs. Graciano Rocchigiani II (RTL, 14.10.1995) 17,59 Millionen, gleich 73,2% und Henry Maske vs. Virgil Hill I (RTL, 23.11.1996) 17,52 Millionen, gleich 59,6%.
Die Gebrüder Klitschkos kamen dem noch mal sehr nahe. Wladimir Klitschko vs. David Haye (RTL, 2.7.2011) sahen 15,50 Millionen, Vitali Klitschko vs. Shannon Briggs (RTL, 16.10.2010) sahen 13,29 Millionen und Wladimir Klitschko vs. Ray Austin (RTL, 10.3.2007) sahen 12,89 Millionen.
Alle, die als Nachfolger von Henry Maske gehandelt wurden, erreichten niedrigere Quoten. Thomas Ulrich vs. Cleveland Nelson (Sat.1, 1.4.2000) erreichte 8,04 Millionen, Dariusz Michalczewski vs. Fabrice Tiozzo (ZDF, 25.2.2005) 7,87 Millionen und Luan Krasniqi vs. Lamon Brewster (ZDF, 28.9.2005) 7,62 Millionen.
In ähnlichen Regionen bewegte sich auch Regina Halmich. Halmich vs. Shmoulefeld Finer (ZDF, 30.11.2007) sahen 8,80 Millionen, Halmich vs. Elena Reid II (ZDF, 3.12.2005) sahen 6,49 Millionen und Halmich vs. Reka Krempf (ZDF, 13.1.2007) sahen 6,33 Millionen.
Tyron Zeuge verliert selbst im direkten Vergleich zu Regina Halmich. Zeuge vs. Paul Smith (Sat.1, 17.6.2017) interessierten 1,43 Millionen, Zeuge vs. lsaak Ekpo (Sat.1, 25.3.2017) 1,57 Millionen und Zeuge vs. Giovanni de Carolis (Sat.1, 5.11.2016) 1,72 Millionen.
Sat.1 Hauptkämpfer Tyron Zeuges Quoten jedenfalls bleiben weit hinter denen von Regina Halmich zurück. Er ist keine Persönlichkeit mit Ecken und Kanten. Er ist eher bescheiden im Auftreten. Für seinen letzten Kampf gegen Paul Smith blieben 1,43 Millionen Menschen zur späten Abendstunde vor ihren Bildschirmen sitzen.
Sat. 1-Sportchef Alexander Rösner, der boxaffin betont: „Jede Sportart braucht nationale Identifikationsfiguren, so auch das Boxen.“ Die Frage aber, die sich dann automatisch stellte, lautete: Kommen denn neue Boxer, die in die Fußstapfen von Henry Maske, oder zumindest von Thomas Ulrich, Dariusz Michalczewski, Felix Sturm und Arthur Abraham treten können, ohne darin zu versinken.
Rösner und Team Sauerland verweisen auf den Supermittelgewichtler Leon Bauer (13 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO, 1 Unentschieden). Eine Schwalbe macht allerdings noch keinen Sommer und ein Sportler allein hält eine Sportart noch nicht am Leben. Matthias Bolhöfer, der RTL Sprecher, formulierte es so: „Es muss jemand sein, der hier eine hohe Akzeptanz hat. Die Zuschauer wollen Identifikation“.
„Nationale Identifikationsfiguren“ mit boxerischem Können, davon bin ich persönlich überzeugt, gibt es in Deutschland genug; und sie könnten auch eine „hohe Akzeptanz“ bei den Zuschauern erreichen. Das Problem ist nur, diese Boxer werden wohl noch einige Zeit brauchen, um zu reifen.
© Uwe Betker

Head To Head: Giovanni De Carolis vs. Tyron Zeuge

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(C) Public Address / Team De Carolis

(C) Public Address / Team De Carolis

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3. November 2016 at 23:59

Head To Head: Giovanni De Carolis vs. Tyron Zeuge

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(C) Team Sauerland

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14. Juli 2016 at 23:59

Die Erosion der Boxer bei Sat.1

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Sat.1 wurde nach dem Ausstieg der ARD zum größten deutschen TV-Sender, was das Profiboxen anbelangt. Aber in den letzten Monaten wird immer deutlicher, dass die Hauptkämpfer, die ja die Quoten bringen sollen, einer starken Erosion ausgesetzt sind. Wenn ich es richtig sehe, hat der Sender sechs Hauptkämpfer: Arthur Abraham, Jürgen Brähmer, Jack Culcay, Vinzent Feigenbutz, Robert Stieglitz und Felix Sturm
Nach seinem letzten Kampf muss man dich die Frage stellen: gegen wen soll und kann Arthur Abraham (49 Kämpfe, 44 Siege, 29 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) eigentlich noch boxen? Nach dem Verlust seines Weltmeistertitels im Super Mittelgewicht nach Version WBO ist die Zahl der Optionen für zukünftige Kämpfe doch erheblich geschrumpft. Der logische, auch vom Publikum gewünschte Kampf gegen Felix Sturm, ist durch die Dopingaffäre von Sturm, ziemlich unwahrscheinlich. Eine vierte Auflage gegen Robert Stieglitz will vermutlich keiner sehen. Ein Rückkampf gegen Gilberto Ramirez (34 Kämpfe, 34 Siege, 24 durch KO) macht auch jetzt keinen Sinn. Zu einseitig war der Kampf und zu eindeutig war die Niederlage, als dass noch jemand glauben könnte, Abraham könnte es bei einer Neuauflage besser machen. Ohne Titel und ohne attraktive Gegner wird es aber schwer, Abraham als Hauptkampf zu vermarkten, auch wenn man so etwas propagieren wird, so etwa in dem Sinn wie: „Der Weg zurück“. Ob ein Gegner wie Tim Robin Lihaug (16 Kämpfe, 15 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), die Nummer 73 in der Welt, Zuschauermassen an die Fernsehgeräte lockt ist sehr zu bezweifeln.
Jürgen Brähmer (50 Kämpfe, 48 Siege, 35 durch KO, 2 Niederlagen) ist mit seinen 37 Jahren nicht nur der Oldie, sondern auch der Goldie. Er ist Weltmeister im Halbschwergewicht nach Version WBA und der verlässlichste aller Kämpfer, die der Sender noch hat.
Jack Culcay (23 Kämpfe, 22 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage) ist amtierender Weltmeister im Super Weltergewicht nach Version WBA. Er wurde am 09.05.2015 gegen Maurice Weber Interimsweltmeister und am 09.04.2016 gegen Jean Carlos Prada (33 Kämpfe, 31 Siege, 22 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) regulärer Weltmeister. Prada war die Nummer 259 in der unabhängigen Weltrangliste. Trotz Weltmeistertitel, ist die große „Golden Jack“- Begeisterung bis jetzt aber ausgeblieben. Aus irgendeinem Grund scheint er mit seinem Boxstil die Boxfans nicht fesseln zu können. Die warteten bis jetzt auch noch vergebens auf einen Kampf gegen einen international renommierten Gegner. Selbst ein Kampf gegen die Nummer 2 in Deutschland, Besar Nimani (22 Kämpfe, 21 Siege, 1 Niederlage, 1 durch KO) wäre schon ein Schritt nach vorne. Ein Rückkampf gegen Weber, der auf Position 5 in Deutschland steht, wäre zwar für Weber schön und es gibt viele, die ihm diese Chance gönnen würden, sportlich macht sie aber nur sehr wenig Sinn.
Vincent Feigenbutz (24 Kämpfe, 22 Siege, 20 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) schaffte es zwar ohne Kampf jüngster deutscher Weltmeister zu werden. Sein Glück hielt dann aber nur ein paar Tage an. In seinen WM Kampfe, am 09.01.2016, unterlag er gleich gegen Giovanni De Carolis (30 Kämpfe, 24 Siege, 12 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO) durch TKO in Runde 11. Der zeigte ihm in zwei Begegnungen hintereinander seine technischen Unzulänglichkeiten auf. Feigenbutz erlitt nicht nur eine schmerzliche Niederlage, sondern auch einen erheblichen Imageschaden. Sein Verhalten und seine Äußerungen nach dem ersten Kampf gegen De Carolis waren nämlich nicht gerade dazu angetan, die Zahl seiner Fans zu vergrößern.
Auch wenn Feigenbutz als Hauptkämpfer dargeboten werden sollte, so ist er das zurzeit doch nur sehr bedingt. Ein Hauptkampf ist üblicherweise eine Titelkampf oder doch zumindest ein Kampf, der für einen solchen durch seine sportliche Qualität qualifiziert. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass Feigenbutz in Zukunft in Ringschlachten geschickt werden kann.
Der Exweltmeister Robert Stieglitz (55 Kämpfe, 49 Siege, 29 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) boxt seit seiner letzten Niederlage am 18.07.2015 gegen Arthur Abraham im Halbschwergewicht. Zurzeit ist er auf Position 15 zu finden, d.h., er könnte eventuell bald einen WM Titelkampf bekommen. Ob er einen solchen noch gewinnen kann, ist aber zumindest fraglich. Und einen fünften Kampf gegen Abraham will wohl wirklich keiner mehr sehen.
Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) hat ein Problem mit einer positiven Dopingprobe. Angeblich war der amtierende Super Champion der WBA bei seinem umstrittenen Sieg über Fedor Chudinov (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), am 20.02.2015 in Oberhausen, gedopt. In seiner Urinprobe fand man die verbotene Substanz Hydro-XY-Stanozolol, ein synthetisches anaboles Steroid. Solange der Verdacht nicht ausgeräumt oder Gras über die Sache gewachsen ist, dürfte Sturm als Hauptkämpfer ausfallen. Es sei den Sat.1 will um der Einschaltquote willen einem Doper ihr Geld hinterherwerfen.
Geht man also die Liste der Boxer durch, die bei Sat.1 zu sehen sind, so fällt auf, dass die Hauptkämpfer, die die Quoten bringen, doch stark zusammenschmelzen. Eigentlich sind von den Hauptkämpfern nur Jürgen Brähmer und, mit Einschränkungen, Jack Culcay als einzige, die auch diesen Namen verdienen, noch übrig geblieben.
(C) Uwe Betker

Vincent Feigenbutz hat Geschichte geschrieben

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Bis in den Spätsommer 2015 hinein lief fast alles wie geplant. Vincent Feigenbutz wurde als „der junge Wilde“ aufgebaut und die Medien liebten ihn dafür. Mit seiner „Hoppla, jetzt komm´ ich“-Haltung forderte er einfach die etablierten Weltmeister in Deutschland, Arthur Abraham und Felix Sturm, heraus. Er wollte sich einen Happen von der schönen Box-Welt schnappen und er war wohl auch davon überzeugt, tatsächlich so gut und so stark sein, wie seine Claqueure ihm weiß machen wollten. Kritik über eine zu löchrige Deckung und zu wenig Technik verhallte ungehört. Der Erfolg gab ja dem Super Mittelgewichtler und seinem Team Recht. Sauerland gab ihm einen Vertrag. Seine Kämpfe wurden im Fernsehen gezeigt. Er wurde zweimal Interims Inter-Continental Champion der WBO im Super Mittelgewicht. Dann wurde er auch noch Interims Weltmeister der WBA und gleichzeitig regulärer Weltmeister der GBU.
Dann kam die erste Verteidigung dieser Titel der World Boxing Association und der Global Boxing Union gegen Giovanni De Carolis am 17.10.2015 in Karlsruhe. Zwar wurde Feigenbutz von den Punktrichtern Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin zum Sieger nach Punkten erklärt, aber sein heimisches Publikum und andere neutralere Beobachter sahen den italienischen Herausforderer vorne. Die Situation im Ring nach dem Kampf überforderte Feigenbutz. Er sagte Dinge, die man besser nicht öffentlich sagt. Und das brachte ihm dann noch mehr Kritik ein. Immerhin stimmte er einem unmittelbaren Rückkampf zu.
Dann kam der Rückkampf. Vier Tage vor den Kampf entschloss sich die World Boxing Association, diesen Kampf zu einer regulären WM hochzustufen. Das wurde möglich, weil zum Einen der WBA Superchampion Andre Ward ins Halbschwergewicht hoch ging und weil zum Anderen die WBA es eben konnte. Flux machte sie den regulären Weltmeister Fedor Chudinov zum Super Champion und dann den Kampf von Feigenbutz … – Die WBA machte es eben, weil sie es kann.
Feigenbutz hätte der jüngste deutsche Weltmeister im Profiboxen in Deutschland werden können. Ein Thema, das auch weidlich aufgenommen wurde. Er hatte also die „historische Chance“, mit einem Sieg über De Carolis alle seine Kritiker auf einmal zum Schweigen zu bringen. Ein gelungener Rückkampf hätte die Scharte ausgewetzt und ihm außerdem noch den ersehnten WM-Titel beschert. Aber es kam anders als geplant. Der Kampf, der am 09.01.2016 in Offenburg stattfand, geriet für Feigenbutz zum Desaster. Er bekam regelrecht Prügel und verlor durch TKO in Runde 11. Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden) wurde neuer Weltmeister der WBA und Vincent Feigenbutz (23 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) stand mit leeren Händen und einem lädierten Ruf da.
Mit Sicherheit ist es weder für ihn noch für die Seinen ein Trost, aber Vincent Feigenbutz hat Geschichte geschrieben. Er ist der jüngste deutsche Weltmeister im Profiboxen aller Zeiten. Denn die WBA hatte ihn, den damals amtierenden Interimsweltmeister bei ihrer Titelschieberei zum regulären Weltmeister gemacht. Vincent Feigenbutz war Weltmeister vom 06.01.2016 bis zum 09.01.2016 Weltmeister – na gut, nur für drei Tage. Vincent Feigenbutz ist der jüngste deutsche Weltmeister aller Zeiten im Profiboxen. Aber er ist auch der Weltmeister, der diesen Titel am kürzesten hatte. Eventuell ist er sogar derjenige, der jemals für so kurze Zeit Weltmeister war.
(C) Uwe Betker

Head To Head: Vincent Feigenbutz vs. Giovanni De Carolis II

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(C) Sauerland Event

Written by betker

7. Januar 2016 at 23:59

Karikatur: Vinzent Feigenbutz

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(C) Giovanni De Carolis

Written by betker

7. Januar 2016 at 23:59

Die ultimativ subjektive Liste 2015

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Boxer des Jahres 2015
Tyson Fury (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO), der neue Weltmeister der WBO und Super Champion der WBA, hat alles richtig gemacht. Er kam nach Deutschland, um zu gewinnen und nicht, wie viele vor ihm, nur um sich eine Börse abzuholen. Er hatte einen Plan und den zog er erfolgreich durch. Im Vorfeld des Kampfes machte er alles, um in das Gehirn von Wladimir Klitschko zu kriechen. Er nutzte jede Gelegenheit, ihm immer wieder zu zeigen: „Ich bin nicht berechenbar!“ Er und sein Team kümmerten sich um jedes Detail und gingen keiner Konfrontation aus dem Weg. Jedes Detail war wichtig: die Passform der Handschuhe, die Härte des Ringbodenbelags … Dass er auf alles achtete, das war wiederum etwas, womit er den Titelverteidiger auch gründlich nerven konnte. Vor allem hatte Fury einen simplen Kampfplan: Klitschko lang boxen, schnelle Beine und schnelle Hände. Sobald er Klitschko seinen Kampf aufzwingen konnte, sah der alt und planlos aus, was er wohl auch war. Es war kein schöner Kampf, aber Fury war erfolgreich, und der Erfolg gibt ihm schließlich Recht.

Boxer des Jahres 2015 (ehrenhalber)
Alexander Mengis boxte am 23. Mai 2013 in Berlin um die Internationale Deutsche Meisterschaft der GBA im Weltergewicht. Sein Gegner hieß Stefan Worth. Es war der fünfte Kampf des Stuttgarters. Erst einen Kampf vorher, am 18.11.2012, hatte er diesen Titel gewonnen. Gegen Worth ging er in der achten Runde schwer KO und fiel ins Koma. Es hat dann wohl eine Notoperation gegeben. Heute lebt Mengis irgendwo als Pflegefall. Alexander Mengis steht für den brennenden Wunsch aller Boxer und Boxerinnen, mit dem, was sie tun, Geld und Ruhm zu erringen. Er steht aber auch dafür, dass das Profiboxen, das wir alle so lieben, sehr gefährlich ist. Eine Tatsache, die immer und immer wieder von allen Beteiligten und Zuschauern vergessen wird. Um das Bewusstsein dafür wach zu halten, möchte ich Alexander Mengis zum Boxer des Jahres 2015 ernennen – ehrenhalber.

Boxerin des Jahres
Nicole Wesner (11 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO) wurde am 06.09.2015 in der Markthalle in Wismar Weltmeisterin der WBF, WIBF und der GBU im Leichtgewicht. Sie besiegte Irma Balijagic Adler klar nach Punkten. Damit ist sie in Deutschland die Beste im Leichtgewicht und in der Welt unter den Top Ten.

KO des Jahres
Am 14.08.2015 verlor Marco Huck (42 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden), in Newark, New Jersey, gegen den nicht sehr hoch eingeschätzten Krzysztof Głowacki (25 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO) durch KO in Runde 11 nach 2.39 Minuten. Głowacki brachte einen linken Haken an die Schläfe und dann eine Rechte mitten auf die Stirn – und Huck ging zum ersten Mal in dieser Runde zu Boden. Er kam zwar wieder hoch, war aber doch sichtlich angeschlagen. Głowacki setzte nach. Mit einem rechten und einem linken Körperhaken, gefolgt von einem linken Kopfhaken sowie einem Volltreffer mit links auf die Schläfe knockte er Huck schließlich aus. Aber Huck musste, bevor er zuletzt zu Boden sackte, noch einen rechten Wischer und drei linke Kopfhaken nehmen. Ringrichter David Fields brach den Kampf dann ab, um Huck, der zwar schon KO war aber durch die Seile vor dem Fall zu Boden noch gehindert wurde, vor weiteren Schlägen zu schützen – klassischer KO. Huck hat durch den KO jetzt ja wohl einen TV-Vertrag bei RTL bekommen.

Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Gerade mal 17 Jahre ist Leon Bauer (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO), der Löwe aus der Pfalz. Der Super Mittelgewichtler hat zwar bis jetzt nur gegen sogenannte Aufbaugegner geboxt, aber die waren klug ausgesucht und nicht die schlechtesten. Wir dürfen gespannt sein, was er in den nächsten Jahren noch so zeigen wird.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die von Kai Gutmann trainierte Leichtgewichtlerin Beke Bas (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) ist die Entdeckung des Jahres im Frauenboxen. Die 21-Jährige hat Talent, einen gewissen Punch und eine gute Technik. Vor allem hat sie aber ein Kämpferherz: Eine Boxerin, die man im Auge behalten muss.

Überschätzter Boxer des Jahres
Habe keine schlüssige Antwort.

Überschätze Boxerin des Jahres
Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen), die ehemalige Miss Schleswig Holstein, versuchte sich im Profiboxen. Zum Teil spektakuläre KOs überdeckten ihre technischen Mängel. Die wurden ihr dann aber am 31. Oktober 2015 in Hamburg, im Universum Gym, von Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) aufgezeigt. Die Leichtgewichtlerin ist damit für zu leicht befunden worden.

Ringrichter des Jahres
Rosario Triolo vom BDB. Der älteste deutsche Boxverband in Deutschland ist nicht nur die Heimat von Ringrichtern wie Manfred Küchler, die es wohl nicht ertragen können, wenn ein Heimboxer verliert; daher tun sie alles, wohl wirklich alles, um das zu verhindern. Der Bund Deutscher Berufsboxer ist ein eingetragener Verein, dessen Führung in stalingradhafter Treue zu Männern wie Küchler steht. Aber es gibt hier auch einen Ringrichter wie Rosario Triolo, einen jungen Mann, der offensichtlich das Ziel verfolgt, Boxkämpfe einfach nur zu leiten bzw. deren Ergebnis durch eine Punktwertung widerzuspiegeln.

Absteiger des Jahres (männlich)
Der ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) verlor seinen IBF-Titel am 31.05.2014 gegen Sam Solimann. Danach erreichte er gegen Robert Stieglitz, am 08.11.2014, noch ein Unentschieden. Seine letzte Begegnung, einen WM-Kampf der WBA, verlor er am 05.06.2015 in Frankfurt/Main gegen Fedor Chudinov auch. Ausbeute: Ein Unentschieden und zwei Niederlagen. Eigentlich wollte er am 05. Dezember in einem Rückkampf gegen Chudinov antreten. Sein TV-Sender SAT.1 wollte ihm dafür angeblich nur einen Sendeplatz wie Culcay, also nach den zwei Spielfilmen anbieten. Das dürfte wohl seiner Einschaltquote geschuldet sein. Nun boxt er am 20.02.1016 in Oberhausen.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Es gibt da eine in Deutschland boxende Frau, die sich Weltmeisterin nennt. In ihrem letzten WM-Kampf traf sie auf eine Gegnerin, die von ihren letzten sechs Kämpfen fünf verloren und im sechsten ein Unentschieden erreicht hatte. Das wurde ernsthaft als WM sanktioniert. Den Namen nenne ich hier nicht, weil ich versprochen habe, ihn nie wieder zu schreiben.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Die Karriere von Samy Raid Musa (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO) dürfte nach seinem letzten Kampf Schwung bekommen haben. Er besiegte am 28.11.2015, auf der Undercard von Klitschko vs. Fury, den ungeschlagenen Jay Spencer (11 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage).

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) hat mit ihrem Sieg über Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen) gezeigt, dass mit ihr im Leichtgewicht zu rechnen ist.

Aussteiger des Jahres
Der 2015 sportlich nicht ganz so erfolgreiche ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) entzog für seinen letzten Kampf dem dienstältesten und renommiertesten Boxsportjournalisten Deutschlands, Hartmut Scherzer seine Akkreditierung. Der hatte sich in einem Vorbericht nämlich kritisch über ihn geäußert. Die Presseabteilung von Sturm-Box-Promotion hatte es über Monate vor dem Kampf nicht geschafft, die Legitimität der zu boxenden WM zu kommunizieren. Natürlich ist es schwer, mit Kritik umzugehen. Aber eine Person des öffentlichen Lebens, die von der Öffentlichkeit lebt – und das tut Felix Sturm ja schließlich -, sollte mit Kritik doch souveräner umgehen können. Veranstalter, die hingehen und unliebsamen Journalisten die Akkreditierung verweigern oder entziehen oder sie mit Hausverboten belegen, respektieren einfach nicht die Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein Grundrecht und eine der Säulen einer demokratischen Gesellschaft – und die gilt es zu verteidigen.

Veranstalter des Jahres
Der Hamburger Holger Petersen hat 2015 dreimal in der Boxsporthalle Braamkamp in Hamburg veranstaltet. Petersen, ein Unternehmer aus Hamburg, von dem man wenig weiß, hat einfach angefangen, gute und solide Boxveranstaltungen zu organisieren. Man kann nur hoffen, dass er weitermacht und noch besser wird.

Veranstaltung des Jahres
„Kingsvillage Beatdown“ im Foyer des Abtei Gymnasiums in Pulheim (12.12.2015) war für mich die beste Veranstaltung des Jahres. Wenn man sich diese Veranstaltung von Bihes Barakat anschaut und mit denen vergleicht, die von Veranstaltern mit TV-Verträgen organisiert werden, kann man sich nur fragen: Wieso gibt es auf einer „Kleinringveranstaltung“ besseres Boxen zu sehen als bei den Großen?

Boxevent des Jahres
Keines jedenfalls, das ich gesehen hätte. Das kann allerdings auch damit zu tun haben, dass ich bei dem einen Veranstalter Hausverbot habe, von einem anderen schriftlich bekommen habe, niemals eine Akkreditierung zu bekommen und von einem dritten immer nur sehr höfliche Ablehnungen kriege, auch wenn dort sonst jeder Pressevertreter rein kommt.

Fehlentscheidung des Jahres
Der Punktsieg von Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gegen Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden). Die Punktrichter Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin sahen offenbar einen anderen Kampf als die Zuschauer in der Halle und an den Fernsehgeräten. Alle drei gaben Feigenbutz den Sieg. Selbst wenn man als Punktrichter so etwas wie einen Heimvorteil geben will und sich vielleicht auch dem Veranstalter verpflichtet fühlt, weil der einen ja bezahlt, darf dabei m. E. doch höchstens ein geschenktes Unentschieden rauskommen. Ich hoffe aufrichtig, dass Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin in den nächsten zehn Jahren nicht mehr in Deutschland punkten.

Trainer des Jahres
Die Qualität eines Trainers kann nicht an seinen TV-Auftritten, sondern nur an seiner Arbeit gemessen werden. Wer durch die Republik fährt und sich Trainings ansieht, der wird schnell feststellen, dass es hierzulande viele gute Trainer gibt, Trainer, deren Hauptaugenmerk auf der Ausbildung ihrer Boxer liegt. Hier eine kurze Liste guter Trainer: Manni Faber, Stefan Freudenreich, Sini Ivanisevic, Steven Küchler, Kai Gutmann, Frank Lubitz, Rüdiger May, Youssef Ramadan und Michael Siegel. Das sind jetzt nur die, die mir gerade spontan eingefallen sind. Ich habe einige vergessen. Entschuldigung!

Entgleisung des Jahres
Im letzten Jahr war Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hier noch „Rookie des Jahres (männlich)“. Inzwischen wurde er Interim Champion der WBA im Super Mittelgewicht. In seinem letzten Kampf, am 17.10.2015, gegen einen soliden aber nicht sehr starken Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden) gewann er zwar nach Punkten, sein eigenes Publikum aber sah in seiner Heimatstadt den Italiener als Sieger und tat dies auch kund. Feigenbutz sah das aber ganz anders. Er sah sich selbst als klaren Sieger und dann sprach er davon, seinem Gegner die Fresse polieren zu wollen – wirklich kein guter Stil.

Boxkampf des Jahres (männlich)
Der Kampf zwischen Yusuf Kangül (10 Kämpfe, 7 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Tiran Metz (18 Kämpfe, 12 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 4 Unentschieden) im Super Mittelgewicht ist ein Klassiker. Zwölf Runden lang schenkten sich die beiden, die offensichtlich eine gepflegte, dafür aber tiefe gegenseitige Abneigung verbindet, nichts. Wenn ein Fighter und ein Techniker aufeinandertreffen, ist das immer wieder ein Erlebnis. Am Ende der knappen Europameisterschaft der WBU sollte eigentlich ein klarer Punktsieger stehen, aber einige Zuschauer verhinderten, dass ein Urteil gefällt werden konnte. Bis heute steht das offizielle Urteil des Kampfes vom 19.12.2015 aus.

Boxkampf des Jahres (weiblich)
Am 07.11.2015 verlor Özlem Sahin (20 Kämpfe, 19 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) gegen Gretchen Abaniel (24 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO) ihre WM-Titel im Minimumgewicht. Sahin fand zu keinem Zeitpunkt vor heimischem Publikum in den Kampf, daher fightete sie. Es war ein sehr enger Kampf, den man auch knapp für Sahin oder als Unentschieden hätte werten können. In der Tat hatte ein Punktrichter Abaniel mit zwei Runden vorne und ein anderer Sahin. Aber der BDB-Punktrichter Jürgen Langos wertet 91:99 für Abaniel. Keine Ahnung, weshalb er das machte. Auf jeden Fall war es ein großartiger Kampf.

Comeback des Jahres (männlich)
Ahmet Öner ist wieder – oder besser – immer noch da. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, veranstaltete er 2015 neun Shows, davon 2 in der Türkei und eine in den USA. Zurzeit hat er keinen Boxer unter Vertrag, der (oder die) die Phantasie der breiten Boxöffentlichkeit anregen könnte. Aber er lässt seine Boxer arbeiten und hofft, dass sich einer von ihnen durchsetzt.

Comeback des Jahres (weiblich)
Alesia Graf (32 Kämpfe, 27 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen), die ehemalige Weltmeisterin im Super Fliegengewicht und Super Bantamgewicht, kassierte 2014 zwei Niederlagen in Folge, jeweils in WM Kämpfen, nachdem sie 2013 gar nicht geboxt hatte. Im letzten November stieg sie gegen die Ungarin Marianna Gulyas (34 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 12 durch KO) nun wieder in den Ring und gewann durch KO in Runde 2.

Bester Show Act des Jahres
Tyson Fury mit seinem Sieges-Liebes-Lied.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Leichtgewichtler Zapir Rasulov (30 Kämpfe, 30 Siege, 28 durch KO) boxte bisher in Deutschland, in der Schweiz (1 Mal), in Panama (4 Mal) und in den USA (2 Mal). Der Charlottenburger ist die Nummer 11 der WBA-Rangliste. Er hat eine KO Quote von 90%. Muss man noch mehr sagen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Lucia Morelli (25 Kämpfe, 19 Siege, 9 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO) boxt im Super Leichtgewicht. Alle ihre fünf Niederlagen kassierte sie im Ausland bei WM-Kämpfen, also im Wohnzimmer ihrer Gegnerinnen. Sie unterlag Cecilia Braekhus, Myriam Lamare, Delfine Persoon (zweimal) und Klara Svensson. Morelli verdient es, einmal vor heimischem Publikum einen WM Kampf bestreiten zu können.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Agron Dzilla (24 Kämpfe, 23 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der in der Schweiz lebende Cruisergewichtler aus Mazedonien, stahl am 21.03.015 auf der Sauerland Veranstaltung in Rostock allen, Jürgen Brähmer, Vincent Feigenbutz, Timo Schwarzkopf, Denis Boytsov, Stefan Härtel und Orhan Davis, die Show. Sein Kampf gegen Bernard Adie dürfte der beste Kampf des Abends gewesen sein. Dzilla gewann klar nach Punkten und damit den Titel der Global Boxing Union, aber einen Vertrag gewann er nicht.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (männlich)
Jack Robert Culcay-Keth (22 Kämpfe, 21 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), genannt Jack Culcay, alias Golden Jack, ist Interims Champion der WBA im Super Weltergewicht. Er wird gerne als eine der deutschen Boxhoffnungen für eine Weltmeisterschaft vermarktet. Schön wäre es, wenn er und sein Management, Sauerland Event, sich dazu entschließen könnten, auch unter Beweis zu stellen, dass er der beste deutsche Super Weltergewichtler ist. Dafür müsste er aber schon gegen Besar Nimani (21 Kämpfe, 20 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) antreten. Den Kampf will wohl jeder sehen.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (weiblich)
Bis jetzt kam es nicht zum Rückkampf zwischen Christina Hammer (19 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (32 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO). Wir erinnern uns: Der BDB Ringrichter Manfred Küchler, der immer noch gerne von seinem Verband eingesetzt wird, sorgte mit seinem ganzen Können dafür, dass die Mittelgewichtlerin Hammer den Kampf nicht durch KO verlor. Wenn nun Hammer, was wir auch schon etwas verstehen könnten, nun nicht mehr gegen Mathis antreten will, so könnte sie aber doch wenigstens gegen die Super Mittelgewichtlerin Nikki Adler (14 Kämpfe, 14 Siege, 8 durch KO) antreten.
© Uwe Betker

Written by betker

31. Dezember 2015 at 23:59

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Die Geradlinigkeit von Ulli Wegner

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Der 72jährige Cheftrainer von Sauerland Event, Ulli Wegner, ist einfach ein geradliniger Mann. Unverblümt sagt er seine Meinung, auch wenn sie manchmal nicht sonderlich diplomatisch ist. Letztes Jahr, am 15.09.2012, beschimpfte er beispielsweise das fachkundige und faire bamberger Publikum. Das pfiff damals nämlich Yoan Pablo Hernandez Soarez aus, nachdem die Punktrichter Michael Pernick, Mickey Vann und Benny Decroos den Kubaner als Sieger gesehen hatten und Ringrichter David Fields das Abdrehen eines schwer getroffenen und torkelnden IBF Weltmeisters im Cruisergewicht partout nicht als Aufgabe werten wollte. Wegner stellte sich schützend vor seinen Schützling, der zwar schwer vermöbelt worden aber dennoch Weltmeister geblieben war. Er drohte den Zuschauern in Bamberg sogar mit den Worten: „Bei so einem knappen Ding sollte das Publikum auf unserer Seite sein. Da muss man überlegen, ob es sich verdient hat, dass man hier noch einmal herkommt.“
Offensichtlich kam dann bei diesen Überlegungen heraus, doch in Bamberg zu veranstalten. Sauerland Event hat beschlossen, dass der angesprochene Hernandez (28 Kämpfe, 27 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) seinen Titel der International Boxing Federation an eben diesem Ort gegen Alexander Alekseev (27 Kämpfe, 24 Siege, 20 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) verteidigen muss.
Ähnlich freimütig wie in dem eben geschilderten Fall äußerte Wegner sich kürzlich auch in Bezug auf seinen Einsatz am 26. Oktober 2013. An diesem Tag müsste er sich nämlich eigentlich zweiteilen.
Zunächst mal boxt der Ex-Weltmeister Arthur Abraham (41 Kämpfe, 37 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) in Oldenburg gegen einen gewissen Giovanni De Carolis (24 Kämpfe, 20 Siege, 10 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO), einen 29-jährigen Mann aus Rom, der lediglich zweitbeste italienische Super Mittelgewichtler ist, in dessen Kampfrekord kein Name steht, den man kennen müsste. Selbst diejenigen, die ihn besiegt haben, gehören nicht zur europäischen Spitze.
Abraham boxt also gegen jemanden, gegen den er wohl mit nahezu absoluter Sicherheit gewinnen wird. Natürlich gibt es noch die Chance, dass Abraham stolpert und in einen Schlag seines Gegners fällt. Oder er kann sich während des Kampfes beide Hände brechen. Es bedarf jedenfalls schon eines mittelgroßen Wunders, damit Abraham verliert. Also wofür wird der Kampf gemacht?
Zum einen wird der Kampf veranstaltet, weil Sauerland Event damit einen Hauptkampf für eine Veranstaltung hat. Zwar geht der sportliche Wert gegen Null, aber schließlich zahlt die ARD ja dafür mit den Rundfunkbeiträgen, die von jedem Haushalt der Bundesrepublik Deutschland zwangsweise erhoben werden. Damit geht die Rechnung für den Veranstalter schon mal auf. Zum anderen will man Abraham beschäftigen, bis er endlich seinen Rückkampf gegen den WBO Weltmeister im Super Mittelgewicht Robert Stieglitz (48 Kämpfe, 45 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) bekommt. So lange darf er im öffentlich-rechtlichen Fernsehen Boxer verprügeln, die eigentlich keine Chance gegen ihn haben.
Am selben Tag boxt dann aber auch noch in Atlantic City der Sauerlandboxer Karo Murat (27 Kämpfe, 25 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO, 1 Unentschieden) gegen Bernard Hopkins (63 Kämpfe, 53 Siege, 32 durch KO, 6 Niederlagen, 2 Unentschieden). Das ist nun nicht irgendeine Halbschwergewichts-WM. Es ist der Titelkampf der IBF und der Titelträger ist die Boxlegende Bernard Hopkins – eben jener Hopkins, gegen den Arthur Abraham am Anfang seiner Karriere immer boxen wollte, und der mit seinen 48 Jahren scheinbar dem Älterwerden trotzt. Mit einem Sieg über Hopkins würde Murat zu einem internationalen Boxstar werden, denn ein Sieg wäre eine Sensation.
Zurück zu Ulli Wegner, der Arthur Abraham und Karo Murat betreut. Er musste sich nun entscheiden, bei wem er in der Ecke stehen will: Bei dem einen, bei dem der Sieg praktisch feststeht, oder bei dem anderen, der die Chance seines Lebens hat und alle Hilfe der Welt braucht. Das weiß Wegner natürlich auch: „So ein Kampf ist eine einmalige Sache. Aber wir müssen Prioritäten setzen. Wir brauchen Arthur noch.“
Das ist doch wohl deutlich. Oder? Heißt das nicht, dass Sauerland Event und Ulli Wegner Karo Murat nicht brauchen. Ich kann mich nicht erinnern, dass sich ein Trainer jemals so klar und deutlich von seinem Boxer distanziert hätte – und das auch noch vor einem WM Kampf. Kann man seine Aussage denn anders verstehen, als dass ihm der unbedeutende Sieg über einen hoffnungslos unterlegenen Gegner wichtiger ist als ein WM Kampf gegen den großen Bernard Hopkins? Schließlich sagt er ja: „Wir müssen Prioritäten setzen.“
Was die Aussagen von Wegner so brutal geradlinig macht, ist, dass dabei mitschwingt, dass er an einen Sieg von Murat wohl nicht glaubt und bei der Niederlage nicht in seiner Ecke stehen will. Abraham dagegen dürfte vermutlich auch mit einer greisen Raumpflegerin des Sauerland Gyms in seiner Ecke gegen De Carolis gewinnen. Die Geradlinigkeit und Ehrlichkeit von Ulli Wegner nötigt einem schon Respekt ab.
© Uwe Betker