Posts Tagged ‘Halbmittelgewicht’
Acht Kämpfe in Detmold
Der Sportpark Lippe, ein 3.600 Quadratmeter großes Fitness- und Sportcenter in Detmold, war am 27. Juni 2015 der Ort, an dem zwei Boxer, nämlich Besar Nimani und Christian Pawlak, beweisen wollten, dass sie noch da sind. Beide Boxer hatten überraschend ihren letzten Kampf verloren. Nimani unterlag in seinem letzten Kampf am 11.04.2015 Frank Haroche Horta durch TKO in Runde 4 und Pawlak am 17.04.2014 Yesilat Berkta durch TKO in Runde 1.
Insgesamt gab es am Abend des 27.06. acht Kämpfe zu sehen und es waren 50 Runden angesetzt.
Den ersten Kampf bestritten Dzhengis Osmanov (4 Kämpfe, 4 Niederlagen, 3 durch KO) und Selim Sarialioglu (9 Kämpfe, 8 Niederlagen, 7 durch KO, 1 Sieg, 1 durch KO) im Super Mittelgewicht. Der auf vier Runden angesetzte Fight war kurz und knackig. Beide Kontrahenten haben vorher noch keinen Kampf für sich entscheiden können. Osmanov begann überlegen. Er punktete mit der Führhand und kam mit der Rechten durch. Er war der bessere Boxer. Dann traf ihn aus dem Nichts ein rechter Schwinger am Kinn – er ging zu Boden und wurde ausgezählt. Sieger durch KO in Runde 1 nach 1:01 Minuten: Selim Sarialioglu.
Es folgte das Aufeinandertreffen von Armand Cullhaj (26 Kämpfe, 18 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO, 3 Unentschieden) und Zoran Sekularac (22 Kämpfe, 16 Siege, 12 durch KO, 6 Niederlagen, 4 durch KO) im Super Mittelgewicht. Der bereits 56 Jahre alte Sekularac ging unbeirrt nach vorne. Cullhaj ging rückwärts und konterte. Immer wieder kam er mit Haken zu Kopf und Körper durch. Sekularac schien bereits in der ersten Runde mehrfach von Treffern erschüttert. Er nahm definitiv mehr an Treffern als seiner Gesundheit zuträglich ist. Ende der zweiten Runde ging er nach einem rechten Kopfhaken zu Boden, erreichte aber noch die Rundenpause. In der dritten Runde nahm er eine Kombination nach der anderen. Irgendwann öffnete sich ein Cut über seinem rechten Auge, der dann zum Abbruch führte. Sieger durch TKO in Runde 3 nach 1: 46 Minuten: Armand Cullhaj.
Ebenfalls im Super Mittelgewicht kämpften Besmir Plaku und Emir Atra, die beide ihr Debüt gaben, gegeneinander. Atra beherrschte die Ringmitte und zeigte gutes Boxen. Plaku versuchte es mit Lässigkeit, mit hängender Deckung und mit Auslagenwechsel. Meist boxte er in der Rechtsauslage. Immerhin schaffte er es zum Ende der ersten Runde, seinen Gegner in eine heftige Keilerei zu verwickeln. Ab dem zweiten Durchgang hatte Atra den Kampf vollends im Griff. Er traf schön mit Linken zum Körper. Plaku musste immer mehr Treffer nehmen. In der folgenden Runde brach Plaku zusehends auseinander. Er nahm Schlag um Schlag. In seiner Ecke wurde heftig darüber gestritten, ob der Kampf abgebrochen werden sollte. Der Trainer setzte sich durch und Plaku kassierte weitere harte Treffer. Auch in der vierten und letzten Runde ging es dann so weiter, bis der endlich Ringrichter vom Bund Deutscher Faustkämpfer, Christian Rösen, ein Einsehen hatte und den Kampf stoppte. Sieger durch TKO in Runde 4, nach 2:13 Minuten: Emir Atra.
Im Super Mittelgewicht boxte auch Christian Pawlak (31 Kämpfe, 22 Siege, 13 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) gegen Fadil Pasalic (6 Kämpfe, 1 Sieg, 5 Niederlagen, 2 durch KO). Pawlak hatte offensichtlich Probleme mit der Rechtsauslage von Pasalic. Der Kampf war jedenfalls enger als zu erwarten war. Mit zunehmender Kampfdauer wurde er auch immer verbissener, härter, schneller und schmutziger geführt. Es war ein regelrechter Krieg, den die beiden da ausfochten. Schlagabtäusche, Keilereien, Klammern, schmutzige Tricks … – das ganze Repertoire war zu sehen. In der vierten Runde bekam Pasalic dann massive Konditionsprobleme. Ein rechter Haken zum Kopf zwang ihn zu Boden, wo er ausgezählt wurde. Sieger durch KO in Runde 4 nach 1:52 Minuten: Christian Pawlak.
Der ungeschlagene Cruisergewichtler Erzen Rrustemi (9 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO) traf auf Ata Dogan (42 Kämpfe, 14 Siege, 5 durch KO, 27 Niederlagen, 6 durch KO, 1 Unentschieden). Dogan ist ein Boxer, der andere schlecht aussehen lässt. So auch diesmal. Sechs Runden lang schenkten sich die beiden Kontrahenten nichts. Rrustemi sah immer gut aus, wenn er mit es schaffte, lang zu boxen. Schön war seine linke Gerade gefolgt von einem linken Cross, seine besten Schlagkombination. Dogan hatte seine Momente wenn er es schaffte, verschanzt hinter seiner Doppeldeckung in die Halbdistanz oder in den Infight zu kommen. Da wirkte Rrustemi manchmal ein wenig hilflos. Wenn Dogan auch noch das Tempo erhöhte, konnte er die Runden für sich entscheiden. Gleichwohl gewann der klar bessere Boxer, u.z. nach Punkten. Ich persönlich hatte Rrustemi mit zwei Runden vorne. Die Punktrichter werteten 59:55, 57:58 und 59:55. Sieger durch Mehrheitsentscheidung: Erzen Rrustemi.
Ebenfalls im Cruisergewicht maßen der ungeschlagene Sefer Seferi (20 Kämpfe, 20 Siege, 18 durch KO) und Radenko Kovac (9 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 7 Niederlagen, 7 durch KO) ihre Kräfte. Der zwei Jahre jüngere Bruder von Nuri Seferi machte kurzen Prozess. Von der ersten Sekunde an lag ein KO in der Luft. Bereits mit seiner ersten Aktion, einer Links-Rechts-Kombination zum Kopf, kam er durch. Zwar gab es noch einen Schlagabtausch, aber dann fällte er Kovac mit einem brutalen Leberhaken. Kovac klappte buchstäblich in der Luft zusammen und wurde zusammengekrümmt auf den Boden liegend ausgezählt. Das Handtuch, das spät geflogen kam, konnte das Auszählen nicht verhindern. Sieger durch KO in Runde 1 nach 1:45 Minuten: Sefer Seferi.
Auch der folgende Kampf fand im Cruisergewicht statt. Rashid Raad (7 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 3 Niederlagen) und Drazan Janjanin (9 Kämpfe, 7 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlage) boxten um die Internationale Deutsche Meisterschaft nach Version BDF. Um es vorweg zu sagen, der Kampf war richtig gut. Zehn Runden lang boxten und kämpften beide gegeneinander. Die ersten Runden gingen für mich an Janjanin. Die Schläge von Raad, der einen Reichweitenvorteil hatte, prallten von einer guten Deckung ab. In der Halbdistanz kam Janjanin dann ein ums andere Mal mit Körper- und Kopftreffern durch. Ab der fünften Runde gehörte der Kampf dann aber Raad. Raads Führhand bestimmte den Verlauf. Sie hielt seinen Gegner die meiste Zeit auf Distanz und leitetete die eigenen Aktionen ein. Die letzten zwei Runden waren dann noch einmal hart umkämpft. Am Ende stand ein einstimmiger, wenn auch nach meinen Geschmack zu hoher, Punktsieg (99:92, 100:92 und 99:94) für Rashid Raad.
Den Hauptkampf des Abends bestritt Besar Nimani (20 Kämpfe, 19 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). In dem auf acht Runden angesetzten Kampf im Halbmittelgewicht traf er auf Peter Orlik (21 Kämpfe 10 Siege, 2 durch KO, 10 Niederlagen, 5 durch KO, 1 Unentschieden). Der Kampf war zu Ende, noch bevor er eigentlich angefangen hatte. Nach kurzem Abtasten kam Nimani mit einer brutal harten Link-Rechts-Kombination zum Körper durch, die Orlik fällte. Der versuchte zwar noch hochzukommen, aber wackelnd wurde er ausgezählt. Sieger durch KO in Runde 1, nach 1:54 Minuten: Besar Nimani.
Die Veranstaltung von Berat Nimani, dem Bruder von Besar, hat mir gut gefallen. Es gab gutes Boxen zu sehen und die geschätzt 300 bis 400 Zuschauer wurden gut unterhalten. Nimani und Pawlak konnten ihre Kämpfe gewinnen, wobei man dies aber auch nicht überbewerten sollte. Der Letztgenannte konnte mich nicht restlos überzeugen. Eigentlich kann man sich der Forderung von Nimani nach einen Kampf gegen Jack Culcay (31 Kämpfe, 20 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) nur anschließen. Warum trauen er und sein Management von Sauerland Event sich eigentlich nicht, gegen Nimani anzutreten? Wenn Culcay denn tatsächlich so gut sein sollte, wie es uns die Presseabteilung von Sauerland glauben lassen will, dürfte ein solcher Kampf doch eine relativ leichte Übung für ihn sein.
© Uwe Betker
King of the Ring 1
Der Veranstalter Henryk Adam Boxpromotion wählte für seine „King of the Ring 1“ am 07.06.2014 die schöne Turbinenhalle in Oberhausen als Austragungsort. Bevor ich dort ankam, waren zwei Kämpfe bereits vorbei. Im Super Mittelgewicht besiegte Ziso Poulitsa (3 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 1 Unentschieden) einen gewissen Fendi Sancar. Und im Halbschwergewicht gewann Timur Zaslavskiy (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) gegen einen gewissen Giovanni Trinchera. Sancar und Trinchera verloren beide durch TKO in der ersten Runde. Beide hatten sich irgendwie verletzt. Beide sind Boxer von Suleyman Dag.
Der erste Kampf, den ich dann sah, also der dritte Kampf des Abends, war auch schnell, nämlich nach exakt 2 Minuten, zu Ende. In ihm trafen Weltergewicht Nawid Hakimsadeh (1 Kampf, 1 Sieg, 1 durch KO) und Gökhan Uear (19 Kämpfe, 19 Niederlagen, 14 durch KO) aufeinander. Der Kampf war kurz und heftig, aber auch etwas seltsam anzusehen. Bei Uear, auch ein Mann von Dag, handelte es sich um einen Rechtsausleger und dementsprechend boxte er auch. Hakimsadeh schlug häufig eine unvorbereitete Rechte. Den KO bereitete er mit einem linken Körperhaken vor, dem ein rechter Kopfhaken folgte. Uear wurde auf allen Vieren kniend ausgezählt.
Der folgende Kampf im Halbschwergewicht zwischen Jaron Benjamin Transfeld (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Selim Sarialioglu (5 Kämpfe, 5 Niederlagen, 5 durch KO) war, man glaubt es kaum, noch kürzer. Sarialioglu begann gut. Er boxte hinter einer Doppeldeckung agierend. Transfeld hielt gegen und es kam zu einem kurzen Schlagabtausch. Hiernach ging Sarialioglu zu seinem Trainer, um sich seine linke Hand untersuchen zu lassen. Es wurde die Ringärztin hinzugezogen und er gab auf, weil er sich seine Hand bzw. die Kapsel von seinem Daumen angeblich verletzt hatte. Ich schreibe bewusst angeblich, weil schon ein paar Sekunden später kratzte er sich mit seiner ach so schmerzenden Hand die Nase. Der Kampf war nach einer Minute und 10 Sekunden beendet: TKO 1. Natürlich wünsche ich Sarialioglu, ein Boxer von Dag, gute Genesung, aber mir persönlich wünsche ich, ihn nie wieder in einem Ring zu sehen zu bekommen.
Der nun folgende Kampf entschädigte das Publikum allerdings. Samy Raid Musa (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO) und Francis Kojo Ennin (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 1 durch KO) trafen im Supermittelgewicht aufeinander. Ennin, offensichtlich Thaiboxer, versuchte sich an Musa heranzuschieben, um seinen Reichweitennachteil auszugleichen. Ein ums andere Mal kam er mit einem rechten Kopfhaken durch, wenn Musa seine Führhand nicht hoch genug hatte oder sie nicht schnell genug zurückzog. Musa zeigte technisch gutes Boxen und wurde auch von Runde zu Runde stärker. Mit zunehmender Kampfdauer hielt er sich seinen Gegner immer besser vom Leib. Er boxte lang und punktete. Ab der dritten Runde ging er dann vermehrt zum Körper. Ende des vierten Durchgangs zeigten seine Bemühungen Wirkung. Ennin wirkte angeschlagen, jedoch konnte er sich zum Schlussgong retten. Der Punktsieg von Musa war deutlich.
Der nächste Kampf, der im Halbmittelgewicht ausgetragen wurde, war wieder kurz. Granit Shala (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) traf auf Manuel Posada (10 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 8 Niederlagen, 7 durch KO). Bevor aber der Kampf begann, trug eine Sängerin für Shala ein Lied vor, sozusagen als persönliche Hymne. Posada hatte leichte Reichweitenvorteile, die er aber nicht für sich nutzen konnte. Beide Boxer agierten verhalten und arbeiteten viel zum Körper. Mitte der ersten Runde gab es einen Schlagabtausch, bei dem Shala wohl den linken Ellenbogen von Posada traf. Danach hatte er jedenfalls Probleme mit ihm. Zur zweiten Runde trat Posada, aufgrund seiner Verletzung, nicht mehr an.
Der folgende Kampf im Leichtgewicht zwischen Slaibi Slaibi (4 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 2 Unentschieden) und Waqar Mahmood (4 Kämpfe, 4 Niederlagen, 4 durch KO) war dann wieder noch kürzer als der vorangegangene. Slaibi drosch mit harten Schwingern so lange auf seinen Gegner ein, bis dieser in der neutralen Ecke zu Boden ging und auf allen Vieren ausgezählt wurde. Der Kampf war nach 1 Minute 20 zu Ende.
Der folgende Kampf, der im Super Mittelgewicht ausgetragen wurde, hatte immerhin einen hohen Unterhaltungswert. Yusuf Kanguel (5 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) traf auf Suleyman Dag (68 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO, 58 Niederlagen, 38 durch KO). Dag, der Aufbaugegner für nahezu alle Boxer in Deutschland und gleichzeitig Manager und Trainer der Aufbaugegner, die sich so häufig und so schwer in der ersten Runde schon verletzen, zeigte nun selbst sein Können. Aber er zeigte seinen Schützlingen auch, dass man gegen einen hart schlagenden Gegner länger als eine Runde im Ring stehen kann.
Dag kam natürlich nicht nach Oberhausen, um zu gewinnen, sondern um zu überleben. Daher machte er auch alles, um den Kampf von Kanguel kaputt zu machen. Er klammerte und steckte Körperteile und Kopf durch alles, was immer sich ihm bot. Er machte sich klein und ließ die Schläge an seiner guten Doppeldeckung abprallen oder pendelte sie aus. Kanguel machte ihm das Leben allerdings auch etwas zu leicht, weil er zu übermotiviert ans Werk ging. Nach der zweiten Runde gab dann Dag auf. Er hatte sich, genau wie seine Schützlinge, verletzt. Irgendetwas mit seinen rechten Ellenbogen. Es kann aber auch etwas ganz anderes gewesen sein. Immerhin hatte er doppelt so lange gearbeitet wie seine Leute. Es würde mich nicht wundern, wenn er bereits, am nächsten Wochenende wieder in einen Ring steigt.
Der folgende Kampf im Halbschwergewicht ging tatsächlich über die angesetzten vier Runden. Badien Hasso (3 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO) boxte gegen Ismael Altintas (15 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO, 8 Niederlagen 2 durch KO, 4 Unentschieden). In der ersten Runde verschanzte sich Altintas hinter seiner Doppeldeckung. Das meine ich ganz buchstäblich so. Er war bis auf die letzten 15 Sekunden, in denen er zweimal seine Faust Richtung Gegner bewegte, nur mit seiner Deckung beschäftigt. Man hätte schon den Eindruck gewinnen können, einer Lehrstunde in Pazifismus beizuwohnen. Hasso zeigte eine gute Linke, die er variabel einsetzte. In der zweiten Runde schlug Altintas dann zurück, was Hasso zunächst irritierte. Danach wurde noch ein guter Kampf daraus. Im dritten Durchgang verlor Hasso zeitweise seine boxerische Linie und schien auch leichte Konditionsprobleme zu haben. Er schlug vermehrt Innenhandschwinger. Hierdurch ließ er seinen Gegner besser aussehen. In der vierten und letzten Runde war Hasso dann aber wieder da. Er verteilte seine Schläge wieder besser, ging mehr zum Körper und versucht die Deckung zu knacken. Das gelang ihm aber nicht. Sein Punktsieg war ungefährdet und sehr deutlich. Ich traue Badien Hasso zu, noch einiges im Profiboxen zu erreichen.
In der folgenden Begegnung im Weltergewicht trafen Deniz Ilbay (11 Kämpfe 11 Siege, 6 durch KO) und Sabri Ulas Goecmen (24 Kämpfe, 10 Siege, 14 Niederlagen, 13 durch KO) aufeinander. Ilbay, der Supermann-Strümpfe trug und auf seiner Hose Aufnäher von Asterix und Obelix, ein Smiley, ein Supermann-Abzeichen, Goofy und andere. Über den Kampf selber kann man eigentlich nicht viel sagen, denn er war nach exakt einer Minute zu Ende. Ilbay stellte Goecmen in der neutralen Ecke zu einem Schlagabtausch, bei dem Goecmen einen Leberhaken kassierte, zu Boden ging und ausgezählt wurde. Ilbay floh wutentbrannt aus dem Ring, weil er meinte, sein Gegner hätte eine Verletzung simuliert. Dem war aber offensichtlich nicht so. Goecmen hatte sich die Schulter ausgekugelt und wurde nach einer Viertelstunde von Rettungssanitätern behandelt. Zur Siegerehrung kam dann Ilbay doch noch wieder in den Ring. Schade, dass der Kampf nicht länger dauerte, denn Ilbay ist ein Boxer, den man im Auge behalten sollte.
Der Hauptkampf des Abend war die Internationale Deutsche Meisterschaft im Halbschwergewicht zwischen Niko Lohmann (6 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlagen) und Jay Spencer (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO). Der Kampf dieser Beiden begann mit einem Paukenschlag. Mitte der ersten Runde brachte ein rechter Kopfhaken von Spencer “Karl Stahl” zu Boden. Nur mit Mühe konnte der die Rundenpause erreichen. Aber Lohmann kam wieder. In der nächsten Runde wurde er aktiver und die dritte Runde gewann er auf meinem Punktezettel sogar. Dies war aber die einzige Runde, die er gewann. Spencer war schlicht zu stark. Spencer boxte diszipliniert. Hinter einer Doppeldeckung agierend, machte er Druck und arbeitete konzentriert. In der fünften Runde verletzte sich Spencer am Rücken, wodurch er seine Rechte praktisch nicht mehr benutzen konnte. Hierdurch war er gezwungen, seinen Kampf komplett über die Führhand zu führen, was er bravourös machte. Lohmann zeigte, warum er „Karl Stahl“ genannt wird. Runde um Runde, Minute um Minute ging er auf den Gegner zu, um seine Chance, die er an diesen Abend allerdings nicht hatte, zu suchen. Einen Boxer, der so hart zu sich selber ist, sieht man selten. Respekt! Am Ende stand ein haushoher Punktsieg für Spencer (100:90. 99:90 und 100:90). Jay Spencer ist zurzeit der einzige Deutsche Meister im Halbschwergewicht.
© Uwe Betker
Lübecker Requiem
Die geschätzt einhundert Zuschauer, die sich am 26.04.2014 in die Hansehalle Lübeck einfanden, kamen nicht für ein Requiem, sondern für eine Profiboxveranstaltung. Der Veranstalter Rolf Neumann stellte seine zweite Show auf die Beine. Zwei weitere waren für dieses Jahr geplant. Er schickte sich an, eine feste Größe im Boxgeschäft zu werden. Aber alles kam ganz anders. Die Fightcard der „2. Fight Night Hansestadt Lübeck“ sah 10 Kämpfe vor.
Den ersten Kampf bestritten im Cruisergewicht Helge Rippe (2 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO) und Özgur Göcmen (5 Kämpfe, 3 Siege, 2 Niederlagen, 2 durch KO). Das Aufeinandertreffen der beiden war kurz und – zumindest für Göcmen – schmerzhaft. Dieser versuchte sich hinter einer Doppeldeckung zu verschanzen, während Rippe seine harten Schläge gut auf Körper und Kopf verteilte. Göcmen wurde bald schon an den Seilen gestellt und kam nicht mehr weg. Ein rechter Haken ans Kinn fällte ihn. Schwer KO lag er minutenlang auf dem Ringboden. KO 1, 1:24min.
Im zweiten Kampf trafen im Halbschwergewicht Ismael Özen (11 Kämpfe, 10 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und Dusan Makula (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) aufeinander. Der von Artur Grigorian trainierte Özen begann sehr passiv. Er behauptete zwar die Ringmitte, aber Makula setzte mehr Treffer. Im zweiten Durchgang wurde Özen aktiver und bestimmte von da an den Kampf. Sein Jab kam immer häufiger durch. Makula versuchte mit überfallartigen Angriffen zum Ziel zu kommen. In der hart umkämpften dritten Runde musste er zu Boden, weil Özen ihn getroffen hatte, als er aus der Balance war. Es wurde nicht als Niederschlag gewertet. In der vierten Runde zahlte sich die Geduld von Özen aus. Bei einem Schlagabtausch traf er seinen Gegner hart. Der versuchte noch mit einer schauspielerischen Einlage die Schlagwirkung zu kaschieren. Aber Özen ließ sich nicht täuschen. Er deckte ihn mit Schlägen ein, die ihn dann schließlich auch zu Boden zwangen. Makula wurde angezählt. Um Zeit zu gewinnen, spuckte er noch seinen Mundschutz aus. Aber auch diese Extrasekunden retteten ihn nicht. Der folgende Schlaghagel zwang ihn erneut zu Boden. Wieder wurde er angezählt. Sein Trainer hatte dann schließlich ein Einsehen und warf das Handtuch um seinen noch schwankenden Schützling vor weiteren Schlägen zu schützen. TKO 4, 2:45min
Der dritte Kampf fand im Mittelgewicht statt. Hier trafen Omar Siala (39 Kämpfe, 21 Siege, 8 durch KO, 15 Niederlagen, 9 durch KO, 3 Unentschieden) und Pavel Hermann (10 Kämpfe, 10 Niederlagen, 8 durch KO) aufeinander. Die erste Runde wurde von beiden extrem schnell geführt. Beide waren schnell auf den Beinen und umkreisten sich. Am Ende der Runde kam Siala mit einem linken Haken durch und Hermann musste runter. Auch er spuckte seinen Mundschutz aus, um sich Extrasekunden zu verschaffen – mit Erfolg. Kurz drauf kam der Gong. Die folgende Runde war dann sowas wie eine Jagd auf Hermann. Dieser konnte boxerisch seinem Gegner kaum etwas entgegensetzen. Mitte der Runde spuckte er erneut seinen Mundschutz aus, um Sekunden für eine Verschnaufpause zu schinden. Wofür er ermahnt wurde. Das Ende der Runde gestaltete sich identisch zur Vorrunde. Der Unterschied war nur, dass Hermann zur dritten Runde nicht mehr antrat. TKO 3
Die folgende Begegnung im Cruisergewicht war sehr seltsam. Der sehr schlaksig wirkende Mohamed Soltby (3 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO), der von Arthur Grigorian trainiert wird, traf auf Martin Stensky (31 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 30 Niederlagen, 29 durch KO). Stensky ging zweimal nach nicht besonders hart wirkenden linken Kopfhaken runter. Als er das zweite Mal hoch kam hielt er sich den rechten Ellbogen und gab auf. TKO 1, 2:17 min.
Auch der folgende Kampf, der im Mittelgewicht ausgetragen wurde, ging nicht über die Distanz und wirkte auch eher merkwürdig. Chris Hermann (24 Kämpfe, 19 Siege, 10 durch KO, 4 Niederlagen, 4 durch KO, 1 Unentschieden) trat gegen Sabri Ulas Göcmen (22 Kämpfe, 10 Siege, 12 Niederlagen, 11 durch KO) an. Hermann wirkte stabil und boxte druckvoll. Er verteilte seine Schläge schön. In der zweiten Runde stellte Hermann seinen Gegner mehrfach an den Seilen. Einmal ging Göcmen auch zu Boden, was aber mehr das Resultat eines unbeabsichtigten Tiefschlags war. In der Ringpause gab er dann auf. TKO 3
Der folgende Kampf im Halbmittelgewicht war der erste, der über die angesetzte Distanz ging. In ihm trafen Arman Torosyan (13 Kämpfe, 12 Siege, 9 durch KO, 1 Unentschieden) und Artem Karasev (14 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 10 Niederlagen, 1 durch KO) aufeinander. In den ersten beiden Runden schlug Torosyan nur sehr selten und wenn, dann meist mit der Linken. Die traf dann regelmäßig den rechten Handschuh von Karasev. Der wiederum traf immer wieder mit seinem rechten Cross den Kopf seines Gegners. Im dritten Durchgang war dann Torosyan etwas aktiver, wobei er am Anfang der Runde noch einmal zurück in seine Ecke musste, weil sein Trainer seinen Mundschutz vergessen hatte. Auch die vierte Runde konnte er für sich entscheiden. Er schaffte es sogar, dass Karasev am Ende der Runde aus der Nase blutete. Die folgenden zwei Runden gehörten dann wieder Karasev, nicht zuletzt deshalb, weil sein Gegner einfach zu inaktiv war und nur sehr selten die Führhand benutzte. Karasev glaubte irrtümlicherweise, der Kampf wäre auf sechs Runden angesetzt worden. Obwohl er sich in den letzten zwei Runden doch etwas verausgabt hatte, konnte er Torosyan, der sein Arbeitstempo partout nicht erhöhen wollte, aber dennoch weiter dominieren. Zu Beginn der letzten Runde rief sein Trainer Torosyan in den Ring zu: „Nach Punkten kannst du nicht mehr gewinnen, du musst ihn KO schlagen.“ Aber Torosyan konnte einfach den Druck nicht erhöhen. Am Ende der achten Runde feierte Karasev sich als Sieger und das Publikum sah es genauso. Aber er – und auch die Zuschauer – hatte die Rechnung ohne das Kampfgericht vom BDF gemacht. Die Punktrichter gaben den Sieg durch Mehrheitsentscheidung dem Mann aus Berlin. Dieser musste sich die Pfiffe und die Unmutsäußerungen der Zuschauer gefallen lassen. Die Punktrichter werteten 78:74, 77:75 und 76:77. Es war übrigens Matthias Kranz, der Punktrichter vom Bund Deutscher Faustkämpfer, der richtig lag. Der Punktsieg für Torosyan ist eine böse Fehlentscheidung.
Auch der nun folgende Frauenboxkampf ging über die Distanz. Im Minimumgewicht boxten Özlem Sahin (18 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Unterschieden) gegen Elke Beinwachs (12 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 7 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden). Die ungeschlagene Sahin ist erheblich kleiner als ihre Gegnerin. Trotzdem hatte sie kaum Schwierigkeiten, die Distanz zu verkürzen und selber mit der Führhand zu punkten. Sie boxte variabler, druckvoller und aggressiver. Gleichwohl hielt Beinwachs dagegen, wodurch sich ein munterer Kampf entwickelte, der der beste des Abends war. Am Ende der sechs Runden stand ein klarer und einstimmiger Punktsieg für Sahin fest.
Der achte Kampf des Abends, der auf vier Runden im Halbschwergewicht angesetzt war, ging glücklicherweise nicht über die Distanz. Am Ende siegte Sami Said (5 Kämpfe, 4 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage) durch TKO 2, 1:51. Selten kamen mir 291 Sekunden so lang vor. Der Debütant Maruen Chabbouh hüpfte durch den Ring und versuchte wohl durch hartes Auftreten auf den Ringboden seinen Gegner zum Umfallen zu bringen oder zumindest zu beeindrucken. Manchmal schlug er auch zu, aber zumeist war er zu weit von seinem Gegner entfernt um ihn auch nur zu berühren. Said machte irgendwie nichts und ging langsam durch den Ring. Kam er seinem Gegner zu nah, drehte dieser sich ab. Said machte dann in der folgenden Runde mehr und irgendwie wurde dann Chabbouh vom Ringrichter aus dem Kampf genommen, wodurch dann das groteske aber unamüsante Theater zu Ende war.
Danach gab es eine Pause, die dann immer länger wurde. Per Lautsprecher wurde der Ringarzt zum Ring gerufen, dann waren alle Offiziellen verschwunden. Dann ergriff Ringsprecher Gerhard Müller das Mikrofon und erklärte dem wartenden Publikum, der Veranstalter Rolf Neumann sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Offensichtlich war er nach Hause gefahrenen, um etwas zu holen. Es gab eine Schweigeminute und danach wurde die Veranstaltung abgebrochen. Die Athleten, Trainer, Manager und Offiziellen versammelten sich noch mal. Es wurde die weitere Vorgehensweise besprochen, schließlich hatten ja die Boxer ihre Börsen noch nicht bekommen.
Das also war das Lübecker Requiem. Ein Veranstalter, der auszog, das Boxen zu bereichern, starb vor der Zeit. Ob seine letzte Veranstaltung nun eines Requiems für ihn würdig war, kann man nicht sagen. Zu heterogen war die Qualität der Kämpfe. Ob die zwei abgesagten Kämpfe, von dem einer der erste Titelkampf des BDF sein sollte, das Gesamtbild geändert hätte, darüber kann man auch nur spekulieren.
Epilog: Im Internet kursiert das Gerücht, dass Rolf Neumann lebt und seinen Tod nur vorgetäuscht hat. Um sich vor der Auszahlung der Börsen zu drücken. Ob diese Behauptung richtig ist, ist zurzeit nicht zu klären. – Vor der Veranstaltung haben mehrere Personen einige Boxer angeschrieben, um ihnen die Absage der Veranstaltung mitzuteilen.
(C) Uwe Betker
Vorweihnachtliches Boxen in Halle (Saale)
Die Säle der Hotelkette Maritim scheinen Orte zu sein, die gutes Boxen anziehen. Am 21.12.2012, also an dem Tag, an dem nach der Meinung von einigen esoterisch Angehauchten die Welt untergehen sollte, fand in Halle an der Saale die 1. Hallesche Boxnacht statt. Zirka 500 Zuschauer fanden kurz vor Weihnachten den Weg in den Ballsaal und sie sahen eine gute und solide Show.
Den ersten Kampf bestritten Robert Maess (7 Kämpfe, 7 Siege, 7 durch KO) und Ahmed Hammoodi (3 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) im Halbmittelgewicht, und es war durchaus spektakulär. Maess, der größere und bessere Boxer, hatte seine liebe Not mit dem aggressiv noch vorne gehenden Hammoodi, der sein Glück in Schwingern und Haken suchte. Die ersten drei Runden gingen klar an Hammoodi. In der dritten Runde schickte er Maess sogar mit einem Haken zu Boden, woraufhin eine wilde und kurzweilige Keilerei begann. In der folgenden Runde drehte sich dann der Kampf. Hammoodi bekam offensichtlich Konditionsprobleme und Maess fing an zu kontern. Dem etwas unsauber boxenden Hammoodi wurde ein Punkt abgezogen wegen Haltens. Warum ihm dann aber später von Ringrichter Ottmar Schmidt noch einmal ein Punkt abgezogen, hat sich allerdings meiner Kenntnis und meiner Wahrnehmung entzogen. In der fünften Runde wurden dann die Konditionsprobleme von Hammoodi immer schlimmer. Er kam schließlich gar vom Schwung seiner eigenen Schläge ins Torkeln. Eine Linke zum Kinn zwang ihn zuletzt in einer neutralen Ecke zu Boden. Zwar kam er noch mal wieder hoch, wurde aber im Stehen ausgezählt. KO in Runde 5 nach 2 Minuten und 10 Sekunden.
Ein paar Worte zu dem Kampfgericht. Die 1. Hallesche Boxnacht war die zweite Veranstaltung des neu gegründeten Bundes Deutscher Faustkämpfer (BDF). Der BDF ist nunmehr der dritte deutsche Verband. Den Punkt- und Ringrichtern war anzumerken, dass sie alle vom Amateurboxen kommen. Dementsprechend war ihr Agieren manchmal ein wenig nervös und nicht eindeutig und souverän genug. Man kann aber auch feststellen, dass dies den Ausgang keines Kampfes beeinflusste und dass in allen Kämpfen der Sieger seinen Sieg auch verdient hatte – etwas, was in diesem Jahr keine Selbstverständlichkeit war.
In der zweiten Ansetzung des Abends bekam es Halbeschwergewichtler Rashad Karimov (28 Kämpfe, 26 Siege, 23 durch KO, 2 Niederlagen) mit Artsem Hurbo (18 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 13 Niederlagen, 12 durch KO, 1 Unentschieden) zu tun. Karimov wirkte in seinem systematischen Tun unterkühlt. Er verfolgte seinen ihm in allen Belangen unterlegenen Gegner und schickte ihn zu Boden. Er knockte ihn dann endgültig aus, nachdem er ihn noch einmal in dem Kampf gelassen hatte: KO in Runde 1, nach 2 Minuten 55.
Der folgende Frauenboxkampf hielt eine faustdicke Überraschung bereit. Sara Schnell gab ihr Debüt bei den Profis im Mittelgewicht. Ihre Gegnerin, Nathalie John (3 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage, 1 NC) aus Karlsruhe hatte vorher nur zwei Kämpfe bestritten, von denen sie keinen gewinnen konnte.
Die erste Runde war noch ausgeglichen. Am Anfang kam John mit ihrer unorthodox geschlagenen Rechten zum Kopf mehrfach gut durch. Hiernach hatte sich Schnell darauf eingestellt und traf selber. Die folgende Runde, ein richtiggehendes Gewürge, ging dann auch an sie. In den letzten beiden Runden boxte Schnell planlos. Sie versuchte mit Schwingern zu treffen, wurde aber immer wieder abgekontert. Am Ende blutete die Debütantin aus der Nase. Punktsieg nach 4 Runden für John, durch Mehrheitsentscheidung.
In dem folgenden Kampf im Weltergewicht zwischen Puryia Haidari (2 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO) und Marcen Gierke (60 Kämpfe, 10 Siege, 48 Niederlagen, 18 durch KO, 2 Unentschieden) wurde dann wieder Boxen auf hohem technischen Niveau gezeigt. Obwohl der Kampf relativ einseitig war – Haidari gewann jede Runde -, war er doch recht kurzweilig. Das war nicht zuletzt dem sehr erfahrenen Gierke geschuldet, der seinem Gegner genug Widerstand entgegenbrachte, um den Kampf auf seinem Niveau zu halten. Alle Punktrichter werteten 40:36 für Haidari.
Der folgende fünfte Kampf, war einer der Höhepunkt des Abends. Der ungeschlagene Timo Schwarzkopf (9 Kämpfe, 9 Siege, 5 durch KO) boxte im Weltergewicht gegen Alexander Pligovka (7 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 3 Niederlagen 1 durch KO, 1 Unentschieden). Schwarzkopf studierte den größeren Pligovka während der ersten Hälfte der Runde eins, um ihn dann mehr und mehr unter Druck zu setzen. In Runde 2 sah es schon so aus, als ob Schwarzkopf zu einem frühen KO-Erfolg kommen könnte. Immer wieder traf er hart. Er zeigte variables Boxen. Sein Gegner kämpfte ums Überleben. Erstaunlich war, dass Pligovka, der kurzfristig eingesprungen war, eine so gute Leistung zeigte.
In der vierten Runde musste Pligovka nach einem Leberhaken zu Boden, aber er kam rechtzeitig wieder hoch und erreichte den Gong. In der Folgezeit musste Pligovka viel einstecken. In der sechsten und letzten Runde ging er erneut nach einem Körpertreffer zu Boden. Der Punktsieg von Schwarzkopf (60:52, 60:52 und 60:52) war einstimmig.
Im nächsten Kampf gab Lelito Lopez Lopez im Halbmittelgewicht gegen Hawal Garib (28 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 25 Niederlagen, 14 durch KO) sein Profidebüt. Lopez boxte furios. Er zeigte schnelle Hände und verteilte gut auf Körper und Kopf. Er schickte Garib dreimal zu Boden, wobei nach dem dritten Niederschlag sein Gegenüber nicht schnell genug mehr hoch kam. KO in Runde 1 nach 2 Minuten 50 Sekunden. Die Unarten, wie Fans und Familienangehörige abzuklatschen, während der Gegner angezählt wird und die neutrale Ecke während des Zählens zu verlassen sind seiner Jugend, Lopez ist erst 19 Jahre alt, seiner Nervosität und seiner Unerfahrenheit geschuldet. Dies sollte er aber bald abgelegt haben.
Das Profidebüt seines um 2 Jahre älteren Bruders, Ronny Lopez Lopez, war noch kürzer. Der Supermittelgewichtler trat gegen Andy Thiele (25 Kämpfe, 1 Sieg, 22 Niederlagen, 12 durch KO, 2 Unentschieden), den notorischen Aufbaugegner aus Berlin an. Bevor der Kampf richtig angefangen hatte, kam es zu einem unbeabsichtigten Kopfstoß, der es Thiele unmöglich machte den Kampf fortzusetzen. TKO in Runde 1 nach 1 Minute 10. – Man darf gespannt sein, wie sich die Brüder Lopez entwickeln werden. Potential haben sie und auch schon eine lautstarke Gruppe von Fans.
Steve Krökel (40 Kämpfe, 17 Siege, 7 durch KO, 21 Niederlagen, 6 durch KO, 2 Unentschieden) und John Mifuba (7 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch K0, 4 Niederlagen, 3 durch KO) trafen im Halbschwergewicht aufeinander. Krökel schickte sein Gegenüber bereits im ersten Durchgang durch eine rechte Gerade auf die Stirn zu Boden. Aber ab der dritten Runde hatte er seinen Gegner nicht mehr im Griff. Er hatte offensichtlich Schwierigkeiten mit der Rechtsauslage von Mifuba. Die folgenden Runden quälte er sich und konnte kaum Treffer setzen. Es schien fast so, als ob er sich das Leben selbst schwer machte. Er versäumte es schlicht gerade zu boxen. Die Punkrichter werteten alle für ihn (59:56, 60:54 und 59:54), wobei ich selbst den Kampf sehr viel knapper gepunktet hatte.
Im neunten Kampf boxte Özlem Sahin (15 Kämpfe, 14 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) nach 17 Monaten das erste Mal wieder. Die Interimsweltmeisterin im Junior Fliegengewicht nach Version WIBF bestritt einen Sechsrunder im Minimumgewicht. Damit durfte sie zum ersten Mal in ihrer eigentlichen Gewichtsklasse boxen. Ihre Gegnerin war Agnes Draxler (5 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO). Die erst 18-jährige Draxler startete furios. Unerschrocken griff sie Sahin an. Sahin begann verhalten und studierte ihre Gegnerin. Dann konterte sie mit einem linken Cross und übernahm das Kommando im Ring. Sie trieb ihre Gegnerin, die sich immer wieder zum Kampf stellte, vor sich her. Am Ende des ersten Durchgangs wurde Draxler angezählt und sie erreichte nur mit Müh und Not die Ringpause. Im zweiten Durchgang machte Sahin da weiter, wo sie eine Minute vorher aufgehört hatte. Sie suchte den vorzeitigen Sieg, und sie bekam ihn. Der Ringrichter brach den Kampf nach 1 Minute und 10 ab, um die Gesundheit der tapferen Draxler zu schützen. Die zahlreich angereisten Fans feierten ein beindruckendes Comeback von Sahin. Offensichtlich ist sie während ihrer Ringabstinenz noch besser geworden, auch scheint sie im Minimumgewicht stärker zu sein als im Junior Fliegengewicht.
Den folgenden Kampf bestritten Marko Angermann (28 Kämpfe, 11 Siege, 4 durch KO, 16 Niederlagen, 13 durch KO, 1 Unentschieden) und Patrik Linkert (7 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unterschieden) im Halbschwergewicht. Auch dieser Kampf endete überraschend. Der Lokalmatador Angermann startete stark. Aber bereits in der dritten und vierten Runde bekam er so massive Konditionsprobleme, dass er seinen Mundschutz ausspuckte, um Zeit zur Erholung zu gewinnen. In Runde 6 und 7 bekam er so etwas wie die zweite Luft. Er holte aus und versuchte Schwinger ins Ziel zu bringen, dann nahm er sich Auszeiten, indem er sich abdrehte und drauf hoffte, von Linkertn nicht geschlagen zu werden, was dieser auch nicht tat.
In Runde 8 baute er dann wieder rasant ab und kassierte harte Schläge. Als er sich dann nach 1 Minute und 25 erneut abdrehte, interpretierte der Ringrichter dies als Aufgabe. Offensichtlich waren die angesetzten 8 Runden zu lang für Angermann.
Den Hauptkampf des Abends bestritten Ramon Belaev (10 Kämpfe, 10 Siege, 8 durch KO) und Frank Horache Horta (45 Kämpfe, 30 Siege, 10 durch KO, 10 Niederlagen, 1 durch KO, 5 Unentschieden) im Super Weltergewicht. Dem sehr hoch eingeschätzten Belaev wurde in seinem zehnten Kampf ein sehr erfahrener Gegner vorgesetzt.
Der Kampf war auf sehr hohem technischem Niveau. Belaev, der boxende Puncher, versuchte sich den KO zu erarbeiten. Horta, der Ringfuchs, versuchte mit schnellen Händen sein Gegenüber aus dem Rhythmus zu bringen. In dem zum Teil sehr intensiv geführten Gefecht behielt Belaev in fast allen Runden die Oberhand. Aber Horta zeigte auf, dass Belaev als Profi noch nicht ganz ausgereift ist.
In der siebten und der achten Runde musste Horta zu Boden, dass eine Mal nach einem Körper-, dass andere Mal nach einem Kopftreffer. Aber Horta schaffte es, den Schlussgong zu erreichen. Die Punktrichter gaben einstimmig (80:70, 79:73 und 80:72) Belaev den Sieg.
© Uwe Betker
Die traurige Geschichte des Wilfred Benítez (3)
Am 14. Januar 1979 bekam Benítez seine Chance im Weltergewicht gegen den Weltmeister der WBC Carlos Palomino. Palomino war durch einen TKO-Sieg in Runde 12 im Empire Pool (Wembley) gegen den Engländer John H. Stracey Weltmeister geworden. Danach hatte er seinen Titel erfolgreich gegen den guten Armando Muniz (21.01.1977, TKO 15), den Europameister Dave Green (14.06.1977, KO 11), den eher durchschnittlichen Italiener Everaldo Costa Azevedo (13.09.1977, W15), den unterdurchschnittlichen Jose Palacios (10.12.1977, KO 13), gegen den starken Japaner Ryu Sorimachi (11.02.1978, KO 7), gegen den eher schwachen Mimoun Mohatar (18.03.1978, TKO 9) und schließlich erneut gegen Armando Muniz (27.05.1978, W 15) verteidigt. Palomino war einer der Lieblinge der mexikanisch-stämmigen Boxfangemeinde in Süd-Kalifornien.
Für Benítez waren die Vorbereitungen auf dem Kampf überschattet von den Querelen zwischen seinem Vater, der immer noch sein Trainer war, und dem Trainer, den sein Manager Jimmy Jacobs für ihn engagiert hatte. Emile Griffith, selber ein legendärer Boxer und später ein sehr guter Trainer, konnte sich nicht mit Benítez Vater über die Taktik für den Kampf einigen. Griffith setzte sich am Ende durch und Benítez gewann nach Punkten durch Mehrheitsentscheidung. Die Punktrichter werteten 142:145, 146:143 und 146:142.
Nach einer Titelverteidigung gegen den zähen Harold Weston (25.03.1979, W 15) bekam es Benítez mit dem „Golden Boy“ und aufstreben Superstar Sugar Ray Leonard zu tun. Leonard wollte seinen ersten WM-Titel holen, und Benítez wollte überhaupt nicht mehr trainieren. Es ist nicht eindeutig geklärt, ob Benítez 2 oder 9 Tage für diesen Kampf trainiert hatte, fest steht aber, dass seine Vorbereitung unzureichend war. Daher war es schon fast zwangsläufig, dass er am 30.11.1979 in Las Vegas die erste Niederlage seiner Profikarriere hinnehmen musste. Es war ein intensiv geführter Kampf zweier Techniker mit ausgeprägten Defensivkünsten. Benítez musste in der dritten Runde zu Boden und in der sechsten Runde bekam er durch einen unabsichtlichen Zusammenprall der Köpfe einen Cut auf der Stirn. In der 15ten und letzten Runde wurde er erneut zu Boden geschlagen, der Ringrichter Carlos Padilla zählte ihn an und gab den Kampf noch einmal frei. Es folgte ein kurzer Schlagabtausch und der Ringrichter stoppte den Kampf 6 Sekunden vor dem Schlussgong. Leonard zollte ihm und seinen boxerischen Fähigkeiten nach dem Kampf seinen Respekt.
Nach dieser Niederlage stieg Benítez wieder eine Gewichtsklasse auf, in das Halbmittelgewicht. Dort besiegte er am 23. Mai 1981 den WBC-Titelträger Maurice Hope. Dabei handelte es sich um jenen Hope, der als Europameister den späteren Weltmeister im Mittelgewicht Vito Antuofermo (01.10.1976, TKO 15) geschlagen und dem deutschen Weltmeister Eckhard Dagge (15.03.1977) ein Unentschieden abgetrotzt hatte, bevor er Rocky Mattioli, den Bezwinger Dagges, (04.03.1979) durch TKO in Runde 9 besiegte. Danach verteidigte der Rechtsausleger seinen Titel noch drei Mal erfolgreich gegen Mike Baker (25.09.1992, TKO 7), Rocky Mattioli (17.07.1980, TKO 11) und Carlos Maria del Valle Herrera (26.11.1980, W 15).
Der Kampf gegen Hope wurde mit unglaublichen Härte und Verbissenheit geführt. Benítez musste viel einstrecken, aber Hope noch mehr. Benítez schlug Hope zuerst zwei Zähne aus, bevor er ihn dann in der 12ten Runde TKO schlug. Der KO wurde zum KO des Jahres gekürt. Der Kampf war wohl der Höhepunkt von Benítez’ Karriere. Er war 22 Jahre alt und der jüngste Dreifachweltmeister aller Zeiten. Aber seine große Zeit neigte sich schon dem Ende zu.
© Uwe Betker
Homosexualität und Boxen (1.)
Wenn man an die berühmte und oft kolportierte Zahl 10 glaubt, ist jeder zehnte Mann und jede zehnte Frau homosexuell. Das müsste dann auch heißen, dass es in der Fußball Nationalmannschaft und in jeder Bundesliga Mannschaft mindestens einen Schwulen gibt. Wer sich anhört, was Fußballern aus der gegnerischen Fankurve so zugerufen wird, könnte der Prozentsatz auch in Richtung 100% gehen.
Jetzt könnte man mit einem „Heiteren Schwulen Raten“ anfangen. Man könnte z.B. vor seinem geistigen Auge eine beliebige Fußballmannschaft Revue passieren lassen und jeden Zehnten für schwul erklären. Oder man könnte nach Anzeichen für Homosexualität anhand von Kleidung, Haarschnitt, Sympathie und Antipathie suchen. Aber was sind untrügliche Anzeichen für einen Homosexuellen und was sind dann noch Anzeichen für einen homosexuellen Boxer? Fehlender Punch? Schnelle Beine? Gutes Aussehen?
Fest steht: Will man den Schwulen und Lesben „auf die Schliche kommen“, muss man raten, weil es heute immer noch nicht möglich ist, einen „männlichen Sport“ als Profi auszuüben und seine Homosexualität nicht zu verstecken. Oder doch?
Wie viele homosexuellen Boxer kennen wir? Von wie vielen wissen wir, dass sie „es“ sind? Ich kenne nur zwei. Der Erste ist Emile Griffith (112 Kämpfe, 85 Siege, 23 durch KO, 24 Niederlagen, 2 durch KO und 2 Unentschieden). Richtig der große Emile Griffith. Nur zur Erinnerung: Griffith war von 1961 bis 1965 Weltmeister des WBC und der WBA (d.h. vereinigter Weltmeister aller Verbände) im Weltergewicht. Von 1966 bis 1968 war er Weltmeister des WBC und der WBA (d.h. wieder vereinigter Weltmeister aller Verbände) im Mittelgewicht. Beide Male verlor er seinen Titel, um ihn sich dann direkt wieder zu erkämpfen. Und 1962 holte er sich nebenbei auch noch den Titel im Halbmittelgewicht.
Ein tragischer Unfall überschattet seine Karriere. Er schlug einen seiner Gegner, Benny Paret, tot. Es war das dritte Aufeinandertreffen der Beiden. In der ersten Begegnung (01.04.1996) nahm Griffith dem Mann aus Kuba den Weltergewichtstitel ab, indem er ihn in der 13. Runde KO schlug. Den Rückkampf (30.09.1961) verlor er knapp nach Punkten. Der dritte Kampf (24.03.1962), der im Madison Square Garden stattfand, stand unter keinem guten Vorzeichen. Beim Wiegen nannte Paret den Mann aus St. Thomas/Jungferninseln einen „maricón“ – einen Schwulen, einen weibischen Kerl. Die anwesende Presse hielt diese antihomosexuellen Ausfälle für eine “normale” Provokation vor einem Kampf.
In der sechsten Runde hatte Paret Griffith nahe an einem KO, aber die Glocke rettete Griffith. In der zwölften Runde stellte Griffith seinen Gegner in einer Ringecke und ließ ihn nicht mehr heraus. Er schlug auf einen Mann ein, der ohne Bewusstsein war, aber noch auf seinen Füßen stand. Als der Ringrichter endlich den Kampf stoppte, rutschte Paret in der Ringecke zu Boden und erlangte nicht mehr das Bewusstsein. Zehn Tage später starb er.
In den 60er Jahren wäre es das Ende der Karriere für einen Athleten oder Prominenten gewesen, sich zu seiner Homosexualität zu bekennen. Griffith outete sich nicht und seine Karriere ging weiter. 1990 wurde er in die „International Boxing Hall of Fame“ aufgenommen. Bis heute hält er den Rekord in geboxten Runden in WM Kämpfen: 310 geboxte Runden. Erst 2008, mit siebzig Jahren und wohl wissend, dass ihm die Dementia pugilistica nicht mehr viel Zeit lässt seine Geschichte zu erzählen, sprach Emile Griffith in seiner Autobiographie erstmals über seine seit Jahren vermutete Homosexualität. Dabei zieht er ein sehr bitteres Resümee:
„I keep thinking how strange it is … I kill a man and most people understand and forgive me. However, I love a man, and to so many people this is an unforgivable sin; this makes me an evil person. So, even though I never went to jail, I have been in prison almost all my life.” (Ich muss immer daran denken, wie seltsam das ist… Ich töte einen Mann, und die meisten Leute verstehen das und verzeihen mir. Hingegen, ich liebe einen Mann, und so viele halten das für eine unverzeihliche Sünde, was mich zu einem schlechten Menschen macht. Wenn ich auch nie im Gefängnis gelandet bin, so war ich trotzdem fast mein ganzes Leben lang eingesperrt).
© Uwe Betker