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Ein Besuch in einer der schönsten Kampfarenen Deutschlands
Direkt gegenüber dem Schloss Borbeck wurde am 02. August 1950 in Essen Borbeck die Dubois-Arena als Box-Arena eröffnet. Benannt ist sie nach dem Gründer und ersten Präsidenten des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), Ernst Dubois (1900–1957). In der Hochzeit des Boxens, nach dem letzten Weltkrieg, besuchten bis zu 25.000 Zuschauer die Veranstaltungen mit Amateur- und Profiboxkämpfen. Am 01. Mai 1957 boxte der große Archie Moore gegen den Deutschen Meister im Schwergewicht Hans Kalbfell. Es war Moores 191ter Kampf und er war bereits 43 Jahre alt. Aber seine unsterblichen Ringschlachten gegen Yvonne Durelle und sein Kampf gegen Muhammad Ali lagen noch vor ihm. Max Schmeling fungierte in Essen als Ringrichter. Moore ging ohne Mühe über die angesetzten zehn Runden und gewann leicht nach Punkten.
Die Veranstaltung am 11. September 2021, über die hier berichtet wird, wurde auch von den Trainerlegenden Ulli Wegner und Georg Bramowski besucht.
Es begann mit drei Kämpfen, in denen Boxer ihre Profidebüts gaben. In dem ersten traf Zvezdan Vasic (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) auf den rumänischen Debütanten Claudio Dinu Lupo im Super Leichtgewicht. Das Kräftemessen war kurz und knackig. Bereits nach wenigen Sekunden holte Vasic sein Gegenüber mit einem rechten Kopfhaken von den Beinen. Auf dem Boden sitzend wurde Dinu Lupo vom GBA Ringrichter Cornelius Bernds ausgezählt.
Sieger durch KO nach 45 Sekunden: Zvezdan Vasic.
Im zweiten Kampf trafen zwei Debütanten, Flamur Haxha und Majed Maaruf, im Halbschwergewicht aufeinander. Der Auftritt von Maaruf war dabei allerdings mehr ein Beispiel dafür, wie ein Profidebüt nicht abzulaufen hat, bzw. wer nicht Profiboxer werden sollte. Von der ersten Sekunde an machte er Faxen, schlug sich martialisch auf die Brust, ließ die Deckung runter und wechselte die Auslage. Boxen aber, tat er nicht. Entweder er machte Faxen oder er schlug weite langsame Schwinger oder er versteckte sich hinter etwas, was er wohl für eine Doppeldeckung hielt. Haxha ließ sich dagegen nicht beirren, stiefelte seinem Gegner hinterher und stellte ihn immer wieder in den Ecken, wo er ihn eindeckte. In der zweiten Runde kam dann das unvermeidliche Ende für Maaruf. Nachdem er viele Körpertreffer genommen hatte, nahm er nun auch Schläge zum Kopf. In der Ecke von Haxha ging er das erste Mal zu Boden. Seine Ecke, überfordert wie er selbst, versäumte es, ihm eine weitere unnötige Bestrafung zu ersparen und ein Handtuch zu werfen. Stattdessen stellte sich Maaruf wieder dem Kampf und nahm mehrere harte Schläge zum Kopf. Auf dem Boden sitzend, hilflos versuchend aufzustehen wurde er von Ringrichter Bernds ausgezählt. Nachdem er eine Weile im Ring gesessen hatte, wollte er dann den Kampf fortsetzen. Er hatte offensichtlich nicht mitbekommen, dass er KO geschlagen worden war. Man kann Maaruf nur wünschen, nie wieder der Versuchung zu erliegen, in einen Boxring zu steigen.
Sieger durch KO in Runde 2 nach 1:14 Minuten: Flamur Haxha.
Im dritten Kampf maßen Eduard Müller (2 Kämpfe, 2 Siege 2 durch KO) und Benjamin Alijan im Weltergewicht ihre Kräfte. Müller, der Lokalmatador, ließ dem Debütanten Alijan keine Chance. Bereits in seiner ersten Aktion erschütterte er seinen Gegner mit einer Rechten zum Kopf. Kurze Zeit später fällte dann eine Rechts-Links-Kombination zum Kopf Alijan endgültig. Auf dem Boden sitzend wurde er ausgezählt.
Sieger durch KO in Runde 1 nach 1:14 Minuten: Eduard Müller.
Im vierten Kampf trafen im Super Mittelgewicht Yasir Malik (5 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO) und Lars Burry (13 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch K0, 7 Niederlagen, 6 durch KO) für einen Sechsrunder aufeinander. Malik, der über ein Jahr nicht geboxt hatte, machte den Kampf. Er trieb Burry vor sich her. Immer wieder ging er zum Körper. Burry hielt dagegen. In der zweiten Runde gingen beide ein höheres Tempo. Malik bearbeitete weiter den Körper und brachte Burry mit Körpertreffer auch zu Boden. Der kam zwar nochmal wieder hoch, aber zu langsam. Ringsrichter Bernds zählte ihn aus.
Sieger durch KO in Runde 2, nach 2:15 Minuten: Yasir Malik.
Auch für den folgenden Kampf stieg ein Lokalmatador in den Ring, Tim Vößing (6 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch KO). Er boxte gegen Muhammadjon Hajotof (4 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Es war ein Kräftemessen im Cruisergewicht und es war auch sechs Runden lang ein Kräftemesse. Vößing hatte seine besten Momente, wenn er lang boxte, Hajotof bei Schlagabtauschen. Es war schlicht ein Kampf, der von Runde zu Runde verbissener und härter geführt wurde. Mit zunehmender Dauer verloren sich die boxerischen Linien und es wurde zu einer hin und her wogenden Ringschlacht. Am Ende der sechs Runden stand eine denkbar knappe Punktrichterentscheidung, die bei dem Verlierer auf Unverständnis stieß
Punktsieger durch Mehrheitsentscheidung (56:57, 59:58 und 57:56): Tim Vößing.
Als nächstes gab es einen Sechsrunder im Mittelgewicht. Ali El Said (11 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 2 Unentschieden) boxte gegen Armani Aziz (11 Kämpfe, 1 Sieg, 9 Niederlagen, 1 Unentschieden). Azis zeigte schönes grades, aber variables Boxen. Dabei nutzte er auch seinen Reichweitenvorteil. El Said versuchte, sich an seinen Gegner heranzuschieben, um dann am Mann zu explodieren. Der Kampf war äußerst kurzweilig. Die erste Runde dominierte Azis durch seine saubere Technik und seine variableren Kombinationen. In der folgenden Runde brachte El Said mehr Hände ins Ziel, auch weil er den Druck erhöhte. In der dritten punktete Aziz schön mit Körpertreffern. In der Vierten fing er an, die Auslage zu wechseln und kleine Showeinlagen einzustreuen. Die beiden letzten Runden wurde der Kampf immer verbissener und härter geführt.
Punktsieger durch Mehrheitsentscheidung (58:56, 59:57 und 58:58): Ali El Said. Den Kampf habe ich so nicht gesehen. Ich hätte Armani Aziz zumindest ein Unentschieden gegeben.
Hiernach boxten wieder zwei Debütanten gegeneinander, Aschaf Ziane und Dwight Kelschebach. Selten gab es in der letzten Zeit einen technisch so guten und ausgeglichenen Kampf von Debütanten. Leider konnte Kelschebach nicht zur dritten Runde der Mittelgewichtsbegegnung antreten. Er hatte sich das rechte Handgelenk verletzt.
Sieger durch TKO in Runde 3: Aschaf Ziane.
Auch im achten Kampf des Abends trafen im Cruisergewicht Jefferson Sosa (3 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO) und Dusco Vujicic (9 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 6 Niederlagen, 6 durch KO) aufeinander. Sosa nutzte den Kampf für eine Art Schaulaufen. Er war in allen Belangen seinem Gegner überlegen. Er spielte mit ihm nach Belieben. Mehrfach ließ er von ihm ab, wenn er die Gefahr sah, sein Gegner könnte zu früh KO gehen. Nach der dritten Runde, in der Vujicic Konditionsprobleme bekam, machte Soza dann Ernst. Er ließ ihn, nachdem er ihn in einer neutralen Ecke gestellt und mit einer Links-Rechts-Kombination zum Kopf erschüttert hatte, nicht wieder raus. Vielmehr holte er ihn mit einem brutal harten Körperhaken runter. Vujicicw Ecke warf das Handtuch
Sieger durch TKO in Runde 4, nach 1:50: Jefferson Sosa.
Vor dem letzten Kampf setzte Nieselregen ein. Dadurch schien dem Gegner von dem Essener Schwergewichtler Patrick Korte (18 Kämpfe, 17 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), Zaal Kvezereli (6 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO), die Lust am Boxen vergangen zu sein. Der Georgier verdiente jedenfalls nicht einen einzigen Cent seiner Börse, was man aber vorher nicht ahnen konnte. Kvezereli lief von Anfang an weg, markierte eine Verletzung – kurz, er zeigte ein unwürdiges Verhalten. Nach ein paar Treffern flog dann ein Handtuch in den Ring. Das Verhalten von Zaal Kvezereli war eine Schande. Schade, dass Korte die Möglichkeit zu boxen kaputt gemacht worden war.
Sieger durch TKO in Runde 1, nach 2:40 Minuten: Patrick Korte.
Es ist großartig, dass die schöne Dubois-Arena wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt wird. Hoffentlich gibt es dort bald wieder Boxen zu sehen.
© Uwe Betker
Gastbeitrag: Von Pflichtaufgaben und leichten Sparringsrunden
Pflichtaufgaben und leichte Sparringsrunden – auf diese kurzen Nenner lässt sich der Kampfnachmittag am 20.02.2021 im Wuppertaler Red Panther Kampfpalast zusammenfassen. Doch der Reihe nach.
Gleich im ersten Kampf, eine Mittelgewichtsbegegnung, wurde Markc Lambertz seiner Favoritenrolle gerecht. Bereits in der dritten von acht Runden gegen Mirko Sikora beendete er das Gefecht standesgemäß – aber auch zu früh. Mit einer krachenden Rechten an die Schläfe schickte er seinen 23-jährigen Kontrahenten ins vorzeitige Wochenende. Dabei war von der ersten Runde an deutlich zu sehen, dass der Kölner Mirko Sikora chancenlos nach Wuppertal gereist war. Bereits von der ersten Sekunde an dominierte Lambertz seinen Gegenüber nach belieben. Er war beweglicher, rouchierte und veränderte stetig seine Position im Ring. Sikora, hüftsteif und mit einem hochgereckten Kinn, das für Lambertz wie ein Fadenkreuz wirken durfte, kam zu keiner zwingenden Aktion und unterforderte Marc Lambertz auf ganzer Linie. So entwickelte sich eher eine Trainingseinheit statt eines ernstzunehmenden Boxkampfes, in der Lampertz jede Anweisung seines Trainers Rüdiger May umsetzte. Bis vielleicht eine nicht: sich nämlich Zeit zu lassen.
So kam es, wie es kommen musste. Nach der Ringpause zur dritten Runde erhöhte Lambertz den Druck auf seinen Gegner. Nach rund zwei Minuten erodierte Sikora. Er konnte schlicht dem Druck nicht standhalten. Schlag um Schlag prasselten in einer Kombination von Geraden und Haken Stöße auf ihn ein, wobei einer den Körper sehr schmerzhaft traf. Der gebürtige Wipperfürther wurde vom GBA Ringrichter Arno Pockrandt angezählt. Sofort nach Freigabe des Kampfes setzte dann eine Schlaghand an die Stirn Sikoras dem Kampf ein vorzeitiges K.o.-Ende. Sikora wollte sich wohl so früh nicht aus dem Kampf verabschieden, doch die Gesundheit des Sportlers hat Vorrang.
Wie auch im zweiten Kampf des Tages, den auf sechs Runden angesetzten Vergleich zwischen Martin Houben und Ismail Altintas im Halbschwergewicht. Auch hier ungleiche Kräfteverhältnisse, auch hier zwei faire Sportler, die boxen wollten, und auch hier entschied die Gesundheit des Sportlers über das Adrenalin des Kämpfers. In der Ringpause zur fünften Runde wurde der Kampf in Abstimmung von Arzt, Ringrichter und Betreuer beendet. Zu schwer waren die Treffer und der Verdacht auf eine gebrochene Nase ließen keine Alternative zu und bescherten Houben mit seinem neunten Sieg im zehnten Kampf. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Altintas seinem Kontrahenten einen mutigen, wenn auch chancenlosen Kampf geliefert, in dem er schwere Kopftreffer hinnehmen musste, die letztlich zum Abbruch des Kampfes führten.
Verwunderlich war dies nicht. Der 27-jährige Houben boxte überlegt und überlegen. Für ihn schien dieser Kampf eher in die Sparte Sparring unter Wettkampfbedingungen zu laufen, denn er packte einige Technik-Einheiten in dem Kampf. Ausgehend von seiner größeren Reichweite konzentrierte er sich in der ersten Runde auf die Beinarbeit. Er bewegte sich viel und hielt seinen rund zehn Zentimeter kleineren Gegenüber auf Distanz. Seine Angriffe bereitete Houben vorwiegend mit einer Führhand-Geraden vor, die er mit einem Haken zum gegnerischen Körper abschloß. Zu häufig landete diese jedoch auf der Deckung und entfaltete deshalb weniger Wirkung, als seine harten Geraden an den Kopf des 32-jährigen Kölners Altintas.
Dieses Gesamtbild setzte sich auch in den weiteren Runden fort. Houben boxte ungefährdet und Altintas stemmte sich zeitweise mit seinem hinteren Fuss in dem Ringboden wie ein Sprinter in einem Startblock, um die harten Stöße Houbens zu entschärfen.
Nur einmal – in Runde zwei – wurde dieses überlegene Gesamtbild durch eine sehenswerte Aktion Altintas, der mit einer von außen kommenden Schlaghand als Haken, super eingedreht, Houben am Kopf trifft. Allerdings wurde die Aktion wegen angeblicher Innenhand vom Ringrichter zurückgepfiffen. Schade.
Die beiden weiteren Kämpfe des Nachmittags waren kaum der Rede wert. Besonders der dritte Vergleich zwischen Orhan Guelsen (mit 16 Jahren jüngster Profi), der haushoch überlegen war, und Idress Schenwary war keine Werbung für den Profiboxsport. Dieses Aufeinandertreffen sollte eher als Grundlage für eine Diskussion um die Kampffähigkeit und die sportliche Kompetenz einiger Sportler dienen, bevor sie ins Quadrat treten dürfen. Wobei gilt: Jeder, der in den Ring steigt, verdient Respekt. Doch nicht jeder hat dort auch etwas zu suchen.
Mit größeren Erwartungen startete der Wuppertaler Lokalmatador Marco Martini ein Comeback. Nach dreijähriger Abstinenz endete dieses jedoch bereits in der zweiten Runde. Mit einem Leberhaken schickte er seinen Gerner Dogan Kurnaz auf die Bretter.
Noch ein Zusatz: Es fühlt sich falsch an, wenn mehr Rettungssanitäter im Raum sind als Sportler und Betreuer. © Manfred Fammler