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Gastbeitrag: Düsseldorfer Profi-Boxer kämpft um EM-Titel

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Nein, nervös sei er nicht. Ja, er trete an, um den Titel zu gewinnen. Der Countdown läuft. Mit Zuversicht begegnet der Düsseldorfer Boxprofi Sebastian Tlatlik seiner bislang größten sportlichen Herausforderung. Am Freitag, 6. Mai, tritt der 33-jährige gegen Evgeny Chuprakov in Ekaterinburg, Russland, um die Europameisterschaft im Superfedergewicht (bis 59 kg) an.
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Endlich hat die siebenwöchige Vorbereitung ein Ende. „Die Intensität des Trainings war neu für mich“, sagte Tlatlik. Zehn Trainingseinheiten pro Woche und nebenbei noch arbeiten brachten ihn an die Belastungsgrenze. Doch damit ist jetzt Schluß. Nach Cardio-, Kraft-Ausdauer-Einheiten und zahlreichen Sparringsrunden zählt nur noch der Blick auf Samstag und auf seinen Gegner und Favoriten Evgeny Chuprakov. Seiner Außenseiterrolle ist sich der 33-jährige Kämpfer bewusst, erkennt die Vorteile seines acht Jahre jüngeren Gegners, der im Gegensatz zu ihm bereits über zwölf Runden kämpfen musste. „Diese Distanz ist mir völlig unbekannt. Bisher konnte ich meine Gegner bereits in der ersten Hälfte der angesetzten Runden besiegen“, sagt er.
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Dies wird wohl am kommenden Samstag kaum der Fall sein. Der 25-jährige Chuprakov ist mit seiner makellosen Bilanz von 15 Siegen und der bemerkenswerten Amateurkarriere von 120 Siegen bei 30 Niederlagen ein starker Gegner. Nicht zu vergessen ist dabei Happy Gilmores – so sein Spitzname – Heimvorteil. Tlatlik wird gegen einen talentierten Gegner und 5.000 Boxfans antreten müssen, die den „Palast der Spielsportarten „Uralotschka“ in einen Hexenkessel verwandeln werden. „Ich werde versuchen, mich davon nicht beeindrucken zu lassen“, zeigt sich der 33-jährige Familienvater aus Essen gelassen. Denn: Gewollt war er als Gegner nicht. Da es sich um eine Pflichtverteidigung handelt, musste Chuprakovs Management Sebastian Tlatlik den Kampf anbieten und konnte ihn nicht umgehen. Ein Vorteil? „Das spricht wohl für mich und den Respekt, den der Gegner vor mir hat. Wäre ich chancenlos, hätte ich die Reise sowieso nicht angetreten.“
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Schließlich ist der Weg nach Ekaterinenburg, rund 40 Kilometer vom Ural noch auf europäischer Seite gelegen, ebenfalls kein Zuckerschlecken. Vor Ort traf er allerdings auf professionelle Voraussetzungen. „Ich trainiere im exklusivsten Fitnesscenter der Stadt und habe dort feste Zeiten geblockt. Unsere Gastgeber sind sehr hilfsbereit und stets bemüht, dass es uns hier gutgeht.“ Dass er am Freitag von seinem sechs Jahre jüngeren Bruder Robert in der Ringecke gecoucht wird und nicht von seinem Stammtrainer Stefan Freudenreich sei kein Nachteil. „Robert ist mein boxerisches Vorbild. Er kennt mich genau und wird mir während des Kampfes wichtige Hilfen geben.“ Unterstützung erhalten die Brüder von ihrem Heimtrainer Stefan Freudenreich: „Ich weiß, dass es für Sebastian schwer wird. Ich weiß aber auch, dass er es schaffen kann.“

Weitere Hinweise:
• Evgeny Chuprakov, *4. April 1990, Ekaterinburg, Profidebut
1. Dez. 2011, Linksausleger (Quelle: boxrec.com)
• Sebastian Tlatlik, *26. Mai 1982, Bytom (Polen), Profidebut
23. März 2014, Linksausleger (Quelle: boxrec.com)
• Ekaterienburg (auch Jekaterinburg), mit rund 1,4 Millionen Einwohner viertgrößte Stadt Russlands, liegt am Uralgebirge

(C) Freudenreich Professional Boxing/Manfred Fammler

Gastbeitrag: Düsseldorfer Profi-Boxer kämpft um EM-Titel

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Superfedergewichtler Sebastian Tlatlik fordert amtierenden Champion heraus
Der Düsseldorfer Boxprofi Sebastian Tlatlik kämpft um die WBO- Europameisterschaft im Superfedergewicht (bis 59 kg). Am 6. Mai tritt er als Herausforderer gegen den amtierenden Champ Evgeny Chuprakov in Ekaterinburg, Russland, an. „Das ist die größte sportliche Aufgabe meiner Trainerkarriere“, so Stefan Freudenreich von Freudenreich Professional Boxing.
Dass der 25-jährige Russe mit dem Spitznamen „Happy Gilmore“ als Favorit in den Kampf gehen wird, ist fraglos. Dafür spricht seine makellose Bilanz von 15 Siegen, davon acht vorzeitig durch KO, die Qualität der Gegner, die um 118 Plätze bessere Position in der Weltrangliste und der Heimvorteil, denn Chuprakov stammt aus Ekaterinenburg. Trotzdem: Bange machen gilt nicht. „Wir fahren nicht nach Russland, um zu verlieren“, sagt Freudenreich selbstbewusst, der dabei auf die Qualitäten seines Schützlinges verweist. Freudenreich: „Sebastian ist amtierender deutscher Meister und hat mit zehn Siegen ebenfalls eine makellose Weste und mit neun KOs sogar noch einen mehr aufzuweisen als Chuprakov.“
„Ich werde den Titel nach Deutschland holen“, unterstreicht Sebastian Tlatlik den Optimismus seines Trainers. Daran ändert auch die erste Videoanalyse seines Gegners nicht, wobei er anerkennt: „Chuprakov ist sehr, sehr stark, aber eben nicht unschlagbar.“ Er freue sich jedenfalls auf den „sportlichen Vergleich“. Dafür muss sich Tlatlik erstmals für einen Kampf über eine Distanz von zwölf Runden vorbereiten. Eine zusätzliche Herausforderung, da bislang seine Kämpfe meistens auf zehn Runden angesetzt waren, jedoch häufig nach der sechsten Runde endeten.
Mit welcher Taktik sich die beiden Düsseldorfer dem favorisierten Russen stellen, soll in den kommenden Wochen erarbeitet werden. Nur soviel verrät der Freudenreich: „Wenn wir mit dem Training fertig sind, wird Sebastian ein anderer Boxer sein.“

Weitere Hinweise:
• Evgeny Chuprakov, *4. April 1990, Ekaterinburg, Profidebut 1. Dez. 2011, Linksausleger (Quelle: boxrec.com)
• Sebastian Tlatlik, *26. Mai 1982, Bytom (Polen), Profidebut 23. März 2014, Linksausleger (Quelle: boxrec.com)
• Ekaterienburg (auch Jekaterinburg), mit rund 1,4 Millionen Einwohner viertgrößte Stadt Russlands, liegt am Uralgebirge
(C) Freudenreich Professional Boxing/Manfred Fammler

Die ultimativ subjektive Liste 2015

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Boxer des Jahres 2015
Tyson Fury (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO), der neue Weltmeister der WBO und Super Champion der WBA, hat alles richtig gemacht. Er kam nach Deutschland, um zu gewinnen und nicht, wie viele vor ihm, nur um sich eine Börse abzuholen. Er hatte einen Plan und den zog er erfolgreich durch. Im Vorfeld des Kampfes machte er alles, um in das Gehirn von Wladimir Klitschko zu kriechen. Er nutzte jede Gelegenheit, ihm immer wieder zu zeigen: „Ich bin nicht berechenbar!“ Er und sein Team kümmerten sich um jedes Detail und gingen keiner Konfrontation aus dem Weg. Jedes Detail war wichtig: die Passform der Handschuhe, die Härte des Ringbodenbelags … Dass er auf alles achtete, das war wiederum etwas, womit er den Titelverteidiger auch gründlich nerven konnte. Vor allem hatte Fury einen simplen Kampfplan: Klitschko lang boxen, schnelle Beine und schnelle Hände. Sobald er Klitschko seinen Kampf aufzwingen konnte, sah der alt und planlos aus, was er wohl auch war. Es war kein schöner Kampf, aber Fury war erfolgreich, und der Erfolg gibt ihm schließlich Recht.

Boxer des Jahres 2015 (ehrenhalber)
Alexander Mengis boxte am 23. Mai 2013 in Berlin um die Internationale Deutsche Meisterschaft der GBA im Weltergewicht. Sein Gegner hieß Stefan Worth. Es war der fünfte Kampf des Stuttgarters. Erst einen Kampf vorher, am 18.11.2012, hatte er diesen Titel gewonnen. Gegen Worth ging er in der achten Runde schwer KO und fiel ins Koma. Es hat dann wohl eine Notoperation gegeben. Heute lebt Mengis irgendwo als Pflegefall. Alexander Mengis steht für den brennenden Wunsch aller Boxer und Boxerinnen, mit dem, was sie tun, Geld und Ruhm zu erringen. Er steht aber auch dafür, dass das Profiboxen, das wir alle so lieben, sehr gefährlich ist. Eine Tatsache, die immer und immer wieder von allen Beteiligten und Zuschauern vergessen wird. Um das Bewusstsein dafür wach zu halten, möchte ich Alexander Mengis zum Boxer des Jahres 2015 ernennen – ehrenhalber.

Boxerin des Jahres
Nicole Wesner (11 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO) wurde am 06.09.2015 in der Markthalle in Wismar Weltmeisterin der WBF, WIBF und der GBU im Leichtgewicht. Sie besiegte Irma Balijagic Adler klar nach Punkten. Damit ist sie in Deutschland die Beste im Leichtgewicht und in der Welt unter den Top Ten.

KO des Jahres
Am 14.08.2015 verlor Marco Huck (42 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden), in Newark, New Jersey, gegen den nicht sehr hoch eingeschätzten Krzysztof Głowacki (25 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO) durch KO in Runde 11 nach 2.39 Minuten. Głowacki brachte einen linken Haken an die Schläfe und dann eine Rechte mitten auf die Stirn – und Huck ging zum ersten Mal in dieser Runde zu Boden. Er kam zwar wieder hoch, war aber doch sichtlich angeschlagen. Głowacki setzte nach. Mit einem rechten und einem linken Körperhaken, gefolgt von einem linken Kopfhaken sowie einem Volltreffer mit links auf die Schläfe knockte er Huck schließlich aus. Aber Huck musste, bevor er zuletzt zu Boden sackte, noch einen rechten Wischer und drei linke Kopfhaken nehmen. Ringrichter David Fields brach den Kampf dann ab, um Huck, der zwar schon KO war aber durch die Seile vor dem Fall zu Boden noch gehindert wurde, vor weiteren Schlägen zu schützen – klassischer KO. Huck hat durch den KO jetzt ja wohl einen TV-Vertrag bei RTL bekommen.

Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Gerade mal 17 Jahre ist Leon Bauer (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO), der Löwe aus der Pfalz. Der Super Mittelgewichtler hat zwar bis jetzt nur gegen sogenannte Aufbaugegner geboxt, aber die waren klug ausgesucht und nicht die schlechtesten. Wir dürfen gespannt sein, was er in den nächsten Jahren noch so zeigen wird.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die von Kai Gutmann trainierte Leichtgewichtlerin Beke Bas (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) ist die Entdeckung des Jahres im Frauenboxen. Die 21-Jährige hat Talent, einen gewissen Punch und eine gute Technik. Vor allem hat sie aber ein Kämpferherz: Eine Boxerin, die man im Auge behalten muss.

Überschätzter Boxer des Jahres
Habe keine schlüssige Antwort.

Überschätze Boxerin des Jahres
Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen), die ehemalige Miss Schleswig Holstein, versuchte sich im Profiboxen. Zum Teil spektakuläre KOs überdeckten ihre technischen Mängel. Die wurden ihr dann aber am 31. Oktober 2015 in Hamburg, im Universum Gym, von Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) aufgezeigt. Die Leichtgewichtlerin ist damit für zu leicht befunden worden.

Ringrichter des Jahres
Rosario Triolo vom BDB. Der älteste deutsche Boxverband in Deutschland ist nicht nur die Heimat von Ringrichtern wie Manfred Küchler, die es wohl nicht ertragen können, wenn ein Heimboxer verliert; daher tun sie alles, wohl wirklich alles, um das zu verhindern. Der Bund Deutscher Berufsboxer ist ein eingetragener Verein, dessen Führung in stalingradhafter Treue zu Männern wie Küchler steht. Aber es gibt hier auch einen Ringrichter wie Rosario Triolo, einen jungen Mann, der offensichtlich das Ziel verfolgt, Boxkämpfe einfach nur zu leiten bzw. deren Ergebnis durch eine Punktwertung widerzuspiegeln.

Absteiger des Jahres (männlich)
Der ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) verlor seinen IBF-Titel am 31.05.2014 gegen Sam Solimann. Danach erreichte er gegen Robert Stieglitz, am 08.11.2014, noch ein Unentschieden. Seine letzte Begegnung, einen WM-Kampf der WBA, verlor er am 05.06.2015 in Frankfurt/Main gegen Fedor Chudinov auch. Ausbeute: Ein Unentschieden und zwei Niederlagen. Eigentlich wollte er am 05. Dezember in einem Rückkampf gegen Chudinov antreten. Sein TV-Sender SAT.1 wollte ihm dafür angeblich nur einen Sendeplatz wie Culcay, also nach den zwei Spielfilmen anbieten. Das dürfte wohl seiner Einschaltquote geschuldet sein. Nun boxt er am 20.02.1016 in Oberhausen.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Es gibt da eine in Deutschland boxende Frau, die sich Weltmeisterin nennt. In ihrem letzten WM-Kampf traf sie auf eine Gegnerin, die von ihren letzten sechs Kämpfen fünf verloren und im sechsten ein Unentschieden erreicht hatte. Das wurde ernsthaft als WM sanktioniert. Den Namen nenne ich hier nicht, weil ich versprochen habe, ihn nie wieder zu schreiben.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Die Karriere von Samy Raid Musa (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO) dürfte nach seinem letzten Kampf Schwung bekommen haben. Er besiegte am 28.11.2015, auf der Undercard von Klitschko vs. Fury, den ungeschlagenen Jay Spencer (11 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage).

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) hat mit ihrem Sieg über Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen) gezeigt, dass mit ihr im Leichtgewicht zu rechnen ist.

Aussteiger des Jahres
Der 2015 sportlich nicht ganz so erfolgreiche ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) entzog für seinen letzten Kampf dem dienstältesten und renommiertesten Boxsportjournalisten Deutschlands, Hartmut Scherzer seine Akkreditierung. Der hatte sich in einem Vorbericht nämlich kritisch über ihn geäußert. Die Presseabteilung von Sturm-Box-Promotion hatte es über Monate vor dem Kampf nicht geschafft, die Legitimität der zu boxenden WM zu kommunizieren. Natürlich ist es schwer, mit Kritik umzugehen. Aber eine Person des öffentlichen Lebens, die von der Öffentlichkeit lebt – und das tut Felix Sturm ja schließlich -, sollte mit Kritik doch souveräner umgehen können. Veranstalter, die hingehen und unliebsamen Journalisten die Akkreditierung verweigern oder entziehen oder sie mit Hausverboten belegen, respektieren einfach nicht die Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein Grundrecht und eine der Säulen einer demokratischen Gesellschaft – und die gilt es zu verteidigen.

Veranstalter des Jahres
Der Hamburger Holger Petersen hat 2015 dreimal in der Boxsporthalle Braamkamp in Hamburg veranstaltet. Petersen, ein Unternehmer aus Hamburg, von dem man wenig weiß, hat einfach angefangen, gute und solide Boxveranstaltungen zu organisieren. Man kann nur hoffen, dass er weitermacht und noch besser wird.

Veranstaltung des Jahres
„Kingsvillage Beatdown“ im Foyer des Abtei Gymnasiums in Pulheim (12.12.2015) war für mich die beste Veranstaltung des Jahres. Wenn man sich diese Veranstaltung von Bihes Barakat anschaut und mit denen vergleicht, die von Veranstaltern mit TV-Verträgen organisiert werden, kann man sich nur fragen: Wieso gibt es auf einer „Kleinringveranstaltung“ besseres Boxen zu sehen als bei den Großen?

Boxevent des Jahres
Keines jedenfalls, das ich gesehen hätte. Das kann allerdings auch damit zu tun haben, dass ich bei dem einen Veranstalter Hausverbot habe, von einem anderen schriftlich bekommen habe, niemals eine Akkreditierung zu bekommen und von einem dritten immer nur sehr höfliche Ablehnungen kriege, auch wenn dort sonst jeder Pressevertreter rein kommt.

Fehlentscheidung des Jahres
Der Punktsieg von Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gegen Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden). Die Punktrichter Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin sahen offenbar einen anderen Kampf als die Zuschauer in der Halle und an den Fernsehgeräten. Alle drei gaben Feigenbutz den Sieg. Selbst wenn man als Punktrichter so etwas wie einen Heimvorteil geben will und sich vielleicht auch dem Veranstalter verpflichtet fühlt, weil der einen ja bezahlt, darf dabei m. E. doch höchstens ein geschenktes Unentschieden rauskommen. Ich hoffe aufrichtig, dass Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin in den nächsten zehn Jahren nicht mehr in Deutschland punkten.

Trainer des Jahres
Die Qualität eines Trainers kann nicht an seinen TV-Auftritten, sondern nur an seiner Arbeit gemessen werden. Wer durch die Republik fährt und sich Trainings ansieht, der wird schnell feststellen, dass es hierzulande viele gute Trainer gibt, Trainer, deren Hauptaugenmerk auf der Ausbildung ihrer Boxer liegt. Hier eine kurze Liste guter Trainer: Manni Faber, Stefan Freudenreich, Sini Ivanisevic, Steven Küchler, Kai Gutmann, Frank Lubitz, Rüdiger May, Youssef Ramadan und Michael Siegel. Das sind jetzt nur die, die mir gerade spontan eingefallen sind. Ich habe einige vergessen. Entschuldigung!

Entgleisung des Jahres
Im letzten Jahr war Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hier noch „Rookie des Jahres (männlich)“. Inzwischen wurde er Interim Champion der WBA im Super Mittelgewicht. In seinem letzten Kampf, am 17.10.2015, gegen einen soliden aber nicht sehr starken Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden) gewann er zwar nach Punkten, sein eigenes Publikum aber sah in seiner Heimatstadt den Italiener als Sieger und tat dies auch kund. Feigenbutz sah das aber ganz anders. Er sah sich selbst als klaren Sieger und dann sprach er davon, seinem Gegner die Fresse polieren zu wollen – wirklich kein guter Stil.

Boxkampf des Jahres (männlich)
Der Kampf zwischen Yusuf Kangül (10 Kämpfe, 7 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Tiran Metz (18 Kämpfe, 12 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 4 Unentschieden) im Super Mittelgewicht ist ein Klassiker. Zwölf Runden lang schenkten sich die beiden, die offensichtlich eine gepflegte, dafür aber tiefe gegenseitige Abneigung verbindet, nichts. Wenn ein Fighter und ein Techniker aufeinandertreffen, ist das immer wieder ein Erlebnis. Am Ende der knappen Europameisterschaft der WBU sollte eigentlich ein klarer Punktsieger stehen, aber einige Zuschauer verhinderten, dass ein Urteil gefällt werden konnte. Bis heute steht das offizielle Urteil des Kampfes vom 19.12.2015 aus.

Boxkampf des Jahres (weiblich)
Am 07.11.2015 verlor Özlem Sahin (20 Kämpfe, 19 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) gegen Gretchen Abaniel (24 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO) ihre WM-Titel im Minimumgewicht. Sahin fand zu keinem Zeitpunkt vor heimischem Publikum in den Kampf, daher fightete sie. Es war ein sehr enger Kampf, den man auch knapp für Sahin oder als Unentschieden hätte werten können. In der Tat hatte ein Punktrichter Abaniel mit zwei Runden vorne und ein anderer Sahin. Aber der BDB-Punktrichter Jürgen Langos wertet 91:99 für Abaniel. Keine Ahnung, weshalb er das machte. Auf jeden Fall war es ein großartiger Kampf.

Comeback des Jahres (männlich)
Ahmet Öner ist wieder – oder besser – immer noch da. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, veranstaltete er 2015 neun Shows, davon 2 in der Türkei und eine in den USA. Zurzeit hat er keinen Boxer unter Vertrag, der (oder die) die Phantasie der breiten Boxöffentlichkeit anregen könnte. Aber er lässt seine Boxer arbeiten und hofft, dass sich einer von ihnen durchsetzt.

Comeback des Jahres (weiblich)
Alesia Graf (32 Kämpfe, 27 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen), die ehemalige Weltmeisterin im Super Fliegengewicht und Super Bantamgewicht, kassierte 2014 zwei Niederlagen in Folge, jeweils in WM Kämpfen, nachdem sie 2013 gar nicht geboxt hatte. Im letzten November stieg sie gegen die Ungarin Marianna Gulyas (34 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 12 durch KO) nun wieder in den Ring und gewann durch KO in Runde 2.

Bester Show Act des Jahres
Tyson Fury mit seinem Sieges-Liebes-Lied.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Leichtgewichtler Zapir Rasulov (30 Kämpfe, 30 Siege, 28 durch KO) boxte bisher in Deutschland, in der Schweiz (1 Mal), in Panama (4 Mal) und in den USA (2 Mal). Der Charlottenburger ist die Nummer 11 der WBA-Rangliste. Er hat eine KO Quote von 90%. Muss man noch mehr sagen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Lucia Morelli (25 Kämpfe, 19 Siege, 9 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO) boxt im Super Leichtgewicht. Alle ihre fünf Niederlagen kassierte sie im Ausland bei WM-Kämpfen, also im Wohnzimmer ihrer Gegnerinnen. Sie unterlag Cecilia Braekhus, Myriam Lamare, Delfine Persoon (zweimal) und Klara Svensson. Morelli verdient es, einmal vor heimischem Publikum einen WM Kampf bestreiten zu können.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Agron Dzilla (24 Kämpfe, 23 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der in der Schweiz lebende Cruisergewichtler aus Mazedonien, stahl am 21.03.015 auf der Sauerland Veranstaltung in Rostock allen, Jürgen Brähmer, Vincent Feigenbutz, Timo Schwarzkopf, Denis Boytsov, Stefan Härtel und Orhan Davis, die Show. Sein Kampf gegen Bernard Adie dürfte der beste Kampf des Abends gewesen sein. Dzilla gewann klar nach Punkten und damit den Titel der Global Boxing Union, aber einen Vertrag gewann er nicht.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (männlich)
Jack Robert Culcay-Keth (22 Kämpfe, 21 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), genannt Jack Culcay, alias Golden Jack, ist Interims Champion der WBA im Super Weltergewicht. Er wird gerne als eine der deutschen Boxhoffnungen für eine Weltmeisterschaft vermarktet. Schön wäre es, wenn er und sein Management, Sauerland Event, sich dazu entschließen könnten, auch unter Beweis zu stellen, dass er der beste deutsche Super Weltergewichtler ist. Dafür müsste er aber schon gegen Besar Nimani (21 Kämpfe, 20 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) antreten. Den Kampf will wohl jeder sehen.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (weiblich)
Bis jetzt kam es nicht zum Rückkampf zwischen Christina Hammer (19 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (32 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO). Wir erinnern uns: Der BDB Ringrichter Manfred Küchler, der immer noch gerne von seinem Verband eingesetzt wird, sorgte mit seinem ganzen Können dafür, dass die Mittelgewichtlerin Hammer den Kampf nicht durch KO verlor. Wenn nun Hammer, was wir auch schon etwas verstehen könnten, nun nicht mehr gegen Mathis antreten will, so könnte sie aber doch wenigstens gegen die Super Mittelgewichtlerin Nikki Adler (14 Kämpfe, 14 Siege, 8 durch KO) antreten.
© Uwe Betker

Written by betker

31. Dezember 2015 at 23:59

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Nachdenken über Heimvorteile beim Profiboxen

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Der Begriff „Heimvorteil“ wird in Deutschland immer wieder gerne bei der Berichterstattung und in Kommentaren über Profiboxen verwendet. Ehrlich gesagt hatte ich mir selber bislang über die eigentliche, die wörtliche Bedeutung von Heimvorteil auch noch keine Gedanken gemacht.
Das Wort Heimvorteil ist zusammengesetzt aus Heim und Vorteil. Heim ist laut Wikipedia „Wohnsitz, der Ort vorrangigen Lebensinteresses“ und „Heimat, das Konzept von „Zuhause“. Und Wiktionary, das freie Wörterbuch, umschreibt die Bedeutungen von Vorteil: „[1] positiver Aspekt oder Effekt einer Sache, [2] im Mannschaftssport eine bestimmte Situation zugunsten einer beteiligten Mannschaft, [3] Tennis: Spielstand nach einem Punkt, der nach einem Einstand (40:40) erzielt wurde.“ Relevant für uns dürfte die Umschreibung „positiver Aspekt oder Effekt einer Sache“ sein.
Demzufolge soll der Heim-Vorteil offensichtlich besagen, dass es für jemanden einen „positiven Effekt“ hat, wenn er in der Heimat oder an seinem Wohnsitz oder dem Ort seines vorrangigen Lebensinteresses boxt. – Ich würde gerne die Ausführungen derjenigen hören und lesen, die gerne den Begriff Heimvorteil benutzen. Ich würde da z.B. gerne etwas mehr erfahren über die Heimat, den Wohnsitz und das vorrangige Lebensinteresse der Boxer.
© Uwe Betker

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3. Juni 2011 at 23:59

Der schleichende Niedergang von Sauerland Event (4)

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Gerade der Umgang mit knappen oder umstrittenen Punktentscheidungen unterstreicht den Niedergang von Sauerland. Er beschleunigt ihn außerdem auch noch. Das Standardverhalten bei solchen Punkteinscheidungen ist geradezu schon ritualisiert.
Prinzipiell wird erst einmal bestritten, dass die Entscheidung knapp oder diskussionswürdig ist. Der eigene Boxer hat grundsätzlich immer die härteren Treffer gesetzt. Der Andere, der Herausforderer, hätte mehr machen müssen, wenn er hätte gewinnen wollen. Manchmal wird dann auch noch das Totschlagargument „Heimvorteil“ bzw. „Weltmeisterbonus“ gebracht. Das, was jemand, der nicht gerade ein eingefleischter Fan eines bestimmten Boxers und bezahlter Mitarbeiter von ARD und Sauerland ist, doch eigentlich hören möchte, das kommt nicht. Es kommt in der Regel keine Selbstkritik, und es kommt vor allem nie das Angebot eines Rückkampfes. Wieso hat Sauerland eigentlich eine so panische Angst davor, einen knappen Kampf zu wiederholen?
Ganz übel finde ich persönlich vor allem, wie Sauerland mit den Punktrichtern umgeht, die an solchen zweifelhaften Punktentscheidungen beteiligt waren. Gerade diejenigen, die sich durch skandalöses Falsch-Punkten hervorgetan haben, kommen wieder zum Einsatz. Dabei dürfte es genug Punktrichter auf der Welt geben, so dass dies nicht notwendig sein müsste. Welches Signal sendet der berliner Veranstalter hier denn aus? So wie ich es verstehe, kann der Einsatz von diskreditierten Punktrichtern nur zweierlei heißen. Zum einen: Uns, Sauerland Event, ist es vollkommen egal, was Andere von uns denken. Wir machen, was uns gefällt. Wir brauchen und wollen keine Rücksichten auf unsere Glaubwürdigkeit und die des Sports nehmen. Oder aber: Wir, Sauerland Event, wollen oder müssen Punktrichtern, die uns einen Gefallen getan haben, weiter einsetzen. Sie haben uns einen Gefallen getan, und nun tun wir ihnen einen Gefallen. So können wir dann auch sicher sein, dass unser Boxer auch dann noch gewinnt, wenn er den Kampf eigentlich verloren hat. – So jedenfalls wird das Vorgehen von vielen verstanden.
Meine persönliche Meinung ist, dass die Hauptursache für den Niedergang von Sauerland Event in der „Selbstauflösung“ von Universum Box-Promotion begründet liegt. Mit dem Wegfall des direkten Konkurrenten reichte es nicht mehr aus, nur der „Bessere“ zu sein. Sauerland Event war ja damit auch nicht mehr der „Bessere“, sondern der „Einzige“, und das mit den beschriebenen Folgen. Das Unglaubliche an diesem Niedergang ist, dass diese Entwicklung weitestgehend vorhersehbar war. Ich weiß, dass wohlmeinende Boxjournalisten Entscheidungsträgern des Promoters vor nahezu allen Entwicklungen, die dann eingetreten sind, gewarnt haben. Aber damals war man in Berlin wohl noch zu sehr in dem Hochgefühl, „der Einzige“ zu sein, gefangen, um diese Warnungen hören zu wollen.
© Uwe Betker

Der schleichende Niedergang von Sauerland Event (3)

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Eine der unmittelbaren Folgen davon, dass es keinen direkten Konkurrenten von Sauerland Event mehr gab, war, dass sich die Wahrnehmung von Sauerland Event veränderte. Es reichte nun nicht mehr wie früher, einfach „der Bessere“ zu sein. Wenn man nämlich der Einzige ist, dann schauen auch die Zuschauer und die Medien genauer hin. Und was sie dann wahrnahmen, war eben z. T. nicht sehr schön. Die Verbalentgleisungen des Weltmeisters der WBO im Cruisergewicht, Muamer Hukic alias Marco Huck, beschädigten oder festigten nicht nur seinen eigenen Ruf, sondern auch den seines Veranstalters. Sauerland Event konnte oder wollte ihm nämlich nicht sagen, dass man sich nicht über die Gebrechen von anderen Menschen lustig macht. Vielleicht war es sogar so, dass Hucks Management ihn sogar, durch das Medienecho angestachelt, dazu ermutigte, noch einmal nachzulegen. Dabei interessierte es offensichtlich kaum jemanden, dass die Medien und die Zuschauer die Beleidigungen gar nicht lustig fanden. Dass Huck dann auch nur durch eine mehrheitliche Punktrichterentscheidung Weltmeister blieb, wodurch außerdem das Boxen in Deutschland massiv beschädigt wurde, verschlimmerte nur die Wirkung von Hucks Worten. Gerade die Häufung von knappen, sehr knappen und skandalösen Fehlentscheidungen führte dazu, dass sich im Ausland das Bild verfestigte: In Deutschland kann man nur durch KO gewinnen. Und dieser Vorstellung scheinen auch weitestgehend die Sauerland Boxer selber anzuhängen. Kaum boxt Arthur Abraham dann im Ausland, formuliert er auch schon die Befürchtung, in den USA nicht nach Punkten gewinnen zu können. Bei knappen und strittigen Punktentscheidungen sind Sauerland Boxer überhaupt nahezu nie zu etwas wie Selbstkritik fähig.
Zwar behielt Sauerland Event durch solche Punktrichterentscheidungen ihre Weltmeistertitel. Aber mit einem jeden solchen Urteil verloren sie an Glaubwürdigkeit. Eine Zeitlang versuchte die ARD noch durch Gerede über „Weltmeisterbonus“ und „Heimvorteil“ den Zuschauern weiß zu machen, hier ginge alles ganz korrekt vonstatten. Aber die Kritik in den Medien, sogar in den traditionell eher unkritischen Printmedien, wurde immer lauter und vernehmbarer. In Internetforen wurden sogar Formbriefe veröffentlicht, mit denen die Mitglieder der Foren sich bei der ARD über die Verschwendung ihrer Rundfunkgebühren beschweren sollten.
Nun, Sauerland Event war es offensichtlich nicht gewohnt, mit Kritik umzugehen. Ein sehr renommierter Box-Journalisten berichtete mir folgende Geschichte: Nach den Verbalentgleisungen von Huck gegen Lebedev und dem folgenden – meiner Einschätzung nach schon skandalösen – Fehlurteil, rief er in Berlin an und bat um eine Stellungnahme. Er hatte von einer großen überregionalen Zeitung den Auftrag bekommen, noch einmal, mit ein paar Tage Abstand über die Vorfälle einen Artikel zu schreiben. Sein Ansprechpartner beim Veranstalter mutmaßte gleich eine Art Verschwörung gegen Sauerland. Es waren dann auch schnell sowohl der Kopf der Verschwörung, ein anderer Veranstalter, als auch die bezahlten Schergen, ein oder mehrerer Sportjournalisten, ausgemacht. Es war zu diesem Zeitpunkt offensichtlich außerhalb der Vorstellungskraft von Sauerland Event, dass Sportjournalisten auch einfach mal massiv Kritik üben könnten.
© Uwe Betker

Es geht auch anders!

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Die übliche Vorgehensweise bei hiesigen Skandalurteilen, heißt Aussitzen. Man ignoriert die Kritiker und tut so als ob nichts passiert sei. Maximal grummelt man verschämt etwas von Heimvorteil oder Weltmeisterbonus und freut sich mal wieder davongekommen zu sein. Egal ob jemand um den Lohn seiner Arbeit gebracht wurde oder ob dem Ansehen des Sportlers, des Veranstalters, des TV-Senders und des Sports geschadet wurde, Hauptsache der Heimboxer hat gewonnen und das Geldverdienen geht weiter. Aber es geht auch anders!
Am 19.03.2011 boxte die Spanierin Loli Muñoz (19 Kämpfe, 9 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 Unentschieden) gegen die Uruguayerin Chris Namús (16 Kämpfe, 14 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) im Estadio Cr. Gaston Guelfi/Palacio Peñarol, in Montevideo, Uruguay. Einige werden sich noch an Loli Muñoz erinnern. Sie verlor deutlich nach Punkten gegen Jessica Balogun (20.11.2010). In dem Kampf, von dem jetzt die Rede sein soll, ging es um den WPBF-Titel im Junior Weltergewicht. Die Spanierin trieb die Heimboxerin über zehn Runden vor sich her. Namus fand zu keinem Zeitpunkt ein Rezept gegen die kleinere und aggressivere Munoz und musste eine Vielzahl von Volltreffern zum Kopf nehmen. In den letzten beiden Runden schien sie sogar stehend KO zu sein.
In der neunten Runde schenkte der Ringrichter Anibal Andrade aus Uruguay der bedrängten Namús dann eine Auszeit, nachdem sie ihr Mundstück in höchster Not verloren hatte. Fast schien es so, als ob der Ringrichter seine Landmännin stützen wollte, um zu verhindern, dass sie zu Boden ging. In der letzten Runde musste Namús noch mehr Treffer zum Kopf einstecken und konnte nur durch Klammern verhindern, dass sie zu Boden sank. Dann kam ihr der offizielle Zeitnehmer zu Hilfe und gongte den Kampf nach 1:28 Minute in der zehnten Runde ab.
Was dann folgte war eine regelrechte Farce. Die Punkrichter Hugo De Leon, Enrique Vales und Freddy Sosa werteten tatsächlich 96-95, 95-95 und 97-93. Der Skandal war perfekt. Die Punkrichter schanzten durch Mehrheitsentscheidung Chris Namús den Sieg zu.
Soweit scheint das Szenario ja nicht unbekannt zu sein. Was nun allerdings folgte, weicht von unserem Umgang mit dieser Art von Punkturteilen erheblich ab. Die Boxfans waren empört. Das Fernsehen plauderte nicht von Heimvorteil, sondern nannte das skandalöse Fehlurteil – man kann es als Deutscher kaum glauben – ein skandalöses Fehlurteil. Das urugauyische Fernsehen interviewte den Punktrichter Freddy Sosa (er punktete 97-93) und unterlegte seine abstrusen Ausführungen mit Bildern einer Namús, die Volltreffer um Volltreffer nimmt und durch den Ring torkelt. Sogar die Regierung von Uruguay schaltete sich ein. Der Tenor war: Einen solchen Sieg wollen wir nicht! Das Sportministerium forderte die Federacion Uruguaya de Boxeo auf, den Kampf zu überprüfen. Diese annullierte dann tatsächlich die Punktentscheidung, erklärte den Kampf zu einem No Contest und ordnete einen Rückkampf an, der nun am 11. Juni stattfinden wird. Der Ringrichter, die Punktrichter und der Zeitnehmer wurden zwischen 2 und 7 Jahre gesperrt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier in Deutschland das Fernsehen, die Regierung und die Verbände so reagieren würden wie in Uruguay. In Abwandlung eines alten Spruchs: Von Uruguay lernen, heißt sauber siegen lernen!
© Uwe Betker