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Über „Richtig bumm!“
„Der Spiegel“ brachte dieses Jahr in Nr. 46 einen Artikel, „Richtig bumm!“, der einerseits ein Vorbericht zur WM von Manuel Charr war und andererseits eine pessimistische Situationsbeschreibung des Profiboxens in Deutschland gab. Es wurde festgestellt: Die ganz großen Zeiten des Profiboxens mit Henry Maske und Axel Schulz sind vorbei.
Die Autoren Malte Müller-Michaelis und Gerhard Pfeil schreiben: „Es werden Kämpfe vorher abgesprochen, Ringrichter manipuliert. Und immer wieder kommt es zu Fights, die jegliches Niveau vermissen lassen.“ Als Leser erwartet man nun, dass hier Beispiele und Beweise für diese Behauptungen vorgelegt werden. Die aber kommen nicht. Das ist schon sehr erstaunlich, denn einer der beiden Autoren, Müller-Michaelis, ist seit Jahren tief in der Boxszene verwurzelt. Jahrelang war er für den Boxveranstalter Ahmet Öner tätig und ist heute Supervisor des Weltverbandes WBC. Er wäre also durchaus interessant von ihm als Insider Namen und Fakten zu erfahren. Die liefert er aber leider nicht, sondern formuliert lediglich pauschal Vorwürfe, die die Vorurteile gegenüber dem Profiboxen bestätigen.
Um die These vom Niedergang des Boxens zu untermauern, versteigen sich die beiden Autoren zu der Behauptung: „Die Promoter witterten das schnelle Geld. Statt Talente ordentlich auszubilden, schickten sie unfertige Athleten ins Feuer. Durchschnittsboxer wie Sven Ottke oder Markus Beyer wurden zu Weltmeistern hochgejazzt.“ Nun weiß ich zwar nicht, was „hochjazzen“ sein soll, aber ich kenne Sven Ottke und Markus Beyer. Und ich finde dass, wer die als Durchschnittsboxer ansieht, der hat sehr-sehr hohe Ansprüche – so hohe Ansprüche, dass er auch sagen müsste, dass die deutschen Fußballnationalmannschaften, die in den WM Turnieren 1954, 1974, 1990 und 2014 antraten, Durchschnittsmannschaften waren. Zur Erinnerung: Sven Ottke war von 1998 bis 2004 Weltmeister im Super Mittelgewicht des Verbandes IBF und von 2003 bis 2004 auch noch für den Verband WBA. Er trat auch ungeschlagen als Weltmeister ab. Markus Beyer war 2000 Weltmeister im Mittelgewicht nach Version WBC, dann, von 2003 bis 2006, Weltmeister im Super Mittelgewicht nach Version WBC. Durchschnittsboxer? Hochgejazzt?
Im weiteren Verlauf des Textes reiten die Autoren immer mehr auf dem Niedergang des Boxens rum. Sie machen Vincent Feigenbutz und Leon Bauer als Talente aus und erwähnen auch immer wieder Manuel Charr. Da liest man z.B. etwas über die Sonnenbrille des Managers Rainer Gottwald und, dass er Kontakt hat zum Sohn von Gaddafi – was immer das auch über das Boxen in Deutschland aussagen soll. Und immer wieder liest man etwas über Manuel Charr. Nun meine ich bei der WM von Charr in Oberhausen allerdings auch gehört zu haben, dass Malte Müller-Michaelis, einer der Autoren, dort als Technischer Leiter fungiert hat.
© Uwe Betker
Wladimir Klitschko – ein Rückblick
Vor einem Monat erklärte Wladimir Klitschko seinen Rücktritt. Knapp 21 Jahre lang war er Profiboxer. Die Aufregung hat sich inzwischen gelegt und daher soll hier versucht werden, ihn zu würdigen.
Die nackten Zahlen sind sehr beeindruckend: 69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO, Europameister im Schwergewichtler 1999, Weltmeister der WBO von 2000 bis 2003, Weltmeister der IBF von 2006 bis 2015, Weltmeister der WBO von 2008 bis 2015 und Weltmeister der WBA von 2011 bis 2015. Gleichwohl war in den sozialen Medien nach dem Rücktritt von Klitschko eine gewisse Erleichterung spürbar. Lange Jahre flogen sowohl ihm als auch seinem Bruder die Herzen der Fans nur so zu. Zuletzt aber hatten sich viele Fans des Profiboxens von dem in Kasachstan geborenen Ukrainer Wolodymyr Wolodymyrowytsch Klytschko, der sein meistes Geld in der Bundesrepublik verdient hatte, abgewendet.
Klitschkos Problem könnte man das Herold-Johnson-Problem nennen. Herold Johnson (89 Kämpfe, 78 Siege, 33 durch KO, 11 Niederlagen, 2 durch KO) war von 1962 bis 1963 Weltmeister im Halbschwergewicht. Für seine erste Titelverteidigung kam er nach Berlin, wo er am 23. Juni 1962 im Olympiastadion Bubi Scholz nach Punkten besiegte. Johnson war ein großartiger Boxer. Er boxte technisch nahezu perfekt. Perfektion aber ist langweilig. Und daher blieb Johnson die große Zuneigung der Fans verwehrt.
Meiner Auffassung nach hat Wladimir Klitschko in seiner Boxkarriere alles richtig gemacht. Als er Profi wurde, schlug er Angebote aus den USA aus, um in Deutschland, bei Universum Box-Promotion seine Karriere zu starten. Ihm war wohl bewusst, dass er hier umsichtiger aufgebaut würde. Dann kam er aber auch zu einem Trainer, nämlich Fritz Sdunek, der nicht nur selber aus der osteuropäischen Boxschule kam, sondern gleichzeitig auch erfahren war in der Transformation von Amateurboxern zu Profiboxern. – Und so ging es mit seinen Entscheidungen, die stets richtig waren, immer weiter. Er wurde Weltmeister, trennte sich von Klaus-Peter Kohl und vermarktete sich selber.
Je mehr er sich und sein Handeln perfektionierte, desto mehr Hardcoreboxfans verlor er aber. Von sonderlicher Bedeutung war das eigentlich nicht, denn an Stelle der Boxfans kam nun ein Publikum zu ihm, das sich für Boxen nicht interessierte. Damit kamen dann auch Werbeauftritte und diverse erfolgreiche Geschäfte.
Die meisten Hardcoreboxfans wünschen sich Ringschlachten, große Rivalitäten …, sie möchten sehen wie schon verloren geglaubte Kämpfe auf den Kopf gestellt werden u.ä. Sie lieben schlicht Emotionen und Herzblut. Genau das wollte Klitschko aber nicht liefern. Abzulesen ist das an seinem Umgang mit Niederlagen. Am 05. Dezember 1998 verlor er gegen Ross Puritty seinen ersten Profikampf. Wollte er nun einen Rückkampf? Wir wissen es nicht. Jedenfalls fand er nicht statt, sein Bruder boxte am 08. Dezember 2001 gegen Puritty und schlug ihn in der elften Runde KO. Am 08 März 2003 verlor er gegen Corrie Sanders. Am 24. April 2004 wetzte der große Bruder auch diese Scharte wieder aus. – Das ist nicht unbedingt das, was richtige Boxfans sehen wollen. Aber sehr clever war das schon. Einerseits nahm es den psychischen Druck von Wladimir Klitschko. Andererseits zeigte diese Strategie den anderen Boxer auf, dass sie es immer mit zwei starken Brüdern gleichzeitig zu tun haben. Das dürfte nun eine Situation sein, die mancher noch aus seiner Kindheit kennt.
Klitschko wird schon mal vorgeworfen, er hätte sich ja nur deshalb so lange an der Weltspitze halten können, weil seine Gegner so schwach waren – ein Vorwurf, den sich vor ihm auch schon Joe Louis (69 Kämpfe, 66 Siege, 3 Niederlagen, 2 durch KO, Weltmeister von 1937 bis 1950) und Larry Holmes (75 Kämpfe, 69 Siege, 44 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO, Weltmeister von 1978 bis 1985) gefallen lassen mussten. Boxer, die über einen langen Zeitraum eine Gewichtsklasse dominieren, bekommen diesen Vorwurf wohl immer zu hören.
Wenn man Klitschkos Kampfrekord aber durchsieht, dann findet man schon auch genug Namen, die beweisen, dass er sehr wohl gegen starke Gegner geboxt hat. Die meisten von ihnen hat er aber auf eine Art und Weise besiegt, die es so aussehen ließ, als seien diese Gegner keine sehr ernst zu nehmenden Herausforderer.
Natürlich gibt es Dinge, die man Klitschko vorwerfen könnte. Ich meine mich beispielsweise zu erinnern, dass er mal angekündigt hat, einen Boxstall und Boxer aufbauen zu wollen. Das geschah aber, zu meinem großen Bedauern, nie.
Das Vorprogramm von Klitschko-Veranstaltungen war oft läppisch. Nur selten gab es mal einen guten Kampf oder einen guten Mann zu sehen. Dem Vorprogramm konnte man im Gegenteil oft genug ansehen, dass es so wenig Geld wie möglich kosten sollte. Aber wer guckt sich schon das Vorprogramm an? Und wieso sollte man Geld aus der eigenen Tasche für Boxkämpfe ausgeben, die von kaum jemandem gesehen werden und sowieso nicht im Fernsehen gezeigt werden? Damit hat Klitschko also, auch wenn es einem nicht gefallen mag, wohl doch wieder mal alles richtig gemacht.
Am Ende seiner Karriere zeigte er aber auch mehrfach Größe. Sein letzter Kampf gegen Anthony Joshua entschädigte für einige doch eher langweilige Kämpfe. Und er zeigte auch damit Größe, dass er auf einen Rückkampf verzichtete. Wer verzichtet schon mal eben auf 30 bis 50 Millionen Dollar?
Wie immer man auch zu Wladimir Klitschko stehen mag. Für sich hat er jedenfalls alles richtig gemacht. Er hat Ruhm, ein sauberes Image, berufliche Zukunftsperspektiven und einen riesen Haufen Geld. Das ist sehr viel mehr als meisten Boxweltmeister haben. Er wird irgendwann unter den Top-Ten aller Zeiten des Schwergewichts geführt werden. Also: alles richtig gemacht.
(C) Uwe Betker
Ungemach für den BDB
Dem Bund Deutscher Berufsboxer e.V. droht Ungemach. Mir scheint gerade dieses etwas antiquiert wirkende Wort „Ungemach“ zutreffend zu sein, denn es bedeutet, laut Wikipedia: „Notlage, Unglück, Leid, Krise, Unannehmlichkeit, Kummer, Unglück, Missstand, Verlust“. Der Begriff Ungemach umfasst ein breites Spektrum an Negativem.
Wenn nun also mein Artikel heißt: „Ungemach für den BDB“, dann kann das heißen, dass der älteste der deutschen Profiboxverbände in einer Notlage ist, Unglück hat, leidet, in einer Krise ist, Unannehmlichkeiten hat, unter Kummer leidet, unglücklich ist, dort ein Missstand herrscht oder er etwas verliert. Dies scheint mir die Lage doch ziemlich exakt zu umschreiben.
Vor kurzem ging durch die Presse, das Landgericht Kiel hätte die Dopingsperre gegen den australischen Profiboxer Sam Soliman für unwirksam erklärt. Wir erinnern uns: Am 01.02.2013 traten in Düsseldorf Felix Sturm und Sam Soliman in einem IBF-WM-Ausscheidungskampf gegeneinander an. Der Australier gewann einstimmig nach Punkten (116:111, 114:113 und 114:113). Wenig später teilte die Nationale Doping Agentur NADA dem BDB mit, Soliman sei positiv getestet worden. Wenn ich mich recht entsinne, informierte der Präsident des BDB Thomas Pütz, nach eigenen Bekunden, daraufhin erst die Presse, dann die IBF und schließlich Soliman.
Der BDB änderte den Punktsieg von Soliman in ein No-Contest und verhängte eine neunmonatige Sperre. Ich kann mich natürlich irren, aber soweit ich informiert bin, werden überführte Doper, die mit einer BDB Lizenz boxen, nur für sechs Monate gesperrt und die Ergebnisse der Kämpfe werden nicht geändert.
Die Sperre kümmerte Soliman auch nicht weiter. Sie gilt schließlich nur für Deutschland und er wurde ja auch nicht von dem einen der zwei bis drei deutschen Verbände lizensiert. Im Dezember 2014 boxte er in Australien und dann am 31.05.2015 in Krefeld erneut gegen Sturm. In diesem IBF WM-Kampf hat er Sturm ziemlich vermöbelt. Die Punktrichter werteten 118:110, 118:110 und 117:111.
Das Dopng betreffend, gab Soliman an, nicht vorsätzlich gedopt zu haben. Er hätte lediglich den australischen Energy-Drink „Black Bomb“ getrunken. Tatsächlich wurde auch festgestellt, dass die nachgewiesene verbotene Substanz hierin enthalten ist. Eigentlich, sollte man meinen, ist es doch egal, ob jemand nun vorsätzlich oder fahrlässig dopt. Doping bleibt Doping. Aber Soliman schaltete einen Rechtsanwalt ein, Prof. Dr. Rainer Cherkeh, und klagte gegen die Vorstandsentscheidung des BDB – und er bekam nun auch Recht. Vermutlich wird der BDB aber noch weitere Rechtsmittel gegen dieses Urteil einlegen.
Solimans Rechtsanwalt kündigte nach dem Urteil an, Schadenersatzansprüche gegenüber dem BDB geltend machen zu wollen. Da der BDB nur ein eingetragener Verein ist, ohne großes Vereinsvermögen, dürfte dies den vermutlichen Konkurs des BDB zur Folge haben. Um Regressansprüche geltend machen zu können, muss aber das Urteil erst einmal rechtskräftig werden.
Man kann natürlich nun darüber spekulieren, was Sam Soliman denn überhaupt an Schaden entstanden ist. Aber das Urteil (Aktenzeichen 9O283/13) des Landesgerichts Kiel ist nun mal da und damit droht für den BDB Ungemach.
© Uwe Betker
Der Champion der Herzen – Felix Sturm
Letztens fiel mir ein Lexikon in die Finger. Da war zwischen Champignons, dem beliebten Speisepilz, und Champions League, dem Nachfolger des Europapokals der Landesmeister im Fußball, der Begriff Champion zu finden. Ein Champion ist laut diesem Lexikon: „früher: Kämpfer im Zweikampf, Vorkämpfer; heute: bes. erfolgreicher Sportler, Meister einer Sportart.“ Der Begriff „Champion“ wird oft als Synonym für Weltmeister benutzt, was aber nicht hilfreich ist. Vor allem auch beim Profiboxen gibt es Weltmeister, Junioren Weltmeister, Interims Weltmeister und was weiß ich nicht noch alles. Die WBA verändert ständig die Statuten, die die Vergabe des Titels „Super Champion“ regeln, so dass man gar nicht mehr nachkommt. Wenn ich es noch richtig zusammenbekomme, konnte zuerst nur Super Champion werden, wer auch in einem anderen Verband Weltmeister war. Danach konnte man diesen Titel auch tragen, wenn man den regulären Titel sieben Mal verteidigt hatte. Inzwischen kann man den Titel wohl erst tragen, wenn man in den letzten drei Kämpfen vorher zwei Mal verloren und ein Unentschieden erreicht hat.
Man kann nun natürlich darüber diskutieren, ob und was für ein Weltmeister bzw. Champion Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) durch seinen letzten Sieg über Fedor Chudinov (14 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) am 20.02.2015 in Oberhausen wurde. Er wäre dann der erste deutsche Fünfachweltmeister. Stichworte wären hier: Super Champion und Statuten der Word Boxing Association.
Man könnte aber auch hingehen und einfach aufhören, immer nur kleinlich auf Einhaltung von Regeln zu pochen, und jetzt mal alles entspannter und positiver sehen. Wieso addieren wir nicht einfach alle Titel von Sturm und fassen sie unter dem Begriff Champion zusammen.
Sturm errang am 08.03.2003 den IBF Youth Titel im Mittelgewicht.
– Einfachchampion.
Sturm wurde am 12.07.2003 WBO Inter-Continental Meister im Mittelgewicht.
– Zweifachchampion.
Sturm wurde am 13.09.2003 Weltmeister der WBO im Mittelgewicht.
– Derifachchampion.
Sturm wurde am 18.09.2014 WBO Inter-Continental Meister im Mittelgewicht.
– Vierfachchampion.
Sturm wurde am 11.03.2006 Weltmeister der WBA im Mittelgewicht.
– Fünfachchampion.
Sturm wurde am 28.04.2007 erneut Weltmeister der WBA im Mittelgewicht.
– Sechsfachchampion.
Sturm absolvierte am 04.09.2010 seinen ersten Kampf als Super Champion der WBA im Mittelgewicht.
– Siebenfachchampion.
Sturm wurde am 07.12.2013 Weltmeister der IBF im Mittelgewicht.
– Achtfachchampion.
Sturm wurde am 20.02.2015 durch einen Sieg in einem Boxkampf erneut Super Champion der WBA!
– Neunfachchampion.
Man könnte natürlich in der obigen Liste das Nomen Weltmeister suchen und zählen, wie oft es vorkommt, um herauszubekommen, wie häufig Felix Sturm denn nun Weltmeister war. Damit würde man sich aber dem Verdacht aussetzen kleinlich, regelversessen und neidisch zu sein. Man kann aber auch zu Recht sagen, dass Adnan Catic ein Neunfachchampion ist.
Wenn man sich aber die Reaktionen nach dem großartigen und unumstrittenen Sieg in Sturms Rückkampf gegen Chudinov ansieht, dann kommt man nicht umhin festzustellen: Felix Sturm ist der Champion der Herzen.
(C) Uwe Betker
Huck Reloaded und andere Boxkämpfe
Am 27.02.2016 war das Gerry Weber Stadion Austragungsort für die Show „Huck Reloaded“. Damit hat Marco Huck (43 Kämpfe, 39 Siege, 27 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) praktisch ein Wunder vollbracht, denn RTL übertrug seinen Kampf, trotz der KO-Niederlage, die er am 14.08.2015 in Newark, New Jersey, gegen den nicht sehr hoch eingeschätzten Krzysztof Głowacki einstecken musste. Wodurch er seinen WM Titel der WBO verloren hatte.
Leider hielt sich Huck Sports Promotion nicht an den Zeitplan. Angekündigt war, dass der erste Kampf um 19 Uhr beginnen sollte. Leider sah ich, als ich um 18:45 die Halle betrat, vom ersten Kampf nur noch, wie Slobodan Culum (28 Kämpfe, 11 Siege, 8 durch KO, 17 Niederlagen, 11 durch KO) ausgezählt wurde. Der Ringsprecher verkündete den Sieg des Halbschwergewichtlers Marco Nikolic (11 Kämpfe, 11 Siege, 7 durch KO) durch KO in Runde 4 nach 2:52. Dass dieser Kampf vorgezogen wurde, ist für mich umso unverständlicher, weil es später Leerlauf und Pausen gab.
Im Super Mittelgewicht trafen dann Emin Atra (7 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO) und Nikola Matic (45 Kämpfe, 13 Siege, 9 durch KO, 32 Niederlagen, 6 durch KO) aufeinander. Der auf sechs Runden angesetzte Kampf gestaltete sich für Atra schwieriger, als vorher zu vermuten war. Atra begann sehr verhalten. Er verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung und studierte seinen Gegner. Dann kam er mit einem linken Körperhaken und einen rechten Kopfhaken durch und Matic zeigte sich beeindruckt – sogar zweimal. Das Ende für Matic schien nah. Es entstand der Eindruck, als wäre er beide Male eingeknickt. Aber er kam zurück in den Kampf. Er punktete mit seiner Führhand und versuchte, Schwinger ins Ziel zu bringen. In den folgenden Runden wogte der Kampf hin und her. Allerdings gab es nur relativ wenige Aktionen. Zwar störte Atras Führhand die Aktionen seines Gegner, aber sie trafen ihn nur sehr selten. In der zweiten Runde machte Atra dann mehr. Er zeigte auch gute Meidbewegungen. Dafür ging die dritte Runde wieder an Matic. Die vierte war ausgeglichen und die fünfte plätscherte so vor sich hin. Atra erhöhte aber zum Ende hin den Druck. Die sechste Runde war die beste des ganzen Kampfes. Die ersten zwei Minuten gehörten Matic, der es sogar mehrfach schaffte, sein Gegenüber an den Seilen zu stellen. Zum Ende hin kam Atra wieder auf. Er konnte auch noch eine schöne rechte Grade zum Kopf ins Ziel bringen. Am Ende stand schließlich ein recht knapper Punktsieg für Emin Atra (57:57, 59:55 und 58:56).
Ebenfalls im Super Mittelgewicht maßen Semir Bajrovic (18 Kämpfe, 15 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Gary Abajyan (57 Kämpfe, 30 Siege, 14 durch KO, 24 Niederlagen, 4 durch KO) ihre Kräfte. Auch dieser Kampf ging hin und her. In der ersten Runde hatte Abajyan mehr vom Kampf. Er schob sich, hinter seiner Doppeldeckung verschanzt, an seinen Gegner heran und punktet mit seiner linken Graden, die manchmal ihr Ziel fand. In der zweiten Runde boxte Bajrovic weiter im Rückwärtsgang – machte aber mehr. Abajyan suchte den Infight, wo aber nicht viel passierte. In der dritten Runde punkte Abajyan wieder mit seinem Jab. Wenn ich es richtig gesehen habe, schlug Bajrovic in dieser Runde nur ein einziges Mal zu. In der vierten Runde wurde Bajrovic immer stärker. Er arbeitete nun mehr. Er versuchte, Abajyan mit Schwingern zu beeindrucken. Dieser verletzte sich irgendwann die linke Schulter, was ihn sichtlich behinderte. Zur fünften Runde trat er dann nicht mehr an, wodurch Semir Bajrovic Sieger durch TKO wurde.
Im vierten Kampf, der im Mittelgewicht stattfand, boxten Dominik Britsch (35 Kämpfe, 32 Siege, 11 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Slavisa Simeunovic (34 Kämpfe, 19 Siege, 17 durch KO, 15 Niederlagen, 12 durch KO) gegeneinander. Um es gleich vorweg zu sagen, am Ende des Achtrunders stand ein einstimmiger Punktsieg für Britsch. Die Punktrichter gaben ihm jeder alle Runden. Britsch und Simeunovic arbeiteten viel. Aber Britsch war seinem Gegner in allen Belangen überlegen. Er verteilte seine Schläge gut. Er punktete schön mit der Führhand. Er setzte klare Treffer. Man hatte aber zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, es könnte ein vorzeitiges Ende geben.
Als nächstes stieg Besar Nimani (22 Kämpfe, 21 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) in den Ring. Der Super Weltergewichtler stellte eindrucksvoll unter Beweis, dass mit ihm zu rechnen ist und dass er einen Titelkampf verdient. Er demontierte Chris Herrmann (31 Kämpfe, 21 Siege, 12 durch KO, 10 Niederlagen, 9 durch KO) geradezu. Um es noch deutlicher zu sagen: Es sah so aus, als würde eine Katze mit einer Maus spielen. Nimani agierte, Herrmann reagierte. Nimani wechselte immer wieder die Auslage und spielte. Er trieb sein Gegenüber ein bisschen durch den Ring, dann schlug er ein paar Kopfhaken und dann nahm er das Tempo und den Druck wieder etwas raus. In der zweiten Runde ging Herrmann dann in einer neutralen Ecke zu Boden und wurde angezählt. In der dritten Runde machte Nimani dann etwas mehr. Er setzte Herrmann mit ein paar Kopfhaken unter Druck, um ihn dann mit einem Leberhaken zu Boden zu schicken. Herrmann stellte sich noch mal dem Kampf, musste aber nach einer Linken zum Kopf erneut zu Boden. Ein umsichtiger Ringrichter Arnold Golger beendete den ungleichen Kampf. – Es wird langsam Zeit, dass Besar Nimani einen Titelkampf bekommt.
Hiernach stieg Cecilia Braekhus (28 Kämpfe, 28 Siege, 7 durch KO) in den Ring. Sie vereidigte eindrucksvoll ihre Weltmeistertitel der WBC, WBA, IBF, WBO und IBO im Weltergewicht gegen Chris Namus (26 Kämpfe, 21 Siege, 8 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO). Obwohl Namus in der unabhängigen Weltrangliste ganz weit oben steht, hatte sie nicht den Hauch einer Chance gegen Braekhus. Über zehn Runden lang zeigte die amtierende Weltmeisterin ihr, was sie boxerisch alles besser kann. Braekhus zeigte einen sehr guten Jab und gutes und variables Boxen. Namus zeigte Kampfgeist und den Willen zu gewinnen. Immer wieder wurde sie abgekontert. Nur sehr selten konnte sie einen Treffer landen. Cecilia Braekhus war einfach zu überlgen. Die Punktrichter waren sich einig, ihr alle Runden zu geben.
Den Schluss bildete dann das vierte Aufeinandertreffen von Marco Huck und Ola Afolabi (31 Kämpfe, 22 Siege, 11 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 4 Unentschieden). Der übertragende Fernsehsender sprach von einer WM – es ging um den Weltmeistertitel der IBO im Cruisergewicht. Es fielen auch Worte wie „Thron“ besteigen u.s.w. Es muss aber schon gesagt werden, dass die International Boxing Organization im Männerboxen doch ein nur unbedeutender Verband ist. Gleichwohl war der Kampf interessant. Huck war hoch motiviert. Wie am Anfang seiner Karriere schlug er viel auf dem Hinterkopf, zog mit dem Ellenbogen durch, schubste und schlug. Für eines seiner vielen Fouls bekam er sogar vom Ringrichter einen Punktabzug. Den Zuschauern in der Halle gefiel das überhaupt nicht; sie quittierten die Strafe mit Pfiffen und Buhrufen. Huck machte alles in allem das, was seine Zuschauer von ihm sehen wollten. Er kämpfte schmutzig und verprügelte seinen Gegner. Der 31-jährige Afolabi wirkte alt und verbraucht. Hucks Führhand war schneller als seine. Und Huck wollte den Sieg. Zur elften Runde trat Afolabi nicht mehr an.
© Uwe Betker
Sechs gute bis sehr gute Kämpfe in einer unbekannten Stadt
Ein schöner Saal mit Balkonen im Maritim Hotel, in der Stadt deren Name mir nicht einfällt, war Austragungsort einer kleinen, aber feinen Profiboxsportveranstaltung, die halbschwergewichtslastig war. Fünf der sechs Kämpfe des Abends wurden im Halbschwergewicht ausgetragen. Lediglich der Hauptkampf mit Deniz Ilbay fand im Weltergewicht statt.
Im ersten Kampf trafen Elvis Hetemi, der sein Profidebüt gab, und Artsiom Hurbo (29 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 24 Niederlagen, 19 durch KO, 1 Unentschieden) aufeinander. Der Schützling von Otto Ramin agierte hinter einer Doppeldeckung. Schon bald stellte Hetemi seinen Gegner in der neutralen Ecke und deckte ihn mit Schlägen ein. Dabei schlug er ihn auch auf den Hinterkopf, was er auch bemerkte und Hurbo Zeit zur Erholung gab. Kurze Zeit später stellte Hetemi Hurbo wieder in den Ringseilen und deckte ihn ein. Hurbo sackte ein, stellte sich aber wieder zum Kampf. Diese Situation wiederholte sich direkt anschließend noch mal zwei Meter weiter, in der Ecke von Hurbo. Der Ringrichter winkte den ungleichen Kampf ab. Sieger durch TKO in Runde 1 nach 2:41 Minuten: Elvis Hetemi. Welche boxerische Zukunft Hetemi bevorsteht, wird sich noch zeigen. Ohne Zweifel ist er talentiert, aber er muss unbedingt lernen, sauberer zu boxen.
Es folgte der Kampf zwischen Kevin Künzel (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Ruslan Rodivich (30 Kämpfe, 14 Siege, 14 durch KO, 16 Niederlagen, 6 durch KO). Künzel begann gegen den Rechtsausleger wie der sichere Sieger. Er punktete mit Eins-Zwei-Kombinationen. Irgendwann hatte er Rodivich auch am Boden auf den Knien. Aber der Ringrichter vom Luxemburgischen Verband zählte ihn nicht an. Es gab nur wenige Aktionen. Rodivich versuchte sich auch auf so wenige Schlagabtäusche wie möglich einzulassen. In der zweiten Runde musste Rodivich nach einem rechten Körperhaken zu Boden. Er wurde erneut nicht angezählt, weil Künzel auf seinem Fuß gestanden hatte. Hiernach veränderte sich der Charakter des Kampfes. Rodivich beschränkte sich nicht mehr nur darauf, Künzel auszuweichen und schlecht aussehen zu lassen. – Und er ließ ihn zwischenzeitlich wirklich schlecht aussehen. – Rodivich fing an, selber zu punkten. Er kam durch die Mitte durch, was dazu führte, dass Künzel zunehmend einen vorzeitigen Sieg erzwingen wollte. Sicher gab es zu keinem Zeitpunkt einen Zweifel daran, dass Künzel gewinnen würde – das muss schon deutlich gesagt werden. Aber ich hoffte ganz ehrlich, der Handlungsreisende in Sachen Boxen, Rodivich, würde zumindest den Schlussgong erreichen. Diese Hoffnung wurde aber dann doch von Künzel zerstört. Ende der vierten und letzten Runde stellte er seinen Gegner an den Seilen und landete einen brutalen Leberhaken, der Rodivich fällte. Er kam zwar noch mal hoch, nahm aber danach gleich eine Rechte zur Schläfe, die ihn erneut auf die Bretter streckte. Der Ringrichter brach hier ab. Sieger durch TKO in Runde 4 nach 2:41 Minuten, die exakt gleiche Zeit, wie in dem vorangegangen Kampf: Kevin Künzel.
Auch der dann folgende dritte Kampf war gut. Dabei trafen Sebastian Real (10 Kämpfe, 10 Siege, 8 durch KO) und Siarhei Krapshyla (16 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 11 Niederlagen. 4 durch KO, 2 Unentschieden) aufeinander. Real, mit der Figur einen Musterathleten, ging so ans Werk, dass man einen frühen KO erwarteten konnte. Am Ende der ersten Runde stellte er seinen Gegner und kam mit einer wunderschönen Links-Rechts-Kombination zum Kopf durch. Jedoch gingen die folgenden zwei Haken ins Leere. In der zweiten Runde veränderten sich dann die Verhältnisse im Ring dramatisch. Krapshyla wurde immer stärker. Er ging zum Körper und er kam sogar durch. Auch die folgende Runde ging an ihn. Er zwang Real immer wieder den Schlagabtausch auf und punktete. Der vierte Durchgang gestaltete sich sogar noch härter. Real stellte Krapshyla in den Seilen zum Schlagabtausch, dann plötzlich zeigte dieser eine Verletzung des rechten Arms an. Real bekam das aber nicht mit und schlug weiter auf ihn ein. Krapshyla ging auf die Knie, richtete sich wieder auf und ließ sich auszählen. Sieger durch KO in Runde 4 nach 2:22 Minuten: Sebastian Real.
Eigentlich hätte nun Dustin Dirks (30 Kämpfe, 27 Siege, 20 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) gegen Ata Dogan (14 Siege, 5 durch KO, 28 Niederlagen, 6 durch KO, 1 Unentschieden) folgen sollen. Aber Dogan war nicht auffindbar. Offenbar hatte er das Hotel verlassen und war verschwunden.
Es folgte die Internationale Luxemburger Meisterschaft im Halbschwergewicht. Marc De Bonte (8 Kämpfe, 7 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage) traf dabei auf Kevin Buval (15 Kämpfe, 7 Siege, 3 durch KO, 7 Niederlagen, 1 durch KO). De Bonte sah an diesem Abend fast wie Henry Maske aus, der auch im Publikum saß. Er bestimmte den Achtrunder mit seiner Führhand, die immer wieder traf. Er boxte sehr sauber und sehr aufrecht. In der ersten Hälfte des Kampfes musste er praktisch keinen einzigen Treffer nehmen. In der zweiten Hälfte wurde das Gefecht ein wenig intensiver, aber De Bonte war immer Herr der Lage. Am Ende stand ein einstimmiger Punktsieg (79:72, 78:75 und 78:74) für Marc De Bonte.
Die folgende Begegnung war ein Kontrastprogramm zu der vorangegangenen. Arijan Sherifi (9 Kämpfe, 9 Siege, 5 durch KO) und Andras Toth (8 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 4 Niederlagen, 3 durch KO) maßen ihre Kräfte. War De Bonte ein Stilist, der Fechten mit der Faust zelebrierte, so war Sherifi ein Kraftpaket, das nur den KO suchte. Bereits in der Szene der ersten Runde kam er mit einer Rechten, gefolgt von einem linken Kopfhaken, durch, die seinen Gegner einknicken ließ. Hiernach war die Jagd eröffnet. Immerhin schaffte es Toth bis ans Ende der dritten Runde zu kommen. Dann wurde er in der neutralen Ecke gestellt und ging nach mehreren linken Haken zum Körper zu Boden. Er stellte sich dann zwar noch einmal, wurde aber schon in der nächsten Szene in der gegenüberliegende Ecke gestellt und kam nicht mehr raus. Er sackte zu Boden. Der Ringrichter winkte den Kampf ab. Sieger durch TKO in Runde 3 nach 2:59 Minuten: Arijan Sherifi.
Den Hauptkampf des Abends bestritten Deniz Ilbay (15 Kämpfe, 15 Siege, 8 durch KO) und Attila Koros (11 Kämpfe, 7 Siege, 6 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO). Dabei ging es um die Junioren Weltmeisterschaft der IBF im Weltergewicht. Koros versuchte seinen Reichweitenvorteil zu nutzen, was ihm nur sehr schlecht gelang. Ilbay suchte und fand den Schlagabtausch. Beide schenkten sich nichts, aber Ilbay war der bessere und stärkere Mann. Es gab extrem viele Aktionen, wobei Ilbay besonders effektiv mit seinen Haken war, ob nun zum Körper, als Aufwärtshaken zum Kopf oder als kurze Kopfhaken. Ende der ersten Runde kam, wie aus dem Nichts, ein harter linker Kopfhaken, der Koros runter gehen ließ. Er wurde angezählt. Der Pausengong ersparte ihm mehr Treffer. Die zweite Runde verlief wie die erste, inklusive Niederschlag. Auch hier traf Ilbay wieder am Ende der Runde und wieder mit der Führhand – nur diesmal zum Kopf. In der folgenden Runde schaffte es Koros dann doch nicht mehr, den Gong zu erreichen. Eine Linke zur Schläfe fällte ihn. Auf allen Vieren hockend, sah er erstaunt und fassungslos, dass er wieder am Boden war. Der Ringrichter Mickey Vann brach den Kampf hier ab. Sieger durch TKO in Runde 3 nach 1:23 Minuten: Deniz Ilbay. Seine Vorstellung war sensationell.
TK Sportevents & Promotion GmbH hat in der unbekannten Stadt eine wirklich gute Veranstaltung auf die Beine gestellt. Der Erlös ging an die „Stiftung RTL – Wir helfen Kinder e.V.“ und wird zweckgebunden an ausgewählte Kinderhilfsprojekte verteilt. Leider war der Saal des Hotels nicht komplett gefüllt. Die Veranstaltung hätte es wirklich verdient gehabt. Ein paar Worte zum Matchmaking von Olaf Schröder. Die meisten Kämpfe waren wirklich gut, zumal die jungen, aufstrebenden Talente es mit Gegner zu tun bekommen hatten, die sie forderten. Es waren richtige Gegner und keine Sandsäcke auf zwei Beinen. Einen Wermutstropfen allerdings gab es noch: Die Nummerngirls waren einfach wieder zu schnell. Vielleicht sollte ich mal eine Nummerngirl-Schule gründen, Nummerngirls ausbilden – und dabei reich werden, wäre auch nicht schlecht.
© Uwe Betker