Box-Blog

Posts Tagged ‘Jim Jeffries

Gastbeitrag: Boxen in der Literatur – Jack London (4) „The Mexican“

leave a comment »

Keiner aus der Junta mag den etwa 18 Jahre alten Felipe Rivera der zu Beginn dieser Kurzgeschichte [Jack London. Best Short Stories of Jack London. Garden City, N.Y.: Doubleday, 1945. 226-248] seine Dienste dieser Gruppe mexikanischer Revolutionäre anbietet. Sein Auftreten dort wird folgendermaßen beschrieben:
“There was no smile on his lips, no geniality in his eyes. Big, dashing Paulino Vera felt an inward shudder. Here was something forbidding, terrible, inscrutable. There was something venomous and snakelike in the boy´s black eyes. They burned like cold fire, as with a vast, concentrated bitterness.” [ London. Best Stories. 227]
Anfangs wird er für einen Spion des Präsidenten Diaz gehalten und beauftragt, den Fußboden zu schrubben und die Spucknäpfe zu leeren. Er fragt nur: „Is it for the revolution?“ und auf die Antwort: „It is for the revolution“ sagt er nur „It is well“ und macht sich an die Arbeit. [Anfangs wird er für einen Spion des Präsidenten Diaz gehalten und beauftragt, den Fußboden zu schrubben und die Spucknäpfe zu leeren. Er fragt nur: „Is it for the revolution?“ und auf die Antwort: „It is for the revolution“ sagt er nur „It is well“ und macht sich an die Arbeit. [London. Best Stories. 227]
Nach einer Weile bittet Rivera darum, im Büro der Junta übernachten zu dürfen. Diese Bitte wird ihm jedoch aus Mißtrauen verweigert und er fragt nie wieder danach. Die Revolutionäre sind von Geldmangel geplagt und müssen ihre letzten Habseligkeiten verkaufen. Immer wieder schafft Rivera Bargeld heran, ohne die Quelle bekanntzugeben. Langsam schwindet der Argwohn der Revolutionäre, doch sie mögen ihn dennoch nicht, denn er stahlt Eiseskälte aus und macht ihnen Angst, so daß sie es nicht wagen, ihm Fragen zu stellen.
Der erste richtige Auftrag, den River erhält ist die Wiederherstellung der Nachrichtenverbindung zwischen Los Angeles und dem Rest Kaliforniens. Diese hatte Juan Alvarado, der brutale Befehlshaber des Präsidenten, unterbrochen, indem er drei Revolutionäre erschießen und zwei weitere festnehmen ließ. Rivera stellt die Verbindung wieder her und als man wenig später von der Ermordung Alvarados erfährt ist klar, daß er seinen Auftrag mehr als erfüllt hat.
Immer häufiger bringt Rivera Geld ins Büro der Junta und immer häufiger trägt sein Gesicht Kampfspuren. Es wagt jedoch niemand nach der Herkunft des Geldes zu fragen. Die Vorbereitungen für die Revolution sind in der entscheidenden Phase, als das Scheitern droht, da der wichtigste Geldgeber von Diaz´ Männern erschossen wurde und dringen Gewehre benötigt werden. In dieser Situation fragt Rivera, ob 5000 Dollar reichen würden und als dies bejaht wird sagt er nur: „Order the guns.“ [London. Best Stories. 232]
Das dritte Kapitel dieser Kurzgeschichte spielt im Büro des Boxmanagers Kelly. Er ist auf der verzweifelten Suche nach einem neuen Gegner für seinen aufstrebenden Leichtgewichtsboxer Danny Ward weil der eigentlich vorgesehene Billy Carthey sich den Arm gebrochen hat. In dieser Situation bietet sich Rivera als Gegner an. Weil Roberts, der erfahrene Trainer des jungen Mexikaners den Manager überzeugen kann, daß sein Schützling in der Lage ist den Zuschauern einen Kampf zu bieten willigt Kelly schließlich ein. Anschließend berichtet Roberts davon wie er den jungen Rivera kennenlernte. Dieser lungerte einige Jahre zuvor völlig ausgehungert in der Nähe von Roberts´ Trainingscamp herum und da dieser verzweifelt nach einem Sparringspartner für den brutalen Boxer Prayne suchte zog er dem Jungen einfach ein Paar Handschuhe über und ließ ihn von dem Prayne prügeln, bis er bewußtlos wurde. Anschließend erhielt er einen halben Dollar und eine Mahlzeit. Wider Erwarten tauchte Rivera am folgenden Tag wieder auf und schließlich lernte er sich zu behaupten und wurde ein regelmäßiger Sparringspartner. Erst während der letzten Monate zeigte er, für Roberts überraschend, Interesse, selbst zu boxen.
Als die Börse für den kommenden Kampf ausgehandelt wird besteht Rivera zur Überraschung aller darauf, daß der Sieger alles bekommen soll. [Im Profiboxen wird üblicherweise die Börse vor dem Kampf festgelegt. Sieg oder Niederlage kann jedoch die Börse im nächsten Kampf um den Faktor zehn verändern.]
Dafür muß er Kelly allerdings zugestehen, daß das Einwiegen bereits um zehn Uhr morgens stattfindet. [Durch das früh angesetzte Wiegen kann der schwerere Boxer, in diesem Fall Kelly, das Gewicht, das er abtrainierten mußte, um im Limit zu bleiben vor dem Kampf ersetzen. Dies stellt einen immensen Vorteil dar]
Als der Kampf stattfindet sind von Beginn an alle Anwesenden, einschließlich des Ringrichters auf Kellys Seite. Selbst Riveras Sekundanten haben ihre Anweisungen von Kelly bekommen: „No layin´ down at the start. Them´s instructions. Take a beatin´ an´ earn your dough.“ [London. Best Stories. 239]
Nun wird auch Riveras Einstellung zum Boxen klar.
“He despised prize fighting. It was the hated game of the hated gringo. He had taken up with it, as a chopping block for others in the training quarters, solely because he was starving. The fact that he was marvelously made for it had meant nothing. He hated it. Not until he had come in to the Junta had he fought for money, and he had found the money easy.” [London. Best Stories. 238]
Riveras Motivation, für die Revolution zu kämpfen, im wahrsten Sinne des Wortes wird durch einen Rückblick verdeutlicht. Er wuchs in ärmsten Verhältnissen auf. Sein Vater organisierte einen Streik und wurde zusammen mit seiner Mutter und dutzenden anderer von Diaz´ Männern erschossen.
Nach einem furiosen Ansturm von Kelly gelingt Rivera bereits in der ersten Runde ein Niederschlag. Der Schiedsrichter verhindert jedoch unfairerweise einen schnellen Sieg. In der vierten und siebten Runde erzielt Kelly einen Niederschläge, doch nun beeilt sich der Schiedsrichter mit dem Zählen. In der neunten Runde geht erneut der Favorit zu Boden und in der folgenden sogar dreimal und noch einmal vier Runden später erneut. Zwischen den Runden helfen Riveras Sekundanten ihm kaum und geben ihm falsche Ratschläge.
Schließlich versucht der Manager Kellys ihn mit verlockenden Angeboten dazu zu bewegen, den Kampf absichtlich zu verlieren. Als nächstes soll Rivera wegen Fouls disqualifiziert werden, doch geschickt gelingt ihm dies zu vermeiden. In der 14. Runde wird Riveras Überlegenheit so klar, als er seinen Gegner wieder und wieder zu Boden schlägt, daß der Polizeikommandant den Ring betritt. Rivera gelingt es noch Kelly endgültig auszuknocken bevor der Polizist einschreitet. Dem Ringrichter bleibt schließlich nichts anderes übrig, als den Mexikaner zum Sieger zu erklären. Niemand gratuliert ihm, doch er hat sein Ziel erreicht. Die Revolution kann weitergehen.
Der Boxkampf der in dieser Kurzgeschichte sehr detailliert und realistisch gezeigt wird dient als Metapher für den Kampf des Mexikaner gegen die verhaßten Weißen und den Unterdrücker Diaz. Im Kampf muß der 18jährige Felipe Rivera gegen fast alle denkbaren Widrigkeiten ankämpfen. Er ist schlecht ernährt, nicht optimal trainiert, muß gegen den viel erfahreneren Weltmeisterschaftsaspiranten Kelly antreten und alle Zuschauer, ja selbst seine eigenen Betreuer sind gegen ihn. Er muß neben dem eigentlichen Kampf auch noch darauf acht geben, was außerhalb des Ringes geschieht. Nur so kann er die Pläne vereiteln, die die anderen schmieden, damit er unter allen Umständen verliert.
Der Leser soll damit auf die Seite des jungen Boxers gezogen werden, den niemand mag. Außerdem erfährt nur der Leser die grausame Details aus der Kindheit des Mexikaners, die den anderen Figuren der Geschichte vorenthalten bleiben.
London schrieb diese Geschichte offensichtlich, um die Revolution in Mexiko zu unterstützen. Einige Jahre später war er nach einer Reise dorthin jedoch völlig desillusioniert wie folgende Sätze belegen:
„He […] came to believe that it was American ingenuity that had developed Mexico industrially. About the revolutionaries, Jack said, „These `breeds´ do politics, issue pronunciamentos, raise revolutions or are revolutionized against by others of them, write bombastic unveracity that is accepted as journalism in this sad, rich land, steal payrolls of companies and eat out hazienda after hacienda as they picnic along what they are pleased to call wars for liberty, justice and the square deal.”[Kingmann, Russ. A Pictorial Life of Jack London. New York: Crown, 1979, 253]
Nach dieser Erfahrung wäre also eine Geschichte wie „The Mexican“ nicht mehr möglich gewesen.

Zusammenfassung
Bei der Betrachtung der Werke Londons darf man nicht vergessen, daß für ihn das Schreiben eher ein Beruf war, mit dem er Geld verdienen konnte als eine künstlerische Herausforderung. Bei dem ungeheuren Ausstoß, den er an Reportagen, Kurzgeschichten und Romanen hatte ist es nur verständlich, daß er über Bereiche des Lebens schrieb, in denen er sich auskannte. London war ohne Zweifel ein Boxexperte aber er scheute sich auch nicht die Idee für einen der hier besprochenen Romane einem Freund abzukaufen. Die Handlungen und Figuren der Romane und Kurzgeschichten erscheinen nicht immer ganz plausibel und manchmal sogar unglaubwürdig. Vergleicht man aber den fiktiven Helden Pat Glendon mit Gene Tunney und Muhammad Ali und den ausgehungerten Felipe Rivera mit dem Mexikaner Pipino Cuevas, der 1976 als 18jähriger Profiweltmeister im Weltergewicht wurde schwinden etwaige Zweifel an der Authentizität. Die Beschreibungen der Boxer und der Kämpfer lassen sich kaum von denen in Londons Reportagen unterscheiden. Über Jim Jeffries schrieb er vor dessen Weltmeisterschaftskampf gegen Jack Johnson im Dezember 1910: „His back muscles play in matted masses, while those of the shoulders and biceps leap into a twisted roll at the slightest uplift of the arms. And they are all the right kind of muscles. they are not hard and knotted, like those of the professional strong man and weight lifters. […] Those soft mounds and ridges and rolls are the finest grade and quality of muscle a man can possess.” [Zitiert nach: Irving Shepard (Hg.). Jack London´s Tales of Adventure. Garden City, New York: Hanover House, 1956. 135]
Pat Glendon in The Game wird von seinem Vater folgendermaßen beschrieben:
“`See the softness of him´, old Pat chanted. `Tis the true stuff. Look at the slope of the shoulders, an´the lungs of him. Clean, all clean, to the last drop an´ ounce of him. You´re looking at a man, Sam, the like of which was never seen before. Not a muscle of him bound. No weight-lifter or Sandow exercise artist there. See the fat snakes of muscles a-crawlin´ soft an´ lazy-like.” [London. Abysmal Brute. 79]
Die hier betrachteten Werke Londons ähneln aber nicht nur seinen Reportagen in Stil und Sprache, sie haben auch untereinander zahlreiche Elemente gemeinsam. Alle Helden wollen – allerdings aus unterschiedlichen Gründen – mit dem Boxen aufhören. Alle sind außergewöhnlich talentierte Boxer auch wenn Joe Fleming trotzdem im Ring umkommt und Tom King seine besten Tage hinter sich hat.
In einigen Punkten unterscheidet sich „The Mexican“ von den anderen Werken. Felipe Rivera ist kein gutmütiger, moralisch integerer Mann sondern ein haßerfüllter Mörder. Er hat, im Gegensatz zu den anderen drei Boxern bei London keine Lebensgefährtin. Während Fleming, Glendon und King jedoch mehr oder weniger aus dem Nichts auftauchen erfährt man von den prägenden Einflüssen aus dessen Kindheit.
„The Mexican“ ist eher ein „propagandistic revolutionary tract“ [Oriard. Heroes. 19] In den drei anderen Werken wurden die „essential conflicts in American sport between country and city, youth and age, and masculinity and feminity“ [Oriard. Jack London. 3] thematisiert. Für Michael Oriard ist die Hauptaussage dieser drei Texte dagegen eine andere: „Londons boxing stories proclaim the preeminence of either fate („A Piece of Steak“), chance (The Game), or will (The Abysmal Brute).” [Oriard. Sporting, 241] Dieser Standpunkt ist auch nicht von der hand zu weisen und verdeutlicht zudem den Kontrast zu „The Mexican“.
Man kann Londons Arbeiten vorwerfen, daß viele der Charaktere stereotypisch sind. Man muß jedoch bedenken, daß man dies in der Zeit der ersten Erscheinung wohl nicht so empfand, denn der professionelle Sport fand erst in den 20er Jahren breite Akzeptanz in den USA und erst dann gab es eine größere Menge an Sportliteratur. Folglich waren griff London die Stereotypen die er verwendete, wie den natural oder den alternden Profi nicht auf, wie viele Autoren nach ihm sondern er entwickelte sie neu. Michael Oriard sagt über Londons Boxgeschichten: “His stories have an archetypical quality that appears stereotypical in retrospect, for they have been retold numberless times by countless authirs.“ Oriard. Heroes. 134]
Zuletzt soll noch einmal darauf hingewiesen werden, daß London sehr viel schrieb und dies vor allem, um Geld zu verdienen, also um seine Bücher zu verkaufen. Deshalb tritt neben den künstlerischen manchmal fast gleichberechtigt der Unterhaltungsaspekt. Die Darstellung der Boxkämpfe war mitunter also reiner Selbstzweck und diente nicht unbedingt dazu, eine bestimmte künstlerische Aussage zu unterstreichen. Dies soll jedoch die Bedeutung der hier vorgestellten Werke insbesondere als Wegbereiter für die Boxliteratur des 20. Jahrhunderts keinesfalls schmälern. Andrew Sinclairs Aussage zum unterschätzten Stellenwert Londons in der Literatur trifft den Punkt:
„Those who followed his self-dramatizing style of existence and his short, jerky, bald method of writing, such as Ernest Hemingway, forgot to acknowledge the inventor of the mode, which had more to do with Jack London´s Alaska than the Paris of Gertrude Stein. Jack also got little thanks from Dos Passos or Steinbeck or Kerouac for pioneering the hobo novel in The Road. Norman Mailer has not praised the American writer who, straight from the shoulder, made prizefighting the subject of his best journalism and professional fiction.” [Andrew Sinclair. Jack: A Biography of Jack London. London: Weidenfeld & Nicolson, 1978. 248]
(C) Martin Scheja

Gastbeitrag: Boxen in der Literatur – Jack London (1) „The Game“

leave a comment »

Biographischer Hintergrund
Jack London wurde am 12. Januar 1876 als uneheliches Kind geboren. Sein leiblicher Vater war vermutlich der Astrologe William Chaney, doch seine Mutter heiratete noch im selben Jahr John London, der den Jungen adoptierte. Sein zartes Äußeres war der Grund dafür, daß er in der Schule das Ziel von Attacken Älterer wurde. Allerdings verstand er es offensichtlich schon früh, sich seiner Haut zu wehren. Er schloß 1891 die Grammar School in Oakland ab und arbeitete anschließend in einer Fabrik. Mit 300 von seiner Amme geliehenen Dollars kaufte er das Boot Razzle-Dazzle und plündert damit Austernbänke. Anschließend wechselte er die Seiten und wurde Mitglied der California Fish Patrol. Mit 17 unternahm er eine siebenmonatige Reise auf dem Segelschoner Sophia Sunderland. Als bartloser junger Bursche mußte er sich gegen die rauhen Seeleute durchsetzen. Einem Schweden, der ihn schikanierte versetzte er zuerst einen Fausthieb und drückte ihm anschließend so lange die Kehle zu, bis er versprach ihn zufrieden zu lassen. [vgl. Russ Kingmann. A Pictorial Life of Jack London. New York: Crown, 1979. 44-45]
Zurück an Land gewann London bei einem Wettbewerb einer Zeitung aus San Francisco einen Preis für den besten beschreibenden Artikel. 1894 arbeitete er zunächst in einem Kraftwerk und begab sich dann auf Wanderschaft. Im folgenden Jahr nahm er seine Ausbildung wieder auf und ging auf die Oakland High School wo er auch Artikel für die Schülerzeitung verfaßte. Noch vor der Jahrhundertwende wurde er Mitglied in der Socialist Labor Party, studierte ein Semester an der Universität und nahm am Goldrausch in Klondike teil.
Er entschloß sich danach, Schriftsteller zu werden und veröffentlicht 1899 seine ersten Geschichten. Als Autor war er extrem produktiv, vielseitig und kommerziell erfolgreich:
„Virtually everything he wrote, he sold – and he wrote 1,000 words each day for 17 years. During the years from 1900 until his death in 1916, he produced more than 50 books with an astonishing range of subjects: agronomy, architecture, astral projection, boating, ecology, gold-hunting, hoboing, loving, penal reform, prizefighting, Socialism, warfare.“ [Earle Labor und Jeanne Campbell Reesman. Jack London. Überarb. Aufl. New York: Twayne, 1994. XIII]
Im November 1901 verfaßte er seine erste größere Boxreportage über den Kampf zwischen James Jeffries und Bob Fitzsimmons um die Weltmeisterschaft im Schwergewicht. Er besuchte Boxkämpfe wann immer es ihm möglich war und verfaßte unzählige Zeitungsberichte.
1902 lebte er sechs Wochen im Londoner East End und verarbeitet die dort gewonnenen Eindrücke später in dem Roman The People of the Abyss.
1904 berichtete er vom Russisch-Japanischen Krieg. Im folgenden Jahr hielt London an verschiedenen Universitäten Vorträge und veröffentlichte den Roman The Game, der sich mit dem Boxen beschäftigt. Er gab den Bau eines Segelbootes, der Snark in Auftrag, mit der er ab 1907 ausgedehnte Seereisen unternahm. Auf diesem Boot führte er, wie zuhause Sparringsrunden mit seiner Frau Charmaine durch, die vor allem seine Verteidigung verbesserten, denn er konnte natürlich nicht hart zuschlagen, wenn er mit ihr trainierte. [vgi. pic. 224f] Auf einer seiner Reisen infizierte sich London mit verschiedenen Tropenkrankheiten und mußte in Sydney im Krankenhaus stationär behandelt werden.
1908 berichtete der Schriftsteller vom Kampf zwischen dem weißen Titelverteidiger Thomas Burns und dem schwarzen Jack Johnson. Nach der Niederlage Burns´ war er derjenige, der in Amerika die hysterische Suche nach der great white hope auslöste.
Australia took the defeat far more seriously than did America. Both white and black America seemed rather unmoved by the event until novelist Jack London sounded the call for Jim Jeffries to come back and „remove the golden smile from Jack Johnsons face.“ [Jeffrey T. Sammons. Beyond The Ring: The Role of Boxing in American Society. Urbana und Chicago: U of Illinois P, 1988. 37]
Ab 1910 widmete sich London dem Aufbau einer Musterranch.
Im Juni hatte er eine Schlägerei mit einem Kneipenwirt. Eine Anklage wegen Körperverletzung wurde aber später niedergeschlagen. Einige Wochen später berichtete London für die Zeitung The New York Herald vom Weltmeisterschaftskampf im Schwergewicht zwischen Jim Jeffries und dem Schwarzen Jack Johnson. Ein Zeitungsartikel aus dem folgenden Jahr gibt Londons Einstellung zum Boxen wieder:
„I would rather be heavyweight champion of the world – which I never can be – than King of England, or President of the United States, or Kaiser of Germany.
Of all the games it is the only one I really like.“ [Zitiert nach: Pic. 226]
Der zweite Boxroman The Abysmal Brute wurde zunächst im Popular Magazine und zwei Jahre später, 1913 als Buch veröffentlicht und wurde von den Lesern sehr positiv aufgenommen. [vgl. Pic 244]
London durchquerte das nördliche Kalifornien und Oregon mit einer Pferdekutsche und umsegelte 1912 Kap Horn. In seinen letzten Lebensjahren berichtete London von der Mexikanischen Revolution und trat aufgrund der dort gewonnenen Erfahrungen aus der Socialist Labor Party aus. Er bekam danach immer stärkere gesundheitliche Probleme. Am 22. November 1916 stirbt Jack London mit nur 40 Jahren vermutlich an den Folgen einer Nierenerkrankung.

The Game
Der Roman [Jack London. The Game. 1905. Oakland: Star Rover House, 1982. Diese Ausgabe ist zu empfehlen, da sie die Illustrationen der Originalausgabe enthält.] beginnt damit, daß der Held, Joe Fleming und seine Verlobte Genevieve Pritchard Teppiche für ihre zukünftige Wohnung aussuchen. Joe ist Berufsboxer [Nur ein geringer Teil der Berufsboxer war und ist hauptberuflich „Profi“. Der Berufsboxsport unterscheidet sich vom Amateursport im wesentlichen durch längere Kampfdauer und offizielle (!) Bezahlung.], hat jedoch seinen eigentlichen Beruf als Segelmacher nie aufgegeben. Seinen Siegprämien lieferte er stets zuhause ab und bezahlte das Haus seiner Mutter. Er will noch einen letzten Kampf machen, um der jungen Familie ein Startkapital zu geben und dann dem Ring für immer fern bleiben.
Die Liebesgeschichte, die im Mittelpunkt des zweiten Kapitels des Romans steht ist von der absoluten Unschuld Joes und Genevieves gekennzeichnet.
„Their love was all fire and dew. The physical scarcely entered into it, for such seemed profanation. The ultimate physical facts of their relation were something which they never considered.“ [London. The Game. 67]
Dennoch ist ihre Unschuld vom irrationalen Verlangen Joes getrübt seiner Verlobten wehzutun.
„Once, on parting, he threw his arms around her and swiftly drew her against him. Her gasping cry of surprise and pain brought him to his senses and left him there very much embarrassed and still trembling with a vague and nameless delight. And she, too, was trembling. In the hurt itself, which was the essence of the vigorous embrace, she had found delight; and again she knew sin, though she knew not ist nature nor why it should be sin.“ [London. The Game. 70]
Im vierten Kapitel begleitet Genevieve ihren zukünftigen Ehemann zu seinem letzten Kampf. Sie muß sich als Mann verkleiden, um eingelassen zu werden, da Frauen als Zuschauer nicht zugelassen sind. Joe läßt sie in einen der Umkleideräume bringen, von wo aus sie den Ring überblicken kann. Der Anblick des gutaussehenden, grazilem und wohlproportionierte Joes, den sie zum ersten Mal halbnackt sieht weckt in Genevieve sündige Gefühle. Der Kämpfer tritt gegen John Ponto an, der etwa fünf Kilogramm schwerer ist und dessen Körper eher an den eines Gorillas erinnert. Die Zuschauer stehen geschlossen hinter dem Favoriten Joe.
Im nächsten Kapitel wird der Kampf Runde für Runde aus der Sicht Genevieves detailliert beschrieben. Vier Runden lang greift Ponto stürmisch an aber in der fünften gelingt es Joe, die Oberhand zu gewinnen, nur um von einem Foulschlag des ersteren niedergeschlagen zu werden. Es gelingt Joe jedoch, sich zu erholen. Von der neunten Runde an geht der junge Held erneut in die Offensive, erzielt zahlreiche Niederschläge und sieht aus wie der sichere Sieger. In diesem Augenblick verliert Joe auf dem nassen Ringboden das Gleichgewicht und der völlig erschöpfte Ponta nutz diese Gelegenheit, sammelt seine letzten Kräfte und knockt Joe aus. Zunächst ist Genevieve unbesorgt, erst als nach einem Arzt gerufen wird und ihr Verlobter nicht zu sich kommt beunruhigt sie sich. Sie begleitet den Bewußtlosen, selbst wie in Trance, ins Krankenhaus, wo man nichts mehr für ihn tun kann, da sein gesamter Hinterkopf vom Aufprall auf den Ringboden zerschmettert wurde. So stirbt ihr zukünftiger Mann am Tag ihrer geplanten Hochzeit.

Dieser Roman ist aus mehreren Gründen bemerkenswert. London war mit diesem Werk der erste, der „den Boxsport in Amerika zum Thema anspruchsvoller Literatur“ machte und The Game ist eine „der ersten ausführlichen Auseinandersetzungen eines bekannten amerikanischen Autors mit dem Sport überhaupt“. [Hans Lobmeyer. Die Darstellung des Sports in der amerikanischen Erzählliteratur des 20. Jahrhunderts. Diss. Uni Regensburg, 1982. 119] Außerdem liegt hier der kuriose Fall vor, daß nicht nur das Boxen die Literatur beeinflußte sondern anders herum. Gene Tunney, der Weltmeister im Schwergewicht von 1927 bis 1930 soll aufgrund der Lektüre diese Buches seine Karriere beendet haben und das Buch drei Jahrzehnte später an einen seiner Nachfolger, Rocky Marciano weitergegeben haben, der dann zurücktrat, bevor er eine Niederlage erlitt. [vgl. pic.225] Dies sagt einiges darüber aus wie realistisch der Roman ist. Die Frage nach der Authentizität des Buches beschäftigte die Kritiker nach dem Erscheinen für einige Zeit. Schließlich erklärte London, er habe selbst gesehen, wie das Vorbild für Joe Fleming in eben dem beschriebenen Club starb als er mit dem Kopf auf dem Ringboden aufschlug. Eine endgültige Bestätigung fand dieses Werk, als der Weltmeister im Leichtgewicht, Jimmy Brett in einem Zeitungsartikel schrieb, The Game sage so viel über das Verständnis Londons vom Boxen aus, daß er ihn in seinem bevorstehenden Kampf als Ringrichter akzeptieren würde. [pic.152]
Die unschuldige Liebesgeschichte zwischen Genevieve und Joe und dient als Kontrast zu dem brutalen Boxkampf. London führt jedoch auch das Element der Sünde ein. Das Verlangen Joes Genevieve weh zu tun und deren Lustgefühle beim Anblick des halbnackten Kämpfers dienen möglicherweise als eine Erklärung bzw. Begründung für das tragische Ende des Romans. Der Tod Joes wäre somit gleichsam eine göttliche Strafe.
Für Michael Oriard sind Genevieve und Joe typische Beispiele für sexuelle Stereotypen. [Zu den boy and girl -Stereotypen siehe auch: Oriard. Heroes. 176ff] Er ist der Meinung, daß Sport im 20. Jahrhundert eine zentrale Rolle bei der Ausprägung der Rollenverteilung zwischen Mann und Frau spielt. Sport ist der letzte Bereich im Leben, wo Männer typische männliche Tugenden. „speed, agility, endurance, perseverence, competitiveness, aggressiveness, quick thinking, self disciline“ beweisen können Dies hält er auch für die Ursache dafür, daß Männer Frauen beim Sport ausgrenzen und das Sport im Extremfall sogar zu einer Alternative für eine nicht immer unkomplizierte heterosexuelle Beziehung werden kann. [vgl. Michael Oriard. „Jack London: The Father of American Sports Fiction“. Jack London Newsletter 11.1 (1978): 6f] Man kann also das zentrale Thema von The Game im Konflikt zwischen Maskulinität und Femininität im Sport sehen. Folgende Sätze Genevieves am Ende des Romans in denen sie das Boxen als Konkurrenten um die Gunst des Mannes beschreibt machen diese Sichtweise plausibel:
„She was stunned by the awful facts of this game she did not understand – the grip it laid on men´s souls, its irony and faithlessness, its risks and hazzards and fierce insurgences of blood, making woman pitiful, not the be-all and end-all of man, but his toy and his pasttime; to woman his mothering and care-taking, his moods and his moments, but to the Game his days and nights of striving, the tribute of his head and hand, his most patient toil and wildest effort, all the strain and the stress of his being – to the Game, his heart´s desire.“ [London. Game. 179f]
Genevieve spielt aber auch insofern eine wichtige Rolle im Roman, als der Leser den Kampf durch ihre Augen erlebt. Dieser Kunstgriff ermöglichte er London die Aufmerksamkeit des Lesers auf jedes kleine Detail des Boxkampfes zu lenken, ohne dabei ermüdend zu wirken.
Der Gewichtsunterschied zwischen Joe Fleming und Ponta von etwa fünf Kilogramm ist für Laien zwar leicht zu übersehende aber dennoch bedeutend. Heute lägen zwischen den beiden zwei Gewichtsklassen, so daß der Kampf gar nicht zugelassen würde. Wenige Kilogramm Mehrgewicht wirken sich nämlich sowohl in der Härte der Schläge als auch in der Toleranz gegen Treffer dramatisch aus. Dieser Gewichtsunterschied macht läßt auch die Interpretation des Kampfes als Variation des biblischen Konfliktes zwischen David und Goliath, wie sie Robert Higgs macht als schlüssig erscheinen. [vgl. Robert Higgs. The Unheroic Hero: A Study of the Athlete in Twentieth-Century American Literature. Diss. U of Tennessee. Ann Arbor: University Microfilms International, 1961. 119]
(C) Martin Scheja

Rezension: Boxing in the Los Angeles Area: 1880-2005 von Tracy Callis und Chuck Johnston

leave a comment »

Los Angeles und seine Umgebung ist eines der großen Boxzentren der USA. Hier gibt es nicht nur viele Boxveranstaltungen. Aus Los Angeles und Umgebung kommen auch solche Boxer wie Jim Jeffries, Solomon “Solly” Smith, “Mexican” Joe Rivers, Bert Colima, Fidel La Barba, Ace Hudkins, Jimmy McLarnin, Henry Armstrong, Enrique Bolanos, Art Aragon, Bobby Chacon, Danny “Little Red” Lopez, Armando Muniz, Oscar De La Hoya, “Sugar” Shane Mosley und Armando “Mando” Ramos, einer meiner absoluten Lieblingsboxer.
Andere Boxer, die nicht in Los Angeles und Umgebung lebten aber beliebt bei den Fans waren, boxten hier immer wieder. Unter ihnen Tommy Burns, George Godfrey, Alberto “Baby” Arizmendi, Ricardo “Pajarito” Moreno, Jose Becerra, Raymundo “Battling” Torres, Jose Napoles, Carlos Zarate, Jose “Pipino” Cuevas, Julio Cesar Chavez und Ruben Olivares, auch einer meiner Lieblingsboxer.
Große Weltmeisterschaftskämpfe wie der von Tommy Burns gegen Marvin Hart (im Schwergewicht 1906) oder Ad Wolgast gegen “Mexican” Joe Rivers (im Leichtgewicht 1912) fanden hier statt. Und die beiden Local Heroes „Sugar“ Shane Mosley und Oscar De La Hoya kämpften in Los Angeles 2000 um den Weltergewichtstitel. Kaum ein Großer des Boxens hat nicht irgendwann an diesem Ort geboxt.
Boxing in the Los Angeles Area 1880-2005 ist ein Geschichts-/Geschichtenbuch und gleichzeitig ein Bilderbuch. Auf nahezu allen seinen 155 Seiten finden sich drei bis vier Fotos, Kampfplakate, Tickets, Zeitungsausschnitte oder sonstige Abbildungen. Das Buch hat sieben Kapitel, von denen jedes eine Epoche abdeckt. Es ist kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest. Es ist vielmehr ein Buch, das einlädt zum Blättern, zum Schauen und zum kapitelweisen Lesen.
Die beiden Autoren Tracy Callis und Chuck Johnston sind ausgewiesene Boxhistoriker. Callis beschäftigt sich bereits seit 45 Jahren mit der Geschichte des Boxens. Er ist Mitglied der International Boxing Research Organization, maßgebliches Mitglied für die historischen Forschungen der Website “The Cyber Boxing Zone”, die ich nur ausdrücklich empfehlen kann, und Juror der International Boxing Hall of Fame. Auch Johnston ist Mitglied der International Boxing Research Organization und einer der beiden Herausgeber der Website “Boxing Records Web”.
Boxing in the Los Angeles Area: 1880-2005 gehört in jede gute Bibliothek für Boxbücher.
© Uwe Betker

Gedankenspiele rund um Wladimir Klitschkos Platz in der Geschichte

leave a comment »

Es gibt Sportjournalisten, besonders amerikanische und britische, die lieben Listen. Listen wie: Die besten Boxer, die härtesten Puncher, die besten Weltergewichtler, die besten Rechtsausleger usw.. All diese Listen haben ihre Berechtigung. Sie sind informativ und im besten Fall sogar amüsant. Das gilt gerade auch, wenn man sich selber vor Augen führen will, wo wohl der zukünftige Platz eines Boxers in der Boxgeschichte sein wird. Wladimir Klitschko (65 Kämpfe, 62 Siege, 52 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) ist derzeit das Maß aller Dinge im Schwergewicht und das schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Aber wo wird sein Platz in der Geschichte sein?
Wenn man die besten 25 Schwergewichtler alle Zeiten sucht, fallen mit Sicherheit folgende Namen – die Reihenfolge variiert dann allerdings etwas:
1. Muhammad Ali
2. Joe Louis
3. George Foreman
4. Mike Tyson
5. Jack Johnson
6. Joe Frazier
7. Lennox Lewis
8. Jack Dempsey
9. Rocky Marciano
10. Sonny Liston
11. Larry Holmes
12. Jim Jeffries
13. Evander Holyfield
14. Gene Tunney
15. John L. Sullivan
16. Floyd Patterson
17. Harry Wills
18. Ezzard Charles
19. Riddick Bowe
20. Max Schmeling
21. Ken Norton
22. Joe Walcott
23. Sam Langford
24. Max Baer
25. Joe Jeanette

Eventuell auch noch:
James J. Corbett
Archie Moore
Jim Braddock

[Anmerkung: Dies ist nicht meine Liste!]

Irgendwo zwischen diesen Namen wird auch Wladimir Klitschko eingeordnet werden und damit einen anderen um einen Platz nach unten drücken. Ich gehe auch fast davon aus, dass er es unter die Top Ten schaffen wird.
Ein anderes Spiel, das Boxjournalisten, besonders die amerikanischen und britischen, gerne spielen, ist, sich vorzustellen, wie Kämpfe zwischen Boxern ausgehen würden, die nicht in derselben Zeit geboxt habe. Also wie würde Wladimir Klitschko gegen die anderen Boxer auf der Liste zu deren Hochzeit abschneiden. Wenn ich jetzt hier ein paar Gedanken notiere über einen möglichen Ausgang von solchen Paarungen, dann gehe ich natürlich ein relativ hohes Risiko ein, mich lächerlich zu machen, zumal ich mir auch nicht die Mühe gemacht habe, die einzelnen Boxer noch mal genauer zu studieren. Ich würde mich freuen, wenn ich korrigiert würde oder andere Meinungen zu hören bekäme.
Ich tendiere dazu, ausschließlich Boxer, die nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv waren, zu meinem Turnier einzuladen. Von den früheren gibt es halt nur wenige Filmaufnahmen. Ich aknn daher ihre Leistung aus eigener Anschauung nicht beurteilen. Joe Louis, Jack Johnson, Jack Dempsey, Jim Jeffries, Gene Tunney, John L. Sullivan, Harry Wills, Max Schmeling, Sam Langford, Max Baer, Joe Jeanette, James J. Corbett und Jim Braddock müssen darum leider zuschauen.
Es bleiben immerhin 15 Gegner für Klitschko übrig: Muhammad Ali, George Foreman, Mike Tyson, Joe Frazier, Lennox Lewis, Rocky Marciano, Sonny Liston, Larry Holmes, Evander Holyfield, Floyd Patterson, Ezzard Charles, Riddick Bowe, Ken Norton, Joe Walcott und Archie Moore. Alle 15 würden großartige Kämpfe gegen Klitschko abliefern. Leider finden sich aber auch einige unter ihnen, die keine Chance hätten. Ich gehe davon aus, dass Floyd Patterson, Ezzard Charles, Joe Walcott und Archie Moore keine Chance hätten, u. z. Ganz einfach deshalb, weil sie physisch zu schwach sind. Alle vier wären nach heutigem Standard eher im Halbschwergewicht anzusiedeln. Dies würde zwar in gewissem Grad auch für Evander Holyfield zutreffen. Der aber hat auch oft genug unter Beweis gestellt, dass er gegen physisch stärkere Boxer durchaus gewinnen konnte. Holyfield würde ich darum schon eine 50:50 Chance geben.
Der eigentlich körperlich sehr starke Riddick Bowe dürfte dagegen gegen Klitschko seine liebe Not haben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er dem Druck auf Dauer standhalten kann. Auch dürfte er Probleme mit dem Jab von Klitschko haben. Ähnliches trifft auch auf Ken Norton zu. Bowe hätte für mich eine 25:75 und Norton eine 20:80 Chance zu gewinnen.
Die beiden großen Führhandkünstler Sonny Liston und Larry Holmes würden mit ihrem Jab Klitschko allerdings große Schwierigkeiten bereiten. Klitschko stand noch mit keinem Boxer im Ring, der eine bessere und härtere Führhand hatte als er selbst. Ich könnte mir also vorstellen, dass sowohl Liston als auch Holmes ihn KO schlagen würden. Auch Lennox Lewis traue das zu, zumal er in seinem letzten Kampf Vitali Klitschko relativ mühelos knackte bzw. TKO schlug.
George Foreman dürfte wohl nach Klitschko der körperlich stärkste Boxer in diesem Turnier sein. Auch zu seiner Hochzeit war er nicht der beste Techniker, so dass Klitschko in diesem Bereich klare Vorteile hätte. Trotzdem gebe ich Foreman eine 80:20 Chance, einfach weil er der härtere Puncher ist und mehr einstecken kann.
Die drei großen, sich in den Gegner reinwühlenden Boxer Mike Tyson, Joe Frazier und Rocky Marciano würden Klitschko einen höllischen Kampf aufzwingen. Dabei neige ich sogar noch zu der Auffassung, dass Tyson von diesen dreien noch der schwächste ist. Seine wirklich große Zeit, die, in der er unschlagbar war, dauerte tatsächlich nur wenige Monate von Ende 1986 bis Anfang 1987. Ein Kampf zwischen Tyson und Klitschko würde Fragen hinsichtlich der wirklichen Größe von Tyson beantworten: Siegchance 55:45. Joe Frazier und Rocky Marciano aber würden regelrecht an Klitschko kleben, seinen Körper bearbeiten und ihn mit Kopfhaken eindecken. Beide würden sicher auch viel nehmen, aber beide sehe ich auch klar als KO Sieger aus dem Ring steigen.
Zum Abschluss kommen wir zu dem Größten, zu Muhammad Ali. Ehrlich gesagt, bin ich hier aber ratlos. Aus irgendeinem mir unerfindlichen Grund kann ich mir nämlich ein Aufeinandertreffen gerade dieser Beiden nicht vorstellen. Natürlich glaube ich, einfach aufgrund meines Alters und meiner Sozialisation, an einen Sieg von Ali. Aber gerade Ali könnte Klitschko liegen. Genau an diesem Punkte beende ich denn auch das Turnier.
Das hätte ich übrigens beinahe vergessen: Irgendwann boxt Klitschko in diesem Jahr gegen Kubrat Pulev (20 Kämpfe, 20 Siege, 11 durch KO). Muhammad Ali, Joe Louis, George Foreman, Mike Tyson, Jack Johnson, Joe Frazier, Lennox Lewis, Jack Dempsey, Rocky Marciano, Sonny Liston, Larry Holmes, Jim Jeffries, Evander Holyfield, Gene Tunney, John L. Sullivan, Floyd Patterson, Harry Wills, Ezzard Charles, Riddick Bowe, Max Schmeling, Ken Norton, Joe Walcott, Sam Langford, Max Baer, Joe Jeanette aber auch James J. Corbett, Archie Moore und Jim Braddock würden Pulev jedenfalls schlagen.
© Uwe Betker