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Über den Umgang mit Doping

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Immer wenn ein Dopingfall bekannt wird und ich hier etwas darüber bringe, dann bekomme ich jedes Mal mehr oder weniger dieselben Mails und Kommentare. Inhaltlich geht das immer in die gleiche Richtung. „Lass doch mal gut sein.“ „Das schadet doch nur dem Sport.“ „Alles nicht so schlimm.“ „Das ist eine Kampagne gegen XY.“ Wenn man das dann so liest, könnte man schon auf die Idee kommen, dass Doping doch gar nicht weiter schlimm ist.
Sieht man sich auch mal Lance Armstrong, den unumstrittenen Weltmeister der Doper, an, dann kann man wirklich den Eindruck gewinnen, Doping ist völlig harmlos. Es geht doch nur um ein paar Meter, um ein paar Sekunden, die einer schneller ist als ein anderer. Es kommt nicht wirklich jemand zu Schaden. Und dem Zuschauer ist doch letztlich egal, ob der eine oder andere Fahrer als erstes durchs Ziel fährt.
Die Haltung nahezu sämtlicher Sportverbände der Welt scheint da ähnlich zu sein. Doping ist lästig, aber irgendwie auch nicht schlimm. Kein Deutscher will auch etwas über Doping im Fußball wissen. Unsere Jungs machen so etwas einfach nicht. Die schöne heile Fußballwelt darf nicht kaputt gemacht werden. Die Verbände wollen offenbar auch gar nicht gegen Doping vorgehen.
Das ist ein Standpunkt, den man sich natürlich zu Eigen machen kann. Ist man nicht gerade Fan, dann ist es wirklich egal, ob jemand einen Zentimeter weiter springt, eine zehntausendstel Sekunde schneller ist oder meinetwegen auch, wer Weltmeister wird. O.K. Nur, dass Boxen nicht wie andere Sportarten ist, wo das eben egal ist.
Boxen ist nicht wie andere Sportarten. Beim Boxen geht es, brutal gesprochen, darum, den Gegner mit der Faust gegen den Kopf zu schlagen. Bei diesem Schlag wird das Gehirn nach hinten, also Richtung hintere Schädeldecke, geschleudert. War es ein richtig guter Schlag, dann schießt die Gehirnflüssigkeit, die das Gehirn als Polster umgibt, nach vorn, Richtung Stirn, und das Gehirn prallt ungepolstert an die hintere Schädeldecke. Die Folgen sind kleine und große Gehirnerschütterungen. Die führen zu chronischen und irreversiblen Schäden. Das nennt sich dann CTE (chronisch traumatische Enzephalopathie), Punch Drunken (Dementia pugilistica), Depressionen, Psychosen, Parkinson, völlige Demenz und vorzeitiger Tod.
Beim Boxen geht es also eben nicht um ein paar Zentimeter oder ein paar Millisekunden. Beim Boxen geht es um Leben und Tod. Das bringt die Sache dann auf eine Ebene von Täter und Opfer. Über die Opfer wollen wir aber nicht so gerne reden, womit wir sie zum zweiten Mal zum Opfer machen. Dem Täter, wenn er sich hat erwischen lassen und es nun mal gar nicht anders geht, klopft der Verband dann mal auf die Finger und sperrt ihn für ein paar Monate. Danach macht eben dieser Täter munter weiter, zum Teil dopt er auch weiter. Das haben wir hier in Deutschland wohl schon erlebt.
Stellen wir uns vor: Ein Profiboxer steigt in den Ring. Er ist selbstbewusst. Er ist davon überzeugt, dass es hier darum geht, sein Können und seine Kraft mit einem Gegner zu messen. Der boxt mehr oder weniger in der gleichen Gewichtsklasse und mit gleichen Mitteln, nämlich mit Boxhandschuhen und Bandagen. Wären nur das die Ausgangsbedingungen, so würde bei einem Boxkampf derjenige gewinnen, der härter trainiert hat, der der bessere Boxer ist und der mit seinen Fähigkeiten am besten umgehen kann. Aber das passiert genau nicht, wenn einer der beiden gegnerischen Boxer ein Betrüger ist und gedopt hat.
Schauen wir nun auch auf die Opfer und nicht auf die Täter. Schauen wir auf den Fall David Price. Price galt 2012 als der kommende Schwergewichtler. Er war der ungeschlagene britische Meister und Commonwealth Meister. Dann traf er im Februar 2013 auf Tony Thompson, der seinen letzten Kampf gegen Wladimir Klitschko verloren hatte. Price nahm in der zweiten Runde eine Rechte zum Kopf, ging runter und kam wieder hoch. Aber der Ringrichter nahm ihn aus dem Kampf. Dies war die erste Niederlage für Price.
Direkt in seinem nächsten Kampf, am 06.07.2013, wollte Price die Scharte auswetzen und trat erneut gegen Thompson an. Price schlug seinen Gegner in der zweiten Runde zu Boden. Nun suchte er den KO. Auch in der dritten Runde standen beide Kontrahenten Fuß an Fuß und deckten sich mit Schlägen ein. Price wurde müde, Thompson nicht. Ende der fünften Runde ging Price zu Boden, nachdem er mehrere Körperhaken und einen Aufwärtshaken nehmen musste. Und das war dann auch das Ende des Kampfes. Thompson war in diesem Kampf gedopt.
Man kann sagen: Price ging KO, weil Thompson ein Betrüger ist und gedopt war. Das hilft aber dem Boxer nicht, der die Niederlage verkraften muss. Er wechselte zu Sauerland und gewann vier Kämpfe in Folge. Dann traf er am 17.07.2015 auf Erkan Teper und ging Anfang der zweiten Runde KO. Wieder war sein Gegner gedopt. Vollkommen absurd, dass Teper bereits in seinem Kampf gegen Newfel Ouatah, vom 13.06.2014, positiv getestet worden war.
Wir können sehr sicher sein, dass Price nicht gegen Teper geboxt hätte, hätte er gewusst, dass der ein überführter Doper ist. Aber Tepers Doping wurde der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt und seine Sperre war so kurz, dass sie gar nicht auffiel.
Man kann nur darüber spekulieren, wo Price heute stehen könnte, hätte er diese beiden Kämpfe gegen Doper nicht bestritten oder hätte er sie gewonnen. Er ist 33 Jahre alt und die Zeit läuft im weg. Ob er jemals einen WM Kampf bekommen wird, das ist sehr die Frage.
Klar kann man sagen: Was interessiert mich ein David Price? Es geht hier aber nicht um Price als Person. Price steht für all die Boxer, die fair kämpfen und die von einem Gegner, der betrügt, um den Lohn ihrer Arbeit gebracht werden. Genau darum geht es nämlich, den Lohn. Jeder Preisboxer hat für seine Profession nur eine bestimmte Zeit zur Verfügung. Er muss versuchen, so weit wie möglich zu kommen und so gut wie möglich für seine Zukunft und die Zukunft seiner Frau und seiner Kinder, zu sorgen.
Ein dopender Boxer verschafft sich deshalb nicht nur einen illegalen Vorteil, sondern er beschädigt die Karriere eines anderen, nämlich eines fair agierenden Boxers. Und mehr noch. Er zerstört dadurch womöglich dessen gesamte Zukunft und die Zukunft der Kinder seines Opfers.
Doping ist eine Seuche. Es handelt sich genau nicht um Einzelfälle. Man muss sich nur einmal eine beliebige Liste der Dopingfälle im Boxen heraussuchen – wohlgemerkt, es gibt Verbände die das Doping ihrer Mitglieder nicht anzeigen, manche meinen sogar, es vertuschen zu müssen. Es gibt auch nicht überall Trainingskontrollen, was dem Doping Tür und Tor öffnet. Hinzu kommt, dass neuen Dopingmittel, noch gar nicht auf der Liste der verbotenen Substanzen stehen. Und entsprechende Testverfahren hinken der Entwicklung der Mittel hoffnungslos hinterher.
Die folgenden Namen findet man auf Wikipedia unter „Doping cases in boxing”:
Mikhail Aloyan
Rosendo Álvarez
Chris Arreola
Dennis Bakhtov
Raymundo Beltrán
Andre Berto
Mickey Bey, Jr.
Francois Botha
Shannon Briggs
Lucas Browne
Lucian Bute
Mariano Natalio Carrera
Julio César Chávez Jr.
Andrzej Fonfara
Ali Funeka
Kid Galahad
Yuriorkis Gamboa
Juan Carlos Gómez
Joan Guzmán
Greg Haugen
Evander Holyfield
Lloyd Honeyghan
Guillermo Jones
Roy Jones Jr.
Vitali Klitschko
Mehrullah Lassi
J’Leon Love
Enzo Maccarinelli
Brian Magee
Ricardo Mayorga
Jameel McCline
John Molina Jr.
Érik Morales
Tommy Morrison
Shane Mosley
David Munyasia
Anoushiravan Nourian
Michael O’Reilly
Fres Oquendo
Luis Ortiz
Eloy Pérez
Lamont Peterson
Frankie Randall
Brandon Ríos
Luis Román Rolón
Omar Niño Romero
Orlando Salido
Sam Soliman
Felix Sturm
Johnny Tapia
Antonio Tarver
Erkan Teper
Tony Thompson
Juho Tolppola
James Toney
Félix Trinidad
Manuel Vargas
Fernando Vargas
Mariusz Wach
Manju Wanniarachchi
Pernell Whitaker
Dillian Whyte
Jez Wilson
Das Problem mit Doping ist: Den Einen ist es egal und die Anderen wollen nichts tun. Für die meisten nationalen und internationalen Verbänden ist Doping ein Thema, mit dem sie sich nur ungern oder gar nicht beschäftigen mögen. Juristisch ist Dopern in der Regel nicht beizukommen. Wie kann man einen Schaden, der entstanden ist, in einer Schadensersatzklage beweisen. Bestreitet man einen Ausscheidungskampf, dann hat man ja den Kampfvertrag für die WM und die Werbeverträge nach einer gewonnenen WM noch nicht in der Hand.
Kein Boxer kann in zehn oder zwanzig Jahren beweisen, dass er den Hirnschaden, an dem er leidet, gerade in dem Kampf erlitten hat, bei dem sein Gegner betrogen/gedopt hatte. Wir sind wieder da angekommen, wo wir angefangen haben. Beim Boxen geht es um Leben und Tod, Gesundheit und Krankheit und um Geld und kein Geld.
Müssen wirklich erst ein paar Tote im Ring rum liegen, erschlagen von gedopten Betrügern, bevor das Problem Doping im Boxen ernst genommen wird?
© Uwe Betker

Written by betker

12. November 2016 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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Immer diese lästigen Besprechungen für Arthur Abraham

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Man kann sich vorstellen, wie Arthur Abraham (43 Kämpfe, 39 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) am frühen Morgen des 04.05.2014 sein Hotelzimmer in Berlin betritt. Eine Frau liegt im Bett und fragt im Halbschlaf: „Schatz, wie war dein Tag?“ Er antwortet: „Du weißt doch, immer diese lästigen Besprechungen.“ So oder so ähnlich könnte sich eine idyllische häusliche Szene abspielen, nachdem er im Velodrom in Berlin seinen WBO Titel im Supermittelgewicht verteidigt haben wird.
Sein Gegner heißt Nikola Sjekloca (27 Kämpfe, 26 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage). Er ist der beste Supermittelgewichtler in Montenegro und auch der einzige. Er hat seinen vorletzten Kampf am 16.02.2013 gegen Sakio Bika nach Punkten verloren. Dies und die Tatsache, dass er nur einen schwachen Punch hat, haben ihn dafür qualifiziert, gegen Abraham zu boxen.
Sjekloca wird in der unabhängigen Weltrangliste auf Position 32 geführt und Abraham auf 4. Also sind vermutlich 28 Boxer besser als er und haben größere Chancen gegen Abraham als er. Sie wären demnach wohl als Gegner denn auch besser und damit für die Zuschauer interessanter:

Derek Edwards (31 Kämpfe, 27 Siege, 14 durch KO, ) 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden)
Jürgen Doberstein (17 Kämpfe, 15 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden
Jermain Taylor (37 Kämpfe, 32 Siege, 20 durch KO, 4 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden)
Christopher Rebrasse (26 Kämpfe, 21 Siege, 5 durch KO, 2 Niederlagen, 3 Unentschieden)
Rocky Fielding (18 Kämpfe, 18 Siege, 10 durch KO)
Stanyslav Kashtanov (32 Kämpfe, 31 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage)
Jonathan Gonzalez (18 Kämpfe, 17 Siege, 14 durch KO, 1 Unentschieden)
Callum Smith (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO)
Peter Manfredo Jr. (47 Kämpfe, 40 Siege, 21 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO)
Alexander Brand (23 Kämpfe, 22 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage)
Hadillah Mohoumadi (22 Kämpfe, 18 Siege, 13 durch KO, 3 Niederlagen, 1 Unentschieden)
J’Leon Love (17 Kämpfe, 17 Siege, 10 durch KO)
Marco Antonio Periban (22 Kämpfe, 20 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden)
Maxim Vlasov (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage)
Brian Vera (33 Kämpfe, 23 Siege, 14 durch KO, 8 Niederlagen, 2 durch KO)
Ezequiel Osvaldo Maderna (22 Kämpfe, 20 Siege, 13 durch KO, 2 Niederlagen)
Fedor Chudinov (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO)
Brandon Gonzales (19 Kämpfe, 18 Siege, 10 durch KO, 1 Unentschieden)
Anthony Dirrell (27 Kämpfe, 26 Siege, 22 durch KO, 1 Unentschieden)
Sakio Bika (40 Kämpfe, 32 Siege, 21 durch KO, 5 Niederlagen, 3 Unentschieden)
Jose Uzcategui (22 Kämpfe, 22 Siege, 18 durch KO)
James DeGale (19 Kämpfe, 18 Siege, 12 durch KO, 1 Niederlage)
George Groves (20 Kämpfe, 19 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO)
Thomas Oosthuizen (24 Kämpfe, 22 Siege, 13 durch KO, 2 Unentschieden)
Edwin Rodriguez (24 Kämpfe, 24 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage)
Mikkel Kessler (49 Kämpfe, 46 Siege, 35 durch KO, 3 Niederlagen)

Oder gar
Robert Stieglitz (46 Siege, 26 durch KO, 4 Niederlagen, 2 dur-0

Da haben wir noch nicht von den drei Boxern gesprochen, die in der Rangliste über Abraham stehen.
Julio Cesar Chavez Jr. (50 Kämpfe, 48 Siege, 32 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden)
Carl Froch (34 Kämpfe, 32 Siege, 23 durch KO, 2 Niederlagen)
Andre Ward (27 Kämpfe, 27 Siege, 14 durch KO)

Arthur Abraham vs. Nikola Sjekloca – Wie schon gesagt: Immer diese lästigen Besprechungen.
(C) Uwe Betker

Felix Sturm, der Zauberlehrling

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Felix Sturm (39 Kämpfe, 36 Siege, 15 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) erinnert mich mehr an einen Zauberlehrling, als an Leonidas, den König einer barbarischen und menschenverachtenden Militärdiktatur. Der WBA Super Champion im Mittelgewicht beschwört nämlich Geister, die er – und wir dann mit ihm – nun nicht mehr loswerden.
Erst beschwor er den Boxer Ronald Hearns herauf, den Sohn des großen Thomas „Hit Man“ Hearns. Hearns Jr. war und ist nur ein ganz schwacher Abklatsch von seinem Vater. Trotzdem boxte Sturm am 19.02.2011 gegen ihn. Und nun wird die Boxwelt ihn nicht mehr los. Obwohl Hearns in der siebten Runde TKO ging, war er ernsthaft als Gegner für Julio Cesar Chavez Jr. (45 Kämpfe, 43 Siege, 30 durch KO, 1 Unentschieden), den WBC Weltmeister im Mittelgewicht und sehr viel schwächeren Abklatsch des großen Julio Cesar Chavez Sen., im Gespräch. Wir erinnern uns: Chavez Jr. wurde am 04.06.2011 durch einen sehr umstrittenen Punktsieg über Sebastian Zbik Weltmeister. Hearns Jr., der sich sogar „The Chosen One“ nennt, wird uns wohl auch weiter im Boxen erhalten bleiben, und es würde mich nicht wundern, wenn er schon bald wieder einen WM-Kampf bekommt.
Einen Kampf später erschuf Sturm dann Matthew Macklin. Sturm, noch in der Kritik stehend, einen solch schwachen Gegner wie Hearns geboxt zu haben, erklärte, dass Hearns Macklin nach ein paar Runden KO schlagen würde. Das könnte man ja jetzt so verstehen, dass Sturm „Mack The Knife“ nicht ernst genug nahm. Auf jeden Fall sah Sturm gegen den Europameister nicht gut aus. Er machte dadurch aus ihm einen Top-Ten Boxer. Nun versucht er Macklin (31 Kämpfe, 28 Siege, 19 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) zu einem Rückkampf zu bewegen. Aber dieser ziert sich, denn nun kann er nämlich sehr viel mehr Börse verlangen, als die 180.000 Euro, die er wohl von Sturm für den ersten Kampf bekommen hatte, und er hat wohl auch noch andere mögliche Gegner im Auge.
© Uwe Betker

Die letzten Zwölf (1)

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In dem einst sehr großen und etwas unübersichtlichen Boxstall in Hamburg haben sich die Reihen gelichtet. Heute sind, laut Internetauftritt, nur noch zwölf Boxer und Boxerinnen bei Universum Box-Promotion unter Vertrag. Diese sind: Marcel Meyerdiercks, Ina Menzer, Marcos René Maidan, Sebastian Zbik, Gennady Golovkin, Karoly Balzsay, Jürgen Brähmer, Rachim Tschachkijew, Juan Carlos Gomez, Alexander Dimitrenko, Ruslan Chagaev und Denis Boytsov.
Der ungeschlagen Federgewichtler Marcel Meyerdiercks (19 Kämpfe, 19 Siege, 5 durch KO) hat ein doppeltes Problem. Er boxt in einer zu leichten Gewichtsklasse und er hat zu wenig Punch, um für das aufs Schwergewicht fixierte Fernsehen attraktiv zu sein. Er ist auf der Position 103 in der unabhängigen Rangliste. Dementsprechend braucht der 23-jährige noch Zeit und auch noch Kämpfe, um ganz oben angreifen zu können . Die Frage ist, ob Klaus-Peter Kohl ihm diese Kämpfe noch besorgen kann.
Ebenfalls im Federgewicht startet die letzte noch bei Universum verbliebene Frau, Ina Menzer. Menzer (27 Kämpfe, 26 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) boxt jetzt schon seit fast einem Jahr nicht mehr. In ihrem letzten Kampf am 03.07.2010 gegen Jeannine Garside unterlag sie klar nach Punkten und verlor ihre WIBF, WBC und WBO Titel. Was aus ihr wird, ist fraglich. Menzer war schon vorher bei einigen Punktentscheidungen mit einem blauen Auge davon gekommen und die Bereitschaft der Zuschauer, solche Punktrichterentscheidungen zu akzeptieren, scheint auch zu sinken.
Der Junior Weltergewichtler Marcos Rene Maidan (32 Kämpfe, 30 Siege, 27 durch KO, 2 Niederlagen) spielt für das Boxen in Deutschland keine Rolle. Der Argentinier boxte zwar 6-mal in Deutschland, aber eigentlich ist er jemand, der überall boxt. Zweimal schon versuchte er Weltmeister zu werden und beide Male unterlag er. Im ersten Kampf musste er sich am 07.02.2009 Andriy Kotelnik und am 11.12.2010 Amir Khan geschlagen geben. Es würde mich nicht wundern, wenn die derzeitige Nummer 4 in der Welt es doch noch mal schaffen könnte, Weltmeister zu werden. Vermutlich wird dieser Kampf aber nicht in Deutschland stattfinden und kein deutscher Fernsehsender wird ihn zeigen.
Sebastian Zbik (31 Kämpfe, 30 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) wurde in seinem letzten Kampf gegen Julio Cesar Chavez Jr. am 04.06.2011 richtiggehend beschissen. Punktrichter, die nach meiner Meinung nicht an einen Ring gehören, nahmen ihm den Weltmeistergürtel der WBC im Mittelgewicht ab. Es war ein unwürdiges Schauspiel. Wenn Universum so ein mieses Spiel, so jedenfalls meine Wahrnehmung, selbst auch schon oft hier aufgeführt hat, so ist das noch lange kein Grund, so etwas mit irgendjemand zu machen. Das ist sowieso nicht zu entschuldigen. Die Niederlage offenbarte allerdings auch die eklatante Schlagschwäche von Zbik in einer Gewichtsklasse, in der hart geschlagen wird.
© Uwe Betker

Die Ankündigungen von Felix Sturm

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Wenn man sich so ansieht, wie der Super Champion der WBA im Mittelgewicht Felix Sturm (38 Kämpfe, 35 Siege, 15 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) immer wieder öffentlich macht, gegen wen er boxen möchte und gegen wen nicht, kann man schon ins Grübeln kommen.
Sturm hatte einen perfekten Start. Er boxte am 04.09.2010 gegen Giovanni Lorenzo. Das war der richtige Gegner nach seiner langen Zwangspause. Kaum hatte er überzeugend gewonnen und auch SAT 1 überzeugt, ging es auch schon, wie ich finde, bergab. Er watschte öffentlich die beiden deutschen Weltmeister Sebastian Sylvester (nach Version IBF) und Sebastian Zbik (nach Version WBC) ab, indem er erklärte, dass ein Kampf mit einem von diesen Beiden sportlich uninteressant sei. Lediglich ihre Titel seien für ihn von einigem Interesse. Kurz nachdem er einen Kampf mit den Beiden ausgeschlossen hatte, boxte er am 10.02.2011 gegen Ronald Hearns – ein grauenhaftes Mismatch.
Für diesen Kampf musste der Wahlkölner viel Kritik einstecken. Sturm zog hieraus die Konsequenz und verkündete munter, er wolle nun doch gegen den von ihm so geschmähten Zbik (30 Kämpfe, 30 Siege, 10 durch KO) antreten. Er betonte nun, dass eine deutsch-deutsche Titelvereinigung ja doch etwas ganz besonders Tolles sei. Richtig!
Allerdings war zu diesem Zeitpunkt schon allen Boxinteressierten klar, dass ein solcher Kampf, zumindest vorläufig, sehr unwahrscheinlich ist. Der Weltverband WBC hatte nämlich bereits einen Kampf zwischen Zbik und Julio Cesar Chavez Jr. (44 Kämpfe. 42 Siege, 30 durch KO, 1 Unentschieden) angeordnet. Zwar kommen Titelvereinigungen vor Pflichtverteidigungen, aber wenn ein Verband einen Kampf bereits angeordnet hat, muss man schon mit sehr guten Argumenten und sehr viel Geld ankommen, um diese Pflichtverteidigung noch verschieben zu können. Spätestens als der amerikanische Bezahlfernsehsender HBO angekündigt hatte, den Kampf der Beiden zu übertragen, musste also jedem klar geworden sein, dass die Verlautbarung von Sturm zumindest box-weltfremd ist. Zbik boxt am 04.06.2011 in Los Angeles gegen Chavez Jr.
Die nächste vollmundige Ankündigung von Felix Sturm folgte prompt. Nun verkündete er, er wolle Kelly Pavlik (38 Kämpfe, 36 Siege, 32 durch KO, 2 Niederlagen) boxen. Das wäre eine wirklich tolle Kampfansetzung. Aber auch hier gibt es ein Problem: Der ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht nach Version WBC und WBO ist gerade erst aus einer dreimonatigen Alkoholentwöhnungsbehandlung entlassen worden. Außerdem hatte er schon angekündigt, ins Super Mittel aufsteigen zu wollen, wo er auch bereits gerankt ist. Das ist eine Tatsache, die jedem in der Branche bekannt ist. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass Felix Sturm das nicht weiß. Ich frage mich nun aber, wieso er dann so etwas verkündet.
Danach preschte Felix Sturm nun nicht mehr mit einer Ankündigung vor, von der jeder wissen kann, dass sie zumindest unrealistisch, wenn nicht sogar falsch ist. Vielmehr wurde jetzt versucht, im Stillen einen Gegner zu finden. Es drang dann aber doch etwas an die Öffentlichkeit, nämlich dass er Marco Antonio Rubio (55 Kämpfe, 49 Siege, 42 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) im Visier hatte. Auch das wäre ein guter Kampf. Nur hatte Rubio leider bereits die Verträge für einen WM-Ausscheidungskampf gegen David Lemieux (25 Kampfe, 25 Siege, 24 durch KO) unterschrieben. Der Kampf findet bekanntlich am 8. April in Montreal statt. Eine Pressekonferenz fand in Kanada auch schon statt und der Vorverkauf hat wohl bereits vor geraumer Zeit angefangen.
Nun soll der Gegner Avtandil Khurtsidze heißen, aber dazu später mehr…
© Uwe Betker

Felix Sturms nächster Gegner

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Die Rechnung von Felix Sturm (38 Kämpfe, 35 Siege, 15 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) ist aufgegangen. Der Super Champion der WBA im Mittelgewicht boxte zweimal für SAT 1 (04.09.2010 gegen Giovanni Lorenzo und 10.02.2011 gegen Ronald Hearns). Den letzten Kampf des Wahlkölners, gegen einen komplett überforderten boxenden Sohn, verfolgten im Durchschnittlich 4,74 Millionen Zuschauer vor den heimischen Fernsehgeräten.
Diese Zahlen dürften dem Privatsender aus Unterföhring gefallen haben. Schließlich wird „der Vertrag zwischen Sat1 und der Sturm Boxpromotion … auf weitere 6 Kämpfe ausgedehnt. Sportchef Sven Froberg freut sich über die Verlängerung: „Die Quoten von ‚ran Boxen‘ sprechen eine deutliche Sprache: Felix Sturm zählt zur absoluten Box-Elite unseres Landes“. Das jedenfalls ist auf den Internetseiten von SAT1 zu lesen.“ Damit dürfte dann wohl die finanzielle Zukunft von Sturm gesichert sein.
Unsicher bleibt aber weiterhin, wie Sturm von der Boxgeschichte beurteilt werden wird. Sturm hat immer und immer wieder den Anspruch formuliert, dass er gegen die Besten antreten will. Die hat er mit einer einzigen Ausnahme, die auch noch von seinem alten Veranstalter Universum Box-Promotion organisiert wurde, aber nie geboxt. Nunmehr ist Sturm unabhängig und er ist für die Auswahl der Gegner selber verantwortlich. Bis jetzt kann man feststellen, dass Sturm nicht gegen die Besten angetreten ist. Sein letzter Gegner kann sogar eher nur als dritt- oder viertklassig bezeichnet werden.
Der nächste Auftritt von Sturm findet im Juni statt, wieder in seiner jetzigen Heimatstadt Köln. Als potentieller Gegner wird immer wieder Sebastian Zbik (30 Kämpfe, 30 Siege, 10 durch KO) genannt. Zbik, der WBC-Weltmeister im Mittelgewicht, wurde noch vor kurzem von Sturm als uninteressant abgetan. Sturm hat sich aber besonnen und ihn nun selber als möglichen Gegner genannt.
Nun hören wir aber auch, dass das Management des WBC-Champions bereits Verhandlung mit dem offiziellen Herausforderer Julio Cesar Chavez jr. (44 Kämpfe, 42 Siege, 30 durch KO, 1 Unentschieden) aus Mexiko aufgenommen hat. Man darf gespannt sein, für welchen Gegner sich Zbik entscheiden wird. Jeder in Deutschland hofft, das Felix Sturm endlich anfängt seinem Anspruch gerecht zu werden. Wenn er weiter Gegner boxt, wie den letzten, wird die Boxgeschichte nicht sehr freundlich über ihn urteilen.
© Uwe Betker