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Die Krise ist da

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Die Krise ist da. Lange wurde das Herannahen der Krise im deutschen Profiboxen von den Beteiligten übersehen, ignoriert und verleugnet. Aber nun ist die Krise da, und jetzt kann sie nicht mehr übersehen werden. Spätestens seit Marco Hucks letzter Niederlage hat sich der allgemeine Blick aufs Profiboxen geändert. Man hört und liest kritische Töne allüberall. Selbst Funktionäre von deutschen Verbänden fangen an, in der Öffentlichkeit ein realistisches Bild zu zeichnen. Unlängst kritisierte sogar ein Funktionär einen Kampf, der auf einer Veranstaltung des eigenen Verbandes stattgefunden hatte. BILD fand die griffige Überschrift: „Nur noch ein Weltmeister – Darum steht das deutsche Boxen vor dem K.o.“.
Wirklich sieht die Situation auch nicht gut aus. Fangen wir mit dem Schwergewicht an. Christian Lewandowski (11 Kämpfe, 9 Siege, 9 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) und Erkan Teper (18 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO, 2 Niederlagen) verloren ihre letzten zwei Kämpfe. Dennis Lewandowski (12 Kämpfe, 11 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) verlor Mitte letzten Jahres gegen Tom Schwarz. Adrian Grant (15 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) ging in seinem letzten Kampf KO. Da haben wir gleich vier deutsche oder in Deutschland boxende Schwergewichtler, die fette Rückschläge einstecken mussten.
Gerüchten zufolge will sich Z! Promotion, deren Zugpferde Erkan Teper und Christian Lewandowski sind, aus dem Geschäft zurückziehen, bzw. ihr Engagement deutlich runter fahren. Wie gesagt, es ist nur ein Gerücht.
Das letzte Mal, als ich hier ein Gerücht, das mir zu Ohren gekommen ist, widergegeben habe, erfuhr ich viel Häme. Damals kursierte das Gerücht, der TV Sender Sat.1 wolle „nur noch drei bis vier Boxveranstaltungen, und zwar Weltmeisterschaften“ im Jahr übertragen. Es folgte eine Pressemeldung, die verkündete, Sat.1 und Sauerland hätten ihren Vertrag verlängert – und dann viel Häme. Wenn ich dann aber nachzähle, stelle ich fest, dass Sat.1 in diesem Jahr erst eine Veranstaltung übertragen hat.
Zudem ist die Zukunft einiger Hauptkämpfer ungewiss. Wladimir Klitschko (69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO), der ehemalige König des Schwergewichts, steht mit seinen 41 Jahren und seinen letzten beiden Niederlagen gegen Tyson Fury und Anthony Joshua im Herbst seiner Karriere. Der ehemalige Cruisergewichtsweltmeister Marco Huck (45 Kämpfe, 40 Siege, 27 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ist zwar erst 32 Jahre alt, wirkte aber in seinem letzten Kampf sehr viel älter.
Jürgen Brähmer (51 Kämpfe, 48 Siege, 35 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) verlor in seinem letzten Kampf seinen WM Titel im Halbschwergewicht.
Arthur Abraham (51 Kämpfe, 46 Siege, 30 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO) ist schon sein eineinhalb Jahren seinen WM Titel im Supermittelgewicht los.
Robert Stieglitz (57 Kämpfe, 50 Siege, 29 durch KO; 5 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) hat seinen Rücktritt erklärt und Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Niederlagen, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) ist seit mehr als einen Jahr inaktiv. Damit dürfte er eine mögliche Dopingsperre schon abgegolten haben.
Mit der obigen Liste erhebe ich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Was ich zu verdeutlichen versuche, ist, dass es dem Profiboxen in Deutschland an TV-tauglichen Hauptkämpfern mangelt. Damit soll nicht gesagt werden, dass es keine Kandidaten hierfür gäbe. Sie sind nur noch nicht so weit, dass ein großer TV-Sender damit eine entsprechende Einschalquote erzielen könnte.
Durch die Niederlagen von Klitschko und Huck ist es fraglich geworden, ob und wann RTL überhaupt wieder Boxen zeigen wird. Der MDR hält weiter zu SES-Boxing, zumal die Quoten gut sind. Der ehemalige Boxsender Sat.1 zeigt nur noch sehr selten Boxen. Die Veranstaltungen von Sauerland sind nun zumeist im Internet oder in Spartensendern zu sehen.
Das Grundproblem von Profiboxen und großen TV Sendern ist, dass die Letzteren diesen Sport nur dann zeigen können und wollen, wenn die Einschaltquote stimmt. Das bedeutet aber nun nichts anderes, als dass Boxen Hauptkämpfer braucht, die auch eine entsprechende Zuschauerzahl an die TV-Geräte locken, nämlich auch solche, die Boxen sonst nicht gucken. Einige Veranstalter haben hier auf die falschen Boxer und auch auf die falschen Berater gesetzt. Und natürlich haben TV-Sender zum Teil auch das falsche Produkt von den Veranstaltern gekauft.
Auch die angekündigte Zusammenarbeit zwischen einem der deutschen Profiverbände, BDB, mit dem Amateurverband DBV dürfte dieses Problem nicht lösen. Allein durch eine Zusammenarbeit der beiden Verbände werden ihre Produkte, nämlich Profi- und Amateurboxen, noch keineswegs attraktiver.
Die Krise ist da, und es ist gut, dass man sie jetzt nicht mehr verleugnet. In Deutschland gibt es genug talentierte Boxer, die das Zeug dazu hätten, genug Zuschauer für TV-Sender zu mobilisieren. Aber die brauchen noch Zeit. Außerdem ist auch vorstellbar, dass schon bald jemand ein neues Konzept für die Vermarktung von Profiboxen ausarbeitet.
© Uwe Betker

Leitet die vom BDB vorgenommene Urteilsänderung beim Profidebüt von Araik Marutj einen Wandel im Profiboxen ein?

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Profiboxen ist archaisch und brutal. Dabei stehen sich zwei Personen gegenüber, die mit ihren Fäusten aufeinander einschlagen. Die Regeln sind weitestgehend selbsterklärend. Wer KO geschlagen wird, hat verloren. Wer aufgibt, hat verloren. Wer nicht weiter machen kann, hat verloren. Wer weniger Runden für sich entscheiden kann, hat verloren. Mehr oder weniger so war es schon von alters her. Jedenfalls war es so bis zum 04. März 2017. An diesem Tag nämlich geschah etwas entweder Einzigartiges oder etwas, das das Boxen verändern wird.
Was also passierte am 04. März 2017? An diesem besagten Tag, einem Samstag, bestritt Araik Marutjan in Wangen im Allgäu sein Profidebüt. Marutjan, der Bronzemedaillengewinner der Amateurweltmeisterschaften und Silbermedaillengewinner der Europameisterschaften der Amateure 2013 im Weltergewicht, hatte von Team Sauerland einen Profivertrag bekommen. Angedacht war wohl auch, den in Armenien geborenen Marutjan unter dem Künstlernamen Rayko Löwe boxen zu lassen. Davon habe ich aber seither nichts mehr weiter gehört.
Bei seinem Profidebüt bekam Marutjan es mit Serhii Ksendzov zu tun. Der in der Ukraine geborene und in Köln lebende Ksendzov bestritt bis zu der besagten Begegnung drei Kämpfe. Den ersten konnte er gewinnen, die folgenden zwei aber verlor er. Im Januar 2016 stand er zum letzten Mal im Ring.
Soweit zu lesen war, dominierte Sauerlands neuer Mittelgewichtler Marutjan den Kampf. Es schien alles danach auszusehen, als würde er seinen Gegner in der vierten Runde KO schlagen. M.a.W. sah es so aus, als würde der Kampf genauso ausgehen, wie das Management von Marutjan es wünschte. Dann jedoch passierte das Unerwartete: Marutjan erlitt einen Achillessehnen-Abriss.
Nun sollte man annehmen, dass dies genau die Folgen haben sollte, die so etwas schon seit ungefähr 3.000 Jahren beim Boxen nun mal hat. Das bedeutet aber nichts anderes als, dass derjenige, der nicht weiterboxen kann und aufgibt, eben zum Verlierer erklärt wird und derjenige, der weiterkämpfen kann und will, zum Sieger. Wir sprechen natürlich nur von Fällen, in denen Verletzungen nicht durch Fouls und sonstige Dinge zu Stande gekommen sind. Es wäre demnach also zu erwarten gewesen, dass man Ksendzov zum Sieger und Marutjan zum Verlierer erklärt hätte.
Ich möchte nun allerdings vorab bemerken, dass ich leider kein Jurist bin und auch an keiner Schulung für Regelkunde eines deutschen Boxverbandes teilgenommen habe. Alle Aussagen hier im Text sind somit lediglich Meinungsäußerungen eines Laien, der schon die eine oder andere Boxveranstaltung besucht hat und versucht, die Angelegenheit mit etwas gesundem Menschenverstand zu betrachten.
Zurück zum Kampf von Araik Marutjan. Berichten zufolge, die im Internet publiziert wurden, lautete das Urteil, das im Ring verkündet wurde, No Contest. Das zieht dann natürlich die Frage nach sich, warum, also aufgrund welcher Regeln, das Kampfgericht des Bundes Deutscher Berufsboxer so entscheiden konnte. Laut boxrec waren Bernd Hupfer der Ringrichter, Irene Kostenko und Jürgen Langos die Punktrichter und Alexander Walter Delegierter.
Offensichtlich aber hat aber der älteste Berufsboxerverband Deutschlands das No Contest nachträglich noch mal geändert. Später hieß es nämlich in einer Pressemeldung von Team Sauerland: „Sauerlands Mittelgewichtler Araik Marutjan siegt nach seinem verletzungsbedingten Abbruch durch technischen Punktsieg gegen den Ukrainer Serhii Ksendzov.“ Für den einfachen Boxzuschauer wird das ja nun noch unverständlicher als der No Contest. Wie kann denn jemand, der den Kampf doch offenbar aufgegeben hat, zum Punktsieger erklärt werden?

(C) Wycisk/go4boxing.com

Exkurs: Stellen wir uns für einen Moment vor, der Kampf wäre anders verlaufen. Der Debütant von Team Sauerland, Araik Marutjan, hätte nicht in den Kampf gefunden und Serhii Ksendzov ihn dermaßen vorgeführt, eventuell auch mit Niederschlägen, dass die Punkrichter nicht umhin gekonnt hätten, Ksendzov die ersten drei Runden zu geben. Dann, in der vierten Runde, hätte Marutjan den Kampf gedreht, so dass es nur noch als eine Frage der Zeit erschienen wäre, wann er seinen Gegner KO schlägt. Dann das abrupte Ende, Ksendzov reißt die Achillessehne und er muss aufgeben. Und nun versuchen wir uns vorzustellen, das Kampfgericht des BDB hätte erst den Kampf als No Contest gewertet und später Serhii Ksendzov zum Punktsieger erklärt. – Also ich komme einfach nicht weiter.
Die Urteilsänderung wurde in besagter Meldung durch die Satzung des BDB, Artikel 21, Absatz 4, gerechtfertigt, in der von unfallbedingter oder durch höhere Gewalt verursachter Verletzung die Rede ist. Da Marutjan bis zum Zeitpunkt des Abbruchs auf „allen Punktzetteln deutlich vorne lag“ wurde das Urteil in einen „technischen Punktsieg“ umgewandelt. Um die Urteilsänderung zu erklären, wurde in der besagten Pressemeldung der Originalwortlaut aus den „sportliche Regeln“ des BDB zitiert:
„Falls ein Boxer sich unfallbedingt oder durch höhere Gewalt verletzt, so
dass der Kampf nicht fortgesetzt werden kann, muss bis Ende der 3. Runde das
Urteil“ ohne Entscheidung“ lauten. Die Runde ist mit dem Gongschlag beendet.
Die daran anschließende Pause zählt schon zur nächsten Runde. Die
angefangene Runde ist zu bewerten. Hat keine Aktion stattgefunden ist die
Runde mit 10:10 zu bewerten. Bei Damenkämpfen muss bis Ende der 3. Runde das Urteil „ohne Entscheidung“ lauten.
Ringrichter, Punktrichter und der Delegierte müssen sich vor Bekanntgabe des
Urteils beraten. Nach Beginn der 4. Runde hat eine Punktwertung zu erfolgen.
Das Urteil lautet dann „technischer Punktsieg“ oder „technisches
Unentschieden“.“
Soweit der Wortlaut der sportlichen Regeln des BDB, Artikel 21, Absatz 4. Nun steht aber vor (!) dem zitierten 4. Absatz, nämlich in Absatz 2 folgendes:
„Der KO-Sieg wird erklärt bei einer Kampfunfähigkeit des Gegners durch Niederschlag von 10 Sekunden Dauer und im Falle des § 23 Abs. 7 der „Sportlichen Regeln“ sowie, wenn die Schwere des Niederschlages einen Abbruch des Kampfes ohne Auszählen rechtfertigt.

Der technische KO-Sieg wird erklärt bei:

# Abbruch des Kampfes durch den Ringrichter wegen zu großer Überlegenheit eines Boxers
# Aufgabe durch den Chefsekundanten eines Boxers durch das Werfen von Schwamm oder Handtuch.
# durch Aufgabe des Boxers selbst
Zum Sieger durch Aufgabe wird der Boxer erklärt, dessen Gegner den Kampf selbst aufgibt.
Zum Sieger durch Abbruch wegen Verletzung wird der Boxer erklärt, dessen Gegner wegen Verletzung vom Ringrichter aus dem Ring genommen wird. Dies gilt nicht bei Verletzungen eines Boxers durch unkorrekte Kampfhandlungen des Gegners.“

(C) Wycisk/go4boxing.com

Wie gesagt, leider bin ich kein Jurist und leider habe ich auch an keinen Schulungen des Bundes Deutscher Berufsboxer über Regelkunde teilgenommen. Daher kann ich hier nur versuchen, mit gesundem Menschenverstand und mit Erfahrungswerten an die Sache heranzugehen. Danach aber hat der Boxer, der sich verletzt und nicht weiter boxen kann, automatisch verloren, es sei denn die Verletzung entstand durch ein Foul. Punkt. Nach meinem Verständnis der Regeln des BDB hat Araik Marutjan durch TKO verloren.
Soweit ich das verstehe, bezieht sich die Regelung für unfallbedingte Verletzungen und die Verletzung durch höhere Gewalt in Artikel 21, Absatz 4 der Satzung des BDB auf Fälle, die sich etwa dadurch ergeben, dass der Ring zusammenbricht, die Beleuchtung oder Fallschirmspringer herunterkommen oder was Ähnliches.
Hinzu kommt, dass Gesetze und Verordnungen doch gewöhnlich hierarchisch geordnet sind – wenn ich da richtig informiert bin. D.h. das Wichtigste steht vorne. So liest sich Artikel 1 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland so:
„(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“
Mir sagt das, dies ist das Wichtigste und steht dementsprechend über und vor anderen Regeln, weil es allen anderen Regeln übergeordnet ist. Auf das Regelwerk des BDB bezogen, heißt das, dass Artikel 21, Absatz 2 nicht nur geographisch vor Artikel 21, Absatz 4 steht, sondern auch aufgrund seiner Bedeutung.
Der Trainer von Araik Marutjan, Jürgen Brähmer, schrieb: „Es ist wohl das Schlimmste, was einem jungen Sportler bei seinem Profidebüt passieren kann. Eine so schwere Verletzung wie ein Achillessehnenriss, ausgerechnet im ersten Kampf, den man bis dato klar dominiert hat.“ – Das ist absolut richtig. Ich bin mir sicher, dass jeder Boxfan in Deutschland Araik Marutjan eine baldige Genesung und viele sportlichen Erfolge wünscht.
Nichtsdestotrotz steht der BDB in der Pflicht zu erklären, wieso Marutjan trotz seiner wohl verletzungsbedingten Aufgabe zum Sieger des Kampfes erklärt wurde. Das ist wichtig für jeden Boxer, der bei einer Veranstaltung, die vom Bund Deutscher Berufsboxer sanktioniert wird, auftritt. Im Augenblick sieht alles danach aus, als hätte der BDB einen Präzedenzfall geschaffen, so dass in Zukunft verletzungsbedingt abgebrochene Kämpfe anders gewertet werden könnten als bislang üblich. Wieso sollte denn Alexander Walter, der Delegierte des BDB, sonst ein Urteil ändern.
© Uwe Betker

Written by betker

26. März 2017 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen, Fotos

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Gastbeitrag: Der letzte Zeuge! Der letzte deutsche Weltmeister darf nicht verlieren

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Brodelnde Stimmung auf der Pressekonferenz vor der Box-WM am Wochenende! Bevor es am Samstag im Ring der Potsdamer MBS Arena zur Sache gehen wird (live ab 22.50 Uhr in SAT.1), trafen sich heute WBA-Champion Tyron Zeuge und Pflichtherausforderer Isaac Ekpo vor der versammelten Presse, um über das Duell um die Weltmeisterschaft im Super-Mittegewicht zu sprechen – am Ende schossen aber eher die Trainer verbale Giftpfeile ab!
Promoter Kalle Sauerland erhöhte in jedem Fall den Druck auf Zeuge. Sauerland: „Tyron ist der letzte Mohikaner – der letzte deutsche Box-Weltmeister. Er steht quasi in der Pflicht, den Kampf am Samstag
siegreich für sich zu entscheiden. Wir haben zwar viele junge Talente, die das Potenzial haben, in Zukunft oben anzugreifen. Trotzdem braucht es jemanden, der den anderen ein Vorbild ist und den Weg ebnet und in dieser Rolle sehe ich aktuell Tyron!“
Der 24-jährige Titelverteidiger bestätigt aber, dass er solche Forderungen nicht an sich heranlässt. Zeuge: „Ich habe mich gewissenhaft auf diesen Kampf vorbereitet und weiß, was ich kann. Am Samstag gebe ich alles für den Sieg – ich tue das allerdings für mich und für niemand anderen!“
Herausforderer Isaac Ekpo (34) verpasste sich, im Gegensatz zum Weltmeister, weitestgehend einen Maulkorb. Er gab zu verstehen, dass „nur entscheidend ist, was im Ring passiert. Am besten lasse ich immer noch meine Fäuste für mich sprechen!“
Laut Zeuge-Coach Jürgen Brähmer werden die allerdings größtenteils zum Schweigen verdammt sein, „denn mein Boxer ist einfach eine Klasse besser als Ekpo! Wenn Tyron dass abrufen kann, was er in der Vorbereitung gezeigt hat, wird das eine klare Sache für uns werden!“
Das sieht das Lager des Herausforderers hingegen ein wenig anders. Stacey McKinley, der schon Mike Tyson trainierte, sagt einen Albtraum für den letzten deutschen Weltmeister voraus: „Stilistisch wird das eine ganz schwere Geschichte für Zeuge gegen Ekpo. Isaac schlägt aus allen Lagen, geht physisch voll zur Sache. Dafür ist so ein junger Hüpfer wie Zeuge einfach noch nicht bereit!“
Viele Geschichten wurden auch zum zweiten Hauptkampf am Samstag erzählt. Die Camps um GBU-Champion Deniz Ilbay und Herausforderer Angelo Frank belegten sich teilweise so sehr mit Kraftausdrücken, dass beide Kämpfer beim obligatorischen Staredown auf Sicherheitsabstand gehalten werden musste. In drei Tagen werden die „Streithähne“ schließlich aufeinander losgelassen. Dann können alle Animositäten sportlich aus der Welt geräumt werden.
(C) Team Sauerland

Head To Head: Jürgen Brähmer vs. Nathan Cleverly

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direkter_vergleich_braehmer_cleverly
(C) Team Sauerland

Written by betker

5. Oktober 2016 at 23:59

Die Erosion der Boxer bei Sat.1

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Sat.1 wurde nach dem Ausstieg der ARD zum größten deutschen TV-Sender, was das Profiboxen anbelangt. Aber in den letzten Monaten wird immer deutlicher, dass die Hauptkämpfer, die ja die Quoten bringen sollen, einer starken Erosion ausgesetzt sind. Wenn ich es richtig sehe, hat der Sender sechs Hauptkämpfer: Arthur Abraham, Jürgen Brähmer, Jack Culcay, Vinzent Feigenbutz, Robert Stieglitz und Felix Sturm
Nach seinem letzten Kampf muss man dich die Frage stellen: gegen wen soll und kann Arthur Abraham (49 Kämpfe, 44 Siege, 29 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) eigentlich noch boxen? Nach dem Verlust seines Weltmeistertitels im Super Mittelgewicht nach Version WBO ist die Zahl der Optionen für zukünftige Kämpfe doch erheblich geschrumpft. Der logische, auch vom Publikum gewünschte Kampf gegen Felix Sturm, ist durch die Dopingaffäre von Sturm, ziemlich unwahrscheinlich. Eine vierte Auflage gegen Robert Stieglitz will vermutlich keiner sehen. Ein Rückkampf gegen Gilberto Ramirez (34 Kämpfe, 34 Siege, 24 durch KO) macht auch jetzt keinen Sinn. Zu einseitig war der Kampf und zu eindeutig war die Niederlage, als dass noch jemand glauben könnte, Abraham könnte es bei einer Neuauflage besser machen. Ohne Titel und ohne attraktive Gegner wird es aber schwer, Abraham als Hauptkampf zu vermarkten, auch wenn man so etwas propagieren wird, so etwa in dem Sinn wie: „Der Weg zurück“. Ob ein Gegner wie Tim Robin Lihaug (16 Kämpfe, 15 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), die Nummer 73 in der Welt, Zuschauermassen an die Fernsehgeräte lockt ist sehr zu bezweifeln.
Jürgen Brähmer (50 Kämpfe, 48 Siege, 35 durch KO, 2 Niederlagen) ist mit seinen 37 Jahren nicht nur der Oldie, sondern auch der Goldie. Er ist Weltmeister im Halbschwergewicht nach Version WBA und der verlässlichste aller Kämpfer, die der Sender noch hat.
Jack Culcay (23 Kämpfe, 22 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage) ist amtierender Weltmeister im Super Weltergewicht nach Version WBA. Er wurde am 09.05.2015 gegen Maurice Weber Interimsweltmeister und am 09.04.2016 gegen Jean Carlos Prada (33 Kämpfe, 31 Siege, 22 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) regulärer Weltmeister. Prada war die Nummer 259 in der unabhängigen Weltrangliste. Trotz Weltmeistertitel, ist die große „Golden Jack“- Begeisterung bis jetzt aber ausgeblieben. Aus irgendeinem Grund scheint er mit seinem Boxstil die Boxfans nicht fesseln zu können. Die warteten bis jetzt auch noch vergebens auf einen Kampf gegen einen international renommierten Gegner. Selbst ein Kampf gegen die Nummer 2 in Deutschland, Besar Nimani (22 Kämpfe, 21 Siege, 1 Niederlage, 1 durch KO) wäre schon ein Schritt nach vorne. Ein Rückkampf gegen Weber, der auf Position 5 in Deutschland steht, wäre zwar für Weber schön und es gibt viele, die ihm diese Chance gönnen würden, sportlich macht sie aber nur sehr wenig Sinn.
Vincent Feigenbutz (24 Kämpfe, 22 Siege, 20 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) schaffte es zwar ohne Kampf jüngster deutscher Weltmeister zu werden. Sein Glück hielt dann aber nur ein paar Tage an. In seinen WM Kampfe, am 09.01.2016, unterlag er gleich gegen Giovanni De Carolis (30 Kämpfe, 24 Siege, 12 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO) durch TKO in Runde 11. Der zeigte ihm in zwei Begegnungen hintereinander seine technischen Unzulänglichkeiten auf. Feigenbutz erlitt nicht nur eine schmerzliche Niederlage, sondern auch einen erheblichen Imageschaden. Sein Verhalten und seine Äußerungen nach dem ersten Kampf gegen De Carolis waren nämlich nicht gerade dazu angetan, die Zahl seiner Fans zu vergrößern.
Auch wenn Feigenbutz als Hauptkämpfer dargeboten werden sollte, so ist er das zurzeit doch nur sehr bedingt. Ein Hauptkampf ist üblicherweise eine Titelkampf oder doch zumindest ein Kampf, der für einen solchen durch seine sportliche Qualität qualifiziert. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass Feigenbutz in Zukunft in Ringschlachten geschickt werden kann.
Der Exweltmeister Robert Stieglitz (55 Kämpfe, 49 Siege, 29 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) boxt seit seiner letzten Niederlage am 18.07.2015 gegen Arthur Abraham im Halbschwergewicht. Zurzeit ist er auf Position 15 zu finden, d.h., er könnte eventuell bald einen WM Titelkampf bekommen. Ob er einen solchen noch gewinnen kann, ist aber zumindest fraglich. Und einen fünften Kampf gegen Abraham will wohl wirklich keiner mehr sehen.
Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) hat ein Problem mit einer positiven Dopingprobe. Angeblich war der amtierende Super Champion der WBA bei seinem umstrittenen Sieg über Fedor Chudinov (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), am 20.02.2015 in Oberhausen, gedopt. In seiner Urinprobe fand man die verbotene Substanz Hydro-XY-Stanozolol, ein synthetisches anaboles Steroid. Solange der Verdacht nicht ausgeräumt oder Gras über die Sache gewachsen ist, dürfte Sturm als Hauptkämpfer ausfallen. Es sei den Sat.1 will um der Einschaltquote willen einem Doper ihr Geld hinterherwerfen.
Geht man also die Liste der Boxer durch, die bei Sat.1 zu sehen sind, so fällt auf, dass die Hauptkämpfer, die die Quoten bringen, doch stark zusammenschmelzen. Eigentlich sind von den Hauptkämpfern nur Jürgen Brähmer und, mit Einschränkungen, Jack Culcay als einzige, die auch diesen Namen verdienen, noch übrig geblieben.
(C) Uwe Betker

Die ultimativ subjektive Liste 2015

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Boxer des Jahres 2015
Tyson Fury (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO), der neue Weltmeister der WBO und Super Champion der WBA, hat alles richtig gemacht. Er kam nach Deutschland, um zu gewinnen und nicht, wie viele vor ihm, nur um sich eine Börse abzuholen. Er hatte einen Plan und den zog er erfolgreich durch. Im Vorfeld des Kampfes machte er alles, um in das Gehirn von Wladimir Klitschko zu kriechen. Er nutzte jede Gelegenheit, ihm immer wieder zu zeigen: „Ich bin nicht berechenbar!“ Er und sein Team kümmerten sich um jedes Detail und gingen keiner Konfrontation aus dem Weg. Jedes Detail war wichtig: die Passform der Handschuhe, die Härte des Ringbodenbelags … Dass er auf alles achtete, das war wiederum etwas, womit er den Titelverteidiger auch gründlich nerven konnte. Vor allem hatte Fury einen simplen Kampfplan: Klitschko lang boxen, schnelle Beine und schnelle Hände. Sobald er Klitschko seinen Kampf aufzwingen konnte, sah der alt und planlos aus, was er wohl auch war. Es war kein schöner Kampf, aber Fury war erfolgreich, und der Erfolg gibt ihm schließlich Recht.

Boxer des Jahres 2015 (ehrenhalber)
Alexander Mengis boxte am 23. Mai 2013 in Berlin um die Internationale Deutsche Meisterschaft der GBA im Weltergewicht. Sein Gegner hieß Stefan Worth. Es war der fünfte Kampf des Stuttgarters. Erst einen Kampf vorher, am 18.11.2012, hatte er diesen Titel gewonnen. Gegen Worth ging er in der achten Runde schwer KO und fiel ins Koma. Es hat dann wohl eine Notoperation gegeben. Heute lebt Mengis irgendwo als Pflegefall. Alexander Mengis steht für den brennenden Wunsch aller Boxer und Boxerinnen, mit dem, was sie tun, Geld und Ruhm zu erringen. Er steht aber auch dafür, dass das Profiboxen, das wir alle so lieben, sehr gefährlich ist. Eine Tatsache, die immer und immer wieder von allen Beteiligten und Zuschauern vergessen wird. Um das Bewusstsein dafür wach zu halten, möchte ich Alexander Mengis zum Boxer des Jahres 2015 ernennen – ehrenhalber.

Boxerin des Jahres
Nicole Wesner (11 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO) wurde am 06.09.2015 in der Markthalle in Wismar Weltmeisterin der WBF, WIBF und der GBU im Leichtgewicht. Sie besiegte Irma Balijagic Adler klar nach Punkten. Damit ist sie in Deutschland die Beste im Leichtgewicht und in der Welt unter den Top Ten.

KO des Jahres
Am 14.08.2015 verlor Marco Huck (42 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden), in Newark, New Jersey, gegen den nicht sehr hoch eingeschätzten Krzysztof Głowacki (25 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO) durch KO in Runde 11 nach 2.39 Minuten. Głowacki brachte einen linken Haken an die Schläfe und dann eine Rechte mitten auf die Stirn – und Huck ging zum ersten Mal in dieser Runde zu Boden. Er kam zwar wieder hoch, war aber doch sichtlich angeschlagen. Głowacki setzte nach. Mit einem rechten und einem linken Körperhaken, gefolgt von einem linken Kopfhaken sowie einem Volltreffer mit links auf die Schläfe knockte er Huck schließlich aus. Aber Huck musste, bevor er zuletzt zu Boden sackte, noch einen rechten Wischer und drei linke Kopfhaken nehmen. Ringrichter David Fields brach den Kampf dann ab, um Huck, der zwar schon KO war aber durch die Seile vor dem Fall zu Boden noch gehindert wurde, vor weiteren Schlägen zu schützen – klassischer KO. Huck hat durch den KO jetzt ja wohl einen TV-Vertrag bei RTL bekommen.

Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Gerade mal 17 Jahre ist Leon Bauer (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO), der Löwe aus der Pfalz. Der Super Mittelgewichtler hat zwar bis jetzt nur gegen sogenannte Aufbaugegner geboxt, aber die waren klug ausgesucht und nicht die schlechtesten. Wir dürfen gespannt sein, was er in den nächsten Jahren noch so zeigen wird.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die von Kai Gutmann trainierte Leichtgewichtlerin Beke Bas (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) ist die Entdeckung des Jahres im Frauenboxen. Die 21-Jährige hat Talent, einen gewissen Punch und eine gute Technik. Vor allem hat sie aber ein Kämpferherz: Eine Boxerin, die man im Auge behalten muss.

Überschätzter Boxer des Jahres
Habe keine schlüssige Antwort.

Überschätze Boxerin des Jahres
Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen), die ehemalige Miss Schleswig Holstein, versuchte sich im Profiboxen. Zum Teil spektakuläre KOs überdeckten ihre technischen Mängel. Die wurden ihr dann aber am 31. Oktober 2015 in Hamburg, im Universum Gym, von Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) aufgezeigt. Die Leichtgewichtlerin ist damit für zu leicht befunden worden.

Ringrichter des Jahres
Rosario Triolo vom BDB. Der älteste deutsche Boxverband in Deutschland ist nicht nur die Heimat von Ringrichtern wie Manfred Küchler, die es wohl nicht ertragen können, wenn ein Heimboxer verliert; daher tun sie alles, wohl wirklich alles, um das zu verhindern. Der Bund Deutscher Berufsboxer ist ein eingetragener Verein, dessen Führung in stalingradhafter Treue zu Männern wie Küchler steht. Aber es gibt hier auch einen Ringrichter wie Rosario Triolo, einen jungen Mann, der offensichtlich das Ziel verfolgt, Boxkämpfe einfach nur zu leiten bzw. deren Ergebnis durch eine Punktwertung widerzuspiegeln.

Absteiger des Jahres (männlich)
Der ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) verlor seinen IBF-Titel am 31.05.2014 gegen Sam Solimann. Danach erreichte er gegen Robert Stieglitz, am 08.11.2014, noch ein Unentschieden. Seine letzte Begegnung, einen WM-Kampf der WBA, verlor er am 05.06.2015 in Frankfurt/Main gegen Fedor Chudinov auch. Ausbeute: Ein Unentschieden und zwei Niederlagen. Eigentlich wollte er am 05. Dezember in einem Rückkampf gegen Chudinov antreten. Sein TV-Sender SAT.1 wollte ihm dafür angeblich nur einen Sendeplatz wie Culcay, also nach den zwei Spielfilmen anbieten. Das dürfte wohl seiner Einschaltquote geschuldet sein. Nun boxt er am 20.02.1016 in Oberhausen.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Es gibt da eine in Deutschland boxende Frau, die sich Weltmeisterin nennt. In ihrem letzten WM-Kampf traf sie auf eine Gegnerin, die von ihren letzten sechs Kämpfen fünf verloren und im sechsten ein Unentschieden erreicht hatte. Das wurde ernsthaft als WM sanktioniert. Den Namen nenne ich hier nicht, weil ich versprochen habe, ihn nie wieder zu schreiben.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Die Karriere von Samy Raid Musa (9 Kämpfe, 9 Siege, 7 durch KO) dürfte nach seinem letzten Kampf Schwung bekommen haben. Er besiegte am 28.11.2015, auf der Undercard von Klitschko vs. Fury, den ungeschlagenen Jay Spencer (11 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage).

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Derya Saki (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) hat mit ihrem Sieg über Alicia Melina Kummer (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlagen) gezeigt, dass mit ihr im Leichtgewicht zu rechnen ist.

Aussteiger des Jahres
Der 2015 sportlich nicht ganz so erfolgreiche ehemalige Weltmeister im Mittelgewicht Felix Sturm (48 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) entzog für seinen letzten Kampf dem dienstältesten und renommiertesten Boxsportjournalisten Deutschlands, Hartmut Scherzer seine Akkreditierung. Der hatte sich in einem Vorbericht nämlich kritisch über ihn geäußert. Die Presseabteilung von Sturm-Box-Promotion hatte es über Monate vor dem Kampf nicht geschafft, die Legitimität der zu boxenden WM zu kommunizieren. Natürlich ist es schwer, mit Kritik umzugehen. Aber eine Person des öffentlichen Lebens, die von der Öffentlichkeit lebt – und das tut Felix Sturm ja schließlich -, sollte mit Kritik doch souveräner umgehen können. Veranstalter, die hingehen und unliebsamen Journalisten die Akkreditierung verweigern oder entziehen oder sie mit Hausverboten belegen, respektieren einfach nicht die Pressefreiheit. Die Pressefreiheit ist ein Grundrecht und eine der Säulen einer demokratischen Gesellschaft – und die gilt es zu verteidigen.

Veranstalter des Jahres
Der Hamburger Holger Petersen hat 2015 dreimal in der Boxsporthalle Braamkamp in Hamburg veranstaltet. Petersen, ein Unternehmer aus Hamburg, von dem man wenig weiß, hat einfach angefangen, gute und solide Boxveranstaltungen zu organisieren. Man kann nur hoffen, dass er weitermacht und noch besser wird.

Veranstaltung des Jahres
„Kingsvillage Beatdown“ im Foyer des Abtei Gymnasiums in Pulheim (12.12.2015) war für mich die beste Veranstaltung des Jahres. Wenn man sich diese Veranstaltung von Bihes Barakat anschaut und mit denen vergleicht, die von Veranstaltern mit TV-Verträgen organisiert werden, kann man sich nur fragen: Wieso gibt es auf einer „Kleinringveranstaltung“ besseres Boxen zu sehen als bei den Großen?

Boxevent des Jahres
Keines jedenfalls, das ich gesehen hätte. Das kann allerdings auch damit zu tun haben, dass ich bei dem einen Veranstalter Hausverbot habe, von einem anderen schriftlich bekommen habe, niemals eine Akkreditierung zu bekommen und von einem dritten immer nur sehr höfliche Ablehnungen kriege, auch wenn dort sonst jeder Pressevertreter rein kommt.

Fehlentscheidung des Jahres
Der Punktsieg von Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gegen Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden). Die Punktrichter Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin sahen offenbar einen anderen Kampf als die Zuschauer in der Halle und an den Fernsehgeräten. Alle drei gaben Feigenbutz den Sieg. Selbst wenn man als Punktrichter so etwas wie einen Heimvorteil geben will und sich vielleicht auch dem Veranstalter verpflichtet fühlt, weil der einen ja bezahlt, darf dabei m. E. doch höchstens ein geschenktes Unentschieden rauskommen. Ich hoffe aufrichtig, dass Erkki Meronen, Jesus Morata Garcia und Jean-Francois Toupin in den nächsten zehn Jahren nicht mehr in Deutschland punkten.

Trainer des Jahres
Die Qualität eines Trainers kann nicht an seinen TV-Auftritten, sondern nur an seiner Arbeit gemessen werden. Wer durch die Republik fährt und sich Trainings ansieht, der wird schnell feststellen, dass es hierzulande viele gute Trainer gibt, Trainer, deren Hauptaugenmerk auf der Ausbildung ihrer Boxer liegt. Hier eine kurze Liste guter Trainer: Manni Faber, Stefan Freudenreich, Sini Ivanisevic, Steven Küchler, Kai Gutmann, Frank Lubitz, Rüdiger May, Youssef Ramadan und Michael Siegel. Das sind jetzt nur die, die mir gerade spontan eingefallen sind. Ich habe einige vergessen. Entschuldigung!

Entgleisung des Jahres
Im letzten Jahr war Vincent Feigenbutz (22 Kämpfe, 21 Siege, 19 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hier noch „Rookie des Jahres (männlich)“. Inzwischen wurde er Interim Champion der WBA im Super Mittelgewicht. In seinem letzten Kampf, am 17.10.2015, gegen einen soliden aber nicht sehr starken Giovanni De Carolis (29 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden) gewann er zwar nach Punkten, sein eigenes Publikum aber sah in seiner Heimatstadt den Italiener als Sieger und tat dies auch kund. Feigenbutz sah das aber ganz anders. Er sah sich selbst als klaren Sieger und dann sprach er davon, seinem Gegner die Fresse polieren zu wollen – wirklich kein guter Stil.

Boxkampf des Jahres (männlich)
Der Kampf zwischen Yusuf Kangül (10 Kämpfe, 7 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Tiran Metz (18 Kämpfe, 12 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 4 Unentschieden) im Super Mittelgewicht ist ein Klassiker. Zwölf Runden lang schenkten sich die beiden, die offensichtlich eine gepflegte, dafür aber tiefe gegenseitige Abneigung verbindet, nichts. Wenn ein Fighter und ein Techniker aufeinandertreffen, ist das immer wieder ein Erlebnis. Am Ende der knappen Europameisterschaft der WBU sollte eigentlich ein klarer Punktsieger stehen, aber einige Zuschauer verhinderten, dass ein Urteil gefällt werden konnte. Bis heute steht das offizielle Urteil des Kampfes vom 19.12.2015 aus.

Boxkampf des Jahres (weiblich)
Am 07.11.2015 verlor Özlem Sahin (20 Kämpfe, 19 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) gegen Gretchen Abaniel (24 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO) ihre WM-Titel im Minimumgewicht. Sahin fand zu keinem Zeitpunkt vor heimischem Publikum in den Kampf, daher fightete sie. Es war ein sehr enger Kampf, den man auch knapp für Sahin oder als Unentschieden hätte werten können. In der Tat hatte ein Punktrichter Abaniel mit zwei Runden vorne und ein anderer Sahin. Aber der BDB-Punktrichter Jürgen Langos wertet 91:99 für Abaniel. Keine Ahnung, weshalb er das machte. Auf jeden Fall war es ein großartiger Kampf.

Comeback des Jahres (männlich)
Ahmet Öner ist wieder – oder besser – immer noch da. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit, veranstaltete er 2015 neun Shows, davon 2 in der Türkei und eine in den USA. Zurzeit hat er keinen Boxer unter Vertrag, der (oder die) die Phantasie der breiten Boxöffentlichkeit anregen könnte. Aber er lässt seine Boxer arbeiten und hofft, dass sich einer von ihnen durchsetzt.

Comeback des Jahres (weiblich)
Alesia Graf (32 Kämpfe, 27 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen), die ehemalige Weltmeisterin im Super Fliegengewicht und Super Bantamgewicht, kassierte 2014 zwei Niederlagen in Folge, jeweils in WM Kämpfen, nachdem sie 2013 gar nicht geboxt hatte. Im letzten November stieg sie gegen die Ungarin Marianna Gulyas (34 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO, 21 Niederlagen, 12 durch KO) nun wieder in den Ring und gewann durch KO in Runde 2.

Bester Show Act des Jahres
Tyson Fury mit seinem Sieges-Liebes-Lied.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Leichtgewichtler Zapir Rasulov (30 Kämpfe, 30 Siege, 28 durch KO) boxte bisher in Deutschland, in der Schweiz (1 Mal), in Panama (4 Mal) und in den USA (2 Mal). Der Charlottenburger ist die Nummer 11 der WBA-Rangliste. Er hat eine KO Quote von 90%. Muss man noch mehr sagen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Lucia Morelli (25 Kämpfe, 19 Siege, 9 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO) boxt im Super Leichtgewicht. Alle ihre fünf Niederlagen kassierte sie im Ausland bei WM-Kämpfen, also im Wohnzimmer ihrer Gegnerinnen. Sie unterlag Cecilia Braekhus, Myriam Lamare, Delfine Persoon (zweimal) und Klara Svensson. Morelli verdient es, einmal vor heimischem Publikum einen WM Kampf bestreiten zu können.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Agron Dzilla (24 Kämpfe, 23 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der in der Schweiz lebende Cruisergewichtler aus Mazedonien, stahl am 21.03.015 auf der Sauerland Veranstaltung in Rostock allen, Jürgen Brähmer, Vincent Feigenbutz, Timo Schwarzkopf, Denis Boytsov, Stefan Härtel und Orhan Davis, die Show. Sein Kampf gegen Bernard Adie dürfte der beste Kampf des Abends gewesen sein. Dzilla gewann klar nach Punkten und damit den Titel der Global Boxing Union, aber einen Vertrag gewann er nicht.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (männlich)
Jack Robert Culcay-Keth (22 Kämpfe, 21 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), genannt Jack Culcay, alias Golden Jack, ist Interims Champion der WBA im Super Weltergewicht. Er wird gerne als eine der deutschen Boxhoffnungen für eine Weltmeisterschaft vermarktet. Schön wäre es, wenn er und sein Management, Sauerland Event, sich dazu entschließen könnten, auch unter Beweis zu stellen, dass er der beste deutsche Super Weltergewichtler ist. Dafür müsste er aber schon gegen Besar Nimani (21 Kämpfe, 20 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) antreten. Den Kampf will wohl jeder sehen.

Boxkampf, den wir 2016 sehen wollen (weiblich)
Bis jetzt kam es nicht zum Rückkampf zwischen Christina Hammer (19 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (32 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO). Wir erinnern uns: Der BDB Ringrichter Manfred Küchler, der immer noch gerne von seinem Verband eingesetzt wird, sorgte mit seinem ganzen Können dafür, dass die Mittelgewichtlerin Hammer den Kampf nicht durch KO verlor. Wenn nun Hammer, was wir auch schon etwas verstehen könnten, nun nicht mehr gegen Mathis antreten will, so könnte sie aber doch wenigstens gegen die Super Mittelgewichtlerin Nikki Adler (14 Kämpfe, 14 Siege, 8 durch KO) antreten.
© Uwe Betker

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31. Dezember 2015 at 23:59

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Der Tanz um das goldene Kalb

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Es gibt ein goldenes Kalb im Profiboxen in Deutschland, um dass alle herumtanzen. Das goldene Kalb ist bekanntlich, laut biblischer Überlieferung, ein Götzenbild, das die Israeliten nach ihrem Auszug aus Ägypten schufen, während Moses auf dem Berg Sinai war, wo er die zehn Gebote erhielt.
Im deutschen Profiboxen ist das Götzenbild nicht aus Gold, vielmehr besteht das, was so viele in diesem Bereich anbeten, aus drei Großbuchstaben oder aus drei Großbuchstaben, einem Satzzeichen und einer Zahl. Alles dreht sich um RTL und SAT.1, die beiden TV Sender, die Profiboxen zeigen. Zu bemerken ist dabei allerdings, dass RTL ja eigentlich nur die Klitschkos zeigt und SAT.1 zum führenden Boxsender in Deutschland geworden ist. Für den Sender aus Unterföhring boxen die Sauerland Event GmbH, SES Sport Events Steinforth GmbH und Sturm Box-Promotion, also die drei Veranstalter, die das Glück hatten, einen Fernsehvertrag bekommen zu haben.
Die Konzentration auf einen Sender eröffnet nun Perspektiven, die es vorher nicht gab. Noch vor kurzem war es beispielsweise kaum denkbar, dass ein Hauptkämpfer des einen deutschen Veranstalters gegen den eines anderen antritt. Jetzt aber konnte eine Boulevardzeitungen titeln „Box-Sensation: Abraham gegen Sturm schon im Juni?“ Auch geisterte schon etwas von einem Turnier im Super Mittelgewicht durch die Presse mit Arthur Abraham (45 Kämpfe, 41 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO), Felix Sturm (47 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden), Robert Stieglitz (52 Kämpfe, 47 Siege, 27 durch KO, 4 Niederlage, 2 durch KO, 1 Unentschieden), Jürgen Brähmer (47 Kämpfe, 45 Siege, 33 durch KO, 2 Niederlagen) sowie Tyron Zeuge (16 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO) und Vincent Feigenbutz (19 Siege, 18 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Ich persönlich bin dabei allerdings der Meinung, dass wenn man schon Zeuge und Feigenbutz bei dem Turnier mitmachen lässt, dann sollte man auch Jürgen Doberstein (19 Kämpfe, 17 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) mit einladen, auch wenn er nicht bei einem der drei Veranstalter unter Vertrag ist.
Wenn nun der Boxfan Glück hat und der Götze SAT.1 es so will, dann werden viele Kämpfe zu sehen sein, auf die viele lange vergeblich gewartet haben. Dann ist auch Schluss mit so Ausflüchten, wie „X ist viel zu schwach für mich“ und „Y will sich nur auf meine Kosten profilieren“.
Der Tanz um das goldene Kalb hatte für der Israeliten jedoch böse Folgen. Moses zerschlug nicht nur nach seiner Rückkehr den Götzen, sondern es wurden von den abgefallenen Anhängern auch gleich 3.000 Menschen erschlagen. Auch für die vier Hauptprotagonisten ist ein solches Turnier nicht ohne erhebliche Risiken. Avetik Abrahamyan ist 34, Adnan Catic ist 36, Sergey Shtikhlits ist 33 und Jürgen Brähmer ist 36 Jahre alt. Alle vier Boxer stehen also weitgehend am Ende ihrer Karriere. Nach einer schweren KO Niederlage dürfte keiner von ihnen noch mal im Fernsehen zu sehen sein. Es macht auch keinen Sinn vier bzw. sechs Boxer in einer Gewichtsklasse gleichzeitig als die besten und stärksten zu vermarkten. Es wird also eine Auslese getroffen.
SAT.1 hat das Profiboxen im deutschen Fernsehen praktisch monopolisiert – Klitschko TV, Spartenfernseh- und Regionalsender lassen wir hier mal außen vor. Dementsprechend können sie auch die Regeln bestimmen. Bei aller Euphorie für hoffentlich spannende Kämpfe ist doch zu befürchten, dass es nur ein Tanz um einen Abgott wird, dass wir wiederum nur ein lokales Ereignis zu erwarten haben. Es steht zu befürchten, dass die angekündigten senderinternen Kämpfe die alleinigen Höhepunkte sein werden und auf längere Sicht noch weniger gute Boxer aus dem Ausland für hiesige Kämpfe gebucht werden. Es könnte also passieren, dass die Entwicklung in Richtung auf eine fortwährende umetikettierte Deutsche Meisterschaft geht.
© Uwe Betker

Die ultimativ subjektive Liste 2014

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Boxer des Jahres
Gennady Golovkin (31 Kämpfe, 31 Siege, 28 durch KO) ist zurzeit der beste Mittelgewichtler der Welt. In allen Pound for pound Listen steht er ganz oben. Warum hat kein deutscher Veranstalter ihn unter Vertrag genommen, nachdem Universum Box-Promotion seine Tore geschlossen hatte?

Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Der IBF Cruisergewichtsweltmeister Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hat sich 2014 mehrfach politisch geäußert und gegen den Völkermord an den Jesiden im Nordirak demonstriert. Das ist nicht nur sehr ehrenwert. Normalerweise äußern sich Profiboxer in Deutschland ja nicht politisch, es sei denn, dass sie ihrer Bewunderung für Wladimir Wladimirowitsch Putin Ausdruck verleihen wollen, oder wenn sie darüber sprechen, dass die Bevölkerung in Russland noch nicht reif sei für eine Demokratie. Dies Engagement vom Hernandez bringt ihm den Titel Boxer des Jahres (ehrenhalber) ein.

Boxerin des Jahres
Özlem Sahin (19 Kämpfe, 18 Siege, 6 durch KO, 1 Unentschieden) wurde am 21.06.2014 Weltmeisterin der WIBF, WBF und GBU im Minimumgewicht. Ohne Veranstalter und ohne Manager erreichte sie dies. Seit 2007 boxt sie nun als Profiboxerin unter wechselnden Trainern. Sie ist ohne Zweifel eine der attraktivsten Boxerinnen der Welt.

KO des Jahres
Habe ich verpasst.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Manager Rainer Gottwald verkündete lautstark, sein Schützling Vincent Feigenbutz (19 Kämpfe, 18 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) könne jetzt Arthur Abraham schlagen. Nun, das bezweifle ich schon. Aber Feigenbutz hat einen guten Punch, und mit einem Mehr an Technik kann der Karlsruher noch weit kommen. Er ist auch seit kurzem bei Sauerland Event unter Vertrag.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die Weltergewichtlerin Ornella Domini (8 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO) aus der Schweiz hat zwar erst 8 Kämpfe bestritten, ist aber bereits auf Position 6 der unabhängigen Weltrangliste – und das ohne Titelkampf.

Ringrichter des Jahres
Manfred Küchler vom BDB. Bereits am 14.10.2011 hatte er einem Heimboxer, nämlich Alexander Petkovic, eine Niederlage erspart, indem er beherzt eingriff. Am 26.07.2014 wurde er nun noch zum Wiederholungstäter. Er sorgte nämlich dafür, dass Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO), die von Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ganz regelkonform KO geschlagen worden war, doch ihren WM Titel behalten durfte. Das schaffte er, indem er kurzerhand die Siegerin disqualifizierte.
Ich möchte hier noch mal bemerken, dass es mir persönlich absolut schleierhaft ist, wieso der Bund Deutscher Berufsboxer einen solchen Mann, der offensichtlich das Boxen so sehr hasst, dass er immer wieder versucht, dessen Glaubwürdigkeit zu zerstören, in seinen Reihen duldet. Manfred Küchler vom BDB gebührt eigentlich nicht der Titel Ringrichter des Jahres, sondern wohl eher skandalösester Ringrichter aller Zeiten oder schlechtester Ringrichter aller Zeiten.

Absteiger des Jahres (männlich)
2014 war für Robert Stieglitz (52 Kämpfe, 47 Siege, 27 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ein Seuchenjahr. Erst verlor er den Rückkampf gegen Arthur Abraham und war damit auch seinen WBO Titel im Super Mittelgewicht los. Und dann erreichte er gegen Felix Sturm nur ein Unentschieden.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Elina Tissen (20 Kämpfe, 18 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) bestritt im Oktober 2013 erst einen Kampf ohne sanktionierenden Verband, den sie gewann. 2014 boxte sie nur einmal. Sie gewann auch wieder. Ihre Gegnerin kam mit einem Rekord von 9 Kämpfen, 4 Siegen, 4 Niederlagen und ein Unentschieden in den Kampf. Das war dann auch noch ein WM Kampf im Federgewicht nach Version WIBF und GBU. – Ich werde mich ehrlich bemühen, nie wieder über diese Frau zu schreiben, die sich selber Maschine nennt.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Der Weltergewichtler Robert Tlatlik (16 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO) schickt sich an, in die europäische Spitze vorzustoßen.

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Nicole Wesner – Leichtgewicht – 9 Kämpfe, 9 Siege, 4 durch KO, bereits Weltmeisterin der WIBF und WBF, Nummer 8 der unabhängigen Weltrangliste – Was soll ich mehr schreiben?

Aussteiger des Jahres (männlich)
Markus Tomala (11 Kämpfe, 9 Siege, 4 durch KO, 2 Niederlagen) erklärte mir vor ein paar Monaten, er sei noch im Training und warte auf Kämpfe. Aber ich habe den Verdacht, dass er nie wieder in den Ring steigt. Seinen letzten Kampf bestritt Tomala am 16.12.2012. In ihm zeigte er, was aus ihm hätte werden können. Ich habe dem Düsseldorfer Schwergewichtler locker zugetraut, Deutscher Meister zu werden. Auch eine Europameisterschaft traute ich ihm zu. Man mag mich für einen Träumer halten, aber sogar einen heißen Tanz mit einem der Klitschkos habe ich für möglich gehalten. Schade!

Aussteiger des Jahres (weiblich)
Die Federgewichtlerin Goda Dailydaite (9 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage) boxte 2013 zum letzten Mal. Sie verlor gegen Ina Menzer (31 Kämpfe, 30 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage) in deren Abschiedskampf. Offensichtlich konzentriert sie sich jetzt auf ihr Lehramtsstudium.

Veranstalter des Jahres
Veranstalter des Jahres kann nur sehr schwer ein großer Veranstalter mit TV Vertrag werden. Die Großen bekommen viel Geld für ihre Veranstaltungen, aber häufig wirken ihre Shows billig und die Gegner ihrer Boxer sehen schlecht aus. Offensichtlich verschwindet einfach zu viel Geld in den Taschen der Veranstalter, die dann eben zu wenig Geld für ihre Veranstaltungen ausgeben. Da lobe ich mir die vielen Kleinen, die mit viel Mut, viel Enthusiasmus und Liebe – und wenig Geld – veranstalten.
Drei möchte ich hier stellvertretend für viele andere nennen: Benedikt Poelchau, Patrick Driessen, Timor Khalil und Peter M. Pospichal.
Der Veranstalter Benedikt Poelchau ist erneut Veranstalter des Jahres geworden. Zwar veranstaltet er nur selten, aber wenn, dann richtig gut. Seine Show im Volkshaus in Zürich, am 30.08.2014 war einfach vorbildlich. An Poelchau sollten sich die großen und mit TV-Verträgen ausgestatteten Promoter ein Beispiel nehmen. Noch besser wäre es aber, wenn ein Fernsehsender seine Show übertragen würde.

Veranstaltung des Jahres
Die Veranstaltung im Volkshaus in Zürich am 30.08.2014 von Benedikt Poelchau war so gut, dass einer dieser ewigen Nörglern nur bemängeln konnte, dass bei seiner Show die Nummerngirls zu schnell waren.

Boxevent des Jahres
Diese Kategorie sollte ich eventuell ganz streichen. Wenn es nämlich ein Event, also eine Großveranstaltung, nicht schafft, Veranstaltung des Jahres zu werden, warum sollte man ihr dann noch den Trostpreis „Boxevent des Jahres“ zukommen lassen, nur weil die Veranstalter viel Geld dafür bekommen haben?

Fehlentscheidung des Jahres
Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) hat Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) absolut regelkonform KO geschlagen. Der Ringrichter Manfred Küchler vom BDB hat seiner Verachtung für den Sport und das Publikum Ausdruck verliehen, indem er Mathis disqualifizierte. Dass die Entscheidung später in ein No Contest umgewandelt wurde, ändert nichts an dem Skandal.

Trainer des Jahres
Fritz Sdunek (geb. am 18. April 1947 in Lüssow – gest. am 22. Dezember 2014 in Hamburg). Der große Fritz ist tot. Wie kein anderer verkörperte er den Trainer, der bei und mit seinen Schützlingen war. Man hatte nie den Eindruck, dass er seine Boxer als Mittel zum Zweck des Geldverdienens sah. Er war vielleicht der beste und ehrlichste deutsche Trainer aller Zeiten.

Entgleisung des Jahres
Die Entgleisung des Jahres ist eigentlich nichts weiter als eine unglaublich ehrliche Reaktion. Als Ulli Wegner auf der Pressekonferenz mitgeteilt wurde, was der ARD Experte Henry Maske über den Sieg von Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) über Firat Arslan (44 Kämpfe, 34 Siege, 21 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) gesagt hatte, war er empört. Wegner polterte: „Dass Henry von einem Fehlurteil spricht, ist eine Schweinerei von ihm. Wer das so sieht, der kann nicht mehr mein Freund sein.“

Boxkampf (männlich) des Jahres
fand nicht in Deutschland statt.

Boxkampf (weiblich) des Jahres
Özlem Sahin (18 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) bestritt am 21.06.2014 ihren ersten WM Kampf. Es ging um die WIBF, WBF und GBU Titel im Minimumgewicht. Eindrucksvoll besiegte sie Thuion Thanyathada alias Buangern OnesongchaiGym (18 Kämpfe, 11 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Von Runde zu Runde stärker werdend, schickte sie ihre Gegnerin in der sechsten Runde nach einer längeren Kombination zu Boden. Wieder auf den Beinen, deckte Sahin sie weiter mit Schlägen ein, unter denen Thanyathada zusammenbrach und ausgezählt wurde. – Ein großartiger Kampf von eine großartige Weltmeisterin.

Comeback des Jahres (männlich)
Graciano Rocchigiani versucht sein Comeback. Nachdem 2012 bekannt wurde, dass er sein komplettes Vermögen durchgebracht hat und Hartz IV bezieht. Nun betreibt er ein eigenes Box Gym.

Comeback des Jahres (weiblich)
2013 musste Rola El Halabi (15 Kämpfe, 14 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage) bei ihrem Comebackkampf, nachdem sie sich von ihren Verletzungen erholt hatte, eine bittere Niederlage einstecken. Damals zeigte sie sich als große und faire Verliererin. Mittlerweile ist sie die Nummer 6 in der unabhängigen Weltrangliste im Junior Weltergewicht und Weltmeisterin der Verbände WIBF, WIBA und UBF.

Bester Show Act des Jahres
Was ist besser als Nummerngirls? – Nummerngirls und Gogo-Tänzerinnen oder Sambatänzerinnen. Auf der Veranstaltung von Patrick Driessen, am 08.11.2014 in Voerendaal bei Heerlen, gab es nicht nur gutes Boxen zu sehen, sondern auch Gogo-Tänzerinnen. Wieso gibt es eigentlich nicht auf allen Profiboxveranstaltungen Gogo-Tänzerinnen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Mittelgewichtler Istvan Szili (20 Kämpfe, 18 Siege, 7 durch KO, 2 Unentschieden) könnte innerhalb eines halben Jahres Weltmeister werden. Absolut unverständlich warum kein deutscher Veranstalter mit TV-Vertrag den sympathischen, deutsch sprechenden und klasse boxenden Szili unter Vertrag nimmt. Aber vielleicht sind es ja genau diese drei Eigenschaften, die man nicht haben will.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Melanie Zwecker (6 Kämpfe, 5 Siege, 2 durch KO) ist eine Federgewichtlerin aus Karlsruhe, die sich innerhalb ihrer zwei Jahre als Profi sehr schnell entwickelt hat. In ihrem letzten Kampf wurde sie World Boxing Federation International Champion. Wenn sie sich weiter in dem Tempo entwickelt, traue ich ihr Ende 2015 einen WM Titel zu.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Der Berliner Mittelgewichtler Arthur Hermann (15 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage) wird hier meist übersehen, schlicht weil er in London lebt und trainiert und vor allem in Großbritannien boxt. Hermann ist jedoch ein Mann mit Potential.

Boxkampf, den wir 2015 sehen wollen (männlich)
Schön wäre, wenn der WBA Weltmeister im Halbschwergewicht Jürgen Brähmer (47 Kämpfe, 45 Siege, 33 durch KO, 2 Niederlagen) mal wieder gegen einen halbwegs guten Boxer antreten würde. Zsolt Erdei (35 Kämpfe, 34 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der von 2004 bis 2009 Weltmeister der WBO im Halbschwergewicht war, wäre da eine gute Wahl.

Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (weiblich)
Wenn es einen Rückkampf geben muss, dann den zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO).
© Uwe Betker

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30. Dezember 2014 at 23:59

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Die Abschiedsshow von Sauerland Event bei der ARD

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Als der berliner Veranstalter Sauerland Event noch um die Vertragsverlängerung bei der ARD kämpfte, verkündete der Chef, Kalle Sauerland, immer wieder, er wolle „Kämpfe auf Augenhöhe“ sehen. Nun hat er aber die Vertragsverlängerung nicht bekommen und wechselt zu SAT.1. Am 06. Dezember 2014 findet in Oldenburg die letzte Show von Sauerland für die ARD statt. Dies ist noch mal eine Möglichkeit, den von Kalle Sauerland formulierten Anspruch auch an der realisierten Veranstaltung zu messen.
Den Hauptkampf bestreitet der WBA Halbschwergewichtsweltmeister Jürgen Brähmer (46 Kämpfe, 44 Siege, 32 durch KO, 2 Niederlagen). Er boxt gegen Pawel Glazewski (25 Kämpfe, 23 Siege, 5 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO). Der Veranstalter schreibt in einer Pressemeldung: „Der Schlagkraft Glazewskis fiel mit Roy Jones Jr. sogar schon eine Legende des Boxsports zum Opfer, der sich nach einem Niederschlag nur knapp über die Zeit retten konnte.“ Diese Sätze kann man aber getrost als Beschönigung betrachten. Der Herausforderer hat nämlich nur eine KO Rate von 20%, während Brähmer immerhin 69,57% aufzuweisen hat. Glazewski ist, was die Schlagkraft angeht, also hoffnungslos unterlegen.
Glazewski ist auch nur die Nummer 41 in der unabhängigen Weltrangliste. Ein Karo Murat (28 Kämpfe, 25 Siege, 15 Siege, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden), der schließlich seinen letzten Kampf verloren hat, ist auf Position 33 und damit besser platziert. Glazewski ist noch nicht einmal der beste polnische Boxer in seiner Gewichtsklasse. Das ist nämlich Andrzej Fonfara (29 Kämpfe, 25 Siege, 15 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO), der auch an Position 12 in der Welt ist. Positiv ausgedrückt: Jürgen Brähmer boxt gegen den zweitbesten polnischen Boxer im Halbschwergewicht. Negativ ausgedrückt: Brähmer boxt gegen einen Mann, der keine Chance gegen ihn haben dürfte. Alles andere als eine KO Sieg für ihn wäre eine Sensation.
Natürlich kann man sich unzählige Szenarien vorstellen, die Glazewski eine Chance eröffnen könnten, als Sieger den Ring zu verlassen. Brähmer könnte z.B. im Ring ausrutschen und sich ein Bein brechen. Oder, Brähmer könnte ausrutschen und sich eine Hand brechen. Oder, er könnte sich das Knie verrenken. Also es gibt unzählige Möglichkeiten. Aber wenn man sich nur die Kampfpaarung anschaut, dann muss man feststellen: Pawel Glazewski hat keine Chance und diese Ansetzung ist definitiv kein Kampf auf Augenhöhe. Sauerland Event bietet der ARD mit anderen Worten zum Abschied eine der Veranstaltungen an, für die sie immer wieder, auch von Boxfans, kritisiert wurden.
Zu groß ist wohl die Angst in Berlin, Brähmer einen Gegner auf Augenhöhe, also einen gleichstarken Gegner, zuzumuten. Die Personaldecke für Hauptkämpfer ist ja nun auch mit dem Weggang von Marco Huck (41 Kämpfe, 39 Siege, 26 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden), dem Weltmeister der WBO im Cruisergewicht, deutlich dünner geworden. Und Brähmer ist nun auch bereits 36 Jahre alt; seine Tage als Weltmeister sind dementsprechend gezählt.
Auch wenn man viel Verständnis für Sauerland Event aufbringen will, so ist doch nicht zu verstehen, warum man für die letzte ARD Show noch mal einen so schwachen Gegner aussucht. Soll die Show als Visitenkarte für Veranstaltungen, die zukünftig bei SAT.1 zu erwarten sind, anzusehen sein, dann kann einem schon das Grauen kommen. Wieso boxt Brähmer eigentlich nicht gegen Zsolt Erdei (35 Kämpfe, 34 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage)? Erdei war von 2004 bis 2009 Weltmeister der WBO im Halbschwergewicht. Dann bestimmte seinerzeit die Stallregie von Universum Box-Promotion, er soll hoch gehen ins Cruisergewicht, damit Brähmer um einen WM Titel boxen kann. Allein aus dieser Tatsache ergäbe sich schon genug Spannung für einen guten Kampf. Brähmer dürfte zwar bei dieser Paarung Favorit sein, aber Erdei wäre bestimmt nicht hoffnungslos unterlegen – wie jetzt der Herr aus Polen, der ihn boxen darf. Ein Kampf zwischen Brähmer und Erdei ist auch, wie ich finde, schon lange überfällig. Gut, natürlich kann es sein, dass Brähmers Management seinem Schützling nicht zutraut, gegen Erdei gewinnen zu können. Das kann dann aber nur heißen, dass wir auf SAT.1 Brähmer nur gegen handverlesene Gegner zu sehen bekommen, nämlich solche in der Preisklasse von Pawel Glazewski.
Zur Ehrenrettung von Sauerland Event muss allerdings ergänzt werden, dass bei der Veranstaltung auch Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gegen Ola Afolabi (28 Kämpfe, 21 Siege, 10 durch KO, 3 Niederlagen, 4 Unentschieden) im Cruisergewicht seinen IBF Titel verteidigen soll. Das ist nun schon eine richtig gute Kampfansetzung – aber nur als Vorkampf zu Brähmer.
© Uwe Betker

Arthur Abraham vs. Willbeforce Shihepo und Jürgen Brähmer vs. Stefano Abatangelo

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Am 24.08.2013 veranstaltet Sauerland Event in Schwerin. Auf dem Programm steht eine freiwillige Titelverteidigung von Jürgen Brähmer (42 Kämpfe, 40 Siege, 31 durch KO, 2 Niederlagen). Es ist zu erwarten, dass er seinen Europameistertitel im Halbschwergewicht gegen Stefano Abatangelo (20 Kämpfe, 17 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) wohl ohne Mühen verteidigen wird. Dieser Kampf soll der Hauptkampf des Abends werden.
Das ehemalige Jahrhunderttalent Jürgen Brähmer ist zurzeit auf Position 13 der unabhängigen Weltrangliste. Abatangelo ist immerhin die Nummer 1 in Italien und die Nummer 46 in der Welt. Natürlich trägt er auch einen richtig furchteinflößenden Kampfnamen: „The Hammer“. Leider ist dieser Kampfname aber etwas irreführend, weil einen wirklichen Hammer, nämlich einen Punch, hat er nicht. Seine KO-Rate beträgt nur 30%. Auch boxerisch ist er nicht gerade der Hammer. Da er auch noch 11 Zentimeter kleiner ist und aus Italien im Augenblick keine wirklich starken Boxer kommen – sollte das womöglich der Grund dafür sein, dass im Augenblick so viele italienische Boxer gegen deutsche ran dürfen? -, dürfte für den EBU Titel von Brähmer keine Gefahr bestehen. Damit besteht wohl aber auch keine Gefahr, dass irgendein Zuschauer einen Schweißausbruch oder gar einen Herzinfarkt vor Aufregung bekommen wird. Der Hauptkampf des Abends wird vermutlich überraschungsarm bis langweilig.
Auch der zweite Hauptkampf des Abends ist, meiner Einschätzung nach, von ähnlicher Qualität. Der Ex-Weltmeister Arthur Abraham (40 Kämpfe, 36 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) bekommt es im Super Mittelgewicht mit Willbeforce Shihepo (26 Kämpfe, 20 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO) zu tun. Auch Shihepo schmückt sich mit einem angsteinflößenden Kampfnamen, nämlich dem der „Black Mamba“. Er ist auch die Nummer 1 in seiner Heimat, Namibia. In der unabhängigen Weltrangliste rangiert er auf Position 69. Er befindet sich damit ein paar Ränge hinter Jürgen Doberstein (16 Kämpfe, 14 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Khoren Gevor (41 Kämpfe, 32 Siege, 17 durch KO, 9 Niederlagen, 2 durch KO). Ich gehe davon aus, dass uns dieser Kampf reißerisch angekündigt werden wird, etwa in der Art von „Arthur Abraham Is Back“ oder „Arthur Abraham Back To The Top“ oder sonst einem Unsinn, dem man einen englischen Titel gibt, weil es sich dann besser anhört. (Wieso muss ich jetzt an Megaperls denken, diese dummdeutsche Wortschöpfung für Waschpulver?)
Sportlich erscheint mir diese Kampfansetzung, wie auch die von Brähmer, als eine langweilige Nullnummer. Jetzt würde mich aber schon noch interessieren, wie viel die ARD Sauerland für eine solche Veranstaltung zahlt, d.h wie viel von dem Geld, das zwangsweise von allen Haushalten der Bundesrepublik Deutschland eingetrieben wird, der berliner Veranstalter von Arthur Abraham vs. Willbeforce Shihepo und Jürgen Brähmer vs. Stefano Abatangelo konkret bekommt?
Ein Kampf aber verspricht doch Spannung an diesem Abend. Im Schwergewicht treffen
Kubrat Venkov Pulev (17 Kämpfe, 17 Siege, 9 durch KO) und Anthony Tyrone Thompson (41 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) aufeinander. Es geht dabei um den eigentlich unbedeutenden internationalen Titel der IBF, International Boxing Federation. Für den für Sauerland Event boxenden Bulgaren Pulev dürfte der Kampf gegen Thompson, der schon immerhin schon zweimal gegen Wladimir Klitschko angetreten ist, der erste wirkliche Härtetest sein. Wenn die Nummer drei auf die Nummer sieben der unabhängigen Weltrangliste trifft, dann ist das durchaus ein würdiger Hauptkampf.
© Uwe Betker