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Gastbeitrag: Boxsport-Geschichte in Deutschland geschrieben / Gemeinsame Tagung unter dem Motto: „Zusammen sind wir stark“

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Auf Einladung des Bürgermeisters der Stadt Karlsruhe und des Präsidenten des Badischen Landessportbundes, Dr. Martin Lenz trafen sich am Dienstag, 16. Mai 2017 im Hoepfner Burghof (Gastgeber: Willy Schmidt und die Hoepfner Brauerei Karlsruhe) die Vertreter der wichtigsten Organisationen, die im deutschen Boxsport, sowohl im olympischen Boxen als auch im Profiboxen tätig sind.

Ziel war es, im Rahmen des „Come together“, durch einen intensiven Gedankenaustausch nach Verbesserungen der Zusammenarbeit und gegebenenfalls gemeinsamen Projekten zu suchen.

So haben sich im „Mälzerstüble“, zu einer historischen Besprechung, die Delegationen des BDB, DBV/AIBA und des Badischen Landessportbundes zusammengefunden. Unter der Schirmherrschaft von Dr. Martin Lenz und Karlsruhes Sportbotschafter Rainer Gottwald nahmen folgende Offizielle an der Tagung teil:

Vom Bund deutscher Berufsboxer (BDB): Präsident Thomas Pütz, Vizepräsident Sport Volker Grill und Kampfrichterobmann Walter Knieps

Vom Deutschen Boxsport-Verband (DBV): DBV-Präsident Jürgen Kyas, DBV-Sportdirektor Michael Müller, DBV-Vizepräsident/Kampfrichterobmann Erich Dreke, DBV-Vizepräsident Uwe Hamann (gleichzeitig Präsident des Boxverbandes Baden-Württemberg), Baden-Württembergs Vizepräsident Marco Grund, HBV-Präsident Daniel Tischer und der Vorsitzende der Technical &Rules-Kommission der AIBA (und Berater von TS Fight Sport) Helmut Ranze, und DBV – Bundestrainer Valentin Silaghi

Von TS Fight Sport dessen Chef Thomas Schwarz

Nach ausgiebiger Diskussion und Einschätzung des derzeitigen Umfeldes im Bereich des olympischen Boxens und des Profiboxens resultierte die klare Erkenntnis, dass nur mit einer engen und effizienten Zusammenarbeit aller wichtiger Partner und hier zählen auch insbesondere die seriösen Promotoren dazu, der Boxsport in Deutschland zukunftsfähig und hochattraktiv für mögliche Fernsehsender gemacht werden kann und muss.

Aufgrund der Regeländerung des Weltverbandes AIBA ist es jetzt möglich, eine enge Zusammenarbeit zwischen Profis und olympischem Boxen zu organisieren. Hierzu laufen bereits erste Gespräche. Entsprechend ist jedoch, dass erst einmal die Grundlagen der Zusammenarbeit strukturiert werden müssen.

Gründung eines Aufsichtsrates

Als übergreifendes Führungselement wurde aus Vertretern des DBV, des BDB, der AIBA und auch Vertretern deutscher Promotoren ein Aufsichtsrat gegründet. Einstimmig wurde hier als Vorsitzender des Aufsichtsrates Dr. Martin Lenz gewählt.

Weitere Mitglieder des Aufsichtsrates sind: Thomas Pütz, Jürgen Kyas, Helmut Ranze, Michael Müller und Rainer Gottwald

Einsetzung einer Arbeitsgruppe:

Als erste Arbeitsgruppe für den Bereich „sporttechnisches Regelwerk“ wurde der DBV- Vizepräsident/Kampfrichterobmann Erich Dreke sowie der Vizepräsident des BDB, Volker Grill und der Vorsitzende der AIBA-Technical & Rules Commission Helmut Ranze eingesetzt.

Ziel ist es hier die Wettkampfgrundlage zu schaffen, die bestehenden Regelwerke zu harmonisieren und anzupassen und ebenso die Arbeitsgrundlagen für Trainer und Kampfrichter zu definieren.

Eine weitere Arbeitsgruppe für Entwicklungsstrategien/Wettkampfstrukturen wird ebenfalls in Kürze berufen.

Als sehr wichtiger Punkt wurde festgehalten, dass diese Zusammenarbeit mit deutschen Organisatoren ausgerichtet werden muss.

Wichtige weitere Positionen sind ein konsequenter Anti-Doping Kampf, eine sehr hohe medizinische Absicherung der Athleten/innen, systematische Verfolgung der dualen Karriereplanung der Athletinnen und Athleten, die Kernkompetenz des DBV im Bereich der Trainerausbildung, die um beide Ausbildungsinhalte ergänzt wird, sowie die Ausbildung der Kampfrichter.

Die gesamte Entwicklung soll in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit dem Weltverband AIBA stattfinden, um die Boxlandschaft in Deutschland so zu ordnen und zu strukturieren, dass die Hauptzielstellungen:

Medaillen bei Olympischen Spielen
Medaillen bei Weltmeisterschaften
Profi-Weltmeister
Gemeinsame Events
Gemeinsames TV

und vieles mehr angestrebt werden.

Diese Arbeiten sollen bis Ende 2017 abgeschlossen sein, um dann mit einem überzeugenden Gesamtkonzept den deutschen Fernsehsendern ein attraktives Angebot machen zu können.

„Gemeinsam sind wir stark“ war das Motto und Boxsport-Geschichte wurde geschrieben.
(C) DBV

BDB ändert Punkturteil eines Kampfes

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Offensichtlich hat der BDB das Punkturteil des Kampfes von Bintou Yawa Schmill (jetzt: 13 Kämpfe, 13 Siege, 11 durch KO) und Ester Konecna (jetzt: 2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage) geändert. Wir erinnern uns: Die hoch gehandelte Weltergewichtlerin Schmill traf nach eine beeindruckenden Siegesserie am 20.03.1016 im Delphi Showpalast in Hamburg auf die Tschechin Konecna, die bis dahin nur einen Kampf bestritten hatte. Schmill unterlag nach Punkten. Es war eine Mehrheitsentscheidung der Punktrichter vom Bund Deutscher Berufsboxer. Schmill kritisierte in den sozialen Netzwerken dieses Urteil: „Mieser Betrug dieses mal am eigenen Leibe gespürt. 1 Kampfrichter stimmt wie folgt (1. & 3. Runde hatte ich abgegeben dafür aber die 2.4.5.6. Runde geführt) während die 2 anderen Kampfrichter sich einig waren und mir ausgerechnet die 1.&3. Runden gaben, Aber dafür die 2.4.5.6. Runden nicht. Nun es war leider nicht mein derbster Kampf, aber Leute gewonnen ist gewonnen PUNKT. […] Morgen geht es in die nächste Runde, Einspruch!!!“
Augenscheinlich hat die 32-jährige Schmill und/oder ihr Veranstalter PSB Box Team Einspruch gegen das Urteil eingelegt, denn das Urteil wurde zu Gunsten von Schmill geändert. Wenn ich richtig unterrichtet bin, ist das fast drei Monate nach dem Kampf passiert. Nach Revision des Ergebnisses durch den BDB punkteten die Punktrichter nun: Timo Habighorst 59:56, Frank Michael Maass 58:56 und Herbert Urich 58:56. Wenn ich Schmill richtig verstanden habe, war die Punktwertung vorher: 58:56, 56:58 und 56:58.
Lukas Konecny, der Präsident des Tschechischen Boxverbandes, hat es bis vor kurzem nicht geschafft, eine klärende Auskunft über die Vorgänge zu bekommen. Leider werden solche Änderungen von Ergebnissen durch den BDB, soweit ich weiß, nicht öffentlich gemacht. Das ist schon sehr bedauerlich, denn jeder Zuschauer, der in Halle Zeuge der Urteilsverkündung war, hat ein Recht zu erfahren, warum Ester Konecna nun nicht mehr Siegerin ist. Soweit ich informiert bin, und natürlich kann ich falsch unterrichtet sein, weiß Ester Konecna nicht, warum ihr der Sieg aberkannt wurde. Wer änderte überhaupt das Punkturteil?
Ich persönlich halte es für zwingend notwendig, Änderungen von Urteilen transparent zu machen. Wird ein Punkturteil geändert und wird das dann nicht plausibel begründet, so entstehen doch zwangläufig Vermutungen und Verdächtigungen – und die sehen sicherlich alle nicht nett aus.
Wendet man sich gegen Tatsachenentscheidungen am Ring, so hat das immerhin fatale Folgen für die Reputation der Punktrichter. Egal, wie man es drehen und wenden will, Verlierer sind in jedem Fall die Punktrichter. Wird dann noch ein Sieg, der durch Mehrheitsentscheidung für den einen Boxer erzielt wurde, geändert in einen einstimmigen Punktsieg für den anderen Boxer, so haben wir gleich mehrere Verlierer. Ein Punktrichter oder Supervisor war da entweder nicht fähig, richtig zu addieren, oder zwei Punktrichter haben die Ecken/Boxer vertauscht oder die beiden waren schlicht inkompetent und konnten nicht richtig punkten und, oder, und, oder. Die Verlierer sind die Punktrichter, denn die werden von ihrem Verband öffentlich abgewatscht. Der größte Verlierer ist aber natürlich das Profiboxen in Deutschland, bzw. dessen Glaubwürdigkeit.
© Uwe Betker

Die Mischung macht ’s

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Theoretisch ist es ganz einfach eine Profiboxveranstaltung auf die Beine zu stellen. Man nehme Geld und Zeit, suche sich einen Veranstaltungsort, stelle ein paar Kampfpaarungen zusammen, nehme sich ein Kampfgericht, gebe ein noch ein paar Extras hinzu und mische alles gut durch. Schon hat man eine Show. Die Frage ist nur, ob sie auch gut ist. Ob sie nun gut ist oder nicht, liegt zum Teil an den persönlichen Vorlieben des Zuschauers, aber zum größten Teil liegt es am Mischungsverhältnis.
Am Samstag, dem 08. November fand in Voerendaal bei Heerlen eine Boxveranstaltung statt, u.z. in einem theaterähnlichen Saal, der an ein Restaurant angegliedert war. Der Saal hatte eine Bühne, auf der dann der Ring stand. An drei Seiten um den Ring standen Stühle und Tische für die Offiziellen. Vor der Bühne waren im vorderen Bereich Tische mit Stühlen, dahinter Stuhlreihen und wieder da hinter Stehplätze mit Stehtischen aufgestellt. Von überall hatte man eine gute Sicht auf den Ring. Am anderen Kopfende des Saales war eine lange Bar. Der Saal von De Borenburg ist wirklich ein guter Ort für Boxveranstaltungen.
Den Anfang machten die Amateure. Es gab insgesamt 11 Amateurkämpfe, die durch die Bank weg gut waren, und es gab auch noch einen Sparringskampf zu sehen. Ich finde, es ist eine gute Sache, Profis und Amateure gemeinsam auf einer Veranstaltung boxen zu lassen. In Deutschland ist das aber wohl zurzeit leider nicht möglich. Amateurboxen ist eine Zutat, die nicht überall erhältlich, wenn nicht gar verboten ist.
Schon bei den Amateurkämpfen nahmen die Nummerngirls ihren Dienst auf, was ich persönlich zu schätzen wusste. Später kamen noch Gogo-Tänzerinnen hinzu. Sie tanzten in den Rundenpausen auf kleinen Bühnen links und rechts neben dem Ring. Als die Profis in den Ring stiegen, zeigten sie dann ein anderes Outfit. Es gibt viel zu selten Gogo-Tänzerinnen bei Boxveranstaltungen! Ich persönlich kann diese Zutat jedem Veranstalter nur wärmstens empfehlen.
Den ersten Profiboxkampf des Abends bestritten Melvin Wassing (5 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) und Kemal Faik Mevlida (5 Kämpfe, 5 Niederlagen 5 durch KO) im Weltergewicht. Mit der ersten Aktion ging Mevlida auch schon zu Boden und wurde ausgezählt. Wassing hatte mit seinem Jab das linke Auge seines Gegners getroffen. Der Kampf hatte gerade einmal 12 Sekunden gedauert. Mevlida ist nun allerdings ein Boxer, der noch nie die zweite Runde erreicht hat. Wassing musste aber in seinem letzten Kampf eine TKO Niederlage hinnehmen. Daher ist eine solche Kampfansetzung verständlich. Gleichwohl muss man bei einer solchen Zutat für eine Veranstaltung sehr vorsichtig sein.
Hiernach gab es einen semiprofessionellen Kampf über 3 mal 3 Minuten. Später folgte noch einer über 3 mal 2 Minuten. Ich persönlich fand sie eigentlich insgesamt nicht schlecht. Semiprofikämpfe sind eine Zutat, die nicht in allen Ländern verfügbar ist.
Im zweiten Profikampf boxten Somay Bilal (4 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO) und Goncalo Pimenta (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage) ebenfalls im Weltergewicht gegeneinander. Der Portugiese Pimenta hatte Melvin Wassing in seinem letzten Kampf die besagte TKO Niederlage zugefügt. Bilal umkreiste in der ersten Runde seinen Gegner. Er zeigte gute Beine und eine variable Führhand. Er ging von Anfang an ein hohes Tempo, das er auch sehr lange hielt. Ab der zweiten Runde beherrschte er die Ringmitte und trieb Pimenta vor sich her. Immer wieder stellte er ihn in den Seilen, wo er ihn mit Schlägen eindeckte. Bereits jetzt bildete sich eine Schwellung unter dem rechten Auge von Pimenta. Nach diesem Muster verliefen auch die folgenden Runden. Pimenta km dabei kaum einmal durch. Bilal pendelte Schläge zum Kopf meist aus.
Zwischenzeitlich sah es auch danach aus, als könnte Bilal vorzeitig gewinnen. In der letzten Minute der fünften Runde kam dann aber Pimenta auf. Man konnte schon fast den Eindruck gewinnen, er könnte er den Kampf noch drehen. Er kam mit Schlägen durch und trieb sein Gegenüber vor sich her. Er stellte ihn an den Seilen und ließ ihn lange nicht weg. Schließlich aber konnte Bilal sich doch befreien. In der letzten Runde beherrschte er dann wieder das Geschehen. Am Ende der sechs Runden stand ein einstimmiger und deutlicher Punktsieg (58:56, 58:56 und 58:56) für Bilal. Dass Bilal nicht vorzeitig gewinnen konnte, könnte eventuell daran gelegen haben, dass er eigentlich im Super Feder oder im Leichtgewicht und nicht im Weltergewicht zu Hause ist.

Hier noch ein Wort zu den Kampf- und Punktrichtern (Mufadel Elghazaoui, Robert Verwijs und Gerhard Stufzand). Alle haben ihre Aufgabe sehr gut erledigt. Es gab keine Fehlurteile, was dann auch dazu geführt hat, dass auch Heimboxer ihre Kämpfe verloren haben. – Gute Ring- und Punktrichter sind eine sehr wichtige Zutat für eine gelungene Veranstaltung.

Im folgenden Profikampf trafen im Super Mittelgewicht Radwan Boeka (4 Kämpfe 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) und Bai-Thaimko Conteh (4 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 1 Niederlage) aufeinander. Boeka, der Mann aus Heerlen, war von Anfang an in Schwierigkeiten. Der Aachener Conteh war einfach der bessere Mann. Dabei machte er sich das Leben sogar selber noch schwerer als nötig. Immer wenn er einfach nur 1-2 schlug, also eine grade Führhand gefolgt von einer Schlaghand, brachte er Boeka in Schwierigkeiten. Der schien mehrfach durch Schläge beeindruckt zu sein. Leider verlor Conteh dann die boxerische Linie. Am Ende eines kurzweiligen Vierrunders stand der einstimmige und sehr deutliche Punktsieg (36:40, 36:40 und 37:40) von Conteh, der von Mario Guedes trainiert wird.
Der Abschlusskampf im Mittelgewicht war nicht nur kurzweilig sondern auch sehr kurz, nämlich 74 Sekunden lang. Der Rechtsausleger Zacky Derouich (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) traf auf Goekhan Kaya (14 Kämpfe, 14 Niederlagen, 8 durch KO). Schon nach wenigen Sekunden stellte Derouich Kaya in einer neutralen Ecke und ließ ihn nicht mehr heraus. Ein Schlaghagel prasselte auf ihn nieder, unter dem Kaya dann zusammenbrach und auf dem Boden kniend ausgezählt wurde. Als der schwankende Mann aus Essen dann aufgerichtet wurde, sah man einen tiefen Cut über seinem rechten Auge.
Eigentlich ist es also doch ganz einfach, eine gute Profiboxveranstaltung auf die Beine zu stellen. Patrick Driessen hat eindrucksvoll demonstriert, wie es geht. Der Boxabend in Voerendaal war gelungen und hat sehr viel Spaß gemacht. Der einzige Wermutstropfen für mich war, dass ich leider so mit meinen Notizen beschäftigt war, dass ich die „leckere meisjes“, also die Gogo-Tänzerinnen, nicht gebührend würdigen konnte. Hartstikke bedank für die Show!
© Uwe Betker

Ein Pas de deux mit Mahmoud Omeirat Charr und Frank Michael Maass

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Wieso muss ich immer wieder in deutschen Boxringen Ringrichter sehen, die bei mir den Eindruck erwecken, nicht ihrer eigentlichen Aufgabe nachzugehen, sondern sich zum Büttel der Veranstalter zu machen? Da frage ich mich doch: Was ist eigentlich die Aufgabe eines Ringrichters? Gibt man den Begriff „Ringrichter“ bei Wikipedia ein, so wird man schnell zu dem Synonym Kampfrichter weitergeleitet, und dort ist zu lesen: „Als Kampfrichter werden alle unparteiischen Personen bezeichnet, die die Überwachung und Einhaltung der Regeln bei einer Sportveranstaltung sicherstellen.“ Also nochmals: Ein Ringrichter soll unparteiisch sein. Außerdem soll er darauf achten, dass die Regeln eingehalten werden.
Wieso versucht dann aber kein Ringrichter ernsthaft, bei dem syrischen Schwergewichtler Mahmoud Omeirat Charr, der sich Manuel Charr nennt und der sich den Kampfnamen Diamond Boy gegeben hat, auf der Einhaltung der Regeln zu bestehen. Ein Beispiel: In seinem letzten Kampf – dem ersten nach einer mehrmonatigen Knieverletzung – bekam es Charr (15 Kämpfe, 14 Siege, 7 durch KO) mit Robert Hawkins (38, Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 16 Niederlagen, 3 durch KO) zu tun. Der 40jährige Hawkins ist ein alter Haudegen, der gerne als Aufbaugegner genommen wird. So hat er schon gegen Eddie Chambers (09.09.2005), Samuel Peter (15.12.2005), David Tua (22.02.2007, Denis Boytsov (26.04.2008) und Oleg Maskaev (06.09.2008) geboxt und – verloren.
In der ersten Runde des Kampfes waren Charr und Maass als Paar noch nicht so richtig aufeinander eingestimmt. Der Ringrichter Frank Michael Maass ermahnte den Boxer, nicht mit der Innenhand zu schlagen und nicht mit dem Elleboxen zu stoßen bzw. zu schlagen. Aber schon am Ende der Runde zeigten sie sich besser eingespielt: Charr drückte mit der Linken den Kopf seines Gegners runter, hielt ihn fest und schlug mit der Rechten mehrfach zu. Maass, der direkt daneben stand, übersah das. Danach war das Muster etabliert. Maass sah keine Ellebogeneinsätze mehr und störte auch sonst kaum noch die Kampfführung von Charr.
Am Ende der vierten Runde kam es dann zum Höhepunkt im Tanz der Beiden: Charr stieß mehrfach mit der Schulter zu, und als er damit keine Wirkung erzielte und sein Gegner sich auch noch beschwerte, gab er noch einen Kopfstoß. Der Ringrichter, der direkt dabei stand, reagierte, ganz Tanzpartner, indem er sagte „Pass auf. Hör auf damit.“
Versuchen wir, die Situation des Ringrichter nachzuvollziehen! Ein Mensch wird Ringrichter, weil er in den Ring will, und er will natürlich bei den Großen in den Ring. So ein Ausflug mit Unterbringung in einem meist guten Hotel, einer netten After-Show-Party und einer kleinen Aufwandsentschädigung, die man mit nach Hause nehmen kann, ist schließlich eine angenehme Sache. Ich gönne sie auch jedem Punkt- und Ringrichter von ganzem Herzen. Aber muss dabei die Anbiederung an den jeweiligen Veranstalter wirklich so weit gehen, dass selbst gröbste Regelverstöße nicht mehr geahndet werden? Vielleicht ist ja gerade dieser, wie ich finde, devote vorauseilende Gehorsam einer der Gründe dafür, dass dem Bund Deutscher Berufsboxer (BDB) der Ruf vorauseilt, das vollstreckende Organ von Klaus-Peter Kohl und Universum Box-Promotion zu sein?
Von einem Ringrichter muss man erwarten können, dass er wenigsten die gröbsten Unsportlichkeiten und Fouls des Heimboxers ahndet. Hier sind wir noch nicht einmal auf der Ebene der Unparteilichkeit. Ein absichtlicher Kopfstoß stellt den Versuch dar, seinen Gegner durch unlautere Mittel zu verletzen. Der Ringrichter ist hier in der Pflicht, die Gesundheit dieses Boxers zu schützen. Ein Punktabzug für einen absichtlichen Kopfstoß wäre das absolute Minimum gewesen.
Aber was Maas und Charr da zeigten, hatte meiner Meinung nach nur noch sehr bedingt etwas zu tun mit einem Ringrichter-Boxer-Verhältnis. Es erinnerte mich vielmehr an einen Pas de deux, diesen Paartanz in einer Ballettaufführung. Hawkins, der auf das Ringrichterverhalten recht aufgebracht reagierte, erklärte Maass: „Come on. Ist OK.“ Das hätte er gar nicht erst sagen müssen, denn wenn er diese Aktion von Charr nicht OK gefunden hätte, hätte er Charr ja disqualifizieren müssen. Aber wer möchte schon, dass sein Tanzpartner disqualifiziert wird.
© Uwe Betker