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Boxen in der Literatur: Ernest Hemingway (1): „Die Killer“
Fragt man nach Literaten, die sich mit Boxen beschäftigt haben, dann fällt schon ganz früh der Name Ernest Hemingway. Der Literaturnobelpreisträger liebte das Fischen, das Jagen, den Stierkampf und das Boxen. Es gibt viel Fotos von ihm mit Boxhandschuhen an, in Boxpose und beim Sparring während einer Pause auf einer Safari. Wenn er sich mit anderen Literaten auseinandersetzte, verwandte er häufig eine Sprache, die aus dem Boxen kommt. Sätze wie: „Ich habe sachte angefangen, und dann Herrn Turgenew geschlagen. Dann habe ich hart trainiert und Herrn de Maupassant besiegt. Anschließend bin ich zwei Runden in den Ring mit Herrn Stendhal und konnte einen guten Haken setzen.“
Ernest Miller Hemingway (* 21. Juli 1899 in Oak Park, Illinois, USA – † 02. Juli 1961 in Ketchum, Idaho, USA) war einer der besten Schriftsteller, sozusagen ein Schwergewichtsweltmeister. Obwohl er das Boxen liebte und praktizierte, hat er tatsächlich gar nicht viel direkt übers Boxen geschrieben. Wenn ich es richtig sehe, hat Hemingway in zwei Romanen Boxer auftreten lassen und in vier Kurzgeschichten kommt Boxen bzw. Boxer vor. Eine der Kurzgeschichten ist „Die Killer“.
Für mich ist „Die Killer“ eventuell sogar die beste Short Story von Hemingway überhaupt. Sie erschien zuerst im März 1927 im Scribner’s Magazine. Im gleichen Jahr erschien sie dann in die Sammlung „Men Without Women“. In deutscher Übersetzung kam das Buch dann 1958 heraus.
Der Inhalt ist schnell erzählt. Nick Adams, der Lieblingsprotagonist von Hemingway – immerhin tritt er in 24 seiner Short Stories auf -, wird als Stammgast eines Lokals in einer Kleinstadt Zeuge eines Überfalls. Zwei Killer bedrohen Adams, den Wirt und den Koch und lauern einem anderen Stammgast auf, der aber nicht kommt. Die Killer ziehen sich zurück. Adams sucht und trifft dann das anvisierte Opfer, den früheren Boxer Ole Andreson. Er warnt ihn, obwohl er sich selber dadurch in Gefahr bringt. Andreson weiß um die Gefahr, in der er schwebt. Dennoch lehnt er es auch ab zu fliehen. Er ist zu müde und zu ausgebrannt, um sein Leben durch Flucht zu retten.
Als Grund für den geplanten Mord an Andreson wird lediglich eine Vermutung genannt: „Er war wohl in Chicago in irgendwas verwickelt.“
In „The Killers“ erleben wir Hemingway in Bestform. Er schreibt präzise und emotionslos. Obwohl in der Kurzgeschichte nicht getötet wird, hat der Leser dennoch die Gewissheit, dass Ole Andreson irgendwann ermordet werden wird. Nick Adams versucht erfolglos, das Schicksal aufzuhalten und Ole Andreson zu retten. Andresons Schicksal ist besiegelt und es spielt keine Rolle mehr, zu welchem Zeitpunkt es sich erfüllt. Andreson weiß, dass er bereits tot ist, obwohl er noch atmet.
An dieser Stelle möchte ich diese tolle Geschichte nicht tot analysieren. Auf einige Aspekte sei hier aber noch kurz hingewiesen. Den historischen Hintergrund stellt die Prohibition und die organisierte Kriminalität dar, die auch massiv Einfluss auf das Boxen nahm. Interessant ist, dass ein Jahr vor der Veröffentlichung von „The Killers“, am 31. April 1926, der zur damaligen Zeit bekannte Schwergewichtsboxer Andre Anderson (45 Kämpfe, 17 Siege, 14 durch KO, 19 Niederlagen, 15 durch KO, 9 Unentschieden) in Cicero, einem Vorort von Chicago, vermutlich von Mitgliedern der Mafia erschossen worden war. Anderson, eigentlich Frederick Boeseneilers, erreichte gegen Jack Dempsey im Juni 1916, bei dessen erstem Kampf in New York, ein Unentschieden. Er hatte Dempsey angeblich sogar am Boden. Hiernach kämpfte Anderson 17 Monate lang während des Ersten Weltkriegs in Italien. Er wurde der einzige US-amerikanische Boxer, der für seinen Einsatz im Krieg die Ehren-Medaille bekam. Es wird behauptet, Anderson hätte den einen oder den andern Kampf für die Mafia verschoben, bzw. absichtlich verloren. Laut Angaben der ermittelnden Polizei wurde Anderson ermordet, weil er seinen vorletzten Kampf, am 22. Dezember 1925 gegen Wayne (Big) Munn, durch KO in der ersten Runde gewonnen hatte. Anderson soll gesagt haben: „I’m through throwing fights and laying down whenever they want me to. I’m going to knock Munn out in one punch, if I can.“
Hemingway wurde möglicherweise durch diese Vorkommnisse inspiriert zu der Gestaltung der Figur des Ole Andreson.
© Uwe Betker
Written by betker
15. Juni 2017 at 23:59
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Boxen in der Literatur: Robert E. Howard
Boxen in der Literatur: Robert E. Howard
Ein Kollege von mir machte mich darauf aufmerksam, dass ein gewisser Robert E. Howard Geschichten übers Boxen geschrieben hat. Er gab mir auch eine Kopie von einer, die er einem Sammelband mit Horrorgeschichten von besagtem Autor entnommen hatte. Hier muss ich nun gestehen, dass mir ein Autor namens Howard bislang nicht bekannt war. Die Zusatzinformation, es handele sich um den Autor von „Conan“, vergrößerte nur meine Skepsis. Weder Horrorgeschichten noch Geschichten über Barbaren gehören eigentlich zu meiner bevorzugten Lektüre. Trotzdem gab ich der Geschichte „The Spirt of Tom Molyneaux“ eine Chance.
„The Spirt of Tom Molyneaux“ erschien erstmals im April 1929 in dem Pulp-Magazin „Gost Stories“. Erzählt wird die Geschichte des Boxers Ace Jessel aus der Perspektive seines früheren Managers. Jessel ist ein technisch guter farbiger Boxer, der aber keinen Killerinstinkt hat. – Interessanterweise trägt er einen jüdischen Nachnamen. Jessel kommt von Joseph und bedeutet „Gott möge vermehren“. – Sein Vorbild ist der große Tommy Molineaux, den er wie einen Heiligen verehrt und zu ihm betet. Irgendwann muss er gegen Mankiller Gomez antreten, einen brutal harten und Furcht einflößenden Senegalesen, der alle seine Gegner brutal KO schlägt.
Hier nun wird die Geschichte spannend und sehr blutig. Jessel wird von Runde zu Runde immer fürchterlicher von seinem übermächtigen Gegner verprügelt. Aber er will nicht aufgeben. Als Jessel im wahrsten Sinne am Boden zerstört ist, kommt der Geist vom Tom Molineaux und hilft ihm, seinen Gegner KO zu schlagen.
Tom Molineaux (* 1784 in Georgetown, South Carolina, USA; † 4. August 1818 in Dublin, Irland) war ein legendärer afroamerikanischer Boxer der Bare-Knuckle-Ära. Noch als Sklave für einen Plantagenbesitzer begann er mit dem Boxen. Später wurde er, als Belohnung für einen Sieg, freigelassen. Berühmt wurde er durch seine zwei Ringschlachten mit Tom Cribb 1810 und 1811 in England. [mehr zu Tom Crip: https://betker.wordpress.com/2011/11/19/tom-cribb-1/ und https://betker.wordpress.com/2011/11/20/tom-cribb-2/%5D Bemerkenswert ist vor allem, dass ein schwarzer Exsklave in England und Irland zu einer Berühmtheit werden konnte.
Robert Ervin Howard, (* 22. Januar 1906 in Peaster, Texas, USA; † 11. Juni 1936 in Cross Plains, Texas, USA) war ein US-amerikanischer Autor von Fantasy-, Abenteuer- und Horrorgeschichten; er schrieb außerdem mehrere Westernromane. Berühmt wurde er mit seinem Romanzyklus um „Conan, den Cimmerier“. Er erschuf auch „Kull von Atlantis“, den Pikten Bran Mak Morn, den irischen Piraten Turlogh O’Brien und den englischen Puritaner Solomon Kane. Howard arbeitete als Baumwollpflücker, Cowboy, Verkäufer, als Gehilfe in einem Rechtsanwaltsbüro, als Landvermesser und als Journalist, bevor ihn der Verkauf seiner Geschichten an diverse Pulp-Magazine ernähren konnte. Er nahm sich im Alter von 30 Jahren das Leben. (nach wikipedia).
Howard boxte nachweislich als Amateur im Gym Fifth Street, Ecke Main Street in Cross Plane in Texas. Ab Juli 1929, also mit 23 Jahren, veröffentlichte er Boxgeschichten im „Fight Stories“, einem „Pulp Magazine“, das Geschichten übers Boxen veröffentlichte. Später erschienen Short Stories von Howard auch in „Action Stories“ und in „Sport Story Magazine“. In einigen der Geschichten tauchen immer wieder die gleichen Protagonisten auf: Sailor Steve Costigan, Dennis Dogan, Kid Allison und natürlich Ace Jessel, dem wir schon begegnet sind. Vermutlich hat Howard insgesamt 26 Short Stories übers Boxer verfasst, von denen einige erst posthum veröffentlicht wurden. Angeblich hat er auch für das „Ring“ Magazine geschrieben. Er war auf jeden Fall ein profunder Kenner des Profiboxens, was sich auch anhand seiner Briefe nachweisen lässt.
Leser, die radikale Verfechter dessen, was heute Political Correctness bedeutet, sind, sollten nicht zu Howard greifen. Er arbeitet mit Stereotypen und charakterisiert Personen und deren ethnische und soziale Herkunft durch die Wiedergabe von deren Sprache. Das machte Howard allerdings mit allen Ethnien und sozialen Gruppen, wobei er auch die eigene nicht ausnahm. Es ist ein Stilmittel – und da fragt sich, inwieweit Political Correctness in Bezug auf Literatur nicht überhaupt nur dumpfer Unsinn ist.
Robert E. Howard kann jedenfalls schreiben – und wie er schreiben kann. Seine Sprache ist große Literatur, auch wenn seine Themen es nicht sind. Nach der Lektüre von „The Spirt of Tom Molyneaux“ habe ich mir jedenfalls den Sammelband “Waterfront Fists and Others: The Collected Fight Stories of Robert E. Howard” sofort bestellt. Ich verspreche mir von diesem Bändchen Boxgeschichten von einem ganz großen Literaten, nämlich Robert E. Howard.
© Uwe Betker
Written by betker
28. Mai 2017 at 23:59
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