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Posts Tagged ‘Manfred Küchler

Die ultimativ subjektive Liste 2016

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Boxer des Jahres
Tyson Fury (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO) boxte 2016 nicht. Er hatte mit psychischen Problemen, Drogen, Alkohol und einem positiven Dopingtest zu tun. Der Weltmeister der WBO und Super Champion der WBA verlor kampflos seine Titel. Aber immer war er in den Medien präsent. Wir dürfen gespannt sein, ob er den Weg zurück in den Ring findet.
Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Die Liste der Boxer, die einen zu hohen Preis für ihr Tun bezahlen, wird immer länger. Erst war es Alexander Mengis, der nach seinem Kampf am 23. Mai 2013 in Berlin ins Koma fiel. Nun kam am 18. November 2016 Eduard Gutknecht hinzu. Boxfans, Manager, Veranstalter und Journalisten vergessen gerne, dass Boxen gefährlich ist. Alexander Mengis und Eduard Gutknecht sind die Boxer des Jahres 2016 ehrenhalber.
Boxerin des Jahres
2016 sah ich in Deutschland keine Boxerin, die diesen Titel verdient hätte.
KO des Jahres
Marek Jedrzejewski (11 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO) boxte am 05.11.2016 in Plettenberg um den Titel des GBU Europameisters im Super Federgewicht. Dabei traf er auf Manuel Buchheit (9 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO). Jedrzejewski boxte überlegt und kontrolliert bis in die letzte Runde. Dann stellte Jedrzejewski Buchheit an den Seilen und deckte ihn mit Links-rechts-Kombinationen zum Kopf ein. Buchheit stürzte KO durch die Seile auf den Tisch der Offiziellen.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.
Feiglinge des Jahres
Zwei Schläger bedrohten im Rahmen der Veranstaltung am 04. Dezember in Hamburg den renommierten Boxsportjournalisten Per Ake Persson. Ein Boxer oder eine Boxerin fühlte sich wohl von Persson nicht nett genug behandelt. Der Boxer oder die Boxerin hat erst einmal ein intellektuelles Problem, weil er oder sie meint, Journalisten hätten Hofberichterstatter zu sein. Zum anderen scheint er oder sie auch feige zu sein, weil er oder sie nicht das Gespräch gesucht hat.
Rookie des Jahres
Ein 32-jähriger Boxer soll ein Rookie sein? Ja. Der Schwergewichtler Patrick Korte hat bis jetzt nur 8 Profikämpfe bestritten. Er ist ein Spätberufener. Aber als Typ ist er interessant und als Boxer viel versprechend. Den Rest wird die Zukunft zeigen.
Überschätzter Boxer des Jahres
Erkan Teper (17 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) hat am 15.10.2016 in Christian Hammer seinen Meister gefunden. Der Schwergewichtler war und ist die Hoffung von Z!-Promotion. Inwieweit Teper die in ihn gesetzten Hoffnungen aber erfüllen kann, wird sich zeigen.
Überschätzte Boxerin des Jahres
Es gibt sie, aber ich will sie hier nicht mit einer Nennung ehren.
Ringrichter des Jahres
Drei Ringrichter sind mir sehr positiv aufgefallen: Goran Filipovic vom BDB, Thomas Hackenberg von der GBA und Alexander Plumanns von dem FVA.
Absteiger des Jahres (männlich)
Alexander Zastrow und Boris Zastrow, die Besitzer von Z!-Promotion wollten von Deutschland aus das Schwergewichtsboxen erobern. Sie holten sich Hagen Döring als Mastermind, Oktay Urkal als Trainer und drei Schwergewichtler, Erkan Teper, Christian Lewandowski und Franz Rill. Die Dopingskandale um Erkan Teper wurden ausgesessen. Dann kam aber noch der 15.10.2016 und alle drei Schwergewichtler verloren. Lewandowski und Urkal verloren wohl sogar ihren Vertrag. Unbeschädigt blieb nur ein Nicht-Schwergewichtler, nämlich der Weltergewichtler Timo Schwarzkopf (17 Kämpfe, 16 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage).
Absteiger des Jahres (weiblich)
Maria Lindberg (19 Kämpfe, 15 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 2 Unentschieden) ist die Nummer sechs im Super Weltergewicht. Dennoch boxte sie in ihrem letzten Kampf am 04. Dezember in Hamburg gegen eine Debütantin, Selma Music aus Kroatien.
Aufsteiger des Jahres
Felix Sturm (48 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) ist aufgestiegen in den Sportolymp, u. z. in den, in dem schon die Großen Lance Armstrong, Ben Johnson und Jan Ullrich sind. Wie vermutlich bei all den oben Genannten enthielten auch die Körperausscheidungen von Sturm Substanzen, die dort nicht hinein gehören.
Aussteiger des Jahres
Der BDB ist zum zweiten Mal von der EBU in ihrer Mitgliedschaft herabgestuft worden. Grund war wohl jeweils der Umgang des BDBs mit Doping. Man könnte die Informationspolitik des BDB gegenüber der EBU als Ausstieg aus der EBU verstehen.
Veranstalter des Jahres
Der Veranstalter des Jahres ist eine Frau, um es noch präziser zu sagen, eine sehr junge Frau. Die erst 14 Jahre alte Ranee Schröder, stellte am 18.12.2016 in Bielefeld einen Box-Frühschoppen auf die Beine. Und es war eine richtig gute Veranstaltung. Ranee Schröder ist wohl der/die jüngste Boxpromoter/in der Welt sein. Hoffen wir, dass sie weiter macht.
Veranstaltung des Jahres
Christoph Jan Jaszczuk (First Punch Boxpromotion) stellte am 05.11.2016 in Plettenberg eine großartige Veranstaltung auf die Beine. Es gab einfach nur richtig gutes Boxen zu sehen. Im Hauptkampf des Abends wurde Marek Jedrzejewski (11 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO) GBU Europameister im Super Federgewicht.
Boxevent des Jahres
Gab es überhaupt ein gutes großes Boxevent 2016?
Fehlentscheidung des Jahres
Felix Sturm (48 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) gewann am 20.09.2016 seinen Rückkampf gegen Fedor Chudinov (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage). Das wenigstens sahen die Punktrichter Jean-Louis Legland (115:113), Giuseppe Quartarone (115:113) und Ignacio Robles (114:114). Die meisten Boxfans allerdings, sofern sie nicht gerade Felix Sturm Fans waren, sahen das wohl anders.
Trainer des Jahres
Kai Gutmann aus Lemgo hat mit zwei Boxerinnen das Frauenboxen in Deutschland aufgemischt und bereichert: Beke Bas (7 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO) und Leonie Giebel (11 Kämpfe, 10 Siege, 1 durch KO, 1 Unentschieden).
Entgleisung des Jahres
Doping fängt an, das Profiboxen in Deutschland zu zerstören. Erkan Teper, Felix Sturm und Alexander Povetkin sind 2016 im Zusammenhang mit Doping in Erscheinung getreten. Aber das interessiert offenbar keinen, am wenigsten die Verbände, deren Strafen für Doping nach wie vor geradezu lächerlich sind.
Boxkampf des Jahres (männlich)
Der Kampf zwischen Milos Janjanin und Atilla Kayabasi um den WBU International Titel im Super Leichtgewicht am 21.05.2016 in Dorsten, im Rahmen der zweiten Assassin Fighting Championship. Beide gingen von der ersten Sekunde an ein unglaublich hohes Tempo. Ein Schlagabtausch folgte auf den nächsten. In der sechsten Runde zog sich Kayabasi einen stark blutenden Cut über dem rechten Auge zu. Danach verwandelte sich der klasse Kampf in eine geradezu epische Ringschlacht, die Atilla Kayabasi schließlich nach Punkten für sich entscheiden konnte.
Boxkampf des Jahres (weiblich)
Es fand kein wirklich großer in Deutschland statt, oder ich habe weder von ihm gehört noch habe ich ihn gesehen.
Comeback des Jahres (männlich)
Markus Bott ist wieder da. Der ehemalige Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO trainiert seit kurzem Vincent Feigenbutz.
Comeback des Jahres (weiblich)
Habe ich übersehen.
Bester Show Act des Jahres
Troy Afflick, ein unglaublich guter Soulsänger, sang mehrfach beim Box-Frühschoppen von Ranee Schröder in Bielefeld. – Eine super Stimme.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Cruisergewichtler Noel Gevor (22 Kämpfe, 22 Siege, 10 durch KO) ist vermutlich der Boxer von Sauerland Event mit dem größten Potential. Er ist WBO International Champion und die Nummer 22 der unabhängigen Weltrangliste.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Die Super Federgewichtlerin Leonie Giebel (11 Kämpfe, 10 Siege, 1 durch KO, 1 Unentschieden) dürfte reif für eine WM sein. Sie hat zwar keinen richtigen Punch, dafür hat sie aber eine gute boxerische Grundausbildung. Mit ihren 24 Jahren hat sie noch viele Jahre vor sich.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Der Schwede Adrian Grant (14 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO) ist zurzeit der vielversprechendste unter den in Deutschland boxenden Schwergewichtlern. Und er ist erst 25 Jahre alt. D.h. für einen Schwergewichtler ist er noch richtig jung. In der unabhängigen Weltrangliste wird er bereits auf Position 27 geführt.
Boxerin, die zu Unrecht übersehen wird
Die erst 22 Jahre alte Leichtgewichtlerin Beke Bas (7 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO) ist eine Kriegerin und so boxt sie auch.
Boxkampf, den wir 2017 nicht sehen wollen (männlich)
Laut Internet-Gerüchteküche ist ein Aufeinandertreffen von Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) und Arthur Abraham (50 Kämpfe, 45 Siege, 30 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO) geplant. Vor fünf Jahren wäre das ein Weltklassefight gewesen, jetzt, fürchte ich, ginge es nur noch ums Kasse-Machen. Außerdem stellt sich noch eine moralische Frage: Soll man Boxer, die doch wohl des Dopings überführt sind, auch noch mit einer vermutlichen Millionenbörse belohnen?
Boxkampf, den wir 2017 nicht sehen wollen (weiblich)
Es soll da eine Boxerin in Deutschland geben, eine Weltmeisterin, die angeblich in ihren letzten sechs Titelkämpfen, in den letzten drei Jahren, keine Frau mit einem positiven Kampfrekord geboxt hat.
Boxkampf, den wir 2017 sehen wollen (männlich)
Wladimir Klitschko (68 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 4 Niederlagen, 3 durch KO) vs. Anthony Joshua (18 Kämpfe, 18 Siege,18 durch KO) – Eventuell werden wir den Kampf auch zu sehen bekommen, den wir wollen. Der Gewinner dürfte dann der neue oder der alte Herrscher über das Schwergewicht sein.
Boxkampf, den wir 2017 sehen wollen (weiblich)

Bis jetzt kam es immer noch nicht zum Rückkampf zwischen Christina Hammer (21 Kämpfe, 20 Siege, 9 durch KO) und Anne Sophie Mathis (33 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 4 Niederlagen, 12 durch KO). Wir erinnern uns noch mit Entsetzen an Ringrichter Manfred Küchler und daran, dass Hammer den Kampf nicht durch KO verlor. Nun wird es langsam Zeit, denn Mathis ist bereits 39 Jahre alt und sie hat ihren letzten Kampf gegen Cecilia Braekhus durch TKO in Runde 2 verloren.
© Uwe Betker

Written by betker

31. Dezember 2016 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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Von Boxsportjournalisten, Punktrichtern, Ringrichtern – und vom BDB

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Einer der bekanntesten amerikanischen Boxsportjournalisten antwortete einmal auf die Frage, wie er denn zum Boxen gekommen wäre, er hätte angefangen, übers Boxen zu schreiben, weil es ihm das Einfachste schien. Man müsse nur aufschreiben, was man im Ring sieht. Natürlich hat er Recht. Trotzdem muss ich eine Einschränkung machen: es ist doch – leider – etwas schwieriger. Denn es kommt auch darauf an, dass man verständlich und fehlerfrei schreibt. Beides ist nicht immer so einfach, was ich immer wieder schmerzlich bei meinen eigenen Arbeiten feststellen muss. Der beste aller Kollegen sagte sogar einmal: „Meine Rechtschreibung ist (…) etwas wackelig. Sie ist eine gute Rechtschreibung, aber sie wackelt, und die Buchstaben geraten an den falschen Ort.“
Die Tätigkeit eines Punktrichters ist da im Vergleich zu der eines Journalisten doch sehr viel einfacher. Erstmal sollte er einen dunklen oder schwarzen Anzug mit weißem Oberhemd tragen. Damit sind einige Offizielle schon überfordert. Dann soll er den Verlauf eines Kampfes durch eine Punktwertung wiedergeben. Der Gewinner einer Runde bekommt 10 Punkte, der Verlierer einen Punkt weniger. Das erfordert schon die Fähigkeit, eine Subtraktionsaufgabe auf dem Niveau eines Kindergartenkindes oder Erstklässlers durchzuführen. Das hört sich erst mal ganz einfach an – ist es auch. Allerdings müsste man bzw. der Punktrichter auch willens sein, genau das zu tun. Zwei weitere intellektuelle Probleme kommen noch hinzu. Erstens muss man auf den Punktzetteln, auf denen sowohl die Farben der Ecken als auch die Namen der Boxer angegeben sind, die entsprechende Ziffer in die richtige Spalte bzw. das richtige Kästchen eintragen. An dieser Aufgabe ist schon so mancher Punktrichter gescheitert. Das zweite Problem ist ein eher mathematisches. Wenn nämlich ein Boxer angezählt wird oder ihm ein Punkt abgezogen wird, dann muss der Punktrichter die mathematische Aufgabe lösen, jeweils einen Punkt abzuziehen.
Zusammenfassend kann man feststellen: Ein guter Punktrichter muss 1. einen Anzug und ein weißes Oberhemd haben – auch tragen -, 2. von 10 in Einerschritten subtrahieren können und 3. fähig und willens sein, ein Kampfgeschehen wiederzugeben.
Die Anforderungen an einen Ringrichter sind da schon etwas höher. Er sollte eine schwarze Anzughose und ein weißes Hemd tragen. Er sollte, während er im Ring agiert, sein Mobiltelefon nicht benutzen. – Schon absurd, dass man dies wirklich hier schreiben muss. – Er sollte den Boxern nicht im Weg stehen. Ansonsten hat er nur die Aufgabe, darauf zu achten, dass die wenigen Regeln, die es beim Boxen gibt, auch eingehalten werden. Das hört sich einfach an, ist aber nicht immer ganz so einfach. Ringrichter sind meist auch Punktrichter und umgekehrt.
Weshalb aber schreibe ich hier solche Selbstverständlichkeiten auf? – Vor kurzem kam ich nämlich an einem Samstagabend von einer Veranstaltung. Ich schaltete meinen Fernseher an und es lief eine Boxveranstaltung, die ich nur unkonzentriert verfolgte. Dann wurde ein Punkturteil verkündet – und ich bekam eine Angstattacke, fing an zu hyperventilieren. Der Ringsprecher hatte die Punktwertung von Manfred Küchler verkündet.
Manfred Küchler ist vermutlich der berühmteste Punkt- und Ringrichter der Welt. Es gibt vermutlich keinen anderen Offiziellen auf der Welt, der es als Ringrichter geschafft hat, gleich zwei wichtige Kämpfe zu zerstören, deren Ergebnis in sein Gegenteil zu verkehren und den Ruf des Profiboxens in Deutschland in aller Welt nachhaltig zu beschädigen. Der BDB Mann Küchler ist eine Legende! Weltweit!
Wir erinnern uns noch mit Grausen an die beiden skandalösen Auftritte, die ihn unsterblich machten. Am 14.10.2011 disqualifizierte Manfred Küchler den Schwergewichtler Cisse Salif für imaginäre Tiefschläge. Es ging um den vakanten WBA International Titel. Damals trat Salif gegen Alexander Petkovic an und wagte es, den Heimboxer zu schlagen bzw. niederzuschlagen – und das gleich mehrfach. Küchler, darin ganz Küchler, zog daraufhin Salif für einen sauberen und regelkonformen Körperhaken einen Punkt ab. Er wertete den Haken als Tiefschlag. Salif wagte es sodann, Petkovic erneut zu schlagen und mit linken Haken zum Kopf wieder zu Boden zu bringen. Das nahm Küchler dann zum Anlass, ihm erneut für einen imaginären Tiefschlag einen Punkt abzuziehen. Salif wollte die Autorität von Küchler partout nicht akzeptieren und wagte es noch mal, Petkovic aufs Kinn zu schlagen. Dafür wurde er dann ermahnt und mit Disqualifikation gedroht. Salif, die Großartigkeit von Küchler nicht akzeptierend, erdreistete sich dennoch, seinen Gegner erneut zu Boden zu schlagen, was dann für Küchler folgerichtig bei der nächsten Gelegenheit – nämlich einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken – zur Disqualifikation führte. Dieser Kampf machte Küchler weltweit berühmt.
Zur Legende wurde er dann am 26.07.2014 im Kampf zwischen Christina Hammer und Anne Sophie Mathis. In diesem Kampf sollte Hammer Weltmeisterin der WBO und WBF im Junior Mittelgewicht werden. Der World Boxing Organization Titel war vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten. Hammer fand nicht in den Kampf und versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Mehrfach klemmte Hammer die Führhand ihrer Gegnerin ein, was zur Folge hatte, dass diese ihr mit der Rechten gegen den Kopf schlug. Das passierte auch in der fünften Runde. Hammer klemmte die Führhand von Mathis ein und diese schlug, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der berühmteste Ringrichter der Welt „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die zu Boden sank.
Küchler, wohl im Bewusstsein, dass sich nun für ihn die einmalige Chance bot, weltberühmt und unsterblich zu werden, handelte sofort. Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Als dann Hammer auf sein Zeichen aufzustehen hin nicht reagierte, versuchte er ihr vergeblich aufzuhelfen. Daraufhin hielt er erst mal die Zeit an und ging etwas im Ring spazieren. Als Hammer bei dem Versuch aufzustehen dann doch wieder zu Boden ging, zeigte Küchler einen Schlag auf den Hinterkopf an. Auf Vorschlag von Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, zeigte er dann einen Ellenbogenschlag an und disqualifizierte Mathis in geradezu weltmännischer Manier.
Küchler ist ein Wiederholungstäter. Es dürfte keinen anderen Ringrichter geben, der gleich zweimal so skandalös in einem Boxring agiert hat. Er ist wohl der berühmteste und der berüchtigtste Ringrichter der Welt. Mir fallen hier sogar noch ein paar andere Superlative für Küchler ein. Allein die Nennung von Küchlers Namen im Fernsehen, an dem besagten Abend, löste bei mir eine Angstattacke aus. Schlagartig wurde mir bewusst, dass der Bund Deutscher Berufsboxer weiter in unverbrüchlicher Treue zu ihrem Manfred Küchler, dem wohl schlechtesten Ringrichter der Welt, steht.
Wieso aber steht der BDB in solcher Nibelungentreue – oder nennt man das Stalingradtreue? – zu Küchler? Wieso setzt der BDB eigentlich den wohl schlechten Ringrichter der Welt weiter bei seinen Boxveranstaltungen ein? Wieso also? Ich kann mir nun nicht denken, dass Thomas Pütz, der Präsident vom BDB, das Profiboxen einfach hasst und versucht, es zu zerstören. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass man an Küchler festhält, weil man die Zuschauer für abgrundtief dumm hält und sie verachtet. Die einzig vernünftige und nachvollziehbare Antwort, die mir einfällt, lautet: Aus purer Not!
Der Bund Deutscher Berufsboxer hat schlicht nicht genug Punkt- und Ringrichter. Volker Grill, der Vizepräsident Sport, wird, nach meinen Informationen, nicht müde zu betonen, er setze auf die junge Garde und den Nachwuchs. Das heißt doch aber wohl, der BDB hat einfach keine anderen Punktrichter. So kann dann auch ein Manfred Küchler – und das inzwischen schon viermal – nach seinem Hammer-Auftritt wieder vom BDB auf Veranstaltungen eingesetzt werden.
Seit ich mir nun klargemacht habe, dass der Bund Deutscher Berufsboxer Manfred Küchler nicht aus Bös- oder Mutwilligkeit einsetzt, sondern aus einer Notlage heraus, geht auch meine Atmung wieder viel ruhiger.
© Uwe Betker

Written by betker

6. Dezember 2015 at 23:59

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Die ultimativ subjektive Liste 2014

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Boxer des Jahres
Gennady Golovkin (31 Kämpfe, 31 Siege, 28 durch KO) ist zurzeit der beste Mittelgewichtler der Welt. In allen Pound for pound Listen steht er ganz oben. Warum hat kein deutscher Veranstalter ihn unter Vertrag genommen, nachdem Universum Box-Promotion seine Tore geschlossen hatte?

Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Der IBF Cruisergewichtsweltmeister Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hat sich 2014 mehrfach politisch geäußert und gegen den Völkermord an den Jesiden im Nordirak demonstriert. Das ist nicht nur sehr ehrenwert. Normalerweise äußern sich Profiboxer in Deutschland ja nicht politisch, es sei denn, dass sie ihrer Bewunderung für Wladimir Wladimirowitsch Putin Ausdruck verleihen wollen, oder wenn sie darüber sprechen, dass die Bevölkerung in Russland noch nicht reif sei für eine Demokratie. Dies Engagement vom Hernandez bringt ihm den Titel Boxer des Jahres (ehrenhalber) ein.

Boxerin des Jahres
Özlem Sahin (19 Kämpfe, 18 Siege, 6 durch KO, 1 Unentschieden) wurde am 21.06.2014 Weltmeisterin der WIBF, WBF und GBU im Minimumgewicht. Ohne Veranstalter und ohne Manager erreichte sie dies. Seit 2007 boxt sie nun als Profiboxerin unter wechselnden Trainern. Sie ist ohne Zweifel eine der attraktivsten Boxerinnen der Welt.

KO des Jahres
Habe ich verpasst.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Manager Rainer Gottwald verkündete lautstark, sein Schützling Vincent Feigenbutz (19 Kämpfe, 18 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) könne jetzt Arthur Abraham schlagen. Nun, das bezweifle ich schon. Aber Feigenbutz hat einen guten Punch, und mit einem Mehr an Technik kann der Karlsruher noch weit kommen. Er ist auch seit kurzem bei Sauerland Event unter Vertrag.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die Weltergewichtlerin Ornella Domini (8 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO) aus der Schweiz hat zwar erst 8 Kämpfe bestritten, ist aber bereits auf Position 6 der unabhängigen Weltrangliste – und das ohne Titelkampf.

Ringrichter des Jahres
Manfred Küchler vom BDB. Bereits am 14.10.2011 hatte er einem Heimboxer, nämlich Alexander Petkovic, eine Niederlage erspart, indem er beherzt eingriff. Am 26.07.2014 wurde er nun noch zum Wiederholungstäter. Er sorgte nämlich dafür, dass Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO), die von Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ganz regelkonform KO geschlagen worden war, doch ihren WM Titel behalten durfte. Das schaffte er, indem er kurzerhand die Siegerin disqualifizierte.
Ich möchte hier noch mal bemerken, dass es mir persönlich absolut schleierhaft ist, wieso der Bund Deutscher Berufsboxer einen solchen Mann, der offensichtlich das Boxen so sehr hasst, dass er immer wieder versucht, dessen Glaubwürdigkeit zu zerstören, in seinen Reihen duldet. Manfred Küchler vom BDB gebührt eigentlich nicht der Titel Ringrichter des Jahres, sondern wohl eher skandalösester Ringrichter aller Zeiten oder schlechtester Ringrichter aller Zeiten.

Absteiger des Jahres (männlich)
2014 war für Robert Stieglitz (52 Kämpfe, 47 Siege, 27 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ein Seuchenjahr. Erst verlor er den Rückkampf gegen Arthur Abraham und war damit auch seinen WBO Titel im Super Mittelgewicht los. Und dann erreichte er gegen Felix Sturm nur ein Unentschieden.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Elina Tissen (20 Kämpfe, 18 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) bestritt im Oktober 2013 erst einen Kampf ohne sanktionierenden Verband, den sie gewann. 2014 boxte sie nur einmal. Sie gewann auch wieder. Ihre Gegnerin kam mit einem Rekord von 9 Kämpfen, 4 Siegen, 4 Niederlagen und ein Unentschieden in den Kampf. Das war dann auch noch ein WM Kampf im Federgewicht nach Version WIBF und GBU. – Ich werde mich ehrlich bemühen, nie wieder über diese Frau zu schreiben, die sich selber Maschine nennt.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Der Weltergewichtler Robert Tlatlik (16 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO) schickt sich an, in die europäische Spitze vorzustoßen.

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Nicole Wesner – Leichtgewicht – 9 Kämpfe, 9 Siege, 4 durch KO, bereits Weltmeisterin der WIBF und WBF, Nummer 8 der unabhängigen Weltrangliste – Was soll ich mehr schreiben?

Aussteiger des Jahres (männlich)
Markus Tomala (11 Kämpfe, 9 Siege, 4 durch KO, 2 Niederlagen) erklärte mir vor ein paar Monaten, er sei noch im Training und warte auf Kämpfe. Aber ich habe den Verdacht, dass er nie wieder in den Ring steigt. Seinen letzten Kampf bestritt Tomala am 16.12.2012. In ihm zeigte er, was aus ihm hätte werden können. Ich habe dem Düsseldorfer Schwergewichtler locker zugetraut, Deutscher Meister zu werden. Auch eine Europameisterschaft traute ich ihm zu. Man mag mich für einen Träumer halten, aber sogar einen heißen Tanz mit einem der Klitschkos habe ich für möglich gehalten. Schade!

Aussteiger des Jahres (weiblich)
Die Federgewichtlerin Goda Dailydaite (9 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage) boxte 2013 zum letzten Mal. Sie verlor gegen Ina Menzer (31 Kämpfe, 30 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage) in deren Abschiedskampf. Offensichtlich konzentriert sie sich jetzt auf ihr Lehramtsstudium.

Veranstalter des Jahres
Veranstalter des Jahres kann nur sehr schwer ein großer Veranstalter mit TV Vertrag werden. Die Großen bekommen viel Geld für ihre Veranstaltungen, aber häufig wirken ihre Shows billig und die Gegner ihrer Boxer sehen schlecht aus. Offensichtlich verschwindet einfach zu viel Geld in den Taschen der Veranstalter, die dann eben zu wenig Geld für ihre Veranstaltungen ausgeben. Da lobe ich mir die vielen Kleinen, die mit viel Mut, viel Enthusiasmus und Liebe – und wenig Geld – veranstalten.
Drei möchte ich hier stellvertretend für viele andere nennen: Benedikt Poelchau, Patrick Driessen, Timor Khalil und Peter M. Pospichal.
Der Veranstalter Benedikt Poelchau ist erneut Veranstalter des Jahres geworden. Zwar veranstaltet er nur selten, aber wenn, dann richtig gut. Seine Show im Volkshaus in Zürich, am 30.08.2014 war einfach vorbildlich. An Poelchau sollten sich die großen und mit TV-Verträgen ausgestatteten Promoter ein Beispiel nehmen. Noch besser wäre es aber, wenn ein Fernsehsender seine Show übertragen würde.

Veranstaltung des Jahres
Die Veranstaltung im Volkshaus in Zürich am 30.08.2014 von Benedikt Poelchau war so gut, dass einer dieser ewigen Nörglern nur bemängeln konnte, dass bei seiner Show die Nummerngirls zu schnell waren.

Boxevent des Jahres
Diese Kategorie sollte ich eventuell ganz streichen. Wenn es nämlich ein Event, also eine Großveranstaltung, nicht schafft, Veranstaltung des Jahres zu werden, warum sollte man ihr dann noch den Trostpreis „Boxevent des Jahres“ zukommen lassen, nur weil die Veranstalter viel Geld dafür bekommen haben?

Fehlentscheidung des Jahres
Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) hat Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) absolut regelkonform KO geschlagen. Der Ringrichter Manfred Küchler vom BDB hat seiner Verachtung für den Sport und das Publikum Ausdruck verliehen, indem er Mathis disqualifizierte. Dass die Entscheidung später in ein No Contest umgewandelt wurde, ändert nichts an dem Skandal.

Trainer des Jahres
Fritz Sdunek (geb. am 18. April 1947 in Lüssow – gest. am 22. Dezember 2014 in Hamburg). Der große Fritz ist tot. Wie kein anderer verkörperte er den Trainer, der bei und mit seinen Schützlingen war. Man hatte nie den Eindruck, dass er seine Boxer als Mittel zum Zweck des Geldverdienens sah. Er war vielleicht der beste und ehrlichste deutsche Trainer aller Zeiten.

Entgleisung des Jahres
Die Entgleisung des Jahres ist eigentlich nichts weiter als eine unglaublich ehrliche Reaktion. Als Ulli Wegner auf der Pressekonferenz mitgeteilt wurde, was der ARD Experte Henry Maske über den Sieg von Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) über Firat Arslan (44 Kämpfe, 34 Siege, 21 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) gesagt hatte, war er empört. Wegner polterte: „Dass Henry von einem Fehlurteil spricht, ist eine Schweinerei von ihm. Wer das so sieht, der kann nicht mehr mein Freund sein.“

Boxkampf (männlich) des Jahres
fand nicht in Deutschland statt.

Boxkampf (weiblich) des Jahres
Özlem Sahin (18 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) bestritt am 21.06.2014 ihren ersten WM Kampf. Es ging um die WIBF, WBF und GBU Titel im Minimumgewicht. Eindrucksvoll besiegte sie Thuion Thanyathada alias Buangern OnesongchaiGym (18 Kämpfe, 11 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Von Runde zu Runde stärker werdend, schickte sie ihre Gegnerin in der sechsten Runde nach einer längeren Kombination zu Boden. Wieder auf den Beinen, deckte Sahin sie weiter mit Schlägen ein, unter denen Thanyathada zusammenbrach und ausgezählt wurde. – Ein großartiger Kampf von eine großartige Weltmeisterin.

Comeback des Jahres (männlich)
Graciano Rocchigiani versucht sein Comeback. Nachdem 2012 bekannt wurde, dass er sein komplettes Vermögen durchgebracht hat und Hartz IV bezieht. Nun betreibt er ein eigenes Box Gym.

Comeback des Jahres (weiblich)
2013 musste Rola El Halabi (15 Kämpfe, 14 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage) bei ihrem Comebackkampf, nachdem sie sich von ihren Verletzungen erholt hatte, eine bittere Niederlage einstecken. Damals zeigte sie sich als große und faire Verliererin. Mittlerweile ist sie die Nummer 6 in der unabhängigen Weltrangliste im Junior Weltergewicht und Weltmeisterin der Verbände WIBF, WIBA und UBF.

Bester Show Act des Jahres
Was ist besser als Nummerngirls? – Nummerngirls und Gogo-Tänzerinnen oder Sambatänzerinnen. Auf der Veranstaltung von Patrick Driessen, am 08.11.2014 in Voerendaal bei Heerlen, gab es nicht nur gutes Boxen zu sehen, sondern auch Gogo-Tänzerinnen. Wieso gibt es eigentlich nicht auf allen Profiboxveranstaltungen Gogo-Tänzerinnen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Mittelgewichtler Istvan Szili (20 Kämpfe, 18 Siege, 7 durch KO, 2 Unentschieden) könnte innerhalb eines halben Jahres Weltmeister werden. Absolut unverständlich warum kein deutscher Veranstalter mit TV-Vertrag den sympathischen, deutsch sprechenden und klasse boxenden Szili unter Vertrag nimmt. Aber vielleicht sind es ja genau diese drei Eigenschaften, die man nicht haben will.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Melanie Zwecker (6 Kämpfe, 5 Siege, 2 durch KO) ist eine Federgewichtlerin aus Karlsruhe, die sich innerhalb ihrer zwei Jahre als Profi sehr schnell entwickelt hat. In ihrem letzten Kampf wurde sie World Boxing Federation International Champion. Wenn sie sich weiter in dem Tempo entwickelt, traue ich ihr Ende 2015 einen WM Titel zu.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Der Berliner Mittelgewichtler Arthur Hermann (15 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage) wird hier meist übersehen, schlicht weil er in London lebt und trainiert und vor allem in Großbritannien boxt. Hermann ist jedoch ein Mann mit Potential.

Boxkampf, den wir 2015 sehen wollen (männlich)
Schön wäre, wenn der WBA Weltmeister im Halbschwergewicht Jürgen Brähmer (47 Kämpfe, 45 Siege, 33 durch KO, 2 Niederlagen) mal wieder gegen einen halbwegs guten Boxer antreten würde. Zsolt Erdei (35 Kämpfe, 34 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der von 2004 bis 2009 Weltmeister der WBO im Halbschwergewicht war, wäre da eine gute Wahl.

Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (weiblich)
Wenn es einen Rückkampf geben muss, dann den zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO).
© Uwe Betker

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30. Dezember 2014 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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Christina Hammer, Manfred Küchler und das Boxen in Deutschland

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Eigentlich sollte der Kampf zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ein Höhepunkt in der Karriere von Hammer werden. Es wurde auch ein Höhepunkt, aber anders als geplant. Geplant war, dass Hammer, die bereits WBO und WBF Weltmeisterin im Mittelgewicht ist, im Hauptkampf, den sie in der Anhalt Arena in Dessau bestritt, nun auch Weltmeisterin im Junior Mittelgewicht der beiden Verbände werden sollte. Der World Boxing Organization Titel war dabei vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten.
Mathis als Gegnerin schien eine gute Wahl. Sie kommt aus dem Junior Weltergewicht, wo sie Europameisterin und WBA Weltmeisterin war. Dann stieg sie auf ins Weltergewicht wo sie WBF, WIBF und WIBA Weltmeisterin wurde. In dieser Gewichtsklasse schlug sie auch die große Holly Holm (02.12.2011). Im Rückkampf (15.05.2012) unterlag sie. Diese Niederlage qualifizierte sie dann allerdings dazu, vier Monate später, gegen Cecilia Braekhus (22.09.2012) antreten zu dürfen. Auch in diesem Kampf unterlag sie. Mehr als ein halbes Jahr später (06.06.2013) boxte sie gegen Yajaira Hernandez und wurde wieder Weltmeisterin, diesmal im Junior Mittelgewicht nach Version WBO. Hernandez hatte bis dahin viermal um einen WM Title gekämpft und viermal verloren, auch gegen Christina Hammer (07.09.2012).
Anne Sophie Mathis als Gegnerin für Christina Hammer zu holen, war eine kluge Entscheidung von SES Boxing. Sie ist bereits 37 Jahre alt und hat, so könnte man meinen, ihre beste Zeit als Boxerin schon hinter sich. Zwei ihrer drei letzten Kämpfe hat sie verloren, und ihren letzten gewann sie gegen eine relativ schwache Gegnerin. Die über einjährige Pause sollte ihr eigentlich auch nicht gut getan haben. Aber der Kampf entwickelte sich anders als erwartet und geplant.
Mathis begann aggressiv. Sie agierte von der Ringmitte aus. Hammer kreiste um sie herum und arbeitete mit ihrer Führhand. Sie versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Einmal klemmte sie die Führhand der Titelverteidigerin ein und ließ sich mit der Rechten gegen den Kopf schlagen, bis der Ringrichter Manfred Küchler „Break“ rief. Schon hier reagierte Küchler falsch und an der Realität im Ring vorbei, denn anstatt Hammer für ihr Einklemmen der Faust zu verwarnen, maßregelte er die Französin für Halten und gleichzeitiges Schlagen. Im Nachhinein, wo jeder klüger ist, kann man feststellen, dass sich der KO von Hammer schon hier andeutete. Der Rest der Runde ging klar an Hammer, was dann zum Gewinn dieser Runde gereicht haben müsste.
In der zweiten Runde erhöhte Mathis den Druck und versuchte Hammer den Infight oder den Kampf in der Halbdistanz aufzuzwingen. Hammer ihrerseits versuchte dies durch Klammern und Halten zu unterbinden. Obwohl Hammer die bessere Boxerin ist, ging die Runde wohl an Mathis. Die folgende Runde ging dann vermutlich wieder an Hammer. Aber auch hier hielt sie die Linke von Mathis fest und ließ sich so lange von ihr mit der Rechten schlagen, bis Küchler mit einem „Stopp!“ die Aktion unterbrach. Der nachfolgende Durchgang wurde noch härter geführt. Hammer schaffte es nicht, sich mit ihrer Führhand ihre Gegnerin vom Hals zu halten. Trotz Klammerns und Haltens wurde sie immer wieder in einen Schlagabtausch gezwungen. Gleichwohl dürfte diese sehr enge Runde an sie gegangen sein.
Die mittlerweile berühmte fünfte Runde begann mit einem Angriff von Mathis, der Hammer nach hinten in die Seile zurückweichen ließ. Hammer konnte ihre Gegnerin zwar wegdrücken, aber Mathis griff weiter an. Und wieder klemmte Hammer die Führhand von Mathis ein und wie schon zweimal zuvor schlug Mathis, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der Ringrichter „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die schließlich zu Boden sank. Ein guter und unparteiischer Ringrichter wäre nun hingegangen, hätte Hammer ausgezählt und dafür gesorgt, dass die Betreuer sich schnell um die KO- Gegangene kümmern könnten. – Nicht aber BDB Ringrichter Manfred Küchler. Vielmehr folgte die große Manfred Küchler Show.
Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Dann gab er Hammer Zeichen, sie solle wieder aufstehen. Sodann versuchte er, ihr aufzuhelfen. Hammer schaffte es aber nicht hochzukommen, es gelang ihr gerade mal, eine sitzende Position einzunehmen. Nun rief Küchler „Time“, um die Uhr anzuhalten. Dann ging er etwas im Ring spazieren, um wieder zu Christina Hammer zu gehen und sie noch mal aufzufordern aufzustehen. Als sie es versuchte, ging sie wieder zu Boden. Nun zeigte Küchler an, Hammer sei durch einen Schlag auf den Hinterkopf gefällt worden. Es kamen dann auch Betreuer von Hammer in den Ring, um ihrem schwer angeschlagenen und noch wankenden Schützling beizustehen. Als Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, sich darüber beschwerte, seine Boxerin sei durch einen Ellenbogenschlag niedergestreckt worden, schien Küchler diese Auffassung auch gleich zu übernehmen. Jedenfalls zeigte er einem Punktrichter einen Ellenbogenschlag an. Küchler disqualifizierte Mathis.
Um es noch deutlicher zu sagen: Anne Sophie Mathis hat Christina Hammer absolut regelkonform KO geschlagen. Selbst wenn ein Schlag von fünf nicht die Schläfe, sondern den Hinterkopf getroffen haben sollte, ist dies noch kein Grund, sie zu disqualifizieren. Schließlich war es Hammer, die gefoult hatte, indem sie die Faust ihrer Gegnerin einklemmte. Nun könnte man argumentieren, der arme Manfred Küchler sei etwas überfordert gewesen, hätte einfach ein wenig den Überblick verloren und daher so konfus reagiert. Seltsam an Küchlers Agieren war nur, dass er das Naheliegende, nämlich Hammer auszuzählen, nicht machte. Es sah vielmehr so aus, als wollte er alles nur Erdenkliche tun, um Hammer nicht verlieren zu lassen. Zwar könnte man versuchen, das Handeln von Küchler zu rechtfertigen durch Stress, Überforderung, Unterzuckerung oder irgendetwas anderes. Tatsache ist jedoch, dass Küchler ein Wiederholungstäter ist.
Bereits am 14.10.2011 versuchte er, einem Heimboxer eine Niederalge zu ersparen. Damals boxten im Schwergewicht Alexander Petkovic und Cisse Salif gegeneinander. Es ging in dem Kampf um den vakanten WBA International Titel. Petkovic wirkte unmotiviert und untrainiert. Das wäre nun aber noch kein Problem gewesen, denn Salif ist am Ende seiner Karriere wohl nicht in den Ring gestiegen, um zu gewinnen. In den ersten drei Runden machte er dann auch wenig. In der vierten Runde jedoch kam er mit einer rechten Grade zum Kopf durch und Petkovic ging schwer zu Boden. Küchler zählte ihn an. Wenig später ging Petkovic wieder runter und wurde wieder von Küchler angezählt. Salif nahm nun Tempo raus, schlug ein paar halbherzige Jabs und vermied es, die Rechte einzusetzen. So schaffte es Petkovic eineinhalb Minuten zu überstehen.
In der folgenden Runde konnte man dann eine Manfred Küchler Show bewundern. Den ersten Körperhaken nahm Küchler zum Anlass für einen Punktabzug wegen Tiefschlags. Diesen Tiefschlag hat aber nur er gesehen, wenn er ihn denn sah. Aber wie heißt es: The show must go on. Ein kurzer linker Haken zum Kopf fällte wenige Sekunden später Petkovic erneut. Küchler fing nicht an zu zählen. Er ließ sich Zeit. Er gab Petkovic viel Zeit, um dann Salif erneut wegen Tiefschlagens einen Punkt abzuziehen. – Muss man noch erwähnen, dass es keinen Tiefschlag gab? Aber es wurde noch absurder. Wieder wenige Sekunden später zwangen ein linker und ein rechter Haken zum Kinn Petkovic erneut zu Boden. Küchler zählte wieder nicht, sondern gab dem angeschlagenen Boxer Zeit sich zu erholen. Und dann ermahnte er auch noch Salif – wofür auch immer! Er drohte ihm sogar mit Disqualifikation. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Der Ringrichter Manfred Küchler ermahnt einen Boxer und sagt ihm, er werde ihn disqualifizieren, wenn er seinen Gegner noch mal durch einen oder mehrere Schläge zum Kopf niederschlägt!
Anfang der sechsten Runde ging Petkovic dann auch tatsächlich wieder zu Boden, nachdem er eine Links-Rechts-Kombination zum Kopf nehmen musste. Küchler zählte ihn – man muss schon sagen, überraschenderweise – sogar an. Wenige Sekunden später musste Petkovic nach einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken aufs Knie runter. Er stand auf und ging in seine Ecke, um sich zu beschweren, was normalerweise als Aufgabe zu werten gewesen wäre. Aber es stand ja Manfred Küchler im Ring und der disqualifizierte Salif für wiederholtes – imaginäres – Tiefschlagen.
Nachdem Manfred Küchler also schon im Oktober 2011 eine der skandalösesten Ringrichterleistungen aller Zeiten gezeigt hatte, tat er sich also am 26. Juli 2014 erneut hervor. Küchler hat dem Ansehen des Boxens in Deutschland massiven Schaden zugefügt. Vermutlich hat er das nicht gewollt. Er wollte sicher nicht als der wohl schlechteste deutsche Ringrichter dastehen – und die Konkurrenz in Deutschland ist da schon hart. Er wollte wohl nur dem Veranstalter zu Diensten sein und dem Heimboxer/der Heimboxerin zum Sieg verhelfen. Er wollte vermutlich das Boxen in Deutschland beschützen – vermutlich. Mit Sicherheit aber will er weiter zu Veranstaltungen eingeladen werden, ein Wochenende in einem guten Hotel, in einer schönen Stadt verbringen und dabei noch Geld verdienen. Aber gerade das zerstört eben die Glaubwürdigkeit des Profiboxens. Ringrichter wie Manfred Küchler schaden dem deutschen Boxsport.
An dieser Stelle müssen sich nun auch Veranstalter und TV Sender die Frage gefallen lassen, weshalb sie Ring- und Punktrichter akzeptieren bzw. einladen, die in dieser Form Boxer oder Boxerinnen um ihren Sieg gebracht haben. Ehrlicherweise sollte man das Kind nun auch beim Namen nennen: Es ist davon auszugehen, dass es Punkt- und Ringrichter gibt, die korrupt sind und die betrügen. Mir sagte mal ein Punktrichter im Vertrauen: „Ich will auf Veranstaltungen eingeladen werden. Deswegen punkte ich so.“ Es gibt Veranstalter, die die Chuzpe haben zu behaupten, sie könnten nichts für die Punkt- und Ringrichter, weil die ja vom Verband kommen. Ich kann hierin nur den Versuch erkennen, die Öffentlichkeit anzulügen. Natürlich kann ein Veranstalter Punkt- und Ringrichter ablehnen. Aber warum tauchen dann denn immer wieder dieselben Offiziellen, die für ihre Heimurteile bekannt sind, an den Ringen auf. Jeder Veranstalter, der einen Ring- oder Punktrichter wie Manfred Küchler akzeptiert – und Küchler steht für mehrere Andere – setzt sich dem Verdacht aus, dass er im Notfall lieber eine „Küchler Show“ haben will, als seinen Boxer oder seine Boxerin vielleicht verlieren zu sehen.

Zurück zu Christina Hammer. Auch nach dem Kampf zeigte sie kein sehr souveränes Verhalten. Offensichtlich fühlte sie sich als Siegerin. Auch als sich die Empörung der Boxfans weltweit immer lauter Luft machte, blieb sie bei ihrer Sichtweise. Sie schrieb auf ihrer Facebookseite:

Liebe Fans und liebe Boxsportfreunde,
Nachdem ich mir die Situation im Kampf vom Samstag nochmals auf Video ansehen konnte und mich etwas erholt habe, möchte ich gerne folgendes Statement abgeben.
Ich habe mich hart auf diesen Kampf vorbereitet und habe mich sehr darauf gefreut. Anne Sophie Mathis ist eine sehr erfahrene Boxerin und sie war am Samstag ebenfalls sehr fit. Jedoch erwischte ich den besseren Start und konnte in den ersten vier Runden meine Gegnerin beherrschen. Ich traf oft und deutlich, so dass ich in den ersten vier Runden auf allen drei Punktzetteln mit 40:36 vorne lag.
In der fünften Runde kam es zur Disqualifikation der Gegnerin und das nicht ganz ohne Grund. Mit ihrer rechten Hand hatte sie mir mehrmals zwischen Ohr und Hinterkopf getroffen, wobei der letzte Schlag direkt auf den Hinterkopf war. Ich möchte hier betonen, das ist Profiboxen, kein MMA.
Ich bin Boxerin, aus voller Überzeugung und mit echtem Herzblut. Ich trainiere hart, unerbittlich und ich gehe in den Ring um alles zu geben und dies habe ich auch hier getan.
Ich bin kein Promotor, kein Manager, kein Ringrichter und kein Offizieller. Ich habe das Urteil bei meinem Kampf nicht getroffen. Ich kann verstehen, dass manche Fans aufgebracht sind und unzufrieden mit dem Ausgang des Kampfes sind. Jedoch freue ich mich gleichfalls, wenn man hier fair bleibt und nicht mir das Urteil vorwirft. Denn damit habe ich nichts zu tun und trage auch nicht die Verantwortung. Hätte der Ringrichter dies nicht gesehen, dann wäre ich die Leidtragende gewesen, er hätte die Hand meiner Gegnerin zum Sieg gehoben. Fehlurteile passieren leider in jeder Sportart, aber die Disqualifikation von Mathis war definitiv kein eindeutiges Fehlurteil.
Ich habe den Kampf gegen Mathis natürlich nicht so gewonnen, wie ich ihn gewinnen wollte, aber ich habe den Kampf mit Sicherheit nicht verloren. Disqualifikation kommt im Profiboxen nicht oft vor, aber auch dies gehört zu den möglichen Urteilen in unserem Sport und nach meinen bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfen, bin ich ein Teil eines derartigen Kampfes geworden. Das Urteil habe ich jedoch nicht zu verantworten!
Bereits im Ring habe ich meiner Gegnerin einen Rückkampf von meiner Seite aus versprochen und hoffe sehr, dass es dazu kommt. Ich möchte nochmals gegen Anne Sophie boxen und der Boxwelt zeigen, dass ich sie eindeutig besiegen kann. Für die Planung und die Ansetzung neuer Kämpfe ist mein Promotor von SES Ulf Steinforth zuständig und ihm vertraue ich hier zu 100%. Ich verstecke mich vor keiner Gegnerin und kenne keine Angst im Ring – vor nichts und niemanden.
Was kann ein Sportler mehr machen, als sich zu stellen?! Ich bin bereit, jederzeit wieder gegen Mathis zu boxen, egal wo und egal wann und egal in welcher Gewichtsklasse.
Vielen Dank für Euer Verständnis und eure Unterstützung.
Eure Christina Hammer“

Hammer ist bis jetzt von der Öffentlichkeit gut behandelt worden. Die BILD Zeitung war bis jetzt ein loyaler Fan von ihr. Sie ließ sich so schöne Überschriften einfallen wie: „K.o.- Braut: So sexy ist Christina Hammer“ oder „Schöne Christina schlägt in Dessau zu – Hammer-Diät für 3. WM-Gürtel“. Auch veröffentlichte sie Zitate von ihr wie „Ich würde gerne gegen die Klitschkos boxen!“ Da ist es schon verständlich, dass Hammer es nicht gewohnt ist, mit Kritik umzugehen. Ihr offener Brief ist, nach meinen Geschmack, ein wenig zu trotzig geraten. Ein klitzekleines bisschen Selbstkritik hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Sie erwähnt nicht mit einem Wort ihr Einklemmen der Führhand, das ja überhaupt nur zu den Treffern geführt hat, die sie KO gingen ließ. Stattdessen verweist sie auf ihre „bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfe“.
Christian Hammer ist es offensichtlich nicht gewöhnt, mit Kritik umzugehen. Das ist natürlich auch wirklich nicht einfach. Ob sie sich aber einen Gefallen damit getan hat, alle kritischen oder negativen Äußerungen auf ihrer Facebook Seite zu löschen, das sei noch dahingestellt sein. Mittlerweile ist ihre Seite nicht mehr verfügbar. Auch ihr offizieller Internetauftritt ist das Gegenteil von selbstkritisch. Dort heißt es: „Nach einer ansehnlichen ersten Runde wurde der Kampf in den nächsten Runden vom Klammern, Halten und unsauberen Aktionen geprägt. In der fünften Runde musste Christina Hammer schwer angeschlagen zu Boden, nachdem sie von Mathis gehalten und in dieser Aktion hart auf den Hinterkopf geschlagen wurde. Der Ringrichter beendete den Kampf durch Disqualifikation auch wegen Nachschlagens von Anne Sophie Mathis. Christina Hammer wurde somit die neue WBO-/WBF-Weltmeisterin im Jr. Mittelgewicht.“ – Derjenige, der das geschrieben hat, sollte sich eventuell doch mal ein Video von dem Kampf ansehen. Abgesehen davon erwähnt Hammer auf ihrer Homepage auch nicht, dass sowohl BDB als auch der WBO den Kampf zu einem no contest erklärt haben. Also ist Hammer mitnichten „Weltmeisterin in drei Gewichtsklassen“.
Ich fürchte, Hammer hat immer noch nicht verstanden, dass eine Boxerin von ihren Fans lebt. Wenn aber die Mehrheit der Fans sie einen Kampf nicht gewinnen sieht und sie dennoch weiter offensiv auf ihrem Sieg beharrt, dann hat sie ein Problem. Denn Fans können sich auch abwenden, und Sympathie kann in Antipathie umschlagen. So etwas haben wir ja schon bei Syuzanna, genannt Susianna oder Susi Kentikian (36 Kämpfe, 33 Siege, 17 durch KO, 2 Niederlagen) erlebt. Einst war die selbsternannte „Killer Queen“ ein Liebling der Medien. Anrührende Geschichten wurden über sie geschrieben. Sie machte sogar Werbung für „Milchschnitte“. Heute ist das alles vorbei. Kaum jemand interessiert sich heute noch für die WBA Weltmeisterin im Fliegengewicht. Und das liegt vor allem an den Kämpfen, die in ihren Kampfrekord als gewonnene oder als no contest eingegangen sind, die aber nach Meinung der Fans von ihr klar verloren wurden.
© Uwe Betker

Foto: Özlem Sahin vs. Natalya Bermas (mit Manfred Küchler)

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barmas (6)
(C) Claudius Schell

Written by betker

10. Mai 2014 at 23:59

Von Punktrichtern des BDB

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Schon wieder ist ein, wie ich finde, grauen- und erbrechenerregendes Fehlurteil zu beklagen. Dem bis dahin ungeschlagenen Istvan Szili (18 Kämpfe, 17 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage) gab man am 23.08.2013 in Galati in Rumänien gegen Gökalp Özekler (17 Kämpfe, 15 Siege, 6 durch KO. 1 Niederlage, 1 durch KO, 1 Unentschieden) nur ein Unentschieden, weil zwei deutsche Punktrichter ihm den Sieg nicht zusprechen wollten.
Die Veranstaltung in Rumänien wurde vom hamburger Veranstalter EC Boxpromotion auf die Beine gestellt. Das mag auch erklären, dass zwei bekannte BDB Punktrichter, nämlich Frank Michael Maass und Holger Wiemann am Ring saßen und ein bekannter BDB Ringrichter, nämlich Manfred Küchler, den Kampf leitete. Es gab auch einen rumänischen Punktrichter, Mihai Leu, der seine Sache ordentlich machte. Er punktete, wenn auch ein wenig zu knapp mit 115:113 für Szili.
Die Punktrichter des Bundes Deutscher Berufsboxer werteten den Kampf allerdings anders. Maass punktete 114:114, also unentschieden, Wiemann 113:115 für Özekler. Der Kampf wurde also Unterschieden gewertet. Nun könnte man natürlich argumentieren: eine Unentschieden ist doch keine Fehlentscheidung. Aber wer sich eine Aufzeichnung des Kampfes ansieht, kann eigentlich nur Istvan Szili als eindeutigen Sieger sehen. Man kann m.E. Gökalp Özekler ernsthaft nur dann mehrere Runden zusprechen, wenn man ständiges Halten und Klammern als boxerische Aktionen wertet. Ich muss schon sehr in meinem Gedächtnis kramen, um mich an einen Kampf zu erinnern, bei dem ein Boxer so viel klammerte. Damit wären wir dann auch bei der Leistung des Ringrichters Küchler, der das ständige Klammern von Özekler nicht ein einziges Mal ermahnte, geschweige denn eine Verwarnung aussprach – in meinen Augen eine unterirdische Ringrichterleistung.
Immer und immer wieder bekommt man bei solchen offensichtlichen Fehlendscheidungen dann die gleichen Ausreden zu hören. Da wird z.B. gesagt, Punktrichter werten einen Kampf unterschiedlich, weil sie an unterschiedlichen Seiten des Rings sitzen. Oder: nur vom BDB geschulte Punktrichter können die Feinheiten des Profiboxens wirklich sehen und werten. Oder …
Eigentlich braucht man all diesen doch sehr alten und abgeschmackten fadenscheinigen Ausreden nur eine Feststellung entgegenhalten: Fehlentscheidungen in Deutschland bzw. bei deutschen Veranstaltungen sind immer zu Gunsten der Veranstalter. Ich kann mich in den Jahrzehnten, in denen ich nun Boxen verfolge, nur an eine einzige gravierende Fehlentscheidung erinnern, die zu Ungunsten eines Heimboxers lautete. Und das war bei einer Kleinringveranstaltung von Mario Guedes.
Was mich bei all dem wirklich beunruhigt, ist die Tatsache, dass Fehlurteile scheinbar immer irgendwie weitere nach sich ziehen. Frank Michael Maass, der für mich unverständlicherweise Özekler ein Unentschieden gab, sah z.B. auch Susi Kentikian gegen Nadia Raoui siegen und gab ihr außerdem ein Unentschieden gegen Melissa McMorrow. Holger Wiemann sah als Einziger Rola El Halabi gegen Lucia Morelli ein Unentschieden erreichen. Ringrichter Küchler disqualifizierte Cisse Salif in seinem Kampf gegen Alexander Petkovic für Tiefschläge, die nur er sah.
Das Muster ist eindeutig: Fehlentscheidungen fallen immer zu Gunsten von Heimboxern. Gökalp Özekler bleibt damit Interkontental Champion der World Boxing Organisation im Mittelgewicht. Und Promoter Erol Ceylan hat sich als deutscher Veranstalter in die Reihe der „Opfer von Fehlurteilen“ eingereiht.
Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Die Zahl der Fehlurteile in Deutschland nimmt rapide zu. Man könnte schon geradezu von einer Epidemie sprechen, die sich hier ausbreitet. Die Einzigen, die das nicht sehen wollen, sind die Offiziellen, die großen Veranstalter und ein Teil der Fernsehsender. Liest man aber im Ausland irgendetwas über Boxen in Deutschland, so stößt man unweigerlich auf die Feststellung: In Deutschland ist es nahezu unmöglich, nach Punkten zu gewinnen. – Leider ist das die Wahrheit.
Man könnte sich natürlich auf den Standpunkt stellen: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“ Aber nach dieser Maxime können letztlich nur die Veranstalter handeln, die einen lukrativen Fernsehvertrag haben und deren Sendern es egal ist, wenn Boxer um ihre Siege betrogen werden und damit schlich ihre Zuschauer für dumm verkauft werden. Nur diese Veranstalter können sich nämlich Titelkämpfe kaufen, bzw. sie nach Deutschland holen.
© Uwe Betker

Eine wirklich gute Show in Mühlheim

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Das SES Boxing von Ulf Steinforth veranstaltete am 07.09.2012 in der RWE-Sporthalle in Mülheim an der Ruhr – und es war eine gute Veranstaltung. Den Auftakt bildeten zwei Aufbaukämpfe, die beide über die Runden gingen. Im Super Weltergewicht bekam es der ungeschlagene Deniz Yilbay (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) aus Köln mit Michal Vosyka (3 Kämpfe, 1 Sieg, 2 Niederlagen, 1 durch KO) aus Kladno, Tschechien zu tun. Yilbay zeigte zum Teil eine schöne Doppeldeckung und einen schönen Jab. Er war explosiver und in technischen Belangen seinem Gegner überlegen. Erstaunlich an diesem 6-Runder war, dass er überhaupt so lange ging. Immer wieder stellte Yilbay Vosyka in einer Ecke, aber seine Schläge erzielten keine Wirkung. Dabei hatte er seine vorherigen drei Kämpfe alle vorzeitig gewonnen. Der erst 18-jährige Yilbay wirkte auf mich etwas verspielt und seine Aktionen nicht immer überlegt. Dennoch gewann er jede Runde. Die Punktrichter werteten: 80:54, 80:54 und 59:55.
Im Weltergewicht boxte Sergio Vartanov (13 Kämpfe, 12 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage) gegen Jan Balog (11 Kämpfe, 2 Siege, 9 Niederlagen, 2 durch KO). Der SES Boxer Vartanov aus Georgien war dem kurzfristig eingesprungen Balog aus Tschechien in allen Bereichen überlegen. Er zeigte technisch schönes Boxen. Erstaunlich war, das Balog nicht KO ging, obwohl er mehrfach harte Treffer nehmen musste und in der 6. und letzten Runde sogar angezählt wurde. Alle Punktrichter werteten 60:53 für Vartanov.
Im dritten Kampf des Abend gab nach mehr als zwei Jahren Pause der düsseldorfer Schwergewichtler Markus Tomala (10 Kämpfe, 8 Siege, 3 durch KO, 2 Niederlagen) sein Comeback. Sein Gegner, Tomas Mrazek (49 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO, 36 Niederlagen, 12 durch KO, 6 Unentschieden), war ein ernsthafter Prüfstein. Der Tscheche ist ein Handlungsreisender in Sachen Boxen, der sein Handwerk wirklich versteht.
Tomala zeigte in den ersten beiden Runden gutes Boxen. Seine Führhand kam gut. Immer wieder traf seine Schlaghand. Jedoch fehlte ein wenig die Spritzigkeit, was wohl seiner Pause geschuldet ist. Seine Meidbewegungen verhinderten, dass er getroffen wurde. Dann öffnete im dritten Durchgang ein Kopfstoß einen langen vertikalen Riss in der linken Augenbraue an der Nasenwurzel, der stark blutete. Mrazek suchte daraufhin in der vierten Runde seine Chance. Er versuchte mit nahezu allen Mitteln, den Cut zu vergrößern oder zumindest wieder zu öffnen. Aber bereits in der Mitte der Runde war Tomala wieder Herr im Ring und wurde dann von Runde zu Runde stärker. Am Ende gewann er einstimmig und deutlich den Sechsrunder nach Punkten. Die Punktrichter werteten: 60:54, 59:55 und 59:56.
Hätte Tomala nicht eine mehr als zweijährige Pause gehabt, wäre sein Sieg sicher nur ein guter Arbeitssieg gewesen. So aber, auch wie er die Situation mit seinem Cut meisterte, war es ein wirklich beeindruckendes Comeback.
Im vierten Kampf gab es eine Sensation. Der SES Boxer Denis Smcic (30 Kämpfe, 28 Siege, 14 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) sollte eigentlich nur seinen gerade gewonnen Europameistertitel der WBO im Halbschwergewicht, was immer das auch sein mag, gegen einen leichten Gegner, nämlich Jonathan Profichet (22 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO, 8 Niederlagen, 2 durch KO) verteidigen. Ganz überraschend wurde dann aber der slowenische Titelverteidiger Simcic buchstäblich von seinem französischen Herausforderer überrollt. Profichet griff mit einem Schlaghagel an und drängte damit Smcic in eine Ecke. Dort kam er dann auch noch mit einer Rechten zur Schläfe durch, die Smcic zu Boden zwang. Zwar kam Smcic noch einmal hoch, aber er torkelte nur noch durch den Ring. Der Franzose ließ sich seine Chance nicht nehmen und deckte den Europameister mit Schlägen nur so ein. Ringrichter Frank-Michael Maaß brach den Kampf, der keiner mehr war, nach 2:47 Minuten ab. Der TKO-Sieger Jonathan Profichet konnte sein Glück kaum fassen.
Der folgende Kampf, der auch im Halbschwergewicht stattfand, hatte boxerisch einen hohen Unterhaltungswert. Der ungeschlagene Christian Hiller bekam es mit dem notorischen Verlierer Dominic Amari (17 Kämpfe, 6 Siege, 2 durch KO, 11 Niederlagen, 8 durch KO)zu tun. Amari hatte seine letzten 7 Kämpfe in Folge verloren. Nur ein einziges Mal hatte er dabei überhaupt nur den Schlussgong erreicht. Und dieser Amari nun ging hin und ließ Hiller keine Chance. Hiller, wie immer aggressiv boxend und seinem Gegner physisch überlegen, versuchte zu keilen und Amari konterte. Mit jedem Konter, den Amari ins Ziel brachte wurde er selbstbewusster und Hiller rat- und konzeptloser. Hiller (9 Kämpfe, 7 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) versuchte den Kampf dann ruppiger zu führen. Er schupste seinen Gegner in die Seile und drückte dann seinen Unterarm gegen seinen Hals – so in der 4. Runde. Oder er schupste und schlug dann – so in der 5. Runde. Es half aber nichts. In der 6. und letzten Runde kam er sogar nach einem Schwinger ins Torkeln.
Die Punktrichter Frank-Michael Maaß (58:56), Jürgen Langos (59:55) und Oliver Brien (59:55) sahen alle zu Recht Amari als Sieger. Hier möchte ich ausdrücklich die genannten Punktrichter dafür loben, dass sie den Kampfverlauf durch ihr Punkten exakt wiedergegeben haben und der Versuchung widerstanden haben, für den Lokalmatador und ungeschlagenen Boxer zu punkten.
Im folgenden Kampf verteidigte Christina Hammer (13 Kämpfe, 13 Siege, 7 durch KO) erfolgreich ihre Weltmeistertitel der WBO und WBF im Mittelgewicht. Ihre Gegnerin Yahaira Hernandez (15 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) hatte kein Chance gegen die Titelverteidigerin. Die aus der Dominikanischen Republik stammende Hernandez hatte ihren vorletzten Kampf, den sie Ende 2008 bestritten hatte, verloren. Danach hatte sie drei Jahre nicht mehr geboxt, um dann, Ende letzten Jahres, einen Vierrunder nach Punkten zu gewinnen. Hernandez hatte der in Kasachstan geborenen Hammer, außer ihrer Tapferkeit, denn auch nicht viel entgegen zu setzen. Sie wurde deklassiert und musste sogar zweimal zu Boden.
Hammer, die einen KO versprochen hatte, konnte ihr Versprechen nicht einhalten. Sie gewann aber die einseitige Begegnung deutlich nach Punkten. Die Wertung: Frank-Michael Maaß (100:85), Zoltan Enyedi (100:85) und Manfred Küchler (100:85).
Auf der Pressekonferenz kündigte Hammer zusammen mit ihrem Veranstalter Ulf Steinforth an, in Zukunft eine Gewichtsklasse tiefer zu gehen und im Junior Mittelgewicht anzutreten. Sie meinten, dort seien die interessanten und starken Gegnerinnen zu finden.
Im Hauptkampf des Abends trafen die beiden Schwergewichtler Francesco Pianeta (28 Kämpfe, 27 Siege, 14 durch KO, 1 Unentschieden) und Francois Botha (60 Kämpfe, 48 Siege, 29 durch KO, 8 Niederlagen, 7 durch KO, 3 Unentschieden)aufeinander. Der 43 Jahre alte Ringfuchs Botha war vor dem Kampf sehr entspannt. Noch wenige Minuten vor dem Kampf ließ er Fotografen in seine Kabine und ließ sich ablichten. Dann bestieg er ein Quad, das einem Rollator ähnelte, und ließ sich zum Ring fahren.
Der Kampf selber war interessant. Pianeta war, wie nicht anders zu erwarten war, der schnellere und aktivere Boxer. Er setzte seinen Gegner von Anfang an unter Druck. Er arbeitete konsequent zum doch füllig gewordenen Körper von Botha. Immer wieder kam er auch mit Schlägen zum Kopf durch.
Botha versuchte erst gar nicht, Körperschläge zu vermeiden, sondern er nahm sie mit stoischer Ruhe. Besonders interessant war zu sehen, wie er zum Teil schon im Ansatz die möglichen Angriffe von Pianeta erkennen konnte und durch ein Minimum an Aufwand von Körper- oder Kopfbewegung im Keim erstickte. Botha kam sogar einige Male mit seinen Schlägen durch.
Der Kampf war, obwohl er recht einseitig war, – schon deshalb weil Pianeta so stark und konzentrierte boxte – gut und unterhaltsam. Der Punktsieg für Francesco Pianeta war einstimmig. Die Wertung: Andre van Grootenbruel (99:92), Zoltan Enyedi (100:96) und Frank-Michael Maaß (97:93).
© Uwe Betker

Jahresrückblick 2011 – Painted Black: Khoren Gevor

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Menschlich habe ich große Sympathien für Khoren Gevor (40 Kämpfe, 32 Siege, 17 durch KO, 8 Niederlagen, 2 durch KO). Wer verspürt nicht den Impuls, direkt denjenigen zu schlagen, der einen ungerecht behandelt? Aber auch als Boxer darf man einem solchen Impuls nicht nachgeben.
Nach dem Eklat bei seinem WM-Kampf gegen Robert Stieglitz, am 09.04.2011, bei dem er den Ringrichter Manfred Küchler angriff, war er disqualifiziert worden. Da hätte man nun meinen können, er würde nun versuchen sich zu beherrschen. Aber leider weit gefehlt. Bei einer Veranstaltung am 10.12.2011 in Mechernich schlug er wieder zu, nachdem ein Punktsieg für Baker Barakat verkündet worden war. Er griff den Ringrichter Hans Joachim Karge an. Damit dürfte die Karriere des Supermittelgewichtler, der eigentlich Choren Geworgjan heißt, nun endgültig beendet sein.
Was mich allerdings bei den Angriffen von Gevor auf die Ringrichter Küchler und Karge gewundert hat, ist, dass er wohl beide Male nicht getroffen hat.
© Uwe Betker

Eine interessante Veranstaltung in Göppingen

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3.200 Zuschauer sahen am 15.07.2011 eine zum Teil hochklassige und immer interessante Boxshow von Arena Box-Promotion in Göppingen. Im ersten Kampf des Abends bestritt Noel Gevor seinen zweiten Profikampf. Die im Cruisergewicht angesetzte Begegnung war ein typischer Aufbaukampf und dementsprechend kurz. Der Tscheche Vaclav Fiala hatte dem Sohn von Khoren Gevor nichts entgegenzusetzen. Schon früh brachte er mit einer Links-Rechts-Kombination zum Kopf Fiala in Schwierigkeiten. Der folgende Schlaghagel zwang ihn dann zu Boden. Er kam zwar noch einmal hoch, aber bereits eine Aktion später musste er erneut runter. Noch einmal stellte er sich dem Kampf. Wenige Treffer später drehte er sich jedoch ab, und der Ringrichter beendete die einseitige Begegnung. Noel Gevor (2 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO) überzeugte, und man darf auf seine weitere Entwicklung gespannt sein. Vaclav Fiala (9 Kämpfe, 9 Niederlagen, 8 durch KO) wird wohl weiter als lebender Sandsack sein Zubrot verdienen.
Im folgenden Kampf war das Weltergewichtstalent Timo Schwarzkopf zu sehen. Schwarzkopf wird von Conny Mittermeier in Stuttgart trainiert. Obwohl Mittermeier Schwarzkopf vor der ersten Runde sagte: „Mach nichts, guck ihn dir nur an“, ging Yauheni Pashkelevich (4 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) am Ende der Runde doch zu Boden. In die zweite Runde wurde Schwarzkopf dann mit einen „jetzt kannst du loslegen“ geschickt. Das machte er dann auch. Eine Linke zum Körper und eine Rechte zum Kopf fällten schließlich den Mann aus Minsk/Weißrussland. Schwarzkopf (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO) ist offensichtlich ein sehr hart schlagender Boxer, der auch weiß, dass man das Publikum unterhalten sollte. Das tat er, indem er nach der Siegerehrung einen Salto rückwärts machte. Es würde mich nicht wundern, wenn wir den noch sehr häufig zu sehen bekommen.
Ebenfalls im Weltergewicht boxten Petar Zivkovic (6 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO) aus Belgrad/Serbien und Laszlo Szekeres (23 Kämpfe, 9 Siege, 2 durch KO, 11 Niederlagen, 7 durch KO) aus Nagykanizsa/Ungarn gegeneinander. Von der ersten Sekunde an war zu spüren, dass es sehr schnell zugehen würde. Zivkovic traf mit einer Linken zum Kopf und einer Rechten zum Körper, und sein Gegenüber musste runter. Er kam noch mal hoch. Der Serbe verschwendete dann auch noch Zeit, indem er mit Gewalt und zu wenig Konzentration den KO erzwingen wollte. Kaum boxte er wieder ruhiger, kam er auch schon mit einem Leberhaken durch, der den Kampf beendete.
Der wohl schlechteste Kampf des Abends, dafür aber einer der interessantesten, war das Aufeinandertreffen von WBC Weltmeister, bzw. Silber Champion, im Weltergewicht Selcuk Aydin (22 Kämpfe, 22 Siege, 17 durch KO) und Raman Dzekhkanau (13 Kämpfe, 10 Sieg, 10 durch KO, 3 Niederlagen 2 durch KO). Die Begegnung war auf acht Runden angesetzt. Vorher konnte man sich nicht vorstellen, dass der Boxheld aus Trabzon/Türkei sich gegen den Boxer aus Dokszyce/Weißrussland so schwer tun würde. Erst schien Aydin abgeklärt ans Werk zu gehen. Er schlug wenig, traf aber gut. Eine Rechte zur Schläfe fällte Dzekhkanau. Dass Aydin seinen hilflos auf dem Boden sitzenden Gegner dann aber noch mit einem Schlag an den Kopf traktierte, war nicht nur unsportlich, sondern auch unnötig. Der Ringrichter bestrafte dieses grobe Foul allerdings nicht, was mir völlig unverständlich ist.
Nach dieser Aktion kippte der Kampf, Aydin verlor den Faden bzw. Dzekhkanau zwang ihm seinen Kampf auf. Er ließ à la Klitschko seine Führhand ausgestreckt. Er drosch Heumacher, meist auf die Deckung. Es entbrannte eine muntere Keilerei. Im vierten Durchgang verließen dann jedoch Dzekhkanau langsam die Kräfte und Aydin kam besser durch. Endlich ging in Runde fünf Dzekhkanau zu Boden und wurde ausgezählt. Anschließend ließ er sich von dem Publikum feiern. Der Sieger bekam weniger Applaus.
Im fünften Kampf des Abends zeigte die Schwergewichtshoffnung Erkan Teper eine sehr souveräne und abgeklärte Leistung. Der ungeschlagene Mann aus Ahlen, bekam es in seinem sechsten Profikampf mit Jakov Gospic zu tun. Es ging dabei um die „Mediterranean Championship“ der WBC, was immer das auch sein mag. Bemerkenswert ist die Geschwindigkeit, mit der Schützling von Mittermeier aufgebaut wird und wie viel sein Veranstalter ihm schon zutraut. Jakov Gospic aus Zedar/Kroatien (12 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ist nämlich durchaus kein schlechter Boxer.
Teper und Gospic boten einen technisch sehr schönen Schwergewichtskampf, bei dem Teper, dank seiner präziseren Schläge und seiner guten Deckung die Oberhand behielt. Teper zermürbte seinen Gegner systematisch, der zuvor noch nie vorzeitig verloren hatte. In der neunten Runde erhöhte er den Druck. Er kam mit zwei Rechten zum Kopf durch, die Gospic zwangen, mit dem Knie auf den Boden zu gehen. Zwar reklamierte er Schwierigkeiten mit seinem Tiefschutz, aber die folgenden Sekunden straften ihn Lügen. Ein brutaler, wunderschön geschlagener Aufwärtshaken schlug ihn KO.
Der ebenfalls ungeschlagene Nikola Sjekloca aus Budva/Montenegro bekam es im Super Mittelgewicht mit dem Skandalboxer Khoren Gevor zu tun. Wir erinnern uns: In seinem letzten Kampf, am 09.04.2011, hatte er den WBO Supermittelgewichtschampion Robert Stieglitz herausgefordert. Nach einer Unsportlichkeit disqualifizierte der Ringrichter Manfred Küchler Gevor, worauf dieser dann den Ringrichter schlug. Es sah jedoch für mich so aus, als wäre Küchler vorher von dem Delegierten Jean-Marcel Nartz, der wiederum wohl der Trauzeuge des Veranstalters Ulf Steinforth war, dazu aufgefordert worden.
Bei dem Kampf ging es um die WBC International Championship. Vorab haben einige Boxexperten vermutet, Gevor bekäme hier eine sehr leichte Aufgabe gestellt. Gevor selbst schien für mich auch ziemlich überrascht. Er fand kein probates Mittel gegen die steifen Graden. Mindestens zweimal war er angeschlagen. Nur selten kam er mit seinem Cross durch: Auch wenn er ein ums andere Mal Sjekloca den Infight aufzwängen konnte, war dies doch zu wenig, um den Kampf gewinnen zu können. Die Karriere von Khoren Gevor (38 Kämpfe, 31 Siege, 16 durch KO, 7 Niederlagen, 2 durch KO), dem viermaligen WM-Herausforderer, scheint sich dem Ende zu nähern. Was ihn dazu getrieben hat, die zwei Personen in seine Ecke zu nehmen, die dort waren, weiß ich nicht. Ich hatte jedenfalls den Eindruck, dass seine Sekundanten vollständig überfordert und ihm keine Hilfe waren. Es würde mich nicht wundern, wenn irgendein Weltmeister im Supermittelgewicht nun auf die Idee kommen würde gegen Nikola Sjekloca zu boxen.
Firat Arslan (37 Kämpfe, 31 Siege, 20 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) meldete sich mit einer starken Leistung zurück. Der ehemalige Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBA boxte gegen den guten Lubos Suda (30 Kämpfe, 23 Siege, 15 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Arslan hatte gegen ihn am 12.12.2003 in Prag schon mal einstimmig nach Punkten verloren. Dieses Mal wirkte Arslan allerdings so kompakt und druckvoll wie nie zuvor. Er verteilte seine Schläge sehr gut, wobei er immer wieder mit Aufwärtshaken durchkam. Kaum konzentrierte sich Suda darauf, diese zu vermeiden, trafen ihn die Körperhaken. In der vierten Runde zwangen Leberhaken ihn zweimal zu Boden. In der folgenden Runde schickten wiederum Leberhaken ihn zweimal zu Boden, woraufhin der Ringrichter den Kampf abbrach. Veranstalter Ahmet Öner möchte am liebsten Arslan gegen den WBO-Weltmeister Marco Huck kämpfen lassen. Dies wäre mit Sicherheit ein sehenswerter Kampf. Ich kann mir allerdings kaum vorstellen, dass das Management von Huck freiwillig einem solchen Kampf zustimmen würde.
Der letzte Kampf des Abends wurde von Frauen bestritten. Özlem Sahin maß ihre Kräfte mit Corina Carlescu. Dabei ging es um die Weltmeisterschaft der WIBF im Junior Fliegengewicht. Der Kampf fand auf einem technisch sehr hohen Niveau statt und wurde bis zur letzten Sekunde verbissen und hart geführt.
Sahin machte den Kampf und trieb ihre Gegnerin vor sich her. Zu keinem Zeitpunkt konnte diese ihren Reichweitenvorteil von sieben Zentimetern nutzen. Ihre gefährlichste Waffe waren ihre kurzen Kopfhaken. Sahin agierte hinter einer sehr stabilen Deckung und suchte die Lücke, die sie auch fand, um ihre Treffer zu setzen. In den letzten zwei Runden verschärfte Sahin noch einmal das Tempo des ohnehin schnellen Gefechts, nachdem sie in den Runden 7 und 8 den Druck herausgenommen hatte. Sie suchte den KO Erfolg, konnte aber letztlich Carlescu nicht vorzeitig besiegen, sondern nur einstimmig nach Punkten.
Es wird sich zeigen, ob die Rumänin Corina Carlescu (12 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch KO, 4 Niederlagen, 1 Unentschieden) sich nun wieder vermehrt dem Boxen zuwendet, oder ob sie sich lieber weiter aufs Thai- und Kickboxen konzentrieren wird. Von Özlem Sahin (14 Kämpfe, 13 Siege, 4 durch KO, 1 Unentschieden) werden wir wohl noch mehr zu sehen bekommen – leider aber nicht auf Eurosport, das offenbar kein Frauenboxen zeigen will. Der türkische Sender Show TV, der über Satellit zu empfangen ist, zeigte Sahin als Hauptkampf des Abends live.
© Uwe Betker

PS: Jean-Marcel Nartz verwehrt sich gegen den Eindruck, dass er dem Ringrichter Manfred Küchler irgendwelche Anweisungen  gegeben habe.

Verlierer – überall Verlierer

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Robert Stieglitz (42 Kämpfe, 40 Siege, 23 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) ist weiterhin Weltmeister der WBO im Super Mittelgewicht. Der Fernsehsender SAT1 hat seinen zweiten Box-Weltmeister und damit seinen zweiten Hauptkämpfer gefunden, der eine gute Quote bringt. Stieglitz Kampf gegen Khoren Gevor (37 Kämpfe, 31 Siege, 16 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO) stellte über weite Strecken ein intensiv geführtes Gefecht dar und war dann dementsprechend unterhaltsam. Dennoch sehe ich, wohin sich mein Blick auch immer wendet, nur Verlierer.
Im Vorfeld der Übertragung waren von Seiten des TV-Senders SAT1 seltsame Töne zu hören. Da ließ man Stieglitz in einem Trailer martialisch verkünden: „Ich kann jeden vernichten.“ Ich persönlich halte die Verwendung von solchen Begriffen wie „vernichten“ und „Vernichtung“ im Zusammenhang mit einer Auseinandersetzung mit einem anderen Menschen und als Ankündigung für einen – hoffentlich fairen – sportlichen Kampf schlicht für schlechten Stil. Es kann ja sein, dass ich hier überempfindlich reagiere, aber ich kann es einfach nicht gut finden, wenn ein Mensch ankündigt einen anderen vernichten zu wollen.
In dem schon angesprochen Werbespot hat mir außerdem noch missfallen, dass der Herausforderer als der „gebürtige Armenier Khoren Gevor“ bezeichnet wird, der Weltmeister aber lediglich mit seinem Namen vorgestellt wurde, ohne Nennung zusätzlicher Attribute. Man hätte dann z.B. auch erwähnen können, dass Robert Stieglitz als Sergey Shtikhlits in Jeisk in der Sowjetunion, dem heutigen Russland, geboren wurde.
Der Kommentator am Ring, Wolff-Christoph Fuss, scheint sein Handwerk beim ZDF gelernt und bei SAT1 zur Vollendung gebracht zu haben. Nach meiner Erinnerung kam kein einziges kritisches Wort gegen Stieglitz über seine Lippen. Selbst wenn er einen harten Kopftreffer nehmen musste, was auch tatsächlich immer mal vorkam, wurde darüber einfach hinweggegangen. Mir scheint, SAT1 will das ZDF an Schönrednerei ihrer Boxveranstaltungen noch übertreffen. Ihrer Glaubwürdigkeit dürfte das allerdings nicht gut tun.
Der Ringrichter Manfred Küchler agierte mehr als nur unglücklich. Als er Gevor disqualifizierte, hatte er nach meinem Dafürhalten dafür keinen Grund. Wenn der Kopfstoß, den er dafür zum Anlass nahm, wirklich absichtlich erfolgt war, so hätte er genauso gut auch eine Verwarnung mit Punktabzug aussprechen können. Damit hätte er dann auch angezeigt, dass der Cut von Stieglitz durch ein absichtliches Foul entstanden war, so dass er nicht kampfentscheidend hätte werden können. Allerdings glaube ich persönlich, der Cut ist bei dem anschließenden Gerangel entstanden, bei dem beide gemeinsam zu Boden gegangen sind.
Manfred Küchler sah nicht etwa ein grobes Foul, das er dann bestrafte. Nein, dann hätte er nicht beide Boxer erst aufstehen lassen, um den Cut persönlich zu begutachten. Danach schickte er Gevor erst in die neutrale Ecke und holte eine zweite Meinung, die des Ringarztes, über die Schwere der Verletzung ein. Erst jetzt ging er hin und disqualifizierte Gevor, u. z. mehr als eine Minute nach dem Foul. Mit dieser ganzen Aktion erweckte Küchler bei mir den Eindruck, dass er dem Veranstalter mit seiner Entscheidung einen Gefallen tun wollte.
Zur sportlichen Auseinandersetzung ist zu sagen: Robert Stieglitz zeigte eine solide Leistung. Glänzen er konnte aber nicht. Er war bei weitem nicht so dominant wie es uns Herr Fuss weismachen will. Er ist zurzeit die Nummer 6 der unabhängigen Weltrangliste und was er im Kampf gezeigt hat, lässt diese Platzierung berechtigt erscheinen. Er ist ein wirklich guter Super-Mittelgewichtler – mehr aber auch nicht. Ob seine Leistung nun wirklich weltmeisterlich war, kann ja jeder selber entscheiden.
Das Verhalten von Khoren Gevor vor, im und nach dem Kampf kann man allerdings auch zumindest kontrovers diskutieren. Den Trainer von Stieglitz und dann anschließend noch den Ringrichter Küchler anzugreifen, geht für mich ganz und gar nicht. Egal was passiert ist, ein Profiboxer muss sich soweit unter Kontrolle haben, dass ihm dergleichen nicht passiert. Damit hat er sich in meinen Augen diskreditiert.
Wohin ich sehe, ich sehe nur Verlierer.
© Uwe Betker

PS: Ich hatte ursprünglich geschrieben, dass Robert Stieglitz Geburtsname Sergei Stieglitz und nicht Sergey Shtikhlits ist.