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Von Punktrichtern des BDB
Schon wieder ist ein, wie ich finde, grauen- und erbrechenerregendes Fehlurteil zu beklagen. Dem bis dahin ungeschlagenen Istvan Szili (18 Kämpfe, 17 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage) gab man am 23.08.2013 in Galati in Rumänien gegen Gökalp Özekler (17 Kämpfe, 15 Siege, 6 durch KO. 1 Niederlage, 1 durch KO, 1 Unentschieden) nur ein Unentschieden, weil zwei deutsche Punktrichter ihm den Sieg nicht zusprechen wollten.
Die Veranstaltung in Rumänien wurde vom hamburger Veranstalter EC Boxpromotion auf die Beine gestellt. Das mag auch erklären, dass zwei bekannte BDB Punktrichter, nämlich Frank Michael Maass und Holger Wiemann am Ring saßen und ein bekannter BDB Ringrichter, nämlich Manfred Küchler, den Kampf leitete. Es gab auch einen rumänischen Punktrichter, Mihai Leu, der seine Sache ordentlich machte. Er punktete, wenn auch ein wenig zu knapp mit 115:113 für Szili.
Die Punktrichter des Bundes Deutscher Berufsboxer werteten den Kampf allerdings anders. Maass punktete 114:114, also unentschieden, Wiemann 113:115 für Özekler. Der Kampf wurde also Unterschieden gewertet. Nun könnte man natürlich argumentieren: eine Unentschieden ist doch keine Fehlentscheidung. Aber wer sich eine Aufzeichnung des Kampfes ansieht, kann eigentlich nur Istvan Szili als eindeutigen Sieger sehen. Man kann m.E. Gökalp Özekler ernsthaft nur dann mehrere Runden zusprechen, wenn man ständiges Halten und Klammern als boxerische Aktionen wertet. Ich muss schon sehr in meinem Gedächtnis kramen, um mich an einen Kampf zu erinnern, bei dem ein Boxer so viel klammerte. Damit wären wir dann auch bei der Leistung des Ringrichters Küchler, der das ständige Klammern von Özekler nicht ein einziges Mal ermahnte, geschweige denn eine Verwarnung aussprach – in meinen Augen eine unterirdische Ringrichterleistung.
Immer und immer wieder bekommt man bei solchen offensichtlichen Fehlendscheidungen dann die gleichen Ausreden zu hören. Da wird z.B. gesagt, Punktrichter werten einen Kampf unterschiedlich, weil sie an unterschiedlichen Seiten des Rings sitzen. Oder: nur vom BDB geschulte Punktrichter können die Feinheiten des Profiboxens wirklich sehen und werten. Oder …
Eigentlich braucht man all diesen doch sehr alten und abgeschmackten fadenscheinigen Ausreden nur eine Feststellung entgegenhalten: Fehlentscheidungen in Deutschland bzw. bei deutschen Veranstaltungen sind immer zu Gunsten der Veranstalter. Ich kann mich in den Jahrzehnten, in denen ich nun Boxen verfolge, nur an eine einzige gravierende Fehlentscheidung erinnern, die zu Ungunsten eines Heimboxers lautete. Und das war bei einer Kleinringveranstaltung von Mario Guedes.
Was mich bei all dem wirklich beunruhigt, ist die Tatsache, dass Fehlurteile scheinbar immer irgendwie weitere nach sich ziehen. Frank Michael Maass, der für mich unverständlicherweise Özekler ein Unentschieden gab, sah z.B. auch Susi Kentikian gegen Nadia Raoui siegen und gab ihr außerdem ein Unentschieden gegen Melissa McMorrow. Holger Wiemann sah als Einziger Rola El Halabi gegen Lucia Morelli ein Unentschieden erreichen. Ringrichter Küchler disqualifizierte Cisse Salif in seinem Kampf gegen Alexander Petkovic für Tiefschläge, die nur er sah.
Das Muster ist eindeutig: Fehlentscheidungen fallen immer zu Gunsten von Heimboxern. Gökalp Özekler bleibt damit Interkontental Champion der World Boxing Organisation im Mittelgewicht. Und Promoter Erol Ceylan hat sich als deutscher Veranstalter in die Reihe der „Opfer von Fehlurteilen“ eingereiht.
Um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: Die Zahl der Fehlurteile in Deutschland nimmt rapide zu. Man könnte schon geradezu von einer Epidemie sprechen, die sich hier ausbreitet. Die Einzigen, die das nicht sehen wollen, sind die Offiziellen, die großen Veranstalter und ein Teil der Fernsehsender. Liest man aber im Ausland irgendetwas über Boxen in Deutschland, so stößt man unweigerlich auf die Feststellung: In Deutschland ist es nahezu unmöglich, nach Punkten zu gewinnen. – Leider ist das die Wahrheit.
Man könnte sich natürlich auf den Standpunkt stellen: „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert.“ Aber nach dieser Maxime können letztlich nur die Veranstalter handeln, die einen lukrativen Fernsehvertrag haben und deren Sendern es egal ist, wenn Boxer um ihre Siege betrogen werden und damit schlich ihre Zuschauer für dumm verkauft werden. Nur diese Veranstalter können sich nämlich Titelkämpfe kaufen, bzw. sie nach Deutschland holen.
© Uwe Betker
EHRLICH, EROTISCH, MÄNNLICH, ANDERS
Wenn eine Zeitschrift mit großen Lettern sich so definiert, kann man schon kaum widerstehen. Wenn dann auch noch eine Boxerin auf der Titelseite zu sehen ist, muss man die Zeitschrift einfach kaufen, wenn auch nur antiquarisch für einen Euro. Die Rede ist von der Märzausgabe des Männermagazins Penthouse. Maßlos enttäuscht musste ich feststellen, dass es in der Mitte kein Bild zum Aufklappen gab. Umso mehr begeisterte mich der Artikel über Nadia Raoui, der sehr poetisch „Die Schöne und das Biest“ hieß.
Normalerweise sind Journalisten, die über Boxen schreiben, in ihrem Stil eher sachlich. Umso erfrischender ist da der Stil von dem Autor Wolfgang Schadinger. Da wird „einer hübschen, gut gebauten Dunkelhaarigen wie Raoui auf den ersten Blick kaum“ zugetraut, dass sie als Kickboxerin, „als Teenager mörderisch absahnte“. Raoui kämpft natürlich mit ihrem Auftritt in der Zeitschrift gegen das Vorurteil an, dass Frauen, die Kampfsport betreiben, unattraktiv sind. Die WIBA Weltmeisterin im Fliegengewicht siegt natürlich auch hier, wie die Fotos im Heft beweisen – oder wie Schadinger feststellt: „Gratulation, Miss Raoui: Mission accomplished!“ – Ich erinnere mich dunkel, dass George Walker Bush auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln den Irakkrieg mit denselben Worten für gewonnen erklärte.
Schadinger wird fast lyrisch, wenn er sich und Raoui fragt: „Warum entscheidet sich eine aufreizende junge Frau für eine Sportart, bei der ihr mit etwas Pech die Fresse poliert wird?“ Später wird er schwärmerisch, wenn er berichtet, dass die Boxerin „mit schlappen sechs Wochen Training in den zarten Beinen“ ihr Comeback machte.
So sehr mich dieser Schreibstil in Verzückung versetzt, so sehr fühle ich mich doch durch den Artikel intellektuell überfordert. Was heißt: „Die Schöne und das Biest“? Die Schöne kann ich wohl noch identifizieren. Aber wo oder wer ist die Bestie? Wo ist der verzauberte Prinz? Wieso verstehe ich das alles nicht?
© Uwe Betker
PS: Ich bin wirklich intellektuell überfordert. Ich verwechsel schon das Fliegen- mit dem Weltergewicht.
Die Felix Sturm Fight Card
Der Kampfabend begann mit dem Superweltergewichtler Maurice Weber (16 Kämpfe, 14 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden). Weber boxte gegen Andrei Dolhozhyieu aus Weißrussland. Wie schon in der Kampffolge angekündigt, versprach auch der Ringsprecher den Zuschauern einen Andrei Dolhozhyieu aus Weißrussland mit einem Kampfrekord von 25 Kämpfen, 14 Siegen, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO und 3 Unentschieden. Nun musste ich aber feststellen, dass boxrec nur einen Andrei Dolhozhyieu kennt mit 2 Kämpfen, 1 Sieg, 1 durch KO und einen Unentschieden. So wie Dolhozhyieu dann auch boxte, hätte man auf die Idee kommen können, dass der Matchmaker von Sturm Box-Promotion womöglich dessen Kämpfe gegen seine jüngere Schwester mit in den Kampfrekord eingerechnet hat.
Der Geschehen im Ring war eine Farce. Dolhozhyieu, der überhaupt nicht boxen konnte, ging nach einem leichten Körpertreffer zu Boden. Der Ringrichter Arnold Golger zählte ihn an. Dolhozhyieu kam wieder hoch, drehte sich direkt ab und machte sich auf den Weg in seine Ecke. Weber witterte seine Chance und setzte nach, um auf dessen Hinterkopf zu schlagen. Golger übersah das grobe Foul, brach den Kampf ab und erklärte Weber zum Sieger. Der Ringsprecher verkündete dann einen KO nach 1:06. Entweder kennt der Herr den Unterschied zwischen TKO und KO nicht, oder er wollte das Publikum nicht verwirren. Wenn ich meine Mitschrift richtig entziffern kann, passierte das alles noch in Runde 1.
Im zweiten Kampf durfte ein weiterer Weißrusse von der gleichen boxerischen Güte ran, u. z. Vadzim Zmitrovich (7 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 5 Niederlagen, 5 durch KO). Immerhin – und dies ist das Beste, was man über ihn sagen kann – trat er mit seinem realen Kampfrekord an. Er boxte einen sehr eigenwilligen Stil. Er holte für seine Schwinger weit aus, streckte das Kinn so hoch wie möglich und hielt seine Augen möglichst geschlossen. Der Schwergewichtler Adnan Redzovic (6 Kämpfe, 6 Siege, 2 durch KO) schickte ihn dann einmal durch einen Körpertreffer und einmal durch einen Kopftreffer zu Boden. Glücklicherweise wurde der Kampf nach 2:12 in der ersten Runde abgebrochen. Der Ringsprecher verkündete dann – was schon? – einen KO.
Auch im dritten Kampf trat ein Herr aus Weißrussland an. Ruslan Rodivich (18 Kämpfe, 10 Siege, 10 durch KO, 8 Niederlagen, 4 durch KO) war immerhin ein kleines bisschen besser als seine Landsleute. Er hielt gegen den Mittelgewichtler Mike Keta (11 Kämpfe, 10 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) fast zwei ganze Runden durch. Am Anfang wehrte sich Rodivich ein wenig und er kam sogar einmal mit einer Rechten durch. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass Keta, der wie ein Kickboxer, nicht wie ein Boxer boxte, sich selber das Leben schwer machte. In der zweiten Runde schickte er seinen Gegner dann mit jeweils einen Körpertreffer zweimal zu Boden, woraufhin der Kampf abgebrochen wurde. Der Ringsprecher verkündete dann – wie könnte es auch anders sein – einen KO.
Der vierte Kampf versprach viel und hielt ziemlich wenig. Im Schwergewicht trat Denis Boytsov (31 Kämpfe, 31 Siege, 25 durch KO) gegen den erfahrenen Handlungreisenden in Sachen Boxen, Dominick Guinn (43 Kämpfe, 33 Siege, 22 durch KO, 9 Niederlagen), an. Nun erwartete keiner wirklich eine Sensation, zumal der 42jährige Amerikaner seine letzten zwei Kämpfe verloren hatte, aber die Ansetzung war im Prinzip nicht schlecht. Die drei ersten der insgesamt10 Runden waren ganz schön anzusehen. Es gab solides Boxen. Boytsov spielte seine Schnelligkeit aus und boxte variabel. Guinn konnte mit Kopf- und Aufwärtshaken punkten. Danach hörte Boytsov praktisch auf, seine Rechte zu benutzen. Bis auf zwei oder drei Schläge boxte er nur noch mit seiner linken Hand, wodurch der Kampf dann sehr ausgeglichen und langweilig wurde. Mich erinnerte er mehr an ein sehr lahmes Sparring. Dass der Kampf sehr ausgeglichen war, sahen die Punktrichter Arnold Golger, Klaus Griesel und Arno Pokrandt nicht, denn sie werteten 100:90, 99:91 und 100-90. Diese Punktrichterleistung schließt sich für mich nahtlos an die boxerische Leistung der Herren aus Weißrussland an.
Nach dem doch eher schwachen Kampf fiel im Folgenden das Niveau wieder ins Bodenlose. Wieder kam einer der Protagonisten, nämlich Andrei Shilovich (7 Kämpfe, 1 Sieg, 6 Niederlagen, 6 durch KO), aus Weißrussland. Der arme Mann wurde sogar von den Zuschauern ausgelacht. Sicher, Menschen, die panische Angst haben, sollte man nicht auslachen. Aber sein Tun im Ring sah einfach nur nach Slapstick aus. Glücklicherweise flog relativ schnell das Handtuch. Nun hat der Schwergewichtler Adam Lautenschläger (5 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO) also noch einen TKO nach 2:50 in seinem Kampfrekord.
In dem einzigen Frauenboxkampf des Abends verteidigte Nadia Raoui erfolgreich ihren Weltmeistertitel der WIBA im Weltergewicht gegen Eileen Olszewski (13 Kämpfe, 7 Siege, 4 Niederlagen, 2 Unentschieden). Es fing schon schwierig an. Bevor der Kampf los gehen konnte, musste erst mal der Punktrichter Jean-Louis Legland gesucht werden, der nur diesen einen einzigen Kampf zu punkten hatte. Er ließ sich Zeit mit seinem Erscheinen und die Boxerinnen und ein paar Tausend Zuschauer mussten also auf einen Punktrichter warten. Eine weitere Vorbelastung bestand darin, dass der Kampf seine Brisanz aus der Tatsache zog, dass Raoui am 20.12.2008 in Zürich umstritten ein Unentschieden gegen die in Honolulu geborene New Yorkerin hinnehmen musste.
Sehr schnell etablierte sich ein Muster, welches nahezu den ganzen Kampf über gleichbleibend bestimmte. Die kleinere Raoui machte Druck und trieb ihre Gegnerin vor sich her. Diese verließ sich, ihre Deckung lässig tief haltend, auf ihre guten Reflexe und boxte im Rückwärtsgang. Raoui dominierte den Kampf und ging auf Nummer Sicher. Sie ging in Olszewski rein, setzte einen Treffer und ging wieder raus. Sie setzte praktisch nie nach und wirkte insgesamt verkrampft.
Der Kampf dauerte die für WM-Kämpfe der Frauen üblichen 10 Runden, keine 8 und keine 6, sondern die üblichen 10 Runden. Die in Herne geborene Boxerin musste auch nicht zwei Runden länger boxen. Wir erinnern uns: Nadia Raoui ist wohl die erste deutsche Boxerin, die in einem acht Runden Kampf Weltmeisterin geworden war. Zwar verstieß damit der Weltverband WIBA (Women’s International Boxing Association) gegen seine eigenen Regeln, aber wofür braucht man schon Regeln?
Der Kampf wurde dann 98:93, 100:90 und 98:93 gewertet. Der WIBA Punktrichter, der jede Runde Nadia Raoui gegeben hatte, war der schon erwähnte Jean-Louis Legland. Vermutlich war ihm dadurch, dass er sich so beeilen musste, um zum Ring zu kommen, auf seinem Stuhl schwarz vor Augen geworden. Man kann nur für ihn und für die Glaubwürdigkeit der WIBA hoffen, dass er sich ein paar Jahrzehnte Zeit nimmt, um sich von seinen Anstrengungen zu erholen und sich in der Zwischenzeit der ihn so erschöpfenden Tätigkeit des Punktens enthält.
Der Kampf langweilte mich. Zwar sah ich durchaus gutes Frauenboxen. Es war ein Frauenboxen auf hohem technischem Niveau, aber der Kampf langweilte mich. Dieser Kampf war auch der letzte, den der deutsche Ringsprecher ansagte. Er hatte offensichtlich schon etwas von dem ihm nun auftretenden Michael Buffer gehört. Jedenfalls gab er sich wohl im Rahmen seiner Möglichkeiten Mühe wie dieser zu klingen. Damit konnte er ähnlich beeindrucken wie die weißrussischen Boxer.
Der Hauptkampf des Abends entschädigte – zumindest teilweise – für das Vorprogramm. Felix Sturm (41 Kämpfe, 37 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) verteidigte erfolgreich seinen „Super Champion“ Titel der WBA (World Boxing Association) gegen Sebastian Zbik (32 Kämpfe, 30 Siege, 10 durch KO, 2 Niederlage, 1 durch KO). Der Kampf war unglaublich schnell und bewegte sich auf einem extrem hohen boxerischen Niveau. Das Ergebnis ist bekannt: Zbik gibt nach der 9. Runde auf. Erstaunlich erschien mir, dass einem so erfahrenen Boxer wie ihm, der sich so lange auf den Kampf vorbereitet hat, auch mit Höhentraining, die Puste ausgehen konnte. Aber zu seiner Ehrenrettung muss man auch sagen, dass Felix Sturm wohl noch nie, oder zumindest seit langer Zeit nicht mehr, so gut war wie in diesem Kampf. Seine Führhand kam wieder explosiv. Er war beweglich. Ganz offensichtlich war die Trennung von seinem Trainer Clive Salz, der so auf Kraft gesetzt hat, der richtige Schritt.
Mein persönliches Resümee der Felix Sturm Fight Card: Ein sehr guter, ein recht guter, ein sehr schwacher und vier grauenerregend schlechte Kämpfe.
© Uwe Betker
Verbesserung:
Mike Keta boxte natürlich nicht im Schwergewicht.
Es ist zur Zeit auch noch nicht geklärt, ob Keta überhaupt gegen Rodivich geboxt hat. Auf boxrec ist Uladzislau Mahdanau (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) angegeben. Nach den boxerischen Leistungen zu urteilen tippe ich auf Mahdanau. – Schön wenn man eine zuverlässige Kampffolge vom Veranstalter bekommt.
Was ist heute los? – Der Punktrichter heißt natürlich Arno Pokrandt. Danke für den Hinweis Herr Pokrandt.
Danksagung
Ein wärmendes Gefühl von Dankbarkeit fließt durch meinen Körper. Im Alltag verliert man manchmal aus den Augen, was einem wirklich wichtig ist. Was mir persönlich wichtig ist, wurde mir vor kurzem wieder deutlich ins Bewusstsein gerufen. Und dafür bin ich dankbar. An dieser Stelle möchte ich nun auch öffentlich meinen Dank entrichten, u. z. an Sturm Box-Promotion, Women’s International Boxing Association, Nadia Raoui und vor allem an Nadia Raouis Manager Marc Stöckel, von der Agentur Celebration Promotion. Danke! Vielen Dank!
Nadia Raoui (15 Kämpfe, 13 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) wurde in ihrem letzten Kampf am 02.12.2011 in der SAP Arena Weltmeisterin der WIBA im Fliegengewicht. Veranstalter des Abends war Sturm Box-Promotion. Aus einem mir damals unerfindlichen Grund war der WM-Kampf nur acht Runden lang. Soweit ich informiert bin, war dies die erste 8-Runden-WM in Deutschland.
Nun steht aber im Regelwerk der Women’s International Boxing Association unmissverständlich:
1. WIBA Title fights will be fought under ABC [Association of Boxing Commissions] rules.
2. WIBA World Title fights are ten (10) rounds.
Das sind die ersten beiden Regeln der WIBA. Sie werden sogar von diesem Verein explizit als Grundregeln (Basic Rules) bezeichnet. Aber leider hält es der Präsident und Besitzer des Verbandes, Ryan Wissow, dennoch nicht für nötig, sich auch an seine eigenen Regeln zu halten. Der Manager von Nadia Raouis Manager Marc Stöckel legte mir gegenüber Wert auf die Feststellung, dass der Kampf seines Schützlings nicht die erste 8-Runden-WM war, sondern dass die WIBA dies schon öfters gemacht hat.
Irgendjemand also wollte, dass der Frauenboxkampf nur acht Runden dauert. Denn der Kampf „war von vornherein auf acht Runden angesetzt. Dies wurde von der WIBA genauso auch im Vorfeld sanktioniert.“ Ich persönlich finde eine solche Kampfansetzung respektlos gegenüber den vielen boxenden Frauen. Welche Reaktion würde es geben, wenn der nächsten WM-Kampf von Felix Sturm auf zehn oder auf acht Runden angesetzt wäre?
Nadia Raoui wurde in ihrem letzten Kampf am 02.12.2011 Weltmeisterin der WIBA im Fliegengewicht. Ihre Gegnerin, Oksana Romanova (21 Kämpfe, 7 Siege, 2 durch KO, 13 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) kam mit einem eindeutig negativen Kampfrekord nach Mannheim. Sie hatte sich für diesen WM-Kampf durch drei Niederlagen in Folge qualifiziert. Im Zusammenhang mit der doch ungewöhnlichen Kampfdauer schrieb ich in einem Beitrag für meinen Blog, dass dies Raoui „ sozusagen nur zu einer vierfünftel Weltmeisterin machte.“ Das ist falsch. Ich möchte mich hierfür in aller Form entschuldigen. Nadia Raoui ist natürlich eine vollwertige Weltmeisterin der WIBA.
Nun soll Raoui am 13.04.2012 ihren Gürtel verteidigen. Man darf gespannt sein, wie viele Runden es diesmal dann sind. Vielleicht beerbt sie Mia St. John und wird zur „Queen of the Eight-Rounders“.
Die ganze Geschichte mit dem 8-Runden WM-Kampf hat mir deutlich vor Augen geführt wie altmodisch, ja spießig, ich doch bin. Ich gehe immer noch davon aus, dass man sich an einmal vereinbarte Regeln zu halten hat, es sei denn, sie werden für alle geändert. Erst gestern kaufte ich bei meinem Obsthändler ein Dutzend Tomaten, die im Angebot waren. Als er dann wirklich zwölf Früchte in die Tüte tat und nicht nur zehn oder noch weniger Tomaten, schossen mir Tränen der Rührung in die Augen, und ich verspürte den Drang, den untersetzten Mann in seinem nicht ganz sauberen Kittel zu umarmen. Offensichtlich hält sich mein Obsthändler an die Vereinbarung, dass ein Dutzend zwölf umfasst. Er geht nicht hin und verändert die Regel zu seinen Gunsten.
Ohne die ganze Geschichte mit dem 8-Runden WM-Kampf hätte ich niemals erfahren, wie wichtig mir die Einhaltung von Regeln ist.
Danke, Sturm Box-Promotion.
Danke, Women’s International Boxing Association.
Danke, Nadia Raoui.
Vielen Dank, Ryan Wissow.
Vielen Dank, Marc Stöckel.
© Uwe Betker
Gegendarstellung von Nadia Raouis Management
1. Der Kampf war von vornherein auf acht Runden angesetzt. Dies wurde von
der WIBA genauso auch im Vorfeld sanktioniert.
2. Es existiert ein Kampfvertrag zwischen Sturm Boxpromotion und Nadia
sowie ihrer Gegnerin, in dem die acht Runden klar festgehalten wurden.
Dieser datiert auf den 01.01.2012
3. Somit wurde der Kampf auch nicht um zwei Runden reduziert. Ganz im
Gegenteil! Es war von vornherein klar, dass dieser acht Runden dauert. Somit
tut die Anwesenheit von Ryan Wissow (Präsident WIBA) am Ring auch nichts zur
Sache, da alles im Vorfeld besprochen war und alles ordnungsgemäß über die
Bühne gegangen ist.
4. Weder Sturm Boxpromotion noch die WIBA haben den WM-Fight von Nadia
Raoui beschnitten. Dies ist eine böswillige Unterstellung. Nadia wurde
diesbezüglich also auch nicht übel mitgespielt.
Einzig und allein ärgerlich an dem Abend war, dass auf der Fightcard wie
auch im Programmheft fälschlicherweise der Fight als 10-Runden-Kampf
aufgeführt war, was dann dazu führte, dass sowohl Ringsprecher, Ringrichter,
Judges und Pausengirls vor Ort falsch informiert wurden.
WIBA, Sturm Box-Promotion und eine vierfünftel Weltmeisterin
Nadia Raoui (15 Kämpfe, 13 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) wurde in ihrem letzten Kampf am 02.12.2011 in des SAP Arena Weltmeisterin der WIBA im Fliegengewicht. Darüber hat sich die sympathische Boxerin aus Herne sicher sehr gefreut. Weniger gefreut haben dürfte sie sich aber darüber, dass man sie zu einer Weltmeisterin der Achtrunder, sozusagen nur zu einer vierfünftel Weltmeisterin, machte.
Der Verband Women’s International Boxing Association gilt gemeinhin als seriös. Aber was in Mannheim passiert ist, ist schlicht ein Skandal. Der WM Kampf von Raoui gegen Oksana Romanova, die vor dem besagten WM Kampf drei Kämpfe in Folge verloren hatte, wurde nämlich einfach um zwei Runden, auf acht, reduziert. Was diesen Skandal noch ungeheuerlicher macht, ist die Tatsache, dass der Präsident und Besitzer des Verbandes, Ryan Wissow, in Mannheim anwesend war. Er hat diese vierfünftel Weltmeisterschaft sanktioniert. Der Zweite, der hier das Frauenboxen beschädigte, ist Sturm Box-Promotion. Wenn es für Sturm Box-Promotion möglich ist, eine Frauen WM mal eben um ein paar Runden zu beschneiden, dann werden sie womöglich auch bald die WM Kämpfe von Felix Sturm verkürzen.
Um es deutlich zu sagen: Nadia Raoui ist eine gute Boxerin, und es ist ein Schande, dass die WIBA und Sturm Box-Promotion ihr so übel mitgespielt haben.
© Uwe Betker
Jahresrückblick 2011 – She’s A Rainbow: Frauenboxen
Obwohl im deutschen Fernsehen kein Frauenboxen zu sehen ist, – wenn man einmal von den Ausschnitten absieht, die die ARD manchmal zeigt – ist das Frauenboxen nicht tot. Im Gegenteil, bei den boxenden Frauen gibt es relativ viele, die das Zeug dazu haben, Weltklasseboxerinnen zu werden, bzw. die schon weltklasse sind. Da aber die weibliche Form des Profiboxens gründlich durch die Möchtegernnachfolgerinnen von Regina Halmich diskreditiert wurde, gibt es keinen deutschen TV-Sender, der noch den Mut hätte, Frauenboxen zu zeigen.
Daher müssen Boxerinnen schon sehr überzeugend sein, um Trainer zu finden, die sich darauf einlassen, mit ihnen zu arbeiten. Geld ist mit ihnen jedenfalls zurzeit nicht zu verdienen. Einer der überzeugt wurde, ist Manni Faber in Krefeld. Er ging 2011 mit der Leichtgewichtlerin Derya Saki (1 Kampf, 1 Sieg, 1 KO) an den Start. Saki sah in ihrem ersten Kampf so beeindruckend aus, dass sie eindeutig zu den großen Talenten zu rechen ist.
In Dortmund arbeitet Thorsten Brück mit Goda Dailydait (6 Kämpfe, 6 Siege, 2 durch KO). Dailydait, eine technisch gut ausgebildete Boxerin, ist wohl die beste deutsche Federgewichtlerin. Damit hat sie dann allerdings auch die damit verbundenen Probleme: Wie bekommt man Kämpfe und wer soll sie bezahlen?
Von Karlsruhe aus versucht Dominik Junge mit Raja Amasheh (13 Kämpfe, 12 Siege, 3 durch KO, 1 Unentschieden) die Weltspitze im Fliegengewicht anzugreifen. Gerade weil Amasheh 2011 inkonsistente Leistungen zeigte – sie hat neben Arbeit und Boxen auch noch ihren Master gemacht – ist zu erwarten, dass sie bald einen gewaltigen Leistungssprung machen wird und die anderen im Fliegengewicht boxenden Deutschen (Syuzanna Kentikyan und Nadia Raoui) herausfordern wird.
Wenn das Boxen gerecht und fair wäre und eben nicht so, wie es nun mal ist, wäre Nadia Raoui (15 Kämpfe, 13 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) schon Weltmeisterin der WBA und WBO. So aber gaben die zwei deutschen Punktrichter des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB), Werner Kasimir und Frank-Michael Maaß, ihr nicht den Sieg im Kampf gegen Syuzanna Kentikyan (24.04.2010), obwohl nahezu alle Beobachter sie klar haben gewinnen sehen. Nun versucht sie weiter von Herne aus, zusammen mit ihren Trainern Dirk Kiekhäfer und Dr. Andreas Künkler, Weltmeisterin zu werden.
Syuzanna, genannt Susianna, Kentikian (30 Kämpfe, 29 Siege, 16 durch KO) darf sich immer noch Weltmeisterin der WBA und WBO im Fliegengewicht nennen. Sie gehört zu der Generation von Boxerinnen, die von ihrem Veranstalter Universum Box-Promotion als Nachfolgerin von Regina Halmich präsentiert wurden. Ihr umstrittener Sieg über Nadia Raoui und ihr No Contests über Arely Mucino (17.07.2010) gehören zu den Kämpfen, die das Frauenboxen wohl nachhaltig beschädigt haben. Ihre sportlichen „Leistungen“ und ihr kurzzeitiges Werben für ein Süßwarenprodukt, das im Verhältnis mehr Fett und Zucker beinhaltet als z. B. eine Sahnetorte, haben der selbsternannten „Killer Queen“ den Spottnamen „Milch-Schnitte“ eingetragen. Mittlerweile boxt sie zusammen mit anderen Boxerinnen für Ulf Steinforth und sein SES Sports Events. Sie wird betreut von Magomed Schaburow.
Mario Guedes aus Aachen trainiert Jessica Balogun (23 Kämpfe, 22 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage), eine der besten Weltergewichtlerinnen der Welt. Damit wäre sie die logische und zwangsläufige Wahl als Gegnerin für die norwegische Boxerin Cecilia Braekhus (19 Kämpfe, 19 Siege, 5 durch KO), die für Sauerland Event boxt. Es ist aber zu befürchten, dass Balogun, weil sie eben so gut ist, erst dann ihre Chance bekommt, wenn keine billigeren und leichteren Gegnerinnen mehr in der Rangliste zu finden sind.
Die für mich beste und attraktivste Boxerin ist die Interims Weltmeisterin der WIBF im Junior Fliegengewicht, Özlem Sahin (14 Kämpfe, 13 Siege, 4 durch KO, 1 Unentschieden). Die natürliche Minimumgewichtlerin, die von Conny Mittermeier in Stuttgart trainiert wird, boxte zuletzt auf den Veranstaltungen von Arena Boxpromotion. Offensichtlich hat sie aber keinen Vertrag mit dem Veranstalter Ahmet Öner. Obwohl die deutschen und türkischen Medien ungewöhnlich stark und positiv auf sie reagieren und sie immer wieder Gegenstand der Berichterstattung ist, hat sich noch kein TV-Sender gefunden, der den Mut hätte, ihre Kämpfe zu übertragen. Es scheint mir auch, als ob Arena Boxpromotion kein Konzept hätte, was sie mit Sahin machen wollen.
Trotz allem – das Frauenboxen lebt.
© Uwe Betker
Ein schwächelnder König der Spartaner, ein halbtalentierter Faxenmacher und andere (2)
So grauenhaft die Kampfansetzung für Keta war, so gut war sie für Nadia Raoui (13 Kämpfe, 11 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden). Sie bestritt ihren ersten Kampf nach dem skandalösen WM-Kampf gegen Susianna Kentikian am 24.04.2010, wo sie, nach Meinung nahezu aller Beobachter, auf schamlose und beschämende Weise um ihren Sieg betrogen worden war. Nun trat sie gegen die zähe Evgeniya Zablotskaya (8 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 5 Niederlagen) im Fliegengewicht an. Raoui zeigte schönes technisch sauberes Boxen gepaart mit Aggression und Siegeswillen. Sie dominierte den Kampf über weite Strecken, musste aber auch ein ums andere Mal Einzeltreffer von der Frau aus Sankt Petersburg nehmen. Die unangenehm zu boxende Zablotskaya steckte nie auf, und das obwohl sie für diesen Kampf zwei Klassen über ihrem eigentlichen Limit boxte und Raoui ihr damit körperlich deutlich überlegen war. Der Punktsieg für Raoui nach sechs Runden war einstimmig, deutlich und verdient.
Einer der Punktrichter war Frank Michael Maaß, genau der Frank Michael Maaß, der durch sein Punkten dazu beigetragen hatte, Susianna Kentikian den Sieg zuzuschanzen, Nadia Raoui um den Lohn ihrer Arbeit zu bringen und die Glaubwürdigkeit des Frauenboxens in Deutschland massiv zu beschädigen. Raoui versuchte zu verhindern, dass Maaß bei ihr als Punktrichter eingesetzt wird. Sie konnte sich aber nicht durchsetzen, weil der Veranstalter auf dem BDB Punktrichter Maaß bestand. Ich würde gerne wissen, warum Felix Sturm eigentlich unbedingt diesen Punktrichter auf seiner Veranstaltung haben wollte. Für Frau Raoui hatte diesmal der Einsatz von Herrn Maaß keine katastrophalen Folgen.
Im zweiten Schwergewichtskampf des Abends traf Mahmoud Omeirat Charr (17 Kämpfe, 17 Siege, 9 durch KO) auf Danny Williams (53 Kämpfe, 43 Siege, 33 durch KO, 9 Niederlagen, 5 durch KO). Der auf 8 Runden angesetzte Kampf wurde von Anfang an von dem Syrer dominiert, der in den Schlusssekunden jeweils noch einmal aufdrehte. Williams, der Überlebenskünstler im Ring, kam nur selten durch. In der vierten Runde traf er mit einer schönen Linken zum Kopf und Charr ging zu Boden, aber der Ringrichter zählte ihn nicht an. Im siebten Durchgang verleitete Charr durch Provokation Williams dazu einen Schlaghagel auf seine Doppeldeckung abzufeuern. Als dann Charr im Gegenzug einen Schlaghagel auf den Mann aus London abfeuerte, war dessen Deckung nicht so gut. Der Ringrichter ging dazwischen und brach den Kampf, für meinen Geschmack etwas zu früh, ab.
Vor dem Hauptkampf gab es eine wohl Vollplayback Musikeinlage von Mel C, die mich sehr beeindruckte. Sie sah gut aus. Mel C war, wie ich persönlich erst seit diesem Auftritt weiß, ein Mitglied der Spice Girls. Bis mir mein Sohn ein paar Takte zum Frühstück vorsang, wusste ich auch nicht, dass ich ein Lied von den Spice Girls kenne. Mel C sah gut aus; es war schon imponierend, wie sie auf ihren High Heels die Showtreppe herunter schritt. Sie sah in ihrer hautengen roten Hose sehr gut aus, als sie darin tanzte und dabei und … Sie sah sehr gut und über das Lied „Rock Me“ kann ich nichts sagen. Habe ich schon erwähnt, dass Mel C sehr gut aussah?
Der Einmarsch der Boxer Felix Sturm und Matthew Macklin war einer der seltsamsten, die ich je gesehen habe. Matthew Macklin ließ seine Einmarschmusik erst einmal komplett durchlaufen, bevor er sich auf den Weg zum Ring machte. Viele hatten nun schon gedacht, Zeuge des wohl längsten Einmarsches der Boxgeschichte geworden zu sein, aber weit gefehlt. Der Super Champion der WBA im Mittelgewicht brauchte noch sehr viel länger. Vermutlich ließ er um die zehn Minuten, gefühlt eine halbe Stunde, seinen Gegner und seine Zuschauer warten, bevor er sich bequemte, den Weg zum Ring anzutreten.
Fritz Sdunek erklärte nach dem Kampf, SAT1 hätte ihnen gesagt, sie hätten noch 15 Minuten Zeit. Darauf hätten sie sich eingestellt, und sein Schützling hätte diese Zeit dann auch noch gebraucht. Leider habe ich es versäumt, einen Vertreter von SAT1 darauf anzusprechen. Während alle auf Herrn Sturm warteten, ruhte sich Macklin auf seinem Hocker im Ring aus, winkte seinen mitgereisten irischen Fans zu und machte leichte Pratzenarbeit.
Der Kampf selber entsprach überhaupt nicht den Erwartungen. Felix Sturm (38 Kämpfe, 35 Siege, 15 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO), 1 Unentschieden), der als Amateur noch Adnan Catic hieß, kam mit seinem Gegner Matthew Macklin (30 Kämpfe, 28 Siege, 19 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) überhaupt nicht zurecht. Sturm versuchte zu keinem Zeitpunkt seinen Reichweitenvorteil zu nutzen. Man konnte fast den Eindruck bekommen als wollte er seine Führhand so wenig wie möglich nutzen. Er ließ sich den Infight aufzwingen und machte hier zu wenig.
Später erklärte er, er hätte sich über die Anweisungen seines Trainers Sdunek hinweggesetzt und versucht, Macklin dazu zu bringen, sich auspowern zu lassen. Dieses Konzept ist ja wohl schlicht nicht aufgegangen. Macklin war eindeutig der aktivere Boxer, und er deckte den Titelträger mit Schlägen nur so ein. Sturm konnte nur selten mit Einzelschlägen punkten. Mit sehr viel Wohlwollen und unter Hinzuziehung aller möglichen Boni wie Weltmeisterbonus, Heimvorteil und Bonus für besser geputzte Schuhe wäre für Sturm vielleicht ein Unentschieden drin gewesen. Dass aber gleich zwei Punktrichter, nämlich Roberto Ramirez und Jose Ignacio Martinez, den Kampf mit 116 zu 112 für Sturm werteten, ist schlicht ein Fehlurteil. Dass Sturm Macklin bereits im Ring einen Rückkampf angeboten hat, war seine beste Leistung an diesem Abend.
Die Pressekonferenz nach dem Kampf war relativ amüsant. Sie begann natürlich nicht wie angekündigt eine halbe Stunde nach dem Kampf. Nachdem sich die Pressevertreter versammelt hatten, wurde ihnen mitgeteilt – was für eine Überraschung -, dass die Boxer erst noch zur Dopingkontrolle müssten. Dann versuchte ein Herr vom Sturm Management in der Zwischenzeit Anhänger für seine sehr gewagte These zu finden, einen stärkeren Boxer als Macklin hätte man wohl kaum finden können. Diese These fand aber keine Anhänger. Konsens wurde dann aber: „Der glaubt das sicher selber.“
Während die Journalisten also so auf die Hauptakteure warteten, zeigte sich mal wieder, dass im deutschen Profiboxen (hier wurde schon darüber berichtet https://betker.wordpress.com/2011/03/21/03-liter-wasser-und-ein-hallenverweis/) der Wassermangel weiter um sich greift. Wasser, stilles und auch sprudelndes Wasser, ist mittlerweile so rar geworden, dass Sturm Box-Promotion den Journalisten nichts zu trinken anbieten konnte. Ein Kollege von einer sehr großen überregionalen Tageszeitung kündigte an, bei der nächsten Veranstaltung von Felix Sturm eine Thermoskanne mit Kaffee in die Halle schmuggeln zu wollen.
Zwischenzeitlich sorgte ein Herr von SAT1 für stille Belustigung, indem er sich zu der Behauptung verstieg, der gerade gesehene Kampf sei der beste Mittelgewichtskampf seit Jahren gewesen. Die Ergänzung eines schreibenden Kollegen: „in der Köln Arena“, fand dann allerdings die Zustimmung aller.
Als die Boxer dann endlich kamen, sah Macklin ziemlich verbeult und Sturm verdächtig makellos aus. Offensichtlich hatte man Sturm während der Dopingkontrolle geschminkt. Schminke überdeckte also Sturms Blessuren. Aber schon nach relativ kurzer Zeit ging der Cut über den rechten Auge wieder auf und Blut tropfte auf sein frisches Hemd.
© Uwe Betker