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Rezension: „Gebrauchsanweisung fürs Boxen“ von Bertram Job – Ein Muss für jeden Boxinteressierten
„Gebrauchsanweisung fürs Boxen“? Was soll das denn? Will mir da etwa einer erzählen, wie ich meine linke Grade zu schlagen habe? Oder will mir jemand erklären, wie ich Boxen zu sehen habe? – Keines von beidem. Der Titel des Buches ist irreführend. Er ist eher ironisch gemeint. Vielleicht hat es aber auch einfach nur damit zu tun, dass das Buch in einer Reihe mit ähnlich lautenden Titeln erschienen ist: „Gebrauchsanweisung für die Formel 1“ oder „Gebrauchsanweisung für den FC Bayern“.
Wie schon gesagt, den Titel finde ich irreführend und nicht besonders gelungen. Das ist dann aber auch schon alles, was mir an der Gebrauchsanweisung zu kritisieren erscheint. Das Buch ist sogar im Gegenteil ausdrücklich laut, vernehmlich und mit großem Nachdruck zu loben.
Bertram Job ist freier Autor und Sportjournalist. Er veröffentlichte zusammen mit Henry Maske „Mein Box-Lexikon“ (1995). Er machte die Pressearbeit von Henry Maske und Axel Schulz. Es folgten weitere Veröffentlichungen über das Boxen: „Schwer gezeichnet“ (2006) und das Mamutwerk „Boxen“, das von Boxfans antiquarisch gesucht wird, weil es leider keine Neuauflage geben wird. Job ist m.a.W. einer der besten Boxsportjournalisten in Deutschland.
Untergliedert ist das Buch in ein Vorwort und elf Kapitel mit folgenden Titeln und Untertiteln:
– Robertos Eier oder „Mucho Macho“ – Statt eines Vorworts
– When Circus Comes to Town – Spektakel Boxen, von der Antike bis heute
– Gewinner und Verlierer – Kleine Soziologie des Profiboxens
– Max & Maske – Von deutschen Hoffnungen und Helden
– Die Klasse aller Klassen – Macht und Mythos Schwergewicht
– Eins und eins macht eins – Der unwahrscheinliche Aufstieg der Gebrüder Klitschko
– Impresarios und Profiteure – Big Business und Big Promotion
– Management of Chaos – Die Weltverbände
– The Lady is the Champ – Der kurze Siegeszug des Frauenboxens
– Der dritte Mann – Die Polizisten im Ring
– Die Turnier-Ritter – Das olympische Boxen
– Fäuste auf Zelluloid – Die großen Boxfilme
In jedem Kapitel behandelt Job ein Thema umfassend, faktenreich und sehr unterhaltsam. Selbst Leser, die gut informiert sind und die Fakten, die das Buch zu bieten hat, kennen, werden aber doch immer noch gut, sehr gut unterhalten. Job hat hier einen Klassiker zum Boxen geschrieben. Von nun an erkennt man anhand der „Gebrauchsanweisung fürs Boxen“ den Boxinteressierten. Dieses Buch hat er nämlich ganz sicher in seinem Bücherregal stehen. Wer es nicht hat, der mag Boxen wohl auch nicht. – Ohne wenn und aber: Dieses Buch muss man haben. Jeder Boxinteressierte sollte es gelesen haben.
(C) Uwe Betker
The same procedure as last year?
Der grandiose Sketch „Dinner for One“ von Freddie Frinton lebt von der Variation von Running Gags. Vermutlich jeder kennte die Frage: „The same procedure as last year, Miss Sophie?” Und natürlich auch die Antwort: „Same procedure as every year, James.“ Den Sketch Silvester zu gucken ist schon fast eine kultische Handlung und nicht wenige Zuschauer haben ihn schon 20mal und mehr gesehen. Er macht immer noch Spaß zu schauen, auch wenn man ihn mittlerweile in und auswendig kennt. Was dass mit Boxen zu tun hat?
Arthur Abraham (45 Kämpfe, 41 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) boxt am 21.02.1015 in Berlin gegen Paul Smith (39 Kämpfe, 35 Siege, 20 durch KO 20, 4 Niederlagen, 2 durch KO). Es kann gar keinen Zweifel bestehen, dass Abraham seinen WBO Titel im Super Mittelgewicht erfolgreich verteidigen wird. Smith ist die nur Nummer 39 der unabhängigen Weltrangliste und nur die Nummer 7 der britischen Rangliste. Seinen letzten Kampf, 27.09.2014, verlor er gegen Abraham sehr deutlich nach Punkten. Die Punktrichter werteten (11:117, 111:117 und 109:119). Selbst die Internetseite sportschau.de, also die Seite des damaligen Haussenders von Sauerland Event kam nicht umhin feststellen zu müssen, dass Smith ein „limitierter“ Boxer ist. Es ist nicht zu erwarten, dass Smith in der Zwischenzeit ein besser Boxer geworden ist.
Abraham boxt nicht gegen Mark Heffron (9 Kämpfe. 9 Siege, 7 durch KO), Rocky Fielding (19 Kämpfe, 19 Siege, 11 durch KO), Callum Smith (15 Kämpfe, 15 Siege, 11 durch KO), George Groves (23 Kämpfe, 21 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO), James DeGale (21 Kämpfe, 20 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage) oder gar Carl Froch (35 Kämpfe, 33 Siege, 24 durch KO, 2 Niederlagen). Das sind nur die sechs Boxer, die in der Britischen Rangliste vor Smith platziert sind. Hier könnten noch die 32 Namen der anderen nicht britischen Boxer stehen, die in der Weltrangliste vor Smith platziert sind.
Das Aufeinandertreffen von Abraham und Smith, bei dem der Sieger, wenn nicht ein Wunder passiert, feststeht ist der Hauptkampf für die erste Veranstaltung von Sauerland Event für SAT.1. Der neue Sender von dem berliner Veranstalter akzeptiert für die erste Veranstaltung als Hauptkampf eine Neuauflage von Abraham gegen Smith. Der erste Kampf der Beiden war so einseitig, dass kein Zuschauer ernsthaft einen Rückkampf gefordert hatte. Offensichtlich ist das Vertrauen des berliner Veranstalters in ihren Schützling geringer als die boxerischen Fähigkeiten von Smith. Denn sonst würde man ihm nicht einen so schwachen Gegner noch einmal vorsetzen. Was an der Ansetzung noch schlimmer macht, ist die Tatsache, dass SAT.1 diese akzeptiert und dafür Geld bezahlt. Immerhin sind dies keine Rundfunkgebühren. Wenn dies ein Ausblick auf die Zukunft den Boxens à la SAT.1 und Sauerland ist, dann geht das Profiboxen in Deutschland dunklen Zeiten entgegen. Es ist nicht „The same procedure as last year.” Nein, es ist schlimmer.
Am Ende von „Dinner for One“ sagt Butler James „Well, I’ll do my very best!”
(C) Uwe Betker