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Was man so von und über Felix Sturm hört oder auch nicht hört

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In letzter Zeit ist es um Felix Sturm irgendwie seltsam ruhig geworden. Wir erinnern uns: Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) wurde nach seinem letzten Kampf gegen Fjodor Tschudinow (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) am 20. Februar in Oberhausen positiv auf die anabole Substanz Hydroxy-Stanozolol getestet. Er war also wohl in diesem WM-Rückkampf gedopt. Über das, was die Punktrichter Jean-Louis Legland und Giuseppe Quartarone in diesen Kampf sahen und werteten, wollen wir hier den bleiernen Mantel des Fremdschämens legen.
Nach Öffentlichwerden des Ergebnisses der Analyse von Sturms Urinprobe A sprach Sturm mit Express. Dort erzählte er damals: „Ich bin geschockt“. Weiter meinte er: „Ich werde kämpfen wie ein Löwe. Ich werde Anwälte einschalten und die B-Probe öffnen lassen.“
Danach hörte man von Sturm nichts mehr. Sicher ist, dass er die B-Probe bis heute nicht hat öffnen lassen. Es gibt vermutlich eine Bezeichnung für jemanden, der der Öffentlichkeit etwas verspricht oder sagt, dass er etwas machen wird, und es dann nicht einhält. Aber mir fällt diese Bezeichnung einfach nicht ein. Dabei glaube ich ja immer noch daran, dass der Leverkusener Adnan Ćatić morgen oder übermorgen der Öffentlichkeit seine Unschuld beweisen und den Verdacht, ein Doper und Betrüger zu sein, aus der Welt schaffen wird.
Vor ein paar Tagen sprach Sturms Manager Roland Bebak nun auch mit Express. Er sagte:„Felix gibt seinen WM-Gürtel der WBA zurück“, und weiter, „denn er kann in diesem Jahr nicht mehr kämpfen, er wird sich in Deutschland einer Ellbogen-OP unterziehen müssen.“ – Dies sind nun wirklich Neuigkeiten. Natürlich muss man erst mal abwarten, ob Sturm dieser Ankündigung auch Taten folgen lässt. Der geneigte Boxfan hat schließlich mit Ankündigungen von Sturm so seine Erfahrungen gemacht. Siehe oben.
Leider hat Manager Bebak nichts dazu gesagt, wann und ob Sturm nun die Dopingvorwürfe entkräften wird. Leider schweigen aber nicht nur Sturm und Bebak hierzu. Auch der betroffene Weltverband WBA (World Boxing Association) ist zu keiner Stellungnahme bereit. Mehrfach schickte ich dem Verband drei simple Fragen:
Ist Felix Sturm noch der Super Champion der WBA?
Ist Felix Sturm noch der Sieger seines Kampfes gegen Fjodor Tschudinow?
Will die WBA Sturm für sein Doping bestrafen?
Diese Fragen hat die WBA bis heute nicht beantwortet. Wenn Ćatić und Bebak sich nicht äußern wollen, so kann man das, vor allem nach den vollmundigen Ankündigungen, zwar missbilligen, aber man kann es auch verstehen. Wohl gemerkt, während ich dies hier schreibe, bin ich wie 99,5 Prozent aller Boxinteressieren davon überzeugt, dass Sturm unschuldig ist, nicht gedopt hat und damit auch nicht betrogen hat.
Ein wenig Dynamik kommt durch die Staatsanwaltschaft Köln, die ja wegen des Dopingverdachts, den ja aber keiner glaubt, gegen Sturm ermittelt, oder wie die Staatsanwaltschaft selbst es nennt: „Ermittlungsverfahren gegen Adnan Catic wegen einer Straftat nach dem Gesetz gegen Doping im Sport“. In der Sache teilt sie mit, dass die B-Probe am 12.10.2016 um 10 Uhr in Köln geöffnet wird.
Vermutlich wird dies nun der von allen Sturm-Fans so ersehnte Befreiungsschlag. Ich kann mir natürlich sehr gut vorstellen, dass Sturm die Staatsanwaltschaft gebeten hat, die B-Probe öffnen zu lassen, weil er so seine Unschuld beweisen kann. Man kann sich ja schließlich nicht gut vorstellen, dass Sturm die ganze Sache womöglich aussitzen wollte. Auch kann man sich nicht vorstellen, dass er gehofft haben könnte, sein Sender Sat.1 würde seine Kämpfe trotz der Dopingvorwürfe weiter übertragen.
Fies wird die ganze Geschichte, wenn man sich die WBA ansieht, die offensichtlich das Problem auch aussitzen will. Nichts deutet darauf hin, dass der Verband etwas gegen Doping tun will. Doper werden weiterhin nicht bestraft. Die Kämpfe von Dopern werden nicht annulliert oder neu gewertet. Ein Verband, der sich so verhält, ist dann auch wohl nicht Opfer von „Dopingsündern“, sondern selber Täter. Er handelt dann nämlich als Teil des Dopingsystems. Dies trifft genauso auch für die nationalen Verbände zu.
Um es noch einmal deutlich zu sagen, auch wenn es die Offiziellen der nationalen und internationalen Verbände nicht akzeptieren wollen: Doping ist Betrug. Doping ist eine Straftat. Es ist die Pflicht eines jeden Boxverbandes, sich zu überlegen, wie mit diesen kriminellen Machenschaften umzugehen ist.
© Uwe Betker

Markus Lanz und Marco Huck

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Wenn man sich eine Weile die publizistischen Reaktionen auf die im Internet kursierende Onlinepetition „Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!“, dann bemerkt man eine gewisse Ratlosigkeit der Kommentatoren. Innerhalb von wenigen Tagen unterzeichneten 230.000 Menschen diese Petition. Darüber, wie viele sie noch unterschrieben hätten, kann man nur mutmaßen, denn die Petition ist von der Autorin aus dem Netz genommen worden. Nun kann man die Meinung von fast einer Viertelmillion Zuschauer nicht einfach ignorieren. Gleichzeitig ist aber das Misstrauen gegen Menschen, die Onlinepetitionen verfassen und unterzeichnen, groß. Da wird gefragt, ob es sich hier nicht um eine „von sich selbst berauschte Internetöffentlichkeit“, um einen Mob handelt.
Der Kabarettist Ottfried Fischer sprach von „Menschenjagd“, die, seiner Meinung nach, seit Christian Wulff salonfähig geworden sei. Fischer rief das ZDF auf, stark zu bleiben und zu ihrem Moderator zu halten. Der öffentlich-rechtliche Sender dürfe „Markus Lanz auf keinen Fall dem Pöbel vorwerfen“. Der „Zeit“-Herausgeber Josef Joffe rückte den Protest gegen Lanz gar in die Nähe der Nazi-Kampagne gegen jüdische Geschäfte. Mich brachte das ganze publizistische Getöse auf die Idee, dass der Moderator Markus Lanz und der Boxer Marco Huck sehr viel gemeinsam haben.
Sowohl Lanz als auch Huck müssen sich im Internet Hohn, Spott und auch offene Ablehnung gefallen lassen: Lanz für seine Art zu moderieren und Huck unter anderem für seine Art zu boxen. Beide sind außerhalb von Deutschland geboren. Markus Josef Lanz Bruneck, Italien und Muamer Hukić in Ugao, Serbien. Lanz hat eine italienische Staatsangehörigkeit und Huck die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Beide verdienen ihr Geld bei einer öffentlich rechtlichen Fernsehanstalt. Lanz beim ZDF, dem Zweiten Deutschen Fernsehen, und Huck bei der ARD, der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland.
Beide waren und sind gut aussehende Männer, die eine Affinität zu Nahrungsmitteln und Kochen haben. Seit Oktober 2009 ist Lanz der Nachfolger von Johannes Baptist Kerner und ist nun auch der Namensgeber für die Sendung „Lanz kocht“. Er ist wohl so etwas wie ein Kerner Light. In ihr plaudert er charmant mit Spitzenköchen und gibt gerne zum Besten, dass er hin und wieder in Restaurants speist. Huck ist genauso charmant und dem Kochen zugetan. Er gab nach seinem Rückkampf gegen Firat Arslan zum Besten: „Wenn ich rohes Fleisch rieche, lasse ich nicht mehr los.“
Was den Umgang mit Kritik angeht, kann der italienische Moderator noch viel von dem eingedeutschten Boxer lernen. Der ZDF-Moderator gestand nach seinem gescheiterten Versuch, den Journalisten zu geben, gemeint ist hier das Gespräch mit der Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht, lauwarm Fehler ein. „Das war sicher an der einen oder anderen Stelle verbesserungswürdig.“ Huck ist da sehr viel gradliniger und sympathischer. Er veröffentlicht munter Videos, auf denen er erzählt, dass immer, wenn er etwas veröffentlicht, er gleich Hasskommentare bekommt. Huck ist zwar weniger diplomatisch als Lanz, aber wohl sehr viel ehrlicher.
Andererseits schafft es Lanz, wenn er öffentlich kritisiert wird, sich persönlich zu entschuldigen. So hat er „in einem längeren Telefonat“ persönlich sein Bedauern wegen des Interviews ausgedrückt und sich entschuldigt. So etwas hat Huck (40 Kämpfe, 37 Siege, 26 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) noch nicht geschafft. Sonst hätte er sich doch wohl bei Denis Lebedev für seine verbalen Entgleisungen entschuldigt. Hier ist der Moderator sehr viel mutiger als der Boxer.
Beide scheinen sich vom weiblichen Geschlecht zur Leistungssteigerung animieren zu lassen. Lanz, der, sofern ich das richtig sehe, eigentlich der Meister der Harmlosigkeit und der Weichgespültheit ist, der nie irgendwelche kritischen Fragen stellt, oder gar nachfragt, versucht sich bei einem weiblichen Studiogast als kritisch fragender Journalist. Sein Versuch, den Michel Friedmann zu geben, wurde vom Publikum allerdings nicht so gewürdigt, wie er es sich offenbar erhofft hatte.
Da Huck ja nicht gegen Frauen öffentlich boxen kann, er aber auch den weiblichen Gegner sucht, versucht er es mit Selbstsuggestion. So verkündete er vor dem Rückkampf mit Arslan. „Diesmal mache ich Arslan im Ring zu meinem Mädchen“. Der Erfolg gibt Huck recht. Kaum stellte er sich sein Gegenüber als Frau vor, brachte er auch schon die beste Leistung seiner Karriere.
Sowohl das ZDF als auch die ARD werden vermutlich dem Druck der Zuschauer in absehbarer Zeit nicht nachgeben. Auch wenn beide ihre Plattform für ihr öffentliches Tun verlieren würden, bräuchte man aber nicht gleich eine Kollekte für die Geschassten veranstalten. Huck dürfte gut verdient haben. Lanz dürfte sogar noch erheblich wohlhabender sein, denn er ist auch Produzent seiner Sendungen und verdient daher mit seinem charmanten Plaudern gleich doppelt.
Man kann wohl davon ausgehen, dass die beiden gut aussehenden Herren, Lanz und Huck, uns noch eine Weile erhalten bleiben. Lanz wird voraussichtlich nach seinem desaströsen Ausflug in den Bereich Journalismus, bei seinem Interview mit Sarah Wagenknecht, zu seinem „Flachland-Entertainment“ zurückkehren. Da seine Quoten gut sind und mittlerweile nicht wenige glauben, dass er Opfer eines digitalen Mobbing ist, wird er weiterhin plaudern und dabei gut aussehen. Und es ist zu befürchten, dass er dies noch Jahrzehnte lang weiter durchhalten kann.
Huck wird wohl nach seinem letzten guten Kampf gegen Firat Arslan, zu seinen leichten, handverlesenen Gegnern zurückkehren und sie verprügeln. Solange die ARD noch das Boxen der Sauerland Event GmbH überträgt, wird er beim Ersten zu sehen sein. Seine Bedeutung beschrieb sein Trainer Ulli Wegner mit den Worten: „Marco ist der Garant für die Zukunft des gesamten Sauerland-Boxstalls.“ Sein Problem ist, dass der Vertrag von Sauerland Ende des Jahres ausläuft und im Augenblick fraglich ist, ob er verlängert wird. Zur Erinnerung: Vor kurzem kursierte das Gerücht, dass Huck vergeblich versucht hat, selber einen Vertrag mit der ARD zu bekommen.
Nur wenige haben in der Beurteilung der Onlinepetition gegen Markus Lanz erkannt, dass es sich hier um ein legitimes Mittel der Öffentlichkeit handelt. Es ist geradezu grotesk, wenn den Lanz-Kritikern empfohlen wird, einfach abzuschalten oder den Kanal zu wechseln. Markus Lanz, aber auch Marco Huck, verdient schließlich sein Geld im öffentlich rechtlichen Fernsehen. Nachdem nun mal praktisch jeder Bürger der Bundesrepublik Deutschland per Gesetz gezwungen ist, Rundfunkgebühren zu zahlen, hat er da nicht auch das Recht und die Pflicht, Fernsehprogramme, Fernsehformate, Moderatoren oder auch Sportler zu kritisieren?
Je länger ich mir Markus Lanz und Marco Huck so ansehe, umso ähnlicher finde ich sie. Kann es nicht sein, dass sie Brüder sind? Oder zumindest Seelenverwandte?
© Uwe Betker