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Eine sehr ungewöhnliche Boxveranstaltung

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Profiboxveranstaltungen finden an den verschiedensten Orten statt: Hallen jeglicher Größe, Auto- und Möbelhäuser, Fußballstadien und Aschenplätze, Marktplätze und Säle von Kneipen. Auch Messehallen waren schon häufig Austragungsort. Aber eine Messehalle während einer laufenden Publikumsmesse, das ist mir noch nicht unter gekommen. Die Zuschauer der Boxkämpfe waren m.a.W. die Messebesucher.
Halle 7 der Messe Essen war der Ort, wo am 18. November 2017, also am Samstag, mittags die Fäuste flogen. Die Messe „Mode, Heim und Handwerk“ selber ist eine Verbrauchermesse, auf der man wohl so ziemlich alles, was es auf er Welt gibt, kaufen kann: japanische Automobile, Handtaschen, Rolltore, heilende Steine, Rückenmassagen, Hosen und Mäntel, Schmuck und Dinge, die ich noch nie gesehen habe. Hinzu kommen die verschiedensten Selbsthilfegruppen, Imbisse, Hilfsorganisationen, Feldjäger, Handwerksorganisationen und Vereine. In besagter Halle 7 stellten sich hauptsächlich die verschiedensten lokalen Vereine vor, vor allem Sportvereine. Und hier nun wurde geboxt.
Bereits beim Wiegen am Vortag zeichnete sich ab, dass die Veranstaltung sehr ungewöhnlich werden würde. Im Vorprogramm zum Wiegen wurde schon mal Bauchtanz und Rockabilly Tanz und Gesang geboten. Letztgenanntes wurde von Mitgliedern der „Wirtschaftswunder-Revue“ grandios aufgeführt. Und zum Bauchtanz wäre zu sagen: Gab es je vorher Bauchtanz im Rahmen einer Boxveranstaltung? Am Kampftag selbst traten auch alle wieder auf, verstärkt durch eine Sängerin. Für mich sollte es ruhig mehr Bauchtänzerinnen und mehr Tänzer- und Sängerinnen von der „Erdbeerbrause“ Revue geben. Ringsprecher und Conférencier war Thomas Bielefeld, die Stimme des Boxens in Deutschland.
So ungewöhnlich wie der Veranstaltungsort war auch der Veranstalter. Denn dieser war die German Boxing Association. Vermutlich war es das erste Mal, dass ein deutscher Boxverband selber als Veranstalter fungierte. Das liegt wohl daran, dass die GBA hier zum einen Werbung für den Boxsport machen und zum anderen das karitative Projekt GIBEI (https://gibei.jimdo.com/) unterstützen wollte. Veranstalterin des WBF WM-Kampfes war die 15-jährige Ranee Schröder, die wohl immer noch die jüngste Promoterin der Welt sein dürfte.
Leider gab es insgesamt nur zwei Kämpfe zu sehen. Allein am Kampftag wurden drei Kämpfe krankheitsbedingt abgesagt. Mustafa Isa und Issac Maganga gaben ihr Profidebüt im Cruisergewicht. Isa, ein syrischer Flüchtling, dessen Lebensgeschichte schon durch die Medien gegangen ist, boxte abgeklärt und ruhig. Er machte von Anfang an Druck und trieb Maganga vor sich her. Mehrfach stellte er ihn an den Seilen und deckte ihn ein. Magangas etwas unorthodoxe Doppeldeckung blockte jedoch viele Schläge ab. Mit seinen Schlägen auf der Außenbahn war Maganga auch nicht ungefährlich. Die erste Runde war munter. Die zweite Runde wurde dann härter geführt. Das lag zum einen daran, dass Isa den Druck erhöhte, zum anderen daran, dass Maganga nun auch durch die Mitte schlug. In der dritten Runde erhöhte Isa erneut den Druck. Die Ecke von Maganga kam mit dem Wurf des Handtuchs einem Niederschlag zuvor.
Sieger durch TKO in Runde 3 nach 1:35 Minuten: Mustafa Isa.
Der Hauptkampf des Tages war die Weltmeisterschaft nach Version WBF im Cruisergewicht zwischen Serdar Sahin (29 Kämpfe, 27 Siege, 18 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) und Diego Javier Sanabria (82 Kämpfe, 60 Siege, 46 durch KO, 9 Niederlagen, 6 durch KO, 3 Unentschieden). Sahin, der über ein Jahr nicht geboxt hatte, zeigte schön systematisches und ruhiges Boxen. Besonders gefiel mir seine steife linke Führhand, mit der er den Kampf bestimmte. Nur wenige Male setzte Sahin, der Sven Ottke in der Ecke hatte, seine Rechte ein. Sanabria versuchte nur selten Aktionen, und wenn er es tat, dann kamen sie über die Außenbahn und waren für Sahin nur mäßig gefährlich. Die erste Runde war von Abtasten geprägt. Anfang der zweiten Runde stellte Sahin seinen Gegner an den Seilen. Eine Rechte zum Kopf über die Deckung, gefolgt von drei weiteren Schlägen – und Sanabria knickte ein, ging aber nicht zu Boden. Die gleiche Aktion, an gleicher Stelle, nur mit ein paar Schlägen mehr, ließ Sanabria am Ende der Runde erneut einknicken. Damit hatte Sahin den Schlüssel gefunden, mit dem Sanabria zu knacken war. In der dritten Runde nahm Sahin sich die Zeit, die Lücke zu suchen, die er dann auch fand. Ein harter Leberhaken, gefolgt von einer Rechten zum Kopf fällte Sanabria. Der kam zwar noch mal hoch, aber Ringrichter Mike Wissenbach zählte den noch schwankenden Mann aus.
Sieger durch KO in Runde 2, nach 1:55 Minuten: Serdar Sahin.
Es war eine sehr ungewöhnliche Boxveranstaltung, eine, die Werbung für den Boxsport machte. Es ist jetzt auch Zeit, Werbung fürs Boxen zu machen und das Publikum zurück an den Ring zu locken. Ich persönlich würde mir wünschen, dass jedes Jahr im Rahmen der „Mode, Heim und Handwerk“ so eine Veranstaltung stattfindet, mit hoffentlich dann mehr Kämpfen.
© Uwe Betker

Über Nummerngirls

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Nummerngirls sind immer wieder ein Thema hier. Manchmal wird betont, dass sie besonders ansehnlich sind, manchmal auch, dass sie fehlen, dass sie wieselflink durch den Ring sprinten, dass sie die Karten so halten, dass die Zahl nicht zu lesen ist oder so, dass man sie gar nicht erst sieht. Nummerngirls sind hier ein Running Gag, über den offensichtlich doch einige schmunzeln können. Schreibe ich über Nummerngirls, werde ich immer kurz danach darauf angesprochen. Ein Promoter stellte mich mal neben seine Nummerngirls und ließ uns photographieren. „Ich will nicht, dass du behautest ich hätte hier keine Nummerngirls gehabt.“ Es ist sogar schon einmal vorgekommen, dass ein Offizieller – den Namen habe ich vergessen – eines Verbandes, der mir jetzt nicht einfallen will, mich glaubte abkanzeln zu können, indem er sich über mein Schreiben über die Damen mit den Schildern ausließ. Tatsächlich gefiel ihm aber vermutlich nicht, was ich über die Aktivitäten seines Verbandes geschrieben hatte. – Nun ist es an der Zeit, sich mal ernsthaft über ein so wichtiges Thema wie Nummerngirls Gedanken zu machen.
Bei Wikipedia gibt es bis auf eine Definition kaum weitere Informationen. „Nummerngirl ist der aus der Umgangssprache stammende Name für diejenige Dame, welche zwischen den Runden von Kampfsportarten, wie z. B. Boxen, Kickboxen oder Mixed Martial Arts, den Ring betritt und dem Publikum ein Schild mit der Nummer der folgenden Runde hochhält. Nummerngirls tragen meistens einen Badeanzug oder einen Bikini und sollen das Publikum während der Kampfpause unterhalten.
Der Begriff stammt ursprünglich vom Revuetheater und vom Zirkus her, bei denen traditionell jede Einzeldarbietung („Nummer“) von einem Nummerngirl angekündigt wurde oder wird.“ Als Quelle wird Sat1 angeben.
Das Magazin „The Ring“ veröffentlichte in ihrer Ausgabe vom Mai/Juni 1965 das Foto eines Nummerngirls. Dieses wurde bei einer Boxveranstaltung im Hacienda Hotel in Las Vegas aufgenommen. Die 1965 abgebildete Dame, in der für heutige Verhältnisse züchtigen Korsage, war wohl eines der ersten Nummerngirls, dessen Foto publiziert wurde. Die Bildunterschrift lautet: „If something like this caught on around the country, gates receipts automatically would fatten.” Auf halbwegs gut Deutsch: „Wenn so etwas wie dies sich im ganzen Land durchsetzt, würden die Einnahmen an der Abendkasse automatisch fetter werden.“ – Nummerngirls setzten sich nicht nur in den USA durch, sondern weltweit. Kaum eine größere Veranstaltung will inzwischen auf sie verzichten.

(C) Ania Pospiech Photography

(C) Ania Pospiech Photography


Die genaue Geburtsstunde der Nummerngirls liegt im Dunkel der Boxgeschichte. Aber vermutlich ist die Dame aus „The Ring“ eine der ersten überhaupt gewesen. Mitte der 60er Jahre wurde Las Vegas mehr und mehr ein Zentrum des Profiboxens. Las Vegas steht in den USA für Unterhaltung, und Nummerngirls werteten die Profiboxveranstaltungen auf; sie unterhielten und unterhalten das Publikum in den Rundenpausen.
Auch was die Vorgänger der Nummerngirls anbelangt, so breitet sich das Dunkel der Boxgeschichte darüber aus. In den 30er Jahren jedenfalls waren Männer im Anzug zu sehen, die zum Teil Zigarre rauchten, die die Karten mit den Nummern in die Höhe hielten. Ich selbst kann mich an eine Filmaufnahme aus den 40er Jahren erinnern, wo ein Mann im Anzug einen flatternden Lappen mit einer Nummer drauf, der an eine Startnummer in der Leichtathletik erinnerte, vor sich hertrug. Es gibt aber insgesamt kaum filmische oder photographische Dokumente von diesen Herren. Sie waren schlicht nicht attraktiv und unterhaltsam genug.
Obwohl doch die Vorgänger der Nummerngirls Nummernmen waren, tat sich das Boxpublikum mit Nummernboys schwer. Auch deren Geburtsstunde liegt im Dunkel. Ich kann mich aber noch daran erinnern, wann und wo ich selbst den ersten in Deutschland gesehen habe. Das war bei der Veranstaltung von Universum Box-Promotion am 13.05.2000 in den Satory Sälen in Köln. Es war auch die erste reine Frauenboxveranstaltung. Es boxten Heidi Hartman, Silke Weikenmeier, Daisy Lang, Marischa Sjauw, Regina Halmich und Michel Aboro. Beim Hauptkampf des Abends, den Michel Aboro bestritt, gab es Nummernboys, also gut gebaute junge Männer mit freiem Oberkörper. Damals kamen die bei einem großen Teil des Publikums, das ja den Anblick von Männern mit nacktem Oberkörper schließlich gewohnt gewesen sollten, nicht gut an. Es gab auch Pfiffe.
Heute gehen boxaffine Zuschauer sehr viel entspannter mit Nummernboys um. Es gibt Promoter, die bei Boxkämpfen von Männern Nummerngirls und Kämpfen von Frauen Nummernboys auftreten lassen. Inzwischen gibt es dafür keine Pfiffe mehr. Offensichtlich fühlen sich die Zuschauerinnen durch Nummernboys unterhalten. Und das ist doch wohl die Hauptaufgabe von Nummerngirls wie Nummernboys, neben ihrem Job, eben die Rundennummern anzuzeigen.
© Uwe Betker

Die ultimativ subjektive Liste 2014

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Boxer des Jahres
Gennady Golovkin (31 Kämpfe, 31 Siege, 28 durch KO) ist zurzeit der beste Mittelgewichtler der Welt. In allen Pound for pound Listen steht er ganz oben. Warum hat kein deutscher Veranstalter ihn unter Vertrag genommen, nachdem Universum Box-Promotion seine Tore geschlossen hatte?

Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Der IBF Cruisergewichtsweltmeister Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) hat sich 2014 mehrfach politisch geäußert und gegen den Völkermord an den Jesiden im Nordirak demonstriert. Das ist nicht nur sehr ehrenwert. Normalerweise äußern sich Profiboxer in Deutschland ja nicht politisch, es sei denn, dass sie ihrer Bewunderung für Wladimir Wladimirowitsch Putin Ausdruck verleihen wollen, oder wenn sie darüber sprechen, dass die Bevölkerung in Russland noch nicht reif sei für eine Demokratie. Dies Engagement vom Hernandez bringt ihm den Titel Boxer des Jahres (ehrenhalber) ein.

Boxerin des Jahres
Özlem Sahin (19 Kämpfe, 18 Siege, 6 durch KO, 1 Unentschieden) wurde am 21.06.2014 Weltmeisterin der WIBF, WBF und GBU im Minimumgewicht. Ohne Veranstalter und ohne Manager erreichte sie dies. Seit 2007 boxt sie nun als Profiboxerin unter wechselnden Trainern. Sie ist ohne Zweifel eine der attraktivsten Boxerinnen der Welt.

KO des Jahres
Habe ich verpasst.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben.

Rookie des Jahres (männlich)
Manager Rainer Gottwald verkündete lautstark, sein Schützling Vincent Feigenbutz (19 Kämpfe, 18 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) könne jetzt Arthur Abraham schlagen. Nun, das bezweifle ich schon. Aber Feigenbutz hat einen guten Punch, und mit einem Mehr an Technik kann der Karlsruher noch weit kommen. Er ist auch seit kurzem bei Sauerland Event unter Vertrag.

Rookie des Jahres (weiblich)
Die Weltergewichtlerin Ornella Domini (8 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO) aus der Schweiz hat zwar erst 8 Kämpfe bestritten, ist aber bereits auf Position 6 der unabhängigen Weltrangliste – und das ohne Titelkampf.

Ringrichter des Jahres
Manfred Küchler vom BDB. Bereits am 14.10.2011 hatte er einem Heimboxer, nämlich Alexander Petkovic, eine Niederlage erspart, indem er beherzt eingriff. Am 26.07.2014 wurde er nun noch zum Wiederholungstäter. Er sorgte nämlich dafür, dass Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO), die von Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ganz regelkonform KO geschlagen worden war, doch ihren WM Titel behalten durfte. Das schaffte er, indem er kurzerhand die Siegerin disqualifizierte.
Ich möchte hier noch mal bemerken, dass es mir persönlich absolut schleierhaft ist, wieso der Bund Deutscher Berufsboxer einen solchen Mann, der offensichtlich das Boxen so sehr hasst, dass er immer wieder versucht, dessen Glaubwürdigkeit zu zerstören, in seinen Reihen duldet. Manfred Küchler vom BDB gebührt eigentlich nicht der Titel Ringrichter des Jahres, sondern wohl eher skandalösester Ringrichter aller Zeiten oder schlechtester Ringrichter aller Zeiten.

Absteiger des Jahres (männlich)
2014 war für Robert Stieglitz (52 Kämpfe, 47 Siege, 27 durch KO, 4 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ein Seuchenjahr. Erst verlor er den Rückkampf gegen Arthur Abraham und war damit auch seinen WBO Titel im Super Mittelgewicht los. Und dann erreichte er gegen Felix Sturm nur ein Unentschieden.

Absteiger des Jahres (weiblich)
Elina Tissen (20 Kämpfe, 18 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) bestritt im Oktober 2013 erst einen Kampf ohne sanktionierenden Verband, den sie gewann. 2014 boxte sie nur einmal. Sie gewann auch wieder. Ihre Gegnerin kam mit einem Rekord von 9 Kämpfen, 4 Siegen, 4 Niederlagen und ein Unentschieden in den Kampf. Das war dann auch noch ein WM Kampf im Federgewicht nach Version WIBF und GBU. – Ich werde mich ehrlich bemühen, nie wieder über diese Frau zu schreiben, die sich selber Maschine nennt.

Aufsteiger des Jahres (männlich)
Der Weltergewichtler Robert Tlatlik (16 Kämpfe, 16 Siege, 10 durch KO) schickt sich an, in die europäische Spitze vorzustoßen.

Aufsteiger des Jahres (weiblich)
Nicole Wesner – Leichtgewicht – 9 Kämpfe, 9 Siege, 4 durch KO, bereits Weltmeisterin der WIBF und WBF, Nummer 8 der unabhängigen Weltrangliste – Was soll ich mehr schreiben?

Aussteiger des Jahres (männlich)
Markus Tomala (11 Kämpfe, 9 Siege, 4 durch KO, 2 Niederlagen) erklärte mir vor ein paar Monaten, er sei noch im Training und warte auf Kämpfe. Aber ich habe den Verdacht, dass er nie wieder in den Ring steigt. Seinen letzten Kampf bestritt Tomala am 16.12.2012. In ihm zeigte er, was aus ihm hätte werden können. Ich habe dem Düsseldorfer Schwergewichtler locker zugetraut, Deutscher Meister zu werden. Auch eine Europameisterschaft traute ich ihm zu. Man mag mich für einen Träumer halten, aber sogar einen heißen Tanz mit einem der Klitschkos habe ich für möglich gehalten. Schade!

Aussteiger des Jahres (weiblich)
Die Federgewichtlerin Goda Dailydaite (9 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO, 1 Niederlage) boxte 2013 zum letzten Mal. Sie verlor gegen Ina Menzer (31 Kämpfe, 30 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage) in deren Abschiedskampf. Offensichtlich konzentriert sie sich jetzt auf ihr Lehramtsstudium.

Veranstalter des Jahres
Veranstalter des Jahres kann nur sehr schwer ein großer Veranstalter mit TV Vertrag werden. Die Großen bekommen viel Geld für ihre Veranstaltungen, aber häufig wirken ihre Shows billig und die Gegner ihrer Boxer sehen schlecht aus. Offensichtlich verschwindet einfach zu viel Geld in den Taschen der Veranstalter, die dann eben zu wenig Geld für ihre Veranstaltungen ausgeben. Da lobe ich mir die vielen Kleinen, die mit viel Mut, viel Enthusiasmus und Liebe – und wenig Geld – veranstalten.
Drei möchte ich hier stellvertretend für viele andere nennen: Benedikt Poelchau, Patrick Driessen, Timor Khalil und Peter M. Pospichal.
Der Veranstalter Benedikt Poelchau ist erneut Veranstalter des Jahres geworden. Zwar veranstaltet er nur selten, aber wenn, dann richtig gut. Seine Show im Volkshaus in Zürich, am 30.08.2014 war einfach vorbildlich. An Poelchau sollten sich die großen und mit TV-Verträgen ausgestatteten Promoter ein Beispiel nehmen. Noch besser wäre es aber, wenn ein Fernsehsender seine Show übertragen würde.

Veranstaltung des Jahres
Die Veranstaltung im Volkshaus in Zürich am 30.08.2014 von Benedikt Poelchau war so gut, dass einer dieser ewigen Nörglern nur bemängeln konnte, dass bei seiner Show die Nummerngirls zu schnell waren.

Boxevent des Jahres
Diese Kategorie sollte ich eventuell ganz streichen. Wenn es nämlich ein Event, also eine Großveranstaltung, nicht schafft, Veranstaltung des Jahres zu werden, warum sollte man ihr dann noch den Trostpreis „Boxevent des Jahres“ zukommen lassen, nur weil die Veranstalter viel Geld dafür bekommen haben?

Fehlentscheidung des Jahres
Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) hat Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) absolut regelkonform KO geschlagen. Der Ringrichter Manfred Küchler vom BDB hat seiner Verachtung für den Sport und das Publikum Ausdruck verliehen, indem er Mathis disqualifizierte. Dass die Entscheidung später in ein No Contest umgewandelt wurde, ändert nichts an dem Skandal.

Trainer des Jahres
Fritz Sdunek (geb. am 18. April 1947 in Lüssow – gest. am 22. Dezember 2014 in Hamburg). Der große Fritz ist tot. Wie kein anderer verkörperte er den Trainer, der bei und mit seinen Schützlingen war. Man hatte nie den Eindruck, dass er seine Boxer als Mittel zum Zweck des Geldverdienens sah. Er war vielleicht der beste und ehrlichste deutsche Trainer aller Zeiten.

Entgleisung des Jahres
Die Entgleisung des Jahres ist eigentlich nichts weiter als eine unglaublich ehrliche Reaktion. Als Ulli Wegner auf der Pressekonferenz mitgeteilt wurde, was der ARD Experte Henry Maske über den Sieg von Yoan Pablo Hernandez (30 Kämpfe, 29 Siege, 14 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) über Firat Arslan (44 Kämpfe, 34 Siege, 21 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) gesagt hatte, war er empört. Wegner polterte: „Dass Henry von einem Fehlurteil spricht, ist eine Schweinerei von ihm. Wer das so sieht, der kann nicht mehr mein Freund sein.“

Boxkampf (männlich) des Jahres
fand nicht in Deutschland statt.

Boxkampf (weiblich) des Jahres
Özlem Sahin (18 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) bestritt am 21.06.2014 ihren ersten WM Kampf. Es ging um die WIBF, WBF und GBU Titel im Minimumgewicht. Eindrucksvoll besiegte sie Thuion Thanyathada alias Buangern OnesongchaiGym (18 Kämpfe, 11 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Von Runde zu Runde stärker werdend, schickte sie ihre Gegnerin in der sechsten Runde nach einer längeren Kombination zu Boden. Wieder auf den Beinen, deckte Sahin sie weiter mit Schlägen ein, unter denen Thanyathada zusammenbrach und ausgezählt wurde. – Ein großartiger Kampf von eine großartige Weltmeisterin.

Comeback des Jahres (männlich)
Graciano Rocchigiani versucht sein Comeback. Nachdem 2012 bekannt wurde, dass er sein komplettes Vermögen durchgebracht hat und Hartz IV bezieht. Nun betreibt er ein eigenes Box Gym.

Comeback des Jahres (weiblich)
2013 musste Rola El Halabi (15 Kämpfe, 14 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage) bei ihrem Comebackkampf, nachdem sie sich von ihren Verletzungen erholt hatte, eine bittere Niederlage einstecken. Damals zeigte sie sich als große und faire Verliererin. Mittlerweile ist sie die Nummer 6 in der unabhängigen Weltrangliste im Junior Weltergewicht und Weltmeisterin der Verbände WIBF, WIBA und UBF.

Bester Show Act des Jahres
Was ist besser als Nummerngirls? – Nummerngirls und Gogo-Tänzerinnen oder Sambatänzerinnen. Auf der Veranstaltung von Patrick Driessen, am 08.11.2014 in Voerendaal bei Heerlen, gab es nicht nur gutes Boxen zu sehen, sondern auch Gogo-Tänzerinnen. Wieso gibt es eigentlich nicht auf allen Profiboxveranstaltungen Gogo-Tänzerinnen?

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Mittelgewichtler Istvan Szili (20 Kämpfe, 18 Siege, 7 durch KO, 2 Unentschieden) könnte innerhalb eines halben Jahres Weltmeister werden. Absolut unverständlich warum kein deutscher Veranstalter mit TV-Vertrag den sympathischen, deutsch sprechenden und klasse boxenden Szili unter Vertrag nimmt. Aber vielleicht sind es ja genau diese drei Eigenschaften, die man nicht haben will.

Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Melanie Zwecker (6 Kämpfe, 5 Siege, 2 durch KO) ist eine Federgewichtlerin aus Karlsruhe, die sich innerhalb ihrer zwei Jahre als Profi sehr schnell entwickelt hat. In ihrem letzten Kampf wurde sie World Boxing Federation International Champion. Wenn sie sich weiter in dem Tempo entwickelt, traue ich ihr Ende 2015 einen WM Titel zu.

Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Der Berliner Mittelgewichtler Arthur Hermann (15 Kämpfe, 14 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage) wird hier meist übersehen, schlicht weil er in London lebt und trainiert und vor allem in Großbritannien boxt. Hermann ist jedoch ein Mann mit Potential.

Boxkampf, den wir 2015 sehen wollen (männlich)
Schön wäre, wenn der WBA Weltmeister im Halbschwergewicht Jürgen Brähmer (47 Kämpfe, 45 Siege, 33 durch KO, 2 Niederlagen) mal wieder gegen einen halbwegs guten Boxer antreten würde. Zsolt Erdei (35 Kämpfe, 34 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage), der von 2004 bis 2009 Weltmeister der WBO im Halbschwergewicht war, wäre da eine gute Wahl.

Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (weiblich)
Wenn es einen Rückkampf geben muss, dann den zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO).
© Uwe Betker

Written by betker

30. Dezember 2014 at 23:59

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Fernsehen und Boxen in Deutschland

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Wenn eine deutsche Fernsehanstalt über eine Debatte im Deutschen Bundestag oder über die Kurse an der Börse oder über einen spektakulären Prozess berichten möchte, dann tut sie das – und sie tut das, ohne dafür Geld zu zahlen. Will dieselbe Fernsehanstalt nun aber über Sportveranstaltungen berichten, z. B. Bundesligafußball oder Profiboxen, dann muss sie die bezahlen. M.E. erwirbt der Zahlende dadurch aber natürlich auch Rechte an dem gekauften Produkt und knüpft an den Kauf Erwartungen.
Das Fernsehen zahlt Millionenbeträge für Sportrechte. Das schafft dann auch einen Legitimierungsdruck, aus dem sich Fragen ergeben: War es denn richtig, einen Vertrag abzuschließen mit diesem oder jenem Promoter? Ist es überhaupt vorstellbar, dass ein Fernsehreporter sich auf diesem Hintergrund zu sagen traut, bei dem folgenden Kampf handele es sich um eine schlechte Kampfansetzung, die ihr Geld nicht wert ist? Wohl kaum! Der TV Sportreporter hat schließlich nicht nur die Aufgabe, über die Veranstaltung zu berichten, sondern er muss sie verkaufen. Der Journalist hört hier auf, Berichterstatter zu sein, er wird zum Verkäufer.
Gleichzeitig gilt es, die Wünsche und Erwartungen der Zuschauer zu bedienen. Eine Berichterstattung wollen die allerdings meist gar nicht, sondern mehr Fan-TV – zumindest beim Fußball. Sie wollen vor allem nicht, dass ihr Lieblingsclub vom Moderator schlecht geredet wird. Von Seiten der TV-Sender sollte man hier nun zumindest Neutralität erwarten. Man kann sich allerdings schon auch fragen, ob eine solche Neutralität überhaupt möglich ist bei den Erwartungen und Summen, die da im Spiel sind. Dass dieses Spannungsfeld existiert, ist unbestritten.
Was die Erwartungen von Fußballzuschauern betrifft, so können wir uns schon ein ziemlich genaues Bild machen. Die Frage, die sich hier nun stellt, ist, was die Zuschauer wohl von einer Übertragung von Profiboxveranstaltungen erwarten?
Ich möchte nämlich behaupten, dass sich die Zuschauer, die sich im Fernsehen Fußball und die, die sich Boxen anschauen, unterscheiden. Damit möchte ich nicht gesagt haben, dass es sich dabei nicht um dieselben Zuschauer handeln könnte. Die Mehrzahl derjenigen, die sich Fußball anschauen, sind Fußballfans, die ihre Lieblingsclubs und ihre Lieblingsspieler haben – und sie bringen auch ein gerüttelt Maß an Fachwissen mit. Demgegenüber haben zwar die Zuschauer von Boxveranstaltungen auch Lieblingsboxer, aber sie interessieren sich in der Regel nicht fürs Boxen allgemein oder für ein Boxen jenseits der übertragenen Veranstaltung. Dementsprechend ist es mit dem Fachwissen dieser Zuschauer auch nicht sehr weit her. Profiboxen wird von der Mehrzahl der Fernsehzuschauer als Event angesehen und als solches auch konsumiert.
Wenn man akzeptiert, dass ein großer Teil der Zuschauer Boxen als ein Event ansieht und die emotionale Bindung an einzelne Boxer nur gering ist, dann könnte man daraus m.E. aber auch die Konsequenz ziehen, den Zuschauern auch gutes Boxen zu bieten. Es ist doch schließlich gar nicht nötig, Boxer, die sowieso kaum jemand kennt, mit einfachen Gegnern zu füttern, nur damit der Veranstalter einen Weltmeister mehr unter Vertrag hat.
In der Süddeutschen Zeitung war unlängst der Vorwurf zu lesen – wieder mal bezogen auf den Fußball -, manche Sportjournalisten seien Fans, die es hinter die Absperrung geschafft hätten. Damit sollte ihre mangelnde Distanz, Neutralität und Kritikfähigkeit beschrieben werden. Wir erinnern uns auch noch daran, wie Journalisten dafür Schelte bekamen, dass sie, für die meisten der Fans an den Fernsehgeräten und auch für ihre Kollegen, Jürgen Klopp und Per Mertesacker zu forsch interviewt hatten. Immerhin wird aber beim liebsten Sport der Deutschen wenigsten hin und wieder noch kritisch nachgefragt. Beim Boxen dagegen gibt es kaum Journalisten, die auch selbst Fans des Sportes sind, und nur sehr wenige sind Experten. Das merkt man dann der Berichterstattung auch an.
Wieso müssen eigentlich alle Journalisten immer Allrounder sein, mit dem Anspruch, über alle Sportarten alles zu wissen? Dabei täte eine Spezialisierung sowohl der Branche als auch der Sportart gut. Fachleute könnten die Fernsehsender immerhin davor bewahren, teures Geld für schlechte und mittelmäßige Veranstaltungen auszugeben. Dadurch könnten dann die TV-Sender auch vielen Kritiken ihrer Arbeit die Spitze nehmen. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auch heute noch Boxen zeigen würden, hätten sie in der Vergangenheit nicht gefühlt so viele schlechte und unnötige Hauptkämpfe gezeigt, Fehlentscheidungen schön geredet und bekannt hörige und devote Punktrichter akzeptiert.
Mehr Fachleute unter den Journalisten könnten die Berichterstattung verändern. Wir wissen, dass Sportjournalismus seinen Ursprung nicht in der Motivation hat, kritisch oder gar investigativ zu berichten. Die Tour de France war schließlich vor allem eine Marketingidee einer Sportzeitung von 1903. Der Kicker und die Fußballwoche waren auch schon die offiziellen Organe des Verbandes. Ähnlich sieht es auch im Boxsport aus. Nur wenn man auch etwas von dem Sport versteht, kann man angemessen darüber berichten und ist unabhängig von Pressemappen und von den Einschätzungen der Trainer, Boxer und Veranstalter.
Zugegeben, eine etwas kritischere Berichterstattung ist zum einen zeitaufwendiger und zum anderen auch mit gewissen Risiken verbunden. Viele deutsche Veranstalter sind dünnhäutig und reagieren auf Kritik nicht gerade souverän. Als Journalist findet man sich dann schnell schon mal hinter einer Säule sitzend oder ganz hinten. Akkreditierungsanträge werden abgelehnt. Zur After-Show-Party wird man nicht mehr eingeladen. Man fliegt aus dem Presseverteiler. Man wird nicht mehr gegrüßt und man bekommt keine Interviewtermine mehr oder sogar gleich Hausverbot. Kurz gesagt, dünnhäutige Veranstalter versuchen kritische Journalisten von Informationsquellen abzuschneiden und für vermeintliches Fehlverhalten zu bestrafen. Das ist alles unbequem.
Trotzdem entscheiden letztlich die Sender selber über die Qualität von TV-Boxveranstaltungen. Dessen sollten sie sich auch bewusst werden und danach handeln.
© Uwe Betker

Written by betker

20. Dezember 2014 at 23:59

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Alle Boxer und Trainer sind gleich. Aber manche sind gleicher als andere.

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„All animals are equal, but some are more equal than others.“ Dieses berühmte Zitat von George Orwell, verballhornt auf zynische und bittere Weise den Gleichheitsgedanken. Es ist natürlich sehr naiv an die Gleichheit der Menschen zu glauben, aber ist denn das gleich ein Grund, ihn mit Füßen zu treten?
Der Deutsche Boxsportverband (DBV) ist ein nationaler Verband der AIBA (Association Internationale de Boxe). Um es noch einmal deutlicher zu sagen: der DBV, also der Verband der Amateurboxer, ist ein nationaler Verband der AIBA, also des Weltverbandes des Amateurboxsports. Die AIBA versucht nun den Profiverbänden mit einer eigenen Profiliga, der APB (Amateur Pro Boxing), Konkurrenz zu machen. Allein das ist schon absurd. Zum einen ist es ja schon ein Widerspruch in sich, wenn ein Amateurverband Profiboxen veranstalten will. Zum anderen wird hier aber auch die Glaubwürdigkeit des Amateurboxens zerstört.
Einem lizenzierten Trainer des DBV ist es schließlich untersagt, einen Profiboxer zu trainieren und ihm zu sekundieren. Gleichzeitig ist der deutsche Amateurverband aber stolz darauf, die „logistische Herausforderung“ gemeistert zu haben, ihre Profiboxer von DBV Trainern auf ihre Kämpfe vorbereiten zu lassen. Wie gesagt, der gleiche Verband sperrt immer noch Trainer, sobald sie bei Profiboxveranstaltungen sekundieren – natürlich nur, wenn es nicht gerade Veranstaltungen der AIBA sind.
Um nun auch wirklich allen vor Augen zu führen, dass der DBV mit zweierlei Maß misst, will der Verband sich jetzt auch noch mit einem weiteren Profitrainer, nämlich Torsten Schmitz, verstärken.
Es fällt mir jetzt leider gerade nicht ein, wer in der Fabel „Farm der Tiere“, gleich noch die Tiere waren, die mit zweierlei Maß maßen und den Gleichheitsgedanken pervertierten. Vielleicht sollte ich das Buch noch einmal lesen.
© Uwe Betker