Posts Tagged ‘Rechte zum Kopf’
Vier Profiboxkämpfe in der Yayla Arena in Krefeld
Klaus Waschkewitz stellte in Krefeld eine große Kampfsportveranstaltung auf die Beine. Die Yayla Arena in Krefeld war Austragungsort von 16 Kämpfen, einem MMA, fünf K1, sechs IKBO Boxkämpfen und vier Profikämpfen. Insgesamt gab es fünf Titelkämpfe.
Leider habe ich aufgrund eines Missverständnisses die ersten beiden Profiboxkämpfe, die früh am Abend stattgefunden hatten, verpasst. Im Super Leichtgewicht besiegte Nawid Hakimsadeh (12 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage) Dominik Tietz (21 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 15 Niederlagen, 10 durch KO) in einem Vierrunder. Tietz musste verletzungsbedingt in Runde 2 aufgeben.
Im Weltergewicht wurde der bis dahin ungeschlagene Piergiulio Ruhe (7 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) Ende der vierten Runde aus dem Kampf genommen. Damit wurde Hamisi Maya (12 Kämpfe. 9 Siege, 8 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) der neue Intercontinentalmeister der GBC.
In dem ersten Kampf, den ich dann sah, traf der Düsseldorfer Schwergewichtler Dominic Vial (5 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO) auf Sebastian Tuscherer (33 Kämpfe, 15 Siege, 6 durch KO, 18 Niederlagen, 8 durch KO). Sie maßen im Schwergewicht in einem Sechsrunder ihre Kräfte. Vial beherrschte die Ringmitte. Er arbeitete schön mit der Führhand. Tuscherer versuchte den Reichweitennachteil durch Schwinger zum Kopf und durch Körperhaken auszugleichen. In der zweiten Runde wollte er Vial einfach überrollen. Der aber boxte technisch schön weiter und stellte Tuscherer in der eigenen Ecke, wo er ihn nicht mehr raus ließ. Tuscherer ließ sich von dem GBA Ringrichter Ahmed Bencheikh, der praktisch nichts zu tun hatte, anzählen und stellte sich dann wieder zum Kampf. Vial aber wollte dem nun ein Ende setzen. Er deckte sein Gegenüber mit einer langen Kombination ein, der Tuscherer nichts entgegen zu setzen hatte. Seine Ecke warf ein Handtuch. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 1:01 Minuten: Dominic Vial.
Den Hauptkampf des Abend bei den Profiboxern bestritten im Halbschwergewicht Alpay Yaman (10 Kämpfe, 9 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage) und Alexander Rigas (10 Kämpfe, 10 Siege, 5 durch KO). Es ging um den vakanten Continentaltitel der IBO. Vor dem Kampf hatten beide den gleichen Kampfrekord. Nach einer Minute war das Abwarten beendet und es begann der klassische Kampf Fighter gegen Boxer. Rigas versuchte lang und grade zum Kopf anzuboxen und zwischendurch Körperhaken einzustreuen. Yaman suchte durch Kopf- und Körperhaken zum KO zu kommen. Am Ende der Runde kam er auch mit einer Rechten zum Kopf durch, die Rigas erschütterte. In der zweiten Runde wurde der Kampf verbissen und hart geführt. Rigas kam immer wieder mit Körperhaken durch, Yaman traf seltener, dafür aber härter. In der dritten Runde hielt sich Rigas seinen Gegner mit der Führhand vom Hals. Er ließ ihn auch ein ums andere Mal ins Leere laufen. Dabei zu Gute kam ihm , dass Yaman praktisch während des gesamten Kampfes nie anboxte. Nur Mitte der vierten Runde boxte er eine Zeitlang an und erarbeitet sich dadurch dann auch seine Momente. Aber während der ersten wie der dritten Minute bestimmte Rigas das Kampfgeschehen durch seine Führhand. Auch in der fünften Runde wurde ausschließlich durch Rigas Führhandarbeit der Ton angegeben. Am Ende des sechsten Durchgangs kam er mit einer harten Rechten zum Körper durch, die Yaman nicht mochte. Nach einer Minute in der siebten Runde musste Rigas zu Boden: Ein Tiefschlag hatte ihn gefällt. Danach schien sich der Kampf neu zu erfinden. Beide Boxer suchten den Schlagabtausch, der hin und her ging. Rigas wollte sich offensichtlich für das Foul rächen, was Yaman in die Karten spielte.
In der achten Runde gewann Rigas wieder die Oberhand und dominierte das Kampfgeschehen durch seine Führhand. Allerdings wurden seine Beine langsamer, wodurch Yaman mehr Szenen bekam. In der neunten Runde hatte Rigas wieder mehr Kraft. In der zehnten und letzten Runde versuchte Yaman die drohende Niederlage in diesem großartigen Kampf noch abzuwenden, aber Rigas ließ ihn auch jetzt ins Leere laufen.
Die Punktrichter werteten: 95:95, 93:97 und 93:97. Punktsieger: Alexander Rigas
Alexander Rigas zeigte eine große boxerische Leistung. Er ist jemand, den man im Auge behalten sollte. Einen Rückkampf mit Alpay Yaman, der hinter seinen Möglichkeiten zurück geblieben ist, wäre ein schöner Kampf für 2020.
(C) Uwe Betker
Eine sehr ungewöhnliche Boxveranstaltung
Profiboxveranstaltungen finden an den verschiedensten Orten statt: Hallen jeglicher Größe, Auto- und Möbelhäuser, Fußballstadien und Aschenplätze, Marktplätze und Säle von Kneipen. Auch Messehallen waren schon häufig Austragungsort. Aber eine Messehalle während einer laufenden Publikumsmesse, das ist mir noch nicht unter gekommen. Die Zuschauer der Boxkämpfe waren m.a.W. die Messebesucher.
Halle 7 der Messe Essen war der Ort, wo am 18. November 2017, also am Samstag, mittags die Fäuste flogen. Die Messe „Mode, Heim und Handwerk“ selber ist eine Verbrauchermesse, auf der man wohl so ziemlich alles, was es auf er Welt gibt, kaufen kann: japanische Automobile, Handtaschen, Rolltore, heilende Steine, Rückenmassagen, Hosen und Mäntel, Schmuck und Dinge, die ich noch nie gesehen habe. Hinzu kommen die verschiedensten Selbsthilfegruppen, Imbisse, Hilfsorganisationen, Feldjäger, Handwerksorganisationen und Vereine. In besagter Halle 7 stellten sich hauptsächlich die verschiedensten lokalen Vereine vor, vor allem Sportvereine. Und hier nun wurde geboxt.
Bereits beim Wiegen am Vortag zeichnete sich ab, dass die Veranstaltung sehr ungewöhnlich werden würde. Im Vorprogramm zum Wiegen wurde schon mal Bauchtanz und Rockabilly Tanz und Gesang geboten. Letztgenanntes wurde von Mitgliedern der „Wirtschaftswunder-Revue“ grandios aufgeführt. Und zum Bauchtanz wäre zu sagen: Gab es je vorher Bauchtanz im Rahmen einer Boxveranstaltung? Am Kampftag selbst traten auch alle wieder auf, verstärkt durch eine Sängerin. Für mich sollte es ruhig mehr Bauchtänzerinnen und mehr Tänzer- und Sängerinnen von der „Erdbeerbrause“ Revue geben. Ringsprecher und Conférencier war Thomas Bielefeld, die Stimme des Boxens in Deutschland.
So ungewöhnlich wie der Veranstaltungsort war auch der Veranstalter. Denn dieser war die German Boxing Association. Vermutlich war es das erste Mal, dass ein deutscher Boxverband selber als Veranstalter fungierte. Das liegt wohl daran, dass die GBA hier zum einen Werbung für den Boxsport machen und zum anderen das karitative Projekt GIBEI (https://gibei.jimdo.com/) unterstützen wollte. Veranstalterin des WBF WM-Kampfes war die 15-jährige Ranee Schröder, die wohl immer noch die jüngste Promoterin der Welt sein dürfte.
Leider gab es insgesamt nur zwei Kämpfe zu sehen. Allein am Kampftag wurden drei Kämpfe krankheitsbedingt abgesagt. Mustafa Isa und Issac Maganga gaben ihr Profidebüt im Cruisergewicht. Isa, ein syrischer Flüchtling, dessen Lebensgeschichte schon durch die Medien gegangen ist, boxte abgeklärt und ruhig. Er machte von Anfang an Druck und trieb Maganga vor sich her. Mehrfach stellte er ihn an den Seilen und deckte ihn ein. Magangas etwas unorthodoxe Doppeldeckung blockte jedoch viele Schläge ab. Mit seinen Schlägen auf der Außenbahn war Maganga auch nicht ungefährlich. Die erste Runde war munter. Die zweite Runde wurde dann härter geführt. Das lag zum einen daran, dass Isa den Druck erhöhte, zum anderen daran, dass Maganga nun auch durch die Mitte schlug. In der dritten Runde erhöhte Isa erneut den Druck. Die Ecke von Maganga kam mit dem Wurf des Handtuchs einem Niederschlag zuvor.
Sieger durch TKO in Runde 3 nach 1:35 Minuten: Mustafa Isa.
Der Hauptkampf des Tages war die Weltmeisterschaft nach Version WBF im Cruisergewicht zwischen Serdar Sahin (29 Kämpfe, 27 Siege, 18 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) und Diego Javier Sanabria (82 Kämpfe, 60 Siege, 46 durch KO, 9 Niederlagen, 6 durch KO, 3 Unentschieden). Sahin, der über ein Jahr nicht geboxt hatte, zeigte schön systematisches und ruhiges Boxen. Besonders gefiel mir seine steife linke Führhand, mit der er den Kampf bestimmte. Nur wenige Male setzte Sahin, der Sven Ottke in der Ecke hatte, seine Rechte ein. Sanabria versuchte nur selten Aktionen, und wenn er es tat, dann kamen sie über die Außenbahn und waren für Sahin nur mäßig gefährlich. Die erste Runde war von Abtasten geprägt. Anfang der zweiten Runde stellte Sahin seinen Gegner an den Seilen. Eine Rechte zum Kopf über die Deckung, gefolgt von drei weiteren Schlägen – und Sanabria knickte ein, ging aber nicht zu Boden. Die gleiche Aktion, an gleicher Stelle, nur mit ein paar Schlägen mehr, ließ Sanabria am Ende der Runde erneut einknicken. Damit hatte Sahin den Schlüssel gefunden, mit dem Sanabria zu knacken war. In der dritten Runde nahm Sahin sich die Zeit, die Lücke zu suchen, die er dann auch fand. Ein harter Leberhaken, gefolgt von einer Rechten zum Kopf fällte Sanabria. Der kam zwar noch mal hoch, aber Ringrichter Mike Wissenbach zählte den noch schwankenden Mann aus.
Sieger durch KO in Runde 2, nach 1:55 Minuten: Serdar Sahin.
Es war eine sehr ungewöhnliche Boxveranstaltung, eine, die Werbung für den Boxsport machte. Es ist jetzt auch Zeit, Werbung fürs Boxen zu machen und das Publikum zurück an den Ring zu locken. Ich persönlich würde mir wünschen, dass jedes Jahr im Rahmen der „Mode, Heim und Handwerk“ so eine Veranstaltung stattfindet, mit hoffentlich dann mehr Kämpfen.
© Uwe Betker