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Zehn Profiboxkämpfe in Gummersbach

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Am 01.12.2018 war die Schwalbe Arena in Gummersbach Austragungsort einer Veranstaltung von Sauerland Event. Es gab zehn Profiboxkämpfe und zwei nationale Boxverbände zu sehen. Die Mehrheit der Kämpfe wurde sanktioniert von dem Faustkämpferverband Austria. Die Deutsche Meisterschaft im Weltergewicht und die zwei Kämpfe des „The Next Rocky“ Turniers wurden aber vom Bund Deutscher Berufsboxer sanktioniert.

Den Anfang machten zwei Damen im Bantamgewicht: Alicia Holzken gab ihr Profidebüt gegen Gabriella Mezei (30 Kämpfe, 9 Siege, 3 durch KO, 17 Niederlagen, 6 durch KO, 4 Unentschieden). Holzken versuchte immer wieder, mit weiten rechten Haken durchzukommen. Der Kampf war hektisch und wurde in der zweiten Runde unsauber. Man drückte einander runter, steckte durch, schlug auch nach dem „Break“ und schubste sich zu Boden. Der FVA Ringrichter Alexander Plumanns hatte alle Hände voll zu tun. In der dritten und vierten Runde wurde etwas sauberer geboxt und dadurch gab es dann auch mehr Schlagabtäusche, bei denen beide Boxerinnen harte Treffer nahmen. Einstimmige Siegerin nach Punkten: Alicia Holzken.

Es folgte ein Vierrundenkampf im Mittelgewicht mit Simon Zachenhuber (5 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO) und Danail Stoyanov (7 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 5 Niederlagen). Zachenhuber boxte schön gerade und verteilte gut. Immer wieder bearbeitete er den Körper seines Gegenübers, um die Deckung herunterzuziehen. Ab der zweiten Runde blutete Stoyanov aus der Nase. Immer wieder wurde er in einer Ecke gestellt, aber er schaffte es, auch immer wieder rauszukommen. Einstimmiger Sieger nach Punkten (40:36, 40:36 und 40:36): Simon Zachenhuber.

Im Super Mittelgewicht bestritt Yusuf Kanguel (21 Kämpfe, 17 Siege, 11 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) einen Sechsrunder gegen Slavisa Simeunovic (66 Kämpfe, 31 Siege, 28 durch KO, 35 Niederlagen, 27 durch KO). Kanguel machte von Anfang an sehr beherrscht und souverän Druck. Er verteilte gut und kam mehrfach mit harten Rechten zum Kopf durch. Ende der ersten Runde schien Simeunovic beeindruckt. In der zweiten Runde nahm er viele harte Schläge. Irgendwann ging er dann zu Boden und ließ sich von Ringrichter Bayasgalan Sandag ausgezählt. Sieger durch KO in Runde 2, nach 2:33 Minuten: Yusuf Kanguel.

Im Super Weltergewicht boxten Nick Klappert (29 Kämpfe, 26 Siege, 15 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) und Sergej Wotschel (16 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO, 4 Niederlagen, 1 Unentschieden) gegeneinander. Wotschel beherrschte die Ringmitte. Klappert kreiste um ihn herum. Wotschel arbeitete mehr, Klappert hatte die saubereren Treffer. Am Anfang der zweiten Runde ging Wotschel zu Boden, aber es war nur ein Ausrutscher. In der dritten Runde wurde er mehrfach mit der Rechten zum Kopf abgekontert. Es bildete sich eine Schwellung unter dem linken Auge, die Runde für Runde größer wurde. Die folgenden Runden dominierte Klappert mit seinem Reichweitenvorteil. Im sechsten Durchgang schaffte es Wotschel mehrfach, sein Gegenüber in einen Schlagabtausch zu verwickeln. In der siebten knickte er dann nach einem harten Konter ein. Die achte Runde war nochmal hart umkämpft. Einstimmiger Sieger nach Punkten (79:73, 79:73 und 79:73): Nick Klappert.

Es folgten zwei Kämpfe aus dem „The Next Rocky“ Turnier. Beides waren Dreirunder – warum die Kämpfe des Turniers unter der Rundenzahl von Debütanten liegen müssen und daher auch nicht bei Boxrec eingetragen werden, erschließt sich mir nicht.

In dem ersten Dreirunder im Halbschwergewicht trafen Arton Berisha (8 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO) und Serdar Kuran, der sein Profidebüt gab, aufeinander. Kuran trug seinem Gegenüber den Kampf an. Dieser versuchte, seinen Reichweitenvorteil zu nutzen und zu kontern. Beide standen mit zunehmender Kampfdauer häufiger Fuß und Fuß und schlugen aufeinander ein. Die dritte Runde wurde sehr verbissen geführt. Kuran zog sich dabei einen Cut über dem linken Auge zu. Die Ringrichterin Jana Melanie machte einen guten Job. Sieger nach Punkten durch Mehrheitsentscheidung: 29:28, 28:29 und 29:28): Serdar Kuran.

Den zweite Dreirunder bestritten Ronny Lopez (5 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO) und Enis Agushi (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO) im Super Mittelgewicht. Agushi begann stark. Er konnte seine physische Überlegenheit zunächst gut nutzen und machte den Kampf. Dann aber wurde er von Lopez an den Seilen gestellt und nahm. In der zweiten Runde stellte nun Agushi Lopez in einer neutralen Ecke und deckte ihn ein. Lopez machte kaum Anstalten, daran etwas zu ändern. Er kam zwar wieder heraus, wurde aber direkt anschließend an den Seilen gestellt und weiter eingedeckt. Als er wieder keine Anstalten machte, sich zu wehren, nahm Ringrichterin Melanie ihn zu Recht aus dem Kampf. Sieger durch TKO in Runde 2, nach 1:42 Minuten: Enis Agushi.

Serdar Kuran und Enis Agushi sind offenbar ins Finale „The Next Rocky“ in ihrer jeweiligen Gewichtsklasse eingezogen. Sie werden im Januar wieder Dreirundenkämpfe bestreiten.

Es folgte ein Achtrunder im Halbschwergewicht mit Leon Bunn (12 Kämpfe, 12 Siege, 7 durch KO) und Yannick N’Galeu (10 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO). Bunn war dominant. Er trieb seinen Gegner vor sich her, zeigte schnelle Hände und eine gute Technik. Ende der zweiten Runde kam er mit einer schönen Rechten, gefolgt von einem linken Kopfhaken durch. Die nächste Runde gestaltete sich munter. Beide wollten den Schlagabtausch und nahmen die Angebote ihres Gegenübers an. Am Ende der Runde kam Bunn mehrfach mit einer harten Rechten zum Kopf durch. Die folgenden Runden erarbeitete sich Bunn immer wieder Vorteile. In der siebten Runde zog er sich dann einen kleinen Cut über dem rechten Auge zu. In der letzten Runde kam N’Galeu auf, konnte Bunn aber nicht gefährden. Der Ringrichter Jörg Milke hatte praktisch nichts zu tun. Einstimmiger Punktsieger (79:73, 79:73 und 79:73): Leon Bunn.

Im Mittelgewicht maßen sodann Denis Radovan (12 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) und Ronny Mittag (36 Kämpfe, 30 Siege, 15 durch KO, 3 Niederlagen, 3 Unentschieden) in einem Zehnrunder ihre Kräfte. Es war der erwartet gute Kampf. Beide Boxer zeigten technisch gutes Boxen. Radovan war allerdings der Bessere. Mittag kompensierte das durch seine Physis. Beide beherrschten abwechselnd die Ringmitte und damit das Kampfgeschehen. Die dritte Runde begann und verlief spektakulär. Es begann mit einem harten Abtausch, den Mittag für sich entscheiden konnte. Dann kam Radovan und deckte Mittag mit mehreren langen und harten Kombinationen ein, bei denen vielen Hände ihr Ziel fanden. Es schien als wäre Mittag beeindruckt. Er ging auch zu Boden, aber dies war eher die Folge eines Stoßes. Intensiv ging es dann weiter. In der fünften Runde schien der Kampf zu kippen. Mittag kam auf. Gleichzeitig schwoll sein Gesicht immer mehr an. Unter seinem rechten Auge wurde die Schwellung immer größer und behinderte damit  auch immer stärker seine Sicht. Radovan kam dann wieder zurück und erarbeitete sich Vorteile in den nächsten zwei Durchgängen. In der achten Runde kam Mittag nochmal auf. In der neunten Runde konnte dann Radovan erhöhen und punkte mit langen Links-Rechts-Kombinationen zum Kopf durch die Mitte. Der verbissen und hart geführte Kampf wurde souverän von Ringrichter Alexander Plumanns geleitet. Die Punktrichter werten 96:94, 94:96 und 95:95 – Unentschieden. Ich sah den Ausgang des Kampfes anders.

Deniz Ilbay (22 Kämpfe, 21 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage) und  Denis Krieger (23 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO, 7 Niederlagen, 2 Unentschieden) boxten danach im Weltergewicht die vakante Deutsche Meisterschaft nach Version BDB aus. Beide zeigten Boxen auf hohem technischem Niveau. In der ersten Runde tastete man einander ab und es gab nur wenige Aktionen. Beide konnten zu gut antizipieren, was der jeweils andere vorhatte. Von Runde zu Runde wurde es dann aber munterer. In der vierten Runde setzte Ilbay Akzente durch die Geschwindigkeit seiner Hände. Ende der fünften Runde stellte er Krieger in den Seilen und deckte ihn ein. Krieger ging langsam runter und setzte sich auf das zweite Seil von unten. Ringrichter Mustafa Erenay zählte ihn an, worüber Krieger sich beschwerte. Aber bereits in der nächsten Situation wurde Krieger erneut gestellt und musste nehmen. Kurz vor dem Rundenende kam er nochmal zurück und es gab einen harten Schlagabtausch. Die sechste Runde war hart umkämpft. In der siebten Runde wurde Ilbay seinerseits mehrfach gestellt. Es sah sogar so aus, als sei er durchgeschüttelt worden. Auch die achte Runde war wieder hart umkämpft, ebenso die neunte. Hier blockte Krieger einige Schläge mit seinem Gesicht. Offensichtlich wollte er zeigen, dass die Schläge ihm nichts anhaben könnten. Aber auch Ilbay ließ sich ohne Not an Seilen und Ecken stellen. Er deckte sich aber. In der zehnten Runde versuchten beide noch einmal alles. Es war aber keiner dazu fähig, seinen Gegener zu fällen. Einstimmiger Punktsieger (96:91, 98:91 und 99:90): Deniz Ilbay.

Hauptkampf des Abends war ein Zehnrunder im Super Weltergewicht mit Abass Baraou (4 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO) und Sasha Yengoyan (48 Kämpfe, 41 Siege, 25 durch KO, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden). Bemerkenswert war, dass Baraou schon in seinem vierten Kampf einen Zehnrunder bestritt und dass er den Hauptkampf machte. Baraou boxte überlegen und systematisch. Er bereitete seine Aktionen schön mit seiner steifen linken Führhand vor. Besonders schön waren sein rechten Cross oder seine rechten Graden. Yengoyan hielt dagegen und hatte seine Momente, wenn er zum Körper durchkam. Ab der fünften Runde wirkte er jedoch hilflos. Er schob sich an Baraou heran, um Treffer zu setzten und nahm dabei Schlag um Schlag gegen den Kopf. In der sechsten machte Baraou weniger, wodurch sein Gegner wieder stärker wurde. Er ließ sich sogar an den Seilen stellen. Die Schläge von Yengoyan gingen jedoch auf die Deckung. Dann explodierte Baraou, drehte sich raus und schlug mehrere harte Haken zum Kopf. Einer öffnete einen Cut über dem linken Auge von Yengoyan. Die siebte und achte Runde waren hart umkämpft, die neunte sogar noch härter. Yengoyan nahm viele harte Treffer, aber er steckte niemals auf. In der zehnten und letzten Runde versuchte Yengoyan noch einmal den Kampf zu drehen, aber er schaffte es nicht. Einstimmiger Punktsieger (100:90, 100:90 und 100:90): Abass Baraou.

Wenn alle Punkrichter Baraou auch alle Runden gegeben haben, so heißt das noch nicht, dass es eine einseitige Sache gewesen wäre. Es war tatsächlich ein hart erarbeiteter Sieg über einen starken Gegner.

© Uwe Betker

Written by betker

2. Dezember 2018 at 23:59

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Andy Bowen vs. Jack Burke – Der längste Boxkampf aller Zeiten

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Am 06. April 1893 fand im „Olympic Club“ von New Orleans der längste Boxkampf aller Zeiten statt. Der Kampf ging über sage und schreibe 110 (!) Runden und er dauerte über sieben Stunden. Es standen sich Andy Bowen und Jack Burke dabei gegenüber, die ihre Kräfte miteinander maßen. Es ging um die „Meisterschaft des Südens“ im Leichtgewicht. Das Preisgeld für den Sieger betrug 2.500 Dollar. Dass an diesem Tag allerdings Geschichte geschrieben werden sollte, konnte vorher keiner wissen.
Nur wenige Jahre vorher war das Preisboxen in den gesamten Vereinigten Staaten noch verboten gewesen. Erst 1890 wurde es im Bundesstaat Louisiana wieder erlaubt. New Orleans entwickelte sich zu einer der Box-Metropolen der USA. Man hielt sich zwar an die „Queensberry“-Regeln, aber das Boxen jener Zeit, war erheblich härter als heute. Viele Männer wurden damals Preisboxer, weil das für sie einfach eine Möglichkeit war, ihre prekären Lebensumstände zu verbessern. Und für diese Chance waren diese Männer damals bereit, alles zu geben. Sie waren sogar bereit, ihr Leben dafür zu geben, denn viele starben tatsächlich erheblich früher.
Die „Queensberry“-Regeln sind in den 1880er Jahren eingeführt worden und hatten sich 1893 durchgesetzt. Damit waren viele Standards, die wir heute kennen, ins Regelwerk aufgenommen: das Tragen von Boxhandschuhen, eine Rundendauer von drei Minuten, Pausen von einer Minute und das Anzählen bei Niederschlägen bis zehn. Die Rundenzahl war aber, wenn nicht anders vereinbart, noch nicht begrenzt und der Kampf war erst dann zu Ende, wenn ein eindeutiger Sieger feststand. Wie schon gesagt: Preisboxen war damals härter als heute.
Andy Bowen wurde am 05.02.1864 in New Orleans geboren. Er war 165cm groß und wirkte stämmig. Er war hart und zäh. Er konnte austeilen und er konnte nehmen. Er vertraute, zu Recht, mehr seiner Ausdauer und seiner Kraft als seinem doch überschaubaren boxerischen Können. Er arbeitete als Schmied und auf Baumwollfeldern. Seinen Kampfrekord kann man, wie bei allen seinen Zeitgenossen, nur näherungsweise rekonstruieren. Verbürgt sind jedenfalls 26 Kämpfe (15 Siege, 7 durch KO, 4 Niederlagen, 3 durch KO, 5 Unentschieden).
Er hatte es schwer sich in New Orleans als „Heimboxer“ zu etablieren, denn er hatte einen duklen Teint. Er wehrt sich zeitlebens gegen die Kategorie „Farbiger“. Er behauptet von sich spanische Vorfahren gehabt zu haben. Obwohl einige Zeitungen über ihn als Farbigen berichteten schaffte er es, vom Publikum angenommen zu werden.
An dem besagten Tag, am Donnerstag, dem 06. April 1893, stieg Andy Bowen als Favorit in den Ring. Er war der erfahrenere Boxer und er war der Heimboxer. Er hatte 1890 sogar einen Kampf bestritten, der als Weltmeisterschaft im Leichtgewicht promoted worden war. Dabei unterlag er Jimmy Caroll durch KO in Runden 21. Bowen war vorher schon mehrmals im „Olympic Club“ in New Orleans aufgetreten. 8.500 Zuschauer wollten den Kampf um die „Meisterschaft des Südens“ im Leichtgewicht sehen. Bowen wog 129 und Burke 130 Pfund, also 58,51 bzw. 58,96 Kg.
Bowen traf auf den erst 18-jährigen Jack Burke. Burke wurde am 01.01.1869 in Chicago, Illinois, geboren. Weil er in Galveston, Texas, lebte, vermarktete er sich als „Texas“ Jack Burke und das ermöglichte es den Veranstaltern, diesen Kampf als „Meisterschaft des Südens“ zu bewerben. – Schon damals verwendeten Promoter, wie man sieht, windige Titel, um das Publikum zu ziehen. – Burke hatte bis dahin siebenmal geboxt. Fünfmal hatte er gewonnen, einmal durch KO verloren und einmal hatte er ein Unentschieden erreicht. Einmal, bei einem Sieg, hatte er 43 Runden geboxt.
Der Kampf begann um 21 Uhr. Beide Kontrahenten gingen ein hohes Tempo. Offensichtlich waren beide bemüht, ein schnelles und vorzeitiges Ende des Kampfes herbeizuführen. – Dazu kam es aber nicht. In diesem Kampf gab es keinen Niederschlag, ein Novum in dieser Zeit. Stunde um Stunde prügelten Bowen und Burke aufeinander ein. Keiner wollte aufgeben.
In der 50. Runde wurden die beiden Boxer sichtlich langsamer. In der 51. Runde fragte Bowen Burke, warum er nicht mehr so hart zurückschlüge. Burke antwortete: “I can’t both my hands are gone.“ Burke hatte sich an beiden Händen Fingerknöchel gebrochen. Aber er kämpfte weiter.
Je länger der Kampf dauerte, umso müder wurden die Akteure und die Zuschauer. Die Zuschauer, die blieben, führten ihren Kampf – gegen den Schlaf. Ein Kollege von der Lokalzeitung „Daily Picayune“ gab auf: „Die 89. Runde ist soeben eingeläutet worden und über Bowen wird gesagt, er hätte sich ein Handgelenk gebrochen. Angesichts der Länge des Kampfes und der Uhrzeit halte ich es nicht für ratsam, noch weiter über den Fight zu berichten oder auf das Ende zu warten.“ Bowen boxte trotz seines gebrochenen Handgelenks weiter.
Irgendwann konnten auch Andy Bowen und Jack Burke nicht mehr. Keinem von ihnen gelang es mehr, als der Gong zur 111. Runde ertönte, aus seiner Ecke aufzustehen und sich wieder zum Kampf zu stellen. Der Ringrichter John Duffy brach den epischen Kampf ab und er klärte ihn zu einem „no contest“. Es war 04:43 Uhr morgens. 7 Stunden und 19 Minuten hatten sie gekämpft.
Einen Monat später schon, am 31. Mai 1893, stieg Andy Bowen erneut in den Ring. Er boxte gegen Jack Everhardt. Um die siebzehnte Runde herum brach er sich die linke Hand. Er boxte mit einer Hand weiter. Der Kampf dauerte 85 Runden, also über vier Stunden. Er gewann. Es folgten 1884 zwei Unentschieden.
Am 14.12.1894 folgte eine Niederlage gegen Kid Lavigne, “The Saginaw Kid”. Er boxte erneut im Auditorium Club, New Orleans. In der 18. Runde wurde er niedergeschlagen und ging zu Boden. Dabei schlug sein Kopf auf dem Boden auf und wachte nicht mehr auf. Er zog sich einen Schädelbruch zu. Einen Tag später starb Andy Bowen im Krankenhaus. – Andy Bowen ist einer der ganz Großen.
George (Kid) Lavigne, oder besser George Henry Lavigne, geboren am 06.12.1869, gestorben am 09.03.1928, boxte bis 1909 weiter. Sein vermutlicher Rekord: 58 Kämpfe, 37 Siege, 21 durch KO, 9 Niederlagen, 4 durch KO, 11 Unentschieden. Er war vom 01.06.1896 bis zum 03.07.1899 Weltmeister im Leichtgewicht. Mehr an Informationen fand ich nicht.
Über Jack Burke wissen wir nur unwesentlich mehr. Es ist nicht zweifelfrei bewiesen, ob er nach seiner epischen Ringschlacht jemals wieder in den Ring stieg. Eine sehr seriöse us-amerikanische boxhistorische Internetseite geht davon aus, dass er noch sechs Mal in Ring stieg. Andere Darstellungen widersprechen. Aus romantischen Gründen hoffe ich, dass er nie wieder geboxt hat. Sicher ist, dass er zuletzt in Plainfield, New Jersey lebte und dort im April 1942 an den Folgen eines Autounfalls im Mublenberg Hospital verstarb. In seiner Heimatstadt war allgemein bekannt, dass er einen 110-Runden-Kampf bestritten hatte.
© Uwe Betker