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Ein schöner Sonntagnachmittag in einer Turnhalle in Essen
Die Turnhalle Hoster Berg in Essen war am Sonntagnachmittag Schauplatz von 6 Amateurkämpfen und 8 Profikämpfen. In dem ersten Profikampf gaben Sebastian Tlatlik und Haris Cajic ihre Profidebüts im Leichtgewicht. Tlatlik bearbeitete von Anfang an den größeren und schlaksig wirkenden Cajic mit seiner Linken. Er verteilte gut zu Körper und Kopf. Schon bald zwang ein rechter Körperhaken Cajic zu Boden. Danach trieb der Essener seinen Gegner geradezu vor sich her. Er stellte ihn in dessen Ecke. Eine linke Grade und eine rechter Haken fixierten ihn dort. Schließlich ließ eine lange Kombination Cajic erneut zu Boden gehen. Vergeblich versuchte er aufzustehen. Er wurde ausgezählt: KO 1, 2:05 min
Im zweiten Kampf standen sich im Super Mittelgewicht Emil Markic (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und Marwan Chehade gegenüber. Markic hatte mit seinem Gegner, einem Debütanten, keine Probleme. Markic zeigte eine gute Deckungsarbeit und verteilte seine Schläge gut. Schnell musste Chehade zum ersten Mal runter, wobei es fast wie ein Ausrutscher aussah. Aber sein nächster Besuch auf dem Ringboden war ohne Zweifel einem linken Körperhaken geschuldet. Danach schickte Markic ihn noch mal mit einer Kombination zu Boden. Durch diesen dritten Niederschlag war der Kampf dann auch schon vorbei. TKO 1, 2:35 min.
Ebenfalls im Super Mittelgewicht trafen Ford Jay Spencer (4 Kämpfe. 4 Siege, 3 durch KO) und Mirko Crnovic, der sein Profidebüt gab, aufeinander. Spencer fing ungewohnt zurückhaltend an. Dennoch war er aber der deutlich aktivere Boxer. Ein ums andere Mal deckte er seinen Gegner mit Schlagkombinationen ein. Gleichwohl konnte der aber mit seiner rechten Graden punkten. Am Ende der Runde schien Crnovic bei einem Breakkommando von Ringrichter Roman Morawiec zu glauben, er würde angezählt. Das führte dann zu einer kleinen Verwirrung. In die zweite Runde kam Spencer dann mit dem Willen, seinen Gegner KO zu schlagen. Er trieb ihn nur so vor sich her. Dann stellte er ihn in einer neutralen Ecke und fällte ihn mit einer linken Graden und einem rechten Kopfhaken. Crnovic wurde ausgezählt. KO 2, 1:30 min.
Im folgenden Kampf im Halbschwergewicht gaben Jaron Benjamin Transfeld und Mahir Turko ihr Profidebüt. Transfeld, der viele Fans mitgebracht hatte, begann verhalten, wurde dann aber von Runde zu Runde stärker. Obwohl Transfeld der bessere Boxer war, war der Kampf aber durchaus munter. Auch Turko hatte seine Momente, obwohl es so aussah, als wackelte er in Runde 2 einmal und in Runde 3 zweimal. Am Ende des Vierrunders stand aber doch ein eindeutiger Punktsieg (40:35) für Transfeld, dessen weitere Entwicklung man abwarten darf.
Im fünften Kampf, ebenfalls im Halbschwergewicht, trafen die Debütanten Ahmid Laghmouchi und Muhamed Mahmic aufeinander. Der Kampf dieser beiden war kurz und intensiv. Laghmouchi boxte mit Übersicht. Wenn er angriff, traf er auch. Mahmic dagegen schlug viel auf die Deckung. Der KO lag bereits nach Sekunden in der Luft. Relativ bald hatte Laghmouchi dann auch seinen Gegner in einer Ecke gestellt. Mit einem Körperhaken schickte ihn auf die Bretter. Dort verharrte Mahmic so lange, dass er bei acht erst langsam anfing aufzustehen. Als er bei zehn noch nicht kampfbereit war, wurde er ausgezählt, was ihn empörte. KO 1, 2:50 min.
Im folgenden Kampf boxten im Super Mittelgewicht Salvatore Vancardo (10 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO, 3 Niederlagen, 2 Unentschieden) und Neven Tojaga gegeneinander. Der Kampf war kurz und etwas seltsam. Vancardo verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung, schob sich an seinen Gegner heran, um dann in der Halbdistanz zu explodieren. Tojaga jabte und versuchte dem Schlagabtausch durch Flucht zu entgehen. Praktisch mit dem Gong zur zweiten Runde gab er dann auf. Angeblich hatte er sich seine Schlaghand verletzt. Sie schmerzte so sehr, dass er sich ohne Hilfe sein Hemd wieder anziehen konnte und dem Sieger noch die Hand drückte. TKO 2, 0:04 min.
Im vorletzten Kampf, der im Halbschwergewicht stattfand, trafen Üsame Ensar Bozkurt (3 Kämpfe, 2 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage) und Edo Cavrk (17 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 14 Niederlagen. 11 durch KO) aufeinander. Bozkurt, der nach zwei Jahren Ringabstinenz sein Comeback gab, wollte es kurz machen. Er schickte dreimal seinen Gegner mit Körperhaken zu Boden, wobei dieser nur zweimal angezählt wurde. Beim zweiten Niederschlag hatte Cavrk einen unabsichtlichen Schlag auf dem Hinterkopf abbekommen. Hätte Bozkurt etwas ruhiger agiert, wäre der Kampf nicht mal in die zweite Runde gekommen. Im zweiten Durchgang gab Cavrk dann auf. TKO 2, 1:55 min.
Den letzten Kampf des Nachmittags, einen Sechsrunder im Leichtgewicht, werden die Zuschauer sicher nicht so schnell vergessen. Patryk Wolke (11 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 9 Niederlagen, 4 durch KO) traf auf Slaibi Slaibi (3 Kämpfe, 1 Sieg, 2 Unentschieden). Die Rollen waren klar verteilt: Slaibi wollte seinen ersten Sieg, möglichst einen vorzeitigen – und Wolke wollte seinen Job machen. Wolke verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung und ließ Angriff um Angriff über sich ergehen. Von Zeit zu Zeit startete er dann Entlastungsangriffe oder versuchte sein Glück mit Schwingern. Das sehr einseitige Gefecht hatte aber durchaus einen ganz eigenen Reiz. Von Runde zu Runde wuchs mein Respekt vor dem Mut und dem Durchhaltewillen von Wolke. Ein Boxer von anderem Format hätte sich schon längst einfach hingelegt. Aber Patryk Wolke ist ein Kämpfer, der seine Chance auch dann noch sucht, wenn er absolut keine hat. Ob dies nun gesund ist, soll dahin gestellt bleiben, aber es nötigt mir jedenfalls großen Respekt ab. Die Punktwertung für Slaibi (60:54) war reine Formsache.
Es war ein schöner Sonntagnachmittag in einer Turnhalle in Essen.
© Uwe Betker
Vier Profikämpfe in Düsseldorf
Im Freudenreich Professional Boxing Gym in Düsseldorf fand am Freitag, dem 13.
Oktober 2013 wieder eine Boxshow statt. Die Gym-Veranstaltungen haben inzwischen schon Tradition. Auch diesmal wurde für einen guten Zweck geboxt; es war wieder eine Benefiz Box-Gala zu Gunsten des Deutschen Kinderhospizvereins. Die Veranstaltung war ausverkauft. Es gab nicht mal eine Abendkasse, weil alle Eintrittskarten bereits nach drei Stunden Vorverkauf restlos weg waren.
Es gab vier gute Profikämpfe zu sehen. Den ersten bestritten die Mittelgewichtler Jay Spencer (3 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO) und Miroslaw Lerch. Der Lokalmatador Spencer machte hier seinen dritten Profikampf und damit seinen sechsten Boxkampf überhaupt. Sein Gegner Miroslaw Lerch gab sein Profidebüt. Spencer boxte die ersten 10 Sekunden verhalten, um aber dann aber sein Gegenüber zu attackierten. Er schlug meist eine gute linke Grade, gefolgt von mehreren Haken zum Kopf. Lerch war zwar von Anfang an in der Defensive, konnte jedoch ein ums andere Mal kontern. Die zweite Runde folgte dem Muster der ersten, allerdings mit dem Unterschied, dass Spender noch mehr Druck machte. Ein linker Kopfhaken fällte Lerch, der flach auf dem Rücken liegend ausgezählt wurde. Die Uhr blieb bei 57 Sekunden in der Runde zwei stehen. Spencer, der ja eigentlich noch ein Anfänger in Sachen Boxen ist, zeigte eine beeindruckende Leistung.
Im zweiten Kampf des Abends trafen im Halbschwergewicht Niko Lohmann (5 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Salvatore Vancardo (9 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 3 Niederlagen, 2 Unentschieden) aufeinander. Beide sind bereits vor einem Jahr an gleicher Stelle gegeneinander angetreten. Damals war der Kampf sehr eng und wurde dann auch Unentschieden gewertet. Lohmann, der den Kampfnamen Karl Stahl führt, ist in vielen Kampfsportarten zu Hause. In seinem ersten Kampf als Profiboxer erreichte er gegen Vancardo nur ein Unentschieden. Beide hatten vor den Kampf angekündigt, dieses Ergebnis wollten sie revidieren.
Die erste Runde war noch recht ausgeglichen. Stahl war der physische stärkere, Vancardo der technisch bessere Boxer. Stahl versuchte mit Kraft, Vancardo mit Körpertreffern zum Ziel zu kommen. Ab Mitte der zweiten Runde konnte man dann aber sehen, wie sich der Altersunterschied mehr und mehr bemerkbar machte. Stahl, auch immerhin schon 31 Jahre, stellte seinen 8 Jahre älteren Gegner immer wieder an den Seilen, wo er ihn mit Schlägen eindeckte. Es kam einem fast so vor, als würde man dem Alterungsprozess von Vancardo im Zeitraffer zusehen. Zwar konnte er in der folgenden Runden manchmal noch mit Einzelschlägen durchkommen, aber es war nur seiner Tapferkeit und seiner Routine geschuldet, dass er überhaupt den Schlussgong erreichte. Am Ende der vier Runden stand ein 39:38 Punktsieg für Lohmann, der für den Unterlegenen schon sehr schmeichelhaft war.
Der dritte Kampf des Abends, der im Cruisergewicht ausgetragen wurde, war mit Spannung erwartet worden. Alex Mogylewski (22 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO, 8 Niederlagen, 6 durch KO) gab nach 22 Monaten Ringabstinenz sein Comeback. Sein Gegner war Jakub Wojcik (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage). Er hatte zwar bis dahin nur einen Profikampf bestritten, konnte aber mit einer insgesamt guten Bilanz als Amateur aufwarten. Mogylewski fand in der ersten Runde nicht in den Kampf. Wojcik boxte explosiver, traf häufiger und besser. Mogylewski wirkte seltsam gehemmt und kam mit der Rechtsauslage von Wojcik nicht zurecht. Er stürmte auf seinen Gegner zu, ohne die Aktion mit der Führhand vorzubereiten. Auch seine Rechte kam nur mit Verzögerung. Im Laufe des Kampfes wurde Mogylewski dann aber schon besser. Obwohl Wojcik auch in der zweiten Runde noch die präziseren Treffer landen konnte, wurde sein Gegenüber nun immer stärker. Im dritten Durchgang überrollte Mogylewski ihn buchstäblich, und er wurde auch getroffen. Zu Beginn der Runde musste er eine Rechte zum Kopf nehmen. Um Zeit zu gewinnen und einem KO zu entgehen, spuckte er seinen Mundschutz aus. Bis zum Rundenende machte er dies noch zweimal, wofür er auch jeweils mit einem Punktabzug bestraft wurde. Am Anfang der vierten Runde musste er wieder eine Rechte zum Kopf nehmen, die ihn sichtlich erschütterte. Wieder spuckte er seinen Mundschutz aus, um nicht KO zu gehen. Nur, dieses Mal hatte der gute GBA Ringrichter Roman Morawiec genug davon und disqualifizierte ihn. Der vorzeitige Sieg von Mogylewski kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass er noch Ringrost hat. Für ihn und seinen Trainer Stefan Freudenreich ist noch viel zu tun.
Den Hauptkampf des Abends bestritten Robert Tlatlik (14 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO) und Maurycy Gojko (64 Kämpfe, 21 Siege, 7 durch KO, 40 Niederlagen, 8 durch KO, 3 Unentschieden) im Leichtgewicht. Beide zeigten Boxen auf hohem technischem Niveau. Tlatlik, der jüngere und schnellere Boxer, zeigte schnelle Hände. Er verteilte gut auf Körper und Kopf. Gojko konterte und immer wenn Tlatlik Druck raus nahm kam er. Ab der vierten Runde zollte Gojko dem hohen Tempo Tribut. Tlatlik öffnete immer häufiger durch linke Körpertreffer die Deckung von Gojko und kam mit rechten Kopfhaken und Uppercuts durch. Bis zum Ende der sechsten und letzten Runde suchte Tlatlik den KO, aber er schaffte es nicht. Der sehr erfahrenene Gojko knickte zwar im letzten Durchgang nach einem Leberhaken ein, aber er berührte nicht mit einem Knie den Boden, weshalb er zu Recht nicht angezählt wurde. Der Punktrichter wertete 60:53 für Tlatlik.
© Uwe Betker
Ein schneller, ein brüllend komischer und ein guter Kampf
Am 26.04.2013 fand wieder eine Show im Freudenreich Professional Boxing Gym in Düsseldorf statt. Zum zweiten Mal war diese Veranstaltung eine Benefiz Box-Gala für die Deutschen Kinderhospizverein e. V. Es gab drei Profiboxkämpfe zu sehen.
In dem ersten trafen Jay Spencer (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Gerino Grell (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) im Junior Mittelgewicht kurz aufeinander. Spencer deckte von der ersten Sekunde an seinen Gegner mit einem nicht enden wollenden Schlaghagel ein. Grell versuchte nur, irgendwie den Schlägen zu entkommen oder sie zu blocken. Nach ca. 2 Minuten unterbrach der Ringrichter den Kampf und ermahnte Grell, sich nicht abzudrehen. Diese Pause nutzte Spencers Trainer Stefan Freudenreich dazu, seinen Schützling zu kontrolliertem Boxen zu ermahnen. Kaum ging der Kampf weiter, wobei Spencer nun systematischer boxte, fiel Grell auch schon nach einem Schlag auf den Solarplexus. Nach nur 2 Minuten und 10 Sekunden war der Kampf auch schon zu Ende.
Der zweite Profikampf des Abends war nur ganze 30 Sekunden länger, dafür war er aber geradezu brüllend komisch. Salvatore Vancardo (8 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 2 Niederlagen, 2 Unentschieden) traf im Halbschwergewicht auf den Debütanten Sadettin Önel. Önel suchte am Anfang sein Glück in möglichst weit ausholenden Schlägen. Offensichtlich glaubte er, die Handschuhinnenseite diene als Schlagfläche. Der gute Ringrichter Roman Morawiec unterbrach den Kampf dann bald, um Önel eines Besseren zu belehren. Kurze Zeit später ging Önel dann zu Boden, wo er sich hinter seiner Doppeldeckung verschanzte. Ein Luftzug hatte ihn offenbar gefällt.
Hiernach besann Önel sich auf seine boxerischen Fähigkeiten. Mutig griff er an, indem er langsam, aber rhythmisch und dabei immer wieder elegant die Knie leicht beugend, beide Fäuste gleichzeitig nach vorne stieß, wieder zurückzog, erneut nach vorne stieß u. s. w.. Ich fühlte mich noch am ehesten erinnert an Rudern im Stehen – nur ohne Boot, dafür aber mit Boxhandschuhen an den Händen.
Im Gegensatz zum Publikum, dem zum Teil die Tränen vor Lachen herunterliefen, fand der Ringrichter das Trockenrudern nicht lustig und brach die Darbietung ab, aufgrund des technischen Unvermögens des Boxers. Auch der Boxer Salvatore Vancardo, der sich sechs Wochen lang auf einen Boxkampf vorbereitet hatte, und Veranstalter Stefan Freudenreich, der einen Boxer engagiert hatte, waren nicht amüsiert.
Kleiner Zwischenkommentar: Es entbehrt nicht einer gewissen Logik, wenn ein Boxer versucht, Ruderbewegungen in den Boxsport zu integrieren. Schließlich hat der DBV, Deutschen Boxverbandes, Michael Müller zu seinem Sportdirektor gemacht. Müller, den ich DBV Müller nenne, um ihn nicht mit anderen zu verwechseln, war vorher Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes (DRV). DBV-Müller konnte seine sportlichen Erfolge bei den Boxern sogar noch steigern. Unter der Führung von DBV Müller, der damals noch DRV Müller war, holten die deutschen Ruderer bei den Olympischen Spielen in Peking 2008 erstmals seit 52 Jahren keine Goldmedaille. – Das dürfte wohl auch der Grund dafür sein, warum aus DRV Müller DBV Müller wurde. – Bei den Olympischen Spielen in London 2012 holten die Boxer unter seiner Führung gar keine Medaille.
Der Hauptkampf des Abends war auf acht Runden angesetzt. Der Junior Weltergewichtler Robert Tlatlik (12 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO) traf auf Sylwester Walczak (10 Kämpfe, 4 Siege, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden). Bereits mit dem ersten Schlag, einem linken Cross, kam Tlatlik durch. In der ersten Runde traf er dann immer wieder trifft mit dem linken und dem rechten Cross. Die Trefferquote ist umso erstaunlicher, weil Walczak größer ist als Tlatlik. Obwohl er einen erheblichen Reichweitenvorteil hatte, konnte er seinen Jab nicht etablieren. Es sah schon fast wieder so aus, als ob auch dieser Kampf kurz werden würde.
Aber bereits in der zweiten Runde nahm Walczak weniger. Der Kampf wurde dann über acht Runden auf hohem technischem Niveau geführt. Tlatlik brachte seinen Gegner zwar mehrfach nahe an einen KO, aber der konnte sich dann doch immer wieder retten. Zugute kam Walczak, dass er seinen Körper gut decken konnte und damit eine der Hauptwaffen von Tlatlik ausschaltete.
Am Ende der acht Runden stand ein einstimmiger Punktsieg für Tlatlik. Die Punktrichter werteten 80:73, 79:72 und 80:72.
© Uwe Betker
Robert Tlatlik neuer Internationaler Deutscher Meister
Im Freudenreich Professional Boxing Gym in Düsseldorf gab es am Freitagabend drei Profiboxkämpfe zu sehen. Im ersten dieser Profikämpfe boxte Salvatore Vancardo (6 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlagen, 2 Unentschieden) gegen den Debütanten Niko Lohmann im Super Mittelgewicht. Dabei tat sich der unorthodox boxende Vancardo schwer. Er versuchte den Reichweitennachteil durch schnelle Aktionen und zum Teil auch durch ein tiefes Abtauchen auszugleichen. Zwar traf er häufiger als sein Gegenüber, musste aber auch immer wieder Konter nehmen. Lohmann, ein professioneller Freefighter, war immer dann gefährlich, wenn er Geraden schlug. Sein Haken zu Kopf und Körper und seine Schwinger verpufften dagegen meist auf der Deckung von Vancardo. Der intensiv geführte 4-Runder wogte hin und her und am Ende stand ein gerechtes Unentschieden, mit dem beide Boxer unzufrieden waren. Die Punktrichter werteten: 39:37, 38:39 und 38:38.
Im zweiten Vorkampf bekam es der düsseldorfer Junior Mittelgewichtler Jay Spencer in seinem Profidebut mit dem erfahrenen Suleyman Dag (9-36-0, 4 KOs) zu tun. Spencer dominierte den Kampf mit seinen schnellen Händen, die er vor allem als Gerade schlug. Dabei nutzte er seinen Reichweitenvorteil aus. Dag kam nur aufgrund seiner Erfahrung und seiner guten Deckung über die Runden. In der vierten Runde bemühte er sich ein bisschen zu sehr, seinen Gegner KO zu schlagen, wodurch er ein wenig die Linie verlor. Die Punktrichter werteten einstimmig 39:37, 40:36 und 40:36 für ihn.
Im Hauptkampf des Abends wurde der ungeschlagene Robert Tlatlik (11-0-0, 8 KOs) Internationaler Deutscher Meister im Junior Weltergewicht. Der Essener schlug Sabri Ulas Goecmen (10-5-0) durch TKO in Runde zwei. Goecmen hatte einen Tag vorher beim Wiegen Schwierigkeiten gehabt, das Limit von 63,503 kg zu bringen. Er lag zwei Kilo darüber und musste in die Sauna gehen, um dieses Gewicht zu erreichen.
Tlatlik bestimmte von Anfang an das Geschehen im Ring. Er verteilte seine Schläge gut zu Körper und Kopf. In der zweiten Runde musste Yalcin nach einem Leberhaken zu Boden. Zwar kam er noch einmal hoch, aber Tlatlik stellte ihn mehrfach in einer Ringecke, wo Yalcin ihm nichts mehr entgegen zu setzen hatte. Die Ecke Yalcin warf schließlich das Handtuch als Zeichen der Aufgabe. Der Kampf war nach 2:07 Minuten in der zweiten Runde zu Ende – ein souveräner Sieg für Robert Tlatlik!
© Uwe Betker
Boxen in Kaarst (im Rhein-Kreis Neuss)
Man könnte pathetisch werden und sagen Freudenreich Professional Boxing veranstaltete am 15.06.2012 vermutlich die erste Profiboxveranstaltung in Kaarst. Es ist aber wohl besser zu sagen, dass es in Kaarst sechs gute Profiboxkämpfe zu sehen gab.
Im ersten Kampf trafen im Leichtgewicht Derya Saki (2 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO) und Marina Sakharov (6 Kämpfe, 4 Niederlagen, 2 Unentschieden) aufeinander. Die Krefelderin Saki, von der noch viel erwartet wird, hatte ihre Schwierigkeiten gegen die aggressiv nach vorne gehende Sakharov. Saki punktete vor allem durch ihre Rechte, die immer wieder als Haken und Cross ihr Ziel traf. Jedoch kam ihre Linke nicht. Sie wirkte gehemmt und müde, besonders in der zweiten und dritten Runde. Der klare Punktsieg für Saki nach vier Runden war allerdings nie in Gefahr. Es war ein Arbeitssieg, bei dem sie viel lernte.
Salvatore Vancardo (5 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) und Tiran Mkrtschjan (7 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO, 2 Unentschieden) trafen zum zweiten Mal aufeinander. In ihrem ersten Kampf, am 02.12.2011, gab es ein Unentschieden. Die beiden Supermittelgewichtler führten über sechs Runden ein intensives und kräftezehrendes Gefecht. Häufig standen sie Fuß an Fuß und schlugen abwechselnd aufeinander ein. Es schien fast so, als wollten sie einander gegenseitig überzeugen, der härtere und stärkere Mann zu sein. Letztlich gewann Tiran Mkrtschjan aufgrund der klareren Treffer.
Der folgende Kampf war das Gegenteil des Vorangegangenen, und das nicht nur deshalb, weil es ein Frauenkampf war. Yawa Schmill (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) boxte gegen Marina Kohlgruber (9 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden). Die Junior Weltergewichtlerin Schmill demonstrierte abgeklärtes Boxen auf hohem technischem Niveau. Sie zeigte schnelle Hände. Immer wieder kam sie mit Kombinationen durch, wobei ihre Gegnerin aber noch dagegen hielt. Im zweiten Durchgang erreichte Kohlgruber nur mit Müh und Not das Rundenende. In der dritten Runde wurde die Überlegenheit von Schmill immer deutlicher. Am Ende der Runde wurde Kohlgruber angezählt, nachdem sie sich abgedreht hatte und es schien fast so, als ob sie aufgeben wollte. Schmill ließ von ihr ab und ließ sie die Pause erreichen. Erstaunlicherweise trat dann Kohlgruber zur vierten Runde doch noch an, und sogar stark. Dennoch wurde sie nach einem Körpertreffer angezählt. Mit dem Gong zur fünften Runde deckte Schmill ihre Gegnerin mit einer Schlagkombination zu Körper und Kopf ein, so dass Kohlgruber zu Boden musste und schließlich aufgab.
Der vierte Kampf des Abends war auch schon der auf acht Runden angesetzte Hauptkampf. Im Junior Weltergewicht traf Robert Tlatlik (10 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO) auf Boris Berg (14 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Beide zeigten Boxen auf hohem technischem Niveau. Die ersten drei Runden dominierte Tlatlik. Mit einer steifen Linken und einer druckvollen Rechten hielt er Berg auf Distanz und punktete. Ab der vierten Runde wurde Berg dann allerdings immer stärker. Er zwang Tlatlik immer wieder Schlagabtäusche auf. Tlatlik schien zwischenzeitlich auch konditionelle Probleme zu bekommen. Zum Ende des Kampfes wurde er jedoch wieder von Runde zu Runde stärker, ohne jedoch seinen alten Kampfrhythmus noch mal so ganz wieder etablieren zu können. Zum Ende hin wurde die Begegnung immer härter und spektakulärer. Der Sieg von Tlatlik war hart erarbeitet aber verdient.
Im vorletzten Kampf war der 2.17 m große Jurij Frank (11 Kämpfe, 6 Siege, 6 durch KO, 5 Niederlagen, 3 durch KO) zu sehen. Er boxte gegen den nicht ganz austrainiert aussehenden Mihail Dealovschi (4 Kämpfe, 4 Niederlagen, 2 durch KO). Frank kam mit einer nicht besonders hart aussehenden Rechten zum Körper durch. Dealovschi ging zu Boden und wurde angezählt. Wenig später kam Frank wieder mit einer nicht besonders hart aussehenden Rechten zum Körper durch und wieder ging Dealovschi zu Boden. Wieder wurde er angezählt, aber dann flog auch schon das Handtuch aus seiner Ecke.
Auch der letzte Kampf im Junior Mittelgewicht zwischen Akmal Sadullaev (6 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage) und Harun Akcabelen (18 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO) bot gutes Boxen. Der ungeschlagene Sadullaev suchte seinen Erfolg in einem KO. Er hielt die Linke tief, um seinen Gegner zu einem Angriff zu verleiten. Die ersten zwei ein halb Runden ging sein Konzept auch weitestgehend auf. Er hatte mehr vom Kampf und setzte harte Treffer. Am Ende der dritten Runde nahm er einen Leberhaken, der ihn sichtlich beeindruckte. Hiernach drehte sich der Kampf. Akcabelen wurde immer stärker und der Kampf immer härter. Beide Boxer gingen an ihre physische Grenze. Akcabelen setzte sich in der Pause zwischen der vierten und fünften Runde sogar auf den Boden, um sich auszuruhen. Nach sechs Runden wurde er verdientermaßen mit 2 zu 1 Richterstimmen zum Sieger erklärt.
© Uwe Betker