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Istvan Szili – Auf zu neuen Ufern

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Es ist eines der großen Rätsel des Boxens, nach welchen Kriterien die großen deutschen Veranstalter ihren Stall zusammenstellen. Wenn man zurückschaut und sich anguckt, wer alles einen Vertrag bekommen hat und aus wem dann etwas geworden ist, kann man nur feststellen, dass die Verantwortlichen nicht immer ein glückliches Händchen haben. Natürlich kann nicht aus jedem Boxer ein Weltmeister werden. Und manchmal werden Boxer auch nur unter Vertrag genommen, weil sie billig sind und sich als Sparringspartner eignen. Auch wenn man all dies in Rechnung stellt, ist die Ausbeute einfach nicht optimal. Ich würde beispielsweise, könnte ich denn einen Boxstall eröffnen, den Mittelgewichtler Istvan Szili (20 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO, 2 Unentschieden) unter Vertrag nehmen.
Istvan Szili ist 32 Jahre alt und derzeit die Nummer 54 der unabhängigen Weltrangliste. Er ist nur wenige Kämpfe von der absoluten Weltspitze entfernt. Aber genau das ist auch sein Problem, denn diese Kämpfe bekommt er hier nicht, weil er eben keinen großen Veranstalter an seiner Seite hat. 2014 hat er insgesamt nur zwei Kämpfe bekommen. Hinzu kommt noch, dass er als Nicht-Heimboxer zwei ungerechtfertigte Unentschieden, am 23.08.2013 gegen Goekalp Oezekler und am 02.05.2014 gegen Matteo Signani, hinnehmen musste. Wir erinnern uns: Der Kampf gegen Oezekler wurde zur Fehlentscheidung des Jahres 2013 gekürt.
Der umtriebige Veranstalter Benedikt Poelchau (Blanko Sports) ist der Manager von Szili. Dieser hat nun für den 17. Juli in Bethlehem, Pennsylvania, USA ein Kampf besorgt. Der ungarischen Wahl-Schweizer Szili soll gegen das amerikanische Spitzentalent Antoine Douglas (18 Kämpfe, 17 Siege, 11 durch KO, 1 Unentschieden), die Nummer 39 der unabhängigen Weltrangliste, kämpfen. Es ist der Hauptkampf des Abends, der vom US-TV Sender Showtime live übertragen wird.
Nun könnte man natürlich sagen „jeder Profi-Boxer träumt davon, ein Mal in seiner Karriere auf einem der großen amerikanischen Box-Sender – Showtime oder HBO – zu boxen“, ich aber glaube eher, dass jeder Boxer davon träumt, bei einem großen Veranstalter einen Vertrag zu bekommen, der sich seriös um den Aufbau und die Weiterführung seiner Karriere kümmert. Der TV Sender Showtime ist der größte Box-TV-Sender der Welt. Erst vor kurzem machte er den teuersten Kampf der Box-Geschichte: Floyd Mayweather gegen Manny Pacquiao in Las Vegas möglich. Und nun hat der ungeschlagene Szili einen Vertrag über zwei Kämpfe bei Showtime unterschrieben.
Das hört sich doch erst mal gut an. Aber machen wir uns nichts vor: die USA hat nicht wirklich auf Szili gewartet. Man macht es ihm nicht leicht und man wird es ihm nicht leicht machen. Er geht nach Amerika, um in seinem ersten Kampf für den amerikanischen TV Sender gegen einen Top-Boxer anzutreten – natürlich in der Hoffnung zu gewinnen und ein faires Urteil zu bekommen. Gewinnt “the Prince” Szili geht es weiter gegen einen noch stärkeren Mann. Verliert er, zeigt dabei aber eine gute Leistung, dürfte er Teil des großen Boxer-Pools von Showtime bleiben. Verliert er beide Kämpfe aber deutlich, dann steht er mit leeren Händen da. Wenigstens hat er aber versucht, seiner Karriere Schwung zu verleihen. Ich drücke ihm auf jeden Fall die Daumen. – Aber wie schon gesagt, mir ist es ein Rätsel, nach welchen Kriterien die großen deutschen Veranstalter ihren Stall zusammenstellen.
© Uwe Betker

Ein Blick runter (2)

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In dem vom amerikanische TV-Sender Showtime veranstalteten Turnier im Bantamgewicht „Winner Take All“ ist nun Abner Mares (22 Kämpfe, 21 Siege, 13 durch KO, 1 Unentschieden) der Favorit. In seinem Halbfinal-Kampf erlitt er einen Cut im Haaransatz über dem linken Auge, einen Niederschlag in der zweiten Runde und einen Punktabzug in der vierten Runde. Er lag also nach Punkten hinten, aber er konnte den Kampf durch einen schier unglaublichen Kraftakt noch umdrehen. Im Finale trifft er auf Joseph Agbeko (30 Kämpfe, 28 Siege, 22 durch KO, 2 Niederlagen). Schade nur, dass die tollen Kämpfe in Deutschland nicht zu sehen waren.
Der wohl beste seiner Gewichtskasse, Fernando Montiel, nimmt an diesem Turnier nicht teil. Der Mexikaner Montiel (48 Kämpfe, 44 Siege, 34 durch KO, 2 Niederlagen, 2 Unentschieden) war von 2000 bis 2001 Weltmeister der WBO im Fliegengewicht, dann von 2002 bis 2003 im Super Fliegengewicht nach Version WBO und dann noch mal von 2005 bis 2008. Seit 2009 ist er Weltmeister der WBO im Bantamgewicht und seit 2010 auch von der WBC. Montiel boxte auch schon einmal in Deutschland. Damals (24.03.2001) kämpfte er gegen den für Universum Box-Promotion boxenden Rumänen Zoltan Lunka. Er dominierte Lunka seinerzeit nach Belieben und gewann durch TKO in Runde 7. Lunka boxte danach nie wieder.
Als wollte Montiel die Boxinteressierten dafür entschädigen, dass er nicht am Turnier teilnimmt, will er sich am 19.02.2012 der Nummer 3 der unabhängigen Weltrangliste, Nonito Donaire, stellen.
Der Mann von den Philippinen (26 Kämpfe, 25 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage) war von 2007 bis 2009 Weltmeister im Fliegengewicht nach Version IBF und von 2009 bis 2010 Weltmeister im Super Fliegengewicht nach Version WBA.
Wo sieht man so viele Top-Boxer einer Gewichtsklasse gegeneinander antreten? Wie schon gesagt, es lohnt sich schon mal einen Blick runter in die niedrigeren Gewichtsklassen zu werfen. Ich hoffe immer noch auf ein Umdenken bei den deutschen Veranstaltern, TV-Anstalten und Zuschauern.
© Uwe Betker

Written by betker

13. Dezember 2010 at 23:59

Ein Blick runter (1)

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Es gibt Gewichtsklassen, die werden in Deutschland schlicht nicht wahrgenommen. Das geht sogar so weit, dass die ARD offensichtlich keine Kämpfe unterhalb des Mittelgewichts zeigen will. Das heißt konkret, dass man als Amateur schon Weltmeister oder Olympiasieger werden muss, um in einer der unteren Gewichtsklassen eine Chance als Profi zu bekommen und im Fernsehen boxen zu dürfen. Meiner Meinung nach ist eine solche Einschränkung des Blicks ähnlich sinnvoll wie sich nur Bundesligaspiele von süddeutschen Vereinen anzusehen.
Zum einen gibt es eine Fixierung auf das Schwergewicht. Zum anderen sind Kämpfe in den leichteren Gewichtsklassen wohl zu schnell. Die Zuschauer in den Hallen können sie von den höheren Rängen aus nur schwer verfolgen. Es wäre also denkbar, dass die Verantwortlichen der TV-Stationen Angst davor haben, ihre Zuschauer bei einer Sportsendung zu überfordern. Hinzu kommt, dass aufgrund der Schnelligkeit der Kämpfe und ihres höheren technischen Niveaus von den Fernsehkommentatoren sehr viel mehr Sachverstand verlangt werden müsste, was auch ein Problem sein könnte. Außerdem gibt es weniger spektakuläre KOs. Es spricht also vieles gegen die niedrigeren Gewichtsklassen. Dafür aber spricht eigentlich nur Eins, nämlich die Qualität des Boxens.
Was ich sagen möchte, ist, dass sich auch ein Blick runter ins Bantamgewicht lohnt. Das dürfte nämlich zurzeit wohl die aufregendste Gewichtsklasse sein. Eine sehr interessante Boxveranstaltung in diesem Bereich hat, aus den besagten Gründen, in Deutschland praktisch keine Resonanz bekommen. Der amerikanische TV-Sender Showtime veranstaltet aktuell ein Turnier im Bantamgewicht. Das ist die fünftleichteste Gewichtsklasse, deren oberes Limit bei 53,525 kg liegt. Hier waren die vier Besten in ihrer Gewichtsklasse zu sehen. – Offensichtlich hat man aus den Problemen beim Super-Six-Turnier gelernt und daher das Teilnehmerfeld kleiner gehalten.
In der ersten Runde trafen am 11.12.2010 Yonnhy Perez (21 Kämpfe, 20 Siege, 4 durch KO, 1 Unentschieden), der amtierende Weltmeister der IBF auf Joseph Agbeko (29 Kämpfe, 27 Siege, 22 durch KO, 2 Niederlagen), den ehemaligen Weltmeister der IBF. Der Kolumbianer Perez war die Nummer 4 der unabhängigen Weltrangliste. Agbeko, der seinen Titel gegen Perez verloren hatte (31.10.2009), kommt aus Ghana und ist in der unabhängigen Weltrangliste nicht mehr vertreten, weil er seit seinem Titelverlust nicht mehr in den Ring gestiegen war.
Agbeko holte sich seinen Titel trotz der langen Kampfpause durch einen Punktsieg (113-115, 112-116 und 111-117) wieder zurück. Es wird bereits spekuliert, dass die Runde 6 dieses Kampfes zur Runde des Jahres gewählt werden wird. In ihr gab es einen drei Minuten dauernden ununterbrochenen Schlagabtausch.
Den zweiten Kampf der ersten Runde bestritten Abner Mares (21 Kämpfe, 20 Siege, 13 durch KO, 1 Unentschieden) und Vic Darchinyan (38 Kämpfe, 35 Siege, 27 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden). Der Mexikaner Mares war die Nummer 6 der unabhängigen Weltrangliste. In seinem letzten Kampf (22.05.2010) erreichte er gegen Perez ein Unterschied. Sein Gegner war die Nummer 2 der Rangliste. Der Australier Darchinyan war von 2004 bis 2007 Weltmeister im Fliegengewicht nach Version IBF, dann von 2008 bis 2009 Weltmeister im Superfliegengewicht der Verbände IBF, WBA und WBC und bis 2010 der WBC und WBA.
Mares konnte sich auch durch einen äußerst knappen Punktsieg (115-111, 112-115 und 111-115) gegen Darchinyan durchsetzen. Mares musste in der zweiten Runde das erste Mal in seiner Karriere zu Boden und lag nach Punkten hinten, als er seine Aufholjagd begann.
Im Finale des Turniers treffen nun Joseph Agbeko und Abner Mares aufeinander.
In keinem der beiden großartigen Kämpfe gab es ein KO. Dafür schlug jeder einzelne der beteiligten Boxer gefühlt häufiger als Wladimir und Vitali Klitschko in allen ihren Profikämpfen zusammen. Im Bantamgewicht gibt es auch ganz seltsame Dinge zu sehen bzw. es gibt Dinge nicht zu sehen. Es gibt keinen, der seinen Arm wie eine Lanze ausstreckt, um den Gegner nicht an sich ranzulassen. Auch gibt es keinen, der sich auf seinen Gegner legt, um den Kampf zu unterbinden. Es wird einfach geboxt. Daher lohnt es sich schon mal einen Blick runter in die niedrigeren Gewichtsklassen zu werfen. Es wäre zu wünschen, dass auch deutsche Veranstalter und deutsche TV-Anstalten ihre Vorbehalte gegen die leichteren Boxer überdenken würden. Dann bekäme vielleicht das Publikum besseres Boxen zu sehen und wer weiß, vielleicht gefällt es ja auch den Zuschauern.
© Uwe Betker