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Derya Saki boxt um die Weltmeisterschaft
Am 03.05.2014 ist es soweit. Die Krefelderin Derya Saki (6 Kämpfe, 6 Siege, 3 durch KO) boxt um die Weltmeisterschaft im Leichtgewicht. Dabei geht es um den vakanten Titel des GBC, Global Boxing Council. Ihre Gegnerin in der Müggelspreehalle, Hangelsberg in Brandenburg, ist Flora Paul Machela (6 Kämpfe, 5 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO).
Die 24-jährige Saki ist in ihrer Gewichtsklasse die Nummer 65 in der Welt. Die aus Daressalam, Tansania, kommende Machela ist ein Jahr älter und boxt normalerweise drei Gewichtsklassen tiefer, im Super Bantamgewicht. Das dürfte ein Vorteil für Saki sein. Machela ist zwar in der Weltrangliste höher platziert als Saki, sie ist auf Position 36, aber nach meiner Einschätzung ist Saki die stärkere und bessere Boxerin. Der Kampf dürfte dennoch für sie der erste richtige Härtetest werden.
Wenn die Nummer 65 der unabhängigen Weltrangliste gegen die Nummer 36 boxt und es dabei um einen vakanten WM Titel geht, dann ist schon klar, welche Wertigkeit dieser Titel hat. Natürlich ist der GBC-Titel nicht der renommierteste Titel, den es im Frauenboxen gibt. Aber er ist ein Titel, und damit bietet er die Möglichkeit, sich zu profilieren und über die Distanz von 10-mal 2 Minuten zu gehen. Gleichzeitig ist ein solcher Titel ein Sprungbrett in die Weltspitze und dort will Derya Saki hin.
© Uwe Betker
Ein Freitagabend mit vier Frauen
Die Stadthalle Hitdorf war am Freitag, dem 04.04.2014 der Ort, an dem man als Kampfsport Aficionado gewesen sein musste, um gut gelaunt ins Wochenende zu starten. Es gab insgesamt 15 Kämpfe zu sehen. Davon wurden 5 nach Box-, 7 nach K-1- und 1 nach Kickboxregeln ausgetragen. Den Abschluss bildeten zwei Profiboxkämpfe. Um es vorweg zu sagen, das Programm war gut. Bei allen Kämpfen wurde der richtige Mann / die richtige Frau zum Sieger erklärt. Dabei erlitten auch Heimboxer Niederlagen.
Es fiel mir ein Amateurboxer, Denis Nurja, der im Vorprogramm antrat, besonders auf. Er kämpfte gegen den erfahrenen Profiboxer Pietro d’Alessio (26 Kämpfe, 11 Siege, 7 durch KO, 14 Niederlagen, 5 durch KO, 1 Unentschieden). Der erst 19 Jahre alte Nurja ist offensichtlich ein großes Talent. Er boxte variabel, zeigte schnelle Beine, und er hält Druck aus. D’Alessio ist nämlich ein guter Mann, den man so einfach nicht besiegt. Auf meinen Punktzettel hatte Nurja die ersten beiden Runden gewonnen und in der letzten ein Unentschieden erreicht. Das Kampfgericht sah es ähnlich. Am Ende der drei Runden wurde Nurja zum Punktsieger erklärt.
Der erste Hauptkampf des Abends war schnell zu Ende. Die auf sechs Runden angesetzte Begegnung im Super Bantamgewicht zwischen der Kölnerin Ranan Durdu (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO) und Sonja Soknic (4 Kämpfe, 4 Niederlagen, 4 durch KO) aus Banja Luka in Bosnien Herzegowina war zu Ende, bevor er richtig begann. Bereits am Anfang der ersten Runde musste Soknic in ihrer eigenen Ecke zu Boden. Sie hatte sich abgedreht und hingekniet, um sich vor der Wucht der Schläge von Durdu zu schützen. Sie war mit dem Druck, den Durdu aufbaute, einfach überfordert. Danach versuchte Soknic nur noch irgendwie zu überleben. Sie schaffte es denn auch irgendwie, die Rundenpause zu erreichen, obwohl Durdu ihr ständig auf den Fersen war. In der Pause sackte Soknic dann offensichtlich der Kreislauf ab und der Kampf war zu Ende.
Im Hauptkampf des Abends gab die Lokalmatadorin Dilar Kisikyol ihr Profidebüt im Super Federgewicht. Ihre Gegnerin war die Oberhausenerin Cagla Acar. Kisikyol begann nervös und boxte ohne sichtbare Linie. Es gab viele Schlagabtäusche bei denen alle beide viel nehmen müsse. Im zweiten Durchgang boxte Kisikyol dann sehr viel disziplinierter. Kaum hatte sie ihre Führhand etabliert und boxte sie aus der Distanz, ging Acar auch schon zu Boden, auch wenn sie nicht angezählt wurde; augenscheinlich hatte Kisikyol ihre Gegnerin erwischt, als sie aus der Balance war. In der dritten Runde machte sie dort weiter, wo sie in der vorangegangenen aufgehört hatte. Ihre Führhand kam gut und ihre Rechte fand ein ums andere Mal ihr Ziel. In der Mitte der Runde erhöhte Acar dann jedoch noch mal den Druck. Der Kampf wurde härter und es kam wieder vermehrt zu Schlagabtäuschen, die diesmal aber sehr viel kontrollierter waren, als im ersten Durchgang. Die letzte Runde war dann richtig hart umkämpft. Kisikyol behielt dabei die Oberhand. Am Ende stand ein klarer Punktsieg für sie.
Baki´s Fight Night in Hitdorf/Leverkusen war ein richtig guter Einstieg in das Wochenende.
© Uwe Betker
Großes Boxen in Herstal
Boxen in Belgien ist immer etwas Besonderes. Es ist vor allem immer, jedenfalls nach meiner Erfahrung, gutes Boxen. Die Hall Omnisports „La Prealle“ in Herstal, in der Provinz Lüttich, war am Samstag Ausgrabungsort eines großen Boxabends. Als Vorprogramm gab es acht Amateurkämpfe.
Im ersten Profikampf traten die beiden Debütanten Jérémy Beccu und Jozef Torac im Super Bantamgewicht aufeinander. Beccu, der als Amateur in der französischen Nationalstaffel geboxt hatte und der Hauptsparringspartner von Stéphane Jamoye gewesen war, machte kurzen Prozess. Er machte von der ersten Sekunde an Druck. Er verteilte seine Schläge schön auf Kopf und Körper. Ein Leberhaken zwang Torac in der neutralen Ecke zu Boden. Zwar stand er bald wieder und der Kampf wurde noch einmal fortgesetzt, aber den dann folgenden Schlägen gegenüber war er hilf- und wehrlos. Der Ringrichter ging dazwischen und brach den Kampf ab. TKO 1.
Im zweiten Kampf traten die beiden bis dahin ungeschlagenen Cruisergewichtler Alexandru Jur (8 Kämpfe, 8 Siege, 4 durch KO) und Fabrice Clément (3 Kämpfe, 2 Siege, 1 Unentschieden) gegeneinander an. Das Gefecht, das sich die Beiden lieferten, war hart und gewiss nichts für Boxästheten. Jus punktete mit seiner linken Führhand, die er schön steif und gerade schlug. Clément versuchte sein Glück in überfallartigen Angriffen. Der Kampf wogte hin und her und war geprägt von harten Schlagabtäuschen. Am Ende gewann Jur den Vierrunder zu Recht einstimmig nach Punkten.
Hiernach betraten Michael Recloux (35 Kämpfe, 21 Siege, 8 durch KO, 12 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) und Jessy Moreaux (41 Kämpfe, 7 Siege, 4 durch KO, 31 Niederlagen, 5 durch KO, 3 Unentschieden). Der Kampf fand im Halbschwergewicht statt. Um es vorweg zu sagen: Der Kampf war großartig. Hier standen sich zwei Männer gegenüber, die sich nichts schenkten, dabei aber stets sehr fair boxten. In der dritten Runde ging Moreaux nach einem rechten Körperhaken, der viel zu tief war und dort traf, wo er nicht treffen durfte, zu Boden. Der Ringrichter zählte ihn, die Situation verkennend, an. Seinen Irrtum erkennend, gab er ihm aber anschließend genug Zeit, sich zu erholen.
Recloux und Moreaux boten dem Publikum über acht Runden eine große Ringschlacht. Obwohl Moreaux der schwächere Boxer war, gab er nicht auf. Es bestand zu keiner Sekunde die Gefahr, dass er aus dem Kampf aussteigen würde. Immer wieder suchte er seine Chance. Immer wieder stellte er sich dem Kampf, dem Kampf zweier tapferer Krieger. Diesen Kampf würde ich persönlich jederzeit gegen ein Dutzend sogenannter Weltmeisterschaften eintauschen, die ich im letzten Jahr gesehen habe. Und dabei war dieser Kampf nicht einmal der beste des Abends. Am Ende gewann Recloux einstimmig nach Punkten.
Der nachfolgende Kampf stellte den vorangegangen noch in den Schatten. Steve Jamoye (13 Kämpfe, 13 Siege, 2 durch KO) und Luis Solis (17 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO, 2 Niederalgen, 1 durch KO, 4 Unentschieden) boxten um den vakanten WBC Youth Silver Titel im Junior Weltergewicht. 10 Runden lang schlugen die beiden aus allen Position aufeinander ein. Dabei gingen sie ein extrem hohes Tempo. So ein Boxen wird dem deutschen Fernsehzuschauer vorenthalten, weil die TV-Sender Angst davor haben den Zuschauern schnelles Boxen in den unteren Gewichtsklassen zu zeigen.
Obwohl es immer wieder so aussah, als ob bald ein KO kommen würde, ging der Kampf über die volle Distanz. Jamoye war zwar der Bessere, aber auch er wackelte ein oder zwei Mal. Am Ende gewann er verdient nach Punkten.
In der gleichen Gewichtsklasse traten Sabrina Giuliani (11 Kämpfe, 11 Siege) und Dalia Vasarhely (5 Kämpfe, 3 Siege, 2 Niederlagen) gegeneinander an. Giuliani verteidigte erfolgreich ihren Europameistertitel der EBU in einem etwas einseitigen Gefecht. Sie musste hierfür über die volle Distanz von 10 Runden gehen.
Hauptkampf und Höhepunkt der gelungenen Veranstaltung war die Europameisterschaft im Bantamgewicht. Der Titelverteidiger Stephane Jamoye (28 Kämpfe, 25 Siege, 15 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) bekam es mit Ashley Sexton (18 Kämpfe, 14 Siege, 5 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) zu tun. Stephane Jamoye boxt spektakulär. Er hat schnelle Hände, sehr gute Reflexe und ist schnell auf den Beinen. In den ersten zwei Runde punktete er vor allem mit seiner linken Führhand, die er sehr variabel einsetzte. Aus Gefahrenmomenten tanzte er elegant heraus. In der dritten Runde häuften sich die Schlagabtäusche. Wiederum eine Runde später erlitt er einen Cut, wohl durch einen Kopfstoß unter dem linken Auge, der ihn aber nicht behinderte und auch nicht davon abhielt, Sexton zu jagen.
In den folgenden Runden ging Jamoye mehr zum Körper, was Saxton nicht angenehm war. In der sechsten Runde wurde Saxton ein Punkt für Halten abgezogen. Am Ende der folgenden Runde ging er nach einem Leberhaken runter. Er kam jedoch wieder hoch und rettete sich in die Pause. Bereits in der ersten Aktion nach der Pause musste Saxton wieder zu Boden und wieder schaffte er es, rechtzeitig hoch zu kommen. Dem dann folgenden Schlaghagel hatte er aber nichts mehr entgegenzusetzen. Der Ringrichter ging dazwischen, um ihn vor weiteren Schlägen zu schützen. Stephane Jamoye zeigte eine sehr beeindruckende Leistung. Er wird wohl seinen nächsten Kampf in Las Vegas bestreiten. Er ist bei Oscar de la Hoya unter Vertrag und soll wohl schon bald um einen WM-Titel boxen.
© Uwe Betker
Elina Tissen, Maiki Hundt und ein Rauswurf
Elina Tissen (15 Kämpfe, 13 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) gewann am 23.07.2011 den Titel des Global Boxing Council (GBC) im Super Bantamgewicht im Cultura – Sparkassentheater in Rietberg gegen Fatuma Zarika (29 Kämpfe, 23 Siege, 14 durch KO, 5 Niederlagen, 1 Unentschieden). Für Aufregung sorgte vorher der Rauswurf von einigen zahlenden Zuschauern. Das Management von Elina Tissen ließ Goda Dailydait (5 Kämpfe, 5 Siege, 2 durch KO) samt Trainer und mitgereisten Boxfans aus der Halle werfen. Ich hatte Gelegenheit mit Thorsten Brück über die Vorkommnisse zu sprechen.
Betker:
Herr Brück, Sie sind also jemand, den man aus Boxveranstaltungen rausschmeißt.
Brück:
Ja, das kann man so sagen. Aber ernsthaft: Wenn ich betrunken gewesen wäre oder wenn ich rumgepöbelt hätte, dann hätte ich es ja noch verstanden, dass man mich rausschmeißt. Aber jeder der mich kennt, weiß, dass ich so etwas nicht mache und dass ich ein sportlich fairer Mensch bin.
Betker:
Was ist eigentlich in Rietberg genau passiert?
Brück:
Was genau passiert ist? Das kann ich noch nicht einmal sagen. Auf einmal standen drei Hünen hinter mir, so zwei mal zwei Meter. Die haben dann gesagt: „Ansage vom Management, ihr verlasst sofort hier die Veranstaltung!“
Betker:
Ihr heißt, Sie und Goda Dailydait?
Brück:
Genau – und dann noch unser zweiter Sekundant, der war auch dabei an dem Abend.Und alle, die mit uns zusammen gekommen waren, duften dann mit uns auch wieder die Veranstaltung verlassen.
Betker:
Haben Sie Ihr Eintrittsgeld zurückbekommen?
Brück:
Ja, das haben wir zurück bekommen.
Betker:
Na, immerhin.
Brück:
Das wäre ja auch noch eine zusätzliche Dreistigkeit gewesen, wenn man uns einfach so rausschmeißt, ohne uns unser Geld zurück zu zahlen. Es lag ja auch kein Grund für den Rausschmiss vor – keine, dass man hätte sagen können: Selber schuld!
Betker:
Es gab also keine Erklärung, warum das Management beschlossen hatte, sie vom Veranstaltungsort entfernen zu lassen?
Brück:
Nein – ohne Erklärung. Ich habe den Mann von der Security noch gefragt, aus welchem Grund das hier alles passiert. Aber er sagte nur: „Wir brauchen hier nicht diskutieren. Wir haben hier die Order und – – – Bitteschön. Wir haben hier das Hausrecht.“
Betker:
Aha.
Brück:
Was soll man dann noch versuchen mit solchen Menschen zu reden? Das bringt dann auch nichts.
Betker:
Ja, aber es hätte doch sein können, dass die Herren von der Security sagen, dass Goda …
Brück:
von der Tissen noch lernen könnte.
Betker:
Haben Sie überhaupt etwas von der Veranstaltung gesehen?
Brück:
[gedehnt] Doch. Also ich muss ja sagen: Ich war noch nie so erschüttert, wie an diesen Abend. Auch mein Trainerkollege, der mir das Boxen beigebracht hat als ich mit fünf mit dem Boxen anfing, sagte das. Ich bin mittlerweile 45 – Sie können sich also leicht ausrechnen, wie lange wir schon zusammen arbeiten. Er saß neben mir, den Mund ganz weit offen und konnte es nicht fassen. Er sagte zu mir: „Ganz ehrlich, ich bin jetzt ganz fix und fertig. Ich weiß gar nicht mehr, was ich sagen soll. Wenn ich das jetzt nicht hier mit eigenen Augen gesehen hätte, ich hätte das nie geglaubt. Wenn mir das jemand erzählt hätte, ich hätte das niemals geglaubt. Das gibt es gar nicht. Das gibt es gar nicht! So ein schlechtes Boxen. Wo gibt es denn zwei mal zwei Minuten Kämpfe?“ So etwas habe ich auch noch nie, nie gesehen. Ich kenne so etwas nicht. Ich bin jetzt 40 Jahre dabei, aber ich kann mich nicht erinnern, dass es je einen Kampf gab über zwei mal zwei Minuten. Und dann auch noch auf einer Veranstaltung, wo es um eine Weltmeisterschaft geht. Das ist schon – – – krass.
Betker:
Die zwei mal zwei Minuten Kämpfe tauchen auf Boxrec nicht auf.
Brück:
Das glaube ich. Wie sollten sie denn auch jemanden verständlich machen, was das überhaupt soll. Ich kann mir auch nicht erklären, wofür das gut war. Also ich war recht enttäuscht. Dann war Pause, und wir gingen runter, um etwas trinken. Dabei hat wohl Maiki [Hundt, der Manager und Trainer von Elina Tissen] die Goda gesichtet. Dann kam innerhalb von eineinhalb Minuten auch schon der Rausschmiss.
Betker:
Aber warum schmeißt er die Goda Dailydait raus? Goda ist auf Boxrec auf Position 7 und Elina Tissen ist auf 2 im Federgewicht. Dementsprechend wäre es eine logische Geschichte, dass sich die Beiden irgendwann im Ring treffen.
Brück:
Ja, vielleicht irgendwann einmal. Aber ich denke, dass sie das so lange hinauszögern wollen wie nur irgend möglich. Die wollen den Kampf der Beiden nicht. Das vermute ich jedenfalls. Wenn man zurückverfolgt, was die alles an Kommentaren abgelassen haben, als Goda den Interconti[nental] Titel [02.04.2011 gegen Doris Köhler] geholt hat, da war Maiki [Hundt] ja auch da. Dann kamen hinterher die Beschimpfung: „Die hat ja nur mit einem Arm boxen können. Die hat sich ja verletzt. Bla bla bla.“ Dann habe ich gekontert und gesagt, dass wir gerne dazu bereit sind, gegen Tissen zu boxen. Da hat er gleich geantwortet; „Ja, die Goda ist sportlich ja noch gar nicht gereift genug, um in einer Veranstaltung gegen die Tissen antreten zu können.“
So gab sich im Internet ein Wort das andere. Goda hat dann sehr schön reagiert und geschrieben: „Jetzt müssten wir doch wunderbar in das Beuteschema von dem Team Tissen passen, weil die sucht sich doch eh nur Kranke und Schwache aus“. Da war er wohl ein wenig gekränkt und hat uns aus Rache aus seiner Veranstaltung entfernen lassen.
Betker:
Ja, aber …
Brück:
Das ist nur eine Spielerei. Was soll das denn? Die haben doch damals viel mehr gegen die [Ina] Menzer verbal geschossen, als was wir gemacht haben. Wir wollen doch nur einen sportlichen Vergleich, mehr doch nicht.
Betker:
OK.
Brück:
Die tönen doch immer so herum, wie gut sie ist. Sie hat doch bis jetzt praktisch fast nur Schwache geboxt. Das weiß doch jeder. Jedesmal, wenn sie dann eine Starke bekommen hat, haben alle immer gesagt: „Oh Mann, dass ging aber nicht mit rechten Dingen zu.“ Ich war damals in Rietberg gewesen [09.10.2010] als Stacey Reile aus Miami gekommen ist. Das Ding hat Tissen ganz klar verloren. Da geht es nicht um Sympathie oder Antipathie. Sport ist Sport und beim Sport soll die Bessere gewinnen. Ein fairer Kampf gegen Goda Dailydait wäre eine richtige Herausforderung für Frau Tissen. Dann kann sie ja mal unter Beweis stellen, ob sie so gut ist wie Maiki immer behauptet.
© Uwe Betker
Ein atomisierter Sport
Selbst als hart gesottener Boxfan ist es wohl unmöglich alle Weltmeister zu kennen. Im Allgemeinen werden zur Zeit vier Weltverbände anerkannt. Die so genannte Buchstabensuppe, so wird diese Situation im englischen Sprachraum genannt, besteht zurzeit aus WBA (World Boxing Association), WBC (World Boxing Council), WBO (World Boxing Organisation) und IBF (International Boxing Federation). Hinzu kommen IBO (International Boxing Organization), WBF (World Boxing Federation), GBC (Global Boxing Council) und andere. Jeder Titel ist also aufgeteilt in vier Viertel, wenn man die kleineren Verbände außer acht lässt.
Mittlerweile gibt es 17 verschiedene Gewichtsklassen:
1. Strohgewicht/Minimumgewicht/Mini-Fliegengewicht
2. Junior Fliegengewicht
3. Fliegengewicht
4. Super Fliegengewicht/Jr. Bantamgewicht
5. Bantamgewicht
6. Super Bantamgewicht/Jr. Federgewicht
7. Federgewicht
8. Super Federgewicht/Jr. Leichtgewicht
9. Leichtgewicht
10. Super Leichtgewicht/Jr. Weltergewicht
11. Weltergewicht
12. Super Weltergewicht/Jr. Mittelgewicht
13. Mittelgewicht
14. Super Mittelgewicht
15. Halb Schwergewicht
16. Cruisergewicht
17. Schwergewicht
Wenn alle 4 Verbände jeweils einen anderen Weltmeister in ihren 17 Gewichtsklassen haben, sind das insgesamt 68 Weltmeister. Hinzu kommen Interims Weltmeister, Super-Champions und was den Drei-Buchstaben-Organisationen sonst noch einfällt, um Sanktionierungs-Gebühren für WM-Kämpfe zu erheben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand alle aktuellen Titelträger aufzählen kann. Hier liegt m. E. ein Grund für den weltweiten Niedergang des Boxens.
Aller Orten verliert das Boxen immer mehr an Bedeutung. In den USA ist Baseball, Football und Basketball populärer. In Deutschland, Großbritannien, Niederlande und Frankreich ist Fußball die Sportart Nummer eins. Verschiedene andere Sportarten wie Wrestling, Käfigkämpfe, und Mischkampfsportarten wie UFC und K1 werden als Konkurrenz immer stärker.
Es ist wohl davon auszugehen, dass, wenn die so genannten Weltverbände nicht zur Vernunft kommen, Boxen immer weiter an Zuschauern verlieren wird. Die Drei-Buchstaben-Organisationen sind Vereinigungen von Menschen, hauptsächlich Männern, mit dem Ziel, durch Boxen Geld zu verdienen. Jeder, der will, kann einen Weltverband gründen und seine WM-Titel anbieten. Die Geschichte dieser Vereinigungen ist geprägt von Korruption, Manipulation, Regelverletzungen und Skandalen. Hier geht es Geld und nicht um Sport.
Üblicherweise gibt es im Weltsport in den unterschiedlichen Sportarten jeweils nur einen Weltmeister. Das Boxen leistet sich aber gleich vier pro Gewichtsklasse, Tendenz steigend. Das bedeutet doch, dass ein durchschnittlicher Weltmeister ist in der Regel nur ein Viertel-Weltmeister ist. Selbst ein so bekannter Titelträger wie Wladimir Klitschko ist mit seinen zwei WM-Gürteln der IBF und der WBO also nur ein halber Weltmeister. Weshalb Herr Klitschko auch noch den Titel eines IBO-Weltmeisters mit sich herum trägt, wird wohl sein Geheimnis bleiben. Der IBO-Titel hat nämlich so gut wie keine Bedeutung. Genau das ist der Punkt. Die Titel haben, so denke ich, keine wirkliche Bedeutung mehr. Die Promoter brauchen sie lediglich, um ihre Veranstaltungen einfacher vermarkten zu können. Die Bezeichnung WM-Kampf sagt heute nur bedingt etwas aus über die Qualität. Wie man an dem Super-Six-Turnier unschwer erkennen kann, braucht man nicht unbedingt einen Weltmeistertitel zu haben, um ein weltweites Interesse hervorzurufen, denn offensichtlich gibt es immer noch einen Markt für sehr gute Boxkämpfe. Zu ihnen kommt es aber nur selten, weil viele der wirklich guten Boxer Weltmeister sind und nicht gegeneinander antreten.
Es wäre dem Profiboxen zu wünschen, dass sich die Verbände auf einen Modus einigen könnten, der dazu führt, dass es pro Gewichtsklasse nur noch einen Weltmeister gibt. So kämen dann die Kämpfe zu Stande, die die Menschen auch sehen wollen. Nur so kann das Boxen langfristig auch wieder an Attraktivität gewinnen.
© Uwe Betker
Überlegungen zu Pacquiao vs. Margarito (1.)
Am Samstag 13.11.2010 boxt Manny Pacquiao (56 Kämpfe, 51 Sieg, 38 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) gegen Antonio Margarito (45 Kämpfe, 38 Siege, 27 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO) um den vakanten WBC Junior Mittelgewichtstitel. Dieser Kampf wird von dem US-amerikanischen TV-Sender HBO übertragen. Wer den Kampf in den USA im Fernsehen sehen will, muss dafür $ 54,95 zahlen.
HBO ist der Fernsehsender, der Boxer reich machen kann. Es ist auch der Sender, der die Klitschko-Brüder aus dem Programm geschmissen hat. Offiziell hieß es, dass die Zuschauer Vitali und Wladimir Klitschko nicht auseinander halten könnten. Der wahre Grund dürfte aber eher sein, dass sich das amerikanische Publikum bei den Klitschko-Kämpfen schlicht langweilt. Die taktisch brillanten Vorstellungen, die große boxerische und physische Überlegenheit und die auf Sicherheit bedachte Kampfführung sind nicht besonders spektakulär und kommen bei den amerikanischen Boxfans nicht an. Die stehen mehr auf actionreiche Kämpfe, und das wollen und können die Klitschkos einfach nicht bieten. Man kann sich die Frage stellen: Würde ich um einen Klitschko-Kampf im Fernsehen zu sehen dafür $ 54,95 ausgeben?
Pacquiao geht als 5:1 Favorit in den Kampf. Das ist für jemanden, der dem Pacquiao-Hype sehr fern ist, relativ unverständlich. Pacquiao ist 10 Zentimeter kleiner als Margarito und er hat 15 Zentimeter weniger Reichweite. Er kommt aus dem Fliegengewicht, wo er seine phantastische Karriere begann. Hier wurde er auch zum ersten Mal Weltmeister (04.12.1998) nach Version WBC. Nachdem er seinen Titel verloren hatte (17.09.1999), stieg „Pac Man“ ins Super Bantamgewicht auf und wurde dort Weltmeister des Verbandes IBF (23.06.2001). Hiernach ging er weiter hoch ins Federgewicht, wo er dann erneut Weltmeister der WBC (15.03.2008) wurde, um dann direkt weiter hoch zu gehen und beim selben Verband Weltmeister im Leichtgewicht zu werden (28.06.2008). Zuletzt boxte er im Weltergewicht, wo er auch bereits wieder Weltmeister wurde (14.11.2009), diesmal beim WBO.
Die nackten Daten zeigen schon, und dabei habe ich mir das „Namedropping“ noch gespart, wieso Manny Pacquiao einer der wenigen aktuellen Superstars des Boxens ist. – Keinen der beiden Klitschkos sehe ich im Übrigen auch nur in der Nähe eines solchen Superstar-Status´. Dabei verstehe ich hier unter Superstars nicht jene Teilnehmer einer Castingshow. Das gewählte Mitglied des philippinischen Kongresses gilt, je nachdem welcher Liste man folgt, als bester Boxer bzw. zweitbester Boxer pound for pound. Es stellt sich hier für mich die Frage, wieso es hier keinen TV-Sender gibt, der seine Kämpfe überträgt.
Die Karriere von Antonio Margarito verlief bei weitem nicht so spektakulär, ist aber doch grundsolide. Er wurde im Weltergewicht Weltmeister der WBO (16.03.2003) und verlor diesen Titel vier Jahre später wieder (14.07.2007). Zwischenzeitlich versuchte er, einen Titel im Junior Mittelgewicht zu erringen (11.09.2004), was aber nicht von Erfolg gekrönt war. Relativ schnell wurde er wieder Weltmeister im Weltergewicht (12.04.2008), diesmal beim Verband IBF, dem er einen Kampf später (26.07.2008) den WBA-Titel hinzufügte. Wiederum einen Kampf später unterlag er Shane Mosley (24.01.2009) durch TKO in Runde 9.
Es bleibt abzuwarten ob Pacquiao seiner Favoritenrolle gerecht werden kann. Ich persönlich glaube nicht daran. Margarito ist von seinem Körperbau dem Junior Mittelgewicht sehr viel näher als Pacquiao. Es fällt mir schwer zu glauben, dass der Favorit diesen Nachteil durch Schnelligkeit und Technik wettmachen kann. Zumindest verspreche ich mir von diesem Kampf, dass er nicht so deutlich ausfallen wird, wie uns die Wettquote weismachen will.
© Uwe Betker
Homosexualität und Boxen (2.)
Den zweiten homosexuellen Boxer, den ich kenne, ist eine Boxerin, Michele Aboro. Jene Michele Aboro, die nicht nur ich für die beste Boxerin aller Zeiten halte. Sie blieb ungeschlagen (21 Kämpfe, 21 Siege und 12 durch KO) und wer sie boxen gesehen hat, hielt sie auch für unschlagbar. Wenn sie in den Ring stieg, verebbten schnell die dumpfen, meist biergeschwängerten chauvinistischen Sprüche, die sich so gerne über das Frauenboxen lustig machen. Hier stieg eine Frau in den Ring, die es ernst meinte und die auch Ernst machte. Aboro war eine Kriegerin, an der die Klischees über das Frauenboxen abprallten, bzw. sie trafen einfach nicht auf sie zu.
Als Aboro Weltmeisterin im Super Bantamgewicht nach Version WIBF (05.02.2000) wurde, steckte das Frauenboxen noch in den Kinderschuhen. Zu diesem Zeitpunkt war Regina Halmich schon fast fünf Jahre Weltmeister und wurde langsam bekannter. Universum Box-Promotion setzte als einziger großer, deutscher Veranstalter auf diesen Sport. Wobei hier marktwirtschaftliche Überlegungen wohl eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben mögen. Boxende Frauen sind deutlich billiger als ihre boxenden männlichen Kollegen. Und zwischen ihnen ist der Unterschied erheblich größer als die in Deutschland „normalen“ 22% im Schnitt. Um zu beweisen, dass Frauenboxen ein „richtiger Sport“ ist, brauchte Klaus-Peter Kohl Boxerinnen, die wirklich boxen konnten. Daher war es nur zwangläufig, dass er Aboro unter Vertrag nahmen.
Aboro, die vom Kickboxen kam, absolvierte ihre ersten drei Kämpfe – alles Siege durch KO in der ersten Runde – in drei verschiedenen Ländern, bevor sie nach Deutschland kam. Hier verbeulte sie dann die deutsch-bulgarische Boxhoffnung und spätere Weltmeisterin im Bantamgewicht Dessislawa Kirowa, genannt Daisy Lang (29.11.1997). Nach dem Titelgewinn gegen Eva Jones Young (05.02.2000) absolvierte sie noch sechs Kämpfe incl. drei Titelverteidigungen, die letzte von ihnen Ende 2001. Dann war Schluss.
Michel Aboro bekam als „nicht zu vermarkten“ keine Kämpfe mehr. Um es deutlich zu sagen: Die beste Boxerin der Welt, eventuell die beste Boxerin aller Zeiten, war „nicht zu vermarkten“. Und das nur, weil sie zu jenen, anfangs angesprochenen 10% der Weltbevölkerung gehört. Ich glaube heute, neun Jahre später, ist die Situation keine andere. Wenn man bzw. hier frau nicht dem Frauenbild von heterosexuellen Männern, die wiederum nicht einmal 40% der Bevölkerung ausmachen, entspricht, ist man „nicht zu vermarkten“. D.h. für mich, dass das, was man gemeinhin Toleranz nennt, ein extrem dünner Firnis ist, und dass sich darunter etwas befindet, was sehr ekelhaft ist.
© Uwe Betker
Frauenboxen: Notizen zu Michele Aboro (2.)
Der Fall Michele Aboro lässt mich ratlos zurück. Da ist eine Frau, die sich anschickt, eine Männerdomäne zu erobern. Sie wurde 2000 Weltmeisterin der WIBF im Super Bantamgewicht.
Zur Erinnerung: Das Frauenboxen hatte sich noch nicht wirklich etabliert in Deutschland. Es gab zwar schon eine Regina Halmich, die hatte aber noch nicht Stefan Raab eins auf die Nase gegeben. – Der erste Showkampf der beiden war 2001 dann wohl erst der endgültige Durchbruch für Halmich und für das Frauenboxen in Deutschland.
Aboro ist unbestritten eine der besten Boxerinnen der Welt. Aber sie bekommt keine Kämpfe von ihrem Veranstalter mehr, weil sie nicht zu vermarkten ist.
Es ist absurd: Aboro verprügelt, im wahrsten Sinne des Wortes, in ihrem sechsten Kampf eine Frau namens Dessislawa Kirowa, genannt Daisy Lang. Und diese Daisy boxt noch jahrelang weiter, während man Aboro aufs Abstellgleis geschoben hat.
Wieso war sie nicht zu vermarkten? Oder, um die Frage präziser zu stellen: Warum ist eine dunkelhäutige (ist das politisch korrekt, es so auszudrücken?), lesbische Boxerin nicht zu vermarkten? Wo sind die Frauenmagazine, die eine solche Frau portraitieren und sie bekannt machen? Wo sind die weiblichen Redakteure in den Medien, die sich mit einer starken und kämpfenden Frau identifizieren? Kann man als weibliche Athletin nur bekannt werden, wenn man, pardon – frau, sich für so genannte Herrenmagazinen nackt macht? Erst wenn man sich als Sportlerin für Männer nackt ausgezogen hat, wird man von Frauenmagazinen wahrgenommen?
Ich bin ratlos und ziemlich angewidert.
© Uwe Betker