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Sauerland Event und die Medien
Wenn man Boxzeitschriften und Internetportale durchliest, kann man den Eindruck gewinnen, als ob die ganze Boxwelt, zumindest die deutsche, in dem Wunsch vereint wäre, Arthur Abraham (40 Kämpfe, 36 Siege, 28 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO) solle so schnell wie möglich wieder gegen Robert Stieglitz (48 Kämpfe, 45 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) boxen. Ich kann mich da aber des Verdachts nicht erwehren, dass wir hier nur Zeugen einer sehr geschickten PR Kampagne sind.
Zur Erinnerung: Am 22.08.2011 wurde Stieglitz durch ein TKO in Runde 11 über Karoly Balzsay Weltmeister der WBO, World Boxing Organization, im Super Mittelgewicht. Zur gleichen Zeit war Arthur Abraham schon über zweieinhalb Jahre Weltmeister der IBF, International Boxing Federation, im Mittelgewicht. Am 25.08.2012 verlor Stieglitz seinen Titel an Abraham durch eine Punktniederlage. Avetik Abrahamyan war eine Gewichtsklasse aufgestiegen und hatte im Super Six Turnier drei bittere Niederlagen einstecken müssen. Nachdem beide noch einen weiteren Kampf absolviert hatten, kämpften Abraham und Stieglitz dann am 23.03.2013 wieder gegeneinander. Der Ausgang ist bekannt: Abraham gab nach der dritten Runde auf und Sergey Shtikhlits war erneut Weltmeister der WBO. Der Rückkampf kam zustande, weil der Kampfvertrag zum ersten Kampf eine Rückkampfklausel enthielt.
Nun ist allerorten zu lesen, dass die Boxfans einen Rückkampf fordern. Natürlich wäre ein Rückkampf nicht schlecht. Natürlich wäre es interessant zu sehen, wie Abraham gegen den Mann boxt, gegen den er aufgegeben hatte. Wieso sollte aber Stieglitz wieder gegen Abraham boxen? Er hat seinen Rückkampf nur bekommen, weil es eine Rückkampfklausel gab.
Beide Boxer sind bei verschiedenen Veranstaltern unter Vertrag, Abraham bei Sauerland Event und Stieglitz bei SES Boxing. Durch den Sieg über Abraham hat SES einen Fernsehvertrag mit SAT1 bekommen. Dadurch bekommen die Boxinteressierten jetzt mehr Boxen im Fernsehen zu sehen. Aber kann SES nun ein Interesse daran haben, Stieglitz der Gefahr auszusetzen, seinen Titel an Abraham wieder zu verlieren und damit womöglich auch den TV Vertrag?
Wenn jetzt auf der Seite von Sauerland mit Fairness argumentiert wird, dann wird es für mich schon absurd. Profiboxen hat schließlich nur sehr wenig mit Fairness zu tun und das Profiboxen von Sauerland Event noch weniger. Hat Marco Huck Ola Afolabi einen Rückkampf gegeben, nachdem er ihm am 05.12.2009 recht umstritten den WM Titel abgenommen hatte? Hat Marco Huck Denis Lebedev einen Rückkampf gegeben, nachdem man ihm am 18.12.2010 den Sieg zugeschanzt hatte?
Damals gab es keine lauten Rufe nach einem Rückkampf. Viele Medien schwiegen damals offensichtlich aus Rücksichtnahme. Beide Rückkämpfe hätte wohl Huck nicht gewonnen, jedenfalls nicht wenn gute Punktrichter am Ring gesessen hätten. Die Öffentlichkeit schwieg. Es ging ja schließlich darum, das Boxen in Deutschland nicht zu schädigen. Dass es dabei allerdings nicht ums Boxen allgemein, sondern um das Boxen von Sauerland Event ging, verloren viele aus den Augen. Da haben sich nicht wenige doch mit den Interessen eines einzelnen Veranstalters gemein gemacht.
Wenn also heute zu lesen ist, die Öffentlichkeit fordere nun eine dritte Auflage von Abraham vs. Stieglitz, dann werde ich ganz einfach misstrauisch. Offensichtlich werden hier doch wieder nur die Sonderinteressen von Sauerland Event über die von SES Boxing gestellt.
Als Boxinteressiertem ist es mir aber doch lieber, wenn mehrere Veranstalter Fernsehverträge haben und Boxen zeigen, als wenn nur ein Veranstalter das Boxen in Deutschland monopolisiert. Natürlich wäre ein drittes Aufeinandertreffen von Abraham und Stieglitz möglich. Es kann zu dem Kampf kommen – nämlich dann, wenn Abraham weiter aktiv bleibt, wenn er dann auch wieder gegen bessere Boxer antritt und schließlich wieder Pflichtherausforderer der WBO wird.
Ich persönlich hätte es allerdings seinerzeit viel lieber gesehen, wenn Sauerland Event und Marco Huck 2010 den Mut gehabt hätten, gegen Ola Afolabi anzutreten oder sich Denis Lebedev erneut zu stellen.
Ich selbst halte es für höchst problematisch, wenn sich einzelne Journalisten und Medien nicht nur von einem Veranstalter instrumentalisieren lassen, sondern auch noch deren finanzielle Interessen vertreten. Denn machen wir uns nichts vor! Wenn Sauerland Event nach einem Rückkampf ruft, dann geht es nur in zweiter Linie um Sport. In erster Linie geht es darum, sich einen quotenträchtigen Hauptkämpfer zu erhalten, um den Vertrag mit der ARD erfüllen zu können.
© Uwe Betker
Arthur Abraham ist zurück
Arthur Abraham (38 Kämpfe, 35 Siege, 27 durch KO, 3 Niederlagen) ist der neue Weltmeister der WBO (World Boxing Organisation) im Super Mittelgewicht. Er besiegte am 25.08.2012 in Berlin Robert Stieglitz (45 Kämpfe, 42 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) einstimmig nach Punkten.
Dass Abraham Stieglitz besiegte, ist nicht die Sensation. Vor dem Kampf war man sich gemeinhin über eine 50%-Chance einig. Was an seinem Sieg erstaunlich war, ist, dass er durch einen Punktsieg gewann. Alle glaubten nämlich, er könne nur durch einen KO siegen.
Damit wurde nun Abraham, der als Awetik Abrahamjan geboren wurde, nach dem Mittelgewicht auch im Super Mittelgewicht Weltmeister. Dabei glaubten viele Beobachter, diese Gewichtsklasse sei für ihn zu stark besetzt. Er unterlag dann ja auch im Super Six Turnier gegen Andre Dirrell (am 27.03.2010), Carl Froch (am 27.11.2010) und Andre Ward (am 14.05.2011). Bei seinen Niederlagen sah er zudem sehr schwach und eindimensional aus.
Gegen Stieglitz sah Abraham so gut wie seit Jahren nicht mehr aus. Er verschlief nicht, wie sonst immer, die ersten Runden. Er verließ sich nicht nur auf seinen Punch, sondern er boxte taktisch klug. Mit diesem großen Sieg rettete er nicht nur seine Karriere, sondern er meldete sich eindrucksvoll wieder zurück. Aber wo er wirklich steht, wird sich erst noch zeigen müssen.
Man muss nun kein Prophet sein, um vorher zu sagen, dass er in seinem nächsten Kampf, vermutlich im Dezember, wohl einen Gegner vorgesetzt bekommen, den er KO schlagen kann und wird. Hiernach könnte es zu einem Rückkampf mit Stieglitz kommen.
Arthur Abraham ist zurück. Er gehört wieder zu den Besten in seiner Gewichtsklasse. Aber keiner wird auf die Idee kommen ihn, wie noch vor ein paar Jahren, für den Besten zu halten. Es wird sich zeigen, ob Abraham und sein Veranstalter Sauerland Event den WBO Titel nur dazu nutzen wollen Kasse zu machen, oder ob sie die Reputation von Abraham Schritt für Schritt wieder aufbauen wollen. Hierfür müssten sie aber Risiken eingehen und wirklich starke Gegner besorgen. Rückkämpfe mit Dirrell, Froch und Ward wären eine Option.
Wie Sauerland Event dies handhaben wird, kann man vermutlich schon bald daran erkennen, wie mit dem Thema Pflichtverteidigung umgegangen wird. Die WBO ist bekannt dafür, sehr entgegenkommend gegenüber Veranstaltern zu sein. – Hat der langjährige WBO-Weltmeister Dariusz Michalczewski auch nur eine Pflichverteidigung machen müssen? – Abrahams Stallkollege Mikkel Kessler (47 Kämpfe, 45 Siege, 34 durch KO, 2 Niederlagen) dürfte nämlich sein Pflichtherausforderer werden.
© Uwe Betker
Geschäft statt Sport – Sauerland und das Cruisergewicht
Es ist kaum mal ein Jahr her, da ließen sich der berliner Veranstalter Sauerland Event und vor allem der Sohn von Wilfried Sauerland Kalle für ein Super-Six-Turnier im Cruisergewicht feiern. Nach dem Vorbild des Championats im Supermittelgewicht sollte ein weiteres Turnier etabliert werden. Das Turnier sollte Ende 2011 beginnen und mit sagenhaften 50 Millionen Dollar dotiert sein. Aber von dem Turnier wird nicht mehr gesprochen. Der Organisator Sauerland hat es sterben lassen und hat über dessen Ableben wenig Aufhebens gemacht.
Dabei waren die Voraussetzungen für einen Erfolg eines Boxers von Sauerland in diesem Turnier recht gut. Gesetzt waren Muamer Hukic alias Marco Huck (34 Kämpfe, 33 Siege, 24 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und Steve Cunningham (26 Kämpfe, Siege, 24 Siege, 12 durch KO, 2 Niederlagen), die ihren WBO bzw. ihren IBF Titel einbringen sollten. Hinzukommen sollten dann Yoan Pablo Hernandez (25 Kämpfe, 24 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und/oder Alexander Frenkel (23 Kämpfe, 23 Siege, 18 durch KO). Mindestens die Hälfte der Plätze des Turniers war also für Sauerland Boxer reserviert.
Der WBC Weltmeister Krzysztof Wlodarczyk (48 Kämpfe, 45 Siege, 32 durch KO, 2 Niederlagen, 1 Unentschieden) und eventuell Guillermo Jones (42 Kämpfe, 37 Siege, 29 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden), der WBA Weltmeister, sollten das Teilnehmerfeld ergänzen. Nachdem Denis Lebedev (23 Kämpfe, 22 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage) dann am 18.12.2010 durch die, wie ich finde, groteske Wertung der Punktrichter Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo der Sieg über Huck vorenthalten wurde, raunte man in Berlin, dass man sich überlegen könnte, eventuell und überhaupt und unter gewissen Umständen Lebedev doch, als eine Art Gnadenakt, einen Platz im Turnier einzuräumen. Damit hatte man auch der Forderung nach einem Rückkampf den Druck genommen.
Inzwischen wurde bekannt, dass es nun doch kein Turnier mehr in der „weltweit attraktivsten Gewichtsklasse“ mehr geben wird. Die Gründe scheinen mir dabei eigentlich auf der Hand zu liegen. Bei einem solchen Turnier gäbe es schließlich nur einen Sieger. Sauerland würde zwar zwei WM-Titel in das Turnier einbringen, käme aber nur mit maximal einem Sieger heraus. Der unbestrittenen Hauptkämpfer von Sauerland nennt sich Marco Huck. Aber es ist mehr als fraglich, ob er ein solches Turnier gewinnen kann. Lebedev hat ihn sozusagen geschlagen und sein Teamkollege Cunningham hat ihn am 29.12.2007 praktisch geschlagen. Er hatte ihn erst boxerisch vorgeführt und dann durch TKO geschlagen. Womöglich stände Sauerland am Ende des Turniers ohne Hauptkämpfer Huck da. Ein Super-Six-Turnier im Cruisergewicht wäre sportlich großartig gewesen. Dafür haben Sauerland Event und Kalle Sauerland auch viel öffentliches Lob und Anerkennung bekommen. Im Profiboxen geht es allerdings nicht primär und vermutlich noch nicht einmal sekundär um Sport, sondern ums Geschäft. Und das Turnier findet nicht statt.
© Uwe Betker
Ein guter Ersatz
Der Veranstalter Sauerland Event fand schnell einen Ersatz für Giacobbe Fragomeni (31 Kämpfe, 27 Siege, 11 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden). Der ehemalige Europameister und Weltmeister der WBC im Cruisergewicht sollte am 02.04.2011 in Halle/Westfalen gegen den amtierenden Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO Muamer Hukic alias Marco Huck (32 Kämpfe, 31 Siege, 23 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) boxen. Der Italiener Fragomeni musste den Kampf absagen, nachdem er sich im Sparring eine Cutverletzung zugezogen hatte. Nun wird er ersetzt durch Ran Nakash (25 Kämpfe, 25 Siege, 18 durch KO). Der 32-jährige Nakash wird in der unabhängigen Weltrangliste auf Position 25 geführt, bei der WBC sogar auf 15 und bei der WBA auf 14. Interessanterweise erscheint der israelische Boxer jedoch nicht in der Rangliste der WBO.
Obwohl der bullig wirkende Nakash so weit oben in den Ranglisten steht, dürfte er aber kaum eine Chance gegen Huck haben. Zu groß sind seine technischen Defizite. Die einzige Chance, die er haben dürfte, ist es, mit einem seiner Haken, die er offensichtlich gerne schlägt, durchzukommen und durch KO zu gewinnen. Sehr viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Weltmeister vorzeitig gewinnt.
Berücksichtigt man die Kürze der verbleibenden Zeit, so ist Nakash ein guter Ersatz für Fragomeni, obwohl Huck wohl einen kurzen und relativ leichten Arbeitstag haben dürfte. Es wäre ihm auch zu gönnen, wenn da nicht sein letzter Kampf gegen Denis Lebedev vom 19.12.2010 wäre. Wir erinnern uns: Die zwei Punkrichter Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo schanzten Huck den Sieg zu. Sauerland Event ließ sogar den spanischen Punktrichter Manuel Oliver Palomo nachher, aus mir unbekannten Gründen, noch mal auf einer seiner Veranstaltungen punkten.
Es ist immer noch die Frage nicht geklärt, wie Marco Huck und sein Management mit diesen Makel umgehen will. Wird es einen Rückkampf gegen Denis Lebedev (22 Kämpfe, 21 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage) geben? Wird es ein Super-Six-Turnier im Cruisergewicht geben und lässt man Lebedev daran teilnehmen? Oder will man das „Problem Lebedev“ aussitzen, in der Hoffnung dass irgendwann die Öffentlichkeit vergessen hat, dass Huck eigentlich gegen Lebedev verloren hatte und sich eigentlich nicht mehr Weltmeister nennen dürfte.
© Uwe Betker
Wenn nur das Wörtchen wenn nicht wär,…
Wenn nur das Wörtchen wenn nicht wär, dann wär die nächste Kampfansetzung für den amtierenden Weltmeister im Cruisergewicht nach Version WBO vielleicht richtig gut. Muamer Hukic alias Marco Huck (32 Kämpfe, 31 Siege, 23 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) boxt am 02.04.2011 in Halle/Westfalen gegen den ehemaligen Europameister und Weltmeister der WBC im Cruisergewicht Giacobbe Fragomeni (31 Kämpfe, 27 Siege, 11 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden).
Fragomeni könnte man durchaus als würdigen Herausforderer für Huck betrachten, wenn man ihn auch für eine lösbare Aufgabe halten könnte, weil er keinen Punch hat und von seinen letzten 3 Kämpfen 2 verloren hat. Aber damit tut man ihm unrecht. Er ist immerhin die Nummer 27 der unabhängigen Weltrangliste. Er verlor seinen WM-Gürtel gegen keinen geringeren als Zsolt Erdei – und das auch nur knapp. Der Kampf, der am 21.11.2009 stattgefunden hat, war so hart, dass Erdei anschließend beschloss, wieder in seiner alten Gewichtsklasse, dem Halbschwergewicht anzutreten. Eine seiner anderen Niederlagen musste der Mann aus Mailand gegen David Haye (17.11.2006) hinnehmen. Das war jener David Haye, der jetzt Weltmeister der WBA im Schwergewicht ist.
Fragomeni wäre also schon ein guter Gegner, wenn da nicht diese unerledigte Geschichte mit Denis Lebedev vom 19.12.2010 wäre. Es hat wohl keiner, der den Kampf gesehen hat, vergessen, dass Huck nur deshalb noch Weltmeister ist, weil zwei Punkrichter (Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo, ich nenne ihre Namen immer wieder, in der schwachen Hoffnung, sie hier nie wieder zu sehen) partout nicht dem Kampfverlauf entsprechend punkten wollten und ihm dadurch den Sieg zugeschanzt haben.
Es bleibt also ein fader Beigeschmack, weil es scheint, als hätte Marco Huck nicht den Mut dazu, Denis Lebedev (22 Kämpfe, 21 Siege, 16 durch KO, 1 Niederlage) einen Rückkampf zu geben. Und Sauerland Event scheint seinem Weltmeister Huck auch einen Sieg gegen ihn nicht zuzutrauen. Wie kann man es sich denn sonst erklären, dass ein Kampf der förmlich nach einer Neuauflage schreit und mit Sicherheit eine gute Einschaltquote erzielen würde, nicht stattfinden soll. Das Super-Six-Turnier im Cruisergewicht ist auch keine Option. Erst unlängst, nämlich in der Pressekonferenz nach der Veranstaltung in Mülheim, wurde mitgeteilt, dass noch gar nicht feststünde, ob und wann dieses Turnier stattfinden soll. Deswegen kann ich eine Kampfansetzung Huck gegen Fragomeni auch nicht gut finden, sondern ich halte sie für schlecht. Selbst wenn Huck diesen Kampf super eindrucksvoll gewinnt, verliert er, in meinen Augen, an Reputation und sein Veranstalter Sauerland Event an Glaubwürdigkeit.
© Uwe Betker
Die Angst von Sauerland Event
Die Angst geht um bei Sauerland Event, die Angst keinen Hauptkämpfer mehr für die ARD zu haben. Daher wird wohl auch alles getan, diejenigen, die man denn hat, auch zu behalten. Diese Angst ist auch nicht ganz unberechtigt. Erst verliert Arthur Abraham desaströs gegen Carl Froch (27.11.2010) im Super-Six-Turnier. Dann offenbart der WBO Weltmeister im Cruisergewicht Muamer Hukic alias Marco Huck in seinem letzten Kampf mentale, physische und technische Schwächen. – Ich erinnere noch einmal: Er durfte seinen Titel nur behalten, obwohl er von Denis Lebedev (18.12.2010) klar geschlagen wurde, weil zwei Punktrichter (Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo) wohl partout den Kampfverlauf nicht durch ihre Punktwertung wiedergeben wollten.
Nun gilt es das zu verteidigen, was man hat. Sebastian Sylvester (38 Kämpfe, 34 Siege, 16 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) hat den Titel des Weltmeisters im Mittelgewicht der IBF, und diesen Titel gilt es um jeden Preis zu verteidigen. Der berliner Veranstalter wählt den sichersten Weg einen Titel zu verteidigen. Man sucht sich einen Gegner, der überhaupt keine Gefahr für den eigenen Boxer darstellt. Diesen Gegner hat man in Mehdi Bouadla (24 Kämpfe, 21 Siege, 10 durch KO, 3 Niederlagen) gefunden. Der Herr aus Aulnay-sous-Bois/Frankreich ist die Nummer 41 der Weltrangliste und immerhin die Nummer 2 der französischen Rangliste – wie aber wohl jeder weiß, liegt in Frankreich das Profiboxen danieder.
In den Regionen der unabhängigen Weltrangliste, in denen sich Bouadla tummelt, sind auch der nächste Gegner von Felix Sturm, Ronald Hearns, und Mahir Oral, der letzte Gegner von Sylvester, zu finden. In dem Kampfrekord des Herausforderers gibt es nur einen bekannten Namen, nämlich Gennady Golvkin. Und der heutige WBA-Weltmeister im Mittelgewicht besiegte ihn in seinem neunten Kampf (07.09.2007) klar nach Punkten.
Nach meiner Meinung boxt Herr Sylvester mit Bouadla nun schon den dritten Gegner innerhalb eines Jahres (Billy Lyell am 30.01.2010 und Mahir Oral am 30.10.2010), der in einem WM-Kampf nichts zu suchen hat.
Die Angst geht um bei Sauerland Event, die Angst…
© Uwe Betker
Mit Netz und doppeltem Boden
Eigentlich kann man gegen einen Kampf zwischen Sebastian Sylvester und Mahir Oral nicht wirklich etwas sagen. Der Weltmeister der IBF im Mittelgewicht boxt die Nummer 10 der IBF-Rangliste. Ein normaler Vorgang im Profiboxen – so sollte man meinen. Merkwürdigkeiten gibt es trotzdem; die haben allerdings nicht direkt mit der Paarung zu tun. Zunächst gibt es im Kampfrekord von Sylvester (37 Kämpfe, 33 Siege, 16 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO und 1 Unentschieden) und in der Rangliste der IBF gibt es ein paar Auffälligkeiten.
Der „Hurrikan“ aus Greifswald ist kein Boxer, der vorsichtig aufgebaut wurde. Seinen ersten Kampf verlor er durch KO, dann wurde er Deutscher Meister und Europameister. Sein erster Versuch Weltmeister zu werden misslang. Der WBA-Weltmeister im Mittelgewicht, Felix Sturm, besiegte ihn klar nach Punkten (01.11.2008). Dann bekam er die Chance, um den vakanten IBF-Titel zu boxen, den Arthur Abraham aufgeben hatte, um am Super-Six-Turnier teilzunehmen. Er wurde durch einen Punktsieg gegen Giovanni Lorenzo (19.09.2009) Weltmeister. Zwei der drei Punktrichter sahen ihn als Sieger.
„Lion“ Oral (32 Kämpfe, 28 Siege, 11 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO und 2 Unentschieden) zeigte seine beste Leistung in der letzten Titelverteidigung (27.06.2009) von Arthur Abraham. Oral verlor zwar durch TKO in Runde 10, aber in den ersten vier Runden sah er sehr gut.
Was an der IBF-Rangliste so erstaunlich ist, ist die Tatsache, dass die ersten beiden Plätze hinter dem Weltmeister nicht besetzt sind. Dies halte ich für eine Unsitte. Wieso sind die Plätze nicht besetzt? Können sich die verantwortlichen Herren nicht entscheiden? Oder gibt es keine Boxer, die würdig sind, diese Plätze einzunehmen?
Stattdessen veranstalten die IBF jedes Mal einen Ausscheidungskampf um den Platz des Pflichtherausforderers, der zwischen dem bereits 37-jährigen Roman Karmasin (46 Kämpfe, 40 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO und 2 Unentschieden) und dem Australier Daniel Geale (24 Kämpfe, 23 Siege, 14 durch KO und 1 Niederlage) ausgetragen werden soll.
Diese Maßnahme entbehrt nicht eines gewissen Zynismus’, denn Karmasin war unlängst erst Pflichtherausforderer. In seinem letzten Kampf nämlich (05.06.2010) boxte er gegen Sylvester und gewann sogar eigentlich nach Punkten. Die Punktrichter werteten 117:111, 114:113 für Karmasin und118:111 für Sylvester. Da aber der eine Punkrichter, der 114:113 gepunktet hatte, eine Runde Unentschieden gegeben hatte und ein Unentschieden seit kurzem im Regelwerk der IBF nicht mehr vorgesehen ist, wurde diese Runde Sylvester zugeschlagen, womit er insgesamt ein Unentschieden erreichte und Weltmeister blieb.
Würde es mehr um Sport als ums Geschäft gehen, hätte Sauerland Event einen sofortigen Rückkampf angeboten. Das taten sie aber nicht. So suchte Karmasin Hilfe bei der IBF. Würde es mehr um Sport als ums Geschäft gehen, hätte die IBF einen sofortigen Rückkampf angeordnet. Stattdessen ordnete sie einen vorherigen Ausscheidungskampf an. – Man könnte schon auf die Idee kommen, dass dies den traditionell guten Beziehungen zwischen der IBF und Sauerland Event geschuldet ist.
Sylvester darf sich noch weiter Weltmeister nennen und seinen Titel jetzt freiwillig verteidigen. Was einen bei der Kampfansetzung nun stutzig machen kann, ist, dass Sauerland Event Oral kurzfristig bei Arena rausgekauft hat, um ihm einen eigenen Vertrag zu geben. Wieso machen die das? Hat Sauerland etwa Angst, dass Sylvester gegen Oral verlieren könnte?
Für mich sieht das fast so aus, als ob Sauerland Event hier ganz auf Nummer Sicher gehen will, sozusagen veranstalten mit Netz und doppeltem Boden. Es soll halt auf jeden Fall gewährleistet werden, dass der Titel beim Veranstalter bleibt. Man kann schließlich nicht immer so ein Glück mit uninformierten Punktrichtern haben.
© Uwe Betker