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Die ultimativ subjektive Liste 2017
Boxer des Jahres
Wladimir Klitschko (69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO) stieg am 29.04.2017 im Wembley Stadion in London zum letzten Mal in den Ring. Er verlor gegen Anthony Joshua. Es hätte vermutlich keiner vorher ernsthaft erwartet, dass Klitschko im Herbst seiner Karriere noch einmal zu einer solchen Leistung fähig wäre.
Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Alexander Mengis und Eduard Gutknecht zahlen einen hohen Preis für ihre Liebe zum Boxen.
Boxerin des Jahres
2017 sah ich in Deutschland keine Boxerin, die diesen Titel verdient hätte.
KO des Jahres
Im Viertelfinale der World Boxing Super Series, im Turnier im Cruisergewicht, knockte der Kubaner Yunier Dorticos (22 Kämpfe, 22 Siege, 21 durch KO) den Russen Dmitry Kudryashov (23 Kämpfe, 21 Siege, 21 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) in der zweiten Runde durch eine perfekte Rechte zur Schläfe aus.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben und bei denen Boxer um den Sieg betrogen wurden.
Rookie des Jahres
Sherif Morina (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO) ist seit eineinhalb Jahren Profi. Er boxt im Weltergewicht und boxt mit hohem Risiko, sowohl was seinen Kampfstil als auch was die Auswahl seiner Gegner anbelangt.
Überschätzter Boxer des Jahres
Christian Hammer (27 Kämpfe, 22 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO) alias Cristian Ciocan boxte am 15. Dezember 2017 um den WBO International Titel im Schwergewicht gegen Alexander Povetkin (34 Kämpfe, 33 Siege, 23 durch KO, 1 Niederlage). Auf meinem Punktzettel gewann er keine Runde.
Überschätzte Boxerin des Jahres
Es gibt sie, aber ich will sie hier nicht mit einer Nennung ehren.
Punktrichter des Jahres
Urs Schneider (BDB), ein Punktrichter der in seiner ganzen Karriere noch kein einziges Fehlurteil gefällt hat: Hinzu kommt ein vorbildlicher Auftritt als Supervisor.
Ringrichter des Jahres
Jens-Uwe Baum (GBA) agiert unauffällig und unaufgeregt, auch wenn es im Ring hektisch wird.
Absteiger des Jahres (männlich)
Der am 22.12.2014 verstorbene Erfolgstrainer Fritz Sdunek war so etwas wie der Säulenheilige des deutschen Boxens. Eine Reportage im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zeigte, dass er wohl doch so heilig nicht war.
Absteiger des Jahres (weiblich)
Gab es sie?
Aussteiger des Jahres
Der Wuppertaler Schwergewichtler und Kultboxer Werner Kreiskott (46 Kämpfe, 25 Siege, 17 durch KO, 19 Niederlagen, 8 durch KO, 2 Unentschieden) machte im Oktober seinen letzten Kampf. Er war ein Boxer, der seine Kämpfe gewann, der aber auch verlor und beides machte er mit Würde. Viele werden ihn im Ring vermissen. Alle aber sind, wie ich, froh, dass er den richtigen Zeitpunkt für seinen Rücktritt gewählt hat.
Veranstalter des Jahres
Die 15-jährige Ranee Schröder dürfte wahrscheinlich immer noch die jüngste Promoterin der Welt sein. Sie war Veranstalterin des WBF WM-Kampfes im Cruisergewicht zwischen Serdar Sahin und Javier Sanabria auf der Messe „Mode, Heim und Handwerk“ am 18. November 2017 in der Messe Essen.
Veranstaltung des Jahres
Die GBA ging am 18. November 2017 neue Wege, um Werbung für das Profiboxen in Deutschland zu machen: Sie veranstaltete selber eine Profiboxveranstaltung, und zwar in der Messehalle Halle 7 der Messe Essen. Auf der Messe „Mode, Heim und Handwerk“, einer Verbrauchermesse, gab es Profiboxen zu sehen und die Zuschauer waren die Messebesucher, die vorbei kamen.
Boxevent des Jahres
Da findet eine Schwergewichtsweltmeisterschaft in Deutschland statt und die Halle ist nicht ausverkauft. Da wird jemand, der seit ewiger Zeit in Deutschland lebt, Weltmeister im Schwergewicht und ein Teil der Presse fragt nach seinem Pass. In der Arena Oberhausen fand am 15.11.2017 eines der seltsamsten Boxevents aller Zeiten statt: Manuel Charr vs. Alexander Ustinov.
Fehlentscheidung des Jahres
Am 04. März 2017 gab Araik Marutjan sein Profidebüt gegen Serhii Ksendzov. Sauerlands neuer Mittelgewichtler Marutjan dominierte den Kampf. Dann erlitt er einen Achillessehnen-Abriss und konnte nicht weiter boxen. Im Ring wurde offenbar ein “No Contest“ verkündet. Später wandelte der BDB das Urteil in einen Sieg für Marutjan um.
Trainer des Jahres
Habe ich nicht gesehen.
Entgleisung des Jahres
Malte Müller-Michaelis und Gerhard Pfeil schrieben in „Der Spiegel“: „Die Promoter witterten das schnelle Geld. Statt Talente ordentlich auszubilden, schickten sie unfertige Athleten ins Feuer. Durchschnittsboxer wie Sven Ottke oder Markus Beyer wurden zu Weltmeistern hochgejazzt.“
Boxkampf des Jahres (männlich)
Im Wembley Stadion in London versuchte Wladimir Klitschko (69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO) am 29.04.2017 gegen Anthony Joshua noch mal Weltmeister im Schwergewicht zu werden. Vorher hatte kaum jemand geglaubt, dass der einundvierzigjährige Herausforderer Klitschko zu einer solchen Leistung, wie er sie dann zeigte, nochmal fähig sein würde. Womöglich hätte er den Kampf sogar gewinnen können, hätte er in den Kunstpausen von Joshua nur konsequent angegriffen. Seine Ecke aber, allen voran sein Bruder Vitali, verhinderten dies.
Boxkampf des Jahres (weiblich)
Özlem Sahin (25 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) besiegte am 05.08.2017 in Essen auf sehr beeindruckende Weise Sandy Coget (16 Kämpfe, 8 Siege, 7 Niederlagen, 1 Unentschieden). Durch einen technisch sehr gut und hart geführten Kampf verteidigte Sahin ihren UBO Weltmeister- und ihren WBF Interconti-Titel.
Comeback des Jahres (männlich)
Habe ich übersehen.
Comeback des Jahres (weiblich)
Habe ich übersehen.
Bester Show Act des Jahres
Der Ringsprecher Dave Kaufmann sang bei der Freiluftveranstaltung in Gelsenkirchen am 08. Juli 2017 „New York, New York“ – großartig.
Ringsprecher des Jahres
Thomas Bielefeld ist die Stimme des Profiboxens in Deutschland.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Leichtgewichtler Gabor Veto (31 Kämpfe, 31 Siege, 23 durch KO) hat 2017 nicht geboxt. Dennoch verdient er einen WM Kampf. Er sitzt in einer Falle: Er lebt in der Schweiz, ist Ungar und ist zu stark, um ohne Not eine Chance auf einen Titelkampf zu bekommem.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Die Leichtgewichtlerin Beke Bas (10 Kämpfe, 10 Siege, 5 durch KO) dürfte reif für eine WM sein. Sie eine Kriegerin, die nach vorne geht und den Sieg erkämpfen will.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird (männlich)
Der in Kanada lebende Kolumbianer Oscar Rivas (22 Kämpfe, 22 Siege, 16 durch KO) wird nie genannt, wenn es um einen WM Kampf geht. Der 22-jährige ist einer denen, die im Schwergewicht ganz weit oben mitmischen könnten.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird (weiblich)
Verena Kaiser (10 Kämpfe, 10 Siege, 5 durch KO) ist Weltmeisterin der WIBF und GBU im Weltergewicht.
Boxkampf, den wir 2018 nicht sehen wollen (männlich)
Irgendwelche Come-Back-Kämpfe von Boxern, die durch sind und nur noch einmal Kasse machen wollen, obwohl sie schon genug Geld verdient haben.
Boxkampf, den wir 2018 nicht sehen wollen (weiblich)
Alle schlechten.
Boxkampf, den wir 2018 sehen wollen (männlich)
Einen Kampf von Agit Kabayel (17 Kämpfe, 17 Siege, 12 durch KO) gegen einen Top-Ten Mann im Schwergewicht.
Boxkampf, den wir 2018 sehen wollen (weiblich)
Ein Aufeinandertreffer der beiden deutschen Minimumgewichtlerinnen Tina Rupprecht (7 Kämpfe, 7 Siege, 3 durch KO) und Özlem Sahin (25 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) wäre einer der besten Frauenboxkämpfe, die 2018 weltweit möglich wären.
© Uwe Betker
Über „Richtig bumm!“
„Der Spiegel“ brachte dieses Jahr in Nr. 46 einen Artikel, „Richtig bumm!“, der einerseits ein Vorbericht zur WM von Manuel Charr war und andererseits eine pessimistische Situationsbeschreibung des Profiboxens in Deutschland gab. Es wurde festgestellt: Die ganz großen Zeiten des Profiboxens mit Henry Maske und Axel Schulz sind vorbei.
Die Autoren Malte Müller-Michaelis und Gerhard Pfeil schreiben: „Es werden Kämpfe vorher abgesprochen, Ringrichter manipuliert. Und immer wieder kommt es zu Fights, die jegliches Niveau vermissen lassen.“ Als Leser erwartet man nun, dass hier Beispiele und Beweise für diese Behauptungen vorgelegt werden. Die aber kommen nicht. Das ist schon sehr erstaunlich, denn einer der beiden Autoren, Müller-Michaelis, ist seit Jahren tief in der Boxszene verwurzelt. Jahrelang war er für den Boxveranstalter Ahmet Öner tätig und ist heute Supervisor des Weltverbandes WBC. Er wäre also durchaus interessant von ihm als Insider Namen und Fakten zu erfahren. Die liefert er aber leider nicht, sondern formuliert lediglich pauschal Vorwürfe, die die Vorurteile gegenüber dem Profiboxen bestätigen.
Um die These vom Niedergang des Boxens zu untermauern, versteigen sich die beiden Autoren zu der Behauptung: „Die Promoter witterten das schnelle Geld. Statt Talente ordentlich auszubilden, schickten sie unfertige Athleten ins Feuer. Durchschnittsboxer wie Sven Ottke oder Markus Beyer wurden zu Weltmeistern hochgejazzt.“ Nun weiß ich zwar nicht, was „hochjazzen“ sein soll, aber ich kenne Sven Ottke und Markus Beyer. Und ich finde dass, wer die als Durchschnittsboxer ansieht, der hat sehr-sehr hohe Ansprüche – so hohe Ansprüche, dass er auch sagen müsste, dass die deutschen Fußballnationalmannschaften, die in den WM Turnieren 1954, 1974, 1990 und 2014 antraten, Durchschnittsmannschaften waren. Zur Erinnerung: Sven Ottke war von 1998 bis 2004 Weltmeister im Super Mittelgewicht des Verbandes IBF und von 2003 bis 2004 auch noch für den Verband WBA. Er trat auch ungeschlagen als Weltmeister ab. Markus Beyer war 2000 Weltmeister im Mittelgewicht nach Version WBC, dann, von 2003 bis 2006, Weltmeister im Super Mittelgewicht nach Version WBC. Durchschnittsboxer? Hochgejazzt?
Im weiteren Verlauf des Textes reiten die Autoren immer mehr auf dem Niedergang des Boxens rum. Sie machen Vincent Feigenbutz und Leon Bauer als Talente aus und erwähnen auch immer wieder Manuel Charr. Da liest man z.B. etwas über die Sonnenbrille des Managers Rainer Gottwald und, dass er Kontakt hat zum Sohn von Gaddafi – was immer das auch über das Boxen in Deutschland aussagen soll. Und immer wieder liest man etwas über Manuel Charr. Nun meine ich bei der WM von Charr in Oberhausen allerdings auch gehört zu haben, dass Malte Müller-Michaelis, einer der Autoren, dort als Technischer Leiter fungiert hat.
© Uwe Betker
BDB ändert Punkturteil eines Kampfes
Offensichtlich hat der BDB das Punkturteil des Kampfes von Bintou Yawa Schmill (jetzt: 13 Kämpfe, 13 Siege, 11 durch KO) und Ester Konecna (jetzt: 2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage) geändert. Wir erinnern uns: Die hoch gehandelte Weltergewichtlerin Schmill traf nach eine beeindruckenden Siegesserie am 20.03.1016 im Delphi Showpalast in Hamburg auf die Tschechin Konecna, die bis dahin nur einen Kampf bestritten hatte. Schmill unterlag nach Punkten. Es war eine Mehrheitsentscheidung der Punktrichter vom Bund Deutscher Berufsboxer. Schmill kritisierte in den sozialen Netzwerken dieses Urteil: „Mieser Betrug dieses mal am eigenen Leibe gespürt. 1 Kampfrichter stimmt wie folgt (1. & 3. Runde hatte ich abgegeben dafür aber die 2.4.5.6. Runde geführt) während die 2 anderen Kampfrichter sich einig waren und mir ausgerechnet die 1.&3. Runden gaben, Aber dafür die 2.4.5.6. Runden nicht. Nun es war leider nicht mein derbster Kampf, aber Leute gewonnen ist gewonnen PUNKT. […] Morgen geht es in die nächste Runde, Einspruch!!!“
Augenscheinlich hat die 32-jährige Schmill und/oder ihr Veranstalter PSB Box Team Einspruch gegen das Urteil eingelegt, denn das Urteil wurde zu Gunsten von Schmill geändert. Wenn ich richtig unterrichtet bin, ist das fast drei Monate nach dem Kampf passiert. Nach Revision des Ergebnisses durch den BDB punkteten die Punktrichter nun: Timo Habighorst 59:56, Frank Michael Maass 58:56 und Herbert Urich 58:56. Wenn ich Schmill richtig verstanden habe, war die Punktwertung vorher: 58:56, 56:58 und 56:58.
Lukas Konecny, der Präsident des Tschechischen Boxverbandes, hat es bis vor kurzem nicht geschafft, eine klärende Auskunft über die Vorgänge zu bekommen. Leider werden solche Änderungen von Ergebnissen durch den BDB, soweit ich weiß, nicht öffentlich gemacht. Das ist schon sehr bedauerlich, denn jeder Zuschauer, der in Halle Zeuge der Urteilsverkündung war, hat ein Recht zu erfahren, warum Ester Konecna nun nicht mehr Siegerin ist. Soweit ich informiert bin, und natürlich kann ich falsch unterrichtet sein, weiß Ester Konecna nicht, warum ihr der Sieg aberkannt wurde. Wer änderte überhaupt das Punkturteil?
Ich persönlich halte es für zwingend notwendig, Änderungen von Urteilen transparent zu machen. Wird ein Punkturteil geändert und wird das dann nicht plausibel begründet, so entstehen doch zwangläufig Vermutungen und Verdächtigungen – und die sehen sicherlich alle nicht nett aus.
Wendet man sich gegen Tatsachenentscheidungen am Ring, so hat das immerhin fatale Folgen für die Reputation der Punktrichter. Egal, wie man es drehen und wenden will, Verlierer sind in jedem Fall die Punktrichter. Wird dann noch ein Sieg, der durch Mehrheitsentscheidung für den einen Boxer erzielt wurde, geändert in einen einstimmigen Punktsieg für den anderen Boxer, so haben wir gleich mehrere Verlierer. Ein Punktrichter oder Supervisor war da entweder nicht fähig, richtig zu addieren, oder zwei Punktrichter haben die Ecken/Boxer vertauscht oder die beiden waren schlicht inkompetent und konnten nicht richtig punkten und, oder, und, oder. Die Verlierer sind die Punktrichter, denn die werden von ihrem Verband öffentlich abgewatscht. Der größte Verlierer ist aber natürlich das Profiboxen in Deutschland, bzw. dessen Glaubwürdigkeit.
© Uwe Betker
Von Profiboxern, boxenden Rappern und prügelnden Zuschauern
Ein neuer Veranstalter, FFM Box Promotion, sorgte mit seinem innovativen Konzept, Profiboxen, Promiboxen und Showacts zu verbinden, genannt „Boxentertainment“, für großes Medieninteresse, schon bevor der erste Gong ertönte. Die BILD Zeitung, RTL, SAT 1 und andere berichteten, was die Konkurrenz zu beunruhigen schien. Ein Mitbewerber hatte offenbar sogar das Gerücht gestreut, Promoter Nikolas Weinhart hätte die Angewohnheit, die Boxer bei seinen Veranstaltungen nicht zu bezahlen. Der Konkurrent hat dabei aber im Eifer des Gefechtes gegen einen neuen vermeintlichen Feind, übersehen, dass Weinhart noch gar keine Show veranstaltet hat.
Obwohl das Medienecho groß war, wobei das Promiboxen und die Showacts den größten Teil der Aufmerksamkeit auf sich zogen, lief die Vorbereitung der ersten Show jedoch unrund. Zuerst war sie für den 03.05.2014 in der International Sport Arena in Kaarst, bei Düsseldorf angesetzt. Dann sollte die Veranstaltung in einem größeren und edleren Rahmen stattfinden. Das Zoo Palais in Frankfurt/Main sollte am 26.07.2014 Austragungsort sein. Dabei spielte wohl auch eine Rolle, dass man meinte, ein Frankfurter Boxstall sollte seine erste Veranstaltung auch in Frankfurt machen. Dann gab es irgendwelche nicht näher benannten Schwierigkeiten und FFM zog kurzerhand zurück in die ISA in Kaarst. Die International Sport Arena ist nun allerdings keine richtige Halle, sondern ein Hotel mit angeschlossenen Indoorfußballplätzen und kleiner Tribüne.
Den erneuten Umzug wollte Boris Estenfelder (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) dann auch nicht mitmachen. Der ungeschlagene Schwergewichtler sollte den Hauptkampf bestreiten. Er sollte eigentlich nach einer über zweieinhalbjährigen Pause seiner Karriere noch einmal Schwung geben und gegen die Ringlegende Danny Williams (68 Kämpfe, 46 Siege, 35 durch KO, 22 Niederlagen, 11 durch KO) antreten. Der „Brixton Bomber“ Danny Williams schickte immerhin am 30.07. 2004 Mike Tyson durch einen KO in der 4. Runde praktisch in Rente. Später boxte er gegen Vitali Klitschko, Audley Harrison, Matt Skelton, Albert Sosnowski, Dereck Chisora, Manuel Charr, Alfred Cole, Christian Hammer, Denis Bakhtov, Oleg Maskaev und andere.
Eigentlich sollte der Abschiedskampf von Williams ein Tribut an den großen Schwergewichtler werden, aber der Kampf fiel leider aus. Die Veranstaltung war, laut Durchsage am Ring bis auf den letzten Platz ausverkauft. Die Halle, die sehr schwülwarm war, ist nun relativ klein und fasst wohl nur ein paar hundert Zuschauer. Die Veranstaltung, welche 8 Profikämpfe und 2 Promiboxkämpfe umfassen sollte, wurde zum Teil im Internet von einer Verkaufsplattform übertragen. Das hatte zur Folge, wie auch bei TV Übertragungen, dass sich der Ablauf in der Halle nach den Plänen und Bedürfnissen des Senders zu richten hatte.
Bevor es richtig los ging, kam der Rapper Sinan G in den Ring und erklärte dem Publikum, dass die für ihn geplanten Gegner gekniffen hätten. Millionen Mike, der eigentlich gegen Francois Botha hätte boxen sollen, saß auch am Ring. Er konnte nicht boxen, weil irgendjemand ihm in den Fuß geschossen hatte. Bevor es dann losgehen konnte, die Boxer für den ersten Kampf standen schon im Ring, mussten sich dann aber alle in der Halle erst noch mal in Geduld üben. Ringrichter, Punktrichter, Supervisor, Zeitnehmer und Ringarzt waren nicht auf ihren Plätzen. Ca. 15 Minuten standen die Boxer im Ring herum und warteten auf die Offiziellen.
Den ersten Kampf des Abend bestritten Granit Shala (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und ein gewisser Mohammad Hassan Ibrahim im Super Weltergewicht. Was Herr Ibrahim – übrigens ein Boxer Suleyman Dags – zeigte, war eine Karikatur des Boxens. Kleine Anmerkung: Am morgen hatte ich noch dem Sparring von Hobbyboxerinnen zugesehen. Und ich kann nur sagen, alle diese Hobbyboxerinnen hätten diesen Herrn Ibrahim vermöbelt oder ausgeboxt. Granit Shala schlug zum Körper und der Möchtegernboxer drehte sich unter Schmerzen ab. Das wiederholte sich noch einmal und der Mann, der nicht Boxen kann, ging zu Boden. Shala war zu Recht empört über dieses unwürdige Schauspiel seines Gegners. Immerhin stellte sich der Mann, der hoffentlich nie wieder in ein Ring steigt, noch einmal zum Kampf – oder was er dafür gehalten haben mochte. Wenige Sekunden später gab er den sterbenden Schwan und ließ sich auszählen. KO 1 nach 1:27 Minuten.
Granit Shala erklärte dann, dass der eigentlich geplante Promiboxkampf, den er gegen den türkischen Schauspieler Dogan Akkaya ausfechten sollte, nach dem Hauptkampf stattfinden würde, weil er keine zwei Kämpfe hintereinander machen wollte, zumal er vor dem Kampf lange hatte warten müssen. Diese Ankündigung kam etwas seltsam rüber, da Akkaya schon mit Handschuhen und im Kampfdress im Ring stand.
Im zweiten Kampf traf dann Samy Raid Musa (6 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO) im Halbschwergewicht auf einen gewissen Herrn Erhan Kalli, der sein Profidebüt gab. Kalli, auch ein Boxer von Suleyman Dag, war ein wenig besser als sein Kollege. Musa bestimmte den Kampf mit seiner guten Führhand. Dem Jab hatte Kalli nichts entgegenzusetzen. Gleichwohl war er relativ mutig und versuchte immerhin das objektiv Unmögliche. Er bemühte sich sogar, selber Treffer zu setzen. Bald musste er aber nach einer Links-Rechts-Kombination zu Boden. Dag warf das Handtuch – TKO 1 nach 2:40 Minuten. – Für mich ist es ja immer wieder eins der ungeklärten Mysterien des deutschen Boxens, woher Suleyman Dag nur immer wieder die Männer holt, die sich in den Ring stellen, um sich für wenige Minuten verprügeln zu lassen.
Der folgende Kampf entschädigte dann aber für die beiden vorangegangenen. Im Halbschwergewicht trafen Badien Hasso (4 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO) und Artur Waiz (2 Kämpfe, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) aufeinander. Der Kampf dieser beiden war hart umkämpft. Hasso versuchte mit Kraft und mit Schwingern zum Erfolg zu kommen. Er setzte Waiz ununterbrochen und mit zunehmender Kampfdauer auch immer stärker unter Druck. Waiz hielt seine Deckung geschlossen und beschränkte sich auf Konter, hoffend, dass Hasso zum Ende hin die Luft ausgehen möge. In der dritten und vierten Runde konnte Hasso dann auch tatsächlich das Tempo nicht halten, dafür verlegte er sich aufs Boxen. Hierdurch traf er dann auch häufiger als in den Runden davor. Bemerkenswert ist die kämpferische Leistung von Waiz, der zu keinem Zeitpunkt aufsteckte. Am Ende der vier Runden stand ein eindeutiger Punktsieg für Hasso (40:36). Hasso widmete diesen Sieg seinem verstorbenen ersten Trainer. Eigentlich wollte ich den Namen, den ich nicht verstanden hatte, noch erfragen, aber aufgrund der folgenden Ereignisse, die noch zu schildern sind, habe ich das ganz aus den Augen verloren.
Im nächsten Kampf trafen im Cruisergewicht Marcel Gottschalk (21 Kämpfe, 12 Siege, 9 durch KO, 7 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) und Sead Karhovic, der sein Profidebüt gab, aufeinander. Der Kampf begann spektakulär. Karhovic deckte Gottschalk mit einem Schlaghagel ein und kam damit durch. Gottschalk schien überrascht und auch beeindruckt. Gottschalk versuchte im Gegenzug dann seinerseits Karhovic unter Druck zu setzen, was ihm aber nur bedingt gelang. Immer wenn Karhovic durchkam, schien er dann doch beeindruckt zu sein. In der zweiten Runde kam Karhovic noch aggressiver als in der ersten. Er ging immer wieder mit dem Kopf zuerst in den Mann. Der an diesem Abend großartig agierende Ringrichter Thomas Hackenberg bestrafte dies mit einem Punktabzug. Kurz darauf clinchten Karhovic und Gottschalk und Karhovic versuchte, Gottschalk mit dem Kopf zu stoßen. Hackenberger ging sofort wieder dazwischen und Karhovic verlor die Kontrolle über sich. Er brüllte „nein, nein“ und war außer Rand und Band, worauf Hakenberger ihn disqualifizierte (1:40 Minuten). Daraufhin versuchte er, noch im Ring Gottschalk anzugreifen. Später entschuldigte er sich aber bei Ringrichter und Gegner.
Vor dem 5. Kampf sang der Sänger Nitro die offizielle FFM Box Promotion Hymne. Dann kam der einzige Frauenboxkampf des Abends. Die amtierende Miss Schleswig Holstein Alicia Melina Kummer gab im Weltergewicht ihr Profidebüt. Sie boxte gegen Helena Tosnerova (4 Kämpfe 4 Niederlagen, 4 durch KO). Der Kampf war auch schon zu Ende, bevor er richtig angefangen hatte. Kaum bekam Tosnerova einen Schlag ab, ging sie sofort zu Boden. Nach 32 Sekunden war alles zu Ende. Tosnerova hat im übrigen noch in keinem ihrer vier Kämpfe den Schlussgong zur ersten Runde erreicht.
Hiernach traten die beiden Rapper Toony und OJ Kingping gegeneinander an. Der Promiboxkampf über drei mal zwei Minuten wurde Unentschieden gewertet, wobei ich persönlich ja OJ Kingping den Sieg zugesprochen hätte. Die beiden Rapper schenkten sich nichts und keilten zur Freude ihrer Fans heftig aufeinander ein. Ihr Kampf war definitiv unterhaltsam und kurzweilig. Und ihre Fans hatten großen Spaß daran.
Die Gruppe Spanish Musil Mafia trat noch auf, bevor schließlich einer der Tiefpunkte des deutschen Boxens erreicht wurde. Birkan Akyol (bis zu diesem Kampf: 3 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO) und Sascha Brinkmann (bis zu diesem Kampf: 1 Kampf, 1 Niederlage) traten gegeneinander im Schwergewicht an. Die ersten Sekunden gehörten Brinkmann. Er kam durch und Akyol schien beeindruckt. Er fing sich aber schnell wieder und deckte Brinkmann mit harten Schlägen ein. Nach ungefähr der Hälfte der Runde, roch es nach einem KO Sieg für Akyol. Er trieb Brinkmann vor sich her und stellte ihn an den Seilen, wo er ihn mehrfach hart am Kopf traf. Brinkmann war sichtlich angeschlagen. Er schaffte es jedoch, Akyol von sich zu schieben und ihm einen Schlagabtausch aufzuzwingen. Beide schlugen praktisch ohne Deckung aufeinander ein, wobei das Glück auf Seiten von Brinkmann war. Er traf mehrfach. Akyol torkelte. Er war schwer angeschlagen. Brinkmann setzte nach und schubste ihn zu Boden. Ringrichter Hackenberger machte das einzig Richtige und Regelkonforme, indem er das zu Bodengehen nicht als Niederschlag wertete. Hierauf erregte sich die Ecke von Brinkmann, beschimpfte den Ringrichter und warf das Handtuch (2:13 Minuten).
Dann geriet die Situation komplett außer Kontrolle. Ein Mitglied der Ecke von Brinkmann, sein Co-Trainer (?), führte einen Disput mit den Freunden und Unterstützern von Birkan Akyol. Diese fühlten sich provoziert. Ungefähr 20 bis 30 stürmten daraufhin los und versuchten, ihn und Brinkmann zumindest zu verprügeln. Es flogen Stühle. Die Fans von Birkan Akyol schubsten, prügelten und traten alles, was zwischen sich ihnen und den beiden von ihnen gesuchten Personen befand, aus dem Weg, auch Frauen und Kinder. Dabei wurde eine ganze Reihe von Zuschauern verletzt. Eine Frau, die mehrere Platzwunden im Gesicht und am Kopf erlitten hatte, wurde dann noch von einem der Unterstützer Birkan Akyols über mehrere Stuhlreihen hinweg in die Kulisse der Internetfirma geschmissen. Später hatten die Anhänger von Birkan Akyol Brinkmann gestellt und schlugen mit Stühlen auf ihn ein. So wie ich es gesehen habe, grenzt es schon an ein Wunder, dass Brinkmann das überlebte.
Der Tumult, der wieder und wieder aufflackerte, ebbte dann endlich mit der Zeit ab. Die GBA, der sanktionierende Verband, brach die Veranstaltung ab. Irgendwann kam auch die Polizei und nahm ihre Ermittlungen auf. Weshalb die sich jedoch nicht die während der Tumulte gemachten Fotos und Filmaufnahmen zum Zwecke der Identifizierung der Täter anschaute, weiß ich nun nicht.
Nach ungefähr einer Stunde hatte sich dann die Halle bis auf ganz wenige Zuschauer, zumeist die Fans von Jürgen Doberstein, geleert. Es kam dann auch das Gerücht auf, die Veranstaltung würde weitergehen. Zumindest sollte der Kampf im Super Mittelgewicht zwischen Jürgen Doberstein (18 Kämpfe, 16 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Matingu Kindele (8 Kämpfe, 5 Siege, 1 durch KO, 3 Niederlagen) noch ausgetragen werden. Beide kamen tatsächlich auch und kletterten in den Ring. Dann begann das Warten. Alle noch in der Halle Verbliebenen warteten ganze 45 Minuten lang, Doberstein und Kindele die ganze Zeit im Ring. Dann erklärte der Ringrichter Heinrich Mühmert, jetzt und hier handele es sich um eine geschlossene Gesellschaft und auch die Türen seien abgeschlossen, so dass keiner mehr hereinkommt. Dann begann der Kampf zwischen Doberstein und Kindele.
Alle acht Runden verliefen nach dem gleichen Muster. Kindele besetzte die Ringmitte und versuchte an Doberstein heranzukommen. Dieser kreiste auf sehr schnellen Beinen um seinen Gegner herum. In der ersten Runde punktete Doberstein mit seiner explosiven Führhand. Seine Rechte traf nur selten. Ab der zweiten Runde hatte sich Kindele weitestgehend darauf eingestellt und Doberstein traf seltener. In dieser Runde kam er auch mit einem rechten Wischer zum Kopf durch, der Doberstein einknicken ließ. In der Folgezeit versuchte Kindele seinen Gegner zu stellen. Im dritten Durchgang ging Kindele nach einer Links-Rechts-Kombination zu Boden und wurde angezählt. In den folgenden zwei Runden gab es wenige Treffer. In der fünften Runde kam Kindele dann zweimal mit Rechten zum Kopf durch. Doberstein, ein Fechter mit der Faust, konnte durch Ausweichen den Schlägen die Wirkung nehmen. In den verbleibenden drei Runden verschoben sich immer wieder die Vorteile. Am Ende der acht Runden stand ein Punktsieg (77:75) für Doberstein. Eventuell gibt es im Herbst eine Neuauflage dieses wirklich guten, unterhaltsamen und engen Kampfes. Ein Vorgespräch hat schon stattgefunden.
Die erste Veranstaltung von FFM Box Promotion endete in einem Desaster. Ich persönlich hoffe dennoch, dass der Veranstalter weitermacht. Das Konzept vom „Boxentertainment“ ist gut. Die Fans der boxenden Rapper kamen auf ihre Kosten. Die Showacts kamen an. Es wurde zum Teil gutes Boxen gezeigt. Das ist doch schließlich etwas, auf dem man aufbauen kann.
© Uwe Betker
Sechs Boxkämpfe und zwei Go-Go-Girls in Brunssum
In Brunssum, in den Niederlanden, war am Samstag, dem 01. Februar, gutes Boxen zu sehen. Es wurden sechs Kämpfe geboten, fünf waren auf vier Runden und einer auf sechs angesetzt, m. a. W. bekamen viele junge Boxer die Chance, ihr Können zu zeigen.
Der erste Kampf hielt eine faustdicke Überraschung bereit. Im Supermittelgewicht trafen Farouk Daku (23 Kämpfe, 17 Siege, 9 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO) und Bai-Thaimko Conteh (2 Kämpfe, 1 Sieg. 1 Niederlage) aufeinander. Conteh setzte seinen sehr viel erfahrenen Gegner ganz schön unter Druck. Daku reagierte darauf, indem er versuchte mit Kontern zu punkten, die aber meist nur die Deckung trafen. Seine rechte Führhand gebrauchte er nur selten. In der dritten Runde kam Conteh mehrfach mit seiner Linken zum Kopf durch. Erst am Ende der vierten und letzten Runde fing Daku an zu arbeiten. Er bewies dann, dass er über die sehr viel bessere Technik verfügt und auch noch immer der bessere Boxer ist. Durch Körpertreffer versuchte er, die Doppeldeckung von Conteh nach unten zu ziehen, um ihn KO zu schlagen. Aber er schaffte es nicht mehr. Am Ende stand ein einstimmiger Punktsieg für Conteh, der von Mario Guedes betreut wird.
Später beklagte sich Daku sehr lautstark beim Supervisor des niederländischen Verbandes Rinze van der Meer. Es spricht für den Verband des Professional Boksen Nederland, dass auch ein Boxer, der aus der falschen Ecke kommt, den Sieg bekommt, wenn er ihn verdient hat.
Der folgende Kampf, der praktisch der Hauptkampf war und über sechs Runden angesetzt war, begann mit der Showeinlage von zwei Go-Go-Tänzerinnen. Leider war der Show Act viel zu schnell vorbei und die Tänzerinnen traten auch nicht wieder auf. Eine persönliche Anmerkung: Es sollte mehr Go-Go-Tänzerinnen bei Boxveranstaltungen auftreten.
In dem Kampf trafen dann Gevorg Khatchikian (20 Kämpfe, 20 Siege, 8 durch KO) und Olegs Fedotovs (32 Kämpfe, 18 Sieg. 12 durch KO, 14 Niederlagen, 3durch KO) aufeinander. Die erste Runde roch noch nach einem vorzeitigen Sieg. Bereits die erste Kombination von Khatchikian ließ seinen russischen Gegner durch den Ring taumeln. Dadurch ermutigt, suchte er nun den KO, wodurch er dann aber die boxerische Linie etwas verlor. Immer wieder ließ er seine Führhand fallen, um seinen Kontrahenten heran zu locken, um dann zu versuchen, mit Schwingern seinen Gegner zu treffen und zu fällen. Im Lauf des Kampfes entwickelte sich daraus ein seltsamer Wettbewerb. Es konnte einem so vorkommen, als wollte Khatchikian Fedotovs beweisen, dass er ihn KO schlagen kann. Dieser nun wieder wollte ihm im Gegenzug dann offenbar zeigen, dass er das nicht schafft. Am Ende war Fedotovs der moralische Sieger des Wettbewerbs, weil er klar nach Punkten verlor. Allerdings denke ich, dass solche Beweise von Härte nicht gesund sein können. Fedotovs hat schon viele harte Treffer kassiert. Khatchikian gehört zur europäischen Spitzenklasse. Der Schützling von Patrick Driessen sollte sich aber doch etwas weniger auf seine Schlagkraft als auf seine boxerischen Fähigkeiten verlassen.
Auch der dritte Kampf war durchaus sehenswert. Moreno Janssen, der sein Debüt gab, boxte gegen Suriel Fairon Ursino Hooker (3 Kämpfe, 3 Siege). Die Begegnung fand im Supermittelgewicht statt. Die ersten beiden Runden waren sehr eng. Janssen startete stark. Er boxte sauber, machte Druck und schlug viel. Hooker war defensiver, landete aber die besseren Treffer. In der dritten Runde wurde Janssen angezählt, weil er sich abgedreht hatte. Offensichtlich hatte sich Janssen bei einem rechten Cross die Hand verletzt. Hiernach wurde die Kampf einseitig. Hooker dominierte und Janssen versuchte nur noch über die Zeit zu kommen. Der Punktsieg für Hooker war einstimmig.
In der folgenden Begegnung gab Somay Bilal im Halbweltergewicht sein Profidebüt. Sein Gegner war Meikel Samek (4 Kämpfe, 1 Sieg, 3 Niederlagen, 1 durch KO). Bevor Bilal aber in den Ring stieg, machte er eine Ehrenrunde durch den Saal, um seine Freunde und Fans zu begrüßen. Alle vier Runden verliefen nach dem gleichen Muster. Bilal, der von Patrick Driessen trainiert wird, setzte Samek unter Druck. Dieser versuchte nur irgendwie über die Runden zu kommen. Er verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung, lief weg oder klammerte. Er klammerte immer, wenn er die Möglichkeit hatte.
Bilal versuchte seinen Fans etwas zu bieten, vergaß seine Technik und drosch auf seinen Gegner ein, in der Hoffnung, ihn dadurch zu Boden zu bringen, was ihm aber nicht gelang. Am Ende stand ein einstimmiger Punktsieg für ihn.
Der fünfte Kampf, der im Halbschwergewicht stattfand, war außerordentlich schnell zu Ende.
Gian Carlo Liesdek (4 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO) bekam es mit dem nicht sehr austrainiert aussehenden Ismael Altintas (10 Kämpfe, 3 Sieg, 2 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) zu tun. Liesdek trieb seinen Gegner vor sich her. Dann kam er mit einer linken Grade zum Kinn durch und Altintas fiel um und wurde ausgezählt. Der Kampf war nach 1 Minute und 40 Sekunden vorbei.
Im letzten Kampf des Abends bekam es Melvin Wassing (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage, 1 durch KO) mit Gokhan Kaya (12 Kämpfe, 12 Niederlagen, 6 durch KO) zu tun. Kaya tat das, was er im Ring am besten kann. Er verlor, diesmal nach Punkten. Dafür musste er schon hart arbeiten, denn Wassing tat sein Bestes, um zu verhindern, dass Kaya den Schlussgong erreicht.
In Brunssum in den Niederlanden habe ich gutes Boxen gesehen und ich werde sicher wieder hinfahren. Ich hoffe nur, dass dann die Showeinlagen der Go-Go-Girls länger sind.
© Uwe Betker
Der verhaltensoriginelle Herr Pütz und der Dopingfall Soliman
Man kann wohl sagen, dass das Verhalten des Präsidenten des BDB, Bund Deutscher Berufsboxer, manchmal schon etwas verhaltensoriginell ist. Manchmal nämlich begleitet Thomas Pütz einen Boxer zum Ring. Dabei weiß dann wohl keiner so genau, ob er dies nun als Präsident des BDB oder eher als Personenschützer tut. Leider habe ich ihn das noch nie auf einer kleinen Veranstaltung machen sehen. Auch kontrolliert er beim Wiegen gerne mal selber das Gewicht, auch wenn er nicht als Supervisor tätig ist. Das könnte man dann so verstehen, dass er seinem Supervisor nicht zutraut die Skala einer Waage abzulesen. Leider habe ich ihn auch das noch nie auf einer kleinen Veranstaltung machen sehen. Das kann natürlich daran liegen, dass Herr Pütz und ich nicht bei jeder Veranstaltung sein können. Es kann aber auch daran liegen, dass er es eben nur dann macht, wenn die Presse es auch sieht.
Wenn meine Informationen richtig sind, ist das Verhalten von Herrn Pütz im Dopingfall Soliman noch sehr viel origineller. Aber erzählen wir die Geschichte mal der Reihe nach. Bevor der Australier Sam Soliman (54 Kämpfe, 43 Siege, 17 durch KO, 11 Niederlagen, 1 durch KO) nach Deutschland kam, um gegen den ehemaligen Silver Champion des Verbandes WBA (World Boxing Association), Felix Sturm (43 Kämpfe, 37 Siege, 16 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden), zu boxen, forderte er vehement eine Dopingkontrolle von Sturm. Die deutsche Presse reagierte mit Unverständnis und Empörung auf dieses Anliegen. Schließlich gehören Dopingkontrollen zum Standardprozedere bei Weltmeisterschaften. Aber Soliman forderte Dopingkontrollen, die weit über das hinausgehen sollte, was in Deutschland üblich ist.
Im deutschen Boxen geht man recht lax mit dem Problem Doping um. Es gibt nur einen Urintest nach dem Kampf. Es gibt keine Trainingskontrollen. Bluttests, die sehr viel genauer sind und viel häufiger verbotene Substanzen entdecken, werden nicht durchgeführt. Da muss man sich schon fragen, warum der BDB solche Tests, wie sie in anderen Sportarten ja auch schon lange üblich sind, nicht machen will. Eigentlich sollte man auch meinen, der BDB kassiert auch genug von seinen Mitgliedern, um so was durchführen zu können. – Soliman jedenfalls wollte nun genau so einen Bluttest mehrere Wochen vor dem Kampf durchgeführt wissen.
Nach dem Kampf wurde jetzt aber Soliman selber positiv getestet. Man fand in seiner Urinprobe „Methylsynephrine“, das ist ein Bestandteil einer leistungsfördernden Designerdroge. Wenn man die einschlägigen Boulevardzeitungen ließt, kann man den Eindruck bekommen, dass sich Pütz, nachdem er das Ergebnis erfuhr, direkt an die BILD Zeitung bzw. an die BILD am Sonntag gewandt hat. In der BILD vom 02.03.2013 war zu lesen:
„Nach dem Kampf am 1. Februar in Düsseldorf um das WM-Herausforderungsrecht gegen Felix Sturm (34) wurde der Australier Sam Soliman (39) positiv getestet. Unglaublich! Das Institut für Bio-Chemie in Köln hat die Urin-Probe des Punktsiegers analysiert. Thomas Pütz, Präsident des Bundes deutscher Berufsboxer (BDB) zu BamS: `Es wurde eine schwer nachweisbare Designer-Droge gefunden, die aufputschende Wirkung hat.´
Die anonyme A-Probe konnte von Pütz dem Australier zugeordnet werden. Pütz: `Sam Soliman hat nun Gelegenheit zu einer Anhörung. Ich werde die Doping-Behörde NADA und den Weltverband IBF informieren.´“
Die Enthüllungen von Herrn Pütz in der Zeitung mit den großen Lettern sind medienwirksam, aber nicht eben üblich für einen, der mit Doping zu tun hat. Die übliche Vorgehensweise bei Doping im Boxsport sieht anders aus: Der BDB bekommt das Laborergebnis. Dann informiert der BDB die NADA, den Weltverband, hier die IBF und den Verband, der den Boxer lizensiert hat. Letzterer Verband informiert dann den Boxer, der sich dazu äußern und die Öffnung der B-Probe verlangen kann. Bis dahin ist das Ergebnis geheim, weil – ein schwebendes Verfahren.
Herr Pütz wählte wohl einen anderen Weg und ging an die Öffentlichkeit. Soliman beschwerte sich, von seiner A – Probe erst durch die internationale Presse erfahren zu haben. Sollte dies tatsächlich der Fall sein, dann könnte das bedeuten, dass der Präsident des BDB womöglich mutwillig aufs Schwerste nationale und internationale Regeln gebrochen hat. Das Regelwerk des BDB ist eindeutig und unmissverständlich. In § 14 Absatz 3 im Abschnitt zu Doping heißt es: „Der Vorstand des BDB e.V. teilt dem Boxer/der Boxerin ein positives Analyseergebnis der A-Probe mit. Der /die Boxer/in kann innerhalb von zehn Tagen nach Empfang der Mitteilung eines positiven Analyseergebnisses eine Untersuchung der B-Probe bei der gleichen oder auf seine/ihre Kosten bei einer anderen, ebenso qualifizierten Untersuchungsstelle (…) verlangen. (…) Bei Nichteinhaltung der Frist gilt das Ergebnis der A-Probe als anerkannt.“
Also, die Regularien sehen eindeutig vor, dass der BDB als erstes den betroffenen Boxer informiert. Im Falle von Soliman hätte also wohl der amerikanische oder der australische Verband, der Soliman lizensiert hat, zuerst informiert werden müssen, damit dieser dann seinen Boxer informiert. Zur Erinnerung: Soliman behauptet, aus der Presse von seinem angeblichen Doping erfahren zu haben. – Im Regelwerk des BDB steht nicht, dass sich der Präsident des BDB als erstes an die BILD Zeitung zu wenden kann. Das aber legen die Äußerungen von Herrn Pütz nahe, der in der BILD sagt: „Ich [Pütz] werde die Doping-Behörde NADA und den Weltverband IBF informieren.“ Das hört sich doch so an, als hätte Pütz erst mit der BILD geredet, bevor er NADA und IBF unterrichtet hat. Ein solches Verhalten finde ich dann allerdings nicht mehr verhaltensoriginell, sondern skandalös.
Falls Pütz wirklich erst die BILD und dann erst den australischen Verband informiert haben sollte, könnte sein Verhalten womöglich sogar strafrechtliche Relevanz haben.
© Uwe Betker
Thomas Pütz und Stefan Braune – auf zu alten Ufern
Es gab eine Zeit, da sah es wirklich so aus, als wolle Thomas Pütz den eingetragenen Verein BDB (Bund Deutscher Berufsboxer) zu einem Boxverband für alle Mitglieder machen. Jedenfalls ist Pütz 2010 mit dem Anspruch als neuer Präsident des BDBs angetreten, den Boxverband aus der Umklammerung der Veranstalter zu lösen. Sogar ich hegte die leise Hoffnung, Pütz könnte es ernst meinen und das deutsche Boxen bzw. den BDB retten wollen.
Aber die Aktivitäten der letzten Zeit sind da doch sehr desillusionierend. Da sanktioniert der BDB tatsächlich einen Kampf zwischen Maurice Weber alias Mohammed Lassoued (18 Kämpfe, 16 Siege, 5 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Andreas Reimer (19 Kämpfe, 7 Siege, 6 durch KO, 10 Niederlagen, 2 Unentschieden) als Deutsche Meisterschaft im Junior Mittelgewicht. Reimer hat in seinem letzten Kampf nur ein Unentschieden erreicht. Vorher war er zwei Jahre und zwei Monate inaktiv und noch davor hatte er zwei Kämpfe in Folge verloren. Einen Kampf gegen solch einen Kontrahenten als Deutsche Meisterschaft anzusetzen, ist, meiner Meinung nach, entweder schlicht eine Beleidigung der Zuschauer oder die Fortsetzung der bekannten BDB-Politik.
Aber es kommt noch schlimmer. Thomas Pütz ernannte Stefan Braune zum deutschen Repräsentanten bei der Europäischen Box-Union (EBU). Zur Erinnerung: Stefan Braune war Geschäftsführer von Universum Box-Promotion. Er war es, der im Auftrag von Klaus-Peter Kohl die Vollversammlung zu einer Farce machte, da nämlich Universum durch übertragene Stimmen (oder darf man sagen gekaufte Stimmen?) allein über den Kurs des Verbandes bestimmte. Stefan Braune, der mittlerweile bei der Firma Pütz Security angestellt ist, steht, in meinen Augen, für so ziemlich alles, was den BDB in Verruf gebracht hat.
Aber vielleicht hat sich ja Braune nach seinem Ausscheiden bei Universum um das deutsche Boxen verdient gemacht. So hätte er ja als Delegierter ein paar hundert Klein- und Kleinstveranstaltungen betreuen können, um etwas zu lernen über das wahre Boxen in Deutschland. Aber weit gefehlt. Er hat „sich aus dem Boxen zurückgezogen und war erst vor Kurzem auf der Undercard des WM-Kampfes zwischen Firat Arslan und Marco Huck als Supervisor wieder auf der Bildfläche aufgetaucht.“
Stefan Braune steht m. E. für Machtmissbrauch und Klientelpolitik, denn er hat, wenn ich richtig informiert bin, immer nur die Interessen eines einzelnen Veranstalters vertreten. So ein Mann soll nun die Interessen aller deutschen Profiboxer und aller deutschen Veranstalter vertreten? Mir kommt es so vor, als ob der BDB endgültig wieder das macht was, was er jahrelang mit so großem Erfolg betrieben hat, nämlich die Interessen von ein oder zwei Veranstaltern zu vertreten. Das kann aber doch wohl nur heißen, der BDB versucht gar nicht mehr, sich den Anschein zu geben, alle zu vertreten. Wie sonst kann eine solche Personalentscheidung von Pütz interpretiert werden? – Mich wundert es da jedenfalls nicht, dass es mittlerweile zwei Konkurrenzverbände zum BDB gibt.
© Uwe Betker
Wenn Offizielle ihre Aufgabe nicht erfüllen
Ein Kampf der am Ostersonntag, dem 08.04.2012, in Herne stattfand, erregt, zu Recht, immer noch die Gemüter. Im letzten Kampf des Abends traten im Weltergewicht Yavuz Ertuerk (16 Kämpfe, 15 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage) und – eventuell! – Denis Hamasi (12 Kämpfe, 11 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gegeneinander an. Dabei ging es um den vakanten WBC Baltic Silver Titel, der WBC – was immer das auch sein mag. Der Ausgang ist bekannt: Ertuerk gewann durch TKO in Runde 2.
Nahezu alles an diesem Kampf ist entweder als mysteriös oder skandalös zu bezeichnen. Es begann damit, dass Ertuerk mit einer schweren Gesichtsverletzung, einer auffälligen Wunde auf dem linken Jochbein, in den Ring stieg. Hier musste man sich eigentlich schon fragen, ob der BDB und der Ringarzt Dr. Stephan Bock die obligatorische medizinische Untersuchung etwa nicht durchgeführt hatten. Wie konnte der nicht zu übersehende Cut nicht auffallen?
Weiter ist dann natürlich zu fragen, warum der Ringrichter Daniel Van de Wiele, die BDB Punktrichter, Arno Pokrandt und Holger Wiemann, die WBC Punktrichterin und Ehefrau von Daniel Van de Wiele, Olena Pobyvailo und der WBC Supervisor Mikhail Denisov die unübersehbare Verletzung nicht bemerkten oder, wenn sie sie denn sahen, wieso sie den Kampf zuließen. Dass ein verletzter Boxer in der Ring steigen darf und dass keiner der Offiziellen des BDB (Bund Deutscher Berufsboxer) und des WBC (World Boxing Council) das verhindern, ist für sich eigentlich schon ein ausgewachsen Skandal.
Aber vielleicht verstehe ich auch alles ganz falsch. Vielleicht beeinträchtigt ja eine Platzwunde auf dem Jochbein nicht die Kampffähigkeit und dementsprechend durfte dann auch keiner Ertuerk, den er ja auch gewann, den Kampf verweigern.
Damit ist die Geschichte allerdings noch lange nicht zu Ende. Bereits vor dem Kampf stellten sich nämlich bei einigen Zuschauern Zweifel ein, ob der Boxer, der als Denis Hamasi in den Ring stiegen sollte und dann auch stieg, tatsächlich Denis Hamasi war. Einige meinten in ihm einen anderen, nämlich einen Kickboxer zu erkennen. Jemand berichtete mir einige Tage nach dem Kampf, dass er die Delegierten des BDB vor dem Kampf darauf hingewiesen hätte, dass Denis Hamasi nicht Denis Hamasi sei. Aber die Offiziellen hätten sich geweigert, dem nachzugehen. Dabei hätte es doch wohl ein Leichtes sein dürfen, die Identität eines Boxers zu prüfen. Die Konkurrenz des BDB, die GBA (German Boxing Association), überprüft vor jedem Kampf die Identität der Kämpfer. – Es geht mir hier nicht darum, einen Verband gegen den anderen zu auszuspielen. Es geht vielmehr darum, aus Fehlern zu lernen. Vermutlich hat sich die GBA auch erst nach unangenehmen und schmerzlichen Erfahrungen diese Maßnahme verordnet.
Natürlich kann man sich auch die Frage stellen, ob ein Delegierter sich von einem Zuschauer sagen lassen muss, was er zu tun und zu lassen hat. Aber dass beim Verdacht eines möglichen so gravierenden Verstoßes gar nicht versucht wird, einen möglichen Betrug zu verhindern oder den Sachverhalt zumindest aufzuklären, grenzt doch schon sehr an Pflichtvergessenheit.
Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass alle Beteiligten von BDB und WBC – angefangen beim Ringarzt, über Punkt- und Ringrichter bis hin zum Supervisor – einfach ihre Pflicht nicht anständig erfüllt haben.
© Uwe Betker