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Boxen in der Literatur: Ernest Hemingway (2): „Fity Grand“

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Boxen und Ernest Hemingway gehören zusammen. Der Literaturnobelpreisträger liebte das Boxen. Er schrieb auch übers Boxen, wenn auch nicht viel. Eine der vier Kurzgeschichten, die sich ums Boxen drehen, heißt im Original „Fity Grand“, also „Fünfzig Riesen“. Der deutsche Titel „Um eine Viertelmillionen“ ist etwas verwirrend. Offensichtlich hat die damalige Übersetzerin Annemarie Horschitz-Horst den US Dollar in D-Mark umgerechnet. – Was schon etwas seltsam ist.
„Fity Grand“ erschien erstmals 1927 in „The Atlantic Monthly“ und später in der Sammlung “Men Without Women“. In deutscher Übersetzung kam das Buch dann 1958 heraus. Die Handlung soll viele Übereinstimmungen aufweisen mit einer seiner früheren Short Stories: „A Matter of Colour“. Die erschien im Literatur Magazin „Tabula” der Oak Park High School – Hemingway war damals sechzehn. Leider habe ich diese Story bisher noch nicht gefunden.
Die Kurzgeschichte „Fity Grand“ unterscheidet sich erheblich von den meisten anderen von Hemingways Short Stories. Er schrieb sie nämlich nicht nach der von ihm entwickelten „Eisberg- Theorie“ oder dem „Eisbergmodell“, demzufolge sich Hemingway auf die Oberflächenebene des Textes konzentrierte und Informationen, das Fundament des Eisbergs (und damit der Aussage der Geschichte), aussparte. Die erzählte Handlung dient damit dazu, einen Subtext, also eine zusätzliche implizite Bedeutungsebene, zu erschaffen. Der eigentliche, tieferliegende oder symbolische Bedeutungsgehalt einer Erzählung liegt also im Verborgenen und muss vom Leser durch eigene Vorstellungskraft erschlossen werden. „Fity Grand“ weicht von Hemingways klassischem Modell ab. Hier nämlich wird eine Geschichte stringent, auf eine Pointe hin erzählt. Sie bietet auch nicht viel Raum für eine Interpretation. Es ist einfach nur eine richtig gute Geschichte, die uns hier erzählt wird.
Die Short Story erzählt eine klassische Geschichte aus dem Boxermilieu. Der alternde irisch-stämmige Boxer Jake Brennan ist des Boxens müde. Er weiß, dass seine Zeit abgelaufen ist. Nur die Aussicht auf eine letzte große Börse lässt ihn das Trainingslager ertragen, was er hasst. Er vermisst seine Frau und sein Kind und er ist schlecht gelaunt. Er kommt nicht in Form und ihm wird klar, dass er gegen den jüngeren und schlagstarken Gegner keine Chance hat.
Er lässt sich darauf ein, den Kampf zu verschieben. Er setzt seine gesamte Börse auf seine eigene Niederlage, um dadurch genug Geld für seinen Ruhestand zu machen.
Brennan will sich aber nicht einfach nur hinlegen: Er versucht, einen Rest an Würde und Selbstachtung zu wahren, in dem er, wissend, das er nicht gewinnen kann und außer Form ist, sein Bestes gibt. Einige Runden lang, kann er sich, Dank seines Reichweitenvorteils, seinen physisch stärkeren Gegner noch vom Hals halten. Dann fällt ihn ein brutaler und absichtlicher Tiefschlag.
Brennan muss aufstehen und den Ringrichter, der ihn zum Sieger erklären will, davon überzeugen, dass er doch nicht so hart getroffen wurde und weiter boxen kann. Der Kampf geht weiter und der Gegner versucht, den angeschlagenen Brennan KO zu schlagen. Bevor der aber ausgeknockt werden kann, schickt er seinen Gegner mit einem gut gezielten Tiefschlag auf die Bretter. Dafür wird er dann auch folgerichtig disqualifiziert.
„Fity Grand“ ist keine typische Hemingway-Kurzgeschichte, aber sie ist eine sehr gute. Der Protagonist Jake Brennan ist nicht sympathisch, aber er ist eine wahrhaftige Figur: Ein Mann in einer bösen und korrupten Welt, der, wissend, dass er die Welt nicht ändern kann, es auch gar nicht erst versucht. Stattdessen versucht er, nach seinen eigenen Normen zu leben und dabei so gut zu sein, wie es nur eben geht.
© Uwe Betker

Ein Rückblick auf das letzte Jahr der sportlichen Karriere von Marco Huck

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Von Marco Hucks letztem Kampf war das Bild im Internet am häufigsten zu sehen, auf dem er besinnungs- und wehrlos auf dem zweiten Seil von unten liegt , über ihm stehend: der Ringrichter David Fields, der ihn auszählt. Huck (42 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ist nicht mehr Weltmeister der WBO im Cruisergewicht. Das sollte nun Grund genug sein, das letzte Jahr seiner sportlichen Karriere Revue passieren zu lassen.

Im Sommer letzten Jahres war die Welt von Huck noch in Ordnung. Am 30. August absolvierte er im Garry Weber Stadion in Halle ein leichtes Sparring. Dabei besiegte er den Italiener Mirko Laghetti, einen handverlesenen Gegner. Aus blieb dabei allerdings das angekündigte Zerbröseln der Hartweizen Nudeln. Er brauchte für die „Spagetti à la Laghetti“ doch zwölf Runden. Dies war sein letzter Kampf für Sauerland Events GmbH.
Sauerland hatte ihn, den Kickboxer, 2004 unter Vertrag genommen. Da Huck spät und über den Umweg des Kickboxens zum Boxen gekommen war, wurde aus ihm, trotz der Bemühungen von Trainer Ulli Wegner, kein technischer Boxer, sondern ein harter, technisch limitierter Fighter, der den KO sucht. Trotz schlechterer Voraussetzungen und allein durch Fleiß, Härte und die Hilfe seines Veranstalters wurde er Europameister und Weltmeister der World Boxing Organisation.

Nach seinem Kampf gegen Laghetti trennte sich Huck von seinem Veranstalter. Vermutlich war Geld der Grund hierfür. Es geht schließlich fast immer um Geld. Huck gründete mit seinem Bruder Kenan Hukić eine eigene Promotion-Firma – nach dem Vorbild der Klitschkos und Felix Sturms. Er und sein Bruder, der nun sein Promoter, Manager und Geschäftsführer seiner Firma ist, versuchte er, sich selber ins Gespräch zu bringen als ein möglicher Gegner für Wladimir Klitschko (66 Kämpfe, 63 Siege, 53 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO). „Jetzt bin ich frei für Klitschko!“ Aber natürlich war solch ein Kampf nicht zu vermarkten. Wieso sollte der zur Zeit beste Schwergewichtler der Welt und amtierende Weltmeister der IBF, WBO und Super Champion der WBA gegen jemanden boxen, der seinen einzigen Schwergewichtskampf nicht gewinnen konnte. – Huck verlor am 25.02.2012 gegen Alexander Povetkin. Seine Leistung war keine Offenbarung. Auf keinen Fall aber war sie eine, die ihn als einen möglichen Herausforderer für Klitschko qualifiziert hätte. Gleichwohl wurde er nach diesem Kampf nicht müde, Klitschko herauszufordern.
Der als Muamer Hukić in Novi Pazar, im heutigen Serbien geborene Huck versuchte nach seinem Weggang von Sauerland einen deutschen TV-Sender für seine Kämpfe zu interessieren. Diese Bemühungen waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Zeljko Karajica, der Geschäftsführer der ProSiebenSat.1 TV Deutschland sagte öffentlich: „Huck muss mit Sauerland einen Deal machen, wenn er in Sat.1 boxen will. Es wird keinen separaten Vertrag mit Huck Sports Promotion geben.“ Und Wilfried Sauerland gab zum Besten, Huck würde sich überschätzen.
Da Huck keinen TV-Vertrag in Deutschland bekam, ging er in die USA. Die Überlegung, die hinter diesem Schritt stand, war gut. Mit seinem Boxstil und seinem WM -Titel standen ihm die Türen offen. Geplant war eine relativ einfache Titelverteidigung gegen den als zweitklassig angesehenen Kryrsztof Glowacki. Dann sollte er gegen die Ringlegende Roy Jones jun. (67 Kämpfe, 59 Siege, 42 durch KO, 8 Niederlagen, 4 durch KO) antreten. Zwei überzeugende Siege, die auch realistisch waren, und er wäre eine feste Größe auf dem US-amerikanischen Markt geworden. Aber dazu kam es nicht. Er verlor nämlich durch KO in Runde 11.
Nach dieser Niederlage steht Huck nun vor dem Scherbenhaufen seiner Karriere. Da nutzte auch nichts, einen Rückkampf zu fordern. Warum sollte er ihn auch bekommen. Hat er denn selbst Denis Lebedev einen Rückkampf gewährt, nachdem er am 19.12.2010 von diesem vermöbelt worden war und durch die zwei Punkrichter Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo den Sieg geschenkt bekommen hatte? – Nein.
Es fiel auf: Huck boxte in seinem letzten Kampf technisch um Klassen schlechter als sonst. Durch seinen Weggang von Sauerland war er gezwungen, sich auch einen neuen Trainer zu suchen. Ulli Wegner, der ihn als Trainer zum Weltmeister gemacht hatte, durfte ihn nicht mehr trainieren. Aus einem mir unerfindlichen Grund nahm er sich dann einen amerikanischen Trainer. Er plauderte selber in einem Interview darüber, dass er einmal zu spät zum Training in seinem Trainingslager in Las Vegas gekommen sei, weil er im Casino festhing. Das spricht ja wohl nicht gerade dafür, dass er seinen Gegner und seinen Trainer Don House sonderlich ernst genommen hätte.

Jeder weiß, dass ein Trainerwechsel nicht unproblematisch ist. Noch schwieriger ist es, wenn der Trainer aus einer ganz anderen Trainerschule kommt. Relativ selten nur kamen europäische Boxer mit amerikanischen Trainern zum Erfolg. Zu unterschiedlich sind beide Boxschulen. Und „Umschulungen“ auf einen anderen Stil gehen in der Regel nicht gut. Wenn Huck nun in seinem Trainer den Sündenbock für seinen Titelverlust gefunden zu haben glaubt, so ist das einfach billig. Er hat sich House doch selbst ausgesucht, der außerdem – abgesehen von Bermane Stiverne – aktuell auch keinen Top-Boxer betreut.
Hucks Deckung war schlecht. Die Kondition war schlecht. Die Linke hängen lassen, um den Gegner zum Angriff zu verleiten, war ein suboptimale Idee. Die Verständigung in der Ringecke war auch schlecht. Sich nur über einen Dolmetscher zu verständigen, kann nun auch einfach nicht hilfreich sein, vor allem, wenn man nur maximal 60 Sekunden Zeit hat zu kommunizieren. Wie schon gesagt Captain Hook hat sich seinen Trainer selbst ausgesucht und alle Probleme waren vorher bekannt.
Huck sucht inzwischen einen neuen Trainer. Es sieht im Moment danach aus, als würde Graciano Rocchigiani sein neuer Trainer werden. Auch hier sehe ich Schwierigkeiten voraus. Aber Huck wird schon wissen, warum er Rocky will. Neue sportliche Aufgaben hat er aber immer noch keine.
© Uwe Betker

Written by betker

25. Oktober 2015 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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