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Die Rundfunkgebühr und das Boxen
Unlängst hatte ich ein Telefongespräch mit einem Herrn, dessen Name wie auch der Anlass des Gesprächs hier nicht von Bedeutung sind. Während dieses Gespräches brüllte besagter Herr -vermutlich weil seine Telefonanlage defekt war oder er eben gerne brüllt oder aus einem anderen Grund – immer wieder: „Was ich verdiene, geht keinen etwas an!“ Warum machen die Menschen nur so ein großes Geheimnis darum, was sie verdienen oder einnehmen?
Seit dem 01. Januar 2013 muss bekanntlich jede Wohnung in der Bundesrepublik Deutschland monatlich eine Pauschale in Höhe von 17,98 Euro als Rundfunkbeitrag zahlen. Die bisherige Rundfunkgebühr wurde durch einen geräteunabhängigen Rundfunkbeitrag ersetzt. Die Pauschale ist unabhängig davon, wie viele Personen in einer Wohnung leben, ob und wie viele Rundfunkgeräte dort vorhanden sind oder ob die dort lebenden Menschen sich Boxen in der ARD ansehen oder nicht. D.h. wir haben erstmals eine Pflicht zur Zahlung der Rundfunkbeiträge.
Ich bin ein großer Freund des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Daher ist es für mich eine Selbstverständlichkeit meinen Obolus zu entrichten, um dieses System zu erhalten. Allerdings erwarte ich dann aber auch mehr Transparenz, wenn die Bürger der BRD schon gezwungen werden, die öffentlich rechtlichen Rundfunkgesellschaften zu finanzieren. Ich finde, ich habe ein Recht darauf zu erfahren, was die einzelnen Fernsehanstalten mit meinem Geld machen. Ich möchte zum Beispiel wissen, wie viel Geld der berliner Veranstalter Sauerland Event GmbH von der ARD für seine Boxveranstaltungen bekommt.
Es kursieren gerüchteweise ziemlich große Zahlen. So war vor geraumer Zeit auf http://www.boxen.de zu lesen: „die ARD hatte im vergangenen Jahr mit Sauerland einen Dreijahres-Vertrag über insgesamt 54 Millionen Euro abgeschlossen.“ Das würde heißen, dass Sauerland Event pro Jahr bis zu 18 Millionen Euro bekommt. Nun, vermutlich sind das Maximalsummen, die nur bei einer entsprechenden Einschaltquote bezahlt werden.
Der Zahler der Rundfunkgebühr hat also m.E. ein Recht darauf zu erfahren, was mit seinem Geld passiert. Er hat ein Recht zu erfahren, was jede einzelne Show von Sauerland Event ihn konkret gekostet hat. Es ist natürlich toll, dass die ARD Boxen zeigt. Aber als derjenige, der zahlt, überlege ich mir auch, ob die Preis-Qualitäts-Relation stimmt. Wenn man sich aber mal so umhört, sind die Zuschauer in den Hallen und vor den Bildschirmen es einfach leid, dass immer wieder Boxer zu Siegern erklärt werden, die, nach ihrer Meinung, den Kampf verloren haben. Würde die ARD nun transparent machen, wie viele Millionen sie zum Beispiel für Yoan Pablo Hernández Suárez gegen Troy Ross am 15.09.2012 oder Muamer Hukić alias Marco Huck gegen Firat Arslan am 03.11.2012 gezahlt haben, dann könnten sich die Gebührenzahler ja auch überlegen, ob ihnen so etwas so viel wert ist.
Natürlich will eine GmbH wie Sauerland Event nicht das deutsche Boxen fördern; sie will Geld verdienen. Dementsprechend hat sie auch kein Interesse daran, eine ihrer Boxer verlieren zu sehen, auch wenn das dem Kampfverlauf eigentlich entsprechen würde. Sauerland Event hat auch kein gesteigertes Interesse daran, Kämpfe zu veranstalten, bei denen einer seiner Boxer – womöglich noch ein Weltmeister – verlieren kann. Das Problem ist aber, dass das Geld, das Sauerland bekommt, eben kein privates, sondern öffentlich-rechtliches ist. Damit haben m.E. die Entscheidungsträger von Sauerland Event auch eine Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit, ob sie die nun wollen oder nicht.
Die Zahler der Rundfunkgebühr also, die sich Boxen ansehen, sind es leid, immer und immer wieder Boxer zu Siegern erklärt zu sehen, die ihre Kämpfe, ihrer Meinung nach nicht gewonnen haben. Sie sind es leid, dass der Veranstalter von solchen Kämpfen dafür dann auch noch Millionen bekommt – Millionen, die vom Gebührenzahler aufgebracht werden müssen. Sie sind es nicht zuletzt leid, für mittelmäßige Kämpfe erstklassig zu zahlen.
Nun höre ich fast die ein oder andere Stimme in der Hanns-Braun-Strasse in Berlin sagen, aber so viel Geld, wie immer geschrieben wird, bekommen wir doch gar nicht. Dem kann ich nur einfach entgegnen: Macht doch transparent, was ihr für die einzelnen Veranstaltungen an Geld von uns bekommt. Dann können wir ja von Fall zu Fall entscheiden, ob die Veranstaltung das Geld auch wert war.
© Uwe Betker
Trainer des Jahres
Ulli Wegner.
Als Yoan Pablo Hernandez am 15.09.2012 wohlverdiente Pfiffe für seine Leistung gegen Troy Ross in Bamberg kassierte und er durch die tatkräftige Hilfe der Punktrichter Michael Pernick, Mickey Vann und Benny Decroos Weltmeister im Cruisergewicht nach Version IBF blieb, verlor Ulli Wegner die Contenance. Er beschimpfte das Publikum: „Bei so einem knappen Ding sollte das Publikum auf unserer Seite sein. Da muss man überlegen, ob es sich verdient hat, dass man hier noch einmal herkommt.“ So offen sprach wohl noch nie ein Mitarbeiter von Sauerland Event.
Pech oder System?
Bei der Pressekonferenz nach dem Kampf in Bamberg zwischen Yoan Pablo Hernandez und Troy Ross verlor der Manager Kalle Sauerland ein wenig seine Contenance. Der Trainer des unterlegenen Ross, Christopher Amos, stellte nämlich sinngemäß fest: „In Deutschland nach Punkten zu gewinnen, ist sehr schwierig.“ Damit gab er aber wohl nur die Meinung des Großteils der Boxfans in der Welt und auch in Deutschland wider. Gleichwohl reagierte Herr Sauerland erstaunlich dünnhäutig auf diese Feststellung. Er erwiderte: „Ich kann verstehen, wenn Leute sich über Urteile aufregen, aber in Bezug auf Deutschland kann ich das gar nicht verstehen. Die IBF war heute der Weltverband. Und in den letzten 16 Monaten gab es zwei große IBF Weltmeisterschaften auf deutschem Boden. Zweimal hat der deutsche Weltmeister hier den Titel verloren. Einmal Felix Sturm und einmal unser Sebastian Sylvester.“ Später ergänzte er auf Englisch, wenn ich es denn richtig verstanden habe, die Punktrichter seien keine Deutschen gewesen und ihm gefiele die In-Beziehung-Setzung mit Deutschland nicht.
Natürlich hat Herr Sauerland vollkommen Recht, wenn er Deutschland verteidigt. Fehlurteile gibt es im Boxenschon seit es Boxen überhaupt gibt – und das überall auf der Welt. Argumentativ macht er jedoch einen Salto rückwärts, wenn er durch die Niederlagen von Sturm und Sylvester beweisen will, dass es keine Beziehung zwischen Fehlurteilen und Deutschland gibt, denn beide Boxer hatten doch wohl zu Recht nach Punkten verloren. Als Beobachter von außen könnte man aber nun auf die Idee kommen, es könnte eine Beziehung zwischen Fehlurteilen und Sauerland Event geben. Gefühlt gibt es keinen Veranstalter auf der Welt, bei dessen Veranstaltungen es mehr Fehlurteile gibt, als bei dem berliner Promoter.
Nach meiner Meinung waren z.B. Yoan Pablo Hernandez gegen Troy Ross (15.09.12) und Robert Helenius gegen Dereck Chisora (03.12.2011) krasse Fehlurteile. Marco Huck verlor in meinen Augen klar nach Punkten gegen Firat Arslan am 03.11.2012. Vorher wurde er auch schon gegen Ola Afolabi (05.05.2012), Denis Lebedev (18.12.2010) und noch einmal gegen Afolabi (05.12.2009) zum Sieger erklärt. Bei all diesen Kämpfen habe ich persönlich immer den Gegner von Muamer Hukic als Sieger gesehen. Damit könnte der Mann aus Ugao, Serbien glatt der ungekrönte Weltmeister der Fehlurteile sein. – Ich möchte dazu noch bemerken, dass die oben angeführten sechs Kämpfe nur die sind, die mir spontan einfallen.
Wären Fehlurteile von Punktrichtern Zufall, dann sollte man erwarten, dass sie auch dem Zufallsprinzip folgen müssten. Sie müssten sich dann sowohl auf Boxer, die für wie auf solche, die gegen einen Boxstall antreten, entfallen. Mir will aber partout kein einziges Fehlurteil zu Ungunsten von Sauerland Event einfallen. Ist dies nun Pech oder einer Anhäufung von unglücklichen Zufällen geschuldet – oder steckt etwa ein System dahinter?
Unlängst wurde mir die Geschichte erzählt, dass eine in Deutschland lebende Boxerin sich bitterlich bei ihrem Veranstalter darüber beschwert hätte, er hätte die Punktrichter nicht im Griff gehabt und sie dadurch ihren WM-Titel verloren. Ob die Geschichte nun wahr ist oder nicht, bleibt dahin gestellt. Offensichtlich gibt es aber in Deutschland Veranstalter, bei denen es weniger Fehlurteile gibt als bei anderen.
Den Punktsieg des alten und neuen Weltmeisters im Cruisergewicht nach Version WBO Marco Huck über Firat Arslan, vom 03.11.2012, nenne ich jedenfalls ein Fehlurteil. Und die Häufung der Fehlurteile bei Sauerland Event kommt mir persönlich doch schon sehr bemerkenswert vor.
© Uwe Betker
Foto: Yoan Pablo Hernandez vs. Troy Ross
(C) Klaus Frevert / http://www.boxfotograf.de
Hört endlich auf uns zu langweilen!
Hört endlich auf uns zu langweilen!
Wir sind es müde! Es ist so beschämend banal und entsetzlich überraschungsarm. Ständig und immer wieder dasselbe Schmierentheater! Und die Wiederholung des immer Gleichen macht das Stück nicht besser, das da heißt: „Wir bringen einen Boxer um den Lohn seiner Arbeit“. Es widert alle einfach nur noch an. Gefühlt wurde dieses Stück schon häufiger zur Aufführung gebracht als „Dinner for One“. Nur, der Sketch von Freddie Frinton verliert durch die Wiederholungen nicht an Witz. Die Farce aber, die sich Boxen nennt und die die Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland, die ARD, finanziert, u. z. von den Rundfunkgebühren, und uns immer und immer wieder vorführt, finden viele einfach nicht mehr witzig, sondern nur noch langweilig. Ihr langweilt uns! Hört doch endlich damit auf, uns zu langweilen!
Am Samstag erfuhr das Stück also eine Wiederaufführung, nur mit anderen Hauptdarstellern: Yoan Pablo Hernandez (28 Kämpfe, 27 Siege, 13 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) verteidigte am 15.09.2012 im Bamberg seinen Titel im Cruisergewicht nach Version IBF gegen Troy Ross (28 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO). Seine Titelverteidigung war erfolgreich, wobei sein Sieg nicht seiner Leistung im Ring geschuldet war, sondern den drei Punktrichtern (Michael Pernick, Mickey Vann und Benny Decroos), die sich sehr willfährig gegenüber dem Veranstalter Sauerland Event zeigten und gegenüber dem Geschehen im Ring blind waren.
Hernandez wurde von Ross schwer verprügelt. Er torkelte mehrfach durch den Ring. Er wurde auch wiederholt zu Boden geschlagen. Aber die Punktrichter werteten einstimmig für den Titelträger, wobei sie den Kampfverlauf völlig ignorierten. Zur Erinnerung: Michael Pernick wertete 114:113, Mickey Vann 115:112 und Benny Decroos 116:112.
Auch der Ringrichter David Fields übernahm freiwillig eine Hauptrolle in dem Schmierentheaterstück. Einen nach dem Anzählen noch wackelnden Hernadez ließ er weiter boxen. Ein eindeutiges Abdrehen, was als Aufgabe hätte gewertet werden müssen, ignorierte er. Ein Niedersinken aus Entkräftung und Schlagwirkung wertete er als Ausrutscher und gestattete dem Weltmeister, sich weiter zu erholen. Er soll sogar seine neutrale Zurückhaltung aufgegeben haben und dem Heimboxer zugerufen haben. „Schlag die letzten Sekunden durch.“
Yoan Pablo Hernandez blieb Weltmeister. Gedankt ist diese Titelverteidigung der Tätigkeit der Punktrichter Michael Pernick, Mickey Vann und Benny Decroos sowie des Ringrichters David Fields, die alle durch ihr Handeln wohl sehr deutlich gezeigt haben, welche Verachtung sie gegenüber dem Sport und seinen Zuschauern hegen. Ich möchte noch einmal appellieren: Hört endlich auf damit, Kämpfe zu verschieben – denn so nenne ich ein solches Verhalten. Das Publikum ist es leid, sich so etwas anzusehen. Habt ihr das Publikum in Bamberg nicht gehört? Hört endlich auf, uns zu langweilen!
© Uwe Betker
Foto: Yoan Pablo Hernandez vs. Troy Ross
(C) Klaus Frevert / http://www.boxfotograf.de
Eine wirklich gute Veranstaltung
Die ca. 5.000 Zuschauer fassende Fraport Arena in Frankfurt war nicht gut gefüllt. Die Oberränge waren geschlossen, eine Seite war gesperrt und der Rest war auch nicht voll. Angeblich haben 3.000 den Weg in die Halle gefunden. In diesem Fall ist das bedauerlich! Sauerland Event hatte nämlich eine wirklich gute Veranstaltung auf die Beine gestellt.
Dabei fing es eher enttäuschend an. Der ungeschlagene deutsche Cruisergewichtler David Graf bekam es im ersten Kampf des Abends mit Paul Morris aus Großbritannien zu tun. Graf, von dem es vorher hieß „Graf mag es gerne schnell!“, konnte den zwar auf sechs Runden angesetzten Kampf einstimmig nach Punkten für sich entscheiden, aber er überzeugte nicht. Morris (12 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) zwang Graf (6 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO), zum ersten Mal in seiner Profikarriere über die volle Distanz zu gehen. Es schien fast so, als wäre Graf überrascht gewesen, dass sein Gegner nicht umfiel. Für die boxerische Entwicklung von Graf war diese Erfahrung bestimmt wichtig. Für die Zuschauer war der Kampf aber eher langweilig.
Obwohl der zweite Kampf des Abends einen auch nicht vom Stuhl gerissen hat, war er aber doch sehr viel interessanter. Angekündigt wurde, dass der Sieger des Kampfes gegen den Sieger von Hernandez gegen Cunningham antreten dürfe. Das war natürlich ein Scherz. Der Pole Lukasz Rusiewicz (22 Kämpfe, 10 Siege, 3 durch KO, 12 Niederlagen 1 durch KO) wäre ein geradezu grotesk unwürdiger Herausforderer. Und selbst wenn er denn gewonnen hätte, wäre er damit niemals auf eine Weltranglistenposition gerutscht, die die Sanktionierung durch den Verband IBF gerechtfertigt hätte. Es ging also lediglich darum, dass Troy Ross (27 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO) aus Kanada noch einmal gewinnt.
Ross, der am 05.06.2010 durch TKO gegen Cunningham einen WM Kampf verloren hatte, entledigte sich seiner Aufgabe pflichtgemäß. Nach dem Kampf erklärte er mir, dass es nur darum gegangen sei zu gewinnen und keine Verletzung zu bekommen. Er hatte Rusiewicz zweimal hart getroffen und gemerkt, dass dieser nicht schnell umfällt. Daraufhin hat sein Trainer ihn immer ermahnt mit Kopf und mit so wenig Risiko wie möglich zu boxen. Für den Zuschauer war es interessant sich vorzustellen, wie der mit 182 cm doch recht kleine Ross sich wohl gegen Hernandez oder Cunningham schlagen würde. Ross gewann also den Achtrunder einstimmig nach Punkten.
Der dritte Kampf war die Europameisterschaft im Halbschwergewicht. Es boxten Vyacheslav Uzelkov (27 Kämpfe, 25 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen) aus der Ukraine gegen Eduard Gutknecht (23 Kämpfe, 22 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage) aus Deutschland. Es handelte sich hier um eine richtige Europameisterschaft, sanktioniert von der Europäischen Box Union, und nicht um eine dieser Pseudo-Europameisterschaften, bei der jeder boxen darf. Das merkte man der Qualität des Kampfes auch an. Gutknecht zeigte in seiner Pflichtverteidigung eine große Leistung, die nicht alle ihm zugetraut hätten. Gutknecht hielt nicht nur dem enormen Druck von Uzelkov stand und punktete mit schönen Kontern. Im Laufe des Kampfes bestimmte er sogar mehr und mehr das Geschehen im Ring. Je länger der Kampf dauerte, umso einseitiger wurde er. In den letzten Runden schien es fast so, als ob Gutknecht, der wirklich kein Puncher ist, sogar noch den KO suchen würde. Gutknecht gewann beeindruckend einstimmig nach Punkten.
Die nächste Begegnung war die IBF-Weltmeisterschaft im Cruisergewicht zwischen dem Herausforderer und vormaligen Weltmeister Steve Cunningham (27 Kämpfe, 24 Siege, 12 durch KO, 3 Niederlagen) und dem Titelverteidiger Yoan Pablo Hernandez (26 Kämpfe, 25 Siege, 13 Siege, 1 Niederlage, 1 durch KO). Den Kampf verdankt die Boxwelt der IBF, die einen Rückkampf angeordnet hatte, nachdem Cunningham am 01.10.2011 unter zumindest etwas dubiosen Umständen seinen Titel an Hernandez verloren hatte. Der Hauptakteur des ersten Kampfes, Prof. Dr. Dr. Walter Wagner, Facharzt für Allgemeine Chirurgie in Bayreuth, war bei diesem Kampf auf Druck von Cunningham, nicht als Ringarzt bestellt. Mit diesem Kampf haben wir eine großartige Ringschlacht gesehen. In den ersten Runden versuchte Cunningham offensichtlich, der Linken, also der Schlaghand von Hernandez aus dem Weg zu gehen. In der vierten Runde kam Hernandez dann aber mit einem harten kurzen linken Kopfhaken durch, und der US-Amerikaner ging schwer zu Boden. Kaum stand er wieder, musste er erneut runter. In den verbleibenden 35 Sekunden war er nur noch damit beschäftigt, den Gong zu erreichen. Es gibt vermutlich kaum einen Cruisergewichtler der Welt, der dies gegen den Kubaner in einer solchen Verfassung geschafft hätte. Wie schon des Öfteren in seiner Karriere, kam Cunningham nach diesem Niederschlag stärker wieder zurück in den Kampf. Die folgenden Runden waren bis zur letzten Sekunde spannend. Am Ende gewann Yoan Pablo Hernandez verdient und einstimmig nach Punkten. Der offensichtlich beste Cruisergewichtler der Welt besiegte den wohl zweitbesten der Welt.
Die folgende Europameisterschaft, ebenfalls im Cruisergewicht, hatte Ähnlichkeit mit einer öffentlichen Schlachtung. Der aus Serbien stammende Lokalmatador Enad Licina (24 Kämpfe, 21 Siege, 11 durch KO, 3 Niederlagen) hatte gegen den Russen Alexander Alekseev (24 Kämpfe, 22 Siege, 20 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) nicht die geringste Chance. Licina, hinter seiner Doppeldeckung agierend, war einfach zu statisch, um Alekseev in Gefahr zu bringen. Vielmehr kassierte er Treffer um Treffer. Die Verkündung des einstimmigen Punktsieges war reine Formsache. Licina muss sich jetzt fragen, welche boxerischen Ziele er noch erreichen kann, nachdem er eine Niederlage in einem WM-Kampf, am 12.02.2011 gegen Cunningham, und nun in einem EM-Kampf einstecken musste.
Den letzten Kampf des Abend bestritten Michael Simms (40 Kämpfe, 22 Siege, 14 durch KO, 16 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) aus den USA und Mateusz Masternak (24 Kämpfe, 24 Siege, 18 durch KO) aus Polen. Der als KO-Sensation angekündigte Masternak hatte mit dem Überlebenskünstler Simms, ganz klar seine Schwierigkeiten. Er sah gegen den Routinier regelrecht durchschnittlich aus. Dass der Kampf in der vierten Runde abgebrochen wurde, hat er nicht seiner Schlaghärte zu verdanken, sondern lediglich einer engen Regelauslegung durch den Ringrichter Gerhard Sigl. Masternak hatte Simms an den Seilen gestellt und mit einem Schlaghagel eingedeckt, der aber nur die Deckung traf. Der Ringrichter brach den Kampf ab, weil Simms auf die Schläge nicht mit einer eigenen Aktion geantwortet hatte. Ich persönlich hätte dem Kampf noch gerne etwas länger zugesehen.
Sauerland Event hat eine wirklich gute Veranstaltung auf die Beine gestellt. Es gab interessante und spannende Paarungen und sogar einen richtig phantastischen Kampf zu sehen. Was will man mehr? ! – Nun, vielleicht noch einen schönen KO in einem der Hauptkämpfe. Aber als Veranstalter kann man hoffentlich eben doch nicht alles planen.
© Uwe Betker