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Zwei Profikämpfe und zwei Talente
Fast 600 Zuschauer fanden den Weg in die Turnhalle der Berufbildendenschule in Bad Neuenahr. Dort fand eine Veranstaltung des Boxsportclubs Bad Neuenahr Ahrweiler statt. Insgesamt gab es neun Kämpfe zu sehen. In der Mitte, also an sechster Position, und am Ende, als letztem Kampf, gab es auch zwei Profikämpfe.
Bevor der erste Profi in Ring stieg, setzte eine, gerade mal sechzehn Jahre alte, junge Dame die Messlatte für die nachfolgenden Kämpfer schon gleich sehr hoch. Sarah Liegmann, sechsfache Weltmeisterin im Kickboxen, zeigte einen sehr guten Amateurkampf, den sie nach Belieben dominierte und klar nach Punkten gewann. Bemerkenswert war aber vor allem die Art und Weise, wie sie siegte. Das Tempo, die Härte und der Siegeswillen waren beeindruckend, wenn auch ihre Technik noch nicht zu 100% ausgereift ist. Aber was kann man andererseits von einer sechszehnjährigen Kickboxerin erwarten? Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn sie schon bald das Profiboxen der Frauen aufmischen würde.
Nach den Damen stiegen Hizni Altunkaya (31 Kämpfe, 30 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und Niko Lohmann (12 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 8 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden) für einen Vierrunder im Cruisergewicht in den Ring. Die erste Runde begann verhalten. Altunkaya zeigte eine schöne steife Führhand. Lohmann, „Karl Stahl“, versuchte an den Mann herzukommen und am Körper zu explodieren. Es gab allerdings nur wenige Schlagabtäusche. In der zweiten Runde erhöhte Altunkaya das Tempo. Er brachte schöne Links-Rechts-Kombinationen ins Ziel. Aber immer wenn er stehen blieb, bekam Lohmann die Chance, seinen rechten Cross zu schlagen, woraus sich dann harte Schlagabtäusche entwickelten. Die dritte und vierte Runde wurde noch härter umkämpft. Immer wieder standen beide Boxer Fuß an Fuß, um buchstäblich ihre Kräfte zu messen. Es gab kaum Rückwärtsbewegungen. Beide Boxer trafen sich im Ring und schlugen aufeinander ein. Der unauffällig-souverän agierende GBA Ringrichter Hans-Joachim Pagel hatte im Ring praktisch nichts zu tun. Er gab Altunkaya jede Runde. Sieger nach Punkten: Hizni Altunkaya.
Vor dem Hauptkampf stieg der Schwergewichtler Sebastian Breidbach für einen Amateurkampf in den Ring. Breidbach ist augenscheinlich eines der ganz großen Talente im Schwergewicht. Der technisch boxende Schwergewichtler hat das Zeug dazu, ein ganz Großer zu werden.
Kleine Anmerkung in eigener Sache: Normalerweise wird hier nicht über Amateurboxen berichtet. Wenn hier aber Amateurboxerinnen oder Amateurboxer erwähnt werden, halte ich sie für Talente, die das Profiboxen aufmischen könnten.
Als letztes boxten Enis Agushi (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) und Francis Kojo Ennin (4 Kämpfe, 4 Niederlagen, 3 durch KO) für einen Sechsrunder im Super Mittelgewicht gegeneinander. Der Kampf war kurz und knackig. Ennin versuchte Agushi zu überrollen und ihm durch einen wilden und unorthodoxen Schlaghagel seinen Kampf aufzuzwingen. Dies gelang ihm aber nur zum Teil. Seine Schläge prallten an der Deckung von Agushi ab, der auch immer wieder mit guten und harten Schlägen durchkam. Schon nach kurzer Zeit hatte er Ennin in dessen eigener Ecke gestellt und ließ ihn nicht mehr raus. Er verteilte gut zu Körper und Kopf und Ennin ging zu Boden. Ringrichter Pagel zählte bis acht, bevor Ennin wieder hochkam. Was noch folgte, war reine Formsache. Agushi stellte Ennin kurze Zeit später wieder an den Seilen, ließ ihn wieder nicht weg und deckte ihn wieder mit einer schönen langen Kombination ein. Ennin sank wieder zu Boden, wieder wurde er angezählt und wieder kam er hoch. Diesmal winkte der Ringrichter allerdings den Kampf ab.
Sieger durch TKO in Runde 1 nach 2:46 Minuten: Enis Agushi.
In Bad Neuenahr tut sich etwas. Wir dürfen gespannt sein, wie sich die dortigen Boxer und Boxerinnen weiter entwickeln.
© Uwe Betker
Ein schöner Sonntagnachmittag in einer Turnhalle in Essen
Die Turnhalle Hoster Berg in Essen war am Sonntagnachmittag Schauplatz von 6 Amateurkämpfen und 8 Profikämpfen. In dem ersten Profikampf gaben Sebastian Tlatlik und Haris Cajic ihre Profidebüts im Leichtgewicht. Tlatlik bearbeitete von Anfang an den größeren und schlaksig wirkenden Cajic mit seiner Linken. Er verteilte gut zu Körper und Kopf. Schon bald zwang ein rechter Körperhaken Cajic zu Boden. Danach trieb der Essener seinen Gegner geradezu vor sich her. Er stellte ihn in dessen Ecke. Eine linke Grade und eine rechter Haken fixierten ihn dort. Schließlich ließ eine lange Kombination Cajic erneut zu Boden gehen. Vergeblich versuchte er aufzustehen. Er wurde ausgezählt: KO 1, 2:05 min
Im zweiten Kampf standen sich im Super Mittelgewicht Emil Markic (15 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) und Marwan Chehade gegenüber. Markic hatte mit seinem Gegner, einem Debütanten, keine Probleme. Markic zeigte eine gute Deckungsarbeit und verteilte seine Schläge gut. Schnell musste Chehade zum ersten Mal runter, wobei es fast wie ein Ausrutscher aussah. Aber sein nächster Besuch auf dem Ringboden war ohne Zweifel einem linken Körperhaken geschuldet. Danach schickte Markic ihn noch mal mit einer Kombination zu Boden. Durch diesen dritten Niederschlag war der Kampf dann auch schon vorbei. TKO 1, 2:35 min.
Ebenfalls im Super Mittelgewicht trafen Ford Jay Spencer (4 Kämpfe. 4 Siege, 3 durch KO) und Mirko Crnovic, der sein Profidebüt gab, aufeinander. Spencer fing ungewohnt zurückhaltend an. Dennoch war er aber der deutlich aktivere Boxer. Ein ums andere Mal deckte er seinen Gegner mit Schlagkombinationen ein. Gleichwohl konnte der aber mit seiner rechten Graden punkten. Am Ende der Runde schien Crnovic bei einem Breakkommando von Ringrichter Roman Morawiec zu glauben, er würde angezählt. Das führte dann zu einer kleinen Verwirrung. In die zweite Runde kam Spencer dann mit dem Willen, seinen Gegner KO zu schlagen. Er trieb ihn nur so vor sich her. Dann stellte er ihn in einer neutralen Ecke und fällte ihn mit einer linken Graden und einem rechten Kopfhaken. Crnovic wurde ausgezählt. KO 2, 1:30 min.
Im folgenden Kampf im Halbschwergewicht gaben Jaron Benjamin Transfeld und Mahir Turko ihr Profidebüt. Transfeld, der viele Fans mitgebracht hatte, begann verhalten, wurde dann aber von Runde zu Runde stärker. Obwohl Transfeld der bessere Boxer war, war der Kampf aber durchaus munter. Auch Turko hatte seine Momente, obwohl es so aussah, als wackelte er in Runde 2 einmal und in Runde 3 zweimal. Am Ende des Vierrunders stand aber doch ein eindeutiger Punktsieg (40:35) für Transfeld, dessen weitere Entwicklung man abwarten darf.
Im fünften Kampf, ebenfalls im Halbschwergewicht, trafen die Debütanten Ahmid Laghmouchi und Muhamed Mahmic aufeinander. Der Kampf dieser beiden war kurz und intensiv. Laghmouchi boxte mit Übersicht. Wenn er angriff, traf er auch. Mahmic dagegen schlug viel auf die Deckung. Der KO lag bereits nach Sekunden in der Luft. Relativ bald hatte Laghmouchi dann auch seinen Gegner in einer Ecke gestellt. Mit einem Körperhaken schickte ihn auf die Bretter. Dort verharrte Mahmic so lange, dass er bei acht erst langsam anfing aufzustehen. Als er bei zehn noch nicht kampfbereit war, wurde er ausgezählt, was ihn empörte. KO 1, 2:50 min.
Im folgenden Kampf boxten im Super Mittelgewicht Salvatore Vancardo (10 Kämpfe, 5 Siege, 3 durch KO, 3 Niederlagen, 2 Unentschieden) und Neven Tojaga gegeneinander. Der Kampf war kurz und etwas seltsam. Vancardo verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung, schob sich an seinen Gegner heran, um dann in der Halbdistanz zu explodieren. Tojaga jabte und versuchte dem Schlagabtausch durch Flucht zu entgehen. Praktisch mit dem Gong zur zweiten Runde gab er dann auf. Angeblich hatte er sich seine Schlaghand verletzt. Sie schmerzte so sehr, dass er sich ohne Hilfe sein Hemd wieder anziehen konnte und dem Sieger noch die Hand drückte. TKO 2, 0:04 min.
Im vorletzten Kampf, der im Halbschwergewicht stattfand, trafen Üsame Ensar Bozkurt (3 Kämpfe, 2 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage) und Edo Cavrk (17 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 14 Niederlagen. 11 durch KO) aufeinander. Bozkurt, der nach zwei Jahren Ringabstinenz sein Comeback gab, wollte es kurz machen. Er schickte dreimal seinen Gegner mit Körperhaken zu Boden, wobei dieser nur zweimal angezählt wurde. Beim zweiten Niederschlag hatte Cavrk einen unabsichtlichen Schlag auf dem Hinterkopf abbekommen. Hätte Bozkurt etwas ruhiger agiert, wäre der Kampf nicht mal in die zweite Runde gekommen. Im zweiten Durchgang gab Cavrk dann auf. TKO 2, 1:55 min.
Den letzten Kampf des Nachmittags, einen Sechsrunder im Leichtgewicht, werden die Zuschauer sicher nicht so schnell vergessen. Patryk Wolke (11 Kämpfe, 2 Siege, 1 durch KO, 9 Niederlagen, 4 durch KO) traf auf Slaibi Slaibi (3 Kämpfe, 1 Sieg, 2 Unentschieden). Die Rollen waren klar verteilt: Slaibi wollte seinen ersten Sieg, möglichst einen vorzeitigen – und Wolke wollte seinen Job machen. Wolke verschanzte sich hinter seiner Doppeldeckung und ließ Angriff um Angriff über sich ergehen. Von Zeit zu Zeit startete er dann Entlastungsangriffe oder versuchte sein Glück mit Schwingern. Das sehr einseitige Gefecht hatte aber durchaus einen ganz eigenen Reiz. Von Runde zu Runde wuchs mein Respekt vor dem Mut und dem Durchhaltewillen von Wolke. Ein Boxer von anderem Format hätte sich schon längst einfach hingelegt. Aber Patryk Wolke ist ein Kämpfer, der seine Chance auch dann noch sucht, wenn er absolut keine hat. Ob dies nun gesund ist, soll dahin gestellt bleiben, aber es nötigt mir jedenfalls großen Respekt ab. Die Punktwertung für Slaibi (60:54) war reine Formsache.
Es war ein schöner Sonntagnachmittag in einer Turnhalle in Essen.
© Uwe Betker