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Ein Rückblick auf das letzte Jahr der sportlichen Karriere von Marco Huck
Von Marco Hucks letztem Kampf war das Bild im Internet am häufigsten zu sehen, auf dem er besinnungs- und wehrlos auf dem zweiten Seil von unten liegt , über ihm stehend: der Ringrichter David Fields, der ihn auszählt. Huck (42 Kämpfe, 38 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden) ist nicht mehr Weltmeister der WBO im Cruisergewicht. Das sollte nun Grund genug sein, das letzte Jahr seiner sportlichen Karriere Revue passieren zu lassen.
Im Sommer letzten Jahres war die Welt von Huck noch in Ordnung. Am 30. August absolvierte er im Garry Weber Stadion in Halle ein leichtes Sparring. Dabei besiegte er den Italiener Mirko Laghetti, einen handverlesenen Gegner. Aus blieb dabei allerdings das angekündigte Zerbröseln der Hartweizen Nudeln. Er brauchte für die „Spagetti à la Laghetti“ doch zwölf Runden. Dies war sein letzter Kampf für Sauerland Events GmbH.
Sauerland hatte ihn, den Kickboxer, 2004 unter Vertrag genommen. Da Huck spät und über den Umweg des Kickboxens zum Boxen gekommen war, wurde aus ihm, trotz der Bemühungen von Trainer Ulli Wegner, kein technischer Boxer, sondern ein harter, technisch limitierter Fighter, der den KO sucht. Trotz schlechterer Voraussetzungen und allein durch Fleiß, Härte und die Hilfe seines Veranstalters wurde er Europameister und Weltmeister der World Boxing Organisation.
Nach seinem Kampf gegen Laghetti trennte sich Huck von seinem Veranstalter. Vermutlich war Geld der Grund hierfür. Es geht schließlich fast immer um Geld. Huck gründete mit seinem Bruder Kenan Hukić eine eigene Promotion-Firma – nach dem Vorbild der Klitschkos und Felix Sturms. Er und sein Bruder, der nun sein Promoter, Manager und Geschäftsführer seiner Firma ist, versuchte er, sich selber ins Gespräch zu bringen als ein möglicher Gegner für Wladimir Klitschko (66 Kämpfe, 63 Siege, 53 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO). „Jetzt bin ich frei für Klitschko!“ Aber natürlich war solch ein Kampf nicht zu vermarkten. Wieso sollte der zur Zeit beste Schwergewichtler der Welt und amtierende Weltmeister der IBF, WBO und Super Champion der WBA gegen jemanden boxen, der seinen einzigen Schwergewichtskampf nicht gewinnen konnte. – Huck verlor am 25.02.2012 gegen Alexander Povetkin. Seine Leistung war keine Offenbarung. Auf keinen Fall aber war sie eine, die ihn als einen möglichen Herausforderer für Klitschko qualifiziert hätte. Gleichwohl wurde er nach diesem Kampf nicht müde, Klitschko herauszufordern.
Der als Muamer Hukić in Novi Pazar, im heutigen Serbien geborene Huck versuchte nach seinem Weggang von Sauerland einen deutschen TV-Sender für seine Kämpfe zu interessieren. Diese Bemühungen waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Zeljko Karajica, der Geschäftsführer der ProSiebenSat.1 TV Deutschland sagte öffentlich: „Huck muss mit Sauerland einen Deal machen, wenn er in Sat.1 boxen will. Es wird keinen separaten Vertrag mit Huck Sports Promotion geben.“ Und Wilfried Sauerland gab zum Besten, Huck würde sich überschätzen.
Da Huck keinen TV-Vertrag in Deutschland bekam, ging er in die USA. Die Überlegung, die hinter diesem Schritt stand, war gut. Mit seinem Boxstil und seinem WM -Titel standen ihm die Türen offen. Geplant war eine relativ einfache Titelverteidigung gegen den als zweitklassig angesehenen Kryrsztof Glowacki. Dann sollte er gegen die Ringlegende Roy Jones jun. (67 Kämpfe, 59 Siege, 42 durch KO, 8 Niederlagen, 4 durch KO) antreten. Zwei überzeugende Siege, die auch realistisch waren, und er wäre eine feste Größe auf dem US-amerikanischen Markt geworden. Aber dazu kam es nicht. Er verlor nämlich durch KO in Runde 11.
Nach dieser Niederlage steht Huck nun vor dem Scherbenhaufen seiner Karriere. Da nutzte auch nichts, einen Rückkampf zu fordern. Warum sollte er ihn auch bekommen. Hat er denn selbst Denis Lebedev einen Rückkampf gewährt, nachdem er am 19.12.2010 von diesem vermöbelt worden war und durch die zwei Punkrichter Lahcen Oumghar und Manuel Oliver Palomo den Sieg geschenkt bekommen hatte? – Nein.
Es fiel auf: Huck boxte in seinem letzten Kampf technisch um Klassen schlechter als sonst. Durch seinen Weggang von Sauerland war er gezwungen, sich auch einen neuen Trainer zu suchen. Ulli Wegner, der ihn als Trainer zum Weltmeister gemacht hatte, durfte ihn nicht mehr trainieren. Aus einem mir unerfindlichen Grund nahm er sich dann einen amerikanischen Trainer. Er plauderte selber in einem Interview darüber, dass er einmal zu spät zum Training in seinem Trainingslager in Las Vegas gekommen sei, weil er im Casino festhing. Das spricht ja wohl nicht gerade dafür, dass er seinen Gegner und seinen Trainer Don House sonderlich ernst genommen hätte.
Jeder weiß, dass ein Trainerwechsel nicht unproblematisch ist. Noch schwieriger ist es, wenn der Trainer aus einer ganz anderen Trainerschule kommt. Relativ selten nur kamen europäische Boxer mit amerikanischen Trainern zum Erfolg. Zu unterschiedlich sind beide Boxschulen. Und „Umschulungen“ auf einen anderen Stil gehen in der Regel nicht gut. Wenn Huck nun in seinem Trainer den Sündenbock für seinen Titelverlust gefunden zu haben glaubt, so ist das einfach billig. Er hat sich House doch selbst ausgesucht, der außerdem – abgesehen von Bermane Stiverne – aktuell auch keinen Top-Boxer betreut.
Hucks Deckung war schlecht. Die Kondition war schlecht. Die Linke hängen lassen, um den Gegner zum Angriff zu verleiten, war ein suboptimale Idee. Die Verständigung in der Ringecke war auch schlecht. Sich nur über einen Dolmetscher zu verständigen, kann nun auch einfach nicht hilfreich sein, vor allem, wenn man nur maximal 60 Sekunden Zeit hat zu kommunizieren. Wie schon gesagt Captain Hook hat sich seinen Trainer selbst ausgesucht und alle Probleme waren vorher bekannt.
Huck sucht inzwischen einen neuen Trainer. Es sieht im Moment danach aus, als würde Graciano Rocchigiani sein neuer Trainer werden. Auch hier sehe ich Schwierigkeiten voraus. Aber Huck wird schon wissen, warum er Rocky will. Neue sportliche Aufgaben hat er aber immer noch keine.
© Uwe Betker
Erkan Teper vs. David Price: Ein Vorbericht
Am 17. Juli soll Erkan Teper (14 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO) in Ludwigsburger MHP Arena gegen David Price (21 Kämpfe, 19 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) boxen. Dabei geht es um den vakanten Europameistertitel (EBU) im Schwergewicht. Teper gegen Price ist eine gute Ansetzung. Teper ist die Nummer 17 der unabhängigen Weltrangliste und Price die Nummer 26. Das heißt, beide Athleten sind in der Rangliste nahe genug beieinander, um sich einen guten Kampf liefern zu können. Teper ist aber wohl der Favorit und Price eher der Außenseiter, der nur durch KO gewinnen kann.
Der Deutsche Teper wurde zuletzt gut aufgebaut. In seinen letzten Kämpfen besiegte er Johann Duhaupas (14.03.2015, W 12), Newfel Ouatah (13.06.2014, TKO 6), Martin Rogan (16.11.2013, KO 1) und Michael Sprott (31.08.2013, TKO 1). Er ist ungeschlagen. Der Brite Price wechselte erst vor ca. einem Jahr zu Sauerland Event. Davor musste er zwei Niederlagen gegen Tony Thompson (23.02.1013, TKO 2 und 06.07.2013, TKO 5) hinnehmen. Dementsprechend ist er auch relativ vorsichtig wieder aufgebaut worden, um sein Selbstvertrauen zu stärken. Dies ist auch eines der Argumente, die für einen Sieg von Teper sprechen.
Interessant ist, dass der Veranstalter Z!-Promotion sich gegen Sauerland Event bei der Kampfversteigerung durchgesetzt hat. Sie boten 252.500 Euro, Sauerland nur 23.979,55 Euro. Das kann man verschieden interpretieren. Zum einen kann das heißen, dass Z!-Promotion von Alexander und Boris Zastrow sowie Matchmaker Hagen Döring nun zu den großen in der Branche gehört. Es kann aber auch heißen, dass der Berliner Veranstalter einfach nicht mehr so viel Geld hat wie früher. Oder, dass er einfach kein gesteigertes Interesse an dem Kampf von Price hat. Jedenfalls, zu Zeiten, als Sauerland noch einen TV Vertrag mit der ARD hatte, wäre ein solches Ergebnis einer Versteigerung gar nicht denkbar gewesen. Gleichzeitig heißt das aber auch, dass die Brüder Zastrow – mit Hilfe von Hagen Döring – zu einer Größe im deutschen Boxsport geworden sind. Mit dem Bezahlsender Sky Select haben sie auch einen starken Partner an ihrer Seite.
Sollte Teper gewinnen, so hätte Z!-Promotion einen Schwergewichtler unter Vertrag, der gegen Wladimir Klitschko (67 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO), den Schwergewichtsweltmeister der IBF und WBO und Super Champion der WBA, oder gegen den Weltmeister light der WBA, Ruslan Chagaev (37 Kämpfe, 34 Siege, 21 durch KO, 2 Niederlagen. 1 durch KO) antreten könnte.
Persönlich bin ich gespannt, ob der Super Leichtgewichtler Timo Schwarzkopf (5 Kämpfe, 14 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage) nach seiner Niederlage gegen Anthony Yigit, am 21.03.2015, wieder boxt. Es hält sich hartnäckig das Gerücht, dass Schwarzkopf, Festim Kryeziu, zu Z!-Promotion gegangen ist.
(C) Uwe Betker
Von Boxexperten im Fernsehen
Wikipedia definiert den Experten wie folgt: „Experte, von lateinisch expertus ‚erprobt‘, (auch Fachmann/Fachfrau, Pl. Fachleute , Fach- oder Sachkundiger, Spezialist) ist ein Schlagwort und bezeichnet als solches eine Person, die über überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet oder mehreren bestimmten Sacherschließungen oder über spezielle Fähigkeiten verfügt oder der diese Eigenschaften zugeschrieben werden. Neben dem theoretischen Wissen kann eine kompetente Anwendung desselben, also praktisches Handlungswissen, für einen Experten kennzeichnend sein.“ Also ein Experte ist ein Fachmann. Ein Boxexperte ist dann ein Fachmann in Sachen Boxen. So weit, so banal.
Ein Grundproblem mit Experten ist nun aber, dass sie zwar fachkundig sein mögen, also über ein überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet verfügen, nur heißt das noch lange nicht, dass sie Andere auch daran teilhaben lassen – und das auch dann nicht, wenn sie öffentlich als Experten auftreten. Als bestes Beispiel können da die Boxexperten im Fernsehen herangezogen werden. Einschränkend muss ich hier sagen: Das gilt vor allem für Experten im deutschen Fernsehen. Z.B. die amerikanischen Experten nämlich sind sehr viel kritischer als die deutschen. Das hat grob gesagt vor allem drei Gründe: 1. Die Bindung zwischen TV Sender und Veranstalter ist in den Staaten nicht so eng. 2. In den USA gibt es mehr Zuschauer, die sich tatsächlich fürs Boxen interessieren. 3. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es dort eine wirklich kritische Berichterstattung über Boxen, die sogar Tradition hat. Hierzulande herrscht dagegen mehr so was wie Hofberichterstattung.
Ein Beispiel zur Illustration:
Henry Maske, der ehemalige Weltmeister im Halbschwergewicht, nutzte seine Popularität als Boxer, um nach Beendigung seiner Karriere als Boxexperte für die ARD zu fungieren. Von 2007 an kommentierte er die Veranstaltungen seines ehemaligen Veranstalters Sauerland Event. Hierbei wurde er, positiv ausgedrückt, seinem Image als Gentleman gerecht. Negativ ausgedrückt, beschönigte er, was gezeigt wurde und er schreckte auch nicht davor zurück, die schlimmsten Fehlentscheidungen, wie z.B. den Punktsieg von Marco Huck über Denis Lebedev am 19.12.2010, schönzureden. Willfährig versicherte er den Zuschauern und dem ihn bezahlenden TV Sender, das, was sie zu sehen bekamen, sei gut gewesen.
Erst nachdem die ARD ihren Ausstieg aus dem Boxen à la Sauerland verkündet hatte, zeigte sich Maske ein einziges Mal kritisch. Nach dem Kampf von Firat Arslan gegen den IBF-Weltmeister Yoan Pablo Hernandez am 16.08.2014 sagte er in der ARD, er habe Arslan als Sieger gesehen. Nun könnte man ja meinen, dass Maske zum Ende seiner ARD-Experten-Karriere doch wenigsten einmal die Fernsehzuschauer von seinem überdurchschnittlich umfangreichen Wissen hätte profitieren lassen. Man kann die Sache aber auch anders verstehen. Zur selben Zeit nämlich ging das Gerücht um, Henry Maske werde in Zukunft für Z! Promotion der Brüder Zastrow tätig sein und die hätten sich nun um einen TV-Vertrag bei der ARD bemüht. Auf der Pressekonferenz nach dem Kampf zeigten sich die Verantwortlichen von Sauerland recht dünnhäutig. Ulli Wegner kündigte Maske öffentlich seine Freundschaft auf und Wilfried Sauerland stellte Maskes Fähigkeit als Experte fürs Boxen in Frage. Leider habe ich das Video von der Pressekonferenz nicht mehr im Internet gefunden.
Kritik ist ja nun auch nicht gerade etwas, was ein TV-Sender oder ein Veranstalter von einem Experten hören will. So wurde z.B. Axel Schulz als Experte bei SAT.1 abgelöst, als er es doch am 25.06.2011 tatsächlich gewagt hatte, die Leistung von Felix Sturm gegen Matthew Macklin zu kritisieren.
Man kann natürlich verstehen, dass ein TV-Sender, der schließlich Geld zahlt für eine Veranstaltung, von einem Experten, den er auch bezahlt, nicht unbedingt hören will, dass das, was da gekauft wurde von schlechter Qualität ist. Gleichzeitig möchte ich den Verantwortlichen der Fernsehsender aber zu bedenken geben, dass mit jeder Show die schöngeredet und mit jeder Fehlentscheidung, die weggeredet wird, ihr Produkt an Glaubwürdigkeit verliert – genauso wie auch die Experten. Allen Beteiligten würde ein mehr an Mut und Rückgrat da m. E. schon gut tun.
© Uwe Betker
Die hohe Hürde bei RTL
Jeder Veranstalter von Boxveranstaltungen träumt davon einen TV Vertrag mit RTL zu bekommen. Man kann davon ausgehen, dass schon viele Veranstalter wie auch Möchtegernveranstalter bei dem Sender in Köln an die Tür geklopft haben. Aber nur wenige Veranstalter hatten bis jetzt Erfolg, nämlich Sauerland Promotion und Klitschko Management Group. Der Grund dafür ist, dass RTL die Hürde mittlerweile sehr hoch gelegt hat.
Als im Dezember 1992 RTL anfing Boxen zu zeigen, war dies aus der Not geboren. Den Programmverantwortlichen war aufgefallen, dass ihnen attraktiver Sport im Programm fehlte. Die Berichterstattung der Fußball-Bundesliga war gerade Sat 1 zugefallen, und RTL brauchte nun dringend Ersatz. Da es aber nur sehr wenige TV-taugliche Sportarten gibt, kam man schnell aufs Boxen. Boxen gilt als eine Sportart, die angeblich jeder versteht. Andererseits stand Boxen aber im Ruf, dass am Ring Personen sitzen, die nicht werbewirksam sind. Henry Maske, der Boxer mit dem Image eines Gentleman, kam da gerade recht. Bis September 2000 zeigte RTL Sauerland Veranstaltungen. Die Boxer hießen Henry Maske, Markus Beyer, Axel Schulz, Sven Ottke, Torsten May und andere. Sauerland setzte bewusst auf deutsche Boxer. Und es gab auch genug gut ausgebildete Boxer aus der zusammengebrochenen DDR. Nach 8 Jahren war dann, nicht zuletzt auch wegen sinkender Quoten, Schluss und Sauerland wechselte zur ARD.
Sechs Jahre später, 2006, stieg RTL wieder ins Boxen ein, u. z. mit Wladimir und Vitali Klitschko. Die Geschäftsverbindung hält bis heute noch an, weil beide Partner davon profitieren. Folgende Zahlen werden kolportiert: Die Boxer Klitschko bekommen 3 bis 3,5 Millionen Euro pro Kampf vom TV-Partner RTL. Hinzu kommen geschätzte 4 bis 5 Millionen Euro für die Veranstalter Klitschko, denn die Brüder Klitschko vermarkten und veranstalten selber, aus Eintrittsgeldern, vor allem aber aus den anteiligen Erlösen aus dem internationalen Verkauf der Fernsehrechte. Schließlich kommen noch Werbe- und Sponsorengelder hinzu. Insgesamt sollen die Klitschkos bis zu zehn Millionen Euro kassieren.
RTL gibt so viel Geld natürlich nur aus, wenn Radio Télévision Luxembourg auch auf seine Rechnung kommt. Bis zu 15,56 Millionen Zuschauern schalten beim Boxen ein. Das ist ein Marktanteil von 70 Prozent der für die Werbewirtschaft relevanten Altersgruppe der 14- bis 49-Jährigen. Dabei ist anzumerken, dass diese werberelevante Zielgruppe Mitte der 80er Jahre in Deutschland von Helmut Thoma, Programmdirektor des damaligen winzigen Senders RTL, eingeführt worden ist, um der quotenstärkeren Konkurrenz mit älteren Zuschauern etwa entgegenzusetzen. Heute hecheln alle TV Sender dieser Erfindung von Herrn Thoma, die keinerlei Grundlage in der Realität hatte, hinterher.
Dass ist nun die Hürde von RTL. Der Privatsender zeigt nur Boxen, wenn eine bestimmte Anzahl von Zuschauern garantiert ihren Fernseher einschalten. Es werden zwei Zahlen immer wieder kolportiert: 6.000.000 und 8.000.000. Ein Veranstalter muss glaubhaft machen können, dass sechs oder acht Millionen Zuschauer einschalten werden. Erst dann ist RTL offenbar bereit, Boxen auch zu zeigen. Solche Zahlen bringen aber eben nur die Klitschkos und noch ein Kampf zwischen Arthur Abraham und Robert Stieglitz oder Felix Sturm gegen Abraham oder Stieglitz.
An einem normalen Freitag- oder Samstagabend sind daher eher Sendungen zu sehen wie:
Geheimnisse der Körpersprache – Die Thorsten Havener Show, Familienduell Prominenten
Special und die Wiederholungen von Spielfilmen wie Mr. & Mrs. Smith und Lockout – also
Konfektionsware, die eine einigermaßen gute Quote bringen und außerdem nicht viel kosten. Es ist schon wirklich schade, dass
RTL nicht versucht, einen unattraktiven Sendeplatz zu finden, um dort dann gutes Boxen zu
zeigen. Gutes Boxen muss ja nicht teuer sein. Auch müsste man sich ja nicht an einen
Veranstalter binden. Man müsste nur Boxen zeigen wollen. Persönlich bin ich sogar davon überzeugt, dass
der Sender dabei dann sogar den einen oder anderen Boxer finden würde, der später die 6 oder 8
Millionen Zuschauer an einem Samstagabend an die Bildschirme lockt.
© Uwe Betker
Ungewohnte Bescheidenheit
Die Zeiten der großen Hallen scheinen für Universum Box-Promotion erst einmal vorbei zu sein. Nach dem Verlust des TV-Vertrages mit dem ZDF übt man sich in ungewohnter Bescheidenheit. Die nächste Veranstaltung am 19. November findet im eigenen Gym in Hamburg statt. Dabei wird gleichzeitig ein neues Konzept der Übertragung ausprobiert. Zunächst einmal wird der Kampf von dem eventuell zukunftsträchtigsten Boxer im Stall, Jack Culcay (6 Kämpfe; 6 Siege, 4 durch KO) von Bild.de im Internet übertragen. Dann werden die Kämpfe des früheren WBA Weltmeisters Ruslan Chagaev (28 Kämpfe, 26 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO, 1 Unentschieden), Denis Boytsov (27 Kämpfe, 27 Siege, 22 durch KO) und Rakhim Tschachkijew (6 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO) auf dem Sportspartensender SPORT 1, dem früheren DSF zu sehen sein. Außerdem werden noch der lang verletzte Machmut Charr genannt Manuel Charr (14 Kämpfe, 14 Siege, 7 durch KO) und Marcel Meyerdiercks (17 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO) kämpfen.
Wie man an dem TV Programm ablesen kann, setzt Klaus-Peter Kohl vorwiegend auf die Karte „schwere Jungs“. Bis auf Culcay, den Amateurweltmeister, und Meyerdiercks sind nämlich alle Schwergewichtler oder Cruisergewichtler. Die Überlegung, die dahintersteckt, ist wohl die: Habe ich einen Weltmeister im Schwergewicht, bekomme ich auch wieder einen lukrativen TV-Vertrag. Um dieses Ziel zu erreichen, hat Universum ihren Kader erheblich verkleinert. Viele bekannte Namen sind verschwunden. Andere werden ins Ausland geschickt, um dort zu boxen. – Noch vor Jahren wäre es kaum denkbar gewesen, dass Kohl einen Boxer auf einer anderen Veranstaltung boxen lässt.
Mit Chagaev hat Universum den Pflichtherausforderer des WBA-Weltmeisters David Haye (26 Kämpfe, 25 Siege, 23 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) unter Vertrag. Damit haben sie zumnidest eine theoretische Chance, einen Schwergewichtsweltmeister zu bekommen. Dementsprechend dürfte Klaus-Peter Kohl sehr froh darüber sein, dass seine ehemaligen Zugpferde, die Klitschkos, sich nicht dazu überwinden können, gegen Haye zu boxen. Was passiert aber, wenn Chagaev die in ihn gesetzten Erwartungen nicht erfüllt? Wie lange kann und will Kohl dann noch den Betrieb aufrecht erhalten? Aber was sagt man noch gleich über Totgesagte?
© Uwe Betker