Box-Blog

Posts Tagged ‘ungeschlagen

Eine Annäherung an das Phänomen Granit Shala

leave a comment »

Wer zum Profiboxen geht, d.h. zum Profiboxen außerhalb der Eventkultur der Arenen und Stadien, stolpert irgendwann über „Don“ Granit Shala. Er ist Veranstalter. Einem Artikel von 2013 zufolge ist er der jüngste Box-Promoter Europas. Er ist Gastronom im Ruhrgebiet und wird bald sein fünftes Restaurant eröffnen. Er ist Profiboxer. Er boxt im Super Weltergewicht und ist ungeschlagen. Alle seine sechs Profikämpfe hat er durch KO gewonnen. Und er ist so etwas wie ein Star in Albanien. Schon zweimal spielte er in albanischen Filmen mit, das eine Mal als „Don“ Granit, einen Boxer, und das andere Mal als Flüchtling. Unlängst war er Juror bei der Wahl der Miss Albanien und Miss Kosovo. Am 29.10.2016 wird er in Essen um zwei WBC Titel kämpfen, um den Europa Titel und den International Titel. Ein albanischer TV Sender überträgt. – Soweit die Fakten.
Die nackten Fakten erklären aber nicht, warum ein Boxer, der laut boxrec nur die Nummer 30 in Deutschland und die 1009 in der Welt ist, so viel Aufmerksamkeit bekommt. Um das Phänomen Granit Shala zu verstehen, muss man ihn in einen seiner Restaurants besuchen und ihn dort beobachten. Shala ist Vollblutgastronom. Er umsorgt sein Gäste, gibt ihnen, was sie möchten und vermittelt ihnen, dass er das, was er tut, gerne macht. Genau so ist er auch im Boxring.
Shala gibt seinen Zuschauern das, was sie möchten – nämlich eine Show. Welcher Boxer kommt schon zu einem Vierrunder in einem folkloristischen Kostüm in den Ring und lässt dann noch vorher ein Lied live singen? Wer würde so etwas überhaupt wagen? Aber genau so ist „Don“ Granit Shala. Die Zuschauer, die für ihn in die Halle kommen, wollen gar nicht sehen, wie zwei Boxer ihre Kräfte aneinander messen. – Das interessiert sie überhaupt nicht. Nein, sie kommen, um Shala seine Show machen zu sehen – und er gibt seinen Zuschauern auch, was sie wollen.
Nun gibt es jedoch wohl auch einige in der Profiboxszene, für die Shala ein rotes Tuch ist.
Ich kann mich an eine Veranstaltung erinnern, bei der Shala gegen einen Gegner boxte, den ich mir selbst auch zugetraut hätte. Nach dem Kampf kam ich mit einem Ehepaar ins Gespräch. Sie erzählten mir, dass sie öfter in ein von Shalas Restaurants zum Essen gehen, weil sie ihn persönlich mögen. Zum Boxen würden sie nur sehr selten gehen, aber für Shala würden sie es eben machen, weil sie ihn mögen. – Die Qualität des Gegners war denen vollkommen egal. Sie wollten eine Show mit Shala, und die bekamen sie. Also waren sie zufrieden. – „Don“ Granit Shala ist ein Phänomen.
© Uwe Betker

Eine gute Kampfansetzung: Derya Saki vs. Alicia Melina Kummer

leave a comment »

Am 31. Oktober 2015 wird es in Hamburg, im Universum Gym, einen viel versprechenden Frauenboxkampf zu sehen gegen. Die beiden ungeschlagenen Leichtgewichtlerinnen Derya Saki (7 Kämpfe, 7 Siege, 4 durch KO) und Alicia Melina Kummer (8 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO) werden gegeneinander antreten. Dabei geht es um den vakanten Weltmeistertitel der GBC. Man kann natürlich hinter diesen WM-Titel des Global Boxing Council ein Fragezeichen machen. Aber die Kampfansetzung ist gut.
Das Leichtgewicht ist in Deutschland gut besetzt. Nicole Wesner (11 Kämpfe, 11 Siege, 5 durch KO), Beke Bas (4 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO) und Alicia Melina Kummer sind die besten drei. Kummer rangiert auf Position 32 der unabhängigen Weltrangliste. Saki wird im Augenblick nicht in den Ranglisten geführt, weil sie mehr als ein Jahr nicht geboxt hatte. In ihrem letzten Kampf, am 03.05.2014, wurde sie aber immerhin auch schon mal Titelträgerin der GBC.
Bemerkenswert ist schon mal, dass hier zwei der ungeschlagenen Talente in Deutschland gegeneinander antreten, was selten ist. Allein das verspricht Spannung. Auch im Kampfstil passen die beiden zueinander. Die Lokalmatadorin Kummer hat sich zu einer respektierten Kämpferin, bzw. KO-Schlägerin entwickelt. Dabei sah es am Anfang ihrer Karriere eher danach aus, als wäre das Profiboxen nur ein PR-Gag. Sie stieg in den Ring als “Miss Schleswig Holstein” und ihr Profidebüt bei FFM Box Promotion in Kaarst, begeisterte mich nicht gerade, trotz KO. Aber die 27-jährige Kummer, die im Niedersächsischen Buchholz geboren wurde und nun in Hamburg lebt, betreibt das Profiboxen wohl doch ernsthaft. Sie hat einen richtig guten Punch, den sie schon mehrfach durch spektakuläre KOs unter Beweis stellte. Technisch ist sie, wie mir scheint, noch nicht ganz ausgereift. Das konnte man auch an ihrem letzten Kampf sehen, dem einzigen, der über die angesetzte Zeit ging.
Derya Saki ist eher eine Technikerin. Sie boxt ihre Gegnerinnen aus. Die 25-jährige Krefelderin Saki steigt nach einer fast eineinhalbjährigen Pause in den Ring. Sie bekam schlicht keine Kämpfe. Ihr Trainer Mannie Faber vermutet, dass die meisten Veranstalter Angst um ihre Boxerinnen haben, weshalb Saki so schwer Kämpfe bekommt. Saki ist eine gut ausgebildete Boxerin mit einem starken Jab. Sie hat auch Schlagkraft, ließ jedoch den Killerinstinkt manchmal vermissen. Faber plant schon für die Zukunft. Er will mit Saki, nicht zuletzt weil es in Deutschland so schwierig ist, für Kämpfe in die USA oder nach Südamerika gehen. Er geht davon aus, dass seine Boxerin sich dort durchsetzen wird. Dafür sollte sie aber den Kampf gegen Kummer gewinnen.
Wie schon gesagt, die Kampfansetzung Saki vs. Kummer ist wirklich gut. So was braucht das Frauenboxen in Deutschland, um attraktiver zu werden. Leider sind aber hiesige TV-Stationen zurzeit wohl nicht bereit, Frauenboxen zu zeigen.
© Uwe Betker