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Der Champion der Herzen – Felix Sturm
Letztens fiel mir ein Lexikon in die Finger. Da war zwischen Champignons, dem beliebten Speisepilz, und Champions League, dem Nachfolger des Europapokals der Landesmeister im Fußball, der Begriff Champion zu finden. Ein Champion ist laut diesem Lexikon: „früher: Kämpfer im Zweikampf, Vorkämpfer; heute: bes. erfolgreicher Sportler, Meister einer Sportart.“ Der Begriff „Champion“ wird oft als Synonym für Weltmeister benutzt, was aber nicht hilfreich ist. Vor allem auch beim Profiboxen gibt es Weltmeister, Junioren Weltmeister, Interims Weltmeister und was weiß ich nicht noch alles. Die WBA verändert ständig die Statuten, die die Vergabe des Titels „Super Champion“ regeln, so dass man gar nicht mehr nachkommt. Wenn ich es noch richtig zusammenbekomme, konnte zuerst nur Super Champion werden, wer auch in einem anderen Verband Weltmeister war. Danach konnte man diesen Titel auch tragen, wenn man den regulären Titel sieben Mal verteidigt hatte. Inzwischen kann man den Titel wohl erst tragen, wenn man in den letzten drei Kämpfen vorher zwei Mal verloren und ein Unentschieden erreicht hat.
Man kann nun natürlich darüber diskutieren, ob und was für ein Weltmeister bzw. Champion Felix Sturm (49 Kämpfe, 40 Siege, 18 durch KO, 5 Niederlagen, 1 durch KO, 3 Unentschieden) durch seinen letzten Sieg über Fedor Chudinov (14 Kämpfe, 14 Siege, 10 durch KO, 1 Niederlage) am 20.02.2015 in Oberhausen wurde. Er wäre dann der erste deutsche Fünfachweltmeister. Stichworte wären hier: Super Champion und Statuten der Word Boxing Association.
Man könnte aber auch hingehen und einfach aufhören, immer nur kleinlich auf Einhaltung von Regeln zu pochen, und jetzt mal alles entspannter und positiver sehen. Wieso addieren wir nicht einfach alle Titel von Sturm und fassen sie unter dem Begriff Champion zusammen.
Sturm errang am 08.03.2003 den IBF Youth Titel im Mittelgewicht.
– Einfachchampion.
Sturm wurde am 12.07.2003 WBO Inter-Continental Meister im Mittelgewicht.
– Zweifachchampion.
Sturm wurde am 13.09.2003 Weltmeister der WBO im Mittelgewicht.
– Derifachchampion.
Sturm wurde am 18.09.2014 WBO Inter-Continental Meister im Mittelgewicht.
– Vierfachchampion.
Sturm wurde am 11.03.2006 Weltmeister der WBA im Mittelgewicht.
– Fünfachchampion.
Sturm wurde am 28.04.2007 erneut Weltmeister der WBA im Mittelgewicht.
– Sechsfachchampion.
Sturm absolvierte am 04.09.2010 seinen ersten Kampf als Super Champion der WBA im Mittelgewicht.
– Siebenfachchampion.
Sturm wurde am 07.12.2013 Weltmeister der IBF im Mittelgewicht.
– Achtfachchampion.
Sturm wurde am 20.02.2015 durch einen Sieg in einem Boxkampf erneut Super Champion der WBA!
– Neunfachchampion.
Man könnte natürlich in der obigen Liste das Nomen Weltmeister suchen und zählen, wie oft es vorkommt, um herauszubekommen, wie häufig Felix Sturm denn nun Weltmeister war. Damit würde man sich aber dem Verdacht aussetzen kleinlich, regelversessen und neidisch zu sein. Man kann aber auch zu Recht sagen, dass Adnan Catic ein Neunfachchampion ist.
Wenn man sich aber die Reaktionen nach dem großartigen und unumstrittenen Sieg in Sturms Rückkampf gegen Chudinov ansieht, dann kommt man nicht umhin festzustellen: Felix Sturm ist der Champion der Herzen.
(C) Uwe Betker
0,3 Liter Wasser und ein Hallenverweis
Auch die großen Promoter schauen nun wohl stärker aufs Geld. Das hat unter anderem zur Folge, dass Vorkämpfer nicht mehr zu den After-Show-Partys zugelassen werden. Wie jetzt aber Vitali und Wladimir Klitschko zusammen mit ihrem Manager Bernd Bönte mit Boxern aus dem Vorprogramm umgehen, das setzt nun definitiv neue Standards.
Man kann davon ausgehen, dass ein Vorkämpfer im Vorprogramm eines Klitschko-Kampfes in Deutschland so um die 1.000 Euro Gage bekommt. Dafür darf er sich präsentieren, seinen Kampfrekord aufpolieren oder auch verlieren. Die Funktion von Vorkämpfen ist eine doppelte. Erst einmal sollen Boxer vom Veranstalter in Vorkämpfen aufgebaut werden. – Bauen aber die Klitschkos überhaupt Boxer auf? – Dann soll das Publikum in der Halle in Stimmung für den Hauptkampf gebracht werden. Boxfans haben normalerweise großen Respekt vor Vorkämpfern, denn sie wissen, dass hier Menschen sind, die für wenig Geld viel riskieren. Aber offensichtlich haben nicht alle diesen Respekt.
So schwärmten kurz vor der WBC-Weltmeisterschaft im Schwergewicht zwischen Viatli Klitschko und Odlanier Solis Ordnungskräfte aus, um die Vorkämpfer und deren Betreuer aus der Halle zu verweisen. Bis jetzt war es allgemein üblich, dass sie sich auf freie Plätze setzen konnten, oder sie stellten sich irgendwo hin, um auch den Hauptkampf zu sehen. Diesmal wurde ihnen dies verboten, und sie mussten die Halle räumen. Auf Nachfragen wurde von den Ordnern geantwortet: „Anordnung von Herrn Bönte!“ So waren dann alle, die das Programm des Abends bis dahin gestaltet hatten, gezwungen, den Hauptkampf auf den Fernsehschirmen in den Kabinen zu verfolgen.
Wenn wir nun schon einmal dabei sind, einen Vorkämpfer in seine Kabine zu begleiten, können wir uns direkt auch einmal umsehen. Dass Vorkämpfer sich die Kabine teilen, ist allgemein üblich. Üblich ist weiter, dass in den Kabinen viele Getränke stehen, einfach um zu gewährleisten, dass die Boxer ihren Flüssigkeitsverlust ausgleichen können. Bei dieser Veranstaltung war aber auch das anders. Diesmal waren die Getränke (Wasser) rationiert. Wenn man die jeweiligen Betreuer mit einrechnet, wurde jedem Boxer eine Ration von 0,3 Liter Wasser zum Trinken vom Klitschko-Management zur Verfügung gestellt. – Haben die Gebrüder Klitschko nicht erst vor kurzem einen lukrativen Werbevertrag mit einen Getränkehersteller abgeschlossen?
Sowohl den Hallenverweis als auch die Rationierung des Wassers finde ich empörend. Ich frage mich, was Vitali und Wladimir Klitschko und ihr Manager Bernd Bönte von ihren Vorkämpfern wohl so halten, dass sie sie so behandeln?
© Uwe Betker