Posts Tagged ‘WIBA’
Gastbeitrag: Essener Boxing Fight Night „The Return“
Özlem Sahin ist neue WIBA Weltmeisterin im Mini Fliegengewicht. Sie sicherte sich den vakanten Titel in zehn Runden gegen die Französin Anne Sophie da Costa. Außerdem feierte auf der Vierten Essener Boxnacht der Lokalmatador Patrick Korte ein souveränes Comeback im Schwergewicht.
Es war der erwartet schwere Schlagabtausch, und er ging über die gesamte Distanz. Doch letztendlich gewann Özlem Sahin verdient gegen die aufopferungsvoll kämpfende Französin mit dem klingenden Namen Anne Sophie da Costa nach einstimmigem Urteil. Dementsprechend groß war die Freude in der Ecke der 42-jährigen neuen WIBA Weltmeisterin bis 47,6 kg. Dort waren die Chancen auf einen Titelgewinn vor dem ersten Gongschlag nämlich mit 50:50 bewertet worden. Doch hätte das Pendel überhaupt in die Richtung der 36-jährigen Linksauslegerin aus Reims ausschlagen können? Eher nein. Zwar drückte sie beizeiten aufs Tempo und setzte Sahin auch unter Druck, so dass die sechs Jahre jüngere Französin durchaus vier Runden für sich entscheiden konnte, schaffte es aber nicht, ihre Kontrahentin wesentlich zu verunsichern oder gar in zu große Bedrängnis zu bringen. Nur in den ersten beiden und in der siebten sowie achten Runde, machte Costa deutlich, dass sie durchaus den Titel mit nach Frankreich nehmen wollte. Sie versäumte es aber, den Kampf in seiner Gesamtheit zu dominieren.
Sahin dagegen zeigte sich gut vorbereitet, variierte während des Kampfes Tempo und Distanz und hatte nach anfänglichen Schwierigkeiten – zu häufiges Ausweichen über Costas Schlaghandseite – das Geschehen im Viereck ab der dritten Runde weitestgehend unter Kontrolle. Ein um das andere Mal zog sie rückwärtsgehend ihre Gegnerin mit sich, um sie plötzlich abzufangen und mit präzisen Stößen zu stoppen. Im Verlaufe des Kampfes platzierte sie sogar einige schöne Aufwärtshaken am Kinn der Französin.
Warum die neue Titelträgerin dagegen in der Mitte der zweiten Kampfhälfte die Zügel schleifen ließ, wird wohl ihr Geheimnis bleiben, denn Costas Führhand fand plötzlich häufiger ihr Ziel, was Sahin sichtlich verunsicherte. Mehrmals gingen ihre Blicke in ihre Ecke, wo ihr Trainer Sebastian Tlatlik sie lautstark unterstützte und verstärkt auf ihre Distanzprobleme hinwies. Zu diesem Zeitpunkt war der Titel nämlich noch nicht eingetütet. Erst ab der neunten Runde schaffte es Sahin wieder, eine akzeptable Kampfdistanz zu finden und ihrer Gegnerin den Schneid abzukaufen. Dass in der letzten Runde beide Kämpferinnen nochmal das Letzte aus sich herausholten, liegt in der Natur des Boxsportes. Doch nur eine Verletzung oder ein Knockout hätten zu diesem Zeitpunkt den Titel nach Frankreich gehen lassen.
Mit einem Unentschieden musste sich dagegen der Kölner Rene Oeffner zufrieden geben. Der Rechtsauslager bekam es mit dem ungeschlagenen Artur Shevchuk zu tun, der sich die Punkteteilung redlich verdiente. Immer wieder setzte er den 22-jährigen Kämpfer vom May Boxing mit Serien und Kombinationen unter Druck, die zwar ihre Wirkung verfehlten, Oeffner aber kaum Möglichkeiten boten, seinerseits die Initiative zu ergreifen. So blieben dem Kölner nur vereinzelte Führ- oder Schlaghände als Aktionen. Die trafen zwar ihr Ziel, waren aber – im wahrsten Sinne des Wortes – ohne durchschlagenden Erfolg. „Ballere rein“, coachte Rüdiger May schließlich in der Pause zur letzten des auf sechs Runden angesetzten Kampfes. Eine Aufforderung, die leider ungehört verhallte.
Apropos Hall. Als Patrick Korte am Sonntag Morgen erwachte, hallten bestimmt noch die zahlreichen Glückwünsche in seinen Ohren wider, die er im Anschluss an seinem erfolgreichen Kampf hörte. Nach zehn Schwergewichtsrunden durfte der Essener Lokalmatador am Vorabend stolz und zufrieden seine Arme in die Höhe strecken. Dieser Punktsieg über Edson Cesar Antonio könnte der Karriere des 35-jährigen, der gut trainiert war, nun die erhoffte positive Wendung geben.
Der Kampf stand deutlich unter der Devise, Sicherheit zuerst, keine Experimente. So beließ es das Boxer-Trainer Gespann, Korte-Tlatlik, an diesem Abend bei drei einstudierten Aktionen, die letztendlich für den 41-jährigen Brasilianer ausreichten. Der Sieg war somit zu keinem Zeitpunkt gefährdet. Für weitere Herausforderungen wird sich der Linksausleger Korte allerdings steigern und dabei weniger auf Couching, dafür mehr auf seinen Instinkt setzen müssen. Dass er diesen hat, bewies er in früheren Kämpfen mehrfach.
(C) Manfred Fammler
Eine Feier in Holzminden
Die Veranstalter Tiemo Dau (Pankra Promotions) und Wjatscheslaw Tschibisow (ITS Promotion) wählten die wunderbare Stadthalle in Holzminden aus, um dort am 20.09.2014 eine Veranstaltung mit acht Kämpfen auf die Beine zu stellen. Die Halle ist ein wunderbarer Ort für Boxveranstltungen. Lüster hängen von der Decke. Rund um den Ring standen Tische für die VIPs. Dahinter waren Stuhlreihen und noch mal dahinter Stehplätze. Auf der Bühne und auf der u-förmigen Empore waren noch weitere Stuhlreihen aufgestellt. Von überall hatten die ca. 400 Zuschauer – damit war die Halle fast ausverkauft – einen guten Blick auf das Geschehen im Ring.
Den ersten Kampf des Abends bestritten im Junior Weltergewicht Ilhami Aydemir (1 Kampf, 1 sieg, 1 KO), der sein Debüt gab, und Kemal Mevilda (3 Kämpfe, 3 Niederlagen, 3 durch KO). Aydemir zeigte, in den exakt eineinhalb Minuten, die der Kampf dauerte, gutes Boxen, sofern man das in der Kürze der Zeit beurteilen kann. Mevilda rutschte bereits nach wenigen Sekunden aus und verletzte sich den rechten Fuß. Er wurde angezählt und stellte sich wieder zum Kampf. Kurze Zeit später ging er erneut zu Boden, diesmal nach einen rechten Körperhaken. Wieder wurde er angezählt und wieder stellte er sich zum Kampf. Aber schon ein paar Sekunden später ging er erneut zu Boden. Leider kann ich nicht sagen, welcher Schlag ihn endgültig gefällt hat, denn der Ringrichter versperrte mir die Sicht. Er brach den Kampf dann auch ab.
Im zweiten Kampf, der im Schwergewicht ausgetragen wurde, trafen Taras Varava (10 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 6 Niederlagen, 4 durch KO) und Milan Janjic aufeinander. Varava boxte kompakt und begann verhalten. Janjic, ein Rechtsausleger, boxte clever und entzog sich bedrohlichen Situationen immer wieder gut. Er versuchte mit Körpertreffern zum Erfolg zu kommen. Die erste Runde war ausgeglichen. Im zweiten Durchgang erhöhte Varava den Druck und kam öfters durch. Nach etwas mehr als einer Minute traf er Janjic mit einer Rechten zum Körper. Dieser knickte ein und ging dann zeitversetzt zu Boden. Nach 1:15 war der Kampf zu Ende. Janjic hatte einen Krampf im Oberschenkel und musste im Ring behandelt werden. Es ist ein erstaunlicher Anblick, wenn man sieht, wie ein solch großer Muskel, wie der des Oberschenkels, langsam immer größer, um dann wie aufgebläht zu verkrampfen. Um es deutlich zu sagen: Beide Verletzungen, so seltsam sie auch aussahen, waren real und nicht geschauspielert. Wenn zwei Boxer nach so kurzer Zeit aussteigen, dann wirkt das auch leicht verdächtig.
Es folgte das Aufeinandertreffen von Iko Dzatic (10 Kämpfe, 8 Siege, 8 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) und Aldin Avdic (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), ebenfalls im Schwergewicht. Dzatic war zwar der Dominante, aber auch Avdic hatte seine Momente und war nicht ungefährlich. Avdic zeigte gutes Meidverhalten. In der zweiten Runde wurde Dzatic stärker und brachte sein Gegenüber immer mehr in Bedrängnis. Am Ende der Runde versuchte Avdic durch Faxenmachen zu kaschieren, dass die Schläge, die einstecken musste, ihm doch ganz schön zusetzten. Zum Ende der Runde gab es noch eine unschöne Aktion, als Avdic offensichtlich nach dem Schlussgong absichtlich noch nachschlug. Zu Beginn der dritten Runde gab er dann allerdings wegen einer angeblichen Schulterverletzung auf. TKO 3 nach 10 Sekunden.
Der vierte Kampf war dann aber ein richtiger Knaller. Omar Siala (43 Kämpfe, 23 Siege, 10 durch KO, 17 Niederlagen, 11 durch KO, 3 Unentschieden) traf im Junior Mittelgewicht auf Nikola Ivkovic (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage, 1 durch KO). Ivkovic startete wie ein Wirbelwind. Er deckte Siala mit einem Schlaghagel zu Körper und Kopf nur so ein. Schon nach kurzer Zeit konnte der sich jedoch frei machen und deckte nun seinerseits seinen Gegner mit Schlägen ein. Siala boxte überlegt und souverän. Ein KO lag in der Luft. Immer wieder kam er mit seinem sehr schnellen Jab durch die Doppeldeckung durch. Siala bekam sogar, als er bei einem von dessen wilden Angriffen vom Gegner weg tanzte, Szenenapplaus. Ivkovic erodierte im Laufe des Kampfes zusehends. Er versuchte es weiter mit wilden Angriffen, Schulterschlagen, tiefem Abtauchen und wilden Schwingern – aber Siala boxte souverän. In der vierten Runde hatte Siala seinen Gegner, der aus der Nase blutete, soweit. Immer wieder kam er mit harten Kombinationen zum Kopf durch. Dann stellte er ihn in der eigenen Ecke und ließ ihn nicht mehr heraus. Er deckte ihn mit Schlägen zu Körper und Kopf ein, bis Ivkovic dann auf die Knie ging. Dort gab er dann auch auf. TKO 4 nach 1:35 Minuten. Ein toller Kampf.
Es folgte nun die Pause. Auf speziellen Wunsch eines Kollegen möchte ich hier noch ein paar Worte über die zwei sehr aparten blonden Nummerngirls verlieren. Beide trugen schwarze Minikleider und hochhackige schwarze Schuhe. Eine der Damen hatte ein Strumpfband mit Pistole auf den rechten Oberschenkel tätowiert. Hinzu kamen noch zwei tätowierte Schleifen, hinten, weiter oben auf dem Oberschenkel. Dann noch eine kleine Kreuztätowierung an der Fessel. Das linke Bein war mit einem großflächigen floralen Muster verziert. Natürlich fanden beide schnell ihre Fans, die sie in jeder Ringpause freudig begrüßten. In den Ringpausen der Frauenkämpfe gab es übrigens einen Nummernboy, der die Karten hochhielt. Er trug Jeans, Turnschuhe und einen nackten Oberkörper. Mehr kann ich zu ihm nicht sagen, weil ich zu sehr mit meinen Notizen beschäftigt war. Auch er hatte seine lautstarken Fans.
Der folgende Kampf im Mittelgewicht zwischen Florian Wildenhof (21 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) und Darko Knezevic (7 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 4 Niederlagen, 4 durch KO) war ähnlich gut wie der vorangegangene. Wildenhof boxte überlegt und präzise hinter seiner Doppeldeckung agierend. Knezevic versuchte ihn mit wilden Angriffen aus dem Konzept zu bringen. Wildenhof errang dennoch in der zweiten Runde die komplette Kontrolle über das Geschehen im Ring. Immer wieder kam er mit seinen linken Graden und seinen rechten Kopfhaken durch. Am Ende der Runde schien Knezevic zu wackeln. Anfangs der folgenden Runde traf Wildenhof den linken Ellenbogen seines Gegenübers. Knezevic ging runter und wurde angezählt. Zwar kam er noch einmal hoch, aber das Ende war besiegelt. Wildenhof kam immer wieder hart mit der Rechten durch und stellte Knezevic in dessen Ecke, wo er erneut zu Boden musste. Es folgte ein rechter Haken, der ihn wieder zu Boden gehen ließ. Auch nach dem dritten Niederschlag stellte der tapfere Knezevic sich noch einmal zum Kampf. Ein unvorbereitet geschlagener Leberhaken fällte ihn dann aber endgültig. KO 3 nach 2:20 Minuten.
Es folgten zwei WM Kämpfe von Frauen. Natalia Smirnova (9 Kämpfe, 9 Siege, 6 durch KO) trat gegen Hasna Tukic (6 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) an. Smirnova ist Weltmeisterin der WIBA (Women’s International Boxing Association), der UBO (Universal Boxing Organization) und der GBU (Global Boxing Union) im Super Federgewicht. In diesem Kampf ging es um den vakanten Titel der WBU (World Boxing Union, deutsche Version). Für Tukic, die den Kampf kurzfristig angenommen hatte, weil die ursprünglich geplante Gegnerin kurzfristig erkrankt war, kam der WM Kampf deutlich zu früh. Smirnova, die bessere und vollständigere Boxerin hatte, wann immer der Kampf in der langen Distanz geführt wurde, keinerlei Probleme. Zu gut war ihre Führhand und zu präzise die nachgezogene Rechte. Probleme bekam sie, wenn ihr Tukic den Infight aufzwang. Dort brachte Tukic meist eine Hand mehr ins Ziel. Aber mit zunehmender Kampfdauer baute Tukic immer stärker ab und die Dominanz von Smirnova wurde immer größer. Tukic musste immer mehr und immer härtere Treffer nehmen. In der vierten und fünften Runde wurde der Kampf unschön einseitig. Der Trainer von Tukic versäumte es, das Handtuch zu werfen, um das ungleiche Duell zu beenden und seine Boxerin zu schützen. Als Tukic nach der fünften Runde in ihre Ecke kam, wurde sie sogar von ihrem Trainer geohrfeigt. – Was ich von Männern halte, die Frauen schlagen, möchte ich hier nicht ausführen. – In der sechsten Runde bekam Tukic noch weiter Prügel und ging dann endlich nach 1:25 KO. Mein Respekt vor der sportlichen Leistung ist beiden Boxerinnen sicher. Natalia Smirnova ist eine gute Weltmeisterin. Und die Zeit von der mutigen und tapferen Hasna Tukic wird schon noch kommen, wenn sie einen Trainer findet, der auf sie aufpasst, sie aufbaut und auch respektiert.
In dem folgenden WM Kampf traten Nikki Adler (13 Kämpfe, 13 Siege, 8 durch KO) und Rita Kenessy (14 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 10 Niederlagen, 4 durch KO) gegeneinander an. Kenessy, die auch kurzfristig für die erkrankte Gegnerin eingesprungen war, hatte keine Chance und war hoffnungslos überfordert. So war der ganze Kampf, der etwas mehr als drei Runden dauerte, denn auch eine einzige Nikki Adler-Show. Adler, die amtierende Weltmeister der WIBA, WBU (deutsche Version), WBC (World Boxing Council) und WBF (World Boxing Federation) bestimmte das Geschehen im Ring nach Belieben. Ihre Deckung war stabil, ihre Führhand und ihre Schlaghand schnell und präzise. Hat Adler überhaupt einen Treffer nehmen müssen? Ich weiß es nicht. Zumindest habe ich keinen gesehen.
Kenessy, die von ihrem sie wohl liebenden Mann trainiert wird, musste in dieser einseitigen Begegnung viel nehmen. In der zweiten und dritten Runde fiel sie vor Erschöpfung zu Boden, wurde aber nicht angezählt. Ihr Trainer wollte sie einfach nicht aus dem Kampf nehmen. Zu Beginn der vierten Runde stellte Adler sie dann in einer Ecke und gab ihr den Rest. Nach vier, fünf Treffern ging sie zu Boden und wurde ausgezählt. KO 4 nach 25 Sekunden. Mit diesem Sieg verteidige Adler ihren WBU Titel.
Den Hauptkampf des Abends bestritt die Nummer 11 der WBA Rangliste im Schwergewicht Mark de Mori (31 Kämpfe, 27 Siege, 24 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO, 2 Unentschieden). Der australische Schwergewichtler traf auf Marino Goles (18 Kämpfe, 16 Siege, 14 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO). Dabei ging es erneut auch um den WM Titel der WBU, aber es ging vor allem darum, Mori in den Ranglisten weiter nach vorne zu bringen.
Mori boxte aufreizend lässig. Seine Rechte hielt er zum Abschuss bereit am Kinn und seine linke Führhand ließ er fallen. Immer wieder schlug er blitzschnell mit seiner Linken zu. In der ersten Runde benutze er seine Rechte kein einziges Mal. Er deklassierte Goles geradezu. Und der fand das gar nicht lustig. Am Ende der Runde kam es zu einem Gerangel und Goles schlug noch mehrfach nach dem Gong zu. Als der Ringrichter Arno Pokrandt dazwischen ging, tat er ganz unschuldig so, als hätte er nichts gehört. Aber nun war das Muster für den Rest des Kampfes festgesetzt. Goles wollte entweder mit seinen Fouls durchkommen oder sich disqualifizieren lassen, gegen Mori boxen und untergehen, wollte er aber offenbar nicht. Entsprechend boxte Goles dann auch. Er ignorierte praktisch alle Break-Kommandos, stieß mit Ellenbogen und mit dem Kopf und garnierte das Ganze noch mit Wrestlingeinlagen. Mori blieb erstaunlich kühl und boxte, soweit es ging weiter. Goles kassierte in der zweiten Runde zwei Punktabzüge für absichtliches Schlagen nach dem Break-Kommando. In der dritten Runde folgte dann folgerichtig die Disqualifikation nach 1:16 Minuten. Marino Goles hatte sich dem Kampf und der boxerischen Niederlage erfolgreich entzogen. Dem Publikum gegenüber war das schon sehr unfair.
Die Veranstaltung in Holzminden war rundum gelungen. Die Halle war schön, die Kampfpaarungen war gut, es gab keine Fehlurteile und die Zuschauer hatten ihren Spaß. Was kann man von einer Profiboxveranstaltung dieser Größe mehr verlangen? Nichts! Es war einfach ein gelungener Abend mit einer Feier.
© Uwe Betker
Christina Hammer, Manfred Küchler und das Boxen in Deutschland
Eigentlich sollte der Kampf zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ein Höhepunkt in der Karriere von Hammer werden. Es wurde auch ein Höhepunkt, aber anders als geplant. Geplant war, dass Hammer, die bereits WBO und WBF Weltmeisterin im Mittelgewicht ist, im Hauptkampf, den sie in der Anhalt Arena in Dessau bestritt, nun auch Weltmeisterin im Junior Mittelgewicht der beiden Verbände werden sollte. Der World Boxing Organization Titel war dabei vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten.
Mathis als Gegnerin schien eine gute Wahl. Sie kommt aus dem Junior Weltergewicht, wo sie Europameisterin und WBA Weltmeisterin war. Dann stieg sie auf ins Weltergewicht wo sie WBF, WIBF und WIBA Weltmeisterin wurde. In dieser Gewichtsklasse schlug sie auch die große Holly Holm (02.12.2011). Im Rückkampf (15.05.2012) unterlag sie. Diese Niederlage qualifizierte sie dann allerdings dazu, vier Monate später, gegen Cecilia Braekhus (22.09.2012) antreten zu dürfen. Auch in diesem Kampf unterlag sie. Mehr als ein halbes Jahr später (06.06.2013) boxte sie gegen Yajaira Hernandez und wurde wieder Weltmeisterin, diesmal im Junior Mittelgewicht nach Version WBO. Hernandez hatte bis dahin viermal um einen WM Title gekämpft und viermal verloren, auch gegen Christina Hammer (07.09.2012).
Anne Sophie Mathis als Gegnerin für Christina Hammer zu holen, war eine kluge Entscheidung von SES Boxing. Sie ist bereits 37 Jahre alt und hat, so könnte man meinen, ihre beste Zeit als Boxerin schon hinter sich. Zwei ihrer drei letzten Kämpfe hat sie verloren, und ihren letzten gewann sie gegen eine relativ schwache Gegnerin. Die über einjährige Pause sollte ihr eigentlich auch nicht gut getan haben. Aber der Kampf entwickelte sich anders als erwartet und geplant.
Mathis begann aggressiv. Sie agierte von der Ringmitte aus. Hammer kreiste um sie herum und arbeitete mit ihrer Führhand. Sie versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Einmal klemmte sie die Führhand der Titelverteidigerin ein und ließ sich mit der Rechten gegen den Kopf schlagen, bis der Ringrichter Manfred Küchler „Break“ rief. Schon hier reagierte Küchler falsch und an der Realität im Ring vorbei, denn anstatt Hammer für ihr Einklemmen der Faust zu verwarnen, maßregelte er die Französin für Halten und gleichzeitiges Schlagen. Im Nachhinein, wo jeder klüger ist, kann man feststellen, dass sich der KO von Hammer schon hier andeutete. Der Rest der Runde ging klar an Hammer, was dann zum Gewinn dieser Runde gereicht haben müsste.
In der zweiten Runde erhöhte Mathis den Druck und versuchte Hammer den Infight oder den Kampf in der Halbdistanz aufzuzwingen. Hammer ihrerseits versuchte dies durch Klammern und Halten zu unterbinden. Obwohl Hammer die bessere Boxerin ist, ging die Runde wohl an Mathis. Die folgende Runde ging dann vermutlich wieder an Hammer. Aber auch hier hielt sie die Linke von Mathis fest und ließ sich so lange von ihr mit der Rechten schlagen, bis Küchler mit einem „Stopp!“ die Aktion unterbrach. Der nachfolgende Durchgang wurde noch härter geführt. Hammer schaffte es nicht, sich mit ihrer Führhand ihre Gegnerin vom Hals zu halten. Trotz Klammerns und Haltens wurde sie immer wieder in einen Schlagabtausch gezwungen. Gleichwohl dürfte diese sehr enge Runde an sie gegangen sein.
Die mittlerweile berühmte fünfte Runde begann mit einem Angriff von Mathis, der Hammer nach hinten in die Seile zurückweichen ließ. Hammer konnte ihre Gegnerin zwar wegdrücken, aber Mathis griff weiter an. Und wieder klemmte Hammer die Führhand von Mathis ein und wie schon zweimal zuvor schlug Mathis, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der Ringrichter „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die schließlich zu Boden sank. Ein guter und unparteiischer Ringrichter wäre nun hingegangen, hätte Hammer ausgezählt und dafür gesorgt, dass die Betreuer sich schnell um die KO- Gegangene kümmern könnten. – Nicht aber BDB Ringrichter Manfred Küchler. Vielmehr folgte die große Manfred Küchler Show.
Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Dann gab er Hammer Zeichen, sie solle wieder aufstehen. Sodann versuchte er, ihr aufzuhelfen. Hammer schaffte es aber nicht hochzukommen, es gelang ihr gerade mal, eine sitzende Position einzunehmen. Nun rief Küchler „Time“, um die Uhr anzuhalten. Dann ging er etwas im Ring spazieren, um wieder zu Christina Hammer zu gehen und sie noch mal aufzufordern aufzustehen. Als sie es versuchte, ging sie wieder zu Boden. Nun zeigte Küchler an, Hammer sei durch einen Schlag auf den Hinterkopf gefällt worden. Es kamen dann auch Betreuer von Hammer in den Ring, um ihrem schwer angeschlagenen und noch wankenden Schützling beizustehen. Als Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, sich darüber beschwerte, seine Boxerin sei durch einen Ellenbogenschlag niedergestreckt worden, schien Küchler diese Auffassung auch gleich zu übernehmen. Jedenfalls zeigte er einem Punktrichter einen Ellenbogenschlag an. Küchler disqualifizierte Mathis.
Um es noch deutlicher zu sagen: Anne Sophie Mathis hat Christina Hammer absolut regelkonform KO geschlagen. Selbst wenn ein Schlag von fünf nicht die Schläfe, sondern den Hinterkopf getroffen haben sollte, ist dies noch kein Grund, sie zu disqualifizieren. Schließlich war es Hammer, die gefoult hatte, indem sie die Faust ihrer Gegnerin einklemmte. Nun könnte man argumentieren, der arme Manfred Küchler sei etwas überfordert gewesen, hätte einfach ein wenig den Überblick verloren und daher so konfus reagiert. Seltsam an Küchlers Agieren war nur, dass er das Naheliegende, nämlich Hammer auszuzählen, nicht machte. Es sah vielmehr so aus, als wollte er alles nur Erdenkliche tun, um Hammer nicht verlieren zu lassen. Zwar könnte man versuchen, das Handeln von Küchler zu rechtfertigen durch Stress, Überforderung, Unterzuckerung oder irgendetwas anderes. Tatsache ist jedoch, dass Küchler ein Wiederholungstäter ist.
Bereits am 14.10.2011 versuchte er, einem Heimboxer eine Niederalge zu ersparen. Damals boxten im Schwergewicht Alexander Petkovic und Cisse Salif gegeneinander. Es ging in dem Kampf um den vakanten WBA International Titel. Petkovic wirkte unmotiviert und untrainiert. Das wäre nun aber noch kein Problem gewesen, denn Salif ist am Ende seiner Karriere wohl nicht in den Ring gestiegen, um zu gewinnen. In den ersten drei Runden machte er dann auch wenig. In der vierten Runde jedoch kam er mit einer rechten Grade zum Kopf durch und Petkovic ging schwer zu Boden. Küchler zählte ihn an. Wenig später ging Petkovic wieder runter und wurde wieder von Küchler angezählt. Salif nahm nun Tempo raus, schlug ein paar halbherzige Jabs und vermied es, die Rechte einzusetzen. So schaffte es Petkovic eineinhalb Minuten zu überstehen.
In der folgenden Runde konnte man dann eine Manfred Küchler Show bewundern. Den ersten Körperhaken nahm Küchler zum Anlass für einen Punktabzug wegen Tiefschlags. Diesen Tiefschlag hat aber nur er gesehen, wenn er ihn denn sah. Aber wie heißt es: The show must go on. Ein kurzer linker Haken zum Kopf fällte wenige Sekunden später Petkovic erneut. Küchler fing nicht an zu zählen. Er ließ sich Zeit. Er gab Petkovic viel Zeit, um dann Salif erneut wegen Tiefschlagens einen Punkt abzuziehen. – Muss man noch erwähnen, dass es keinen Tiefschlag gab? Aber es wurde noch absurder. Wieder wenige Sekunden später zwangen ein linker und ein rechter Haken zum Kinn Petkovic erneut zu Boden. Küchler zählte wieder nicht, sondern gab dem angeschlagenen Boxer Zeit sich zu erholen. Und dann ermahnte er auch noch Salif – wofür auch immer! Er drohte ihm sogar mit Disqualifikation. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Der Ringrichter Manfred Küchler ermahnt einen Boxer und sagt ihm, er werde ihn disqualifizieren, wenn er seinen Gegner noch mal durch einen oder mehrere Schläge zum Kopf niederschlägt!
Anfang der sechsten Runde ging Petkovic dann auch tatsächlich wieder zu Boden, nachdem er eine Links-Rechts-Kombination zum Kopf nehmen musste. Küchler zählte ihn – man muss schon sagen, überraschenderweise – sogar an. Wenige Sekunden später musste Petkovic nach einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken aufs Knie runter. Er stand auf und ging in seine Ecke, um sich zu beschweren, was normalerweise als Aufgabe zu werten gewesen wäre. Aber es stand ja Manfred Küchler im Ring und der disqualifizierte Salif für wiederholtes – imaginäres – Tiefschlagen.
Nachdem Manfred Küchler also schon im Oktober 2011 eine der skandalösesten Ringrichterleistungen aller Zeiten gezeigt hatte, tat er sich also am 26. Juli 2014 erneut hervor. Küchler hat dem Ansehen des Boxens in Deutschland massiven Schaden zugefügt. Vermutlich hat er das nicht gewollt. Er wollte sicher nicht als der wohl schlechteste deutsche Ringrichter dastehen – und die Konkurrenz in Deutschland ist da schon hart. Er wollte wohl nur dem Veranstalter zu Diensten sein und dem Heimboxer/der Heimboxerin zum Sieg verhelfen. Er wollte vermutlich das Boxen in Deutschland beschützen – vermutlich. Mit Sicherheit aber will er weiter zu Veranstaltungen eingeladen werden, ein Wochenende in einem guten Hotel, in einer schönen Stadt verbringen und dabei noch Geld verdienen. Aber gerade das zerstört eben die Glaubwürdigkeit des Profiboxens. Ringrichter wie Manfred Küchler schaden dem deutschen Boxsport.
An dieser Stelle müssen sich nun auch Veranstalter und TV Sender die Frage gefallen lassen, weshalb sie Ring- und Punktrichter akzeptieren bzw. einladen, die in dieser Form Boxer oder Boxerinnen um ihren Sieg gebracht haben. Ehrlicherweise sollte man das Kind nun auch beim Namen nennen: Es ist davon auszugehen, dass es Punkt- und Ringrichter gibt, die korrupt sind und die betrügen. Mir sagte mal ein Punktrichter im Vertrauen: „Ich will auf Veranstaltungen eingeladen werden. Deswegen punkte ich so.“ Es gibt Veranstalter, die die Chuzpe haben zu behaupten, sie könnten nichts für die Punkt- und Ringrichter, weil die ja vom Verband kommen. Ich kann hierin nur den Versuch erkennen, die Öffentlichkeit anzulügen. Natürlich kann ein Veranstalter Punkt- und Ringrichter ablehnen. Aber warum tauchen dann denn immer wieder dieselben Offiziellen, die für ihre Heimurteile bekannt sind, an den Ringen auf. Jeder Veranstalter, der einen Ring- oder Punktrichter wie Manfred Küchler akzeptiert – und Küchler steht für mehrere Andere – setzt sich dem Verdacht aus, dass er im Notfall lieber eine „Küchler Show“ haben will, als seinen Boxer oder seine Boxerin vielleicht verlieren zu sehen.
Zurück zu Christina Hammer. Auch nach dem Kampf zeigte sie kein sehr souveränes Verhalten. Offensichtlich fühlte sie sich als Siegerin. Auch als sich die Empörung der Boxfans weltweit immer lauter Luft machte, blieb sie bei ihrer Sichtweise. Sie schrieb auf ihrer Facebookseite:
Liebe Fans und liebe Boxsportfreunde,
Nachdem ich mir die Situation im Kampf vom Samstag nochmals auf Video ansehen konnte und mich etwas erholt habe, möchte ich gerne folgendes Statement abgeben.
Ich habe mich hart auf diesen Kampf vorbereitet und habe mich sehr darauf gefreut. Anne Sophie Mathis ist eine sehr erfahrene Boxerin und sie war am Samstag ebenfalls sehr fit. Jedoch erwischte ich den besseren Start und konnte in den ersten vier Runden meine Gegnerin beherrschen. Ich traf oft und deutlich, so dass ich in den ersten vier Runden auf allen drei Punktzetteln mit 40:36 vorne lag.
In der fünften Runde kam es zur Disqualifikation der Gegnerin und das nicht ganz ohne Grund. Mit ihrer rechten Hand hatte sie mir mehrmals zwischen Ohr und Hinterkopf getroffen, wobei der letzte Schlag direkt auf den Hinterkopf war. Ich möchte hier betonen, das ist Profiboxen, kein MMA.
Ich bin Boxerin, aus voller Überzeugung und mit echtem Herzblut. Ich trainiere hart, unerbittlich und ich gehe in den Ring um alles zu geben und dies habe ich auch hier getan.
Ich bin kein Promotor, kein Manager, kein Ringrichter und kein Offizieller. Ich habe das Urteil bei meinem Kampf nicht getroffen. Ich kann verstehen, dass manche Fans aufgebracht sind und unzufrieden mit dem Ausgang des Kampfes sind. Jedoch freue ich mich gleichfalls, wenn man hier fair bleibt und nicht mir das Urteil vorwirft. Denn damit habe ich nichts zu tun und trage auch nicht die Verantwortung. Hätte der Ringrichter dies nicht gesehen, dann wäre ich die Leidtragende gewesen, er hätte die Hand meiner Gegnerin zum Sieg gehoben. Fehlurteile passieren leider in jeder Sportart, aber die Disqualifikation von Mathis war definitiv kein eindeutiges Fehlurteil.
Ich habe den Kampf gegen Mathis natürlich nicht so gewonnen, wie ich ihn gewinnen wollte, aber ich habe den Kampf mit Sicherheit nicht verloren. Disqualifikation kommt im Profiboxen nicht oft vor, aber auch dies gehört zu den möglichen Urteilen in unserem Sport und nach meinen bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfen, bin ich ein Teil eines derartigen Kampfes geworden. Das Urteil habe ich jedoch nicht zu verantworten!
Bereits im Ring habe ich meiner Gegnerin einen Rückkampf von meiner Seite aus versprochen und hoffe sehr, dass es dazu kommt. Ich möchte nochmals gegen Anne Sophie boxen und der Boxwelt zeigen, dass ich sie eindeutig besiegen kann. Für die Planung und die Ansetzung neuer Kämpfe ist mein Promotor von SES Ulf Steinforth zuständig und ihm vertraue ich hier zu 100%. Ich verstecke mich vor keiner Gegnerin und kenne keine Angst im Ring – vor nichts und niemanden.
Was kann ein Sportler mehr machen, als sich zu stellen?! Ich bin bereit, jederzeit wieder gegen Mathis zu boxen, egal wo und egal wann und egal in welcher Gewichtsklasse.
Vielen Dank für Euer Verständnis und eure Unterstützung.
Eure Christina Hammer“
Hammer ist bis jetzt von der Öffentlichkeit gut behandelt worden. Die BILD Zeitung war bis jetzt ein loyaler Fan von ihr. Sie ließ sich so schöne Überschriften einfallen wie: „K.o.- Braut: So sexy ist Christina Hammer“ oder „Schöne Christina schlägt in Dessau zu – Hammer-Diät für 3. WM-Gürtel“. Auch veröffentlichte sie Zitate von ihr wie „Ich würde gerne gegen die Klitschkos boxen!“ Da ist es schon verständlich, dass Hammer es nicht gewohnt ist, mit Kritik umzugehen. Ihr offener Brief ist, nach meinen Geschmack, ein wenig zu trotzig geraten. Ein klitzekleines bisschen Selbstkritik hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Sie erwähnt nicht mit einem Wort ihr Einklemmen der Führhand, das ja überhaupt nur zu den Treffern geführt hat, die sie KO gingen ließ. Stattdessen verweist sie auf ihre „bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfe“.
Christian Hammer ist es offensichtlich nicht gewöhnt, mit Kritik umzugehen. Das ist natürlich auch wirklich nicht einfach. Ob sie sich aber einen Gefallen damit getan hat, alle kritischen oder negativen Äußerungen auf ihrer Facebook Seite zu löschen, das sei noch dahingestellt sein. Mittlerweile ist ihre Seite nicht mehr verfügbar. Auch ihr offizieller Internetauftritt ist das Gegenteil von selbstkritisch. Dort heißt es: „Nach einer ansehnlichen ersten Runde wurde der Kampf in den nächsten Runden vom Klammern, Halten und unsauberen Aktionen geprägt. In der fünften Runde musste Christina Hammer schwer angeschlagen zu Boden, nachdem sie von Mathis gehalten und in dieser Aktion hart auf den Hinterkopf geschlagen wurde. Der Ringrichter beendete den Kampf durch Disqualifikation auch wegen Nachschlagens von Anne Sophie Mathis. Christina Hammer wurde somit die neue WBO-/WBF-Weltmeisterin im Jr. Mittelgewicht.“ – Derjenige, der das geschrieben hat, sollte sich eventuell doch mal ein Video von dem Kampf ansehen. Abgesehen davon erwähnt Hammer auf ihrer Homepage auch nicht, dass sowohl BDB als auch der WBO den Kampf zu einem no contest erklärt haben. Also ist Hammer mitnichten „Weltmeisterin in drei Gewichtsklassen“.
Ich fürchte, Hammer hat immer noch nicht verstanden, dass eine Boxerin von ihren Fans lebt. Wenn aber die Mehrheit der Fans sie einen Kampf nicht gewinnen sieht und sie dennoch weiter offensiv auf ihrem Sieg beharrt, dann hat sie ein Problem. Denn Fans können sich auch abwenden, und Sympathie kann in Antipathie umschlagen. So etwas haben wir ja schon bei Syuzanna, genannt Susianna oder Susi Kentikian (36 Kämpfe, 33 Siege, 17 durch KO, 2 Niederlagen) erlebt. Einst war die selbsternannte „Killer Queen“ ein Liebling der Medien. Anrührende Geschichten wurden über sie geschrieben. Sie machte sogar Werbung für „Milchschnitte“. Heute ist das alles vorbei. Kaum jemand interessiert sich heute noch für die WBA Weltmeisterin im Fliegengewicht. Und das liegt vor allem an den Kämpfen, die in ihren Kampfrekord als gewonnene oder als no contest eingegangen sind, die aber nach Meinung der Fans von ihr klar verloren wurden.
© Uwe Betker
Die ultimativ subjektive Liste 2013
Boxer des Jahres
Robert Stieglitz (49 Kämpfe, 46 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) wurde am 23.03.2013 Weltmeister der WBO im Super Mittelgewicht. Er besiegte dabei nicht nur den Titelträger Arthur Abraham, der ihn 25.08.2012 als Weltmeister entthronte hatte, sondern er zwang ihn zur Aufgabe.
Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Der Weltergewichtler Alexander Mengis (5 Kämpfe, 4 Siege, 1 KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gab Alles für den Sport, den wir lieben. Er gab sogar seine Gesundheit dafür. Am 23.05.2013 wollte er in Berlin gegen Stefan Worth seinen Internationalen Deutschen Meistertitel verteidigen. In der der 8. Runden ging er KO. Er war schwer verletzt und wurde in einem berliner Krankenhaus in ein künstliches Koma versetzt. Er gab eine Notoperation und eine Verlegung nach Stuttgart.
Nach meinen Informationen gibt es keinen, der für den Zustand von Mengis verantwortlich ist. Alle Beteiligten haben wohl Alles richtig gemacht. Boxen ist gefährlich und Alexander Mengis ist das Opfer einer furchtbaren Tragödie.
Boxerin des Jahres
Elina Tissen (19 Kämpfe, 17 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen), die in Orynbor, Russland geborene „Elin The Machine“, boxte am 26.10.2013 gegen Fleis Djendji, die bis dahin von ihren 37 Kämpfen immerhin 16 gewinnen konnte. Eine interessante Wahl auf dem Hintergrund, dass sie ungeschlagene und andere Boxerinnen mit sehr viel besseren Kampfrekorden als Gegnerin abgelehnt hatte.
Bei ihrem Kampf gegen Djendji soll es um den vakanten GBU-Titel im Superbantamgewicht gegangen sein. Die „5-Fach Worldchampionesse“ gewann natürlich einstimmig nach Punkten. Das Problem an diesem Kampf ist nur, dass die Global Boxing Union den Kampf nicht sanktioniert und nicht beaufsichtigt hat. Offensichtlich hat überhaupt kein Verband Aufsicht geführt, jedenfalls war keiner willens ihn bei boxrec eintragen zu lassen. – Wenn ich mich recht entsinne, lehnte Frau Tissen dieses Jahr eine Pflichtverteidigung ab, weil ihr der deutsche Verband zu unseriös sei.
„Die 5-Fach Worldchampionesse“ Tissen ist die beste Boxerin der Welt, daher braucht sie auch keine Punktrichter und Ringrichter von irgendwelchen Verbänden. Daher ist sie auch die „Boxerin des Jahres“.
KO des Jahres
Gennady Golovkin schlug am 29.06.2013 Matthew Macklin in der dritten Runde KO. Jenen „Mack The Knife“ Macklin, der am 25.06.2011 gegen Felix Sturm umstritten nach Punkten unterlag. Er hatte aber gegen Golovkin keine Chance. GGG jagte und erlegte ihn. Ein unglaublich präziser und ansatzlos geschlagener Leberhaken beendete den Kampf.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Es gab leider viele schlechte Veranstaltungen. An deutschen Ringen sitzen immer noch Punktrichter, die im Sinne der großen Veranstalter punkten und nicht das bewerten, was im Ring zu sehen ist. Es wird immer noch an der Waage manipuliert. Es werden Boxer für Kämpfe gebucht, die sie nicht gewinnen können und dabei passiert es, dass sie verletzt werden. Die schlimmsten Veranstaltungen sind jene, bei denen Boxerinnen oder Boxer zu Schaden kommen.
Rookie (männlich) des Jahres
Der Super Mittelgewichtler Vincent Feigenbutz (10 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) geht seinen Weg. In seinem zweiten Kampf verlor er durch TKO. Die folgenden Kämpfe konnte er alle gewinnen und fast alle durch KO. Er boxte bereits in Ungarn und in Polen.
Rookie (weiblich) des Jahres
Die 29-jährige Melanie Zwecker (4 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO) schickt sich an, das Federgewicht aufzumischen. Die von Michael Siegel trainierte Boxerin aus Karlsruhe ist eines der größten weiblichen Talente in Deutschland. Es bleibt zu hoffen, dass sie viele Kämpfe bekommt, um sich sportlich weiterzuentwickeln und in den Ranglisten weiter aufzusteigen.
Absteiger des Jahres
Waldemar Kluch, der Käufer der Hülle von Universum Box-Promotion, schickte wohl folgende SMS an Klaus-Peter Kohl: „Sie haben unsere wahrnung ighnorirt. Ich habe die freundlichkeit ihnen mitteilen ich habe bekommen ihnen Hand und Ohr abschneiden. Sie haben 2 wochen sich einigen wegen universum mit anwahlt. kein wort an Polizei oder klug. sonst sofort Kugel in Kopf. Deine letzte Chance danach du nie wieder gesund dein geld ausgeben. Allah dich bestrafen Du ungläubiger.“
Aufsteiger des Jahres
Eva Rolle, die früher in Berlin Profiboxkämpfe veranstaltete, wurde zur Präsidentin des MBC, Malta Boxing Council, des maltesischen Verbandes gewählt. Keiner versteht, warum dies geschah und weshalb der maltesische Verband eine Ausländerin zu seiner Präsidentin machte. Aber dies ist sicherlich ein Aufstieg für Frau Rolle, der sich vermutlich auf finanziell für sie lohnen dürfte.
Aussteiger des Jahres
Der russische Schwergewichtler Alexander Wladimirowitsch Povetkin (27 Kämpfe, 26 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage) ließ sich seit Mitte 2005 von den Rundfunkgebühren der Deutschen bezahlen. Als Gegenleistung boxte er ein wenig, vermied es aber, gegen einen der Klitschkos anzutreten und arbeitete an seiner politischen Karriere als loyaler Gefolgsmann von Wladimir Putin. Am 05.10.2013 stellte er sich endlich Wladimir Klitschko (64 Kämpfe, 61 Siege, 51 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) und verlor klar nach Punkten. Nun hat der in Tschechow lebende Povetkin angekündigt, natürlich nicht auf Deutsch, denn er hat sich schließlich 8 Jahre lang geweigert, auch nur ein Wort Deutsch zu sprechen, nicht mehr für Sauerland Event anzutreten. Er wird in Zukunft für den russischen Milliardär Andrey Ryabinski antreten, der zuletzt den Kampf zwischen ihm und Klitschko für 23 Mio. US-Dollar ersteigert und veranstaltet hatte.
Veranstalter des Jahres
Der Magdeburger Veranstalter Ulf Steinforth hat sich etabliert. Von den großen Promotern in Deutschland, ist er derjenige, der die solidesten Veranstaltungen auf die Beine stellt. Mit seinem WBO Weltmeister im Super Mittelgewicht, Robert Stieglitz (49 Kämpfe, 46 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO), hat er den Mann unter Vertrag, der Arthur Abraham zur Aufgabe zwang und entthronte.
Man kann auch sagen SES Boxing ist gerade noch „Veranstalter des Jahres“ geworden. Die beiden letzten Gegner von Stieglitz hätten allerdings wirklich besser sein können. Und Michael Wallisch (10 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO) eine Internationale Deutsche Meisterschaft gegen einen Alexander Kahl boxen zu lassen, der von der EBU gesperrt war, ist geradezu ein Tiefschlag. Man darf gespannt sein, in welche Richtung sich SES Boxing entwickelt.
Der Newcomer Michaelis TV aus Erkrath zeigte allen in der Branche bei seiner ersten Veranstaltung, wie es geht. Es wurden gute Kämpfe und eine perfekte Show gezeigt. Man darf gespannt sein, ob Bernd Michaelis dem Boxen treu bleibt und damit weiter der Konkurrenz zeigt, wie es geht.
Veranstaltung des Jahres
Die Veranstalter Benedikt Poelchau und Götz Bauer (Blanko Sports) machten am 07. September 2013 in Ravensburg ihre erste Veranstaltung und setzten damit direkt Standards. Es gab gutes Boxen zu sehen, die Kampfansetzungen waren durch die Bank weg gut und der Veranstaltungsort, ein Biergarten, war gut gewählt. Was will ein Boxfan mehr?
Blanko Sports schickt sich wohl an, auch in den USA zu veranstalten. Man kann hier nur viel Glück wünschen und hoffen, dass bald auch deutsche Boxer in den USA ihre Erfahrungen sammeln können.
Boxevent des Jahres
Den Rahmen bildete die „erste WM im Charity Boxen“, bei dem sich Uwe Hück, der Konzern-Betriebsratsvorsitzende und stellv. Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche AG und Luan Krasniqi in einem Ring in Ludwigsburg trafen. Der Newcomer aus Erkrath, Michaelis TV, machte alles richtig. Es gab gutes Boxen und eine perfekte Show zu sehen. Bemerkenswert ist, dass Bernd Michaelis das richtige Gespür für Profiboxen zeigte. Denn die Abfolge der Kämpfe sowie die Wahl des Hauptkampfes, ich spreche hier vom Profiboxen und nicht von Charity Boxen, war genau richtig.
Fehlentscheidung des Jahres
Istvan Szili vs. Goekalp Özekler. Am 23.08.2013 kam für Istvan Szili nur ein Unentschieden heraus, wo nach meiner Meinung nach ein klarer Punktsieg hätte stehen müssen. Die beiden BDB Punktrichter Frank Michael Maass (114:114) und Holger Wiemann (113:115) retteten für Oezekler ein Unentschieden. Auch der Ringrichter tat hierfür, was er konnte, indem er auf das ständige Klammern von Özekler durch Ignorieren reagierte.
Nun könnte man argumentieren, dass Szili ja immerhin noch ein Unentschieden bekommen hat und daher dieser Kampf nicht zur Fehlentscheidung des Jahres taugt. Dem muss man aber entgegenhalten, dass es diesmal nicht bei einem der üblichen Verdächtigen zu so einer Fehlentscheidung gekommen war, also nicht bei den Veranstaltern, bei denen so etwas schon fast zur Regel gehört. Dieses Mal reihte sich EC Boxing in die Reihe dieser Veranstalter ein und EC-Boss Erol Ceylan reagierte denn auch, genau wie die anderen Promoter, mit Aussitzen und Ignorieren.
Hinzu kommt, dass Istvan Szili eigentlich in die Kategorie „Boxer, der einen WM-Kampf verdient“, gehört. Durch die Aktivität der Punktrichter und des Punktrichters vom Bundes Deutscher Berufsboxer e.V. aber ist das Ziel Weltmeisterschaft in weite Ferne gerückt. Seit diesem Unentschieden bekam er nämlich keinen Kampf mehr.
Trainer des Jahres
Ulli Wegner. Wohl niemals zuvor hat ein Trainer einem seiner Schützlinge so deutlich in der Öffentlichkeit gesagt, dass er nicht an ihn glaubt. Wegner musste sich entscheiden, ob er am 26. Oktober 2013 sich in die Ecke von Ex-Weltmeister Arthur Abraham oder von Karo Murat stellt. Abraham bestritt einen Kampf um die Zeit bis zu einem neuen WM Kampf gegen Robert Stieglitz zu überbrücken. Murat bestritt einen WM Kampf gegen die Boxlegende Bernard Hopkins. Wegner beschloss, bei dem sicheren Sieger Abraham in der Ecke zu stehen. Er erklärte: „So ein Kampf ist eine einmalige Sache. Aber wir müssen Prioritäten setzen. Wir brauchen Arthur noch.“
Murat verlor und Abraham gewann erwartungsgemäß. Alle Fernsehzuschauer konnten in den Rundenpausen sehen, dass Wegner Abraham nicht mehr erreichen kann. Aber die Deutlichkeit, mit der Wegner an die Öffentlichkeit geht, macht ihn zum Trainer des Jahres.
Entgleisung des Jahres
Manuel Charr zog kurz in den „Promi Big Brother“ Container ein, um dort zu verkünden, er hielte Wladimir Klitschko für 100% schwul. Nun ist eigentlich das fremd- oder zwangsouten seit mehr als 20 Jahren out. Damals hatte der Schwulenaktivist Rosa von Praunheim, der mit bürgerlichen Namen Holger Radtke heißt, zwei Showmaster geoutet. Nun versuchte sich der Schwergewichtler Manuel Charr, der mit bürgerlichem Namen Mahmoud Omeirat Charr, in der gleichen Disziplin.
Boxkampf (männlich) des Jahres
Der WM Kampf zwischen Alexander Wladimirowitsch Povetkin (27 Kämpfe, 26 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage) und Wladimir Klitschko (64 Kämpfe, 61 Siege, 51 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) am 05.10.2013 war langweilig. Er war sogar furchtbar langweilig. Dennoch war er für mich der Boxkampf des Jahres, weil hier der linientreue russische Putingefolgsmann und russischer Nationalist in Moskau auf den Bruder des Führers der ukrainischen Opposition traf.
Boxkampf (weiblich) des Jahres
Den habe ich verpasst.
Comeback des Jahres (männlich)
Adnan Catic (45 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) ist wieder Weltmeister und diesmal sogar ein richtiger. Nachdem er, seit seiner Loslösung von Universum Box-Promotion 5-mal erfolgreich den WBA Super Champion Titel im Mittelgewicht verteidigte, den er laut Verbandsstatuten gar nicht tragen durfte, dann gegen Daniel Geale verlor und dadurch erstaunlicherweise seinen Titel verlor, konnte er am 07.122013 der IBF Weltmeister Darren Baker entthronen. Nun ist er also wirklich nach dreieinhalb Jahren wieder Weltmeister.
Catic zeigte in seinem Kampf gegen Baker die beste Leistung seit Jahren. Das letztlich eine Hüftverletzung von Baker zum TKO Erfolg führte, schmälert nicht die Leistung von Catic. Es war ein beeindruckendes Comeback. Man kann nur hoffen, dass Catic seine wieder gefundene Stärke jetzt auch dazu nutzt, gegen starke Gegner anzutreten.
Comeback des Jahres (weiblich)
Rola El-Halabi stieg nach 16 Monaten Zwangspause – ihr Stiefvater hatte auf sie geschossen und sie verletzt – am 12.01.2013 gegen Lucia Morelli wieder in den Ring. Sie gewann zwar nicht die Titel der WIBA (Women’s International Boxing Association), GBU (Global Boxing Union) und WBF (World Boxing Federation) im Leichtgewicht, aber sie zeigte einen guten Kampf und, was eventuell noch viel wichtiger ist, sie zeigte sich als gute und faire Verliererin, was leider sehr selten ist und was wirkliche Größe zeigt. Heute ist sie Weltmeisterin im Junior Weltergewicht nach Version WBF (World Boxing Federation).
Bester Show Act des Jahres
2013 gab es viele bemerkenswerte Show Acts:
Die Rundenpausen mit Ulli Wegner und Arthur Abraham. Diese beiden wirken auf mich wie ein seit ewigen Zeiten verheiratetes Paar, das sich nicht traut, sich scheiden zu lassen, obwohl es sich nichts mehr zu sagen hat und sich auch nicht mehr versteht.
Eine großartige Show war auch, als Ulli Wegner den Ringarzt Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Walter Wagner zu Hilfe rief, um zu verschleiern, dass Arthur Abraham gegen Robert Stieglitz aufgegeben hatte.
Aber der beste Show Act war:
Kalle Sauerland kritisierte öffentlich den Kampfstil von Wladimir Klitschko. Er forderte fairere Kämpfe und dass man sich an die Regeln gehalten möge.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Nuri Seferi (40 Kämpfe, 34 Siege, 20 durch KO, 6 Niederlagen. 1 durch KO) ist Cruisergewichtler. Der Albanian Tyson ist nur noch einen Sieg von einer Platzierung entfernt, die ihn berechtigen würde, um eine WM zu boxen.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Özlem Sahin (17 Kämpfe, 16 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden), die amtierende Interims Weltmeisterin im Junior Fliegengewicht nach Version WIBF ist eigentlich eine natürliche Minimumgewichtlerin. Sie muss kein Gewicht machen und ist dort stärker, als in den höheren Gewichtsklassen. Wir dürfen gespannt sein, ob sie 2014 einen WM Kampf im Minimumgewicht bekommt.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Agron Dzila (20 Kämpfe, 19 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage) ist ein Cruisergewichtler, dem man viel zutrauen kann. 2011 wurde er Jugend Weltmeister der WBC. Es wäre schön, wenn er 2014 ein paar Kämpfe gegen starke Gegner bekommen würde.
Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (männlich)
Felix Sturm vs. Gennady Golovkin. Sturm trat mit dem Anspruch an, gegen die Besten boxen zu wollen. Diesem Anspruch ist er bis jetzt nicht gerecht geworden. Man könnte sogar den Eindruck gewinnen, dass Sturm Golovkin seit den gemeinsamen Tagen bei Universum Box-Promotion aus dem Weg geht. Sturm hat sich durch seinen Sieg über Darren Baker seinen Platz im Geschichtsbuch des Boxens gesichert. Die Frage ist nun, ob dort auch vermerkt wird, dass er immer vor Golovkin davonlief. Es wird Zeit, dass Sturm seinen großen Worten nun auch Taten folgen lässt.
Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (weiblich)
Der Weltmeisterin der WBC, WBA und WBO im Weltergewicht, Cecilia Braekhus (23 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO), gehen die Gegnerinnen aus. Kaum eine Gegnerin hat auch nur die Spur einer Chance gegen sie. Hinzu kommt natürlich auch das sehr clevere Matchmaking von Sauerland Event. Die einzige Gegnerin, die ihr gefährlich werden kann, ist Jessica Balogun (25 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 2 Niederlagen). Das erste öffentliche Aufeinandertreffen der beiden in einem Boxring, am 02.06.2012, konnte Braekhus für sich entscheiden. Balogun ist heute reifer und fokussierter und daher könnte ein Rückkampf auch anders ausgehen.
© Uwe Betker
Ein Brief von Miriam Bohn an Ina Menzer
Die Veranstalterin von Elina Tissen (18 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) hat vor geraumer Zeit einen offenen Brief an Ina Menzer (31 Kämpfe, 30 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage)) geschrieben. Zuerst war ich irritiert, dann verwirrt und schließlich verzweifelt. Ich war intellektuell einfach überfordert und habe wochenlang gegrübelt. Dann kam mir die Erkenntnis. Der Brief ist ein Gesamtkunstwerk! Nur so kann man ihn angemessen würdigen.
Hier folgt nun dieser literarisch wertvolle, ja wirklich großartige und wunderbare Brief von Frau Bohn, versehen mit einem bescheidenen und dilettantischen Versuch, ihm die ihm gebührende Reverenz zu erweisen.
„Sehr geehrte Frau Menzer,“
– Der Brief fängt höflich an. Das ist schön. –
„wir haben Sie immer als Sportlerin hoch geschätzt und Ihre Leistungen ebenfalls sehr hoch eingestuft.“
– Frau Bohn spricht von sich im Pluralis Majestatis, wie früher die Königinnen und Kaiserinnen. Aber immerhin zeigt sich Frau Bohn in ihrer Funktion als Majestät huldvoll und würdigt die sportliche Leistung von Ina Menzer mit ein paar aufmunternden, warmen Worten. –
„Doch auf das Niveau auf welches Sie sich nun herablassen ist einfach nur beschämend!“
– Hoch gestiegen und tief gefallen. Ihre Majestät entzieht der Boxerin sofort wieder ihre Gunst und watscht sie öffentlich ab. Hat sich Frau Menzer da etwa eine Majestätsbeleidigung zu Schulden kommen lassen. –
„Zunächst haben Sie es bis heute vermieden, gegen Weltmeisterin Elina Tissen anzutreten und gingen lieber den einfachen Weg und verpflichteten Goda Dailydaite für Ihren Abschiedskampf.“
– Das ist also die Majestätsbeleidigung. Frau Menzer hat nicht den Schützling von Frau Bohn für ihren Abschiedskampf gebucht, nämlich Elina Tissen (18 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen). Das ist ja nun schon wirklich eine Majestätsbeleidigung. Interessant an diesen Ausführungen finde ich aber vor allem, dass hier unterstellt wird, ein Kampf gegen Goda Dailydaite (8 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO) sei der einfachere. Natürlich ist Frau Bohn davon überzeugt, dass ihre Boxerin, die sich selber Maschine nennt – ich verstehe immer noch nicht, warum ein Mensch sich selber zu einem Ding macht -, die tollste Boxerin der Welt ist. Sie ist schließlich ihre Veranstalterin und muss an so etwas glauben, oder zumindest in der Öffentlichkeit so tun. –
„Waren Sie es nicht, die nach ihrer Niederlage durch Janine Garside, immer und immer wieder davon gesprochen hat, sie wolle sich die verlorenen Welttitel zurückholen!?“
– Absolut zutreffende Feststellung! Ina Menzer pausierte nach ihrer Niederlage gegen Garside mehr als ein Jahr. Danach hatte sie, wie alle Boxer von Universum Box-Promotion nach dem Zusammenbruch ihres Veranstalters, Probleme, Kämpfe zu bekommen.-
„Bis heute haben Sie weder Elina Tissen (WIBF) noch Jelena Mrdienovich (WBC) oder gar Alejandra Marina Oliveras (WBO) herausgefordert, um besagte Titel zurück zu hohlen!“
– Frau Menzer, sie haben nicht Elina Tissen herausgefordert? Das wirft natürlich einen riesigen Schatten auf ihre über neunjährige Karriere! –
„Nun ziehen Sie es vor um den Vacanten WIBA, dem Interim der WBF und den unbekannten „Super Champ“ Titel der WIBF zu kämpfen, für den es allerdings Seitens der WIBF bis heute weder einen Vertrag noch eine offizielle Bestätigung gibt!!!“
– Nun, über den „Vertrag“ und über die „offizielle Bestätigung“ kann ich nichts sagen. Aber die dreifache Wiederholung eines Ausrufezeichens ist ja so poetisch und schön. Hier zeigt sich die Meisterin der Satzzeichen.
Ich liebe es, wenn Menschen drei Ausrufezeichen machen. Zum einen sieht das einfach wirklich schmuck aus. Zum anderen haben sie etwas Drängend, etwas Dringliches. Außerdem merkt dann auch wirklich jeder Idiot, dass das Gesagte wichtig ist. –
„Auch ist bei Boxrec lediglich der „Interims“ Titel der WIBF eingetragen und auch dort wird es diesen Titel, laut Boxrec, nicht geben und somit auch nicht eingetragen!“
– Jetzt hat sie es ihr aber gegeben. Und da ist auch wieder dieses schöne, die Bedeutung des Gesagten unterstreichende Ausrufezeichen – diesmal in der einfachen Variante. –
„Es ist doch sehr offensichtlich, dass Sie hier den Titelträgerinnen Ihrer verlorenen Titel bewusst aus dem Weg gegangen sind, um in Ihrem Abschiedskampf gut auszusehen.“
– Das ist ein brutaler Vorwurf: Eine Boxerin sucht sich für ihren Abschiedskampf ihre Gegnerin selbst aus. Das ist hart. Frau Menzer hat doch tatsächlich Frau Bohn nicht gefragt. Ruft nicht Joachim Löw bei Frau Bohn an und lässt sich bei Abschiedsspielen beraten? –
„Dafür haben wir Verständnis.“
– Da ist er wieder, der hübsche Pluralis Majestatis. Ich liebe es einfach. Und dann noch der Wechsel der Emotionen. Erst dieser eiskalt vorgebrachte Vorwurf und dann das majestätische Verständnis. Dieses Spiel mit den Emotionen – das beherrscht die Autorin einfach grandios. –
„Nicht aber dafür dass Sie, nur um mit 3 Gürteln den Ring zu verlassen, sich als ehemalige Top Boxerin auf so ein Niveau herablassen und Ihren Fans einen solchen Kampf zumuten…“
– Ist es nicht toll, wie bedeutungsschwanger diese drei Punkte den Satz beenden? Das ist ja natürlich auch schon harter Tobak. Hier wird Frau Menzer zu einer „ehemaligen Top Boxerin“ degradiert. Und dann diese Zumutung für ihre Fans. Menzer mutet ihren Fans einen Kampf gegen Dailydaite zu – eben jene Dailydaite, gegen die Tissen, die als Worldchampionesse vermarktet wird, ihre Pflichtverteidigung offenbar nicht machen wollte. Das ist schon eine Zumutung. –
„Eins noch, Felix Sturm ist Inhaber eines Super World Titels gewesen und diesen Titel gab es sicher nur, um dem wahren Weltmeister der WBA aus dem Weg zu gehen, Gennady Golovkin!“
– Da ist schon wieder ein Ausrufezeichen. Aber auch wenn hier das Ausrufezeichen ganz wichtig aussieht, so hinkt doch der Vergleich zwischen Sturm-Golovkin und Menzer-Tissen. Sturm boxt schließlich nicht gegen eben die Pflichtherausforderer, denen Golovkin aus dem Weg geht. Aber natürlich verstehen wir, dass Frau Tissen, wenn sie ihre Pflichtverteidigung auch wohl nicht machen will, dennoch die „wahre“ Weltmeisterin ist. Sie ist halt „Worldchampionesse“. –
„Wir denken, dass Sie verstehen was wir damit ausdrücken wollen…“
– Zum Abschluss gibt es dann noch diesen einfach wunderbaren Satz. Beginnend mit dem schönen „wir“, ist er doch einfach zu schön: „Wir denken, dass Sie verstehen was wir damit ausdrücken wollen…“ Hört man da nicht einen leicht koketten kumpelhaften Unterton? Hat hier vielleicht Frau Bohn sogar mit einem Auge verschwörerisch, wenn nicht gar wissend, gezwinkert. Ich liebe solche Sätze! (So jetzt habe ich auch mal ein Ausrufezeichen gemacht.) Und nicht zu vergessen die drei Punkte. Verweisen diese drei Punkte nicht in die Unendlichkeit? Wird hier nicht auf die Sterblichkeit jeder irdischen Existenz verwiesen? Welch philosophische Tiefe, ausgedrückt durch ein Auslassungszeichen. –
Der Brief ist wahrlich ein Gesamtkunstwerk. Das muss man ganz klar feststellen. Damit dürfte sich Frau Miriam Bohn in die erste Liga der Boxschreiber hineingeschrieben haben: Ernst Hemingway, Norman Mailer, Bud Schulberg, Joyce Carol Oates, Bert Randolph Sugar, Nigel Collins und Abbott Joseph Liebling – macht mal alle Platz, Miriam Bohn kommt!
(C) Uwe Betker
Ein großer Abschied für Ina Menzer
Am 30.03.2004 konnte wohl kein Zuschauer im Saaltheater Geulen in Aachen ahnen, dass eine der vielen Frauen, die dort boxten, neun Jahre später immer noch in den Ring steigen würde. Für mich jedenfalls war sie nur eine von den Vielen, die Universum Box-Promotion damals als neue Regina Halmich zu verkaufen versuchte. Die Boxerin, von der hier die Rede ist, heißt Ina Menzer. Sie gewann ihr Profidebüt gegen eine gewisse Zsanett Erod, deren einziger Profikampf das war. Ich habe keine Erinnerung mehr an den Kampf. Ihrem Kampfrekord gemäß gewann Menzer seinerzeit durch TKO in Runde 3.
Universum Box-Promotion gibt es inzwischen nicht mehr. Regina Halmich boxt nicht mehr. Und Ina Menzer wurde keine neue Halmich. In der Bedeutungslosigkeit versank sie aber nicht. Sie wurde etwas Eigenständiges, nämlich Ina Menzer (31 Kämpfe, 30 Siege, 11 durch KO, 1 Niederlage). Sie war Weltmeisterin im Federgewicht nach Version WIBF (Women’s International Boxing Federation), WBC (World Boxing Council) und WBO (World Boxing Organization). Sie gewann ihren ersten Titel am 22.10.2005 gegen Silke Weickenmeier, und sie verlor alle ihre Titel am 03.07.2010 an Jeannine Garside.
Nun will Menzer in ihrer Heimatstadt Mönchengladbach zum letzten Mal in den Ring steigen. Dass es sich hierbei sogar um einen Titelkampf handeln soll, ist dabei schon fast nebensächlich. – Es geht um den Interims WM Titel der WBF (World Boxing Federation) und um den WIBA (Womens International Boxing Association) Titel. Was diesen Kampf aber wirklich zu einem besonderen Abschiedskampf macht, das ist die Gegnerin, Goda Dailydaite (8 Kämpfe, 8 Siege, 2 durch KO).
Dailydaite gilt als die kommende Boxerin im Federgewicht. Die amtierende Weltmeisterin der WIBF Elina Tissen (18 Kämpfe, 16 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen) scheint vor Dailydaite dagegen wohl Angst zu haben. Wie könnte man es denn sonst erklären, dass die Frau, die sich selber Maschine nennt und die als Worldchampionesse vermarktet, die Pflichtverteidigung ihres Titels nicht macht?
Da ist Ina Menzer aus ganz anderem Holz geschnitzt! Zum Abschluss ihrer Karriere boxt sie noch mal eine der stärksten Boxerinnen der Welt und schenkt ihren Zuschauern damit einen großartigen Kampf.
Es ist schwer zu sagen, wer den Kampf gewinnen wird. Ich persönlich sehe leichte Vorteile bei Menzer – aufgrund ihrer Erfahrung und weil Dailydaite manchmal nicht stabil steht. Gleichzeitig dürften Kraft und Ausdauer aber für Dailydaite sprechen. Deshalb halte ich auch ihren Sieg für möglich.
© Uwe Betker
Drei Sieger: Rola El Halabi, Lucia Morelli und das Boxen
Am Samstag, dem 12.01.2013 gab es in Neu-Ulm eine kleine Sensation zu sehen. Erst mal gab Rola El Halabi (12 Kämpfe, 11 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) ein großartiges Comeback. Sie boxte zum ersten Mal wieder, seit sie Opfer eines Attentats durch ihren Stiefvater wurde. Sie boxte direkt einem Kampf, in dem es um drei Titel ging, den Titel der WIBA ( Women’s International Boxing Association), der GBA (Global Boxing Union) und der WBF (World Boxing Federation) im Leichtgewicht. Und das nach einer 2 ½- jährigen Zwangspause!
Rola El Halabi verlor gegen Lucia Morelli (22 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO), die durch eine Mehrheitsentscheidung gewann. Die Punktrichter Bernd Hupfer und Alexander Plumanns werteten 96:95 und 97:93 für sie, wobei Alexander Plumanns Wertung allerdings, jedenfalls nach meinem Geschmack, viel zu hoch war. Der Punktrichter Holger Wiemann wertete Unentschieden, 95:95. Morelli gewann den guten Frauenboxkampf, und sie gewann ihn zu Recht. Das ist nun schon eine kleine Sensation in Deutschland. Mittlerweile kann man hierzulande ja wohl nur noch gegen den Heimboxer gewinnen, wenn man ihn KO haut – zumindest bei den „großen Veranstaltern“.
Allein die Tatsache, dass Morelli der Sieg zugesprochen wurde, ist für mich schon ein Sieg für das Boxen. Morelli und Rola El Halabi haben aber außerdem noch einen richtig guten Kampf gezeigt – schlicht eine klasse Werbung für das Frauenboxen in Deutschland.
Die Veranstaltung hatte also drei Sieger: Lucia Morelli: Sie wurde dreifache Weltmeisterin im Leichtgewicht. Das Boxen: Es gab richtig gutes Frauenboxen, und die Siegerin des Kampfes verließ auch als Siegerin den Ring. Und schließlich Rola El Halabi: Sie hatte ein großartiges Comeback. Auch wenn sie nicht Weltmeisterin wurde, so ist sie doch eine große Boxerin. Sie ist sehr viel mehr Champion, als so mancher Weltmeister, den man so im Fernsehen sieht und der sich nur durch die massive Hilfe von Veranstaltern und Punktrichtern Weltmeister nennen darf.
© Uwe Betker
Die Felix Sturm Fight Card
Der Kampfabend begann mit dem Superweltergewichtler Maurice Weber (16 Kämpfe, 14 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden). Weber boxte gegen Andrei Dolhozhyieu aus Weißrussland. Wie schon in der Kampffolge angekündigt, versprach auch der Ringsprecher den Zuschauern einen Andrei Dolhozhyieu aus Weißrussland mit einem Kampfrekord von 25 Kämpfen, 14 Siegen, 6 durch KO, 8 Niederlagen, 1 durch KO und 3 Unentschieden. Nun musste ich aber feststellen, dass boxrec nur einen Andrei Dolhozhyieu kennt mit 2 Kämpfen, 1 Sieg, 1 durch KO und einen Unentschieden. So wie Dolhozhyieu dann auch boxte, hätte man auf die Idee kommen können, dass der Matchmaker von Sturm Box-Promotion womöglich dessen Kämpfe gegen seine jüngere Schwester mit in den Kampfrekord eingerechnet hat.
Der Geschehen im Ring war eine Farce. Dolhozhyieu, der überhaupt nicht boxen konnte, ging nach einem leichten Körpertreffer zu Boden. Der Ringrichter Arnold Golger zählte ihn an. Dolhozhyieu kam wieder hoch, drehte sich direkt ab und machte sich auf den Weg in seine Ecke. Weber witterte seine Chance und setzte nach, um auf dessen Hinterkopf zu schlagen. Golger übersah das grobe Foul, brach den Kampf ab und erklärte Weber zum Sieger. Der Ringsprecher verkündete dann einen KO nach 1:06. Entweder kennt der Herr den Unterschied zwischen TKO und KO nicht, oder er wollte das Publikum nicht verwirren. Wenn ich meine Mitschrift richtig entziffern kann, passierte das alles noch in Runde 1.
Im zweiten Kampf durfte ein weiterer Weißrusse von der gleichen boxerischen Güte ran, u. z. Vadzim Zmitrovich (7 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO, 5 Niederlagen, 5 durch KO). Immerhin – und dies ist das Beste, was man über ihn sagen kann – trat er mit seinem realen Kampfrekord an. Er boxte einen sehr eigenwilligen Stil. Er holte für seine Schwinger weit aus, streckte das Kinn so hoch wie möglich und hielt seine Augen möglichst geschlossen. Der Schwergewichtler Adnan Redzovic (6 Kämpfe, 6 Siege, 2 durch KO) schickte ihn dann einmal durch einen Körpertreffer und einmal durch einen Kopftreffer zu Boden. Glücklicherweise wurde der Kampf nach 2:12 in der ersten Runde abgebrochen. Der Ringsprecher verkündete dann – was schon? – einen KO.
Auch im dritten Kampf trat ein Herr aus Weißrussland an. Ruslan Rodivich (18 Kämpfe, 10 Siege, 10 durch KO, 8 Niederlagen, 4 durch KO) war immerhin ein kleines bisschen besser als seine Landsleute. Er hielt gegen den Mittelgewichtler Mike Keta (11 Kämpfe, 10 Siege, 9 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) fast zwei ganze Runden durch. Am Anfang wehrte sich Rodivich ein wenig und er kam sogar einmal mit einer Rechten durch. Man konnte den Eindruck gewinnen, dass Keta, der wie ein Kickboxer, nicht wie ein Boxer boxte, sich selber das Leben schwer machte. In der zweiten Runde schickte er seinen Gegner dann mit jeweils einen Körpertreffer zweimal zu Boden, woraufhin der Kampf abgebrochen wurde. Der Ringsprecher verkündete dann – wie könnte es auch anders sein – einen KO.
Der vierte Kampf versprach viel und hielt ziemlich wenig. Im Schwergewicht trat Denis Boytsov (31 Kämpfe, 31 Siege, 25 durch KO) gegen den erfahrenen Handlungreisenden in Sachen Boxen, Dominick Guinn (43 Kämpfe, 33 Siege, 22 durch KO, 9 Niederlagen), an. Nun erwartete keiner wirklich eine Sensation, zumal der 42jährige Amerikaner seine letzten zwei Kämpfe verloren hatte, aber die Ansetzung war im Prinzip nicht schlecht. Die drei ersten der insgesamt10 Runden waren ganz schön anzusehen. Es gab solides Boxen. Boytsov spielte seine Schnelligkeit aus und boxte variabel. Guinn konnte mit Kopf- und Aufwärtshaken punkten. Danach hörte Boytsov praktisch auf, seine Rechte zu benutzen. Bis auf zwei oder drei Schläge boxte er nur noch mit seiner linken Hand, wodurch der Kampf dann sehr ausgeglichen und langweilig wurde. Mich erinnerte er mehr an ein sehr lahmes Sparring. Dass der Kampf sehr ausgeglichen war, sahen die Punktrichter Arnold Golger, Klaus Griesel und Arno Pokrandt nicht, denn sie werteten 100:90, 99:91 und 100-90. Diese Punktrichterleistung schließt sich für mich nahtlos an die boxerische Leistung der Herren aus Weißrussland an.
Nach dem doch eher schwachen Kampf fiel im Folgenden das Niveau wieder ins Bodenlose. Wieder kam einer der Protagonisten, nämlich Andrei Shilovich (7 Kämpfe, 1 Sieg, 6 Niederlagen, 6 durch KO), aus Weißrussland. Der arme Mann wurde sogar von den Zuschauern ausgelacht. Sicher, Menschen, die panische Angst haben, sollte man nicht auslachen. Aber sein Tun im Ring sah einfach nur nach Slapstick aus. Glücklicherweise flog relativ schnell das Handtuch. Nun hat der Schwergewichtler Adam Lautenschläger (5 Kämpfe, 5 Siege, 5 durch KO) also noch einen TKO nach 2:50 in seinem Kampfrekord.
In dem einzigen Frauenboxkampf des Abends verteidigte Nadia Raoui erfolgreich ihren Weltmeistertitel der WIBA im Weltergewicht gegen Eileen Olszewski (13 Kämpfe, 7 Siege, 4 Niederlagen, 2 Unentschieden). Es fing schon schwierig an. Bevor der Kampf los gehen konnte, musste erst mal der Punktrichter Jean-Louis Legland gesucht werden, der nur diesen einen einzigen Kampf zu punkten hatte. Er ließ sich Zeit mit seinem Erscheinen und die Boxerinnen und ein paar Tausend Zuschauer mussten also auf einen Punktrichter warten. Eine weitere Vorbelastung bestand darin, dass der Kampf seine Brisanz aus der Tatsache zog, dass Raoui am 20.12.2008 in Zürich umstritten ein Unentschieden gegen die in Honolulu geborene New Yorkerin hinnehmen musste.
Sehr schnell etablierte sich ein Muster, welches nahezu den ganzen Kampf über gleichbleibend bestimmte. Die kleinere Raoui machte Druck und trieb ihre Gegnerin vor sich her. Diese verließ sich, ihre Deckung lässig tief haltend, auf ihre guten Reflexe und boxte im Rückwärtsgang. Raoui dominierte den Kampf und ging auf Nummer Sicher. Sie ging in Olszewski rein, setzte einen Treffer und ging wieder raus. Sie setzte praktisch nie nach und wirkte insgesamt verkrampft.
Der Kampf dauerte die für WM-Kämpfe der Frauen üblichen 10 Runden, keine 8 und keine 6, sondern die üblichen 10 Runden. Die in Herne geborene Boxerin musste auch nicht zwei Runden länger boxen. Wir erinnern uns: Nadia Raoui ist wohl die erste deutsche Boxerin, die in einem acht Runden Kampf Weltmeisterin geworden war. Zwar verstieß damit der Weltverband WIBA (Women’s International Boxing Association) gegen seine eigenen Regeln, aber wofür braucht man schon Regeln?
Der Kampf wurde dann 98:93, 100:90 und 98:93 gewertet. Der WIBA Punktrichter, der jede Runde Nadia Raoui gegeben hatte, war der schon erwähnte Jean-Louis Legland. Vermutlich war ihm dadurch, dass er sich so beeilen musste, um zum Ring zu kommen, auf seinem Stuhl schwarz vor Augen geworden. Man kann nur für ihn und für die Glaubwürdigkeit der WIBA hoffen, dass er sich ein paar Jahrzehnte Zeit nimmt, um sich von seinen Anstrengungen zu erholen und sich in der Zwischenzeit der ihn so erschöpfenden Tätigkeit des Punktens enthält.
Der Kampf langweilte mich. Zwar sah ich durchaus gutes Frauenboxen. Es war ein Frauenboxen auf hohem technischem Niveau, aber der Kampf langweilte mich. Dieser Kampf war auch der letzte, den der deutsche Ringsprecher ansagte. Er hatte offensichtlich schon etwas von dem ihm nun auftretenden Michael Buffer gehört. Jedenfalls gab er sich wohl im Rahmen seiner Möglichkeiten Mühe wie dieser zu klingen. Damit konnte er ähnlich beeindrucken wie die weißrussischen Boxer.
Der Hauptkampf des Abends entschädigte – zumindest teilweise – für das Vorprogramm. Felix Sturm (41 Kämpfe, 37 Siege, 16 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO, 2 Unentschieden) verteidigte erfolgreich seinen „Super Champion“ Titel der WBA (World Boxing Association) gegen Sebastian Zbik (32 Kämpfe, 30 Siege, 10 durch KO, 2 Niederlage, 1 durch KO). Der Kampf war unglaublich schnell und bewegte sich auf einem extrem hohen boxerischen Niveau. Das Ergebnis ist bekannt: Zbik gibt nach der 9. Runde auf. Erstaunlich erschien mir, dass einem so erfahrenen Boxer wie ihm, der sich so lange auf den Kampf vorbereitet hat, auch mit Höhentraining, die Puste ausgehen konnte. Aber zu seiner Ehrenrettung muss man auch sagen, dass Felix Sturm wohl noch nie, oder zumindest seit langer Zeit nicht mehr, so gut war wie in diesem Kampf. Seine Führhand kam wieder explosiv. Er war beweglich. Ganz offensichtlich war die Trennung von seinem Trainer Clive Salz, der so auf Kraft gesetzt hat, der richtige Schritt.
Mein persönliches Resümee der Felix Sturm Fight Card: Ein sehr guter, ein recht guter, ein sehr schwacher und vier grauenerregend schlechte Kämpfe.
© Uwe Betker
Verbesserung:
Mike Keta boxte natürlich nicht im Schwergewicht.
Es ist zur Zeit auch noch nicht geklärt, ob Keta überhaupt gegen Rodivich geboxt hat. Auf boxrec ist Uladzislau Mahdanau (2 Kämpfe, 2 Niederlagen, 2 durch KO) angegeben. Nach den boxerischen Leistungen zu urteilen tippe ich auf Mahdanau. – Schön wenn man eine zuverlässige Kampffolge vom Veranstalter bekommt.
Was ist heute los? – Der Punktrichter heißt natürlich Arno Pokrandt. Danke für den Hinweis Herr Pokrandt.
Ein Quervergleich Vitali Klitschko, Dereck Chisora und David Haye
Freunde des Boxsports mögen in der Regel Quervergleiche, obwohl immer auch einschränkend erklärt wird, dass diese nicht viel aussagen. Die beiden Schwergewichtsbegegnungen am 18.02.2012 in der Olympiahalle in München laden aber zu einem solchen Quervergleich ein.
In dem Kampf zwischen Vitali Klitschko (46 Kämpfe, 44 Siege, 40 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) und Dereck Chisora (18 Kämpfe, 15 Siege, 9 durch KO, 3 Niederlagen) ging es um die Weltmeisterehren der WBC. Klitschko gewann einstimmig nach Punkten. Die Punktrichter Robin Dolpierre, Bela Florian und Atta Eddie Pappoe werteten 118:110, 118:110 und 119:111, was, nach meiner Meinung nach, viel zu hoch und viel zu eindeutig war. Aber dies ist ein generelles Problem von Punktrichtern die an deutschen Ringen ihrer Tätigkeit nachgehen. Denn Chisora, der junge Mann aus Zimbabwe zeigte außer sehr viel schlechten Benehmen auch, wie man eventuell gegen Vitali Klitschko boxen und auch gewinnen kann – wenn denn die Punktrichter dies dann zulassen.
In dem folgenden Kampf von Dereck Chisora und David Haye (27 Kämpfe, 25 Siege, 23 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO), während der Pressekonferenz zu dem ersten Kampf, gab es auch einen eindeutigen Sieger, nämlich David Haye. Ob es sich bei dem Kampf der beiden um eine WM der Women’s International Boxing Association handelt, entzieht sich meiner Kenntnis. Nach meinen Erfahrungen mit der WIBA halte ich dies durchaus für möglich.
Wenn nun Chisora gegen Vitali Klitschko zwar verliert aber aufzeigt, dass dieser schlagbar ist, aber Haye klar gegen Chisora gewinnt, dann wird Haye gegen Vitali Klitschko …
Quervergleiche.
© Uwe Betker