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„Wir fliegen nicht nach Madrid, um Urlaub zu machen!“
Am 22.06.2018 werden im Polideportivo Jose Caballero in Alcobenda, einer Vorstadt im Norden von Madrid, Joana Pastrana (13 Kämpfe, 12 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage) und Özlem Sahin (26 Kämpfe, 24 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) im Ring aufeinandertreffen. Beide wollen den vakanten Titel der International Boxing Federation im Minimumgewicht erringen. Es verspricht ein sehr guter Kampf zu werden.
Beide Boxerinnen sind keine ausgesprochenen Puncherinnen. Beide haben nur eine KO-Rate von 33%. Es ist daher relativ wahrscheinlich, dass der Kampf über die volle Rundenzahl gehen wird. Pastrana ist mit ihren 27 Jahren die jüngere Boxerin. Sahin ist 41. Die Jugend spricht für Pastrana, die Erfahrung für Sahin, die doppelt so viele Kämpfe absolviert hat wie ihre spanische Kontrahentin.
Pastrana hat bis jetzt zwei Titelkämpfe im Minimumgewicht bestritten, einen um den World Boxing Council Silver Titel und einen um den der European Boxing Union. Den letztgenannten konnte sie für sich entscheiden. Sahin machte bis jetzt sechs Titelkämpfe. Sie gewann den Interimstitel der Women’s International Boxing Federation im Junior Fliegengewicht und im Minimumgewicht die WM Titel der WIBF, Global Boxing Union, Universal Boxing Organization und den Interkontinental Titel der World Boxing Federation.
„Natürlich bin ich Außenseiter, wenn ich in Madrid boxe. Joana Pastrana ist eine sehr starke Boxerin. Sie wird von der ersten Minute an Druck machen. Wie sie letztes Jahr Sandy Coget besiegte und dadurch Europameisterin wurde, war schon beeindruckend. Aber wir fliegen nicht nach Madrid, um Urlaub zu machen! Wir rechnen uns eine Chance aus und die wollen wir auch nutzen. Es wird ein sehr harter Kampf.“
Am Beispiel von Özlem Sahin kann man sehen, dass Profiboxen, besonders wenn es Frauen betreiben, sehr viel Idealismus braucht. Kaum ein männlicher Berufsboxer kann von seinem „Beruf“ leben. Bei den Frauen ist Situation noch viel schlimmer. Sahin ist eine berufstätige Frau. Sie ist Werk-Verpackungsbeauftragte für Bosch in Waiblingen. Dort gibt es ein „Diversity Management“. Ihr Arbeitgeber Bosch stellt sie immer wieder von der Arbeit frei, damit sie ihre Profiboxkämpfe vorbereiten und machen kann. Ihr Trainer ist Sebastian Tlatlik, und der hat sein Gym in Essen. Also fährt Sahin donnerstags abends, nach der Arbeit, von Ludwigsburg, wo sie wohnt, nach Essen – 425 km. Und am Sonntagabend, nach der letzten Trainingseinheit fährt sie wieder 425 km zurück, um am Monatag wieder bei Bosch „zu schaffen“. Während sie in Essen ist, macht sie noch Home Office, was nichts anderes heißt, als dass sie in ihrer trainingsfreien Zeit an ihrem Laptop arbeitet. Ohne die Unterstützung von Bosch könnte ich gar nicht boxen“, erklärt Sahin. „Alle unterstützen mich, mein Werksleiter, Herr Böhm, meine Gruppenleiterin, Fr. Erk, meine Kolleginnen und Kollegen. – einfach alle“.
Sahin: „Ich kann mich glücklich schätzen, dass GAZI mich seit Jahren unterstützt. Ohne diese Unterstützung hätte ich schon lange mit dem Boxen aufhören müssen. Ohne GAZI gäbe es mich als Boxerin gar nicht. Ich kann gar nicht oft genug meiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen.“
Der Kampf zwischen Joana Pastrana und Özlem Sahin wird höchst wahrscheinlich im spanischen Fernsehen übertragen. Das spricht einerseits für den Stellenwert des Frauenboxens in Spanien und andererseits für den Bekanntheitsgrad von Pastrana. – Wann ist eigentlich zuletzt im deutschen Fernsehen ein Frauenboxkampf übertragen worden? –
Also, am 22.06.2018 in Alcobenda bei Madrid wird es eine Veranstaltung geben, bei der ein großer Frauenboxkampf zu sehen sein wird.
© Uwe Betker
Die ultimativ subjektive Liste 2017
Boxer des Jahres
Wladimir Klitschko (69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO) stieg am 29.04.2017 im Wembley Stadion in London zum letzten Mal in den Ring. Er verlor gegen Anthony Joshua. Es hätte vermutlich keiner vorher ernsthaft erwartet, dass Klitschko im Herbst seiner Karriere noch einmal zu einer solchen Leistung fähig wäre.
Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Alexander Mengis und Eduard Gutknecht zahlen einen hohen Preis für ihre Liebe zum Boxen.
Boxerin des Jahres
2017 sah ich in Deutschland keine Boxerin, die diesen Titel verdient hätte.
KO des Jahres
Im Viertelfinale der World Boxing Super Series, im Turnier im Cruisergewicht, knockte der Kubaner Yunier Dorticos (22 Kämpfe, 22 Siege, 21 durch KO) den Russen Dmitry Kudryashov (23 Kämpfe, 21 Siege, 21 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) in der zweiten Runde durch eine perfekte Rechte zur Schläfe aus.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Alle Veranstaltungen von großen Promotern, die das Geld nicht wert waren, das die Fernsehsender und die Zuschauer an den Kassen bezahlt haben und bei denen Boxer um den Sieg betrogen wurden.
Rookie des Jahres
Sherif Morina (6 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO) ist seit eineinhalb Jahren Profi. Er boxt im Weltergewicht und boxt mit hohem Risiko, sowohl was seinen Kampfstil als auch was die Auswahl seiner Gegner anbelangt.
Überschätzter Boxer des Jahres
Christian Hammer (27 Kämpfe, 22 Siege, 12 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO) alias Cristian Ciocan boxte am 15. Dezember 2017 um den WBO International Titel im Schwergewicht gegen Alexander Povetkin (34 Kämpfe, 33 Siege, 23 durch KO, 1 Niederlage). Auf meinem Punktzettel gewann er keine Runde.
Überschätzte Boxerin des Jahres
Es gibt sie, aber ich will sie hier nicht mit einer Nennung ehren.
Punktrichter des Jahres
Urs Schneider (BDB), ein Punktrichter der in seiner ganzen Karriere noch kein einziges Fehlurteil gefällt hat: Hinzu kommt ein vorbildlicher Auftritt als Supervisor.
Ringrichter des Jahres
Jens-Uwe Baum (GBA) agiert unauffällig und unaufgeregt, auch wenn es im Ring hektisch wird.
Absteiger des Jahres (männlich)
Der am 22.12.2014 verstorbene Erfolgstrainer Fritz Sdunek war so etwas wie der Säulenheilige des deutschen Boxens. Eine Reportage im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zeigte, dass er wohl doch so heilig nicht war.
Absteiger des Jahres (weiblich)
Gab es sie?
Aussteiger des Jahres
Der Wuppertaler Schwergewichtler und Kultboxer Werner Kreiskott (46 Kämpfe, 25 Siege, 17 durch KO, 19 Niederlagen, 8 durch KO, 2 Unentschieden) machte im Oktober seinen letzten Kampf. Er war ein Boxer, der seine Kämpfe gewann, der aber auch verlor und beides machte er mit Würde. Viele werden ihn im Ring vermissen. Alle aber sind, wie ich, froh, dass er den richtigen Zeitpunkt für seinen Rücktritt gewählt hat.
Veranstalter des Jahres
Die 15-jährige Ranee Schröder dürfte wahrscheinlich immer noch die jüngste Promoterin der Welt sein. Sie war Veranstalterin des WBF WM-Kampfes im Cruisergewicht zwischen Serdar Sahin und Javier Sanabria auf der Messe „Mode, Heim und Handwerk“ am 18. November 2017 in der Messe Essen.
Veranstaltung des Jahres
Die GBA ging am 18. November 2017 neue Wege, um Werbung für das Profiboxen in Deutschland zu machen: Sie veranstaltete selber eine Profiboxveranstaltung, und zwar in der Messehalle Halle 7 der Messe Essen. Auf der Messe „Mode, Heim und Handwerk“, einer Verbrauchermesse, gab es Profiboxen zu sehen und die Zuschauer waren die Messebesucher, die vorbei kamen.
Boxevent des Jahres
Da findet eine Schwergewichtsweltmeisterschaft in Deutschland statt und die Halle ist nicht ausverkauft. Da wird jemand, der seit ewiger Zeit in Deutschland lebt, Weltmeister im Schwergewicht und ein Teil der Presse fragt nach seinem Pass. In der Arena Oberhausen fand am 15.11.2017 eines der seltsamsten Boxevents aller Zeiten statt: Manuel Charr vs. Alexander Ustinov.
Fehlentscheidung des Jahres
Am 04. März 2017 gab Araik Marutjan sein Profidebüt gegen Serhii Ksendzov. Sauerlands neuer Mittelgewichtler Marutjan dominierte den Kampf. Dann erlitt er einen Achillessehnen-Abriss und konnte nicht weiter boxen. Im Ring wurde offenbar ein “No Contest“ verkündet. Später wandelte der BDB das Urteil in einen Sieg für Marutjan um.
Trainer des Jahres
Habe ich nicht gesehen.
Entgleisung des Jahres
Malte Müller-Michaelis und Gerhard Pfeil schrieben in „Der Spiegel“: „Die Promoter witterten das schnelle Geld. Statt Talente ordentlich auszubilden, schickten sie unfertige Athleten ins Feuer. Durchschnittsboxer wie Sven Ottke oder Markus Beyer wurden zu Weltmeistern hochgejazzt.“
Boxkampf des Jahres (männlich)
Im Wembley Stadion in London versuchte Wladimir Klitschko (69 Kämpfe, 64 Siege, 53 durch KO, 5 Niederlagen, 4 durch KO) am 29.04.2017 gegen Anthony Joshua noch mal Weltmeister im Schwergewicht zu werden. Vorher hatte kaum jemand geglaubt, dass der einundvierzigjährige Herausforderer Klitschko zu einer solchen Leistung, wie er sie dann zeigte, nochmal fähig sein würde. Womöglich hätte er den Kampf sogar gewinnen können, hätte er in den Kunstpausen von Joshua nur konsequent angegriffen. Seine Ecke aber, allen voran sein Bruder Vitali, verhinderten dies.
Boxkampf des Jahres (weiblich)
Özlem Sahin (25 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) besiegte am 05.08.2017 in Essen auf sehr beeindruckende Weise Sandy Coget (16 Kämpfe, 8 Siege, 7 Niederlagen, 1 Unentschieden). Durch einen technisch sehr gut und hart geführten Kampf verteidigte Sahin ihren UBO Weltmeister- und ihren WBF Interconti-Titel.
Comeback des Jahres (männlich)
Habe ich übersehen.
Comeback des Jahres (weiblich)
Habe ich übersehen.
Bester Show Act des Jahres
Der Ringsprecher Dave Kaufmann sang bei der Freiluftveranstaltung in Gelsenkirchen am 08. Juli 2017 „New York, New York“ – großartig.
Ringsprecher des Jahres
Thomas Bielefeld ist die Stimme des Profiboxens in Deutschland.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Der Leichtgewichtler Gabor Veto (31 Kämpfe, 31 Siege, 23 durch KO) hat 2017 nicht geboxt. Dennoch verdient er einen WM Kampf. Er sitzt in einer Falle: Er lebt in der Schweiz, ist Ungar und ist zu stark, um ohne Not eine Chance auf einen Titelkampf zu bekommem.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Die Leichtgewichtlerin Beke Bas (10 Kämpfe, 10 Siege, 5 durch KO) dürfte reif für eine WM sein. Sie eine Kriegerin, die nach vorne geht und den Sieg erkämpfen will.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird (männlich)
Der in Kanada lebende Kolumbianer Oscar Rivas (22 Kämpfe, 22 Siege, 16 durch KO) wird nie genannt, wenn es um einen WM Kampf geht. Der 22-jährige ist einer denen, die im Schwergewicht ganz weit oben mitmischen könnten.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird (weiblich)
Verena Kaiser (10 Kämpfe, 10 Siege, 5 durch KO) ist Weltmeisterin der WIBF und GBU im Weltergewicht.
Boxkampf, den wir 2018 nicht sehen wollen (männlich)
Irgendwelche Come-Back-Kämpfe von Boxern, die durch sind und nur noch einmal Kasse machen wollen, obwohl sie schon genug Geld verdient haben.
Boxkampf, den wir 2018 nicht sehen wollen (weiblich)
Alle schlechten.
Boxkampf, den wir 2018 sehen wollen (männlich)
Einen Kampf von Agit Kabayel (17 Kämpfe, 17 Siege, 12 durch KO) gegen einen Top-Ten Mann im Schwergewicht.
Boxkampf, den wir 2018 sehen wollen (weiblich)
Ein Aufeinandertreffer der beiden deutschen Minimumgewichtlerinnen Tina Rupprecht (7 Kämpfe, 7 Siege, 3 durch KO) und Özlem Sahin (25 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) wäre einer der besten Frauenboxkämpfe, die 2018 weltweit möglich wären.
© Uwe Betker
Christina Hammer, Manfred Küchler und das Boxen in Deutschland
Eigentlich sollte der Kampf zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ein Höhepunkt in der Karriere von Hammer werden. Es wurde auch ein Höhepunkt, aber anders als geplant. Geplant war, dass Hammer, die bereits WBO und WBF Weltmeisterin im Mittelgewicht ist, im Hauptkampf, den sie in der Anhalt Arena in Dessau bestritt, nun auch Weltmeisterin im Junior Mittelgewicht der beiden Verbände werden sollte. Der World Boxing Organization Titel war dabei vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten.
Mathis als Gegnerin schien eine gute Wahl. Sie kommt aus dem Junior Weltergewicht, wo sie Europameisterin und WBA Weltmeisterin war. Dann stieg sie auf ins Weltergewicht wo sie WBF, WIBF und WIBA Weltmeisterin wurde. In dieser Gewichtsklasse schlug sie auch die große Holly Holm (02.12.2011). Im Rückkampf (15.05.2012) unterlag sie. Diese Niederlage qualifizierte sie dann allerdings dazu, vier Monate später, gegen Cecilia Braekhus (22.09.2012) antreten zu dürfen. Auch in diesem Kampf unterlag sie. Mehr als ein halbes Jahr später (06.06.2013) boxte sie gegen Yajaira Hernandez und wurde wieder Weltmeisterin, diesmal im Junior Mittelgewicht nach Version WBO. Hernandez hatte bis dahin viermal um einen WM Title gekämpft und viermal verloren, auch gegen Christina Hammer (07.09.2012).
Anne Sophie Mathis als Gegnerin für Christina Hammer zu holen, war eine kluge Entscheidung von SES Boxing. Sie ist bereits 37 Jahre alt und hat, so könnte man meinen, ihre beste Zeit als Boxerin schon hinter sich. Zwei ihrer drei letzten Kämpfe hat sie verloren, und ihren letzten gewann sie gegen eine relativ schwache Gegnerin. Die über einjährige Pause sollte ihr eigentlich auch nicht gut getan haben. Aber der Kampf entwickelte sich anders als erwartet und geplant.
Mathis begann aggressiv. Sie agierte von der Ringmitte aus. Hammer kreiste um sie herum und arbeitete mit ihrer Führhand. Sie versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Einmal klemmte sie die Führhand der Titelverteidigerin ein und ließ sich mit der Rechten gegen den Kopf schlagen, bis der Ringrichter Manfred Küchler „Break“ rief. Schon hier reagierte Küchler falsch und an der Realität im Ring vorbei, denn anstatt Hammer für ihr Einklemmen der Faust zu verwarnen, maßregelte er die Französin für Halten und gleichzeitiges Schlagen. Im Nachhinein, wo jeder klüger ist, kann man feststellen, dass sich der KO von Hammer schon hier andeutete. Der Rest der Runde ging klar an Hammer, was dann zum Gewinn dieser Runde gereicht haben müsste.
In der zweiten Runde erhöhte Mathis den Druck und versuchte Hammer den Infight oder den Kampf in der Halbdistanz aufzuzwingen. Hammer ihrerseits versuchte dies durch Klammern und Halten zu unterbinden. Obwohl Hammer die bessere Boxerin ist, ging die Runde wohl an Mathis. Die folgende Runde ging dann vermutlich wieder an Hammer. Aber auch hier hielt sie die Linke von Mathis fest und ließ sich so lange von ihr mit der Rechten schlagen, bis Küchler mit einem „Stopp!“ die Aktion unterbrach. Der nachfolgende Durchgang wurde noch härter geführt. Hammer schaffte es nicht, sich mit ihrer Führhand ihre Gegnerin vom Hals zu halten. Trotz Klammerns und Haltens wurde sie immer wieder in einen Schlagabtausch gezwungen. Gleichwohl dürfte diese sehr enge Runde an sie gegangen sein.
Die mittlerweile berühmte fünfte Runde begann mit einem Angriff von Mathis, der Hammer nach hinten in die Seile zurückweichen ließ. Hammer konnte ihre Gegnerin zwar wegdrücken, aber Mathis griff weiter an. Und wieder klemmte Hammer die Führhand von Mathis ein und wie schon zweimal zuvor schlug Mathis, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der Ringrichter „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die schließlich zu Boden sank. Ein guter und unparteiischer Ringrichter wäre nun hingegangen, hätte Hammer ausgezählt und dafür gesorgt, dass die Betreuer sich schnell um die KO- Gegangene kümmern könnten. – Nicht aber BDB Ringrichter Manfred Küchler. Vielmehr folgte die große Manfred Küchler Show.
Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Dann gab er Hammer Zeichen, sie solle wieder aufstehen. Sodann versuchte er, ihr aufzuhelfen. Hammer schaffte es aber nicht hochzukommen, es gelang ihr gerade mal, eine sitzende Position einzunehmen. Nun rief Küchler „Time“, um die Uhr anzuhalten. Dann ging er etwas im Ring spazieren, um wieder zu Christina Hammer zu gehen und sie noch mal aufzufordern aufzustehen. Als sie es versuchte, ging sie wieder zu Boden. Nun zeigte Küchler an, Hammer sei durch einen Schlag auf den Hinterkopf gefällt worden. Es kamen dann auch Betreuer von Hammer in den Ring, um ihrem schwer angeschlagenen und noch wankenden Schützling beizustehen. Als Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, sich darüber beschwerte, seine Boxerin sei durch einen Ellenbogenschlag niedergestreckt worden, schien Küchler diese Auffassung auch gleich zu übernehmen. Jedenfalls zeigte er einem Punktrichter einen Ellenbogenschlag an. Küchler disqualifizierte Mathis.
Um es noch deutlicher zu sagen: Anne Sophie Mathis hat Christina Hammer absolut regelkonform KO geschlagen. Selbst wenn ein Schlag von fünf nicht die Schläfe, sondern den Hinterkopf getroffen haben sollte, ist dies noch kein Grund, sie zu disqualifizieren. Schließlich war es Hammer, die gefoult hatte, indem sie die Faust ihrer Gegnerin einklemmte. Nun könnte man argumentieren, der arme Manfred Küchler sei etwas überfordert gewesen, hätte einfach ein wenig den Überblick verloren und daher so konfus reagiert. Seltsam an Küchlers Agieren war nur, dass er das Naheliegende, nämlich Hammer auszuzählen, nicht machte. Es sah vielmehr so aus, als wollte er alles nur Erdenkliche tun, um Hammer nicht verlieren zu lassen. Zwar könnte man versuchen, das Handeln von Küchler zu rechtfertigen durch Stress, Überforderung, Unterzuckerung oder irgendetwas anderes. Tatsache ist jedoch, dass Küchler ein Wiederholungstäter ist.
Bereits am 14.10.2011 versuchte er, einem Heimboxer eine Niederalge zu ersparen. Damals boxten im Schwergewicht Alexander Petkovic und Cisse Salif gegeneinander. Es ging in dem Kampf um den vakanten WBA International Titel. Petkovic wirkte unmotiviert und untrainiert. Das wäre nun aber noch kein Problem gewesen, denn Salif ist am Ende seiner Karriere wohl nicht in den Ring gestiegen, um zu gewinnen. In den ersten drei Runden machte er dann auch wenig. In der vierten Runde jedoch kam er mit einer rechten Grade zum Kopf durch und Petkovic ging schwer zu Boden. Küchler zählte ihn an. Wenig später ging Petkovic wieder runter und wurde wieder von Küchler angezählt. Salif nahm nun Tempo raus, schlug ein paar halbherzige Jabs und vermied es, die Rechte einzusetzen. So schaffte es Petkovic eineinhalb Minuten zu überstehen.
In der folgenden Runde konnte man dann eine Manfred Küchler Show bewundern. Den ersten Körperhaken nahm Küchler zum Anlass für einen Punktabzug wegen Tiefschlags. Diesen Tiefschlag hat aber nur er gesehen, wenn er ihn denn sah. Aber wie heißt es: The show must go on. Ein kurzer linker Haken zum Kopf fällte wenige Sekunden später Petkovic erneut. Küchler fing nicht an zu zählen. Er ließ sich Zeit. Er gab Petkovic viel Zeit, um dann Salif erneut wegen Tiefschlagens einen Punkt abzuziehen. – Muss man noch erwähnen, dass es keinen Tiefschlag gab? Aber es wurde noch absurder. Wieder wenige Sekunden später zwangen ein linker und ein rechter Haken zum Kinn Petkovic erneut zu Boden. Küchler zählte wieder nicht, sondern gab dem angeschlagenen Boxer Zeit sich zu erholen. Und dann ermahnte er auch noch Salif – wofür auch immer! Er drohte ihm sogar mit Disqualifikation. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Der Ringrichter Manfred Küchler ermahnt einen Boxer und sagt ihm, er werde ihn disqualifizieren, wenn er seinen Gegner noch mal durch einen oder mehrere Schläge zum Kopf niederschlägt!
Anfang der sechsten Runde ging Petkovic dann auch tatsächlich wieder zu Boden, nachdem er eine Links-Rechts-Kombination zum Kopf nehmen musste. Küchler zählte ihn – man muss schon sagen, überraschenderweise – sogar an. Wenige Sekunden später musste Petkovic nach einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken aufs Knie runter. Er stand auf und ging in seine Ecke, um sich zu beschweren, was normalerweise als Aufgabe zu werten gewesen wäre. Aber es stand ja Manfred Küchler im Ring und der disqualifizierte Salif für wiederholtes – imaginäres – Tiefschlagen.
Nachdem Manfred Küchler also schon im Oktober 2011 eine der skandalösesten Ringrichterleistungen aller Zeiten gezeigt hatte, tat er sich also am 26. Juli 2014 erneut hervor. Küchler hat dem Ansehen des Boxens in Deutschland massiven Schaden zugefügt. Vermutlich hat er das nicht gewollt. Er wollte sicher nicht als der wohl schlechteste deutsche Ringrichter dastehen – und die Konkurrenz in Deutschland ist da schon hart. Er wollte wohl nur dem Veranstalter zu Diensten sein und dem Heimboxer/der Heimboxerin zum Sieg verhelfen. Er wollte vermutlich das Boxen in Deutschland beschützen – vermutlich. Mit Sicherheit aber will er weiter zu Veranstaltungen eingeladen werden, ein Wochenende in einem guten Hotel, in einer schönen Stadt verbringen und dabei noch Geld verdienen. Aber gerade das zerstört eben die Glaubwürdigkeit des Profiboxens. Ringrichter wie Manfred Küchler schaden dem deutschen Boxsport.
An dieser Stelle müssen sich nun auch Veranstalter und TV Sender die Frage gefallen lassen, weshalb sie Ring- und Punktrichter akzeptieren bzw. einladen, die in dieser Form Boxer oder Boxerinnen um ihren Sieg gebracht haben. Ehrlicherweise sollte man das Kind nun auch beim Namen nennen: Es ist davon auszugehen, dass es Punkt- und Ringrichter gibt, die korrupt sind und die betrügen. Mir sagte mal ein Punktrichter im Vertrauen: „Ich will auf Veranstaltungen eingeladen werden. Deswegen punkte ich so.“ Es gibt Veranstalter, die die Chuzpe haben zu behaupten, sie könnten nichts für die Punkt- und Ringrichter, weil die ja vom Verband kommen. Ich kann hierin nur den Versuch erkennen, die Öffentlichkeit anzulügen. Natürlich kann ein Veranstalter Punkt- und Ringrichter ablehnen. Aber warum tauchen dann denn immer wieder dieselben Offiziellen, die für ihre Heimurteile bekannt sind, an den Ringen auf. Jeder Veranstalter, der einen Ring- oder Punktrichter wie Manfred Küchler akzeptiert – und Küchler steht für mehrere Andere – setzt sich dem Verdacht aus, dass er im Notfall lieber eine „Küchler Show“ haben will, als seinen Boxer oder seine Boxerin vielleicht verlieren zu sehen.
Zurück zu Christina Hammer. Auch nach dem Kampf zeigte sie kein sehr souveränes Verhalten. Offensichtlich fühlte sie sich als Siegerin. Auch als sich die Empörung der Boxfans weltweit immer lauter Luft machte, blieb sie bei ihrer Sichtweise. Sie schrieb auf ihrer Facebookseite:
Liebe Fans und liebe Boxsportfreunde,
Nachdem ich mir die Situation im Kampf vom Samstag nochmals auf Video ansehen konnte und mich etwas erholt habe, möchte ich gerne folgendes Statement abgeben.
Ich habe mich hart auf diesen Kampf vorbereitet und habe mich sehr darauf gefreut. Anne Sophie Mathis ist eine sehr erfahrene Boxerin und sie war am Samstag ebenfalls sehr fit. Jedoch erwischte ich den besseren Start und konnte in den ersten vier Runden meine Gegnerin beherrschen. Ich traf oft und deutlich, so dass ich in den ersten vier Runden auf allen drei Punktzetteln mit 40:36 vorne lag.
In der fünften Runde kam es zur Disqualifikation der Gegnerin und das nicht ganz ohne Grund. Mit ihrer rechten Hand hatte sie mir mehrmals zwischen Ohr und Hinterkopf getroffen, wobei der letzte Schlag direkt auf den Hinterkopf war. Ich möchte hier betonen, das ist Profiboxen, kein MMA.
Ich bin Boxerin, aus voller Überzeugung und mit echtem Herzblut. Ich trainiere hart, unerbittlich und ich gehe in den Ring um alles zu geben und dies habe ich auch hier getan.
Ich bin kein Promotor, kein Manager, kein Ringrichter und kein Offizieller. Ich habe das Urteil bei meinem Kampf nicht getroffen. Ich kann verstehen, dass manche Fans aufgebracht sind und unzufrieden mit dem Ausgang des Kampfes sind. Jedoch freue ich mich gleichfalls, wenn man hier fair bleibt und nicht mir das Urteil vorwirft. Denn damit habe ich nichts zu tun und trage auch nicht die Verantwortung. Hätte der Ringrichter dies nicht gesehen, dann wäre ich die Leidtragende gewesen, er hätte die Hand meiner Gegnerin zum Sieg gehoben. Fehlurteile passieren leider in jeder Sportart, aber die Disqualifikation von Mathis war definitiv kein eindeutiges Fehlurteil.
Ich habe den Kampf gegen Mathis natürlich nicht so gewonnen, wie ich ihn gewinnen wollte, aber ich habe den Kampf mit Sicherheit nicht verloren. Disqualifikation kommt im Profiboxen nicht oft vor, aber auch dies gehört zu den möglichen Urteilen in unserem Sport und nach meinen bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfen, bin ich ein Teil eines derartigen Kampfes geworden. Das Urteil habe ich jedoch nicht zu verantworten!
Bereits im Ring habe ich meiner Gegnerin einen Rückkampf von meiner Seite aus versprochen und hoffe sehr, dass es dazu kommt. Ich möchte nochmals gegen Anne Sophie boxen und der Boxwelt zeigen, dass ich sie eindeutig besiegen kann. Für die Planung und die Ansetzung neuer Kämpfe ist mein Promotor von SES Ulf Steinforth zuständig und ihm vertraue ich hier zu 100%. Ich verstecke mich vor keiner Gegnerin und kenne keine Angst im Ring – vor nichts und niemanden.
Was kann ein Sportler mehr machen, als sich zu stellen?! Ich bin bereit, jederzeit wieder gegen Mathis zu boxen, egal wo und egal wann und egal in welcher Gewichtsklasse.
Vielen Dank für Euer Verständnis und eure Unterstützung.
Eure Christina Hammer“
Hammer ist bis jetzt von der Öffentlichkeit gut behandelt worden. Die BILD Zeitung war bis jetzt ein loyaler Fan von ihr. Sie ließ sich so schöne Überschriften einfallen wie: „K.o.- Braut: So sexy ist Christina Hammer“ oder „Schöne Christina schlägt in Dessau zu – Hammer-Diät für 3. WM-Gürtel“. Auch veröffentlichte sie Zitate von ihr wie „Ich würde gerne gegen die Klitschkos boxen!“ Da ist es schon verständlich, dass Hammer es nicht gewohnt ist, mit Kritik umzugehen. Ihr offener Brief ist, nach meinen Geschmack, ein wenig zu trotzig geraten. Ein klitzekleines bisschen Selbstkritik hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Sie erwähnt nicht mit einem Wort ihr Einklemmen der Führhand, das ja überhaupt nur zu den Treffern geführt hat, die sie KO gingen ließ. Stattdessen verweist sie auf ihre „bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfe“.
Christian Hammer ist es offensichtlich nicht gewöhnt, mit Kritik umzugehen. Das ist natürlich auch wirklich nicht einfach. Ob sie sich aber einen Gefallen damit getan hat, alle kritischen oder negativen Äußerungen auf ihrer Facebook Seite zu löschen, das sei noch dahingestellt sein. Mittlerweile ist ihre Seite nicht mehr verfügbar. Auch ihr offizieller Internetauftritt ist das Gegenteil von selbstkritisch. Dort heißt es: „Nach einer ansehnlichen ersten Runde wurde der Kampf in den nächsten Runden vom Klammern, Halten und unsauberen Aktionen geprägt. In der fünften Runde musste Christina Hammer schwer angeschlagen zu Boden, nachdem sie von Mathis gehalten und in dieser Aktion hart auf den Hinterkopf geschlagen wurde. Der Ringrichter beendete den Kampf durch Disqualifikation auch wegen Nachschlagens von Anne Sophie Mathis. Christina Hammer wurde somit die neue WBO-/WBF-Weltmeisterin im Jr. Mittelgewicht.“ – Derjenige, der das geschrieben hat, sollte sich eventuell doch mal ein Video von dem Kampf ansehen. Abgesehen davon erwähnt Hammer auf ihrer Homepage auch nicht, dass sowohl BDB als auch der WBO den Kampf zu einem no contest erklärt haben. Also ist Hammer mitnichten „Weltmeisterin in drei Gewichtsklassen“.
Ich fürchte, Hammer hat immer noch nicht verstanden, dass eine Boxerin von ihren Fans lebt. Wenn aber die Mehrheit der Fans sie einen Kampf nicht gewinnen sieht und sie dennoch weiter offensiv auf ihrem Sieg beharrt, dann hat sie ein Problem. Denn Fans können sich auch abwenden, und Sympathie kann in Antipathie umschlagen. So etwas haben wir ja schon bei Syuzanna, genannt Susianna oder Susi Kentikian (36 Kämpfe, 33 Siege, 17 durch KO, 2 Niederlagen) erlebt. Einst war die selbsternannte „Killer Queen“ ein Liebling der Medien. Anrührende Geschichten wurden über sie geschrieben. Sie machte sogar Werbung für „Milchschnitte“. Heute ist das alles vorbei. Kaum jemand interessiert sich heute noch für die WBA Weltmeisterin im Fliegengewicht. Und das liegt vor allem an den Kämpfen, die in ihren Kampfrekord als gewonnene oder als no contest eingegangen sind, die aber nach Meinung der Fans von ihr klar verloren wurden.
© Uwe Betker
Boxen in der Glaspyramide
Will man eine Boxveranstaltung sehen, in der zwei Frauenboxkämpfe die Hauptkämpfe sind, dann muss man wohl schon nach Österreich fahren. Das Trend Eventuell Pyramide in Wien, oder besser gesagt in Vösendorf bei Wien, war am 21.06.2014 Austragungsort dieser bemerkenswert guten Veranstaltung. Die Halle ist eine Glaspyramide, die früher eine tropische Wellness Oase beheimatete. Die Palmen und das üppige Grün, die von dem ehemaligen Bad geblieben sind, und einbildeten den Rahmen für einen sehr schönen Austragungsort für Boxveranstaltungen.
Der laue Sommerabend begann mit der Begegnung zwischen Manuel Buchheit (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Petr Gyna (27 Kämpfe, 4 Siege, 4 durch KO, 22 Niederlagen, 16 durch KO, 1 Unentschieden) im Leichtgewicht. Buchheit punktete mit Links-Rechts-Kombinationen, begann aber etwas überhastet. Gyna kam daher anfangs noch ein ums andere Mal mit seiner Linken zur Stirn durch. Einmal traf er sogar mit einem schönen Aufwärtshaken den Kopf. Buchheit bestimmte aber den Kampf. Dies machte er auch im zweiten Durchgang, in dem er dann den Druck erhöhte. Mitte der Runde stellte er seinen Gegner in dessen Ringecke, wo er ihn mit einem rechten Körperhaken zu Boden zwang. Kurze Zeit später musste, nach einer Körper-Kopf-Kombination, Gyna erneut zu Boden. Allerdings waren das wohl eher noch die Spätfolgen des ersten Niederschlags. Es sah danach aber zuerst noch so aus, als könnte er das Rundenende erreichen. Buchheit jedoch stellte ihn erneut in seiner Ecke. Er ließ ihn dann auch nicht mehr heraus und deckte ihn mit Schlägen ein. Langsam sackte Gyna in sich zusammen und ging zu Boden. Der Ringrichter Erich Straub brach den Kampf zu Recht ab. TKO Runde 2 nach 2 Minuten 52.
Der folgende Kampf im Junior Weltergewicht ging über die volle Distanz von 8 Runden.
In ihm trafen Kim Poulsen (26 Kämpfe, 25 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) und Ivo Gogosevic (13 Kämpfe, 8 Siege, 3 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) aufeinander. Zunächst sah es noch nach einer relativ einfachen Angelegenheit für Poulsen aus. Er boxte die ersten beiden Runden überlegt und überlegen. Er trieb seinen Gegner vor sich her, schlug aber wenig.In der dritten Runde veränderte sich dann der Kampfrhythmus. Gogosevic fing im Rückwärtsgang an zu joggen und er versuchte, mit überfallartigen Angriffen zum Ziel zu kommen. In der folgenden Runde versuchte er es mit wildem Keilen. Als er Poulsen zu Boden schubste und dem Knienden dann auch noch einen Schlag auf dem Hinterkopf verpasste, wurde er mit einem Punktabzug von Ringrichter Joseph Tremml bestraft. Hiernach wurde der Kampf von Runde zu Runde härter und vor allem von Gogosevic immer schmutziger geführt. Er sprang in seine Angriffe herein, stieß mit dem Kopf, schlug auf dem Hinterkopf, klemmte den Arm ein und schlug zu, schlug nach dem Break Kommando noch mal, schubste, setzte eine Beinsichel ein und vieles mehr. Der Ringrichter ließ ihn weitestgehend gewähren, was dem Kampf nicht zuträglich war. Aber auch Poulsen trug seinen Teil dazu bei, dass der Kampf schmutzig wurde. Er boxte nicht, d.h. er war zu inaktiv und setzte viel zu wenig seine Führhand ein. Am Ende stand ein einstimmiger Punktsieg für Poulsen, aber auch bei einem Unentschieden hätte er sich nicht beschweren können.
Özlem Sahin (18 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) bestritt ihren ersten WM Kampf. Sie boxte um die drei vakanten Titel im Strohgewicht der WIBF, WBF und GBU (Women’s International Boxing Federation, World Boxing Federation und Global Boxing Union), wobei der WBF Gürtel ein Intercontinental Titel war. Ihre Gegnerin war Thuion Thanyathada alias Buangern OnesongchaiGym (18 Kämpfe, 11 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Sahin begann gut und wurde von Runde zu Runde stärker. In der ersten Runde punkte sie mit ihrer variablen Führhand. Sie schlug zu Körper und Kopf. Buangern OnesongchaiGym konnte Sahin, obwohl sie größer ist und einen sichtbaren Reichweitenvorteil hatte, nicht auf Distanz halten. In der zweiten Runde kam Sahin noch stärker und traf nun auch häufiger mit der Rechten. In der dritten Runde versuchte die Thailänderin den Vorwärtsdrang von Sahin durch Klammern zu unterbinden, was ihr aber nur bedingt gelang. Ein harter rechter Kopfhaken am Anfang der Runde hatte sie beeindruckt. Zum Ende hin suchte Sahin den KO, aber geschicktes Klammern von Thanyathada führte dazu, dass beide Boxerinnen auf dem Ringboden landeten. Im folgenden, vierten Durchgang nahm Thanyathada viel und am Ende schien sie etwas wackelig auf den Beinen zu sein, schaffte aber noch die Ringpause. In der folgenden Runde musste sie wiederum viele Treffer nehmen und es stellte sich nun ernsthaft die Frage, ob sie den Kampf bis zum Schluss würde durchhalten können. In der sechsten Runde wurde diese Frage dann schließlich beantwortet. Bereits am Anfang musste sie nach einer längeren Kombination, die sie nehmen musste, zu Boden und wurde angezählt. Wieder auf den Beinen deckte Sahin sie weiter mit Schlägen ein, unter denen sie zusammenbrach und ausgezählt wurde. KO in Runde 6 nach 1 Minute und 10 Sekunden. – Ein großer und beeindruckender Sieg für die neue Doppelweltmeisterin im Strohgewicht.
Im Supermittelgewicht trafen Omar Jatta (22 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO, 9 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Titusz Szabo (61 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 56 Niederlagen, 26 durch KO, 1 Unentschieden) aufeinander. Jatta dominierte den ganzen Kampf. Er zeigte schöne gerade Links-Rechts-Kombinationen. Am Ende der Runde brachte ein rechter Schwinger Szabo zum Wackeln. Dieser konnte sich jedoch in die Ringpause retten. In der zweiten Runde erhöhte Jatta den Druck und kam auch immer häufiger durch. Szabo musste in ihr dreimal zu Boden. In der folgenden Runde brachte Jatta eine schöne rechte Garde zum Kopf durch, die Szabo zu Boden zwang. Er kam zwar noch mal hoch wurde aber direkt in der folgenden Aktion wieder zu Boden geschickt. Jetzt hatte der Ringrichter genug gesehen und brach den ungleichen Kampf ab. TKO in Runde 3 nach 1 Minute und 1 Sekunde.
Dann kam die zweite Frauenweltmeisterschaft des Abends. Es boxten Eva Voraberger (21 Kämpfe, 18 Siege, 9 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) und Marasri Sriliwai alias Nonggift OnesongchaiGym (9 Kämpfe, 6 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlage, 1 Unentschieden) um die vakanten Titel der WIBF und der WBF (Women’s International Boxing Federation und World Boxing Federation) im Super Fliegengewicht. Voraberger war die Hauptprotagonistin des Abends. Das lag nicht nur daran, dass sie die Hauptkämpfern an diesem Abends war, sondern vor allem auch daran, dass praktisch nur ihr Handeln im Ring den Kampf bestimmte. Der Kampf entwickelte sich zu einer regelrechten Ringschlacht, die hin und her wogte und bis zum Schluss spannend blieb.
Die erste Runde ging an Voraberger. Sie setzte ihre Gegnerin unter Druck, musste aber mehrfach Treffer zum Kopf, mit der Rechten geschlagen, nehmen. Die folgende Runde ging dann an Nonggift OnesongchaiGym; Voraberger war zu inaktiv und wartete zu sehr auf den einen alles entscheidenden Schlag. So ging der Kampf hin und her. Voraberger sah immer gut aus, wenn sie gegen die Rechtsauslegerin ihre Linke einsetzte. Sie sah nicht so gut aus, wenn sie ihre Rechte unvorbereitet schlug. Am Ende der achten Runde war der Ausgang des Kampfes noch offen. Mit einer bemerkenswerten Energieleistung sicherte sich Voraberger aber schließlich nach zehn Runden den einstimmigen Sieg. Die Punktrichter werteten 97:94, 97:93 und 96:94. Mit diesem Sieg schrieb Voraberger Boxgeschichte, denn sie ist die erste Österreicherin, die in Österreich einen WM Kampf bestritt.
Zum Abschluss gab es dann noch einen Achtrunder im Weltergewicht, in dem Laszlo Toth (18 Kämpfe, 18 Siege, 13 durch KO) und Arkadiusz Malek (24 Kämpfe, 13 Siege, 4 durch KO, 7 Niederlagen, 5 durch KO, 5 Unentschieden) aufeinander trafen und über die angesetzte Distanz gingen. Toth zeigte schönes Boxen. Besonders seine Linke gefiel. Malek versuchte sein Glück mit Kopfhaken, die nicht ungefährlich waren. Zum Ende hin baute er aber ab und kämpfte nur noch darum, nicht vorzeitig zu verlieren. Der Punktsieg von Toth war einstimmig und deutlich.
Zu erwähnen bleibt mir noch, dass es im Rahmenprogramm der wirklich guten Veranstaltung von Peter M. Pospichal (Box-Team Vienna) noch Muay Thai- und Kickboxkämpfe zu sehen gab. In einem davon verlor die Kickboxlegende Stefan Leko durch eine verletzungsbedingte Aufgabe in Runde 1 gegen Murat Karabulat. Außerdem gaben sich Richard Lugner und Tatjana Gsell die Ehre. Der längste Tag des Jahres bekam mit dem Boxen in der Glaspyramide einen schönen Abschluss.
(C) Uwe Betker
Die ultimativ subjektive Liste 2013
Boxer des Jahres
Robert Stieglitz (49 Kämpfe, 46 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) wurde am 23.03.2013 Weltmeister der WBO im Super Mittelgewicht. Er besiegte dabei nicht nur den Titelträger Arthur Abraham, der ihn 25.08.2012 als Weltmeister entthronte hatte, sondern er zwang ihn zur Aufgabe.
Boxer des Jahres (ehrenhalber)
Der Weltergewichtler Alexander Mengis (5 Kämpfe, 4 Siege, 1 KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) gab Alles für den Sport, den wir lieben. Er gab sogar seine Gesundheit dafür. Am 23.05.2013 wollte er in Berlin gegen Stefan Worth seinen Internationalen Deutschen Meistertitel verteidigen. In der der 8. Runden ging er KO. Er war schwer verletzt und wurde in einem berliner Krankenhaus in ein künstliches Koma versetzt. Er gab eine Notoperation und eine Verlegung nach Stuttgart.
Nach meinen Informationen gibt es keinen, der für den Zustand von Mengis verantwortlich ist. Alle Beteiligten haben wohl Alles richtig gemacht. Boxen ist gefährlich und Alexander Mengis ist das Opfer einer furchtbaren Tragödie.
Boxerin des Jahres
Elina Tissen (19 Kämpfe, 17 Siege, 6 durch KO, 2 Niederlagen), die in Orynbor, Russland geborene „Elin The Machine“, boxte am 26.10.2013 gegen Fleis Djendji, die bis dahin von ihren 37 Kämpfen immerhin 16 gewinnen konnte. Eine interessante Wahl auf dem Hintergrund, dass sie ungeschlagene und andere Boxerinnen mit sehr viel besseren Kampfrekorden als Gegnerin abgelehnt hatte.
Bei ihrem Kampf gegen Djendji soll es um den vakanten GBU-Titel im Superbantamgewicht gegangen sein. Die „5-Fach Worldchampionesse“ gewann natürlich einstimmig nach Punkten. Das Problem an diesem Kampf ist nur, dass die Global Boxing Union den Kampf nicht sanktioniert und nicht beaufsichtigt hat. Offensichtlich hat überhaupt kein Verband Aufsicht geführt, jedenfalls war keiner willens ihn bei boxrec eintragen zu lassen. – Wenn ich mich recht entsinne, lehnte Frau Tissen dieses Jahr eine Pflichtverteidigung ab, weil ihr der deutsche Verband zu unseriös sei.
„Die 5-Fach Worldchampionesse“ Tissen ist die beste Boxerin der Welt, daher braucht sie auch keine Punktrichter und Ringrichter von irgendwelchen Verbänden. Daher ist sie auch die „Boxerin des Jahres“.
KO des Jahres
Gennady Golovkin schlug am 29.06.2013 Matthew Macklin in der dritten Runde KO. Jenen „Mack The Knife“ Macklin, der am 25.06.2011 gegen Felix Sturm umstritten nach Punkten unterlag. Er hatte aber gegen Golovkin keine Chance. GGG jagte und erlegte ihn. Ein unglaublich präziser und ansatzlos geschlagener Leberhaken beendete den Kampf.
Schlechteste Veranstaltung des Jahres
Es gab leider viele schlechte Veranstaltungen. An deutschen Ringen sitzen immer noch Punktrichter, die im Sinne der großen Veranstalter punkten und nicht das bewerten, was im Ring zu sehen ist. Es wird immer noch an der Waage manipuliert. Es werden Boxer für Kämpfe gebucht, die sie nicht gewinnen können und dabei passiert es, dass sie verletzt werden. Die schlimmsten Veranstaltungen sind jene, bei denen Boxerinnen oder Boxer zu Schaden kommen.
Rookie (männlich) des Jahres
Der Super Mittelgewichtler Vincent Feigenbutz (10 Kämpfe, 9 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO) geht seinen Weg. In seinem zweiten Kampf verlor er durch TKO. Die folgenden Kämpfe konnte er alle gewinnen und fast alle durch KO. Er boxte bereits in Ungarn und in Polen.
Rookie (weiblich) des Jahres
Die 29-jährige Melanie Zwecker (4 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO) schickt sich an, das Federgewicht aufzumischen. Die von Michael Siegel trainierte Boxerin aus Karlsruhe ist eines der größten weiblichen Talente in Deutschland. Es bleibt zu hoffen, dass sie viele Kämpfe bekommt, um sich sportlich weiterzuentwickeln und in den Ranglisten weiter aufzusteigen.
Absteiger des Jahres
Waldemar Kluch, der Käufer der Hülle von Universum Box-Promotion, schickte wohl folgende SMS an Klaus-Peter Kohl: „Sie haben unsere wahrnung ighnorirt. Ich habe die freundlichkeit ihnen mitteilen ich habe bekommen ihnen Hand und Ohr abschneiden. Sie haben 2 wochen sich einigen wegen universum mit anwahlt. kein wort an Polizei oder klug. sonst sofort Kugel in Kopf. Deine letzte Chance danach du nie wieder gesund dein geld ausgeben. Allah dich bestrafen Du ungläubiger.“
Aufsteiger des Jahres
Eva Rolle, die früher in Berlin Profiboxkämpfe veranstaltete, wurde zur Präsidentin des MBC, Malta Boxing Council, des maltesischen Verbandes gewählt. Keiner versteht, warum dies geschah und weshalb der maltesische Verband eine Ausländerin zu seiner Präsidentin machte. Aber dies ist sicherlich ein Aufstieg für Frau Rolle, der sich vermutlich auf finanziell für sie lohnen dürfte.
Aussteiger des Jahres
Der russische Schwergewichtler Alexander Wladimirowitsch Povetkin (27 Kämpfe, 26 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage) ließ sich seit Mitte 2005 von den Rundfunkgebühren der Deutschen bezahlen. Als Gegenleistung boxte er ein wenig, vermied es aber, gegen einen der Klitschkos anzutreten und arbeitete an seiner politischen Karriere als loyaler Gefolgsmann von Wladimir Putin. Am 05.10.2013 stellte er sich endlich Wladimir Klitschko (64 Kämpfe, 61 Siege, 51 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) und verlor klar nach Punkten. Nun hat der in Tschechow lebende Povetkin angekündigt, natürlich nicht auf Deutsch, denn er hat sich schließlich 8 Jahre lang geweigert, auch nur ein Wort Deutsch zu sprechen, nicht mehr für Sauerland Event anzutreten. Er wird in Zukunft für den russischen Milliardär Andrey Ryabinski antreten, der zuletzt den Kampf zwischen ihm und Klitschko für 23 Mio. US-Dollar ersteigert und veranstaltet hatte.
Veranstalter des Jahres
Der Magdeburger Veranstalter Ulf Steinforth hat sich etabliert. Von den großen Promotern in Deutschland, ist er derjenige, der die solidesten Veranstaltungen auf die Beine stellt. Mit seinem WBO Weltmeister im Super Mittelgewicht, Robert Stieglitz (49 Kämpfe, 46 Siege, 26 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO), hat er den Mann unter Vertrag, der Arthur Abraham zur Aufgabe zwang und entthronte.
Man kann auch sagen SES Boxing ist gerade noch „Veranstalter des Jahres“ geworden. Die beiden letzten Gegner von Stieglitz hätten allerdings wirklich besser sein können. Und Michael Wallisch (10 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO) eine Internationale Deutsche Meisterschaft gegen einen Alexander Kahl boxen zu lassen, der von der EBU gesperrt war, ist geradezu ein Tiefschlag. Man darf gespannt sein, in welche Richtung sich SES Boxing entwickelt.
Der Newcomer Michaelis TV aus Erkrath zeigte allen in der Branche bei seiner ersten Veranstaltung, wie es geht. Es wurden gute Kämpfe und eine perfekte Show gezeigt. Man darf gespannt sein, ob Bernd Michaelis dem Boxen treu bleibt und damit weiter der Konkurrenz zeigt, wie es geht.
Veranstaltung des Jahres
Die Veranstalter Benedikt Poelchau und Götz Bauer (Blanko Sports) machten am 07. September 2013 in Ravensburg ihre erste Veranstaltung und setzten damit direkt Standards. Es gab gutes Boxen zu sehen, die Kampfansetzungen waren durch die Bank weg gut und der Veranstaltungsort, ein Biergarten, war gut gewählt. Was will ein Boxfan mehr?
Blanko Sports schickt sich wohl an, auch in den USA zu veranstalten. Man kann hier nur viel Glück wünschen und hoffen, dass bald auch deutsche Boxer in den USA ihre Erfahrungen sammeln können.
Boxevent des Jahres
Den Rahmen bildete die „erste WM im Charity Boxen“, bei dem sich Uwe Hück, der Konzern-Betriebsratsvorsitzende und stellv. Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche AG und Luan Krasniqi in einem Ring in Ludwigsburg trafen. Der Newcomer aus Erkrath, Michaelis TV, machte alles richtig. Es gab gutes Boxen und eine perfekte Show zu sehen. Bemerkenswert ist, dass Bernd Michaelis das richtige Gespür für Profiboxen zeigte. Denn die Abfolge der Kämpfe sowie die Wahl des Hauptkampfes, ich spreche hier vom Profiboxen und nicht von Charity Boxen, war genau richtig.
Fehlentscheidung des Jahres
Istvan Szili vs. Goekalp Özekler. Am 23.08.2013 kam für Istvan Szili nur ein Unentschieden heraus, wo nach meiner Meinung nach ein klarer Punktsieg hätte stehen müssen. Die beiden BDB Punktrichter Frank Michael Maass (114:114) und Holger Wiemann (113:115) retteten für Oezekler ein Unentschieden. Auch der Ringrichter tat hierfür, was er konnte, indem er auf das ständige Klammern von Özekler durch Ignorieren reagierte.
Nun könnte man argumentieren, dass Szili ja immerhin noch ein Unentschieden bekommen hat und daher dieser Kampf nicht zur Fehlentscheidung des Jahres taugt. Dem muss man aber entgegenhalten, dass es diesmal nicht bei einem der üblichen Verdächtigen zu so einer Fehlentscheidung gekommen war, also nicht bei den Veranstaltern, bei denen so etwas schon fast zur Regel gehört. Dieses Mal reihte sich EC Boxing in die Reihe dieser Veranstalter ein und EC-Boss Erol Ceylan reagierte denn auch, genau wie die anderen Promoter, mit Aussitzen und Ignorieren.
Hinzu kommt, dass Istvan Szili eigentlich in die Kategorie „Boxer, der einen WM-Kampf verdient“, gehört. Durch die Aktivität der Punktrichter und des Punktrichters vom Bundes Deutscher Berufsboxer e.V. aber ist das Ziel Weltmeisterschaft in weite Ferne gerückt. Seit diesem Unentschieden bekam er nämlich keinen Kampf mehr.
Trainer des Jahres
Ulli Wegner. Wohl niemals zuvor hat ein Trainer einem seiner Schützlinge so deutlich in der Öffentlichkeit gesagt, dass er nicht an ihn glaubt. Wegner musste sich entscheiden, ob er am 26. Oktober 2013 sich in die Ecke von Ex-Weltmeister Arthur Abraham oder von Karo Murat stellt. Abraham bestritt einen Kampf um die Zeit bis zu einem neuen WM Kampf gegen Robert Stieglitz zu überbrücken. Murat bestritt einen WM Kampf gegen die Boxlegende Bernard Hopkins. Wegner beschloss, bei dem sicheren Sieger Abraham in der Ecke zu stehen. Er erklärte: „So ein Kampf ist eine einmalige Sache. Aber wir müssen Prioritäten setzen. Wir brauchen Arthur noch.“
Murat verlor und Abraham gewann erwartungsgemäß. Alle Fernsehzuschauer konnten in den Rundenpausen sehen, dass Wegner Abraham nicht mehr erreichen kann. Aber die Deutlichkeit, mit der Wegner an die Öffentlichkeit geht, macht ihn zum Trainer des Jahres.
Entgleisung des Jahres
Manuel Charr zog kurz in den „Promi Big Brother“ Container ein, um dort zu verkünden, er hielte Wladimir Klitschko für 100% schwul. Nun ist eigentlich das fremd- oder zwangsouten seit mehr als 20 Jahren out. Damals hatte der Schwulenaktivist Rosa von Praunheim, der mit bürgerlichen Namen Holger Radtke heißt, zwei Showmaster geoutet. Nun versuchte sich der Schwergewichtler Manuel Charr, der mit bürgerlichem Namen Mahmoud Omeirat Charr, in der gleichen Disziplin.
Boxkampf (männlich) des Jahres
Der WM Kampf zwischen Alexander Wladimirowitsch Povetkin (27 Kämpfe, 26 Siege, 18 durch KO, 1 Niederlage) und Wladimir Klitschko (64 Kämpfe, 61 Siege, 51 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) am 05.10.2013 war langweilig. Er war sogar furchtbar langweilig. Dennoch war er für mich der Boxkampf des Jahres, weil hier der linientreue russische Putingefolgsmann und russischer Nationalist in Moskau auf den Bruder des Führers der ukrainischen Opposition traf.
Boxkampf (weiblich) des Jahres
Den habe ich verpasst.
Comeback des Jahres (männlich)
Adnan Catic (45 Kämpfe, 39 Siege, 18 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO, 2 Unentschieden) ist wieder Weltmeister und diesmal sogar ein richtiger. Nachdem er, seit seiner Loslösung von Universum Box-Promotion 5-mal erfolgreich den WBA Super Champion Titel im Mittelgewicht verteidigte, den er laut Verbandsstatuten gar nicht tragen durfte, dann gegen Daniel Geale verlor und dadurch erstaunlicherweise seinen Titel verlor, konnte er am 07.122013 der IBF Weltmeister Darren Baker entthronen. Nun ist er also wirklich nach dreieinhalb Jahren wieder Weltmeister.
Catic zeigte in seinem Kampf gegen Baker die beste Leistung seit Jahren. Das letztlich eine Hüftverletzung von Baker zum TKO Erfolg führte, schmälert nicht die Leistung von Catic. Es war ein beeindruckendes Comeback. Man kann nur hoffen, dass Catic seine wieder gefundene Stärke jetzt auch dazu nutzt, gegen starke Gegner anzutreten.
Comeback des Jahres (weiblich)
Rola El-Halabi stieg nach 16 Monaten Zwangspause – ihr Stiefvater hatte auf sie geschossen und sie verletzt – am 12.01.2013 gegen Lucia Morelli wieder in den Ring. Sie gewann zwar nicht die Titel der WIBA (Women’s International Boxing Association), GBU (Global Boxing Union) und WBF (World Boxing Federation) im Leichtgewicht, aber sie zeigte einen guten Kampf und, was eventuell noch viel wichtiger ist, sie zeigte sich als gute und faire Verliererin, was leider sehr selten ist und was wirkliche Größe zeigt. Heute ist sie Weltmeisterin im Junior Weltergewicht nach Version WBF (World Boxing Federation).
Bester Show Act des Jahres
2013 gab es viele bemerkenswerte Show Acts:
Die Rundenpausen mit Ulli Wegner und Arthur Abraham. Diese beiden wirken auf mich wie ein seit ewigen Zeiten verheiratetes Paar, das sich nicht traut, sich scheiden zu lassen, obwohl es sich nichts mehr zu sagen hat und sich auch nicht mehr versteht.
Eine großartige Show war auch, als Ulli Wegner den Ringarzt Prof. Dr. med. Dr. med. habil. Walter Wagner zu Hilfe rief, um zu verschleiern, dass Arthur Abraham gegen Robert Stieglitz aufgegeben hatte.
Aber der beste Show Act war:
Kalle Sauerland kritisierte öffentlich den Kampfstil von Wladimir Klitschko. Er forderte fairere Kämpfe und dass man sich an die Regeln gehalten möge.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (männlich)
Nuri Seferi (40 Kämpfe, 34 Siege, 20 durch KO, 6 Niederlagen. 1 durch KO) ist Cruisergewichtler. Der Albanian Tyson ist nur noch einen Sieg von einer Platzierung entfernt, die ihn berechtigen würde, um eine WM zu boxen.
Boxer, der einen WM-Kampf verdient (weiblich)
Özlem Sahin (17 Kämpfe, 16 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden), die amtierende Interims Weltmeisterin im Junior Fliegengewicht nach Version WIBF ist eigentlich eine natürliche Minimumgewichtlerin. Sie muss kein Gewicht machen und ist dort stärker, als in den höheren Gewichtsklassen. Wir dürfen gespannt sein, ob sie 2014 einen WM Kampf im Minimumgewicht bekommt.
Boxer, der zu Unrecht übersehen wird
Agron Dzila (20 Kämpfe, 19 Siege, 15 durch KO, 1 Niederlage) ist ein Cruisergewichtler, dem man viel zutrauen kann. 2011 wurde er Jugend Weltmeister der WBC. Es wäre schön, wenn er 2014 ein paar Kämpfe gegen starke Gegner bekommen würde.
Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (männlich)
Felix Sturm vs. Gennady Golovkin. Sturm trat mit dem Anspruch an, gegen die Besten boxen zu wollen. Diesem Anspruch ist er bis jetzt nicht gerecht geworden. Man könnte sogar den Eindruck gewinnen, dass Sturm Golovkin seit den gemeinsamen Tagen bei Universum Box-Promotion aus dem Weg geht. Sturm hat sich durch seinen Sieg über Darren Baker seinen Platz im Geschichtsbuch des Boxens gesichert. Die Frage ist nun, ob dort auch vermerkt wird, dass er immer vor Golovkin davonlief. Es wird Zeit, dass Sturm seinen großen Worten nun auch Taten folgen lässt.
Boxkampf, den wir 2014 sehen wollen (weiblich)
Der Weltmeisterin der WBC, WBA und WBO im Weltergewicht, Cecilia Braekhus (23 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO), gehen die Gegnerinnen aus. Kaum eine Gegnerin hat auch nur die Spur einer Chance gegen sie. Hinzu kommt natürlich auch das sehr clevere Matchmaking von Sauerland Event. Die einzige Gegnerin, die ihr gefährlich werden kann, ist Jessica Balogun (25 Kämpfe, 23 Siege, 11 durch KO, 2 Niederlagen). Das erste öffentliche Aufeinandertreffen der beiden in einem Boxring, am 02.06.2012, konnte Braekhus für sich entscheiden. Balogun ist heute reifer und fokussierter und daher könnte ein Rückkampf auch anders ausgehen.
© Uwe Betker