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„Wir fliegen nicht nach Madrid, um Urlaub zu machen!“

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Am 22.06.2018 werden im Polideportivo Jose Caballero in Alcobenda, einer Vorstadt im Norden von Madrid, Joana Pastrana (13 Kämpfe, 12 Siege, 4 durch KO, 1 Niederlage) und Özlem Sahin (26 Kämpfe, 24 Siege, 8 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) im Ring aufeinandertreffen. Beide wollen den vakanten Titel der International Boxing Federation im Minimumgewicht erringen. Es verspricht ein sehr guter Kampf zu werden.
Beide Boxerinnen sind keine ausgesprochenen Puncherinnen. Beide haben nur eine KO-Rate von 33%. Es ist daher relativ wahrscheinlich, dass der Kampf über die volle Rundenzahl gehen wird. Pastrana ist mit ihren 27 Jahren die jüngere Boxerin. Sahin ist 41. Die Jugend spricht für Pastrana, die Erfahrung für Sahin, die doppelt so viele Kämpfe absolviert hat wie ihre spanische Kontrahentin.
Pastrana hat bis jetzt zwei Titelkämpfe im Minimumgewicht bestritten, einen um den World Boxing Council Silver Titel und einen um den der European Boxing Union. Den letztgenannten konnte sie für sich entscheiden. Sahin machte bis jetzt sechs Titelkämpfe. Sie gewann den Interimstitel der Women’s International Boxing Federation im Junior Fliegengewicht und im Minimumgewicht die WM Titel der WIBF, Global Boxing Union, Universal Boxing Organization und den Interkontinental Titel der World Boxing Federation.
„Natürlich bin ich Außenseiter, wenn ich in Madrid boxe. Joana Pastrana ist eine sehr starke Boxerin. Sie wird von der ersten Minute an Druck machen. Wie sie letztes Jahr Sandy Coget besiegte und dadurch Europameisterin wurde, war schon beeindruckend. Aber wir fliegen nicht nach Madrid, um Urlaub zu machen! Wir rechnen uns eine Chance aus und die wollen wir auch nutzen. Es wird ein sehr harter Kampf.“

Am Beispiel von Özlem Sahin kann man sehen, dass Profiboxen, besonders wenn es Frauen betreiben, sehr viel Idealismus braucht. Kaum ein männlicher Berufsboxer kann von seinem „Beruf“ leben. Bei den Frauen ist Situation noch viel schlimmer. Sahin ist eine berufstätige Frau. Sie ist Werk-Verpackungsbeauftragte für Bosch in Waiblingen. Dort gibt es ein „Diversity Management“. Ihr Arbeitgeber Bosch stellt sie immer wieder von der Arbeit frei, damit sie ihre Profiboxkämpfe vorbereiten und machen kann. Ihr Trainer ist Sebastian Tlatlik, und der hat sein Gym in Essen. Also fährt Sahin donnerstags abends, nach der Arbeit, von Ludwigsburg, wo sie wohnt, nach Essen – 425 km. Und am Sonntagabend, nach der letzten Trainingseinheit fährt sie wieder 425 km zurück, um am Monatag wieder bei Bosch „zu schaffen“. Während sie in Essen ist, macht sie noch Home Office, was nichts anderes heißt, als dass sie in ihrer trainingsfreien Zeit an ihrem Laptop arbeitet. Ohne die Unterstützung von Bosch könnte ich gar nicht boxen“, erklärt Sahin. „Alle unterstützen mich, mein Werksleiter, Herr Böhm, meine Gruppenleiterin, Fr. Erk, meine Kolleginnen und Kollegen. – einfach alle“.
Sahin: „Ich kann mich glücklich schätzen, dass GAZI mich seit Jahren unterstützt. Ohne diese Unterstützung hätte ich schon lange mit dem Boxen aufhören müssen. Ohne GAZI gäbe es mich als Boxerin gar nicht. Ich kann gar nicht oft genug meiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen.“
Der Kampf zwischen Joana Pastrana und Özlem Sahin wird höchst wahrscheinlich im spanischen Fernsehen übertragen. Das spricht einerseits für den Stellenwert des Frauenboxens in Spanien und andererseits für den Bekanntheitsgrad von Pastrana. – Wann ist eigentlich zuletzt im deutschen Fernsehen ein Frauenboxkampf übertragen worden? –
Also, am 22.06.2018 in Alcobenda bei Madrid wird es eine Veranstaltung geben, bei der ein großer Frauenboxkampf zu sehen sein wird.
© Uwe Betker

Boxen auf dem Fußballplatz

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Boxveranstaltungen auf Fußballplätzen kennt man eigentlich aus den zwanziger und fünfziger Jahren. Aber Björn Sothmann wählte für seine erste Veranstaltung einen Aschenplatz in Essen. Die Veranstaltung stand unter keinem guten Stern oder besser gesagt unter keinen guten Wolken. Denn bis kurz vor dem Beginn regnete es. Da aber im Vorverkauf bereits fast alle Eintrittskarten verkauft worden waren, stand dem Beginn der Show nichts im Wege. Das Problem war nur der Weg an den Ring und zu den Stühlen. Es war matschig.
Den Anfang machten zwei weibliche Debütantinnen im Super Leichtgewicht, Susan Kolukisa und Maike Sieberger. Kolukisa begann gut, verlor aber nach 30 Sekunden die Linie und Sieberger punkte mit der Führhand. In der zweiten Runde war Kolukisa wieder stärker, sie schob sich an ihre Gegnerin ran und brachte einige gute und harte Hände ins Ziel. Die dritte Runde war fast ausgeglichen und es gab viele Schlagabtausche. In der vierten Runde begann Kolukisa stark und stellte Sieberger in einer neutralen Ecke und deckte sie ein. Hiernach wogte der Kampf hin und her. Am Ende stand ein Unentschieden.

Es folgte ein Kampf im Schwergewicht zwischen Hasan Kurnaz (7 Kämpfe, 4 Siege, 4 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO) und Rojhat Bilgetekin (17 Kämpfe, 8 Siege, 8 durch KO, 9 Niederlagen, 8 durch KO). Kurnaz bestimmte weitest gehend den Kampf. Er hatte seine besten Momente, wenn er mit seiner Linken zum Körper ging. Bilgetekin beherrschte im zweiten Durchgang die Ringmitte und hatte seine Momente, wenn er eine Links-rechts-Kombination schlug. In der dritten Runde drehte Kurnaz auf. Er stellte Bilgetekin in dessen eigener Ecke und deckte ihn mit Kombinationen ein. Kaum war dieser aus der Ecke heraus, wurde er erneut an den Seilen gestellt und ging nach vielen Schlägen und vor allem einen einem Linken Kopfhaken zu Boden. Er wurde von GBA Ringrichter Roman Morawiec angezählt. Er stellte sich wieder, aber er wurde direkt wieder gestellt und musste nach einem rechten Kopfhaken wieder zu Boden. Während er angezählt wurde signalisierte er, dass er nicht mehr wolle. Sein Trainier reagierte und warf das Handtuch. Sieger durch TKO in Runde 3 nach 50 Sekunden: Hasan Kurnaz.


Hiernach gab es den ersten Titelkampf des Abends. Sandro Lütke Bordewick (13 Kämpfe, 6 Siege, 5 durch KO, 7 Niederlagen, 6 durch KO) und Sergej Vib (16 Kämpfe, 8 Siege, 5 durch KO, 8 Niederlagen, 6 durch KO) boxten die vakante Deutsche Meisterschaft im Leichtgewicht der German Boxing Association aus. Von der ersten Sekunde an, wurde der Kampf verbissen und hart geführt. Bordewick versuchte seinen Reichweitenvorteil zu nutzen, was ihm aber nicht gelang. Vib brachte die härteren Treffer ins Ziel. Immer wieder kam er mit dem Rechten Cross durch. Schon nach der ersten Runde sah es so aus, als ob Bordewick Konditionsproblem hätte. Ab der zweiten Runde versuchte Bordewick nur noch ganz selten lang zu boxen. Oft machte er sich klein, boxte nicht an und versuchte Haken zu schlagen, weshalb er immer mehr Schläge kassierte. In der Ringpause nach der zweiten runde wollte sein Trainer ihn schon aus dem Kampf nehmen, wenn er nicht mehr und besser boxen würde. Die dritte und vierte Runde war etwas verhaltener, aber Bordewick bekam dennoch weiter Prügel. Anfang der fünften Runde hatte er seine beste Szene, als er Vib in dessen eigener Ecke stellte. Aber nahezu alle Schläge trafen nur die Deckung. Im siebten Durchgang war nicht mehr zu übersehen, dass Bordewick tapferer ist, als für seine Gesundheit zuträglich. Irgendwann signalisierte er dann endlich seiner Ecke, dass er genug hat. Ein Handtuch flog. Sieger durch TKO in Runde 7 nach 2:35: Sergej Vib.


Den sportlichen Hauptkampf des Abends bestritten zwei Frauen, Özlem Sahin (25 Kämpfe, 23 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Sandy Coget (16 Kämpfe, 9 Siege, 6 Niederlagen, 1 Unentschieden). Dabei ging es um den WM Titel der UBO, Universal Boxing Organization, und dem Intercontinentaltitel der WBF von Sahin. In der ersten runde beherrschte Sahin, wie weitestgehend im ganzen Kampf, die Ringmitte und trieb Coget vor sich her und sammelte ihre Punkte. Coget wich zurück und versuchte gar nicht ihren erheblichen Reichweitenvorteil zu nutzen. In der zweiten Runde machte sie dann mehr, wodurch die Runde ausgeglichener war. In der dritten Runde erwischte Sahin Coget mit einer Rechten, als sie außer Balance war, wodurch diese dann sich auf dem Ringboden wieder fand. Der Ringrichter Thomas Hackenberg zählte bis acht. Die folgende Runde war hart umkämpft, wobei Sahin am Ende die klareren Treffer in Ziel brachte. Die sechste Runde ging an Coget. Sie boxte lang, nutzte ihren Reichweitenvorteil, wodurch Sahin nicht an sie heran kam. Die folgende Runde war wieder ausgeglichener. Beide Boxerinnen hatten ihre Momente. In der achten Runde konnte Coget, obwohl sie mehrfach gut durch kam sich Sahin nicht mehr vom Hals halten. In der folgende Runde bestimmet Sahin weitest gehend das Ringgeschehen. In der zehnten Runde gaben beide Boxerinnen noch einmal Gas. Es gab viel Schlagabtausche, aber wenig Treffer. Die Punktrichter werteten 95:94, 95:93 und 98:91. Einstimmige Punktsiegerin: Özlem Sahin.

Nach einer Pause, in der Cheerleader tanzten, trafen die beiden Schwergewichtler Ali Kiydin (3 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO) und Muhammed Ali Durmaz (34 Kämpfe, 10 Siege, 9 durch KO, 24 Niederlagen, 21 durch KO) aufeinander. Kiydin deckte seinen Gegner von der ersten Sekunde an mit Schlägen ein und ließ ihm keine Chance. Nach drei Niederschlägen nahm Ringrichter Thomas Hackenberg Durmaz aus dem Kampf. Sieger durch TKO in Runde 1, nach 2:15: Ali Kiydin.

Shokran Parwani (8 Kämpfe, 8 Siege, 7 durch KO) und Frank Blümle (19 Kämpfe, 14 Siege, 9 durch KO, 3 Niederlagen, 3 durch KO, 2 Unentschieden) boxten um den International Titel der World Boxing Federation im Cruisergewicht. Die Vorteile in dem schönen Kampf wechselten von Runde zu Runde. Parwani begann verhalten. Er zeigte eine schöne lange Führhand. Blümle ersuchte mit überraschenden Angriffen ans Ziel zu kommen. Wobei die Runde ab Blümle ging. In der zweiten Runde erhöhte Parwani den Druck. Es sah so aus, als ob Blümle nach einem rechten Kopftreffer kurz wackelte. In den folgenden Runden zeigten beide Boxer gutes Boxen, wobei Blümle mehr Hände ins Ziel brachte. Die vierte Runde ging wiederum an Parwani. In der fünften Runde kam wie aus dem Nichts ein perfekt getimter Leberhaken, der Blümle zu Boden schickte. Blümle kam nicht mehr rechtzeitig hoch. Sieger durch KO in Runde 5 nach 2:05 Minuten: Shokran Parwani.

Den Hauptkampf des Abend bestritt der Essener Lokalmatador Patrick Korte (11 Kämpfe, 11 Siege, 9 durch KO). Er traf auf Davit Gorgiladze (19 Kämpfe, 13 Siege, 11 durch KO, 6 Niederlagen, 6 durch KO). Korte wollte dem Publikum, welches vor allem wegen ihm gekommen war etwas bieten und er bot ihnen viel. Er stieg in den Ring um zu zerstören. Bereist mit der ersten Aktion ließ er Gorgiladze in die Seile taumeln. Dann fing Korte an seinen Gegner systematisch zu demontieren. Mehrfach kam er mit der Rechten zum Körper durch. Eine von diesen Schlägen zwangen dann Gorgiladze auch zu Boden. Dieser ging dann kurz vor Rundenende mit dem Knie zu Boden, um sich noch einmal anzählen zu lassen, den Kampffluss von Korte zu unterbrechen um die Runde zu überstehen. In der zweiten Runde arbeitet Korte systematischer. Er verteilte die Schläge. Ende der Runde „verlor“ Gorgiladze seinen Mundschutz um eine kleine Pause zu gewinnen. In der dritten Runde war Gorgiladze nur noch auf der Flucht und Korte auf der Jagd. Eine Rechte zum Körper zwang Gorgiladze erneut zu Boden. Ein Rechte zur Schläfe beendete dann den Kampf: Sieger durch KO in Runde 3 nach 25 Sekunden: Patrick Korte.

Obwohl es am Abend doch recht kühl wurde, war die Boxveranstaltungen auf dem Fußballplatz von Björn Sothmann ein voller Erfolg.
© Uwe Betker

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6. August 2017 at 23:59

Wie ein Porsche: Der 1. Paderborner Boxabend im Porsche Zentrum

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Wenn ein Autohaus von Porsche seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellt, um darin einen Ring aufstellen zu lassen, und wenn dann auch noch da geboxt wird, dann kann man schon viel erwarten. Sofern diese Erwartungen positiv waren, hat sie die Veranstaltung von Kai Gutmann auch alle erfüllt, ja übererfüllt. Um es vorab zu sagen: Die Veranstaltung hatte einfach Klasse. Der Veranstaltungsort war gut. Die Amateurkämpfe waren toll. Die Profiboxkämpfe waren unterhaltsam und spannend. Die Punkt- und Ringrichter waren gut und unauffällig. Die Nummerngirls hatte Klasse. Der Nummerboy war auch ansehnlich.
Die 500 Zuschauer der restlos ausverkauften Show sahen insgesamt 8 Boxkämpfe: drei Amateur- und fünf Profiboxkämpfe. Die drei Amateurboxkämpfe waren geradezu sensationell gut und hart. In den Ringschlachten siegten die Lokalmatadoren aus Lemgo: Sören Güse, David Terentschenko und Christen Wienig. Der Letztgenannte wurde dabei auch noch Deutscher Meister der GBA im Superweltergewicht.

Den ersten Profiboxkampf bestritten Maik Kurzweil (25 Kämpfe, 18 Siege, 18 durch KO, 7 Niederlagen, 5 durch KO) und Rojhat Bilgetekin (16 Kämpfe, 8 Siege, 8 durch KO, 8 Niederlagen, 7 durch KO) im Cruisergewicht. Die Begegnung war auf sechs Runden angesetzt. Es begann verhalten. Beide tasteten sich gegenseitig ab und versuchten nur einzelne Hände ins Ziel zu bringen. Es gab nur wenige Aktionen, wobei Kurzweil wohl eine Hand mehr im Ziel hatte. Die zweite Runde war dann schon sehr viel munterer. Kurzweil bearbeitete Bilgetekins Körper. Dieser schien alles ohne Problem wegzustecken. Dann kam Kurzweil plötzlich mit einem harten linken Haken durch, der Bilgetekin buchstäblich von den Füßen riss. Der Ringrichter Jens-Uwe Baum zählte bis zehn. Sieger durch KO in Runde 2, nach 1.25 Minuten: Maik Kurzweil.

Danach stiegen Beke Bas (9 Kämpfe, 9 Siege, 5 durch KO) und Karina Kopinska (30 Kämpfe, 9 Siege, 3 durch KO, 18 Niederlagen, 2 durch KO, 3 Unentschieden) für eine Vierrunder im Leichtgewicht in den Ring. Beide schenkten sich von der ersten Sekunde an nichts. Bas, als die Kleinere, musste immer erst an der langen Führhand von Kopinska vorbei, um Treffer zu setzen. Kopinska wiederum versuchte ihre Gegnerin schlicht zu überrollen. Immer wieder schlug sie lange linke Grade, gefolgt von einem rechten Schwinger. Spätestens in der zweiten Runde hatte Bas, die eine schöne und schnelle Beinarbeit zeigte, ihre Gegnerin im Griff. Am Ende der Runde ließen zwei Aufwärtshaken zum Kopf Kopinska einknicken. Im dritten Durchgang bearbeitete Bas mehr den Körper ihrer Gegnerin, um besser mit ihren Aufwärtshaken durchzukommen. Kopinska musste mehrfach klammern, weil ihre Beine wohl nachgaben. In der vierten Runde nahm Kopinska noch mehr und erreichte mit Müh und Not und Klammern den Schlussgong. Der Ringrichter Arno Pockrandt hatte in diesem sehr unterhaltsamen Kampf praktisch nichts zu tun. Einstimmiger Punktsieger: Beke Bas (40:36, 40:36 und 40:36).

Es folgte ein Sechsrunder im Super Mittelgewicht zwischen René Oeffner (10 Kämpfe, 10 Siege, 7 durch KO) und Dogan Kurnaz (13 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 10 Niederlagen, 9 durch KO). Der Kampf war einseitig. Oeffner boxte sehr verhalten, spielte geradezu mit Kurnaz. Er ließ seine Führhand rausschnellen und schaute sich an, was Kurnaz ihm so anbot, so dass er dann darauf reagieren konnte. Ringrichter Jens Kluge hatte nichts zu tun. Kurnaz versuchte, irgendwie über die Zeit zu kommen. Er boxte, er gab den Showman und er klammerte. Zur vierten Runde trat Kurnaz nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 4: René Oeffner.

Den zweiten Frauenboxkampf und den ersten Hauptkampf des Abends bestritten Leonie Giebel (12 Kämpfe, 11 Siege, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Maja Milenkovic (15 Kämpfe, 5 Siege, 1 durch KO, 19 Niederlagen, 3 durch KO) im Superfedergewicht. Es ging um den vakanten Titel der Eurasiameisterschaft der WBF, World Boxing Federation. Die beiden Boxerinnen zeigten insgesamt ein technisch gutes Boxen, wobei Giebel in allen Bereichen ihrer Gegnerin überlegen war. Sie beherrschte nach Belieben das Geschehen im Ring. Sie zeigte schöne Links-Rechts-Kombinationen und einen knackigen rechten Cross, der immer wieder traf. In der sechsten und siebten Runde sah es danach aus, als könnte Giebel vorzeitig gewinnen, aber Milenkovic schaffte es immer wieder, nicht zu Boden zu gehen. Am Ende der acht Runden stand als Punktsiegerin fest: Leonie Giebel (79:72, 80:72 und 79:73).

Den Abschluss bildete die vakante Internationale Deutsche Meisterschaft der GBA, German Boxing Association, im Weltergewicht. Ausgetragen wurde sie von Artur Müller (5 Kämpfe, 5 Siege, 1 durch KO) und Bilal Messoudi (8 Kämpfe, 4 Siege, 1 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden). Auch dieser Kampf ging über die Distanz. Müller boxte aufrecht und gerade. Er versuchte, seinen Reichweitenvorteil mit seiner guten Führhand zu nutzen. Seine Deckung war stabil. Messoudi ging schnell in die Halbdistanz, um dort Haken zum Körper zu schlagen. Er zeigte schöne Meidbewegungen.
Die drei Runden des Kampfs gehörten alle Müller. Messoudi konnte ihn zwar immer wieder überraschen, aber die meisten seiner Schläge trafen nur Müllers Deckung. Der ließ sich auch nicht durch kleine Showeinlagen provozieren. In der vierten und fünften Runde kam Messoudi auf. Er kam mehrfach überraschend hart durch, musste aber auch einstecken. In der sechsten Runde kam Müller wieder besser rein und dominierte mit seiner Graden. Mitte der achten Runde kippte der Kampf. Messoudi kam mehrfach mit harten Kopfhaken durch und es sah so aus, als sei Müller angeschlagen. Im weiteren Verlauf beherrschte er dann den Kampf. Am Ende des neunten Durchgangs machte er noch ein paar Faxen und lief dabei in eine Rechte hinein, die ihn einknicken ließ. Nur mit Mühe ereichte er noch das Rundenende. Der Kampf hatte sich ein weiteres Mal gedreht. In der zehnten und letzten Runde konnten beide Boxer nicht mehr, aber sie suchten beide noch den KO. Zwar war Müller irgendwann am Boden, aber das erwies sich als Ausrutscher. Bis zur letzten Sekunde prügelten Müller und Messoudi aufeinander ein. Sieger nach Punkten blieb schließlich: Artur Müller (97:93, 98:92 und 97:93).
Die Veranstaltung von Kai Gutmann im Porsche Zentrum in Paderborn war wie ein Porsche: gediegen, kraftvoll und sehr gut.
© Uwe Betker

Boxen in Velbert – die Alternative zur Fußballeuropameisterschaft

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Selber Schuld, wer die Fußball-EM in der Flimmerkiste guckte und nicht am 18.06.2016 zum Boxen in Velbert gegangen ist. Er hat nämlich eine gute und unterhaltsame Show verpasst, anstatt sich ein 0:0 anzutun. In Velbert gab es zunächst ein Boxturnier von unter 10-Jährigen mit 3 Kämpfen, dann folgten 5 K1 -Kämpfe, von denen einer eine Europameisterschaft war, und schließlich kamen noch 2 IKBO-Boxkämpfe. Alle Kämpfe, auch die mit den Füßen, wurden auf hohem Niveau geführt, und sie lieferten eine gute Einstimmung für die nachfolgenden 9 Profiboxkämpfen. Hier war dann die ganze Bandbreite des Boxens zu sehen: gute und schlechte Kämpfe, Männer- und Frauenboxen. Der eine Hauptkämpfer, ein Mann, boxte um einen Weltmeistertitel der Männer im Schwergewicht und der andere Hauptkämpfer, eine Frau, kämpfte um einen WM Titel im Minimumgewicht. Breiter kann ein sportliches Spektrum nicht sein.
Den Anfang aber machten Sotirios Georgikeas (15 Kämpfe, 14 Siege, 1 durch KO, 1 Niederlage) und Adil Rusidi (31 Kämpfe, 7 Siege, 5 durch KO, 24 Niederlagen, 22 durch KO), in der ersten von drei Cruisergewichtsbegegnungen. Georgikeas, der boxende Rechtsanwalt, hatte nur wenig Mühe mit seinem Gegner. Nachdem er verhalten begann, schickte er Rusidi nach einer Rechten zum Körper runter. Dieser wurde von Ringrichter Kornelius Bernds angezählt. Kurze Zeit später ging Rusidi erneut zu Boden, diesmal nach einen Schlag auf eine Niere, den er nehmen musste, weil er sich abgedreht hatte. Es folgte ein regulärer Niederschlag durch einen Körperhaken. Dafür wurde Rusidi wieder angezählt. Am Ende der Runde fanden sich beide Boxer, nach einem Stolperer, am Boden wieder. Dann kam der Gong. Zur zweiten Runde trat Rusidi nicht mehr an. Er hatte sich die linke Schulter verletzt. Sieger durch TKO in Runde 2: Sotirios Georgikeas.
Es folgte der erste von zwei Frauenboxkämpfen, der gleich sehr viel besser war als der vorangegangene Kampf. In ihm gaben Maike Klünert und Andreja Bester jeweils ihr Profidebüt. Um es gleich vorweg zu sagen: Selten war ein Profidebüt von einer Frau so gut und spannend. Natürlich agierte Klünert, die boxende Lehrerin, am Anfang etwas hektisch und überhastet, aber sie zeigte auch schon gute Anlagen. Für einen guten Kampf braucht man allerdings zwei. Und Bester war ganz sicher nicht zum Verlieren gekommen. Sie hielt mit. Klünert stellte ihre Gegnerin mehrfach in den Seilen, wo sie sie mit Schlägen eindeckte. Aber Bester hielt stand und punktete selber mit der Führhand. In der zweiten Runde wurde Klünert ruhiger und schlug mehr Einz-Zwei-Kombinationen. – Für meinen Geschmack schlug sie im ganzen Kampf zu wenige Führhände. – In der dritten Runde wurde Bester stärker. Obwohl Klünert die bessere Boxerin war, musste sie Treffer nehmen. Besonders erwähnenswert ist ein harter Aufwärtshaken, in den sie reingelaufen war. In der vierten Runde ging sie mehr zum Körper. Zum Ende der Runde wurde Bester sogar angezählt, als sie aus der Balance einen Kopftreffer nehmen musste. Am Ende stand ein eindeutiger Punktsieg für die Debütantin: Maike Klünert.
Der folgende Kampf im Cruisergewichtler, in dem Rashid Raad (9 Kämpfe, 6 Siege, 4 durch KO, 3 Niederlagen) und Todor Ilic (25 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 21 Niederlagen, 20 durch KO) aufeinander trafen, war kurz. Raad stellte Ilic in einer Ecke. Dieser ging nach ein paar Körpertreffern zu Boden. Die Situation wiederholte sich dann kurze Zeit später in Raads Ecke, nur mit dem Unterschied, dass Ilic nun ausgezählt wurde. Sieger durch KO in Runde 1, nach 1 Minute 52: Rashid Raad.
Ebenfalls im Cruisergewicht maßen sodann Sherif Morina und Ziya Gökalp (7 Kämpfe, 7 Niederlagen, 5 durch KO) ihre Kräfte in einen Vierrunder. Morina, der sein Profidebüt gab, ging vier Runder nach vorne und machte Druck. Immer und immer wieder stellte er seinen Gegner und deckte ihn ein. Aber Gökalp konterte nicht ungefährlich. Er schlug unkonventionell. Viele Schläge pendelte er aus. Morina suchte den KO, fand ihn aber nicht. Sieger nach Punkten: Sherif Morina.
Es folgte der Kampf zwischen David Saric (8 Kämpfe, 8 Siege, 8 durch KO) und Ismael Altintas (26 Kämpfe, 3 Siege, 2 durch KO, 19 Niederlagen, 7 durch KO) im Halbschwergewicht. Saric arbeitete systematisch und konsequent. Altintas machte das, was er am besten kann, nämlich den Kampf des anderen zu zerstören. Altintas ist wirklich ein Phänomen. Er steigt in den Ring, verschanzt sich hinter seiner Doppeldeckung, schiebt sich an seinen Gegner heran und versucht mit Haken zu punkten. Ich gebe zu, ich mag seinen Stil. Saric ließ sich von Altintas nicht beirren. Er hielt den Druck hoch und er verteilte seine Schläge gut. Alles sah danach aus, dass es enden würde wie so häufig, nämlich dass Altintas wieder über die Zeit kommt. Aber diesmal kam es anders. Altintas nahm von Minute zu Minute mehr und er hielt dem Druck von Saric nicht mehr stand. Zur vierten Runde trat er nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 4: David Saric.
Marco Martini (9 Kämpfe, 8 Siege, 3 durch KO, 1 Niederlage) und Izzet Kurnaz (5 Kämpfe, 5 Niederlagen, 5 durch KO) trafen im Super Weltergewicht für einen Sechsrunder aufeinander. Martini, der Rechtsausleger, hatte von Anfang an die Kontrolle im Ring. Er machte Druck, den er kontinuierlich erhöhte, trieb Kurnaz vor sich her und versuchte vor allem, durch seinen linken Haken zum Erfolg zu kommen. Kurnaz versuchte nur irgendwie über die Runden zu kommen. Mit zunehmender Kampfdauer bekam er dabei aber immer größere Konditionsprobleme und musste immer mehr Treffer nehmen. Zur fünften Runde trat er dann nicht mehr an. Sieger durch TKO in Runde 5: Marco Martini.
Den ersten Hauptkampf des Abends bestritten zwei Frauen. Beim Aufeinandertreffen von Özlem Sahin (23 Kämpfe, 21 Siege, 7 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) und Agnes Draxler (22 Kämpfe, 9 Siege, 1 durch KO, 13 Niederlagen, 8 durch KO) ging es um die Weltmeisterschaft der Universal Boxing Organization und um den Intercontinental Titel der World Boxing Federation im Minimumgewicht, der Gewichtsklasse bis 46,266 kg. Sahin begann verhalten, wodurch sie Draxler erst mal die Möglichkeit gab, sich zu entfalten. Es gab viele Schlagabtäusche. Offensichtlich hatte Sahins Trainer, Frank Lubitz, seinen Schützling darauf eingestellt, Kopfhaken zu schlagen. Es war ebenfalls offensichtlich, dass keine der beiden Frauen vorhatte, über die Distanz zu gehen. In der zweiten Runde schlug ein harter rechter Kopfhaken bei Draxler ein. Sie ging zu Boden und Ringrichter Thomas Hackenberg zählte sie an. Sie kam noch mal hoch und stellte sich wieder zum Kampf. Sahin aber stellte Draxler direkt wieder zum Abtausch, kam mit einer Linken zum Kopf, gefolgt von einer Rechten zur Schläfe, einer Linken zum Kinn und zwei rechten Haken zur Schläfe durch. Sieger durch KO in Runde 2, nach 1:46 Minuten: Özlem Sahin.
Den Abschluss des Abends bildete die Weltmeisterschaft der World Boxing Union im Schwergewicht. Dabei ging es auch noch um den WBF International Titel. Es trafen Werner Kreiskott (44 Kämpfe, 23 Siege, 17 durch KO, 19 Niederlagen, 8 durch KO, 2 Unentschieden) und Drazan Janjanin (18 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO, 7 Niederlagen, 3 durch KO) aufeinander. Es war ein typischer Kreiskott-Kampf, spannend, dramatisch und zu jeder Zeit so offen, dass immer alles passieren konnte. Kreiskott, „der Panzer“, begann verhalten und verschlief die erste Runde. Nachdem er in der zweiten Runde seinen zweiten Schlag auf den Hinterkopf hatte nehmen müssen, wurde er dann aktiver. Von nun an wogte der Kampf hin und her und es war nicht absehbar, wer am Ende noch stehen würde. In der dritten Runde nahm Kreiskott eine Rechte zum Kopf, die ihn sichtlich beeindruckte. Hiernach wurde die Runde hektisch mit harten Schlagabtäuschen und einem Punktabzug für Janjanin für Innenhandschlagen durch Ringrichter Mustafa Erenay. Hektisch und hart umkämpft ging es auch weiter. In der vierten Runde kam Kreiskott mit zwei schönen harten linken Aufwärtshaken durch. Die nachfolgende Runde gab er dann jedoch wieder ab. Am Ende der sechsten Runde verletzte sich Janjanin die linke Schulter, nachdem er einen Leberhaken nehmen musste. Zwar kämpfte er noch bis zum Ende der Runde weiter, aber zur nächsten trat er nicht mehr an. Sieger durch TKO 7: Werner Kreiskott.
Wie schon oben geschrieben: Wer die EM im Fußball in der Flimmerkiste guckte, statt zum Boxen in Velbert zu gehen, ist selber Schuld.
© Uwe Betker

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19. Juni 2016 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen, Frauenboxen

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Zwei Weltmeisterschafen in Velbert

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Das EMKA Sportzentrum in Velbert ist am Samstag, dem 18 Juni, Austragungsort von zwei Weltmeisterschaften im Profiboxen. In der ersten trifft der Interimsweltmeister im Schwergewicht Werner Kreiskott (43 Kämpfe, 22 Siege, 16 durch KO, 19 Niederlagen, 8 durch KO, 2 Unentschieden) auf Drazan Janjanin (17 Kämpfe, 11 Siege, 10 durch KO, 6 Niederlagen, 2 durch KO) aus Bosnien Herzegowina. Er will nun regulärer Weltmeister der World Boxing Union werden. Natürlich ist die WBU nicht einer der großen vier Verbände im Profiboxen und Kreiskott ist auch kein Wladimir Klitschko, dafür sind die Kämpfe des Wuppertalers Kreiskott unterhaltsamer als die meisten, die wir von dem Ukrainer zu sehen bekommen. Als er im September Interimsweltmeister wurde, musste er in der zweiten Runde einen Niederschlag überstehen. Kreiskott ist kein Filigrantechniker. Er steigt in den Ring, um zu kämpfen. Er hat den Kampfnamen: „der Panzer“ – und der Name passt. Er versucht, seine Gegner schlich und einfach zu überrollen. Das geht nicht immer gut, was man an seiner Kampfbilanz ablesen kann. „Man kann nicht immer gewinnen“, erklärt er. „Wenn der Andere besser ist, dann hat er auch den Sieg verdient, und dann soll er ihn auch bekommen.“ Kreiskott hat weder einen Manager und noch einen Trainer. Dafür aber ist er sein eigener Veranstalter für einen Teil seiner Kämpfe, so auch jetzt in Velbert. Seine Kämpfe ermöglicht er sich so erst. „Boxen macht mir einfach Spaß“, sagt er. „Ich liebe es dort oben im Ring zu stehen und zu boxen.“ Diese Worte könnten auch von Özlem Sahin (22 Kämpfe, 20 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage, 1 Unentschieden) stammen, die den zweiten Hauptkampf des Abend bestreiten wird. Sahin boxt um die WM der Universal Boxing Organization und um den Intercontinental Titel der World Boxing Federation im Minimumgewicht, der Gewichtsklasse bis 46,266 kg. Dabei trifft die Ludwigsburgerin auf die Ungarin Agnes Draxler (21 Kämpfe, 9 Siege, 1 durch KO, 12 Niederlagen, 7 durch KO). Sie hat einen Trainer, Frank Lubitz, und eine Managerin, Eva Dzipina, aber wie Kreiskott muss sie selber sehen, wie sie ihre Kämpfe finanziert. Sahin pendelt für ihre Kampfvorbereitungen zwischen Ludwigsburg wo sie wohnt und Kerpen, wo sie trainiert, einmal die Woche hin und her. Dies kann sie nur, indem sie zum einen Urlaub nimmt, dann in Kerpen Homeoffice für ihren Arbeitgeber Bosch in Waiblingen arbeitet und schließlich durch die Unterstützung ihres Sponsors GAZI. Das alles nimmt sie auf sich für ihr erklärtes Ziel, noch in diesem Jahr einen Rückkampf mit Gretchen Abaniel zu bekommen, gegen die sie am 09.11.2015 ihren einzigen Kampf verlor. Auch Sahin hat eine passenden Kampfnamen: BoxLady.
(C) Uwe Betker

Von Boxsportjournalisten, Punktrichtern, Ringrichtern – und vom BDB

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Einer der bekanntesten amerikanischen Boxsportjournalisten antwortete einmal auf die Frage, wie er denn zum Boxen gekommen wäre, er hätte angefangen, übers Boxen zu schreiben, weil es ihm das Einfachste schien. Man müsse nur aufschreiben, was man im Ring sieht. Natürlich hat er Recht. Trotzdem muss ich eine Einschränkung machen: es ist doch – leider – etwas schwieriger. Denn es kommt auch darauf an, dass man verständlich und fehlerfrei schreibt. Beides ist nicht immer so einfach, was ich immer wieder schmerzlich bei meinen eigenen Arbeiten feststellen muss. Der beste aller Kollegen sagte sogar einmal: „Meine Rechtschreibung ist (…) etwas wackelig. Sie ist eine gute Rechtschreibung, aber sie wackelt, und die Buchstaben geraten an den falschen Ort.“
Die Tätigkeit eines Punktrichters ist da im Vergleich zu der eines Journalisten doch sehr viel einfacher. Erstmal sollte er einen dunklen oder schwarzen Anzug mit weißem Oberhemd tragen. Damit sind einige Offizielle schon überfordert. Dann soll er den Verlauf eines Kampfes durch eine Punktwertung wiedergeben. Der Gewinner einer Runde bekommt 10 Punkte, der Verlierer einen Punkt weniger. Das erfordert schon die Fähigkeit, eine Subtraktionsaufgabe auf dem Niveau eines Kindergartenkindes oder Erstklässlers durchzuführen. Das hört sich erst mal ganz einfach an – ist es auch. Allerdings müsste man bzw. der Punktrichter auch willens sein, genau das zu tun. Zwei weitere intellektuelle Probleme kommen noch hinzu. Erstens muss man auf den Punktzetteln, auf denen sowohl die Farben der Ecken als auch die Namen der Boxer angegeben sind, die entsprechende Ziffer in die richtige Spalte bzw. das richtige Kästchen eintragen. An dieser Aufgabe ist schon so mancher Punktrichter gescheitert. Das zweite Problem ist ein eher mathematisches. Wenn nämlich ein Boxer angezählt wird oder ihm ein Punkt abgezogen wird, dann muss der Punktrichter die mathematische Aufgabe lösen, jeweils einen Punkt abzuziehen.
Zusammenfassend kann man feststellen: Ein guter Punktrichter muss 1. einen Anzug und ein weißes Oberhemd haben – auch tragen -, 2. von 10 in Einerschritten subtrahieren können und 3. fähig und willens sein, ein Kampfgeschehen wiederzugeben.
Die Anforderungen an einen Ringrichter sind da schon etwas höher. Er sollte eine schwarze Anzughose und ein weißes Hemd tragen. Er sollte, während er im Ring agiert, sein Mobiltelefon nicht benutzen. – Schon absurd, dass man dies wirklich hier schreiben muss. – Er sollte den Boxern nicht im Weg stehen. Ansonsten hat er nur die Aufgabe, darauf zu achten, dass die wenigen Regeln, die es beim Boxen gibt, auch eingehalten werden. Das hört sich einfach an, ist aber nicht immer ganz so einfach. Ringrichter sind meist auch Punktrichter und umgekehrt.
Weshalb aber schreibe ich hier solche Selbstverständlichkeiten auf? – Vor kurzem kam ich nämlich an einem Samstagabend von einer Veranstaltung. Ich schaltete meinen Fernseher an und es lief eine Boxveranstaltung, die ich nur unkonzentriert verfolgte. Dann wurde ein Punkturteil verkündet – und ich bekam eine Angstattacke, fing an zu hyperventilieren. Der Ringsprecher hatte die Punktwertung von Manfred Küchler verkündet.
Manfred Küchler ist vermutlich der berühmteste Punkt- und Ringrichter der Welt. Es gibt vermutlich keinen anderen Offiziellen auf der Welt, der es als Ringrichter geschafft hat, gleich zwei wichtige Kämpfe zu zerstören, deren Ergebnis in sein Gegenteil zu verkehren und den Ruf des Profiboxens in Deutschland in aller Welt nachhaltig zu beschädigen. Der BDB Mann Küchler ist eine Legende! Weltweit!
Wir erinnern uns noch mit Grausen an die beiden skandalösen Auftritte, die ihn unsterblich machten. Am 14.10.2011 disqualifizierte Manfred Küchler den Schwergewichtler Cisse Salif für imaginäre Tiefschläge. Es ging um den vakanten WBA International Titel. Damals trat Salif gegen Alexander Petkovic an und wagte es, den Heimboxer zu schlagen bzw. niederzuschlagen – und das gleich mehrfach. Küchler, darin ganz Küchler, zog daraufhin Salif für einen sauberen und regelkonformen Körperhaken einen Punkt ab. Er wertete den Haken als Tiefschlag. Salif wagte es sodann, Petkovic erneut zu schlagen und mit linken Haken zum Kopf wieder zu Boden zu bringen. Das nahm Küchler dann zum Anlass, ihm erneut für einen imaginären Tiefschlag einen Punkt abzuziehen. Salif wollte die Autorität von Küchler partout nicht akzeptieren und wagte es noch mal, Petkovic aufs Kinn zu schlagen. Dafür wurde er dann ermahnt und mit Disqualifikation gedroht. Salif, die Großartigkeit von Küchler nicht akzeptierend, erdreistete sich dennoch, seinen Gegner erneut zu Boden zu schlagen, was dann für Küchler folgerichtig bei der nächsten Gelegenheit – nämlich einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken – zur Disqualifikation führte. Dieser Kampf machte Küchler weltweit berühmt.
Zur Legende wurde er dann am 26.07.2014 im Kampf zwischen Christina Hammer und Anne Sophie Mathis. In diesem Kampf sollte Hammer Weltmeisterin der WBO und WBF im Junior Mittelgewicht werden. Der World Boxing Organization Titel war vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten. Hammer fand nicht in den Kampf und versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Mehrfach klemmte Hammer die Führhand ihrer Gegnerin ein, was zur Folge hatte, dass diese ihr mit der Rechten gegen den Kopf schlug. Das passierte auch in der fünften Runde. Hammer klemmte die Führhand von Mathis ein und diese schlug, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der berühmteste Ringrichter der Welt „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die zu Boden sank.
Küchler, wohl im Bewusstsein, dass sich nun für ihn die einmalige Chance bot, weltberühmt und unsterblich zu werden, handelte sofort. Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Als dann Hammer auf sein Zeichen aufzustehen hin nicht reagierte, versuchte er ihr vergeblich aufzuhelfen. Daraufhin hielt er erst mal die Zeit an und ging etwas im Ring spazieren. Als Hammer bei dem Versuch aufzustehen dann doch wieder zu Boden ging, zeigte Küchler einen Schlag auf den Hinterkopf an. Auf Vorschlag von Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, zeigte er dann einen Ellenbogenschlag an und disqualifizierte Mathis in geradezu weltmännischer Manier.
Küchler ist ein Wiederholungstäter. Es dürfte keinen anderen Ringrichter geben, der gleich zweimal so skandalös in einem Boxring agiert hat. Er ist wohl der berühmteste und der berüchtigtste Ringrichter der Welt. Mir fallen hier sogar noch ein paar andere Superlative für Küchler ein. Allein die Nennung von Küchlers Namen im Fernsehen, an dem besagten Abend, löste bei mir eine Angstattacke aus. Schlagartig wurde mir bewusst, dass der Bund Deutscher Berufsboxer weiter in unverbrüchlicher Treue zu ihrem Manfred Küchler, dem wohl schlechtesten Ringrichter der Welt, steht.
Wieso aber steht der BDB in solcher Nibelungentreue – oder nennt man das Stalingradtreue? – zu Küchler? Wieso setzt der BDB eigentlich den wohl schlechten Ringrichter der Welt weiter bei seinen Boxveranstaltungen ein? Wieso also? Ich kann mir nun nicht denken, dass Thomas Pütz, der Präsident vom BDB, das Profiboxen einfach hasst und versucht, es zu zerstören. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass man an Küchler festhält, weil man die Zuschauer für abgrundtief dumm hält und sie verachtet. Die einzig vernünftige und nachvollziehbare Antwort, die mir einfällt, lautet: Aus purer Not!
Der Bund Deutscher Berufsboxer hat schlicht nicht genug Punkt- und Ringrichter. Volker Grill, der Vizepräsident Sport, wird, nach meinen Informationen, nicht müde zu betonen, er setze auf die junge Garde und den Nachwuchs. Das heißt doch aber wohl, der BDB hat einfach keine anderen Punktrichter. So kann dann auch ein Manfred Küchler – und das inzwischen schon viermal – nach seinem Hammer-Auftritt wieder vom BDB auf Veranstaltungen eingesetzt werden.
Seit ich mir nun klargemacht habe, dass der Bund Deutscher Berufsboxer Manfred Küchler nicht aus Bös- oder Mutwilligkeit einsetzt, sondern aus einer Notlage heraus, geht auch meine Atmung wieder viel ruhiger.
© Uwe Betker

Written by betker

6. Dezember 2015 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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Eine Feier in Holzminden

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Die Veranstalter Tiemo Dau (Pankra Promotions) und Wjatscheslaw Tschibisow (ITS Promotion) wählten die wunderbare Stadthalle in Holzminden aus, um dort am 20.09.2014 eine Veranstaltung mit acht Kämpfen auf die Beine zu stellen. Die Halle ist ein wunderbarer Ort für Boxveranstltungen. Lüster hängen von der Decke. Rund um den Ring standen Tische für die VIPs. Dahinter waren Stuhlreihen und noch mal dahinter Stehplätze. Auf der Bühne und auf der u-förmigen Empore waren noch weitere Stuhlreihen aufgestellt. Von überall hatten die ca. 400 Zuschauer – damit war die Halle fast ausverkauft – einen guten Blick auf das Geschehen im Ring.
Den ersten Kampf des Abends bestritten im Junior Weltergewicht Ilhami Aydemir (1 Kampf, 1 sieg, 1 KO), der sein Debüt gab, und Kemal Mevilda (3 Kämpfe, 3 Niederlagen, 3 durch KO). Aydemir zeigte, in den exakt eineinhalb Minuten, die der Kampf dauerte, gutes Boxen, sofern man das in der Kürze der Zeit beurteilen kann. Mevilda rutschte bereits nach wenigen Sekunden aus und verletzte sich den rechten Fuß. Er wurde angezählt und stellte sich wieder zum Kampf. Kurze Zeit später ging er erneut zu Boden, diesmal nach einen rechten Körperhaken. Wieder wurde er angezählt und wieder stellte er sich zum Kampf. Aber schon ein paar Sekunden später ging er erneut zu Boden. Leider kann ich nicht sagen, welcher Schlag ihn endgültig gefällt hat, denn der Ringrichter versperrte mir die Sicht. Er brach den Kampf dann auch ab.
Im zweiten Kampf, der im Schwergewicht ausgetragen wurde, trafen Taras Varava (10 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 6 Niederlagen, 4 durch KO) und Milan Janjic aufeinander. Varava boxte kompakt und begann verhalten. Janjic, ein Rechtsausleger, boxte clever und entzog sich bedrohlichen Situationen immer wieder gut. Er versuchte mit Körpertreffern zum Erfolg zu kommen. Die erste Runde war ausgeglichen. Im zweiten Durchgang erhöhte Varava den Druck und kam öfters durch. Nach etwas mehr als einer Minute traf er Janjic mit einer Rechten zum Körper. Dieser knickte ein und ging dann zeitversetzt zu Boden. Nach 1:15 war der Kampf zu Ende. Janjic hatte einen Krampf im Oberschenkel und musste im Ring behandelt werden. Es ist ein erstaunlicher Anblick, wenn man sieht, wie ein solch großer Muskel, wie der des Oberschenkels, langsam immer größer, um dann wie aufgebläht zu verkrampfen. Um es deutlich zu sagen: Beide Verletzungen, so seltsam sie auch aussahen, waren real und nicht geschauspielert. Wenn zwei Boxer nach so kurzer Zeit aussteigen, dann wirkt das auch leicht verdächtig.
Es folgte das Aufeinandertreffen von Iko Dzatic (10 Kämpfe, 8 Siege, 8 durch KO, 2 Niederlagen, 2 durch KO) und Aldin Avdic (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO), ebenfalls im Schwergewicht. Dzatic war zwar der Dominante, aber auch Avdic hatte seine Momente und war nicht ungefährlich. Avdic zeigte gutes Meidverhalten. In der zweiten Runde wurde Dzatic stärker und brachte sein Gegenüber immer mehr in Bedrängnis. Am Ende der Runde versuchte Avdic durch Faxenmachen zu kaschieren, dass die Schläge, die einstecken musste, ihm doch ganz schön zusetzten. Zum Ende der Runde gab es noch eine unschöne Aktion, als Avdic offensichtlich nach dem Schlussgong absichtlich noch nachschlug. Zu Beginn der dritten Runde gab er dann allerdings wegen einer angeblichen Schulterverletzung auf. TKO 3 nach 10 Sekunden.
Der vierte Kampf war dann aber ein richtiger Knaller. Omar Siala (43 Kämpfe, 23 Siege, 10 durch KO, 17 Niederlagen, 11 durch KO, 3 Unentschieden) traf im Junior Mittelgewicht auf Nikola Ivkovic (2 Kämpfe, 1 Sieg, 1 Niederlage, 1 durch KO). Ivkovic startete wie ein Wirbelwind. Er deckte Siala mit einem Schlaghagel zu Körper und Kopf nur so ein. Schon nach kurzer Zeit konnte der sich jedoch frei machen und deckte nun seinerseits seinen Gegner mit Schlägen ein. Siala boxte überlegt und souverän. Ein KO lag in der Luft. Immer wieder kam er mit seinem sehr schnellen Jab durch die Doppeldeckung durch. Siala bekam sogar, als er bei einem von dessen wilden Angriffen vom Gegner weg tanzte, Szenenapplaus. Ivkovic erodierte im Laufe des Kampfes zusehends. Er versuchte es weiter mit wilden Angriffen, Schulterschlagen, tiefem Abtauchen und wilden Schwingern – aber Siala boxte souverän. In der vierten Runde hatte Siala seinen Gegner, der aus der Nase blutete, soweit. Immer wieder kam er mit harten Kombinationen zum Kopf durch. Dann stellte er ihn in der eigenen Ecke und ließ ihn nicht mehr heraus. Er deckte ihn mit Schlägen zu Körper und Kopf ein, bis Ivkovic dann auf die Knie ging. Dort gab er dann auch auf. TKO 4 nach 1:35 Minuten. Ein toller Kampf.
Es folgte nun die Pause. Auf speziellen Wunsch eines Kollegen möchte ich hier noch ein paar Worte über die zwei sehr aparten blonden Nummerngirls verlieren. Beide trugen schwarze Minikleider und hochhackige schwarze Schuhe. Eine der Damen hatte ein Strumpfband mit Pistole auf den rechten Oberschenkel tätowiert. Hinzu kamen noch zwei tätowierte Schleifen, hinten, weiter oben auf dem Oberschenkel. Dann noch eine kleine Kreuztätowierung an der Fessel. Das linke Bein war mit einem großflächigen floralen Muster verziert. Natürlich fanden beide schnell ihre Fans, die sie in jeder Ringpause freudig begrüßten. In den Ringpausen der Frauenkämpfe gab es übrigens einen Nummernboy, der die Karten hochhielt. Er trug Jeans, Turnschuhe und einen nackten Oberkörper. Mehr kann ich zu ihm nicht sagen, weil ich zu sehr mit meinen Notizen beschäftigt war. Auch er hatte seine lautstarken Fans.
Der folgende Kampf im Mittelgewicht zwischen Florian Wildenhof (21 Kämpfe, 18 Siege, 8 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) und Darko Knezevic (7 Kämpfe, 3 Siege, 1 durch KO, 4 Niederlagen, 4 durch KO) war ähnlich gut wie der vorangegangene. Wildenhof boxte überlegt und präzise hinter seiner Doppeldeckung agierend. Knezevic versuchte ihn mit wilden Angriffen aus dem Konzept zu bringen. Wildenhof errang dennoch in der zweiten Runde die komplette Kontrolle über das Geschehen im Ring. Immer wieder kam er mit seinen linken Graden und seinen rechten Kopfhaken durch. Am Ende der Runde schien Knezevic zu wackeln. Anfangs der folgenden Runde traf Wildenhof den linken Ellenbogen seines Gegenübers. Knezevic ging runter und wurde angezählt. Zwar kam er noch einmal hoch, aber das Ende war besiegelt. Wildenhof kam immer wieder hart mit der Rechten durch und stellte Knezevic in dessen Ecke, wo er erneut zu Boden musste. Es folgte ein rechter Haken, der ihn wieder zu Boden gehen ließ. Auch nach dem dritten Niederschlag stellte der tapfere Knezevic sich noch einmal zum Kampf. Ein unvorbereitet geschlagener Leberhaken fällte ihn dann aber endgültig. KO 3 nach 2:20 Minuten.
Es folgten zwei WM Kämpfe von Frauen. Natalia Smirnova (9 Kämpfe, 9 Siege, 6 durch KO) trat gegen Hasna Tukic (6 Kämpfe, 3 Siege, 3 durch KO, 3 Niederlagen, 2 durch KO) an. Smirnova ist Weltmeisterin der WIBA (Women’s International Boxing Association), der UBO (Universal Boxing Organization) und der GBU (Global Boxing Union) im Super Federgewicht. In diesem Kampf ging es um den vakanten Titel der WBU (World Boxing Union, deutsche Version). Für Tukic, die den Kampf kurzfristig angenommen hatte, weil die ursprünglich geplante Gegnerin kurzfristig erkrankt war, kam der WM Kampf deutlich zu früh. Smirnova, die bessere und vollständigere Boxerin hatte, wann immer der Kampf in der langen Distanz geführt wurde, keinerlei Probleme. Zu gut war ihre Führhand und zu präzise die nachgezogene Rechte. Probleme bekam sie, wenn ihr Tukic den Infight aufzwang. Dort brachte Tukic meist eine Hand mehr ins Ziel. Aber mit zunehmender Kampfdauer baute Tukic immer stärker ab und die Dominanz von Smirnova wurde immer größer. Tukic musste immer mehr und immer härtere Treffer nehmen. In der vierten und fünften Runde wurde der Kampf unschön einseitig. Der Trainer von Tukic versäumte es, das Handtuch zu werfen, um das ungleiche Duell zu beenden und seine Boxerin zu schützen. Als Tukic nach der fünften Runde in ihre Ecke kam, wurde sie sogar von ihrem Trainer geohrfeigt. – Was ich von Männern halte, die Frauen schlagen, möchte ich hier nicht ausführen. – In der sechsten Runde bekam Tukic noch weiter Prügel und ging dann endlich nach 1:25 KO. Mein Respekt vor der sportlichen Leistung ist beiden Boxerinnen sicher. Natalia Smirnova ist eine gute Weltmeisterin. Und die Zeit von der mutigen und tapferen Hasna Tukic wird schon noch kommen, wenn sie einen Trainer findet, der auf sie aufpasst, sie aufbaut und auch respektiert.
In dem folgenden WM Kampf traten Nikki Adler (13 Kämpfe, 13 Siege, 8 durch KO) und Rita Kenessy (14 Kämpfe, 4 Siege, 2 durch KO, 10 Niederlagen, 4 durch KO) gegeneinander an. Kenessy, die auch kurzfristig für die erkrankte Gegnerin eingesprungen war, hatte keine Chance und war hoffnungslos überfordert. So war der ganze Kampf, der etwas mehr als drei Runden dauerte, denn auch eine einzige Nikki Adler-Show. Adler, die amtierende Weltmeister der WIBA, WBU (deutsche Version), WBC (World Boxing Council) und WBF (World Boxing Federation) bestimmte das Geschehen im Ring nach Belieben. Ihre Deckung war stabil, ihre Führhand und ihre Schlaghand schnell und präzise. Hat Adler überhaupt einen Treffer nehmen müssen? Ich weiß es nicht. Zumindest habe ich keinen gesehen.
Kenessy, die von ihrem sie wohl liebenden Mann trainiert wird, musste in dieser einseitigen Begegnung viel nehmen. In der zweiten und dritten Runde fiel sie vor Erschöpfung zu Boden, wurde aber nicht angezählt. Ihr Trainer wollte sie einfach nicht aus dem Kampf nehmen. Zu Beginn der vierten Runde stellte Adler sie dann in einer Ecke und gab ihr den Rest. Nach vier, fünf Treffern ging sie zu Boden und wurde ausgezählt. KO 4 nach 25 Sekunden. Mit diesem Sieg verteidige Adler ihren WBU Titel.
Den Hauptkampf des Abends bestritt die Nummer 11 der WBA Rangliste im Schwergewicht Mark de Mori (31 Kämpfe, 27 Siege, 24 durch KO, 1 Niederlage, 1 durch KO, 2 Unentschieden). Der australische Schwergewichtler traf auf Marino Goles (18 Kämpfe, 16 Siege, 14 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO). Dabei ging es erneut auch um den WM Titel der WBU, aber es ging vor allem darum, Mori in den Ranglisten weiter nach vorne zu bringen.
Mori boxte aufreizend lässig. Seine Rechte hielt er zum Abschuss bereit am Kinn und seine linke Führhand ließ er fallen. Immer wieder schlug er blitzschnell mit seiner Linken zu. In der ersten Runde benutze er seine Rechte kein einziges Mal. Er deklassierte Goles geradezu. Und der fand das gar nicht lustig. Am Ende der Runde kam es zu einem Gerangel und Goles schlug noch mehrfach nach dem Gong zu. Als der Ringrichter Arno Pokrandt dazwischen ging, tat er ganz unschuldig so, als hätte er nichts gehört. Aber nun war das Muster für den Rest des Kampfes festgesetzt. Goles wollte entweder mit seinen Fouls durchkommen oder sich disqualifizieren lassen, gegen Mori boxen und untergehen, wollte er aber offenbar nicht. Entsprechend boxte Goles dann auch. Er ignorierte praktisch alle Break-Kommandos, stieß mit Ellenbogen und mit dem Kopf und garnierte das Ganze noch mit Wrestlingeinlagen. Mori blieb erstaunlich kühl und boxte, soweit es ging weiter. Goles kassierte in der zweiten Runde zwei Punktabzüge für absichtliches Schlagen nach dem Break-Kommando. In der dritten Runde folgte dann folgerichtig die Disqualifikation nach 1:16 Minuten. Marino Goles hatte sich dem Kampf und der boxerischen Niederlage erfolgreich entzogen. Dem Publikum gegenüber war das schon sehr unfair.
Die Veranstaltung in Holzminden war rundum gelungen. Die Halle war schön, die Kampfpaarungen war gut, es gab keine Fehlurteile und die Zuschauer hatten ihren Spaß. Was kann man von einer Profiboxveranstaltung dieser Größe mehr verlangen? Nichts! Es war einfach ein gelungener Abend mit einer Feier.
© Uwe Betker

Christina Hammer, Manfred Küchler und das Boxen in Deutschland

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Eigentlich sollte der Kampf zwischen Christina Hammer (18 Kämpfe, 17 Siege, 8 durch KO) und Anne Sophie Mathis (31 Kämpfe, 27 Siege, 23 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) ein Höhepunkt in der Karriere von Hammer werden. Es wurde auch ein Höhepunkt, aber anders als geplant. Geplant war, dass Hammer, die bereits WBO und WBF Weltmeisterin im Mittelgewicht ist, im Hauptkampf, den sie in der Anhalt Arena in Dessau bestritt, nun auch Weltmeisterin im Junior Mittelgewicht der beiden Verbände werden sollte. Der World Boxing Organization Titel war dabei vakant, und der World Boxing Federation Titel wurde von Anne Sophie Mathis gehalten.
Mathis als Gegnerin schien eine gute Wahl. Sie kommt aus dem Junior Weltergewicht, wo sie Europameisterin und WBA Weltmeisterin war. Dann stieg sie auf ins Weltergewicht wo sie WBF, WIBF und WIBA Weltmeisterin wurde. In dieser Gewichtsklasse schlug sie auch die große Holly Holm (02.12.2011). Im Rückkampf (15.05.2012) unterlag sie. Diese Niederlage qualifizierte sie dann allerdings dazu, vier Monate später, gegen Cecilia Braekhus (22.09.2012) antreten zu dürfen. Auch in diesem Kampf unterlag sie. Mehr als ein halbes Jahr später (06.06.2013) boxte sie gegen Yajaira Hernandez und wurde wieder Weltmeisterin, diesmal im Junior Mittelgewicht nach Version WBO. Hernandez hatte bis dahin viermal um einen WM Title gekämpft und viermal verloren, auch gegen Christina Hammer (07.09.2012).
Anne Sophie Mathis als Gegnerin für Christina Hammer zu holen, war eine kluge Entscheidung von SES Boxing. Sie ist bereits 37 Jahre alt und hat, so könnte man meinen, ihre beste Zeit als Boxerin schon hinter sich. Zwei ihrer drei letzten Kämpfe hat sie verloren, und ihren letzten gewann sie gegen eine relativ schwache Gegnerin. Die über einjährige Pause sollte ihr eigentlich auch nicht gut getan haben. Aber der Kampf entwickelte sich anders als erwartet und geplant.
Mathis begann aggressiv. Sie agierte von der Ringmitte aus. Hammer kreiste um sie herum und arbeitete mit ihrer Führhand. Sie versuchte den Infight durch Klammern zu unterbinden. Einmal klemmte sie die Führhand der Titelverteidigerin ein und ließ sich mit der Rechten gegen den Kopf schlagen, bis der Ringrichter Manfred Küchler „Break“ rief. Schon hier reagierte Küchler falsch und an der Realität im Ring vorbei, denn anstatt Hammer für ihr Einklemmen der Faust zu verwarnen, maßregelte er die Französin für Halten und gleichzeitiges Schlagen. Im Nachhinein, wo jeder klüger ist, kann man feststellen, dass sich der KO von Hammer schon hier andeutete. Der Rest der Runde ging klar an Hammer, was dann zum Gewinn dieser Runde gereicht haben müsste.
In der zweiten Runde erhöhte Mathis den Druck und versuchte Hammer den Infight oder den Kampf in der Halbdistanz aufzuzwingen. Hammer ihrerseits versuchte dies durch Klammern und Halten zu unterbinden. Obwohl Hammer die bessere Boxerin ist, ging die Runde wohl an Mathis. Die folgende Runde ging dann vermutlich wieder an Hammer. Aber auch hier hielt sie die Linke von Mathis fest und ließ sich so lange von ihr mit der Rechten schlagen, bis Küchler mit einem „Stopp!“ die Aktion unterbrach. Der nachfolgende Durchgang wurde noch härter geführt. Hammer schaffte es nicht, sich mit ihrer Führhand ihre Gegnerin vom Hals zu halten. Trotz Klammerns und Haltens wurde sie immer wieder in einen Schlagabtausch gezwungen. Gleichwohl dürfte diese sehr enge Runde an sie gegangen sein.
Die mittlerweile berühmte fünfte Runde begann mit einem Angriff von Mathis, der Hammer nach hinten in die Seile zurückweichen ließ. Hammer konnte ihre Gegnerin zwar wegdrücken, aber Mathis griff weiter an. Und wieder klemmte Hammer die Führhand von Mathis ein und wie schon zweimal zuvor schlug Mathis, vollkommen regelkonform, mit ihrer freien Rechten so lange zu, bis der Ringrichter „Stopp!“ rief. Fünfmal traf die Rechte von Mathis die linke Schläfe von Hammer, die schließlich zu Boden sank. Ein guter und unparteiischer Ringrichter wäre nun hingegangen, hätte Hammer ausgezählt und dafür gesorgt, dass die Betreuer sich schnell um die KO- Gegangene kümmern könnten. – Nicht aber BDB Ringrichter Manfred Küchler. Vielmehr folgte die große Manfred Küchler Show.
Kaum war Hammer zu Boden gegangen, signalisierte er mit seinen Händen: Kein Niederschlag, ein Ausrutscher. Dann gab er Hammer Zeichen, sie solle wieder aufstehen. Sodann versuchte er, ihr aufzuhelfen. Hammer schaffte es aber nicht hochzukommen, es gelang ihr gerade mal, eine sitzende Position einzunehmen. Nun rief Küchler „Time“, um die Uhr anzuhalten. Dann ging er etwas im Ring spazieren, um wieder zu Christina Hammer zu gehen und sie noch mal aufzufordern aufzustehen. Als sie es versuchte, ging sie wieder zu Boden. Nun zeigte Küchler an, Hammer sei durch einen Schlag auf den Hinterkopf gefällt worden. Es kamen dann auch Betreuer von Hammer in den Ring, um ihrem schwer angeschlagenen und noch wankenden Schützling beizustehen. Als Hammers Trainer, Dimitri Kirnos, sich darüber beschwerte, seine Boxerin sei durch einen Ellenbogenschlag niedergestreckt worden, schien Küchler diese Auffassung auch gleich zu übernehmen. Jedenfalls zeigte er einem Punktrichter einen Ellenbogenschlag an. Küchler disqualifizierte Mathis.
Um es noch deutlicher zu sagen: Anne Sophie Mathis hat Christina Hammer absolut regelkonform KO geschlagen. Selbst wenn ein Schlag von fünf nicht die Schläfe, sondern den Hinterkopf getroffen haben sollte, ist dies noch kein Grund, sie zu disqualifizieren. Schließlich war es Hammer, die gefoult hatte, indem sie die Faust ihrer Gegnerin einklemmte. Nun könnte man argumentieren, der arme Manfred Küchler sei etwas überfordert gewesen, hätte einfach ein wenig den Überblick verloren und daher so konfus reagiert. Seltsam an Küchlers Agieren war nur, dass er das Naheliegende, nämlich Hammer auszuzählen, nicht machte. Es sah vielmehr so aus, als wollte er alles nur Erdenkliche tun, um Hammer nicht verlieren zu lassen. Zwar könnte man versuchen, das Handeln von Küchler zu rechtfertigen durch Stress, Überforderung, Unterzuckerung oder irgendetwas anderes. Tatsache ist jedoch, dass Küchler ein Wiederholungstäter ist.
Bereits am 14.10.2011 versuchte er, einem Heimboxer eine Niederalge zu ersparen. Damals boxten im Schwergewicht Alexander Petkovic und Cisse Salif gegeneinander. Es ging in dem Kampf um den vakanten WBA International Titel. Petkovic wirkte unmotiviert und untrainiert. Das wäre nun aber noch kein Problem gewesen, denn Salif ist am Ende seiner Karriere wohl nicht in den Ring gestiegen, um zu gewinnen. In den ersten drei Runden machte er dann auch wenig. In der vierten Runde jedoch kam er mit einer rechten Grade zum Kopf durch und Petkovic ging schwer zu Boden. Küchler zählte ihn an. Wenig später ging Petkovic wieder runter und wurde wieder von Küchler angezählt. Salif nahm nun Tempo raus, schlug ein paar halbherzige Jabs und vermied es, die Rechte einzusetzen. So schaffte es Petkovic eineinhalb Minuten zu überstehen.
In der folgenden Runde konnte man dann eine Manfred Küchler Show bewundern. Den ersten Körperhaken nahm Küchler zum Anlass für einen Punktabzug wegen Tiefschlags. Diesen Tiefschlag hat aber nur er gesehen, wenn er ihn denn sah. Aber wie heißt es: The show must go on. Ein kurzer linker Haken zum Kopf fällte wenige Sekunden später Petkovic erneut. Küchler fing nicht an zu zählen. Er ließ sich Zeit. Er gab Petkovic viel Zeit, um dann Salif erneut wegen Tiefschlagens einen Punkt abzuziehen. – Muss man noch erwähnen, dass es keinen Tiefschlag gab? Aber es wurde noch absurder. Wieder wenige Sekunden später zwangen ein linker und ein rechter Haken zum Kinn Petkovic erneut zu Boden. Küchler zählte wieder nicht, sondern gab dem angeschlagenen Boxer Zeit sich zu erholen. Und dann ermahnte er auch noch Salif – wofür auch immer! Er drohte ihm sogar mit Disqualifikation. Das muss man sich schon auf der Zunge zergehen lassen: Der Ringrichter Manfred Küchler ermahnt einen Boxer und sagt ihm, er werde ihn disqualifizieren, wenn er seinen Gegner noch mal durch einen oder mehrere Schläge zum Kopf niederschlägt!
Anfang der sechsten Runde ging Petkovic dann auch tatsächlich wieder zu Boden, nachdem er eine Links-Rechts-Kombination zum Kopf nehmen musste. Küchler zählte ihn – man muss schon sagen, überraschenderweise – sogar an. Wenige Sekunden später musste Petkovic nach einem linken Körperhaken und einem rechten Kopfhaken aufs Knie runter. Er stand auf und ging in seine Ecke, um sich zu beschweren, was normalerweise als Aufgabe zu werten gewesen wäre. Aber es stand ja Manfred Küchler im Ring und der disqualifizierte Salif für wiederholtes – imaginäres – Tiefschlagen.
Nachdem Manfred Küchler also schon im Oktober 2011 eine der skandalösesten Ringrichterleistungen aller Zeiten gezeigt hatte, tat er sich also am 26. Juli 2014 erneut hervor. Küchler hat dem Ansehen des Boxens in Deutschland massiven Schaden zugefügt. Vermutlich hat er das nicht gewollt. Er wollte sicher nicht als der wohl schlechteste deutsche Ringrichter dastehen – und die Konkurrenz in Deutschland ist da schon hart. Er wollte wohl nur dem Veranstalter zu Diensten sein und dem Heimboxer/der Heimboxerin zum Sieg verhelfen. Er wollte vermutlich das Boxen in Deutschland beschützen – vermutlich. Mit Sicherheit aber will er weiter zu Veranstaltungen eingeladen werden, ein Wochenende in einem guten Hotel, in einer schönen Stadt verbringen und dabei noch Geld verdienen. Aber gerade das zerstört eben die Glaubwürdigkeit des Profiboxens. Ringrichter wie Manfred Küchler schaden dem deutschen Boxsport.
An dieser Stelle müssen sich nun auch Veranstalter und TV Sender die Frage gefallen lassen, weshalb sie Ring- und Punktrichter akzeptieren bzw. einladen, die in dieser Form Boxer oder Boxerinnen um ihren Sieg gebracht haben. Ehrlicherweise sollte man das Kind nun auch beim Namen nennen: Es ist davon auszugehen, dass es Punkt- und Ringrichter gibt, die korrupt sind und die betrügen. Mir sagte mal ein Punktrichter im Vertrauen: „Ich will auf Veranstaltungen eingeladen werden. Deswegen punkte ich so.“ Es gibt Veranstalter, die die Chuzpe haben zu behaupten, sie könnten nichts für die Punkt- und Ringrichter, weil die ja vom Verband kommen. Ich kann hierin nur den Versuch erkennen, die Öffentlichkeit anzulügen. Natürlich kann ein Veranstalter Punkt- und Ringrichter ablehnen. Aber warum tauchen dann denn immer wieder dieselben Offiziellen, die für ihre Heimurteile bekannt sind, an den Ringen auf. Jeder Veranstalter, der einen Ring- oder Punktrichter wie Manfred Küchler akzeptiert – und Küchler steht für mehrere Andere – setzt sich dem Verdacht aus, dass er im Notfall lieber eine „Küchler Show“ haben will, als seinen Boxer oder seine Boxerin vielleicht verlieren zu sehen.

Zurück zu Christina Hammer. Auch nach dem Kampf zeigte sie kein sehr souveränes Verhalten. Offensichtlich fühlte sie sich als Siegerin. Auch als sich die Empörung der Boxfans weltweit immer lauter Luft machte, blieb sie bei ihrer Sichtweise. Sie schrieb auf ihrer Facebookseite:

Liebe Fans und liebe Boxsportfreunde,
Nachdem ich mir die Situation im Kampf vom Samstag nochmals auf Video ansehen konnte und mich etwas erholt habe, möchte ich gerne folgendes Statement abgeben.
Ich habe mich hart auf diesen Kampf vorbereitet und habe mich sehr darauf gefreut. Anne Sophie Mathis ist eine sehr erfahrene Boxerin und sie war am Samstag ebenfalls sehr fit. Jedoch erwischte ich den besseren Start und konnte in den ersten vier Runden meine Gegnerin beherrschen. Ich traf oft und deutlich, so dass ich in den ersten vier Runden auf allen drei Punktzetteln mit 40:36 vorne lag.
In der fünften Runde kam es zur Disqualifikation der Gegnerin und das nicht ganz ohne Grund. Mit ihrer rechten Hand hatte sie mir mehrmals zwischen Ohr und Hinterkopf getroffen, wobei der letzte Schlag direkt auf den Hinterkopf war. Ich möchte hier betonen, das ist Profiboxen, kein MMA.
Ich bin Boxerin, aus voller Überzeugung und mit echtem Herzblut. Ich trainiere hart, unerbittlich und ich gehe in den Ring um alles zu geben und dies habe ich auch hier getan.
Ich bin kein Promotor, kein Manager, kein Ringrichter und kein Offizieller. Ich habe das Urteil bei meinem Kampf nicht getroffen. Ich kann verstehen, dass manche Fans aufgebracht sind und unzufrieden mit dem Ausgang des Kampfes sind. Jedoch freue ich mich gleichfalls, wenn man hier fair bleibt und nicht mir das Urteil vorwirft. Denn damit habe ich nichts zu tun und trage auch nicht die Verantwortung. Hätte der Ringrichter dies nicht gesehen, dann wäre ich die Leidtragende gewesen, er hätte die Hand meiner Gegnerin zum Sieg gehoben. Fehlurteile passieren leider in jeder Sportart, aber die Disqualifikation von Mathis war definitiv kein eindeutiges Fehlurteil.
Ich habe den Kampf gegen Mathis natürlich nicht so gewonnen, wie ich ihn gewinnen wollte, aber ich habe den Kampf mit Sicherheit nicht verloren. Disqualifikation kommt im Profiboxen nicht oft vor, aber auch dies gehört zu den möglichen Urteilen in unserem Sport und nach meinen bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfen, bin ich ein Teil eines derartigen Kampfes geworden. Das Urteil habe ich jedoch nicht zu verantworten!
Bereits im Ring habe ich meiner Gegnerin einen Rückkampf von meiner Seite aus versprochen und hoffe sehr, dass es dazu kommt. Ich möchte nochmals gegen Anne Sophie boxen und der Boxwelt zeigen, dass ich sie eindeutig besiegen kann. Für die Planung und die Ansetzung neuer Kämpfe ist mein Promotor von SES Ulf Steinforth zuständig und ihm vertraue ich hier zu 100%. Ich verstecke mich vor keiner Gegnerin und kenne keine Angst im Ring – vor nichts und niemanden.
Was kann ein Sportler mehr machen, als sich zu stellen?! Ich bin bereit, jederzeit wieder gegen Mathis zu boxen, egal wo und egal wann und egal in welcher Gewichtsklasse.
Vielen Dank für Euer Verständnis und eure Unterstützung.
Eure Christina Hammer“

Hammer ist bis jetzt von der Öffentlichkeit gut behandelt worden. Die BILD Zeitung war bis jetzt ein loyaler Fan von ihr. Sie ließ sich so schöne Überschriften einfallen wie: „K.o.- Braut: So sexy ist Christina Hammer“ oder „Schöne Christina schlägt in Dessau zu – Hammer-Diät für 3. WM-Gürtel“. Auch veröffentlichte sie Zitate von ihr wie „Ich würde gerne gegen die Klitschkos boxen!“ Da ist es schon verständlich, dass Hammer es nicht gewohnt ist, mit Kritik umzugehen. Ihr offener Brief ist, nach meinen Geschmack, ein wenig zu trotzig geraten. Ein klitzekleines bisschen Selbstkritik hätte ihr gut zu Gesicht gestanden. Sie erwähnt nicht mit einem Wort ihr Einklemmen der Führhand, das ja überhaupt nur zu den Treffern geführt hat, die sie KO gingen ließ. Stattdessen verweist sie auf ihre „bislang 17 eindrucksvoll gewonnen Profikämpfe“.
Christian Hammer ist es offensichtlich nicht gewöhnt, mit Kritik umzugehen. Das ist natürlich auch wirklich nicht einfach. Ob sie sich aber einen Gefallen damit getan hat, alle kritischen oder negativen Äußerungen auf ihrer Facebook Seite zu löschen, das sei noch dahingestellt sein. Mittlerweile ist ihre Seite nicht mehr verfügbar. Auch ihr offizieller Internetauftritt ist das Gegenteil von selbstkritisch. Dort heißt es: „Nach einer ansehnlichen ersten Runde wurde der Kampf in den nächsten Runden vom Klammern, Halten und unsauberen Aktionen geprägt. In der fünften Runde musste Christina Hammer schwer angeschlagen zu Boden, nachdem sie von Mathis gehalten und in dieser Aktion hart auf den Hinterkopf geschlagen wurde. Der Ringrichter beendete den Kampf durch Disqualifikation auch wegen Nachschlagens von Anne Sophie Mathis. Christina Hammer wurde somit die neue WBO-/WBF-Weltmeisterin im Jr. Mittelgewicht.“ – Derjenige, der das geschrieben hat, sollte sich eventuell doch mal ein Video von dem Kampf ansehen. Abgesehen davon erwähnt Hammer auf ihrer Homepage auch nicht, dass sowohl BDB als auch der WBO den Kampf zu einem no contest erklärt haben. Also ist Hammer mitnichten „Weltmeisterin in drei Gewichtsklassen“.
Ich fürchte, Hammer hat immer noch nicht verstanden, dass eine Boxerin von ihren Fans lebt. Wenn aber die Mehrheit der Fans sie einen Kampf nicht gewinnen sieht und sie dennoch weiter offensiv auf ihrem Sieg beharrt, dann hat sie ein Problem. Denn Fans können sich auch abwenden, und Sympathie kann in Antipathie umschlagen. So etwas haben wir ja schon bei Syuzanna, genannt Susianna oder Susi Kentikian (36 Kämpfe, 33 Siege, 17 durch KO, 2 Niederlagen) erlebt. Einst war die selbsternannte „Killer Queen“ ein Liebling der Medien. Anrührende Geschichten wurden über sie geschrieben. Sie machte sogar Werbung für „Milchschnitte“. Heute ist das alles vorbei. Kaum jemand interessiert sich heute noch für die WBA Weltmeisterin im Fliegengewicht. Und das liegt vor allem an den Kämpfen, die in ihren Kampfrekord als gewonnene oder als no contest eingegangen sind, die aber nach Meinung der Fans von ihr klar verloren wurden.
© Uwe Betker

Boxen in der Glaspyramide

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Will man eine Boxveranstaltung sehen, in der zwei Frauenboxkämpfe die Hauptkämpfe sind, dann muss man wohl schon nach Österreich fahren. Das Trend Eventuell Pyramide in Wien, oder besser gesagt in Vösendorf bei Wien, war am 21.06.2014 Austragungsort dieser bemerkenswert guten Veranstaltung. Die Halle ist eine Glaspyramide, die früher eine tropische Wellness Oase beheimatete. Die Palmen und das üppige Grün, die von dem ehemaligen Bad geblieben sind, und einbildeten den Rahmen für einen sehr schönen Austragungsort für Boxveranstaltungen.
Der laue Sommerabend begann mit der Begegnung zwischen Manuel Buchheit (2 Kämpfe, 2 Siege, 2 durch KO) und Petr Gyna (27 Kämpfe, 4 Siege, 4 durch KO, 22 Niederlagen, 16 durch KO, 1 Unentschieden) im Leichtgewicht. Buchheit punktete mit Links-Rechts-Kombinationen, begann aber etwas überhastet. Gyna kam daher anfangs noch ein ums andere Mal mit seiner Linken zur Stirn durch. Einmal traf er sogar mit einem schönen Aufwärtshaken den Kopf. Buchheit bestimmte aber den Kampf. Dies machte er auch im zweiten Durchgang, in dem er dann den Druck erhöhte. Mitte der Runde stellte er seinen Gegner in dessen Ringecke, wo er ihn mit einem rechten Körperhaken zu Boden zwang. Kurze Zeit später musste, nach einer Körper-Kopf-Kombination, Gyna erneut zu Boden. Allerdings waren das wohl eher noch die Spätfolgen des ersten Niederschlags. Es sah danach aber zuerst noch so aus, als könnte er das Rundenende erreichen. Buchheit jedoch stellte ihn erneut in seiner Ecke. Er ließ ihn dann auch nicht mehr heraus und deckte ihn mit Schlägen ein. Langsam sackte Gyna in sich zusammen und ging zu Boden. Der Ringrichter Erich Straub brach den Kampf zu Recht ab. TKO Runde 2 nach 2 Minuten 52.
Der folgende Kampf im Junior Weltergewicht ging über die volle Distanz von 8 Runden.
In ihm trafen Kim Poulsen (26 Kämpfe, 25 Siege, 6 durch KO, 1 Niederlage) und Ivo Gogosevic (13 Kämpfe, 8 Siege, 3 durch KO, 4 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) aufeinander. Zunächst sah es noch nach einer relativ einfachen Angelegenheit für Poulsen aus. Er boxte die ersten beiden Runden überlegt und überlegen. Er trieb seinen Gegner vor sich her, schlug aber wenig.In der dritten Runde veränderte sich dann der Kampfrhythmus. Gogosevic fing im Rückwärtsgang an zu joggen und er versuchte, mit überfallartigen Angriffen zum Ziel zu kommen. In der folgenden Runde versuchte er es mit wildem Keilen. Als er Poulsen zu Boden schubste und dem Knienden dann auch noch einen Schlag auf dem Hinterkopf verpasste, wurde er mit einem Punktabzug von Ringrichter Joseph Tremml bestraft. Hiernach wurde der Kampf von Runde zu Runde härter und vor allem von Gogosevic immer schmutziger geführt. Er sprang in seine Angriffe herein, stieß mit dem Kopf, schlug auf dem Hinterkopf, klemmte den Arm ein und schlug zu, schlug nach dem Break Kommando noch mal, schubste, setzte eine Beinsichel ein und vieles mehr. Der Ringrichter ließ ihn weitestgehend gewähren, was dem Kampf nicht zuträglich war. Aber auch Poulsen trug seinen Teil dazu bei, dass der Kampf schmutzig wurde. Er boxte nicht, d.h. er war zu inaktiv und setzte viel zu wenig seine Führhand ein. Am Ende stand ein einstimmiger Punktsieg für Poulsen, aber auch bei einem Unentschieden hätte er sich nicht beschweren können.

Özlem Sahin (18 Kämpfe, 17 Siege, 5 durch KO, 1 Unentschieden) bestritt ihren ersten WM Kampf. Sie boxte um die drei vakanten Titel im Strohgewicht der WIBF, WBF und GBU (Women’s International Boxing Federation, World Boxing Federation und Global Boxing Union), wobei der WBF Gürtel ein Intercontinental Titel war. Ihre Gegnerin war Thuion Thanyathada alias Buangern OnesongchaiGym (18 Kämpfe, 11 Siege, 2 durch KO, 6 Niederlagen, 3 durch KO, 1 Unentschieden). Sahin begann gut und wurde von Runde zu Runde stärker. In der ersten Runde punkte sie mit ihrer variablen Führhand. Sie schlug zu Körper und Kopf. Buangern OnesongchaiGym konnte Sahin, obwohl sie größer ist und einen sichtbaren Reichweitenvorteil hatte, nicht auf Distanz halten. In der zweiten Runde kam Sahin noch stärker und traf nun auch häufiger mit der Rechten. In der dritten Runde versuchte die Thailänderin den Vorwärtsdrang von Sahin durch Klammern zu unterbinden, was ihr aber nur bedingt gelang. Ein harter rechter Kopfhaken am Anfang der Runde hatte sie beeindruckt. Zum Ende hin suchte Sahin den KO, aber geschicktes Klammern von Thanyathada führte dazu, dass beide Boxerinnen auf dem Ringboden landeten. Im folgenden, vierten Durchgang nahm Thanyathada viel und am Ende schien sie etwas wackelig auf den Beinen zu sein, schaffte aber noch die Ringpause. In der folgenden Runde musste sie wiederum viele Treffer nehmen und es stellte sich nun ernsthaft die Frage, ob sie den Kampf bis zum Schluss würde durchhalten können. In der sechsten Runde wurde diese Frage dann schließlich beantwortet. Bereits am Anfang musste sie nach einer längeren Kombination, die sie nehmen musste, zu Boden und wurde angezählt. Wieder auf den Beinen deckte Sahin sie weiter mit Schlägen ein, unter denen sie zusammenbrach und ausgezählt wurde. KO in Runde 6 nach 1 Minute und 10 Sekunden. – Ein großer und beeindruckender Sieg für die neue Doppelweltmeisterin im Strohgewicht.
Im Supermittelgewicht trafen Omar Jatta (22 Kämpfe, 12 Siege, 8 durch KO, 9 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) und Titusz Szabo (61 Kämpfe, 4 Siege, 3 durch KO, 56 Niederlagen, 26 durch KO, 1 Unentschieden) aufeinander. Jatta dominierte den ganzen Kampf. Er zeigte schöne gerade Links-Rechts-Kombinationen. Am Ende der Runde brachte ein rechter Schwinger Szabo zum Wackeln. Dieser konnte sich jedoch in die Ringpause retten. In der zweiten Runde erhöhte Jatta den Druck und kam auch immer häufiger durch. Szabo musste in ihr dreimal zu Boden. In der folgenden Runde brachte Jatta eine schöne rechte Garde zum Kopf durch, die Szabo zu Boden zwang. Er kam zwar noch mal hoch wurde aber direkt in der folgenden Aktion wieder zu Boden geschickt. Jetzt hatte der Ringrichter genug gesehen und brach den ungleichen Kampf ab. TKO in Runde 3 nach 1 Minute und 1 Sekunde.
Dann kam die zweite Frauenweltmeisterschaft des Abends. Es boxten Eva Voraberger (21 Kämpfe, 18 Siege, 9 durch KO, 3 Niederlagen, 1 durch KO) und Marasri Sriliwai alias Nonggift OnesongchaiGym (9 Kämpfe, 6 Siege, 1 durch KO, 2 Niederlage, 1 Unentschieden) um die vakanten Titel der WIBF und der WBF (Women’s International Boxing Federation und World Boxing Federation) im Super Fliegengewicht. Voraberger war die Hauptprotagonistin des Abends. Das lag nicht nur daran, dass sie die Hauptkämpfern an diesem Abends war, sondern vor allem auch daran, dass praktisch nur ihr Handeln im Ring den Kampf bestimmte. Der Kampf entwickelte sich zu einer regelrechten Ringschlacht, die hin und her wogte und bis zum Schluss spannend blieb.
Die erste Runde ging an Voraberger. Sie setzte ihre Gegnerin unter Druck, musste aber mehrfach Treffer zum Kopf, mit der Rechten geschlagen, nehmen. Die folgende Runde ging dann an Nonggift OnesongchaiGym; Voraberger war zu inaktiv und wartete zu sehr auf den einen alles entscheidenden Schlag. So ging der Kampf hin und her. Voraberger sah immer gut aus, wenn sie gegen die Rechtsauslegerin ihre Linke einsetzte. Sie sah nicht so gut aus, wenn sie ihre Rechte unvorbereitet schlug. Am Ende der achten Runde war der Ausgang des Kampfes noch offen. Mit einer bemerkenswerten Energieleistung sicherte sich Voraberger aber schließlich nach zehn Runden den einstimmigen Sieg. Die Punktrichter werteten 97:94, 97:93 und 96:94. Mit diesem Sieg schrieb Voraberger Boxgeschichte, denn sie ist die erste Österreicherin, die in Österreich einen WM Kampf bestritt.
Zum Abschluss gab es dann noch einen Achtrunder im Weltergewicht, in dem Laszlo Toth (18 Kämpfe, 18 Siege, 13 durch KO) und Arkadiusz Malek (24 Kämpfe, 13 Siege, 4 durch KO, 7 Niederlagen, 5 durch KO, 5 Unentschieden) aufeinander trafen und über die angesetzte Distanz gingen. Toth zeigte schönes Boxen. Besonders seine Linke gefiel. Malek versuchte sein Glück mit Kopfhaken, die nicht ungefährlich waren. Zum Ende hin baute er aber ab und kämpfte nur noch darum, nicht vorzeitig zu verlieren. Der Punktsieg von Toth war einstimmig und deutlich.

Zu erwähnen bleibt mir noch, dass es im Rahmenprogramm der wirklich guten Veranstaltung von Peter M. Pospichal (Box-Team Vienna) noch Muay Thai- und Kickboxkämpfe zu sehen gab. In einem davon verlor die Kickboxlegende Stefan Leko durch eine verletzungsbedingte Aufgabe in Runde 1 gegen Murat Karabulat. Außerdem gaben sich Richard Lugner und Tatjana Gsell die Ehre. Der längste Tag des Jahres bekam mit dem Boxen in der Glaspyramide einen schönen Abschluss.
(C) Uwe Betker

Foto: Özlem Sahin

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(C) Uwe Betker