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Trainer und entlassene Trainer
Aus der Welt des professionellen Fußballs erreichen uns immer gleich mehrere Meldungen im Jahr wie: „Der Fußballverein Y hat Trainer X entlassen. Z neuer Y-Trainer. Nach nur zwei Siegen in zehn Pflichtspielen ziehen die Verantwortlichen die Reißleine und feuern X. ….“ So oder so ähnlich lesen sich diese Meldungen.
Bei den Amateurboxern, die nun aber nicht mehr Amateure sein wollen, sondern nur Boxer oder olympische Boxer, liest sich so eine Meldung anders. „DBV und Cheftrainer Dr. Bastian gehen getrennte Wege. Der Deutsche Boxsport-Verband e. V. und sein Cheftrainer Dr. Michael Bastian gehen zukünftig getrennte Wege – Der zugrunde liegende Vertrag ist mit Wirkung zum Jahresende 2014 beendet worden. Der Verband dankt Herrn Dr. Bastian für dessen geleistete Arbeit und wird mit seinen Partnern die personelle Ausrichtung auf die Olympischen Spiele in Rio abstimmen und zu gegebener Zeit bekannt geben.“
Aus der Pressemeldung des Deutschen Boxsport-Verbands e.V. geht nicht hervor, warum Dr. Michael Bastian nicht mehr Cheftrainer ist. Aber „getrennte Wege gehen“ hört sich doch nach einem Rauswurf an. Wieso wurde dann Dr. Bastian rausgeworfen? Noch witziger finde ich, dass überhaupt nicht gesagt wird, wer sein Nachfolger wird. Soll das denn heißen, der DBV hat keinen Cheftrainer mehr. Stellen wir uns für einen Augenblick vor, Bayern München entlässt Josep Guardiola in der Saison und verkündet dann, dass der Nachfolger „zu gegebener Zeit bekannt“ gegeben wird. Unvorstellbar! Beim Verband der Amateurboxer ist das Realität.
Das Verhältnis des eingetragenen Vereins, der schließlich den Anspruch erhebt, die Amateurboxer zu vertreten, scheint mir da ganz schön von Willkür geprägt zu sein. Der DBV bestand immer darauf, dass Amateurboxen und Profiboxen nicht vereinbar sind. Es werden auch immer noch Amateurtrainer gesperrt, die auch bei einem Profiboxer in der Ecke stehen. Gleichzeitig beteiligt sich der DBV aber an einer eigenen Profiliga. Dieses Profiboxen, das die AIBA selbst betreibt und das dann APB (Amateur Pro Boxing), heißt, ist dann wohl in Ordnung. Die Profis des Association Internationale de Boxe dürfen dann auch in den Leistungszentren des DBV unter der Leitung der dortigen Amateurtrainer trainieren. Da drängt sich mir auch noch die Frage auf, was wohl die AIBA Profis dem DBV dafür zahlen, dass sie deren Trainingseinrichtung benutzen dürfen. Und wie hoch sind eigentlich die Trainerhonorare?
Wir erinnern uns: Michael Müller, der Sportdirektor des DBV erklärte erst unlängst, sein Verband habe mit dem der World Series of Boxing, also der Profiliga der AIBA nichts zu tun. Dementsprechend müssten dann doch die WSB Profis zahlen, wenn sie Trainingsstätten und Trainer der Amateure in Anspruch nehmen. Sollte es aber so sein, dass die Profis den Amateuren nichts zahlen, muss man dann nicht aber daraus schließen, dass der DBV wohl doch etwas mit der WSB zu tun hat. Dann kann aber DBV Müller doch wohl nicht ganz so recht haben mit seiner Äußerung.
Ganz seltsam kommt mir dann noch das Gerücht vor, DBV Müller selbst hätte die Position von Dr. Bastian eingenommen. Das kann ich nun eigentlich kaum glauben. Denn wir erinnern uns: Michael Müller war bis 2008 DRV Müller. Er war Sportdirektor Michael Müller des Deutschen Ruderverbands. Er wurde 2008 entlassen – Entschuldigung: Er und der Verband kamen überein getrennte Wege zu gehen. Unter seiner Leitung hatte die deutsche Rudermannschaft bei den Olympischen Spielen in Peking erstmals seit 52 Jahren kein Olympiagold gewonnen. Das Flaggschiff der Ruder, der Deutschland-Achter, schied sogar schon im Vorlauf aus. Kritiker machen tatsächlich DRV Müller für dieses Desaster verantwortlich.
Aber noch mal zurück zu den Trainern: Seit geraumer Zeit setzt der Amateurboxverband auf Profitrainer. Mittlerweile haben schon vier Trainer hier ihr Auskommen gefunden: Valentin Silaghi, Zoltan Lunka, Michael Timm und neuerdings auch Torsten Schmitz. Ich will es noch einmal deutlicher sagen: Es geht hier nicht um die Kompetenz der Trainer, denn die ist unbestritten. Aber … – Soweit ich informiert bin, müssen Bundestrainer Diplom-Trainer sein. Soweit ich auch gehört habe, sind Timm und Schmitz das aber nicht. Worauf ich hinaus möchte ist, dass es auch beim DBV doch Regeln geben sollte, die für alle gelten. Wenn ein Amateurtrainer in der Ecke eines Profiboxers steht, dann wird er beim DBV normalerweise ganz schnell gesperrt. – Es sei denn, es handelt sich um einen AIBA Profi oder um einen Trainer, der vom DBV angestellt wird. So ähnlich verhält es sich auch mit den Lizenzen, die ein Trainer braucht. Also ich meine, so etwas kann man schon Willkür nennen.
© Uwe Betker
Wer hat das Geld der Boxerinnen? (2)
Wollte eine Boxerin an den Weltmeisterschaften der Frauen in Antalya teilnehmen, so hatte sie 2.967,00 Euro an den DBV zu entrichten. Das hieß konkret, entweder übernahm der Landesverband die Kosten, oder es zahlte der Verein oder die Athletin selber. Ich habe von Kollekten in Vereinen gehört und von Eltern, die das Geld für ihre Töchter aufbrachten.
Wollte eine Boxerin wissen, wofür das Geld verbraucht wurde, so bekam sie nur auf Nachfrage eine Kostenaufstellung von DBV. Die Kosten, die durch die Boxerin selber entstanden, beliefen sich dabei, laut Aufstellung, auf 1.400 Euro. Diese schlüsselten sich wie folgt auf: Fahrtkosten 150 Euro, Flugkosten 450 Euro, Unterbringung und Verpflegung 800 Euro.
Hinzu kamen noch „anteilige Kosten für die sportliche, medizinische Betreuung (Trainer, Arzt, Physiotherapie) sowie Zusatzernährung“, die nicht näher spezifiziert wurden, von nochmals 1.567,00 Euro. Also jede Boxerin musste nicht nur ihre eigenen Kosten, sondern auch noch die für die Trainer und Betreuer tragen. Wenn man die Zusatzernährung als Kostenfaktor außen vorlässt, kostet jeder der, wenn ich richtig informiert bin, fünf mitgereisten DBV- Offiziellen (Zoltan Lunka, Roland Kubath, David Hoppstock und Mannschaftsärztin Gudrun Heinz) die zehn Boxerinnen schlappe 3.134,00 Euro.
Hier drängen sich mir einige Fragen auf:
Wird ein Bundestrainer eigentlich nicht vom Verband bezahlt?
Bekommt der DBV keine Fördermittel mehr aus Steuermitteln?
Darf ein Sportverband Fördermittel vom Bund kassieren und gleichzeitig die Kosten für Veranstaltungen komplett auf die Athleten umlegen?
Gibt es beim DBV kein Ehrenamt?
Dürfen Ehrenämtler überhaupt Geld bekommen?
Hätte man sich die Ärztin nicht sparen können, schließlich stellte der türkische Verband vier zur Verfügung?
Überhaupt zeigte sich die Türkei als Ausrichte sehr großzügig. So wurden wohl den einzelnen Nationalmannschaften nur die Kosten berechnet, die während der Veranstaltung selber entstanden sind und nicht die von dem vorangegangenen Trainingslager. Womit man dann bei dem Posten 800 Euro für Unterbringung und Verpflegung angekommen wären. Kosten in Antalya die Übernachtung und Verpflegung für eine handvoll Tage wirklich 800 Euro? Ehrlich gesagt ich kann, es mir nicht vorstellen, zumal ich weis, dass der polnischen Nationalmannschaft von dem Veranstalter pro Nacht und Einzel- (70 $), Doppel (50 $) und Trippelzimmer (110 $) berechnet worden ist. Das legt den Verdacht sehr nahe, dass die Abrechnung des DBV nicht korrekt ist.
Überhaupt frage ich mich: Wo ist das Geld der Boxerinnen geblieben? Wer hat hier welche Summe Geld für welche Leistung bekommen? Für mich schwebt der böse Verdacht über dem DBV, dass dieser selber oder Personen in ihm sich auf Kosten ihrer Boxerinnen bereichert haben.
Es gibt nur einen Weg diesen Verdacht, der auch von verschiedenen Mitgliedern des DBV geteilt wird, auszuräumen:
1. Eine Abrechnung mit Belegen auf Heller und Pfennig über den Verbleib der 2.967,00 der Boxerinnen.
2. Eine Erklärung, warum der DBV der einzige Amateurboxverband der Welt ist, der es nicht schafft, seine Athletinnen aus eigenen Mitteln zur WM zu schicken.
3. Eine Erklärung, wieso fest angestellte Trainer zusätzlich Geld von Boxerinnen bekommnen müssen.
4. Wo die Vereinsstatuten und die Satzung des DBV solche (Zusatz-)Zahlungen vorsehen bzw. ermöglichen.
5. Eine Erklärung über mögliche rechtliche Konsequenzen für den Verband bezüglich der Sportförderung.
6. Eine Erklärung, weshalb die Nationalmannschaft eine eigene Ärztin brauchte. Andere Nationalmannschaften verließen sich schließlich auch auf die Dienste der türkischen Ärzte vor Ort.
Die phantastischen Ergebnisse unserer Boxerinnen bei der WM in Antalya werden mir vergällt durch ein zumindest höchst untransparentes Verhalten des Verbandes. Im Augenblick sieht es für mich danach aus, als hätte sich da irgendjemand an den WM-Teilnehmerinnen bereichert. Es besteht also noch jede Menge Klärungsbedarf.
© Uwe Betker
Ein Blick runter (2)
In dem vom amerikanische TV-Sender Showtime veranstalteten Turnier im Bantamgewicht „Winner Take All“ ist nun Abner Mares (22 Kämpfe, 21 Siege, 13 durch KO, 1 Unentschieden) der Favorit. In seinem Halbfinal-Kampf erlitt er einen Cut im Haaransatz über dem linken Auge, einen Niederschlag in der zweiten Runde und einen Punktabzug in der vierten Runde. Er lag also nach Punkten hinten, aber er konnte den Kampf durch einen schier unglaublichen Kraftakt noch umdrehen. Im Finale trifft er auf Joseph Agbeko (30 Kämpfe, 28 Siege, 22 durch KO, 2 Niederlagen). Schade nur, dass die tollen Kämpfe in Deutschland nicht zu sehen waren.
Der wohl beste seiner Gewichtskasse, Fernando Montiel, nimmt an diesem Turnier nicht teil. Der Mexikaner Montiel (48 Kämpfe, 44 Siege, 34 durch KO, 2 Niederlagen, 2 Unentschieden) war von 2000 bis 2001 Weltmeister der WBO im Fliegengewicht, dann von 2002 bis 2003 im Super Fliegengewicht nach Version WBO und dann noch mal von 2005 bis 2008. Seit 2009 ist er Weltmeister der WBO im Bantamgewicht und seit 2010 auch von der WBC. Montiel boxte auch schon einmal in Deutschland. Damals (24.03.2001) kämpfte er gegen den für Universum Box-Promotion boxenden Rumänen Zoltan Lunka. Er dominierte Lunka seinerzeit nach Belieben und gewann durch TKO in Runde 7. Lunka boxte danach nie wieder.
Als wollte Montiel die Boxinteressierten dafür entschädigen, dass er nicht am Turnier teilnimmt, will er sich am 19.02.2012 der Nummer 3 der unabhängigen Weltrangliste, Nonito Donaire, stellen.
Der Mann von den Philippinen (26 Kämpfe, 25 Siege, 17 durch KO, 1 Niederlage) war von 2007 bis 2009 Weltmeister im Fliegengewicht nach Version IBF und von 2009 bis 2010 Weltmeister im Super Fliegengewicht nach Version WBA.
Wo sieht man so viele Top-Boxer einer Gewichtsklasse gegeneinander antreten? Wie schon gesagt, es lohnt sich schon mal einen Blick runter in die niedrigeren Gewichtsklassen zu werfen. Ich hoffe immer noch auf ein Umdenken bei den deutschen Veranstaltern, TV-Anstalten und Zuschauern.
© Uwe Betker
Ein Blick runter (1)
Es gibt Gewichtsklassen, die werden in Deutschland schlicht nicht wahrgenommen. Das geht sogar so weit, dass die ARD offensichtlich keine Kämpfe unterhalb des Mittelgewichts zeigen will. Das heißt konkret, dass man als Amateur schon Weltmeister oder Olympiasieger werden muss, um in einer der unteren Gewichtsklassen eine Chance als Profi zu bekommen und im Fernsehen boxen zu dürfen. Meiner Meinung nach ist eine solche Einschränkung des Blicks ähnlich sinnvoll wie sich nur Bundesligaspiele von süddeutschen Vereinen anzusehen.
Zum einen gibt es eine Fixierung auf das Schwergewicht. Zum anderen sind Kämpfe in den leichteren Gewichtsklassen wohl zu schnell. Die Zuschauer in den Hallen können sie von den höheren Rängen aus nur schwer verfolgen. Es wäre also denkbar, dass die Verantwortlichen der TV-Stationen Angst davor haben, ihre Zuschauer bei einer Sportsendung zu überfordern. Hinzu kommt, dass aufgrund der Schnelligkeit der Kämpfe und ihres höheren technischen Niveaus von den Fernsehkommentatoren sehr viel mehr Sachverstand verlangt werden müsste, was auch ein Problem sein könnte. Außerdem gibt es weniger spektakuläre KOs. Es spricht also vieles gegen die niedrigeren Gewichtsklassen. Dafür aber spricht eigentlich nur Eins, nämlich die Qualität des Boxens.
Was ich sagen möchte, ist, dass sich auch ein Blick runter ins Bantamgewicht lohnt. Das dürfte nämlich zurzeit wohl die aufregendste Gewichtsklasse sein. Eine sehr interessante Boxveranstaltung in diesem Bereich hat, aus den besagten Gründen, in Deutschland praktisch keine Resonanz bekommen. Der amerikanische TV-Sender Showtime veranstaltet aktuell ein Turnier im Bantamgewicht. Das ist die fünftleichteste Gewichtsklasse, deren oberes Limit bei 53,525 kg liegt. Hier waren die vier Besten in ihrer Gewichtsklasse zu sehen. – Offensichtlich hat man aus den Problemen beim Super-Six-Turnier gelernt und daher das Teilnehmerfeld kleiner gehalten.
In der ersten Runde trafen am 11.12.2010 Yonnhy Perez (21 Kämpfe, 20 Siege, 4 durch KO, 1 Unentschieden), der amtierende Weltmeister der IBF auf Joseph Agbeko (29 Kämpfe, 27 Siege, 22 durch KO, 2 Niederlagen), den ehemaligen Weltmeister der IBF. Der Kolumbianer Perez war die Nummer 4 der unabhängigen Weltrangliste. Agbeko, der seinen Titel gegen Perez verloren hatte (31.10.2009), kommt aus Ghana und ist in der unabhängigen Weltrangliste nicht mehr vertreten, weil er seit seinem Titelverlust nicht mehr in den Ring gestiegen war.
Agbeko holte sich seinen Titel trotz der langen Kampfpause durch einen Punktsieg (113-115, 112-116 und 111-117) wieder zurück. Es wird bereits spekuliert, dass die Runde 6 dieses Kampfes zur Runde des Jahres gewählt werden wird. In ihr gab es einen drei Minuten dauernden ununterbrochenen Schlagabtausch.
Den zweiten Kampf der ersten Runde bestritten Abner Mares (21 Kämpfe, 20 Siege, 13 durch KO, 1 Unentschieden) und Vic Darchinyan (38 Kämpfe, 35 Siege, 27 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden). Der Mexikaner Mares war die Nummer 6 der unabhängigen Weltrangliste. In seinem letzten Kampf (22.05.2010) erreichte er gegen Perez ein Unterschied. Sein Gegner war die Nummer 2 der Rangliste. Der Australier Darchinyan war von 2004 bis 2007 Weltmeister im Fliegengewicht nach Version IBF, dann von 2008 bis 2009 Weltmeister im Superfliegengewicht der Verbände IBF, WBA und WBC und bis 2010 der WBC und WBA.
Mares konnte sich auch durch einen äußerst knappen Punktsieg (115-111, 112-115 und 111-115) gegen Darchinyan durchsetzen. Mares musste in der zweiten Runde das erste Mal in seiner Karriere zu Boden und lag nach Punkten hinten, als er seine Aufholjagd begann.
Im Finale des Turniers treffen nun Joseph Agbeko und Abner Mares aufeinander.
In keinem der beiden großartigen Kämpfe gab es ein KO. Dafür schlug jeder einzelne der beteiligten Boxer gefühlt häufiger als Wladimir und Vitali Klitschko in allen ihren Profikämpfen zusammen. Im Bantamgewicht gibt es auch ganz seltsame Dinge zu sehen bzw. es gibt Dinge nicht zu sehen. Es gibt keinen, der seinen Arm wie eine Lanze ausstreckt, um den Gegner nicht an sich ranzulassen. Auch gibt es keinen, der sich auf seinen Gegner legt, um den Kampf zu unterbinden. Es wird einfach geboxt. Daher lohnt es sich schon mal einen Blick runter in die niedrigeren Gewichtsklassen zu werfen. Es wäre zu wünschen, dass auch deutsche Veranstalter und deutsche TV-Anstalten ihre Vorbehalte gegen die leichteren Boxer überdenken würden. Dann bekäme vielleicht das Publikum besseres Boxen zu sehen und wer weiß, vielleicht gefällt es ja auch den Zuschauern.
© Uwe Betker