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Von zwei Männern, zwei Träumen und einem gemeinsamen Projekt

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Die zwei Männer sind sehr verschieden. Der eine, André Hörmann, ist ein deutscher Dokumentarfilmer. Der andere, Kenny Sims Jr., ist ein US-amerikanischer Amateurboxer. Der Eine will einen Film drehen, der Andere will sich für die Olympischen Spiele 2012 in London qualifizieren. Was sie verbindet ist der Film, den der Eine über den Anderen drehen will, ihr gemeinsames Projekt. Das gemeinsame Projekt, eine abendfüllende Dokumentation, soll „The Punch“ heißen.
Der aus Ulm stammende Filmer André Hörmann kam über das Buch des Soziologen Loïc Wacquant, der darin beschreibt, wie er sich als Akademiker in den USA in einem Boxgym durchbeißt, zum Boxen. Als er auf einem Filmfest in Chicago zu Gast war, besuchte er einige Gyms. Dort traf er auf ein bemerkenswertes Vater-und-Sohn bzw. Trainer-Boxer-Gespann: Coach Sims und sein Sohn Kenny Sims Jr.
Hörmann drehte bereits einen 13-minütigen Film „Fathers Prayer“ über die Beiden. Nun will er einen abendfüllenden Film drehen, in dem er den 16-jährigen Boxer Kenny Sims Jr. begleiten will auf seinem Weg aus dem Schwarzen-Ghetto, Fuller Park in Chicago, zu den Olympischen Spielen 2012 nach London.
„The Punch“ will mehr sein als das Porträt eines Boxers oder einer Boxerfamilie. Es soll auch eine Milieustudie werden. Denn Fuller Park wird in Chicago „Murdertown“ genannt und Sport ist die einzige halbwegs realistische Möglichkeit, dort herauszukommen. Dementsprechend ist das Fuller Park Gym ein Ort der Zuflucht und der Gemeinschaft in einer brutalen und mörderischen Umgebung. Das Projekt soll die Fragilität des gemeinsamen Traums von Vater und Sohn zeigen. Er soll aber auch ein Film sein über Hoffnung, Arbeit, Glück oder Scheitern und über den Versuch, in einer unwürdigen Umgebung Würde zu bewahren.
Die kölner Produktionsfirma Sutor Kolonko hat bereits von der Filmstiftung Nordrhein-Westfalen eine Produktionsförderung zugesagt bekommen. Aber die Gelder werden erst ausgezahlt, wenn noch ein weiterer Fernsehsender oder ein weiterer Produzent sich finanziell beteiligt. Die Zeit drängt – Anfang August findet das Golden Gloves Turnier, das als Qualifikations-Turnier der US-Boxer für Olympia 2012 dient, statt. Mit ihm soll der Film anfangen.
Hörmann will die 12 000 US-Dollar, die er für den Film braucht, durch Sponsoren und durch private Unterstützer auftreiben („Crowd Funding“). Bereits mit 20 US-Dollar kann man Filmförderer werden. Je nach Höhe des Betrags bekommt man DVD-Sondereditionen, Premierenkarten, Namensnennung im Abspann oder ähnliches.
Es wäre schön, wenn der Film zu Stande kommen würde.
Mehr Infos: sutorkolonko.de/projekte
© Uwe Betker

Die traurige Geschichte des Wilfred Benítez (2)

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Wilfred Benítez wurde am 12. September 1958 in der Bronx in New York als jüngstes von acht Kindern geboren. Er wuchs mit Boxen auf. Sein Vater Gregorio („Goyo“) boxte als Junge in Puerto Rico selber. Er organisierte Boxkämpfe für seine Söhne auf Spielplätzen und nahm von den vorbeikommenden Zuschauern einen Vierteldollar Eintritt. Einer der älteren Brüder wurde ebenfalls später Profi. Frankie Benítez boxte von 1973 bis 1980 im Leichtgewicht (30 Kämpfe, 24 Siege, 15 durch KO, 5 Niederlagen, 2 durch KO, 1 Unentschieden). Wilfred besuchte regelmäßig ein Gym in der Nachbarschaft, wo er das Boxen lernte, indem er seine Brüder und andere Boxer beobachtete.
Mit sieben zog Wilfred Benítez mit seiner Familie nach Puerto Rico, wo er dann an dem regionalen Golden Gloves Turnier teilnahm. Mit 15 Jahren, im November 1973, begann er seine Profikarriere. Nachdem er die ersten 11 Kämpfe in Folge gewonnen hatte, 10 durch KO, ging er zurück nach New York, wo er am 16.09.1974 auf einen gewissen Al Hughes im Felt Forum traf. Der Kampf als solcher ist kaum erwähnenswert. Er gewann durch TKO in Runde 5. Bemerkenswert ist aber, dass Benítez erst ein paar Tage vorher 16 Jahre alt geworden war und er eigentlich gar nicht in New York boxen durfte. Er hatte aber eine gefälschte Geburtsurkunde vorgelegt, die ihn älter machte.
14 Kämpfe später stand er am 6. März 1976 im Hiram Bithorn Stadium (San Juan, Puerto Rico) der kolumbianischen Boxlegende Antonio Cervantes gegenüber. „Kid Pambele“ war der WBA Weltmeister im Junior Weltergewicht. Cervantes war 1972 Weltmeister gegen Alfonso Frazer (28.10.1972, KO 10) geworden und hatte in den folgenden Jahren den Titel neun Mal erfolgreich verteidigt. Besonders seine Ringschlachten gegen die großen Nicolino Locche (17.03.1973, TKO 10) und Esteban De Jesus (17.05.1975, W 15) begründeten seinen Ruf als viertbesten Junior Weltergewichtler aller Zeiten.
Im Kampf zwischen Benítez und Cervantes trafen zwei der größten Defensivkünstler der Boxgeschichte aufeinander. Im Gegensatz zu einigen späteren Kämpfen in seiner Karriere, war er hier optimal vorbereitet, und er war motiviert. So gewann er den auf 15 Runden angesetzten Kampf nach Punkten. Die Punktrichter werteten 148:144, 147:142 und 145:147, alle zu seinen Gunsten. Damit wurde er mit seinen 17 Jahren und 5 Monaten in seinem 26. Profikampf zum jüngsten Boxweltmeister aller Zeiten. Viele High School Klassenkameraden von Benítez saßen im Publikum.
Er verteidigte seinen Titel dreimal (Emiliano Villa, 31.05.1976, W 15; Tony Petronelli, 16.10.1976, TKO 3 und Ray Chavez Guerrero, 03.08.1978, TKO 15) und machte noch vier Nicht-Titelkämpfe, von denen er drei gewann und in einem ein Unentschieden erreichte. Ein angesetzter Rückkampf mit Cervantes fand nicht statt, weil Benítez sich bei einem Autounfall verletzte. Da er es anschließend versäumt hatte, schnell genug einen neuen Termin für den Rückkampf anzusetzen, erkannte ihm die WBA den Titel ab.
Nach dem Titelverlust ging er endgültig eine Gewichtsklasse höher. Die Nicht-Titelkämpfe hatte er bereits im Weltergewicht absolviert. Hier machte sich sein Hang zur laxen Vorbereitung auf seine Kämpfe immer mehr bemerkbar; es wurde sogar mehr und mehr zu einem chronischen Verhalten. Für seinen Kampf gegen Harold Weston (02.02.1977), der immerhin die Nummer 10 der Rangliste war, nahm er sich nur 12 Tage Vorbereitungszeit. Er spielte im Ring den Clown und erreichte nur ein Unentschieden. Für Bruce Curry (18.11.1977), dem Bruder von Donald Curry, der später Weltmeister im Weltergewicht werden sollte, nahm es sich nur knapp eine Woche Zeit. Er musste denn auch gegen die neue Nummer 10 dreimal zu Boden und erreichte nur einen schmeichelhaften Punktsieg durch Mehrheitsentscheidung. Den Rückkampf (04.02.1978) gewann er etwas deutlicher, aber nicht glänzend, nach Punkten.
© Uwe Betker