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Fernsehen und Boxen in Deutschland

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Wenn eine deutsche Fernsehanstalt über eine Debatte im Deutschen Bundestag oder über die Kurse an der Börse oder über einen spektakulären Prozess berichten möchte, dann tut sie das – und sie tut das, ohne dafür Geld zu zahlen. Will dieselbe Fernsehanstalt nun aber über Sportveranstaltungen berichten, z. B. Bundesligafußball oder Profiboxen, dann muss sie die bezahlen. M.E. erwirbt der Zahlende dadurch aber natürlich auch Rechte an dem gekauften Produkt und knüpft an den Kauf Erwartungen.
Das Fernsehen zahlt Millionenbeträge für Sportrechte. Das schafft dann auch einen Legitimierungsdruck, aus dem sich Fragen ergeben: War es denn richtig, einen Vertrag abzuschließen mit diesem oder jenem Promoter? Ist es überhaupt vorstellbar, dass ein Fernsehreporter sich auf diesem Hintergrund zu sagen traut, bei dem folgenden Kampf handele es sich um eine schlechte Kampfansetzung, die ihr Geld nicht wert ist? Wohl kaum! Der TV Sportreporter hat schließlich nicht nur die Aufgabe, über die Veranstaltung zu berichten, sondern er muss sie verkaufen. Der Journalist hört hier auf, Berichterstatter zu sein, er wird zum Verkäufer.
Gleichzeitig gilt es, die Wünsche und Erwartungen der Zuschauer zu bedienen. Eine Berichterstattung wollen die allerdings meist gar nicht, sondern mehr Fan-TV – zumindest beim Fußball. Sie wollen vor allem nicht, dass ihr Lieblingsclub vom Moderator schlecht geredet wird. Von Seiten der TV-Sender sollte man hier nun zumindest Neutralität erwarten. Man kann sich allerdings schon auch fragen, ob eine solche Neutralität überhaupt möglich ist bei den Erwartungen und Summen, die da im Spiel sind. Dass dieses Spannungsfeld existiert, ist unbestritten.
Was die Erwartungen von Fußballzuschauern betrifft, so können wir uns schon ein ziemlich genaues Bild machen. Die Frage, die sich hier nun stellt, ist, was die Zuschauer wohl von einer Übertragung von Profiboxveranstaltungen erwarten?
Ich möchte nämlich behaupten, dass sich die Zuschauer, die sich im Fernsehen Fußball und die, die sich Boxen anschauen, unterscheiden. Damit möchte ich nicht gesagt haben, dass es sich dabei nicht um dieselben Zuschauer handeln könnte. Die Mehrzahl derjenigen, die sich Fußball anschauen, sind Fußballfans, die ihre Lieblingsclubs und ihre Lieblingsspieler haben – und sie bringen auch ein gerüttelt Maß an Fachwissen mit. Demgegenüber haben zwar die Zuschauer von Boxveranstaltungen auch Lieblingsboxer, aber sie interessieren sich in der Regel nicht fürs Boxen allgemein oder für ein Boxen jenseits der übertragenen Veranstaltung. Dementsprechend ist es mit dem Fachwissen dieser Zuschauer auch nicht sehr weit her. Profiboxen wird von der Mehrzahl der Fernsehzuschauer als Event angesehen und als solches auch konsumiert.
Wenn man akzeptiert, dass ein großer Teil der Zuschauer Boxen als ein Event ansieht und die emotionale Bindung an einzelne Boxer nur gering ist, dann könnte man daraus m.E. aber auch die Konsequenz ziehen, den Zuschauern auch gutes Boxen zu bieten. Es ist doch schließlich gar nicht nötig, Boxer, die sowieso kaum jemand kennt, mit einfachen Gegnern zu füttern, nur damit der Veranstalter einen Weltmeister mehr unter Vertrag hat.
In der Süddeutschen Zeitung war unlängst der Vorwurf zu lesen – wieder mal bezogen auf den Fußball -, manche Sportjournalisten seien Fans, die es hinter die Absperrung geschafft hätten. Damit sollte ihre mangelnde Distanz, Neutralität und Kritikfähigkeit beschrieben werden. Wir erinnern uns auch noch daran, wie Journalisten dafür Schelte bekamen, dass sie, für die meisten der Fans an den Fernsehgeräten und auch für ihre Kollegen, Jürgen Klopp und Per Mertesacker zu forsch interviewt hatten. Immerhin wird aber beim liebsten Sport der Deutschen wenigsten hin und wieder noch kritisch nachgefragt. Beim Boxen dagegen gibt es kaum Journalisten, die auch selbst Fans des Sportes sind, und nur sehr wenige sind Experten. Das merkt man dann der Berichterstattung auch an.
Wieso müssen eigentlich alle Journalisten immer Allrounder sein, mit dem Anspruch, über alle Sportarten alles zu wissen? Dabei täte eine Spezialisierung sowohl der Branche als auch der Sportart gut. Fachleute könnten die Fernsehsender immerhin davor bewahren, teures Geld für schlechte und mittelmäßige Veranstaltungen auszugeben. Dadurch könnten dann die TV-Sender auch vielen Kritiken ihrer Arbeit die Spitze nehmen. Ich bin persönlich davon überzeugt, dass die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten auch heute noch Boxen zeigen würden, hätten sie in der Vergangenheit nicht gefühlt so viele schlechte und unnötige Hauptkämpfe gezeigt, Fehlentscheidungen schön geredet und bekannt hörige und devote Punktrichter akzeptiert.
Mehr Fachleute unter den Journalisten könnten die Berichterstattung verändern. Wir wissen, dass Sportjournalismus seinen Ursprung nicht in der Motivation hat, kritisch oder gar investigativ zu berichten. Die Tour de France war schließlich vor allem eine Marketingidee einer Sportzeitung von 1903. Der Kicker und die Fußballwoche waren auch schon die offiziellen Organe des Verbandes. Ähnlich sieht es auch im Boxsport aus. Nur wenn man auch etwas von dem Sport versteht, kann man angemessen darüber berichten und ist unabhängig von Pressemappen und von den Einschätzungen der Trainer, Boxer und Veranstalter.
Zugegeben, eine etwas kritischere Berichterstattung ist zum einen zeitaufwendiger und zum anderen auch mit gewissen Risiken verbunden. Viele deutsche Veranstalter sind dünnhäutig und reagieren auf Kritik nicht gerade souverän. Als Journalist findet man sich dann schnell schon mal hinter einer Säule sitzend oder ganz hinten. Akkreditierungsanträge werden abgelehnt. Zur After-Show-Party wird man nicht mehr eingeladen. Man fliegt aus dem Presseverteiler. Man wird nicht mehr gegrüßt und man bekommt keine Interviewtermine mehr oder sogar gleich Hausverbot. Kurz gesagt, dünnhäutige Veranstalter versuchen kritische Journalisten von Informationsquellen abzuschneiden und für vermeintliches Fehlverhalten zu bestrafen. Das ist alles unbequem.
Trotzdem entscheiden letztlich die Sender selber über die Qualität von TV-Boxveranstaltungen. Dessen sollten sie sich auch bewusst werden und danach handeln.
© Uwe Betker

Written by betker

20. Dezember 2014 at 23:59

Veröffentlicht in Boxen

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Ein Versuch, Promiboxen als Sport zu sehen

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Samstag, dem 27. September, fand in Düsseldorf das große ProSieben Promiboxen statt. Das Fernsehformat „Promiboxen“ wird bereits von RTL und SAT 1 benutzt. Die letzte Veranstaltung erreichte immerhin insgesamt 1,54 Millionen Zuschauer, von denen weit über die Hälfte, nämlich 990.000, in der Altergruppe der 14- bis 49-jährigen war. Der Marktanteil gesamt lag bei 6% und in der angesprochenen Altersklasse bei 10,5%. D.h. die letzte Veranstaltung hatte die mit Abstand schlechteste Einschaltquote von allen. Das konnte man natürlich vorher nicht wissen.
Ich bin nun auch mal zum Promiboxen gegangen. Ich wollte mir das Treiben im Ring mal unter sportlichen Gesichtspunkten ansehen. Immerhin steigen hier doch Männer und Frauen in den Ring, die dafür trainiert haben.
Es ist relativ leicht, sich über diese Art von Veranstaltungen lustig zu machen. Und das muss man schon sagen, der Privatsender macht es einem Sportreporter auch sehr schwer, es nicht zu tun. Da treten Boxer in Kategorien – Gewichtsklassen kann man das nicht nennen – gegeneinander an, die da heißen: „Rosenklasse“, „K.O.-Klasse“, „Silikonklasse“ und „Gesichtsklasse“. Es gibt auch noch einen Einheizer, der vor der Veranstaltung Witze erzählt und singt. Einige der Witze fand ich so abgeschmackt, dass ich schon überlegt habe, ob besagter Herr bei einem anderen Publikum nicht womöglich Prügel dafür bekäme. Aber den Zuschauern gefiel es offensichtlich.
Die Bezeichnung Promi kann man als umgangssprachliche Kurzform für „Prominenter“ verstehen. Wikipedia definiert: „Der Ausdruck Prominenz (v. lat.: prominentia = das Hervorragende; aus pro minere) wird im Alltag meist zur Bezeichnung der Gesamtheit von herausragenden Persönlichkeiten verwendet, kann aber auch neutral das wie immer erworbene Ausmaß der individuellen Bekanntheit in der Öffentlichkeit meinen:“ Leider kannte ich von den acht auftretenden Prominenten (Jan Kralitschka, Christian Tews, Trooper da Don, Thorsten Legat, Jordan Carver, Melanie Müller, Lukas Cordalis und Marcus Schenkenberg) nur den Ex-Fußballer Legat. Aber ich bin mir sehr sicher, dass es alles herausragende Persönlichkeiten sind und, dass ich sie nicht kenne, das ist bestimmt nur Zufall.
Die Runden dauerten bei den Männern zwei und bei den Frauen 1,5 Minuten. Die Rundenpausen dauerten so lange wie sie dauerten, bzw. so lange die Werbung dauerte, also mehrere Minuten. Der BDB, der Bund deutscher Berufsboxer, beaufsichtigte die Kämpfe. Ich bin allerdings überfragt, wieso der älteste Profiboxerverband in Deutschland das nun meinte machen zu müssen. Weder erfüllten die Boxer die Kriterien für eine Lizenzierung als Profis, noch waren die Kämpfe regelkonform. Aber der BDB nahm die Veranstaltung offensichtlich auch nicht sonderlich ernst. Ringrichter Jürgen Langos holte wohl während einer Ringpause, die zugegebenermaßen auch übertrieben lang war, sein Mobiltelefon heraus.
Aber noch beschämender war, dass der BDB es, meiner Meinung nach, selbst beim Promiboxen nicht geschafft hat, richtig zu punkten. Die Wertung für den ersten Kampf war nämlich – wie gesagt, meiner Meinung nach – ein Skandal. Der Experte von Pro7, Axel Schulz, formulierte es etwas höflicher. Vielleicht waren die Punktrichter und der Präsident des BDB, Thomas Pütz, ja zu sehr mit ihren Mobiltelefonen beschäftigt. Wie man den ersten Kampf hat Unentschieden werten können, ist mir ehrlich schleierhaft.
Was mich an diesem Punkturteil besonders erschüttert, ist, dass selbst bei einer Promiboxveranstaltung, bei der es ja schließlich um nichts geht und wo die Punktrichter auch nicht unter Druck stehen, die Punktwertung der BDB Punktrichter nicht, jedenfalls nicht nach Meinung der Mehrheit der Zuschauer und derjenigen, die etwas vom Boxen verstehen, den Kampfverlauf widerspiegelt. Das ist empfinde ich schon als ein verheerendes Signal nach außen.
Jan Kalitschka und Christian Tews, beide wohl von Beruf Bachelors, was immer das auch sein mag, boxten sechs Runden. Kralitschka war offensichtlich derjenige, der bei seinem Training mehr gelernt hatte. Das kann natürlich auch an seiner exquisiten Ecke liegen, in der Walter und Thomas Knieps standen. Kalitschka gewann die ersten vier Runden deutlich. Es beschlich mich dabei allerdings das Gefühl, dass er nicht vorzeitig gewinnen wollte. Mehrfach hatte er Tews deutlich erschüttert. Er setzte jedoch nicht nach und gab seinem Gegenüber somit Zeit, sich zu erholen. Die letzten zwei Runden gingen an Tews, der über Kampf und Willen die Runden holte.
Im zweiten Kampf traten Trooper da Don, ein Moderator und Sänger, und Thorsten Legat gegeneinander an. Auch hier zeigte sich, dass ein wirklich guter Trainer schon von Vorteil ist. In da Dons Ecke stand immerhin Conny Mittermeier, und er hatte seinem Schützling auch einiges beigebracht. Letztlich konnte er, trotz besserer Technik, dem Druck von Legat aber nicht widerstehen. Dabei sollte man noch erwähnen, dass der Gewichtsunterschied von 8 KG schon erheblich war. Legat gewann nach Punkten.
Im dritten Kampf des Abends traten Jordan Carver und Melanie Müller gegeneinander an. Craver ist wohl von Beruf Yoga-Jordan und Müller Dschungelkönigin. Auch diese Berufe kenne ich nicht. Das was die beiden gezeigt haben, kenne ich auch nicht. Mit Boxen jedenfalls hatte das genauso viel zu tun wie mit Schlammcatchen. Es war aber im Ring kein Schlamm. Wer gewonnen hat, kann ich nicht sagen, weil ich während der Siegerehrung schon auf dem Heimweg war. Daher verpasste ich auch den letzten Kampf zwischen Lukas Cordalis und Marcus Schenkenberg – was ich übrigens nicht bedauere – und den Auftritt der Guano Apes – was ich schon bedauere.
Als Erfahrung kann ich verbuchen: Beim Promiboxen steigen Männer und Frauen in den Ring, die unter normalen Umständen, d.h. bei gleichem Trainingsaufwand in einem Gym, mit einem verantwortungsvollen Trainer, noch nicht einmal Sparring machen dürften. Das, was diese Prominenten zeigten, hatte nur entfernt mit Boxen zu tun. Was daran erschütternd ist, ist die Tatsache, dass Promiboxen so viele Zuschauer anzieht. Die Arena in Düsseldorf schien nahezu ausverkauft – und das bei einer Veranstaltung, deren sportlicher Wert so ziemlich gegen Null geht. Möglicherweise ist die Faszination fürs Promiboxen zu vergleichen mit der Faszination bei Autounfällen. Sie sind schrecklich, aber viele wollen sie auch sehen.
© Uwe Betker

Markus Lanz und Marco Huck

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Wenn man sich eine Weile die publizistischen Reaktionen auf die im Internet kursierende Onlinepetition „Raus mit Markus Lanz aus meiner Rundfunkgebühr!“, dann bemerkt man eine gewisse Ratlosigkeit der Kommentatoren. Innerhalb von wenigen Tagen unterzeichneten 230.000 Menschen diese Petition. Darüber, wie viele sie noch unterschrieben hätten, kann man nur mutmaßen, denn die Petition ist von der Autorin aus dem Netz genommen worden. Nun kann man die Meinung von fast einer Viertelmillion Zuschauer nicht einfach ignorieren. Gleichzeitig ist aber das Misstrauen gegen Menschen, die Onlinepetitionen verfassen und unterzeichnen, groß. Da wird gefragt, ob es sich hier nicht um eine „von sich selbst berauschte Internetöffentlichkeit“, um einen Mob handelt.
Der Kabarettist Ottfried Fischer sprach von „Menschenjagd“, die, seiner Meinung nach, seit Christian Wulff salonfähig geworden sei. Fischer rief das ZDF auf, stark zu bleiben und zu ihrem Moderator zu halten. Der öffentlich-rechtliche Sender dürfe „Markus Lanz auf keinen Fall dem Pöbel vorwerfen“. Der „Zeit“-Herausgeber Josef Joffe rückte den Protest gegen Lanz gar in die Nähe der Nazi-Kampagne gegen jüdische Geschäfte. Mich brachte das ganze publizistische Getöse auf die Idee, dass der Moderator Markus Lanz und der Boxer Marco Huck sehr viel gemeinsam haben.
Sowohl Lanz als auch Huck müssen sich im Internet Hohn, Spott und auch offene Ablehnung gefallen lassen: Lanz für seine Art zu moderieren und Huck unter anderem für seine Art zu boxen. Beide sind außerhalb von Deutschland geboren. Markus Josef Lanz Bruneck, Italien und Muamer Hukić in Ugao, Serbien. Lanz hat eine italienische Staatsangehörigkeit und Huck die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen. Beide verdienen ihr Geld bei einer öffentlich rechtlichen Fernsehanstalt. Lanz beim ZDF, dem Zweiten Deutschen Fernsehen, und Huck bei der ARD, der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland.
Beide waren und sind gut aussehende Männer, die eine Affinität zu Nahrungsmitteln und Kochen haben. Seit Oktober 2009 ist Lanz der Nachfolger von Johannes Baptist Kerner und ist nun auch der Namensgeber für die Sendung „Lanz kocht“. Er ist wohl so etwas wie ein Kerner Light. In ihr plaudert er charmant mit Spitzenköchen und gibt gerne zum Besten, dass er hin und wieder in Restaurants speist. Huck ist genauso charmant und dem Kochen zugetan. Er gab nach seinem Rückkampf gegen Firat Arslan zum Besten: „Wenn ich rohes Fleisch rieche, lasse ich nicht mehr los.“
Was den Umgang mit Kritik angeht, kann der italienische Moderator noch viel von dem eingedeutschten Boxer lernen. Der ZDF-Moderator gestand nach seinem gescheiterten Versuch, den Journalisten zu geben, gemeint ist hier das Gespräch mit der Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht, lauwarm Fehler ein. „Das war sicher an der einen oder anderen Stelle verbesserungswürdig.“ Huck ist da sehr viel gradliniger und sympathischer. Er veröffentlicht munter Videos, auf denen er erzählt, dass immer, wenn er etwas veröffentlicht, er gleich Hasskommentare bekommt. Huck ist zwar weniger diplomatisch als Lanz, aber wohl sehr viel ehrlicher.
Andererseits schafft es Lanz, wenn er öffentlich kritisiert wird, sich persönlich zu entschuldigen. So hat er „in einem längeren Telefonat“ persönlich sein Bedauern wegen des Interviews ausgedrückt und sich entschuldigt. So etwas hat Huck (40 Kämpfe, 37 Siege, 26 durch KO, 2 Niederlagen, 1 durch KO, 1 Unentschieden) noch nicht geschafft. Sonst hätte er sich doch wohl bei Denis Lebedev für seine verbalen Entgleisungen entschuldigt. Hier ist der Moderator sehr viel mutiger als der Boxer.
Beide scheinen sich vom weiblichen Geschlecht zur Leistungssteigerung animieren zu lassen. Lanz, der, sofern ich das richtig sehe, eigentlich der Meister der Harmlosigkeit und der Weichgespültheit ist, der nie irgendwelche kritischen Fragen stellt, oder gar nachfragt, versucht sich bei einem weiblichen Studiogast als kritisch fragender Journalist. Sein Versuch, den Michel Friedmann zu geben, wurde vom Publikum allerdings nicht so gewürdigt, wie er es sich offenbar erhofft hatte.
Da Huck ja nicht gegen Frauen öffentlich boxen kann, er aber auch den weiblichen Gegner sucht, versucht er es mit Selbstsuggestion. So verkündete er vor dem Rückkampf mit Arslan. „Diesmal mache ich Arslan im Ring zu meinem Mädchen“. Der Erfolg gibt Huck recht. Kaum stellte er sich sein Gegenüber als Frau vor, brachte er auch schon die beste Leistung seiner Karriere.
Sowohl das ZDF als auch die ARD werden vermutlich dem Druck der Zuschauer in absehbarer Zeit nicht nachgeben. Auch wenn beide ihre Plattform für ihr öffentliches Tun verlieren würden, bräuchte man aber nicht gleich eine Kollekte für die Geschassten veranstalten. Huck dürfte gut verdient haben. Lanz dürfte sogar noch erheblich wohlhabender sein, denn er ist auch Produzent seiner Sendungen und verdient daher mit seinem charmanten Plaudern gleich doppelt.
Man kann wohl davon ausgehen, dass die beiden gut aussehenden Herren, Lanz und Huck, uns noch eine Weile erhalten bleiben. Lanz wird voraussichtlich nach seinem desaströsen Ausflug in den Bereich Journalismus, bei seinem Interview mit Sarah Wagenknecht, zu seinem „Flachland-Entertainment“ zurückkehren. Da seine Quoten gut sind und mittlerweile nicht wenige glauben, dass er Opfer eines digitalen Mobbing ist, wird er weiterhin plaudern und dabei gut aussehen. Und es ist zu befürchten, dass er dies noch Jahrzehnte lang weiter durchhalten kann.
Huck wird wohl nach seinem letzten guten Kampf gegen Firat Arslan, zu seinen leichten, handverlesenen Gegnern zurückkehren und sie verprügeln. Solange die ARD noch das Boxen der Sauerland Event GmbH überträgt, wird er beim Ersten zu sehen sein. Seine Bedeutung beschrieb sein Trainer Ulli Wegner mit den Worten: „Marco ist der Garant für die Zukunft des gesamten Sauerland-Boxstalls.“ Sein Problem ist, dass der Vertrag von Sauerland Ende des Jahres ausläuft und im Augenblick fraglich ist, ob er verlängert wird. Zur Erinnerung: Vor kurzem kursierte das Gerücht, dass Huck vergeblich versucht hat, selber einen Vertrag mit der ARD zu bekommen.
Nur wenige haben in der Beurteilung der Onlinepetition gegen Markus Lanz erkannt, dass es sich hier um ein legitimes Mittel der Öffentlichkeit handelt. Es ist geradezu grotesk, wenn den Lanz-Kritikern empfohlen wird, einfach abzuschalten oder den Kanal zu wechseln. Markus Lanz, aber auch Marco Huck, verdient schließlich sein Geld im öffentlich rechtlichen Fernsehen. Nachdem nun mal praktisch jeder Bürger der Bundesrepublik Deutschland per Gesetz gezwungen ist, Rundfunkgebühren zu zahlen, hat er da nicht auch das Recht und die Pflicht, Fernsehprogramme, Fernsehformate, Moderatoren oder auch Sportler zu kritisieren?
Je länger ich mir Markus Lanz und Marco Huck so ansehe, umso ähnlicher finde ich sie. Kann es nicht sein, dass sie Brüder sind? Oder zumindest Seelenverwandte?
© Uwe Betker